wirtschaftssanktionen gegen südafrika während der apartheid · 2016-02-28 · während der...

167
B,S,S. V OLKSWIRTSCHAFTLICHE B ERATUNG B LUMENRAIN 16, CH-4051 B ASEL T EL : +41-61-262 05 55, F AX : +41-61-262 05 57 E-M AIL : C ONTACT @ BSS - BASEL . CH , H OME : WWW. BSS - BASEL . CH Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der Schweizer Politik Christoph Hefti und Elke Staehelin-Witt Basel, September 2005

Upload: lenhan

Post on 12-May-2019

217 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

B , S , S . V O L K S W I R T S C H A F T L I C H E B E R A T U N G

BLUMENRAIN 16, CH-4051 BASEL TE L : +41-61-262 05 55, FAX : +41-61-262 05 57

E -M A I L : CONTACT@BSS -BASEL .CH , HO M E : WWW .BSS -BASEL .CH

Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid

Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen

und der Einfluss der Schweizer Politik

Christoph Hefti und Elke Staehelin-Witt

Basel, September 2005

Page 2: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid - Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der Schweizer Politik

Forschungsprojekt im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms 42+ Beziehungen Schweiz – Südafrika

Autoren: Lic.oec. HSG Christoph Hefti und Dr. Elke Staehelin-Witt

Interne wissenschaftliche Begleitung: Dr. Wolfram Kägi

Externe wissenschaftliche Begleitung: PD. Dr. Carsten Hefeker (HWWA –Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Archiv), Prof. Dr. Duncan Reekie (University of Witswatersrand, Johannesburg), Prof. Dr. Rolf Weder (WWZ und Europainstitut der Universität Basel)

B,S,S. Volkswirtschaftliche Beratung, Blumenrain 16, CH-4051 Basel

Tel: +41-61-262’05’55, Fax: +41-61-262’05’57, E-Mail: [email protected]

Page 3: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

I

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis....................................................................................... IV

Tabellenverzeichnis .............................................................................................V

Abkürzungsverzeichnis ..................................................................................... VI

1. Summary............................................................................................................1

1.1. Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika ......................................................1

1.2. Kosten der verhängten Handels- und Finanzsanktionen für Südafrika .......3

1.3. Die Bedeutung der schweizerischen Haltung..............................................8

1.4. Ausblick.....................................................................................................11

2. Einleitung.........................................................................................................12

3. Wirkungsweise von Wirtschaftssanktionen .................................................16

3.1. Kosten von Wirtschaftssanktionen ............................................................16

3.1.1. Kosten von Handelssanktionen .......................................................17

3.1.2. Kosten von Finanzsanktionen..........................................................21

3.1.3. Konsequenzen..................................................................................22

3.2. Effektivität von Wirtschaftssanktionen .....................................................24

3.2.1. Hindernisse in den sanktionierenden Ländern ................................25

3.2.2. Hindernisse im sanktionierten Land................................................28

3.3. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen..............................................31

4. Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika.......................................................33

4.1. Chronologie ...............................................................................................33

4.2. Inhalt und Vergleich der getätigten Wirtschaftssanktionen ......................40

4.2.1. Ölembargo der OPEC......................................................................41

4.2.2. Sanktionen der USA ........................................................................41

4.2.3. Sanktionen der EG...........................................................................44

4.2.4. Sanktionen Japans ...........................................................................45

4.2.5. Wirtschaftsmassnahmen der Schweiz .............................................46

4.2.6. Vergleich .........................................................................................47

4.3. Public-Choice-Analyse zur Wahl der Wirtschaftssanktionen ...................48

4.3.1. Handelssanktionen...........................................................................49

4.3.2. Finanzsanktionen.............................................................................52

4.3.3. Wirtschaftsmassnahmen der Schweiz .............................................53

Page 4: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

II

4.4. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen..............................................55

5. Kosten der Wirtschaftssanktionen................................................................59

5.1. Finanzsanktionen .......................................................................................60

5.1.1. Überblick zu den Kapitalflüssen .....................................................61

5.1.2. Kapitalflüsse und Unruhen..............................................................65

5.1.3. Kapitalflüsse und Wirtschaftslage...................................................68

5.1.4. Kapitalflüsse und politisch motivierter, wirtschaftlicher Druck (exkl. Finanzsanktionen)......................................................................................71

5.1.5. Kapitalflüsse und Finanzsanktionen................................................76

5.1.6. Schlussfolgerungen..........................................................................90

5.2. Handelssanktionen.....................................................................................92

5.2.1. Stahl und Eisen ................................................................................92

5.2.2. Kohle ...............................................................................................94

5.2.3. Krügerrand.......................................................................................96

5.2.4. Ölembargo .......................................................................................97

5.2.5. Schlussfolgerungen..........................................................................98

5.3. Umgehungsgeschäfte und Ausnahmeregelungen ......................................99

5.4. Verteilungswirkung .................................................................................102

5.5. Bedeutung der Schweiz ...........................................................................104

5.5.1. Handelssanktionen.........................................................................104

5.5.2. Finanzsanktionen...........................................................................108

5.6. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen............................................116

6. Einfluss der Wirtschaftssanktionen auf die politische Transformation .119

6.1. Der politische Wandel .............................................................................119

6.2. Einfluss der Wirtschaftssanktionen .........................................................120

6.2.1. Direkter Einfluss auf die südafrikanische Regierung....................120

6.2.2. Indirekter Einfluss auf die südafrikanische Regierung: Meinung der weissen Bevölkerung...............................................................................124

6.2.3. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen..................................126

7. Die Studie im Kontext der politischen Diskussion.....................................128

Literaturverzeichnis .........................................................................................133

Anhang I: Datenlage zur Analyse der Finanzsanktionen .............................141

I.1 Die Zahlungsbilanz....................................................................................141

Page 5: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

III

I.2 Datenlage der SARB .................................................................................142

I.2.1 Kapitalbestände ...............................................................................143

I.2.1 Kapitalflüsse....................................................................................146

I.3 Datenlage der SNB....................................................................................148

I.4 Vergleich SNB - SARB.............................................................................149

Anhang II: Schätzung der Bestandgrössen ....................................................153

Anhang III: Methodik zu Quantifizierung der Kosten von Wirtschaftssanktionen .................................................................................154

Anhang IV: Klagen von Hausfeld et al. ..........................................................159

Page 6: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

IV

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Nettokapitalflüsse in % des BSP ......................................................3

Abbildung 2: Schweizer FDI (Flussgrössen und Bestandesveränderung reinvestierte Gewinne) .....................................................................9

Abbildung 3: Nicht direkte Investitionen (Bestände; 1986 = 100%) ...................10

Abbildung 4: Bestand ausländischer Investitionen in Südafrika (1986) ..............40

Abbildung 5: Bestände ausländischer Investitionen in Südafrika (1992) ............41

Abbildung 6: Eisen- und Stahlimporte aus Südafrika ..........................................50

Abbildung 7: Nettokapitalabflüsse 1984-1994 (in Mio. Rand) ............................63

Abbildung 8: Nettokapitalabflüsse 1984-1994 (in % des BIP) ............................63

Abbildung 9: Nettokapitalflüsse ausländischer Investitionen (exkl. nicht erfasste Transaktionen (vgl. FN 37))...........................................................64

Abbildung 10: Übrige Investitionen: Portfolioinvestitionen und andere Investitionen...................................................................................64

Abbildung 11: Nettokapitalflüsse in % des BSP ..................................................66

Abbildung 12: FDI pro Quartal ............................................................................78

Abbildung 13: FDI in % des BIP und in Mio. Rand (Flussgrössen) ....................79

Abbildung 14: FDI (Flussgrössen) .......................................................................80

Abbildung 15: Aktienkapital der Direktinvestitionen zum Buchwert (Jahresendbestand; nicht-monetärer Sektor) ..................................81

Abbildung 16: FDI abzüglich reinvestierter Gewinne (Jahresendbestand)..........82

Abbildung 17: Reinvestierte Gewinne..................................................................83

Abbildung 18: Reinvestierte Gewinne in % des Aktienkapitals (zum Buchwert; nicht-monetärer Sektor)..................................................................85

Abbildung 19: Reinvestierte Gewinne und Aktienkapital CH und USA (Bestände, nicht monetärer Sektor)..................................................................85

Abbildung 20: Portfolioinvestitionen (Buchwert der Bestandesgrössen) ............87

Abbildung 21: Nicht direkte Investitionen nach Sektoren (Kapitalflüsse)...........90

Abbildung 22: Stahl- und Eisenimporte aus Südafrika ........................................93

Abbildung 23: Kohleexporte Südafrikas (Weltweit, in Mio. Tonnen).................96

Abbildung 24: Kohleexporte Südafrikas (OECD, in Mio.$)................................96

Abbildung 25: Schweizer Stahl- und Eisenimporte............................................106

Abbildung 26: Schweizer Kohleimporte ............................................................106

Abbildung 27: Schweizer Ölexporte...................................................................107

Abbildung 28: Schweizer FDI in Südafrika (Jahresendbestand)........................109

Page 7: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

V

Abbildung 29: Schweizer FDI (Flussgrössen)....................................................110

Abbildung 30: Nicht direkte Investitionen (Bestände) .......................................113

Abbildung 31: Nicht direkte Investitionen (Bestände, 1986=100%) .................113

Abbildung 32: Schweizer Kapitalexporte (Laufzeit > 1 Jahr, grosse Volumina; vgl.Kapitel 4.2.5. )........................................................................114

Abbildung 33: Unterschiede SNB-SARB I ........................................................150

Abbildung 34: Unterschiede SNB-SARB II .......................................................151

Abbildung 35: Angebot-Nachfrage-Diagram .....................................................155

Abbildung 36: Angebot-Nachfrage-Diagram (Unterschiedliche Neigung der Angebotskurve) ............................................................................158

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Gewinner und Verlierer von Handelsanktionen ..................................19

Tabelle 2: Gewinner und Verlierer von Finanzsanktionen...................................22

Tabelle 3: Massnahmen der Schweiz und Finanzsanktionen anderer Länder......58

Tabelle 4: Kapitalflüsse vor und nach Unruhen ...................................................67

Tabelle 5: Exporte und Importe aus und nach Südafrika der Schweiz und der OECD (in $ 1000) ........................................................................105

Tabelle 6: Kosten der Wirtschaftssanktionen nach Sanktionstyp ......................116

Tabelle 7: Berechnung der Investitionen aus den USA und der CH ..................153

Page 8: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

VI

Abkürzungsverzeichnis

ANC African National Congress

asa Arbeitsgemeinschaft südliches Afrika

BIP Bruttoinlandprodukt

BIZ Bank für internationalen Zahlungsverkehr

CAAA Comprehensive Anti-Apartheid Act of 1986

CP Conservative Party

FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung

FDI Foreign Direct Investment (Ausländische Direktinvestitionen)

FM Financial Mail (Südafrikanisches Wirtschaftsblatt)

GAO General Accounting Office

IDA Interdepartementale Arbeitsgruppe

IFP Inkatha Freedom Party

ILO International Labour Organisation

IMF International Monetary Fund (IWF)

IRRC International Investor Responsibility Center

NP National Party

OECD Organisation for economic co-operation and development

OPEC Organisation of Petroleum Exporting Countries

R Rand (Südafrikanische Währungseinheit)

SARB South African Reservebank

SNB Schweizerische Nationalbank

Page 9: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

1

1. Summary

1986, rund 40 Jahre nach Beginn der Apartheid, verhängten die wichtigsten Wirt-schaftspartner Südafrikas (USA, die EG und Japan) Wirtschaftssanktionen, andere Länder hatten bereits zuvor vereinzelt unilaterale Wirtschaftssanktionen verhängt. Im Zuge der Schuldenkrise von 1985 schien die Zeit gekommen, das Apartheid-regime mit Hilfe von Wirtschaftssanktionen endgültig in die Knie zu zwingen. Die Schweiz folgte den Sanktionen nicht. Die Studie untersucht, ob die Tatsache, dass sich die Schweiz nicht an den offiziellen Wirtschaftssanktion beteiligt hat, die politische Transformation in Südafrika verzögert hat.

1.1. Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika

Verhängte Sanktionen

Die Wirtschaftssanktionen umfassten Handelssanktionen und Finanzsanktionen. Als Handelssanktionen sanktionierten die EG und Japan den Import von Krügerrand und bestimmten Stahl- und Eisenprodukten, wobei Deutschland und Grossbritannien teilweise nur Empfehlungen erliessen und keine verbindlichen Sanktionen verhängten. Die USA sanktionierten ebenfalls den Import von Krüger-rand und bestimmten Stahl- und Eisenprodukten. Zusätzlich erliessen sie Sanktionen auf den Import von Produkten halbstaatlicher Unternehmen, Uran, Kohle, Textilien, landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Esswaren sowie auf den Export von Erdölprodukten. Die bedeutendste Handelssanktion war das, nicht lückenlose, Ölembargo der OPEC.

Bei den Finanzsanktionen ist zwischen Direktinvestitionen, Portfolioinvestitionen und anderen Investitionen (Kredite/Darlehen) zu unterscheiden. Direkt-investitionen (FDI) definieren sich über deren Ziel, eine langfristige Beziehung mit der betreffenden Firma im Ausland herzustellen und eine bedeutende Ein-flussnahme auf den Geschäftsgang sicherzustellen. Liegt der Stimmanteil bei über 10%, so gelten Investitionen als FDI, liegt er unter 10% so gelten sie als Port-folioinvestitionen. Die anderen Investitionen umfassen vor allem Kredite. Die EG sanktionierte neue Direktinvestitionen, überliess es jedoch ihren Mitgliedstaaten, die Sanktionen für verbindlich zu erklären. Die beiden grössten Investoren, England und Deutschland, verhängten denn auch keine verbindlichen Sanktionen. Die USA sanktionierte ebenfalls neue Direktinvestitionen, zusätzlich waren sie das einzige Land, welches Sanktionen auf Portfolioinvestitionen und Kredite/

Page 10: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

2

Darlehen verhängte.

Insgesamt waren die gegenüber Südafrika verhängten Sanktionen stark begrenzt und wiesen zahlreiche Lücken und Ausnahmemöglichkeiten auf. Ein Grund für die begrenzten Sanktionen lag sicherlich darin, dass die Regierungschefs Gross-britanniens, der USA und Deutschlands Sanktionen nicht als das richtige Mittel erachteten, um eine politische Veränderung in Südafrika herbeizuführen. Da der von Ihnen bevorzugte Ansatz des constructive engagement (Stabilisierung Süd-afrikas, welche den Willen Südafrika zu Reformen bestärken würde) aber über mehrere Jahre hinweg nicht die Abschaffung der Apartheid herbeigeführt hatte, konnten sich die Sanktionsbefürworter schliesslich durchsetzen.

Die wirtschaftswissenschaftliche Public Choice-Theorie argumentiert, dass Wirt-schaftssanktionen häufig u.a. auch deswegen so wenig Wirkung zeigen, weil sie in erster Linie danach ausgewählt werden, wie sie die Interessen der einheimischen Wirtschaft in den sanktionierenden Ländern berücksichtigen und nur in zweiter Linie, welche Kosten sie dem sanktionierten Land verursachen. Im Falle Südafrikas bestätigt die Wahl der sanktionierten Bereiche diese These. In den USA gab es z.B. Interessengruppen, welche von Sanktionen auf südafrikanische Kohle und Lebensmitteln profitierten. Entsprechend wurden diese Bereiche durch die USA sanktioniert, durch die EG und auch Japan hingegen nicht. Die EG ihrerseits sanktionierte Stahl. Da dieser einer der in der EG am stärksten ge-schützten Bereiche war, hatten die europäischen Produzenten mit der Sanktion gleichzeitig einen starken Konkurrenten verloren.

Die Haltung der Schweiz

Die Schweiz hielt auch im Falle Südafrikas an ihrer grundsätzlich ablehnenden Haltung gegenüber Sanktionen fest. Die Stellungnahme des Bundesrates im Jahre 1986 lautete, dass wirtschaftliche Massnahmen zur Erreichung politischer Ziele abzulehnen seien. Dennoch griff die Politik auch in die wirtschaftlichen Be-ziehungen ein. Seit 1974 plafonierte die Regierung bestimmte bewilligungs-pflichtige Kapitalexporte. Im Zuge der Wirtschaftssanktionen anderer Länder wurden ab 1986 zusätzlich zum Kapitalexport all jene Bereiche, in welchen die wichtigsten Industrieländer deckungs-gleiche Wirtschaftssanktionen erliessen, statistisch überwacht. Auch wurden Bereiche statistisch überwacht, welche nicht konvergenten Sanktionen unterstellt waren, oder bei denen dies zumindest strittig war (z.B. Direktinvestitionen). Mit dieser Massnahme sollte verhindert werden,

Page 11: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

3

dass Sanktionen von Drittstaaten über die Schweiz umgangen werden könnten.

1.2. Kosten der verhängten Handels- und Finanzsanktionen für Südafrika

Kapitalabflüsse und ihre Ursachen

Während der Sanktionszeit (4. Quartal 1986 - 1. Quartal 1991) erlitt Südafrika einen Nettokapitalabfluss in der Höhe von Rand 16,2 Mrd., was im Durchschnitt pro Jahr 2% des BIP entsprach. Der Nettoabfluss an ausländischen Investitionen hatte jedoch bereits vor Einführung der Sanktionen begonnen. Den grössten Netto-kapitalabfluss, welcher auch zum Schuldenmoratorium führte, erlitt Südafrika 1985, ein Jahr vor Verhängung der Wirtschaftssanktionen.

Abbildung 1: Nettokapitalflüsse in % des BSP

-6%

-4%

-2%

0%

2%

4%

6%

8%

19

56

1958

1960

19

62

19

64

19

66

1968

1970

19

72

19

74

19

76

1978

1980

19

82

19

84

19

86

1988

1990

19

92in %

des

BS

P

Sharpeville Soweto

State of Emergency

Sanktionen

Beginn der Unruhen

Quelle: South Africa’s balance of payments 1946-2000, South Africa’s national accounts 1946-1998

Die massiven Kapitalabflüsse waren insbesondere auf drei Faktoren zurückzuführen:

Page 12: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

4

• Die politischen Unruhen: Bereits in der Vergangenheit hatte das Massaker von Sharpeville 1960 und die Unruhen in Soweto 1976 zu umfassenden und längerfristigen Kapitalabflüssen geführt (vgl. Abbildung 1). Die politischen Unruhen, welche zur Verhängung des Notstandes (20.7.1985: Partial State of Emergency; 12.6.1986: National State of Emergency) führten, waren einerseits auf den Kampf der inländischen Antiapartheidbewegung zurück-zuführen, andererseits gab es auch Unruhen zwischen rivalisierenden schwarzen Gruppen. Die Unruhen reduzierten das Vertrauen der Investoren in die Zukunft des Landes.

• Die schlechte wirtschaftliche Lage: Südafrika befand sich zwischen 1984 und 1985 in einer Rezession, und auch nach 1986 stieg das BIP weniger als die Be-völkerung. Massgebliche Ursache für die schlechte wirtschaftliche Lage war die Wirtschaftspolitik, welche eng mit der Apartheidideologie verknüpft war. Es wurde eine wirtschaftliche Autarkie verfolgt, welche längerfristig jedoch die Wettbewerbesfähigkeit Südafrikas einschränkte und damit auch den Zustrom ausländischer Investitionen. Südafrika hatte zudem hohe und steigende Regierungsausgaben, u.a. auch aufgrund der hohen Rüstungs-aufgaben. Hinzu kamen die hohe Inflation, ausgetrocknete Devisenreserven und die Zunahme der kurzfristigen Verschuldung.

• Der Druck der Antiapartheidbewegung: Ausländische und südafrikanische Antiapartheidgruppen forderten das Ende der Geschäftsbeziehungen mit Südafrika und den Rückzug von Firmen, welche in Südafrika tätig waren. Die grössten Erfolge hatte dabei die amerikanische Antiapartheidbewegung. Einige amerikanische Gliedstaaten und Städte übten starken wirtschaftlichen Druck auf die Firmen aus, die sich in der Folge zurückzogen. Gesamthaft war der Effekt der Desinvestitionen auf die Zahlungsbilanz jedoch vergleichsweise gering. Es waren eher kleinere und unrentablere Firmen, die sich vom Markt zurückzogen. Zudem gab es auch unbeabsichtigte Gewinner. Insbesondere die grossen südafrikanischen Konglomerate profitierten von den amerikanischen und britischen Verkäufen, da sie Firmenanteile günstig erwerben konnten.

Kosten der Finanzsanktionen

Die offiziell verhängten Finanzsanktionen hatten auf die Kapitalabflüsse eine ver-gleichsweise kleine Wirkung. Oder, wie es der Präsident der südafrikanischen Zentralbank, De Kock 1986 ausdrückte: “The EEC and US sanctions packages on

Page 13: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

5

bank loans and investments do little more than change a de facto into a de jure situation”. Die Finanzsanktionen verboten aus der Sicht Südafrikas kaum Kapitalflüsse, die ohne Sanktionen getätigt worden wären.

Dies hatte mehrere Gründe. Neue Direktinvestitionen wurden von der EG und USA sanktioniert, wobei die zwei grössten Investoren der EG, Deutschland und Grossbritannien, nur freiwillige Sanktionen erliessen. Neue Direktinvestitionen wurden aufgrund der schlechten Wirtschaftslage zu dieser Zeit jedoch ohnehin kaum getätigt. Wesentlicher war die Reinvestition von Gewinnen, und diese wichtigste Möglichkeit ausländischer FDI war von den Sanktionen ausgenommen. Über 80% aller FDI stammten in jener Zeit in Südafrika aus reinvestierten Gewinnen. Der Bestand an reinvestierten Gewinnen erhöhte sich denn auch während der Sanktionszeit um Rand 3 Mrd.. Dies zeigt, dass bestimmte Investoren weiterhin ein gewisses Vertrauen in Südafrika hatten und auch keine Verschärfung der Sanktionen erwarteten. Gleichzeitig war die Repatriierung der Gewinne wegen der Aufhebung des Doppelbesteuerungsabkommens durch die USA für amerikanische Firmen wirtschaftlich nicht sehr attraktiv.

Übrige Investitionen (Portfolioinvestitionen sowie Kredite und Darlehen) waren nur von den USA sanktioniert. Diese Kapital ist mobiler und volatiler und das Fehlen eines Anbieters kann in der Regel problemlos kompensiert werden. Insgesamt war in Südafrika zur Sanktionszeit zwar Kapital nur zu erschwerten Bedingungen, d.h. zu hohen Kosten erhältlich. Dies war jedoch in erster Linie auf die Unruhen und die schlechte wirtschaftliche Lage zurückzuführen.

Alles in allem waren die Kosten der offiziell verhängten Finanzsanktionen für Südafrika daher gering. Basierend auf einer Untersuchung von Hufbauer et al. (2001) schätzen wir die jährlichen Kosten auf weniger als 0,25% des süd-afrikanischen BIP.

Kosten der Handelssanktionen

Die Kosten der Handelssanktionen waren grösser als die Kosten der Finanzsanktionen. Die verschiedenen Handelssanktionen lösten unterschiedlich hohe Kosten aus. Das Ölembargo stellte für Südafrika die schmerzhafteste Massnahme dar, auch wenn es bedeutende Lücken aufwies. Das Ölembargo erhöhte die Ölpreise und traf mit seinen Kosten folglich die ganze Bevölkerung. Die Importsanktionen der grossen Handelspartner verursachten geringere Kosten.

Page 14: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

6

Entweder konnte Südafrika andere Länder als neue oder zusätzliche Abnehmer gewinnen (Stahl und Kohle), oder die Produktion konnte angepasst werden (Goldbarren statt Krügerrand). Auch bestanden diverse Ausnahmen (oder sie wurden nachträglich eingeführt), welche die Kosten der Sanktionen reduzierten. Die Kosten der Importsanktionen trafen in Form von Arbeitslosigkeit vor allem die schwarze Bevölkerung. Insgesamt wurden die Kosten der Handelssanktionen für Südafrika in einer Untersuchung auf jährlich 1,3% des BIP geschätzt. Zusammen mit den Kosten der Finanzsanktionen lagen die Kosten der Wirtschaftssanktionen für Südafrika schätzungsweise bei jährlich rund 1,5% des BIP.

Einfluss der Kosten der Sanktionen auf die politische Transformation

Ausgelöst wurde der Machtwechsel durch einen Herzschlag PW Bothas Anfang 1989, der diesen zwang, den Vorsitz der Nationalen Partei abzugeben. Gewählt wurde der damalige Erziehungsminister FW de Klerk. Dieser legte ein Jahr nach seiner Amtseinführung in seiner Rede vom 2. Februar 1990 ein klares Bekenntnis zu schnellen und weitreichenden politischen Reformen ab und leitete den politischen Wechsel ein.

Haben nun die gegen Südafrika gerichteten Wirtschaftssanktionen die politische Meinung der weissen Bevölkerung so beeinflusst, dass die politische Trans-formation möglich oder entscheidend beschleunigt wurde? Renommierte Wirt-schaftswissenschaftler gehen davon aus, dass dies nicht der Fall ist.

“Even in the absence of sanctions, apartheid ultimately would have collapsed due to the economic stresses of a hugely inefficient system. Although sanctions may have speeded this process, they were not the driving force behind it. … The fall of apartheid was not engineered by foreigners, nor was it primarily precipitated by foreign sanctions” (Lowenberg und Kaempfer 1998, 9).

“Economic sanctions can be credited with, at best, a modest contribution” (Hufbauer et al. 2001b).

Die Wirtschaftssanktionen haben die politische Transformation nicht ausgelöst. Dazu waren die durch die Sanktionen verursachten Kosten zu gering, wobei offen bleiben muss, ob schärfere Sanktionen mit höher verursachten Kosten die gewünschte Wirkung gezeigt hätten. In jedem Fall war De Klerk von Seiten der

Page 15: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

7

weissen Bevölkerung nicht unter Druck, den Forderungen der sanktionierenden Ländern nachzugeben. So ergab eine Umfrage zur Wirkung der gegen Südafrika gerichteten wirtschaftlichen Massnahmen (d.h. nebst den Wirtschaftssanktionen die zur Schuldenkrise führende Kreditsperre von 1985, die Desinvestitions-kampagne sowie ausländische Boykotte südafrikanischer Produkte, insb. landwirtschaftliche Erzeugnisse), dass die Bevölkerung noch 1989 trotz dieser Massnahmen die Abschaffung der Apartheid ablehnte. Auch wollte sich eine Mehrheit verstärkten Wirtschaftssanktionen nicht beugen. Die Wirtschafts-sanktionen trafen die weisse Bevölkerung auch weit weniger als die schwarze Bevölkerung. Tausende schwarze Arbeitnehmer verloren ihre Arbeitsstelle, während die Arbeitslosenquote der weissen Bevölkerung auch nach 1990 noch vernachlässigbar klein war.

Wesentlich für die politische Transformation war weniger ein durch Sanktionen ausgelöstes vermindertes wirtschaftliches Wachstum als die Tatsache, dass die ursprüngliche Ideologie der Apartheid durch die wirtschaftliche Entwicklung des Landes verunmöglicht wurde. Die Ideologie der Apartheid beabsichtigte eine geografisch getrennte Entwicklung der verschiedenen Bevölkerungsgruppen (sog. Homelandpolitik). Bereits 1950 hatte die sogenannte Tomlinson Comission festgestellt, dass ein Mittelweg nicht möglich sei und das Land zwischen kompletter Segregation und Integration zu wählen habe. Das hohe Wirtschaftswachstums der sechziger und siebziger Jahre schuf jedoch hohe Nachfrage nach Arbeitskräften, die nur durch den Zustrom schwarzer Arbeitnehmer in die Grossststädte befriedigt werden konnte. Die Regierung stand vor dem Problem, wie mit dieser Verstädterung umzugehen sei.

Unruhen und Streiks waren ein sichtbares Zeichen, dass die Trennung der Bevölkerung zu immer grösseren Schwierigkeiten führte. Die Unruhen und Streiks hatten hohe Sicherheitsausgaben zur Folge, minderten das Vertrauen der In-vestoren und lösten u.a. die Schuldenkrise von 1985 aus. Die rasch wachsende Bevölkerungsschicht hätte das Problem in Zukunft weiter verschärft. Schliesslich brach 1989 noch das kommunistische Regime des Ostblocks zusammen. Die Gefahr einer kommunistischen Machtübernahme in Südafrika war damit reduziert, sowohl für den Westen als auch für Südafrika selber.

Es waren insbesondere diese Entwicklungen, welche letztendlich die politische Transformation auslösten.

Page 16: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

8

1.3. Die Bedeutung der schweizerischen Haltung

Handelssanktionen

Hat die Schweiz durch ihr Verhalten die Kosten der Wirtschaftssanktionen reduziert? Was die Handelssanktionen anbelangt, so war die Schweiz für Südafrika kein bedeutender Handelspartner. Und auch aus Sicht der Schweiz betrug das Handelsvolumen mit Südafrika durchschnittlich 0,7% des gesamten schweizerischen Handelsvolumens (exkl. Gold, dessen Handel mit Ausnahme des Krügerrand faktisch nicht sanktioniert war). Die Handelssanktionen anderer Länder kamen der Schweiz jedoch zugute. Die Schweiz hat von den, unter anderem aufgrund der Kohlesanktionen, tiefen südafrikanischen Kohlepreisen profitiert sowie durch den ausgeweiteten Erdölhandel zusätzliche Einnahmen generiert. Dadurch wurde die Sanktionswirkung ein wenig abgeschwächt. Aus Sicht Südafrikas waren die zusätzlichen Einnahmen aus dem gestiegenen Handel mit der kleinen Volkswirtschaft Schweiz jedoch verhältnismässig gering. Es finden sich auch keine Hinweise, welche signifikante Dreiecksgeschäfte über die Schweiz vermuten lassen. In anderen Ländern konnte Südafrika weit grössere neue Absatzmärkte erschliessen.

Finanzsanktionen

Während die Schweiz im Güterhandel eine untergeordnete Rolle spielte, war ihre Bedeutung im Investitionsbereich wesentlich höher.

Zunächst ist die Frage zu beantworten, ob die Schweiz bedeutende neue Direktinvestitionen getätigt hat. Wir folgern aufgrund des uns zur Verfügung stehenden Materials, dass dies nicht der Fall war. Abbildung 2 zeigt die Nettogrösse (d.h. Zuflüsse an FDI abzüglich Abflüsse) der Direktinvestitionen anhand der Zahlen der SNB. Da uns keine massgeblichen Desinvestitionen zu dieser Zeit bekannt sind, können diese in etwa mit den Brutto-Zuflüssen an FDI gleichgesetzt werden. Die Daten enthalten jedoch die reinvestierten Gewinne, welche keinen Sanktionen unterlagen. Die reinvestierten Gewinne werden von der SARB ausgewiesen, die Zahlen sind jedoch mit jenen der SNB nicht einfach vergleichbar. Dennoch weist Abbildung 2 darauf hin, dass der massgebliche Teil der FDI zu jener Zeit aus der nicht-sanktionierten Reinvestition von Gewinnen bestand. Eine Analyse der Daten der SARB zur Entwicklung der Aktienbestände

Page 17: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

9

zeigt aber auch, dass Schweizer Firmen gleichwohl gewisse Neuinvestitionen getätigt haben dürften. Inwieweit diese beobachtete Zunahme jedoch auf neue Direktinvestitionen oder bspw. auf nicht-sanktionierte Käufe von Aktien sich zurückziehender amerikanischer Unternehmen zurückzuführen ist, kann nicht gesagt werden.

Abbildung 2: Schweizer FDI (Flussgrössen und Bestandesveränderung reinvestierte Gewinne)

-40.0-20.0

0.020.040.060.080.0

100.0120.0140.0160.0180.0

1 2 3 4 5 6

in M

io. S

fr.

Reinvestierte Gewinne (SARB) FDI inkl. reinvestierte Gewinne (SNB)

Quelle: South Africa’s balance of payments 1946-1992 (SARB 1993), SNB (auf Anfrage), eigene

Berechnungen

Übrige Investitionen

Mit Blick auf die Frage, inwiefern die Schweiz die Wirkung offizieller Wirtschaftssanktionen unterhöhlt hat, ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass die übrigen Investitionen (Portfolioinvestitionen und Kredite/Darlehen) nur von den USA sanktioniert waren. Der Vergleich mit der EG (Abbildung 3) zeigt, dass sich die Schweiz ähnlich verhielt wie die ebenfalls nicht-sanktionierende EG. Die Verbindlichkeiten der USA entwickelten sich weniger stark als diejenigen Europas. Mindestens ein Teil dieser Entwicklungen ist jedoch auf die bedeutend schwächere Entwicklung des Dollars gegenüber dem Rand im Vergleich zu den europäischen Währungen zurückzuführen. Die Zunahme der Investitionen fällt also bei den USA tendenziell eher zu tief aus, wohingegen die Entwicklungen bei

Page 18: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

10

der Schweiz wegen des starken Kursgewinns des Schweizer Franken tendenziell zu hoch dargestellt sind. Gleichzeitig dürfte der wirtschaftliche Druck amerikanischer Städte und Staaten US-Firmen jedoch effektiv zu vermehrten Kapitalrückzügen veranlasst haben. Aufgrund der ungenügenden Datenlage kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden, ob und wie viel die amerikanischen Kapitalabflüsse grösser waren als diejenigen der EG und der Schweiz.

Abbildung 3: Nicht direkte Investitionen (Bestände; 1986 = 100%)

80%

90%

100%

110%

120%

130%

140%

150%

1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991

Schweiz Europa (ohne Schweiz) USA

Quelle: South Africa’s balance of payments 1946-2000 (SARB 2001)

Insgesamt ist festzustellen, dass sich das wirtschaftliche Verhalten der Schweiz während der Sanktionszeit nicht massgeblich von dem der EG unterschied. Die Sanktionen wiesen zahlreiche Lücken auf und hätten auch anderen Ländern die Möglichkeit gegeben, bei Bedarf zu investieren. Ausschlaggebend für das Ver-halten der Investoren war die schlechte wirtschaftliche Lage in Südafrika, und diese machte Investitionen für die Schweiz nicht attraktiver als für andere Länder. Etwas anders verhielt sich die USA, was jedoch auf die Desinvestitionskampagne und nicht auf die offiziellen Wirtschaftssanktionen zurückzuführen war.

Page 19: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

11

1.4. Ausblick

Die Untersuchung hat sich bewusst auf die offiziellen Wirtschaftssanktionen be-schränkt. Mit Blick auf diese sehr begrenzt greifenden Sanktionen ist festzuhalten, dass die Nicht-Teilnahme der Schweiz an den offiziellen Wirtschaftssanktionen die Apartheid nicht verlängert hat, was sich nicht zuletzt aus der Ineffektivität dieser Wirtschaftssanktionen erklärt. Offen bleibt die Frage, was passiert wäre, wenn die anderen Länder wesentlich striktere Sanktionen verhängt hätten und die Schweiz sich nicht beteiligt hätte. Man bewegt sich hier im Bereich der Argumentation, inwieweit Wirtschaftssanktionen überhaupt politische Transformationen hervorrufen können. Wirtschaftswissenschaftler sind diesbezüglich eher skeptisch. Erfahrungen bis heute zeigen denn auch, dass Wirtschaftssanktionen praktisch nie den notwendigen Druck für grössere Politikänderungen hervorrufen (wie u.a. das Beispiel Irak zeigt). Häufig treffen Wirtschaftssanktionen die Falschen, wie auch in Südafrika vor allem die schwarzen Arbeiter die Kosten der Sanktionen zu tragen hatten. Im Falle Südafrikas hatte zudem bereits die Schuldenkrise gezeigt, dass auf wirt-schaftlichen Druck nicht zwingend politische Reformen folgen würden. Zudem wurde befürchtet, dass die liberalere weisse Bevölkerung mit britischem Pass im Falle einer andauernden Wirtschaftskrise das Land verlassen würde, während die im Durchschnitt apartheidfreundlicheren Buren kein zweites Heimatland besassen und auch aufgrund ihrer Geschichte eher dazu neigen, Druck von aussen nicht nachzugeben. Schliesslich hätte der wirtschaftliche Zusammenbruch Südafrikas voraussichtlich zu einer Wirtschaftskrise im ganzen südlichen Afrika geführt.

Abschliessend bleibt festzuhalten, dass im Falle Südafrikas gerade die wirtschaftliche Entwicklung des Landes und die Industrialisierung in und um die weissen Grossstädte das Apartheidsystem letztendlich verunmöglichte und zu dessen Fall führte.

Page 20: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

12

2. Einleitung

Im Mai 2000 beauftragte der Bundesrat den Schweizerischen Nationalfonds (SNF), ein Forschungsprogramm zu den Beziehungen Schweiz - Südafrika während der Apartheid durchzuführen (NFP 42+). Der Präsident der Leitungs-gruppe Prof. Dr. Kreis schrieb im Editorial zum NFP 42+ : „Einmal mehr darf oder soll die Wissenschaft zur Klärung oder Entsorgung von Vorgängen eingesetzt werden, die als besonders problematisch eingeschätzt werden.“ (SNF 2001, 4). Aufgrund der Entschuldungskampagne und der Entschädigungsklagen1 trifft die Aufgabe, problematische Vorgänge zu klären oder zu entsorgen, auf das vorliegende Projekt in besonderer Weise zu.

Politischer Kontext

Die in den letzten Jahren geführten Diskussionen zur Beziehung Schweiz – Südafrika haben sich vornehmlich um die geheimdienstlichen Kontakte zwischen Südafrika und der Schweiz sowie um die Klagen gegen Schweizer Banken gedreht. Schweizerische Antiapartheidgruppen, wie auch amerikanische Anwälte, haben Schweizer Banken wegen deren wirtschaftlichen Aktivitäten in Südafrika während der Apartheidzeit angeklagt.2 Unterstellt wurde den Schweizer Banken, dass sie vom südafrikanischen Apartheidsystem profitiert und internationale Aufrufe zur Beendigung ihrer Wirtschaftstätigkeit missachtet hätten, weshalb das Ende des Apartheidsystems verzögert wurde. Die Banken seien, so die Ankläger, für die wirtschaftlichen Kosten der Apartheid und für das durch die Apartheid ver-ursachte Leid mitverantwortlich. Folglich hätten sie Entschädigungszahlungen zu leisten.

Die vorliegende Studie hat nicht den Auftrag, die Vorwürfe im Rahmen der Entschuldungskampagne und der Entschädigungsklagen zu untersuchen und Stellung dazu zu beziehen. Zentraler Untersuchungsgegenstand ist der Einfluss der Wirtschaftssanktionen auf die politische Transformation in Südafrika. Das Verhalten und die Bedeutung der Schweiz wird denn auch im Vergleich zur Bedeutung der Wirtschaftssanktionen anderer Länder beurteilt.3

1 Im Rahmen der Entschuldungskampagne und der Entschädigungsklagen fordern NGO’s, kirchliche

Organisationen und südafrikanische Apartheidopfer die Streichung von Apartheidschulden und Entschädigungszahlungen an Apartheidopfer. Die Entschädigungsklagen wurden bei amerikanischen Gerichten eingereicht.

2 Die Klagen der amerikanischen Anwälte richten sich auch gegen andere in Südafrika tätige Firmen. 3 Beispielsweise haben, nach Meinung der Kläger, Umschuldungen internationaler Banken zur

Page 21: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

13

Dennoch ergeben sich aus den Ergebnisse dieser Studie wertvolle Erkenntnisse mit Blick auf die Vorwürfe der Entschuldungskampagne und der Entschädigungs-klagen. Diese werden im abschliessenden Kapitel 7. Die Studie im Kontext der politischen Diskussion erläutert.

Ziel und Inhalt der Studie

Die Studie beantwortet drei Fragenkomplexe. Erstens untersucht die Studie, weshalb bestimmte Handels- oder Finanzströme sanktioniert wurden und andere nicht. Welche Kriterien beeinflussen die länderspezifische Wahl der Sanktionen? Zweitens werden die Kosten der Wirtschaftssanktionen geschätzt. Vereinfacht ausgedrückt gilt, dass Sanktionen, welche geringe Kosten implizieren, auch nur einen geringen Einfluss auf die Politik haben. Dieser Teil wird sich vertieft mit den Kosten der Finanzsanktionen befassen, da diese erstens aus Sicht der Schweiz von besonderem Interesse sind und zweitens keine uns bekannte Studie bisher die Kosten der Finanzsanktionen quantifiziert hat.4 Drittens wird die Frage beantwortet, inwiefern die Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika zur politischen Transformation beigetragen haben. Bei der Beantwortung dieser Fragen wird das Verhalten und die Bedeutung der Schweiz jeweils vertieft analysiert.

Wirtschaftssanktionen definieren wir als von Regierungen festgelegte Zwangsmassnahmen, welche wirtschaftlichen Druck ausüben, um politische Änderungen zu erzeugen. Diese Massnahmen beinhalten insbesondere die Beschränkung von Handels- und Finanzbeziehungen. Waffenembargos werden nicht berücksichtigt, da deren primäres Ziel nicht die Ausübung wirtschaftlichen Drucks ist (Lowenberg und Kaempfer 1998, 113).

Im Falle Südafrikas ist die Unterscheidung zwischen staatlichen Zwangsmassnahmen (Wirtschaftssanktionen) und anderen Wirtschaftsmass-nahmen zentral. Nicht staatlich erzwungene Massnahmen waren insbesondere die Desinvestitionen ausländischer Firmen und die Kapitalrückzüge ausländischer Banken.5 Die Studie beschränkt sich aber auf die Analyse der Wirkung staatlicher Zwangsmassnahmen im wirtschaftlichen Bereich (Wirtschaftssanktionen). Nicht

Verlängerung der Apartheid beigetragen. Da die Umschuldungsabkommen jedoch von keinem Land sanktioniert waren, berücksichtigt die vorliegende Studie nicht, inwiefern durch die Um-schuldungsabkommen die Apartheid verlängert wurde (In Hefti und Staehelin-Witt 2003 wird die Bedeutung der Umschuldungsabkommen untersucht).

4 Hufbauer et al. (2001) haben die Kosten der Finanzsanktionen und die Kosten der Massnahmen amerikanischer Städte und Staaten (vgl. Kapitel 5.1. ) zusammen ausgewiesen.

5 Vgl. Hefti und Staehelin-Witt 2003.

Page 22: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

14

untersucht wird die Bedeutung der nicht wirtschaftlichen Sanktionen, wie beispielsweise die Bedeutung der Sportsanktionen.

Die Studie ist wie folgt gegliedert: Kapitel 2 erklärt die Wirkungsweise von Wirtschaftssanktionen und führt die Faktoren auf, welche einen Einfluss auf den Erfolg der Wirtschaftssanktionen haben. Im dritten Kapitel werden die gegen Südafrika verhängten Wirtschaftssanktionen dargelegt und deren Auswahl begründet. In Kapitel 4 werden die Kosten der getätigten Wirtschaftssanktionen abgeschätzt. Kapitel 5 erklärt die Bedeutung der Wirtschaftssanktionen auf den politischen Transformationsprozess. Abschliessend wird die Studie in den Kontext der laufenden politischen Diskussion in der Schweiz gestellt (Kapitel 6).

Methodik

Die Studie bedient sich der Public-Choice-Theorie und der Handelstheorie, um die staatlichen Eingriffe in den internationalen Handel zu untersuchen.

Die Public-Choice-Theorie erlangte erst 1986 durch die Vergabe des Wirtschaftsnobelpreises an den Begründer der Public-Choice-Theorie James Buchanen allgemeine Beachtung innerhalb der Wirtschaftswissenschaften. Die Public-Choice-Theorie beschäftigt sich mit den Vorgängen zur kollektiven Entscheidungsfindung. Verschiedene Akteure (Interessengruppen) beeinflussen dabei den politischen Prozess. Der Einfluss der verschiedenen Interessengruppen auf die Regierung, welche selbst auch eigene Interessen vertritt, ist dabei unterschiedlich gross. Die Public-Choice-Theorie schreibt den Akteuren (in der Politik: Politiker, Verwaltung, Interessenvertreter und Wähler) dieselben Handlungsmotive wie den Akteuren in der Privatwirtschaft zu. Das Handeln der Akteure wird durch das Streben nach Eigennutzmaximierung bestimmt (Shaw 2003).

Die Interessen der verschiedenen Akteure müssen aufeinander abgestimmt werden. Beispielsweise besteht das Interesse eines Politikers primär in der Möglichkeit, seine Wiederwahl zu sichern, während sich Wirtschaftsvertreter primär für das Wohlergehen ihrer Firmen einsetzen. Die Politiker stehen dabei oft verschiedenen Interessengruppen (v.a. Wähler, NGO’s und Wirtschaft) gegenüber, deren Unterstützung sie sich sichern möchten.

Die Public-Choice-Theorie ist ein wichtiges Instrument zur Untersuchung von Wirtschaftssanktionen. Erstens entscheidet die Wahl der zu sanktionierenden Bereiche zu einem wesentlichen Teil über die Kosten, welche die Sanktionen

Page 23: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

15

ausüben werden. Die Wahl der Wirtschaftssanktionen wird folglich von verschiedenen Interessengruppen (Wirtschaftslobbies, NGO’s) beeinflusst und mit Hilfe der Public-Choice-Theorie erklärt. Zweitens können mit Hilfe der Public-Choice-Theorie die Auswirkungen des wirtschaftlichen Drucks auf die Politik im sanktionierten Land untersucht werden.

Mit Hilfe der Handelstheorie werden die Implikationen von staatlichen Eingriffen (Wirtschaftssanktionen) auf die Wohlfahrt und die Einkommensverteilung im sanktionierten wie auch in den sanktionierenden Ländern analysiert (vgl. auch Anhang III).

Vorgehen

Das Projekt konnte im Herbst 2001 begonnen werden. Als erstes wurde die Literatur zum Thema Wirtschaftssanktionen allgemein und zu Wirtschaftssanktionen in Südafrika im Speziellen aufgearbeitet. Anschliessend wurde die schwierige Datenlage analysiert. Am Workshop vom 11. Oktober 2002 folgte die Präsentation der Zwischenergebnisse, welche zuvor von den externen Schweizer Experten begutachtet worden waren. Die Zwischenergebnisse wurden Ende 2002 im Rahmen eines Aufenthaltes in Südafrika mit drei Vertretern der Südafrikanischen Reservebank und vier südafrikanischen Universitätsprofessoren diskutiert, ergänzt und korrigiert. Die Unklarheiten in der Datenlage konnten letztlich mit Hilfe der Schweizerischen Nationalbank und der südafrikanischen Reservebank weitgehend gelöst werden.

Im Frühjahr 2003 genehmigte der SNF ein Zusatzprojekt zur Untersuchung der Umschuldungsverhandlungen. Der Forschungsauftrag wurde ebenfalls an Hefti und Staehelin-Witt vergeben.6

6 Vgl. Hefti und Staehelin-Witt 2003.

Page 24: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

16

3. Wirkungsweise von Wirtschaftssanktionen

Wirtschaftssanktionen werden verhängt, um im sanktionierten Land eine Politik-veränderung zu erwirken. Die Politikveränderung soll durch wirtschaftlichen Druck, das heisst Wohlstandsverluste, ausgelöst werden (Halbach 1987, 25; Chan and Drury 2000, 14; Dean 1990, 37). Es gilt grundsätzlich, dass die gewünschte Politikänderung ausgelöst wird, sobald die Kosten der Wirtschaftssanktionen grösser als die Kosten der Politikänderung sind.

Der genaue Transmissionsmechanismus unterscheidet sich von Fall zu Fall. Der Einfluss der verschiedenen politischen Akteure im sanktionierten Land und ihre Betroffenheit von Wirtschaftssanktionen kann ganz unterschiedlich sein. Letztlich müssen die entscheidenden Akteure von den Wirtschaftssanktionen betroffen sein, so dass sie den politischen Wandel unterstützen (Lowenberg und Kaempfer 1998, 8; Chan and Drury 2000, 9). Zu den wichtigsten Interessengruppen gehören die Regierungen, die Parteien, die Gewerkschaften, die Arbeit- und Kapitalgeber, die Wahlbevölkerung sowie die politische Opposition.

Umstritten ist, inwiefern die blosse Androhung von (evt. zusätzlichen) Wirt-schaftssanktionen bereits Veränderungen hervorrufen. Drohungen können das Verhalten von ausländischen Firmen und Investoren ändern, und dadurch Kosten auslösen. Angedrohte Sanktionen können auch der Opposition im sanktionierten Land die Mobilisierung von Anhängern erleichtern (Lowenberg und Kaempfer 1998, 192). Dass Drohungen jedoch bereits zu grösseren politischen Veränderungen führen, ist unwahrscheinlich. Nachdem die Versuche der Diplomatie erfolglos blieben, wird sich ein zu sanktionierendes Land wohl kaum durch Worte allein überzeugen lassen.

3.1. Kosten von Wirtschaftssanktionen

Wirtschaftssanktionen greifen in die Güter- und/oder Finanzströme zwischen zwei oder mehreren Ländern ein. Grundsätzlich gilt in der ökonomischen Theorie, dass Freihandel zu Wachstum und Wohlstand führt. Insbesondere wenig entwickelte Länder profitieren in grossem Masse von der Einbindung in die Weltwirtschaft, wie zahlreiche empirische Untersuchungen belegen (Irwin 2002). Wirtschafts-sanktionen schränken den Freihandel für das sanktionierende, wie auch das sanktionierte Land ein. Wirtschaftssanktionen verursachen also in beiden Länder Kosten. Die Kosten können aber sehr unterschiedlich auf die beiden Länder

Page 25: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

17

verteilt sein (Gründe s.u.).

Wirtschaftssanktionen können die Wirtschaftsstruktur eines Landes nachhaltig verändern. Entsprechend wirken die Kosten auch nach Ende der Sanktionierung weiter (Becker et al. 1990, 5). Reekie (2002, 29) weist auch darauf hin, dass Investoren nach Abschaffung der Sanktionen nicht gleich wieder zurückkehren, was zusätzliche längerfristige Kosten bedeutet.

Die Wirkungsweise der Wirtschaftssanktionen wird im Folgenden unterteilt nach Handels- und Finanzsanktionen beschrieben.

3.1.1. Kosten von Handelssanktionen

Importsanktionen (aus Sicht des sanktionierenden Landes) treffen die Exporte der sanktionierten Länder. Als Folge müssen die betroffenen Unternehmen entweder die Produktion drosseln, neue Absatzmärkte erschliessen oder die Produktion auf nicht sanktionierte Güter umstellen. Neue Absatzmärkte zu erschliessen und neue Produkte herzustellen verursacht Umstellungskosten. Die Drosselung der Produktion führt kurzfristig zu Kosten in Form von Arbeitslosigkeit, längerfristig sinkt die Gesamtwohlfahrt. Die Gewinne der betroffenen Unternehmen sinken in der Regel in allen drei Fällen.

Exportsanktionen führen dazu, dass im sanktionierten Land bisher importierte Güter nicht mehr verfügbar sind, oder die Marktlücke durch in- oder ausländische Konkurrenzprodukte aufgefüllt wird. Unter der Annahme, dass bisher der Zulieferer mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis gewählt wurde, werden die neuen Lieferanten die Güter zu einem schlechteren Preis-Leistungs-Verhältnis liefern. Ein schlechteres Preis-Leistungs-Verhältnis zeigt sich bei identischen Produkten im höheren Preis. Bei Endprodukten reduziert dies die Konsum-möglichkeiten der Bevölkerung. Bei Halbfertigfabrikaten erschwert es derjenigen Industrie, welche diese Güter in ihrem Produktionsprozess benötigt, im inter-nationalen Vergleich längerfristig konkurrenzfähig zu bleiben (Hefeker und Menck 2002, 13). Die durch Sanktionen geschwächte Konkurrenzsituation im sanktionierten Land birgt zudem die Gefahr, dass sich inländische Monopole bilden können, welche ihre Marktmacht zur eigenen Gewinnmaximierung und zu Lasten des Allgemeinwohls einsetzen (Hefeker und Menck 2002, 13).

Aus Sicht des sanktionierenden Landes sind Exportsanktionen meistens mit

Page 26: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

18

höheren Kosten für die einheimische Industrie verbunden als Importsanktionen. Während neue Lieferanten normalerweise leicht gefunden werden können, ist die Erschliessung neuer Absatzmärkte mit hohen Kosten verbunden. Können keine neuen Absatzmärkte gefunden werden, sind dadurch Arbeitsplätze im sanktionie-renden Land gefährdet. Bestehen keine multilateralen Handelssanktionen, und existieren auf dem Weltmarkt eine Vielzahl von Produzenten und Abnehmern, so lösen Handelssanktionen lediglich Umstellungskosten in den sanktionierenden, den sanktionierten und den nicht sanktionierenden Ländern aus.

Nebst dem im sanktionierten und im sanktionierenden Land generell reduzierten Wohlstand führen Handelssanktionen zu erheblichen Umverteilungseffekten. Tabelle 1 zeigt übersichtsartig die Gewinner und Verlierer von Wirtschafts-sanktionen. Während im sanktionierten wie auch im sanktionierenden Land Wirt-schaftssanktionen zu Gewinnern und Verlierern führen, profitieren nicht sank-tionierende Länder in jedem Fall von Wirtschaftssanktionen zwischen anderen Ländern (vgl. Tabelle 1).7

7 Wie stark die Konsumenten und wie stark die Unternehmen von den Auswirkungen der Wirt-

schaftssanktionen (positiv oder negativ) betroffen sind, hängt von der Preiselastizität der Nachfrage nach einem Gut ab (vgl. Anhang III).

Page 27: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

19

Tabelle 1: Gewinner und Verlierer von Handelsanktionen8

Gewinner Verlierer

Produzenten von sanktionierten Importgütern Importeure von sanktionierten GüternKonsumenten (bei Importsanktionen) Produzenten von sanktionierten ExportgüternPrivilegierte Unternehmen / Privatpersonen Konsumenten (bei Exportsanktionen)

Produzenten von sanktionierten Importgütern Exporteure von sanktionierten GüternKonsumenten (bei Exportsanktionen) Importeure von sanktionierten Gütern

Konsumenten (bei Importsanktionen)

Importeure von sanktionierten GüternExporteure von sanktionierten GüternKonsumenten

Im sanktionierten Land

Im sanktionierenden Land

Im nichtsanktionierenden Land

Gewinner und Verlierer im sanktionierten Land

• Produzenten von sanktionierten Importgütern: Sie profitieren von Export-sanktionen (aus Sicht des sanktionierenden Landes), da diese das Angebot reduzieren und die Produzenten dadurch die Produktpreise erhöhen können und/oder ihren Marktanteil ausweiten können. Hohe Preise und hohe Gewinne locken neue Anbieter auf den Markt und geben Unter-nehmen die Möglichkeit, über tiefere Preise ihren Marktanteil auszu-weiten. Entsprechend sinkt der Preis in der mittleren und längeren Frist. Verbleiben nach Exportsanktionen nur noch sehr wenige Anbieter auf dem Markt, so können Kartell- oder Monopolgewinne realisiert werden.

• Importeure von sanktionierten Gütern: Sanktionierte Güter müssen über alternative Anbieter (oder den Schwarzmarkt) beschafft werden, oder selbst hergestellt werden. Jede dieser Varianten erhöht den Wiederver-kaufspreis. Kann die Preiserhöhung nicht vollumfänglich an den Käufer / Konsument weitergeben werden, sinkt der Gewinn (Ausnahme s.u.).

8 1. Export- und Importsanktionen aus Sicht des sanktionierenden Landes. 2. Treffen Sanktionen

Unternehmen positiv/negativ, so verteilt sich diese Wirkung je nach Verhandlungsstärke auf die verschiedenen Anspruchsgruppen (Kapitalgeber, Arbeitgeber, Arbeitnehmer). Die für die Unter-nehmen verwendeten Begriffe Exporteure und Importeure umfassen also sowohl deren Kapital-geber wie auch deren Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Page 28: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

20

• Privilegierte Unternehmen / Privatpersonen: Besonders profitieren werden jene, welche weiterhin Zugang zu den untersagten Importen haben. Ist die Nachfrage nach den sanktionierten Importen besonders gross, so können die Importeure hohe Gewinnmargen abschöpfen. Nicht selten profitieren Leute aus dem nächsten Regierungsumfeld vom illegalen Importgeschäft (Hefeker 2002, 19).

• Produzenten von sanktionierten Exportgütern: Importsanktionen (aus Sicht des sanktionierenden Landes) verkleinern den Absatzmarkt für die betroffenen Produkte. Können keine alternativen Märkte erschlossen werden, oder nur zu schlechteren Bedingungen, so sinkt der Preis des Produktes und folglich der Gewinn der Produzenten.

• Konsumenten: Sie sind von Exportsanktionen negativ betroffen, da die Güter entweder nicht mehr angeboten werden, oder aber zu höheren Preisen. Dies kann dazu führen, dass gewisse Produkte unerschwinglich werden oder gar nicht mehr erhältlich sind. Konsumenten profitieren kurzfristig von Importsanktionen, da ein Überangebot auf dem einheim-ischen Markt entsteht und dadurch die Preise sinken. Reduzieren die Anbieter ihr Angebot oder erschliessen sie neue Exportmärkte, so reduziert sich der Angebotsüberhang und die Preise beginnen wieder zu steigen.

Gewinner und Verlierer im sanktionierenden Land

• Exporteure von sanktionierten Gütern: Exportsanktionen führen zu Umsatzeinbussen und reduzieren die Gewinne. Gleichzeitig profitieren die Exporteure vom gestiegenen Weltmarktpreis. Gesamthaft dominiert der erste Effekt den zweiten, womit Exportsanktionen für Exporteure schädigend sind.

• Importeure von sanktionierten Gütern: Sie sind von Importsanktionen negativ betroffen, da dadurch die Preise der sanktionierten Güter erhöht werden.

• Produzenten von sanktionierten Importgütern: Importsanktionen erhöhen die Gewinne, da die Konkurrenzsituation entschärft wird, was tendenziell höhere Preise und mehr Umsatz für die Unternehmen mit sich bringt.

• Konsumenten: Exportsanktionen erhöhen den Konkurrenzkampf auf dem

Page 29: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

21

einheimischen Markt, was zu tieferen Preisen führt. Die Konsumenten profitieren von den tieferen Preisen. Importsanktionen entschärfen den Konkurrenzkampf, was häufig zu höheren Preisen führt.

Gewinner und Verlierer in nicht sanktionierenden Ländern

• Importeure von sanktionierten Gütern: Sie profitieren von Import-sanktionen anderer Länder, wenn dadurch die Preise der Exporte aus dem sanktionierten Land sinken.

• Exporteure von sanktionierten Gütern: Sie profitieren von Export-sanktionen anderer Länder, da sie dadurch die Möglichkeit erhalten, die Nachfragelücke im sanktionierten Land zu kompensieren.

• Konsumenten: Sie profitieren von Importsanktionen anderer Länder, wenn dadurch die Preise der Importe aus dem sanktionierten Land sinken.

3.1.2. Kosten von Finanzsanktionen

Werden Finanzsanktionen9 verhängt, so führt dies normalerweise zu einem reduzierten Nettokapitalzufluss oder gar zu einem Nettokapitalabfluss. Das reduzierte Kapitalangebot erhöhte die Kapitalkosten (Zinsen oder erwartete Rendite). Das fehlende Kapital kann auf zwei Wegen beschafft werden. Bestenfalls werden die fehlenden Investitionen von nicht sanktionierenden Ländern oder einheimischen Investoren ersetzt. Ansonsten muss die inländische Sparquote gesteigert werden. Die Kosten der höheren Sparquote liegen im Konsumverzicht. Kann das fehlende Kapital nicht beschafft werden, oder nur zu überhöhten Preisen, so ist entweder die Handelsbilanz und/oder die Dienst-leistungsbilanz zu verbessern, oder der Produktionsfaktor Kapital durch den Produktionsfaktor Arbeit zu ersetzen. Die Handelsbilanz, resp. die Dienst-leistungsbilanz kann über steigende Exporte oder sinkende Importe verbessert werden, was beides wiederum Kosten in Form von Konsumverzicht auslöst. Die Verlagerung der Produktion auf arbeitsintensive Vorgänge senkt die Wett-bewerbsfähigkeit der Wirtschaft und dadurch letztlich den Wohlstand der Bevölkerung.

9 Die Möglichkeit, ausländische Konten zu sperren, wird nicht weiter verfolgt. Die Sanktionen gegen

Südafrika beinhalteten diese Massnahme nicht.

Page 30: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

22

Die direkt betroffenen Gewinner und Verlierer von Finanzsanktionen sind in Tabelle 2 widergegeben. Indirekt werden auch Konsumenten im sanktionierten Land von den höheren Kapitalkosten in Form höherer Preisen betroffen sein.

Tabelle 2: Gewinner und Verlierer von Finanzsanktionen

Gewinner Verlierer

Investoren Kapitalsuchende Unternehmen

Investoren

Investoren

Im sanktionierten Land

Im sanktionierenden Land

Im nichtsanktionierenden Land

Die Investoren im sanktionierten Land sowie die Investoren in den nicht sanktionierenden Ländern gehören zu den Gewinnern der Finanzsanktionen, da sie ihre Investitionen ausweiten können, und dies oft zu verbesserten Konditionen aufgrund der Angebotslücke der sanktionierenden Länder. Der Umsatz und folglich der Gewinn der Investoren aus sanktionierenden Ländern wird durch Finanzsanktionen reduziert und die Investoren müssen sich nach neuen Investitionsmöglichkeiten umschauen. Die kapitalsuchenden Unternehmen im sanktionierten Land haben höhere Kapitalkosten zu tragen, was den Gewinn und möglicherweise auch die Löhne mindert. Kapitalsuchende Unternehmen ausser-halb des sanktionierten Landes werden aufgrund des globalisierten Kapitalmarktes die positiven Auswirkungen eines Angebotsüberhangs und damit sinkender Kapitalkosten in der Regel spüren, es sei denn, eines oder mehrere sehr bedeutende Investitionsländer werden von deren wichtigsten Investorenländern sanktioniert.

3.1.3. Konsequenzen

Wirtschaftssanktionen können beträchtliche Kosten verursachen. Bestimmte Gruppen werden davon besonders hart getroffen, während andere Gruppen von Sanktionen gar profitieren. Die Kosten der Wirtschaftssanktionen werden oft unterschätzt, da lediglich die Kosten im sanktionierten Land berücksichtigt werden. Kosten fallen aber auch in den sanktionierenden Ländern und, was oft vergessen wird, in Form von zerstörten regionalen Netzwerken und höheren Preisen, in den Nachbarstaaten der sanktionierten Ländern an (vgl. Hefeker 2002,

Page 31: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

23

20).

Wirtschaftssanktionen treffen oft die untersten Bevölkerungsschichten und nicht die sog. herrschenden Eliten (Chan and Drury 2000, 7). Hefeker und Menck (2002, 17) weisen zudem darauf hin, dass der sinkende Wohlstand sich negativ aufs Regierungsbudget auswirkt. Kürzungen werden aber oft im Gesund-heitswesen und im Bildungsbereich vorgenommen, was erstens vor allem die ärmeren Bevölkerungsschichten treffen wird und zweitens Kosten verursacht, welche auch nach Ende der Wirtschaftssanktionen nachwirken.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Redewendung „Nutzt’s nichts, so schadet’s nichts“ auf Wirtschaftssanktionen nicht zutrifft. Wirtschaftssanktionen haben im Normalfall diverse unerwünschte Nebeneffekte auf die sanktionierenden Länder, die Nachbarländer und die armen Bevölkerungsschichten in den sanktionierten Ländern. Im Extremfall können Wirtschaftssanktionen gar zu humanitären Katastrophen führen. Schätzungen sprechen von 500'000 Tote, welche auf die, dem Golfkrieg gefolgten, Wirtschaftssanktionen zurückzuführen sind. Der Krieg selbst hat 45'000 Todesopfer gefordert (Pape 1997, 110).

Der wahrscheinliche Nutzen der Wirtschaftssanktionen und deren Kosten sollten also, auch wenn dies schwierig ist, jeweils überschlagen werden, bevor Wirtschaftssanktionen getätigt werden. Erstens ist abzuschätzen, ob der Wandel nicht auch durch diplomatische Aktivitäten erreicht werden kann. Zweitens ist die Wahrscheinlichkeit eines politischen Wandels abzuschätzen. Wirtschafts-sanktionen, welche hohe Ziele (Regierungswechsel, Demokratisierung oder Menschenrechte) verfolgen, sind selten erfolgreich und treffen besonders in Diktaturen vor allem die arme Bevölkerung (Pape 1997, 110; Chan und Drury 2000, 11). Die Kosten eines politischen Wandels sind für die herrschende Elite zu gross. Entsprechend sind drittens die Wirtschaftssanktionen so auszugestalten, dass sie die herrschenden Eliten treffen und Kosten, welche die ärmeren Bevölkerungsschichten treffen, vermeiden. Die Forschung beschäftigt sich zur Zeit mit der Entwicklung sogenannter targeted oder smart sanctions. Ein Beispiel ist das Einfrieren von ausländischen Bankkonti, welche die Eliten im Ausland besitzen. Bisher ist der Erfolg solcher Massnahmen, vor allem aufgrund der Mobilität und der geringen Sichtbarkeit des Kapitals, nur bescheiden.

Page 32: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

24

3.2. Effektivität von Wirtschaftssanktionen

Verschiedene Studien haben empirisch die Effektivität von Wirtschaftssanktionen überprüft. Die grösste Schwierigkeit bei der Bewertung von Wirtschaftssanktionen ist, dass der Beitrag der Wirtschaftssanktionen zum politischen Wandel (im Erfolgsfall) eruiert, und von anderen Einflussfaktoren separiert werden muss. Zudem stellt sich die Frage, ob Wirtschaftssanktionen immer als Misserfolg zu werten sind, wenn andere Einflussfaktoren ausreichten, um den politischen Wandel auszulösen, obwohl auch die Wirtschaftssanktionen einen positiven Beitrag zum Wandel leisteten.

Die umfangreichste Untersuchung von Hufbauer et al. (1985, 1990, 1998) analysiert 115 Fälle von Wirtschaftssanktionen. Sie dient vielen anderen Studien als Datengrundlage. Von den 115 analysierten Fällen beschränkten sich mit Ausnahme des Handelsembargos gegen Rhodesien alle Wirtschaftssanktionen auf einzelne Güter oder Investitionsbereiche und/oder wurden nur von einzelnen Ländern implementiert. Hufbauer et al. (2001b) werten 34% der Wirtschaftssanktionen als zumindest teilweise erfolgreich. Die Studie berechnet den Erfolg einer Wirtschaftssanktion, indem sie das Ausmass der Zielerreichung (1 = nicht erreicht, 4 = erreicht) mit dem Beitrag der Wirtschaftssanktionen zur Zielerreichung (1 = kein, oder negativer Beitrag, 4 = wichtiger Beitrag) multipliziert. Ergibt das Produkt eine grössere Zahl als 8, so wird die Wirtschaftssanktion als zumindest teilweise erfolgreich gewertet.

Die Studie wurde verschiedentlich kritisiert. Pape (1997, 93) wertet lediglich 4% der von Hufbauer et al. untersuchten Wirtschaftssanktionen als Erfolg. Das Resultat erklärt sich durch seine kritischere Bewertung des Beitrags der Wirt-schaftssanktionen am politischen Wandel. Insbesondere können, so Pape, Wirt-schaftssanktionen in jenen Fällen, in welchen kriegerische Handlungen notwendig und ausreichend für den politischen Wandel waren, nicht als erfolgreich gewertet werden.

Cortright und Lopez (1995, 7) hingegen erachten die von Hufbauer et al. berechnete Erfolgsquote für zu tief. Sie bemängeln, dass nur die expliziten Ziele der Wirtschaftssanktionen berücksichtigt werden. Wirtschaftssanktionen verfolgen demgegenüber jedoch häufig (auch) andere Ziele. Hufbauer et al. (1998) bestätigen, dass in zunehmendem Masse innenpolitische Ziele in den sanktionierenden Ländern die treibende Kraft hinter dem Entscheid über die Verhängung von Wirtschaftssanktionen sind. Kommt beispielsweise eine Regierung dem Wunsch der Bevölkerung nach Wirtschaftssanktionen gegen ein

Page 33: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

25

Land, welches Menschenrechte verletzt, nach, und sichert sich die Regierung dadurch ihre Wiederwahl, so können die Sanktionen als innenpolitischer Erfolg gewertet werden, auch wenn die Politikänderung im sanktionierten Land ausblieb. Die Forderung der breiten Öffentlichkeit nach Wirtschaftssanktionen kann also dazu führen, dass Wirtschaftssanktionen verhängt werden, obwohl deren Misserfolg bereits zu Beginn der Sanktionierung vermutet wird. Solche Misserfolge dürfen nach Lopez und Cortright nicht als Misserfolge gewertet werden. Zudem erfassen Hufbauer et al. die positiven Signalwirkungen von Wirt-schaftssanktionen nicht. Wirtschaftssanktionen können ein Signal senden, dass ein bestimmtes Verhalten mit Wirtschaftssanktionen bestraft würde. Diese Signal-wirkung kann sanktionswürdige Vergehen präventiv verhindern und die Wirt-schaftssanktionen können also, auch wenn im Einzelfall erfolglos, doch ‚unsichtbar’ erfolgreich gewesen sein (Cortright and Lopez 1995, 8).

Auch wenn die Erfolgsquote von Wirtschaftssanktionen umstritten ist, so besteht doch weitgehend Einigkeit darüber, welche Faktoren die Effektivität von Wirt-schaftssanktionen behindern oder fördern. Sanktionsgegner erachten die Hindernisse als weitgehend unlösbar, während Sanktionsbefürworter in Wirt-schaftssanktionen ein probates Druckmittel zwischen diplomatischer Verurteilung und kriegerischen Auseinandersetzungen sehen. Sanktionen sind selektiv einzu-setzen, in gewissen Fällen ist davon ganz abzusehen: „Clearly, sanctions are not a tool for all seasons“ (zitiert in: Cortright and Lopez 1995, 6).

Hindernisse, welche die Effektivität von Wirtschaftssanktionen untergraben, können sowohl in den sanktionierenden, wie in den sanktionierten Ländern bestehen oder auftauchen.

3.2.1. Hindernisse in den sanktionierenden Ländern

Die sanktionierenden Länder bestimmen den Umfang und die Wahl der Wirt-schaftssanktionen. Bei der Wahl spielen eigennützige Überlegungen wirtschaftlicher und politischer Natur eine wichtige Rolle. Die Wahl der Wirt-schaftssanktionen ist also nicht allein durch deren Erfolgschancen im sanktionierten Land beeinflusst. Eigeninteressen können dazu führen, dass die erfolgsversprechendsten Wirtschaftssanktionen nicht umgesetzt und multilaterale Sanktionen nicht verhängt werden.

Page 34: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

26

Wirtschaftliche Kosten im sanktionierenden Land

Die Wahrscheinlichkeit, Wirtschaftssanktionen umzusetzen, ist massgeblich von deren Kosten im sanktionierenden Land abhängig. Die Kosten in den sanktionierenden Ländern können beträchtlich sein. Hufbauer et al. schätzen beispielsweise, dass die 1998 in Kraft gewesenen US-Sanktionen10 die USA jährlich $20Mia. gekostet haben, was 200'000 gut bezahlten Arbeitsplätzen entspricht (in: Hufbauer und Jones, 1998). Laut dieser Schätzung ist 3% der amerikanischen Arbeitslosenquote auf Sanktionen zurückzuführen.11

Regierungen berücksichtigen die Bedürfnisse der Wirtschaft, da Firmen als Interessengruppen einen wichtigen Einfluss auf die Politik haben, und Wirt-schaftssanktionen, welche Arbeitslosigkeit im sanktionierenden Land bedingen, Widerstände in der Wahlbevölkerung auslösen können. Wirtschaftssanktionen, welche hohe Kosten in den sanktionierenden Ländern auslösen, werden ent-sprechend weniger oft getätigt, als Wirtschaftssanktionen mit geringen Kosten im sanktionierenden Land. Oftmals wird dadurch verhindert, dass die effektivsten Wirtschaftssanktionen gewählt werden. Denn die Handelstheorie zeigt, dass hohe Kosten im sanktionierten Land12 wahrscheinlich auch zu hohen Kosten im sank-tionierenden Land führen (Kaempfer and Lowenberg 1995, 64). Beispielsweise war Südafrika für die USA der wichtigste Zulieferer von strategischen Metallen, weswegen der Handel mit strategischen Mineralien während der Apartheid nicht sanktioniert wurden.

Die Stärke der potentiellen Gewinner und Verlierer von möglichen Wirtschafts-sanktionen hat einen bedeutenden Einfluss auf die Wahl von Wirtschafts-sanktionen (vgl. Tabelle 2). Konsumenten sind dabei in der Regel schlechter organisiert als Produzenten (inkl. Arbeitnehmer). Zudem können Produzenten in der Regel leichter und zu geringeren Kosten neue Lieferanten als neue Abnehmer akquirieren. Entsprechend werden Exportsanktionen (neue Abnehmer nötig) stärker opponiert als Importsanktionen (neue Lieferanten nötig).

Wollen Politiker sowohl den Forderungen der Wählerschaft (und anderen

10 Wobei die USA unter allen Ländern mit Abstand am meisten Sanktionen tätigen. 11 1998: Anzahl Arbeitslose 6,2 Mio.; Arbeitslosenquote: 4,5% (Quelle: Bureau of labour statistics,

www.bls.gov) 12 Die umfassende Studie von Hufbauer et al. (1998) kommt zum Ergebnis, dass erfolgreiche

Sanktionen im Durchschnitt im sanktionierten Land Kosten in der Höhe von 2,5% des BIP verursachen, während erfolglose Sanktionen das BIP durchschnittlich um lediglich 1% reduzierten.

Page 35: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

27

Interessengruppen) wie auch den Bedürfnissen der Wirtschaft entsprechen, so werden oft milde Wirtschaftssanktionen verhängt. Die Effektivität der verhängten Wirtschaftssanktionen ist dadurch natürlich eingeschränkt, hingegen hat die Regierung den Erwartungen zweier wichtiger Anspruchsgruppen, der Wirtschaft und der Wählerschaft, (zumindest teilweise oder kurzfristig) entsprochen.

Multilateralität von Wirtschaftssanktionen

Multilaterale Wirtschaftssanktionen können die wirtschaftlichen Kosten, und damit die Effektivität von Wirtschaftssanktionen, wesentlich erhöhen. Multi-laterale Wirtschaftssanktionen verhindern, dass das sanktionierte Land seine Importe oder Exporte in andere Länder umleiten kann.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen kann Wirtschaftssanktionen für alle Mitglieder der Vereinten Nationen verbindlich erklären. Bis zum Fall der Berliner Mauer 1989 wurden von den Vereinten Nationen einzig die Handelssanktionen gegen Rhodesien und das Waffenembargo gegen Südafrika als verbindlich erklärt (Chan und Drury 2000, 3).

Verhindert wurden multilaterale Wirtschaftssanktionen primär aufgrund des Kalten Krieges (Cortright and Lopez 1995, viii). Zu sanktionierende Länder waren oft Freunde der einen und Feinde der andern. Das Vetorecht der permanenten Mit-glieder des Sicherheitsrats verhinderte verbindliche Sanktionen. Seit dem Ende des Kalten Krieges verhängten die Vereinten Nationen denn auch vermehrt all-gemeinverbindliche Wirtschaftssanktionen (Chan and Drury 2000, 3).

Des weitern wird – wie bei unilateralen Sanktionen - jedes Land versuchen, diejenigen Bereiche zu sanktionieren, welche die einheimische Wirtschaft nur wenig kosten. Zudem können multilaterale Importsanktionen in jenen Bereichen gefordert werden, in welchen die einheimische Exportindustrie in Konkurrenz mit der Exportindustrie des sanktionierten Landes steht. Solche Importsanktionen eröffnen der einheimischen Exportindustrie neue Absatzmärkte.

Gegen Wirtschaftssanktionen opponieren insbesondere Nachbarländer des sanktionierten Landes. Diese verfügen in der Regel über die intensivsten Handels-beziehungen mit dem sanktionierten Land und leiden entsprechend auch am stärksten unter Wirtschaftssanktionen.13 Neuerdings versucht man dieses Problem

13 Nachbarländer können zudem von internationalen Sanktionen profitieren, wenn sie sich selbst

nicht dran beteiligen. Beispielsweise führte die amerikanische Sanktionierung von Direktflügen

Page 36: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

28

dadurch zu beseitigen, indem Nachbarländer für ihre wirtschaftlichen Kosten von anderen Ländern oder von internationalen Institutionen entschädigt werden (Cortright and Lopez 2000, 228ff). Bisher wurde von diesem Instrument aber erst im Falle Jordaniens (Sanktionen gegen den Irak) und Mazedoniens (Sanktionen gegen Jugoslawien) Gebrauch gemacht (UN 1999, 110).

Wirtschaftssanktionen müssen nicht zwingend multilateral getätigt werden (Hufbauer et al. 1998). Wirtschaftssanktionen wichtiger Handelspartner können auch unilateral signifikante wirtschaftliche Kosten verursachen. Die Globalisierung hat jedoch die Erfolgschancen unilateraler Sanktionen reduziert (Chan and Drury 2000, 4). Gleichzeitig hat die Globalisierung aber die Erfolgs-chancen multilateraler Wirtschaftssanktionen erhöht. Die wirtschaftliche Abhängigkeit zwischen den Ländern hat im Zuge der Globalisierung zu-genommen, wodurch die Anfälligkeit der eigenen, spezialisierten Wirtschaft auf Wirtschaftssanktionen gestiegen ist.

3.2.2. Hindernisse im sanktionierten Land

Wirtschaftssanktionen lösen in den sanktionierten Ländern unterschiedliche Reaktionen aus. Ob die angestrebte wirtschaftliche Transformation stattfindet, ist zu Beginn der Sanktionierung unklar. In der Forschung wurden verschiedene wirt-schaftliche und politische Einflussfaktoren identifiziert, die zu einem wichtigen Teil über Erfolg und Nichterfolg von Wirtschaftssanktionen entscheiden. Trotz dieser Erkenntnisse bleiben Prognosen über den Erfolg von Wirtschaftssanktionen äusserst unsicher. Selbst wenn alle empirisch identifizierten Bedingungen berück-sichtigt sind, so kann im Einzelfall die Reaktion dennoch anders als erwartet ausfallen.14

Die Wirtschaftsstruktur im sanktionierten Land

Die Kosten der Wirtschaftssanktionen werden massgeblich von der Flexibilität, dem Diversifikationsgrad und dem Grad der Autarkie der Wirtschaft im sank-

nach Südafrika zu vermehrten Flugbewegungen in die, nicht sanktionierenden, umliegenden Länder, von wo aus Südafrika dann angeflogen wurde.

14 Das renommierte Institute for International Economics prognostizierte Wirtschaftssanktionen vor dem ersten Golfkrieg eine Erfolgswahrscheinlichkeit von über 85% (in: Pape 1998, 68). Doch nicht einmal ein Krieg, noch die darauffolgenden, in einer humanitären Katastrophe geendeten, Wirtschaftssanktionen konnten auf Regierungsebene Veränderungen bewirken.

Page 37: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

29

tionierten Land bestimmt.

Länder mit flexiblen Produktionsstrukturen können ihre Produktion rasch neuen Verhältnissen anpassen. Sie können die Produktionsprozesse leichter umstellen, um sanktionierte Importe selbst herzustellen. Zudem kann die Produktion von sanktionierten Exporten rasch gedrosselt oder auf die Produktion nicht sank-tionierter Güter umgelagert werden.

Je diversifizierter die Wirtschaftsstruktur eines Landes ist, desto geringer ist es von der Sanktionierung einzelner Produkte betroffen. Sind hingegen einzelne Produkte für den Grossteil der Exporterlöse verantwortlich, so können bereits selektive Sanktionen gegen diese Güter signifikante wirtschaftliche Kosten ver-ursachen. Unilaterale Wirtschaftssanktionen führen dann zu hohen Kosten, wenn die Position eines Wirtschaftspartners sehr dominant ist (sog. Klumpenrisiken). Durch die Globalisierung hat sich die Dominanz einzelner Wirtschaftspartner eher reduziert, wodurch insbesondere die Erfolgschancen unilateraler US-Sanktionen vermindert wurden (Hufbauer et al. 1998).

Grundsätzlich wenig Chancen auf Erfolg haben Wirtschaftssanktionen in Ländern, welche eine autarke Wirtschaftsstruktur aufweisen. Im Zuge der Globalisierung sind die Volkswirtschaften aber verstärkt im internationalen Handel involviert, was für die Effektivität multilateraler Sanktionen spricht (Cortright and Lopez 1995, 5).

Die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse im sanktionierten Land

Entscheidend sind letztlich die Kosten, welche die Wirtschaftssanktionen auf die entscheidenden Interessengruppen im sanktionierten Land ausüben (Lowenberg 1995, 63,65). Wirtschaftssanktionen sollten nicht nur die Regierung im engeren Sinne, sondern auch deren Machtbasis treffen. Die Machtbasis kann das Militär, die Wirtschaftselite oder auch die Wählerschaft sein. Wirtschaftssanktionen können auch den politischen Einfluss der Opposition erhöhen. Zudem verhindern konzentrierte Wirtschaftssanktionen ‚unschuldige’ Sanktionsopfer.

Die Wirtschaftssanktionen treffen aber oft die Zielgruppen nicht. Die politischen und wirtschaftlichen Eliten, wie auch das Militär, verfügen in der Regel über viele Möglichkeiten, die Kosten von Wirtschaftssanktionen auf andere abzuwälzen oder gar von Wirtschaftssanktionen zu profitieren (Lowenberg 1995, 66f). Lowenberg und Kaempfer (in: Chan and Drury 2000, 8) sind gar der Ansicht, dass je grösser die wirtschaftlichen Kosten einer Sanktion sind, desto eher kann die Elite im

Page 38: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

30

sanktionierten Land davon profitieren. Dies kann durch das profitable Handeln mit sanktionierten Gütern geschehen. Die steigenden Preise können, aufgrund des durch die Sanktionen verknappten Angebots, die Gewinnmargen einheimischer Produzenten (Wirtschaftselite) erhöhen. Die aktuelle Forschung hofft aber, dass bestimmte Finanzsanktionen zielgerichtet eingesetzt werden können (Watson Institute 2001, ix). Beispielsweise können ausländische Bankkonti blockiert werden. Konkrete Erfolge im Hinblick auf politische Veränderungen sind bisher jedoch noch nicht bekannt.

Die Kosten der Wirtschaftssanktionen für die entscheidenden Interessengruppen müssen zudem grösser sein als die Kosten des Einlenkens. Wird beispielsweise ein Regimewechsel gefordert, so sind die Kosten für die Regierung enorm hoch. Entsprechend sagen auch Sanktionsanhänger wie Cortright und Lopez (1995, 4), dass Wirtschaftssanktionen noch nie einen Diktator zu Fall gebracht haben. Auch Hufbauer et al. (1998) weisen darauf hin, dass Wirtschaftssanktionen nur selten den notwendigen Druck für grössere Politikänderungen ausüben (Hufbauer et al. 1998).

Der Erfolg von Wirtschaftssanktionen kann ausserdem dann ausbleiben, wenn im sanktionierten Land befürchtet wird, dass ein Einlenken als Zeichen der Schwäche gedeutet wird und in Zukunft deshalb vermehrt mit Wirtschaftssanktionen gerechnet werden muss (Chan and Drury 2000, 8). Entsprechend sind Wirtschafts-sanktionen gegen befreundete Länder erfolgreicher als Wirtschaftssanktionen gegen feindlich gesinnte Länder (Hufbauer et al. 1998). Die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Wirtschaftssanktionen ist zwischen freundlich gesinnten Ländern geringer als zwischen Freund und Feind.15

Wichtig sind auch die Kosten-Nutzen-Überlegungen der übrigen Akteure (Be-völkerung, Unternehmen, NGOs, Gewerkschaften). Die verlangten politischen Konzessionen können als zu hoch erachtet werden. 3 Jahre nach der Verhängung von Wirtschaftssanktionen durch die USA und die EU hätten in Südafrika immer noch nur 2% der weissen Bevölkerung eine schwarze Regierung akzeptiert (Lipton et al. 1989 11). Zudem empfand sich die weisse Bevölkerung Südafrikas vom Ausland missverstanden (IRRC 1990, 12). Dies möglicherweise auch aufgrund der Desinformation der eigenen Regierung. In solchen Fällen solidarisiert sich die

15 Zudem erklärt dieses Argument teilweise die häufige Erfolglosigkeit von Wirtschaftssanktionen.

Drezner (199, 4) zeigt, dass vor allem feindlich gesinnte Länder sanktioniert werden, da dies politisch opportuner ist und zudem im Durchschnitt die Handelsbeziehungen auch viel geringer sind.

Page 39: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

31

Bevölkerung mit der Regierung (sog. rally-around-the-flag). Ein Einlenken auf die Wirtschaftssanktionen wird nicht gefordert.

3.3. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

• Wirtschaftssanktionen können beträchtliche Kosten im sanktionierten Land, in den sanktionierenden Ländern und den Nachbarländern des sanktionierten Landes auslösen. Im Extremfall können Wirtschaftssanktionen zu humanitären Katastrophen führen.

• Die Wahl der Wirtschaftssanktionen entscheidet, welche Gruppen unter den Wirtschaftssanktionen leiden, und welche davon profitieren werden, auch wenn dies ex ante nicht immer klar ist.

• Zu den Profiteuren von Wirtschaftssanktionen gehören die nicht sanktionierenden Länder, sowie bestimmte Gruppen in den sanktionierenden wie auch in den sanktionierten Ländern.

• Die Erfolgsquote von Wirtschaftssanktionen ist umstritten. Sanktionsgegner betonen im Falle einer politischen Veränderung den Einfluss anderer Faktoren. Bleibt die politische Veränderung aus, so kritisieren Sanktions-befürworter die Art und Weise der Implementierung oder betonen den negativen Einfluss unerwarteter Einflüsse.

• Der Erfolg von Wirtschaftssanktionen ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Dennoch kann ex ante der Erfolg aufgrund der vielen Eigenheiten jedes einzelnen Sanktionsfalles nicht prognostiziert werden.

• Faktoren, welche die Erfolgswahrscheinlichkeit von Wirtschaftssanktionen beeinflussen, sind:

1. Je höher die Kosten im sanktionierten Land, desto erfolgreicher sind die Wirtschaftssanktionen.

2. Je geringer die Kosten im sanktionierenden Land, desto erfolgreicher sind die Wirtschaftssanktionen. Verursachen die Wirtschafts-sanktionen im sanktionierenden Land der einheimischen Wirtschaft hohe Kosten, so ist der Widerstand gegen die Wirtschaftssanktionen gross. Wirtschaftssanktionen, welche die Konsumenten treffen, sind eher durchzusetzen, da diese politisch weniger gut organisiert sind.

Page 40: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

32

3. Multilaterale Sanktionen erhöhen die Erfolgswahrscheinlichkeit. Eigennutzüberlegungen und politische Machtüberlegungen er-schweren aber die Verhängung multilateraler Sanktionen.

4. Je flexibler, je diversifizierter und je autarker die Wirtschaftsstruktur im sanktionierten Land ist, desto geringer ist die Erfolgswahrschein-lichkeit von Wirtschaftssanktionen.

5. Wirtschaftssanktionen sind nur dann erfolgreich, wenn sie die Machtbasis der Regierung entscheidend schwächen können. Regierungsanhänger (oft die sog. Eliten der Landes) können jedoch den Kosten von Wirtschaftssanktionen gut ausweichen und profitieren teilweise gar vom vorherrschenden, politischen System. Je grösser die Kosten eines politischen Wandels für die Regierungsanhänger, desto weniger Erfolgschancen haben die Wirtschaftssanktionen. Beispiels-weise haben Wirtschaftssanktionen noch nie zum Sturz eines Diktators geführt, da dieser und seine Anhänger durch den politischen Wechsel Macht, Ansehen und hohe Einkommen verlieren würden.

6. Wirtschaftssanktionen gegen feindlich gesinnte Länder sind weniger erfolgreich als Wirtschaftssanktionen gegen freundlich gesinnte Länder. Feindlich gesinnte Länder geben dem Druck von Wirtschafts-sanktionen nicht nach, da dies als Schwäche gedeutet werden kann und die Wahrscheinlichkeit weiterer Wirtschaftssanktionen dadurch ansteigen würde.

• Führen Wirtschaftssanktionen nicht zum Erfolg, so würde in den meisten Fällen besser auf sie verzichtet werden. Denn die Kosten der Wirtschafts-sanktionen treffen vor allem die arme Bevölkerung.

Page 41: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

33

4. Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika

Verschiedene Länder und Staatenbunde haben zu unterschiedlichen Zeitpunkten Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika verhängt. Die intensivsten Sanktionen bestanden zwischen 1986 und 1991. Dieses Kapitel enthält eine Chronologie zu den wichtigsten Ereignissen. Die getätigten Wirtschaftssanktionen werden verglichen und die Wahl der Wirtschaftssanktionen diskutiert. Die politische Diskussion in der Schweiz wird analysiert und die Wirtschaftssanktionen anderer Länder mit den Massnahmen der Schweiz verglichen.

4.1. Chronologie

1948 Die National Party (NP) kommt an die Macht und errichtet bis 1950 die Grundpfeiler der Apartheid: Prohibition of Mixed Marriages Act (Heiratsverbot zwischen den Rassen), Group Areas Act (Zuteilung des Landes nach Rasse) und Population Registration Act (Registirierung nach Rasse). Später werden zusätzlich die Pass Laws eingeführt, welche die Bewegungs-freiheit der schwarzen Bevölkerung und von anderen nicht weissen Minderheiten einschränken (Hufbauer et al. 2001).

21.3.1960 Aus Protest gegen die Passlaws umzingeln Tausende die Polizeistation in Sharpeville, um ihre Passbücher abzugeben. Die Polizei erschiesst 69 Personen. Als Begründung führt der spätere Präsident De Klerk an, dass die Polizei nervös war, da 2 Monate zuvor 10 Polizisten von einer Gruppe Schwarzer getötet wurden (De Klerk 1999, 35). In der Folge verlassen weisse Südafrikaner das Land und die Börsenkurse brechen ein (Sampson 1999, 130). Der Kapitalabfluss wird mittels Devisenkontrollen gebremst (Bethlehem 1988, 20). Das UN Security Council verurteilt die Gewalt und verlangt ein Ende der Apartheid; Frankreich und Grossbritannien enthalten sich der Stimme. Afrikanische Staaten verlangen Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika. Südafrika wird aus verschiedenen Institutionen der UNO ausgeschlossen und zieht sich aus dem Commonwealth zurück. Die UNO (General Assembly) empfiehlt in einer unverbindlichen Resolution (1761) den Abbruch wirtschaftlicher und diplomatischer Beziehungen mit Südafrika.

Page 42: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

34

1963 Die Einführung eines verbindlichen Waffen- und Ölembargos wird von westlichen Mächten verhindert. Die USA, GB und Frankreich unterstützen jedoch eine Empfehlung der UNO, den Kriegsmaterialexport mit Südafrika zu beenden (Resolution 182). GB und Frankreich unterscheiden in ihren Bestimmungen zwischen Kriegsmaterial für die interne Unterdrückung und Kriegsmaterial für die Landesverteidigung (Hufbauer et al. 2001).

6.12.1963 Die Schweiz verbietet den Export von Kriegsmaterial nach Südafrika (IDA 1999b, 6).

1964 Die USA verhindert, dass der IWF südafrikanisches Gold kauft (Hufbauer et al. 2001).

Okt. 1964 Die Britische Regierung verhängt ein vollständiges Exportverbot für Kriegsmaterial (Doxey in Hufbauer et al. 2001).

1973 Die OPEC verhängt Sanktionen gegen Erdölexporte nach Südafrika. Nicht alle Länder unterstützen die Sanktionen. Iran (bis zum Sturz des Schahs 1979) und Brunei erlauben weiterhin Exporte (Hufbauer et al. 2001, Lowenberg and Kaempfer 1998; 103, 113). Der Iran wird dadurch zum grössten Erdöllieferanten für Südafrika.

1974 Die Schweiz führt für einen Teil der bewilligungspflichtigen Kapitalexporte einen Plafond in der Höhe von Sfr. 250 Mio. ein.

Juni 1976 Nach Protesten gegen das Schulsystem kommen über 500 Schwarze in Soweto ums Leben (Hufbauer et al. 2001, FW de Klerk 1999, 80). Ausländische Investoren reduzieren in der Folge bis 1982 ihre südafrikanischen Aktienbestände. Auch die übrigen ausländischen Investitionen weisen bis 1981 einen jährlichen Nettoabfluss aus (The Commonwealth Secretariat 1989, 45). Der IWF hilft Südafrika mit Anleihen in der Höhe von $ 464 Mio. aus (Madörin et al. 1999, 9). Im Ausland werden Sportsanktionen verhängt und Verhaltenskodizes für ausländische Firmen eingeführt. Dänemark, Finnland, Schweden und Norwegen verhängen Wirtschaftssanktionen.

Page 43: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

35

1980 Die Schweiz erhöht den Kapitalexportplafond auf Sfr.300Mio. pro Jahr (Interdepartementale Arbeitsgruppe 1999).

1981 Die USA setzen sich für eine regionale Stabilisierung im südlichen Afrika ein. Dies würde Südafrikas Isolation beenden und Südafrikas Wille zu politischen Reformen stärken, so die Idee. Sanktionen sind diesem Ansatz hinderlich (Hufbauer et al. 2001a). Der Ansatz wird unter dem Begriff ‚Constructive Engagement’ bekannt. Grossbritannien unterstützt ebenfalls das ‚Constructive Engagement’ (oder in seiner Terminologie: ‚Positive Approach’) und widersteht Wirtschaftssanktionen (Freeman 1989, 153). Auch die Schweiz verfolgt einen ähnlichen Ansatz.

Sept. 1984 Farbigen und Indischstämmigen wird begrenzte politische Mitsprache zugestanden. Schwarze protestieren gegen die aus ihrer Sicht unbefriedigende Neuregelung. Es kommt zu erneuten Unruhen. Die Unruhen lösen Kapitalabflüsse aus. Weitere Einflussfaktoren verstärken die Kapitalabflüsse.16

20.7.1985 Die Unruhen erreichen ein nie zuvor da gewesenes Ausmass. Die Regierung verhängt den teilweisen Notstand (Partial State of Emergency, De Klerk 1999, 119).

27.8.1985 Die südafrikanische Regierung schliesst den Aktien- und Devisenhandel aufgrund des enormen Kapitalabflusses. Das bis zur Wiedereröffnung der Börsen (3.9.1985) erarbeitete Massnahmenpaket enthält einen Rückzahlungsstop für gewisse Schulden, die Wiedereinführung des zweigeteilten Wechselkurs-systems und die Beeinflussung des Wechselkurses durch die Süd-afrikanische Reservebank (SARB). In der Folge kommt es zu vier Umschuldungsabkommen (1986, 1987, 1989, 1994).17

19.5.1986 Südafrika greift Rückzugsräume des ANC in Zambia, Zimbabwe und Botswana an. Die Vermittlungsbemühungen der oft kritisierten Eminent Perons Group, welche vom Commonwealth im Oktober 1985 eingesetzt wurde, kommen dadurch zu einem

16 Für Details s. Hefti und Staehelin-Witt (2003). 17 Für Details s. Hefti und Staehelin-Witt (2003).

Page 44: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

36

Ende (Bethlehem 1988, 95).

12.6.1986 Präsident Botha verhängt den vollständigen Notstand, da die Gewalt im Lande sich weiter verstärkt hat (De Klerk 1999, 119).

16.9.1986 Die Europäische Gemeinschaft sanktioniert die Einfuhr bestimmter Eisen- und Stahlerzeugnisse (86/459/EGKS). Der Be-schluss tritt am 27.9.1986 in Kraft.

19.6.1986 Das von Demokraten beherrschte ‚House of Representatives’ stimmt für ein vollständiges Handelsembargo und verlangt den Rückzug aller amerikanischen Firmen aus Südafrika innerhalb von 180 Tagen. Dieser Vorschlag braucht aber noch die Zustimmung des Senats und des Präsidenten. Der Senat und Präsident Reagan planen wesentlich weniger weitreichende Wirtschaftssanktionen.

17.9.1986 Coca-Cola gibt seinen Rückzug aus Südafrika bekannt (Hufbauer et al. 2001). Diverse Firmen (vornehmlich amerikanische) ziehen sich aus Südafrika zurück, wobei auf unterschiedliche Art und Weise die wirtschaftlichen Beziehungen oftmals nicht vollständig aufgelöst werden (Hermele und Odén 1988, 35; Weyermann 1988, 12). Der schlechte Geschäftsgang, politischer Druck im eigenen Land und moralische Überlegungen werden als Gründe für die Rückzüge aufgeführt (Kaempfer und Lowenberg 1998, 137).

19.9.1986 Japan sanktioniert gewisse Eisen- und Stahlprodukte (Hufbauer et al. 2001). Die Trennung zwischen sanktionierten und nicht sanktionierten Gütern orientiert sich an den Vorgaben der EG-Sanktionen (Orkin 221).

22.9.1986 Die Schweiz erklärt, dass sie Sanktionsumgehungsversuche verhindern wird. Die FDI werden in der Folge statistisch über-wacht (Interdepartementale Arbeitsgruppe 1999a).

26.9.1986 Der Gouverneur von Kalifornien unterschreibt einen Rechtserlass, welcher verlangt, dass der Staat Kalifornien südafrikanische Investitionen in der Höhe von $11 Mrd. veräussert (Hufbauer et al. 2001). Einige weitere amerikanische Bundesstaaten, gewisse Universitäten und Kirchen ergreifen ähnliche Massnahmen.

2.10.1986 Die USA verabschieden den Comprehensive Anti-Apartheid Act

Page 45: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

37

(CAAA). Ziel der amerikanischen Politik ist ein nichtrassistisches und demokratisches Südafrika (Section 101). Präsident Reagans Veto gegen die Wirtschaftssanktionen wird vom Senat über-stimmt. Die bedeutendsten Wirtschaftssanktionen sind:

1. Importverbot von Stahl und Eisen

2. Importverbot von Kohle

3. Importverbot von Krügerrand

4. Importverbot von Produkten von halbstaatlichen Organisationen

5. Verbot von Neuinvestitionen in Südafrika.

Der Akt sieht weiterführende Sanktionen vor, sollte Südafrika innerhalb von 1 Jahr keine substantiellen Fortschritte machen. Die Wirtschaftssanktionen weisen diverse Lücken auf.

27.10.1986 Die Europäische Gemeinschaft sanktioniert die Einfuhr von Goldmünzen aus Südafrika (Verordnung EWG Nr.3302/86) und neue Direktinvestitionen in Südafrika. Die Wirtschaftssanktionen weisen diverse Lücken auf. Die Wirtschaftssanktionen der EG werden damit begründet, dass Südafrika sich weigert, konkrete Massnahmen zur Aufhebung der Apartheid ergriffen zu haben.

3.6.1987 Der Verfasser des amerikanischen Verhaltenskodex für US Firmen in Südafrika, Referent Sullivan, verlangt aufgrund der ausbleibenden politischen Veränderungen, dass sich ausländische Firmen aus Südafrika zurückziehen sollten (Dean 1990, 37).

Okt. 1987 Die südafrikanische Wirtschaft erlebt einen Aufschwung (Dean 1990, 37). Die Wechselkurse verbessern sich nach langer Talfahrt gegenüber dem Dollar und den anderen ausländischen Währungen, wodurch auch die Inflationsrate sinkt (Blumenfeld 1988, 492f). Reagan und die US Administration erachten die bisherigen Sanktionen als wirkungslos. Reagan verhängt keine weiter-führenden Sanktionen, obwohl Kritiker darauf hinweisen, dass die geforderten Reformen in Südafrika ausgeblieben sind (Danahar 137). Auch Thatcher bezeichnet Sanktionen als erfolglos

Page 46: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

38

(Freeman 154).

Okt.1987 Ende Oktober brechen weltweit die Aktienkurse ein (Bethlehem 1988, 30).

Dez. 1987 Der US-Kongress hebt das Doppelbesteuerungsabkommen für Ge-winne juristischer Personen auf (Hayes 268, 1988).

1988 Der US-Kongress diskutiert weitreichende Sanktionen. Unter anderem soll der gesamte Güterhandel, mit Ausnahme der strategischen Mineralien, sanktioniert werden. Zudem sollen amerikanische Firmen zur vollständigen Desinvestition gezwungen werden. Das House of Representatives stimmt den Sanktionen zu. Der Senat kommt jedoch nicht dazu, dieses Sanktionspaket zu beraten. Die Massnahmen werden nicht umgesetzt (Hufbauer et al. 2001).

Dec. 1988 Im Gegenzug zum Rückzug der Kubaner aus Angola zieht sich Südafrika aus Namibia zurück. Allan Boesak, ein prominentes Mitglied der Antiapartheidbewegung, bekräftigt den positiven Einfluss der Sanktionen auf den Rückzug Südafrikas. Ent-sprechend würden seiner Ansicht nach Sanktionen auch zur Be-endigung der Apartheid beitragen (Hufbauer et al. 2001).

18.1.1989 P.W. Botha erleidet einen Schlaganfall (De Klerk 1999, 130).

1989 FW De Klerk wird Präsident und Vorsitzender der National Party. Er wirbt bei den Wahlen vom 6.9.1989 mit politischen Reformen (Hufbauer et al. 2001), gilt aber nicht als Reformer, welcher die Apartheidprobleme endgültig lösen würde (Financial Times in: FM 22.12.1989, 16). Seine Partei behält die absolute Mehrheit, verliert aber 3% zu seiner Linken an die Demokratic Party und 1,5% zu seiner Rechten an die Conservative Party (Friedmann 1989, 352).

16.11.1989 Der Zugang für Nichtweisse zu ‚Whites-only-beaches’ wird erlaubt (Hufbauer et al. 2001).

1989 Die südafrikanische Börse weist 1989 die zweithöchste Rendite unter den 16 grössten Börsen weltweit aus (Dean 1990, 42).

Page 47: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

39

Feb.1990 De Klerk legalisiert zuvor verbotene politische Parteien (ANC, PAC, Kommunisten) und lässt Nelson Mandela und andere politische Gefangene frei. Grossbritannien hebt die Wirtschafts-sanktionen kurz danach auf (FM 16.3.1990, 103). Die anderen Länder der EG erachten diesen Schritt als verfrüht.

April 1990 De Klerk erklärt, dass das Prinzip ‚one man – one vote’ für die weisse Bevölkerung inakzeptabel wäre. Was mit den Grund-pfeilern der Apartheid geschehen sollte, ist noch offen und soll frühestens in einem Jahr diskutiert werden (Hufbauer et al. 2001).

15.10.1990 Der Separate Amenities Act wird aufgehoben (Hufbauer et al. 2001). Nichtweisse erhalten dadurch Zugang zur öffentlichen Infrastruktur.

Dez. 1990 Die EG hebt das Verbot gegen Direktinvestitionen auf (91/114/EWG). Mandela kritisiert die Massnahme und droht, dass der ANC und seine Gefolgsleute ausländische Investitionen verhindern würden (Hufbauer et al. 2001).

Juni 1991 De Klerk schafft die 3 Grundpfeiler der Apartheid ab: Land Act, Group Areas Act und Population Registration Act (Hufbauer et al. 2001).

10.7.1991 Die USA heben alle Wirtschaftssanktionen auf. Mandela kritisiert die Massnahme (Hufbauer et al. 2001).

23.10.1991 Japan hebt die Wirtschaftssanktionen auf (Hufbauer et al. 2001).

7.4.1992 Die EG hebt die verbleibende Sanktionen auf (Hufbauer et al. 2001).

25.9.1993 Mandela verlangt Aufhebung der seiner Ansicht nach in der Vergangenheit nützlichen Wirtschaftssanktionen (Hufbauer et al. 2001).

10.5.1994 Mandela wird in den ersten allgemeinen Wahlen zum Präsident gewählt.

Page 48: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

40

4.2. Inhalt und Vergleich der getätigten Wirtschaftssanktionen

Um die Kosten der Wirtschaftssanktionen, die Kosten der Nichtsanktionierung anderer Länder und letztlich die Bedeutung der Wirtschaftssanktionen auf die politische Transformation bewerten zu können, werden die getätigten Wirtschafts-sanktionen in diesem Kapitel detailliert erläutert und verglichen.

Die wichtigsten Wirtschaftspartner Südafrikas waren die USA, die EG, Japan und - im Finanzbereich - die Schweiz. Die USA, Grossbritannien, die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien und Japan hatten zusammen einen Anteil von über 80% am südafrikanischen Handelsvolumen (GAO 1988, 13). Die wichtigsten Investoren Südafrikas waren 1986 die USA (ca. 24% der gesamten Investitionen), die Schweiz (ca. 10%) sowie die EG (ca.48%) (vgl. Abbildung 4).

Abbildung 4: Bestand ausländischer Investitionen in Südafrika (1986)

Investitionen: Bestand 1986

05'000

10'00015'00020'00025'00030'00035'00040'00045'000

CH (10,2%) Europa ohneCH (47,6%)

USA (24,4%)

in M

io. R

and

Indirekte Investitionen(Total: Rand 58'830 Mio.)Direktinvestitionen (Total:Rand 21'888 Mio.)

Quelle: Balance of Payments 1946-1992 (SARB), eigene Berechnungen (vgl. Anhang II)

Die mit Abstand grössten Investoren innerhalb der EG waren England und Deutschland mit 50%, resp. 28% Anteil an den gesamten Investitionen der EG (vgl. Abbildung 5).18

18 Offizielle Länderdaten für die Zeit vor 1992 existieren nicht (vgl. Anhang I).

Page 49: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

41

Abbildung 5: Bestände ausländischer Investitionen in Südafrika (1992)

Investitionen: Bestand 1992

0

5'000

10'000

15'000

20'000

25'000

30'000

Schweiz USA England Deutschland

in M

io. R

and

Indirekte InvestitionenDirektinvestitionen

Quelle: Quarterly Bulletin (SARB)

Die Wirtschaftssanktionen der bedeutendsten Wirtschaftspartner sind nachfolgend aufgeführt. Nebst den Wirtschaftssanktionen der oben erwähnten Ländern ist auch das Ölembargo der OPEC (Organization of Petroleum Exporting Countries) zu erwähnen.

4.2.1. Ölembargo der OPEC

Die OPEC sanktionierte 1973 Ölexporte nach Südafrika. Der Iran widersetzte sich den Sanktionen und wurde Südafrikas grösster Öllieferant (Hufbauer et al. 2001). Nach dem Sturz des Schahs 1979 sanktionierte auch der Iran Ölexporte nach Südafrika. Brunei war das einzige Land, welches weiterhin Öllieferungen nach Südafrika erlaubte (Lowenberg und Kaempfer 1998, 113). Südafrika war es aber auch weiterhin möglich, sich auf dem Kassamarkt Öl zu beschaffen (Lowenberg und Kaempfer 1998, 113).

4.2.2. Sanktionen der USA

In den USA wurde 1986 gegen den Willen von Präsident Reagan der Comprehensive Anti-Apartheid Act (CAAA) verabschiedet. Die im CAAA auf-geführten Forderungen an die südafrikanische Regierung waren (Sections 101,

Page 50: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

42

Abs. b):

1. Notstand aufheben und gleiches Recht für alle Südafrikaner

2. Politische Gefangene inkl. Nelson Mandela freilassen

3. Politische Freiheit für alle Südafrikaner

4. Zeitplan für die Abschaffung der Apartheid erstellen

5. Verhandlungen mit Repräsentanten aller Bevölkerungsgruppen über das zukünftige politische System führen

6. Militärische Aggressionen gegen Nachbarstaaten aufheben

Der CAAA enthielt sowohl Wirtschaftssanktionen als auch Massnahmen des, von Reagan bevorzugten (vgl. Chronologie 1981), constructive engagement (1. Regionale Stabilisierung durch Beendigung von Terrorismusaktivitäten und Menschenrechtsverletzungen in der Region sowie durch die Errichtung von Demokratien; 2. Massnahmen zur Unterstützung der durch die Apartheid benachteiligten Bevölkerungsschichten). Abhängig vom Fortschritt in Südafrika würden die amerikanischen Massnahmen angepasst (Section 101 Abs. c). Die einzelnen Wirtschaftssanktionen des CAAA sind unten aufgeführt.

Zusätzlich zu den Wirtschaftssanktionen des CAAA wurde 1987 das Doppel-besteuerungsabkommen bezüglich Gewinne amerikanischer Firmen in Süd-afrika aufgehoben (Hayes 1988, 268). Kurzfristig wurde durch diese Mass-nahme die Zahlungsbilanz jedoch entlastet, und nicht belastet (vgl. S. 86 4.1.5.2. Sanktionierung der übrigen Investitionen).

1. Krügerrand

(Section 301) Der Import von Krügerrands und anderen südafrikanischen Münzen ist verboten.

Page 51: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

43

2. Produkte von halbstaatlichen Organisationen19

(Section 303) Produkte von südafrikanischen halbstaatlichen Organisationen dürfen nicht importiert werden. Ausnahmen bestehen für wichtige strategische Mineralien und während einem Jahr für landwirtschaftliche Erzeugnisse.

3. Anleihen an die südafrikanische Regierung

(Section 305) Es ist nicht erlaubt, der südafrikanischen Regierung weitere Finanzmittel (funds, credits and loans) zukommen zu lassen. Ausgenommen sind Anleihen im Erziehungswesen, Wohnungswesen und für humanitäre Aktionen, sofern sie nicht diskriminierend verwendet werden. Der Kauf von Regierungs-obligationen und Aktien von regierungsnahen Unternehmen (sog. ‚Parastatals’) ist ebenfalls nicht erlaubt.

4. Uran, Kohle und Textilien

(Section 309) Importverbot für Kohle, Textilien und gewisse Uranprodukte aus Südafrika.

5. Neuinvestitionen

(Section 310) Neuinvestitionen in Südafrika sind verboten. Neuinvestitionen unterteilen sich in Direktinvestitionen (Unternehmensbeteiligungen) und indirekte Investitionen (Darlehen, Anleihen, Fonds u.a.m.). 20 Ausnahmen (Section 310 & 3):21

1. Reinvestitionen von in Südafrika realisierten Gewinnen. Die Reinvestitionen konnten in ein beliebiges südafrikanisches Unternehmen fliessen.

2. Investitionen, welche zur Weiterführung der Geschäftstätigkeiten im bestehenden Umfang notwendig sind.

3. Kurzfristige Handelskredite und Kontokorrentkredite.

19 Der Akt definiert eine halbstaatliche (parastatal) Organisation als eine Firma, welche die Regierung

kontrolliert, besitzt oder welche von der Regierung subventioniert wird. Firmen, welche jetzt privat kontrolliert werden und nur früher Regierungsbeihilfen erhalten haben, gehören nicht dazu.

20 Für Definitionen und Details vgl. Anhang I. 21 Nebst diesen vom Gesetz explizit zugelassenen Ausnahmen fanden die amerikanischen Firmen

weitere Schlupflöcher im CAAA (vgl. 5.3. Umgehungsgeschäfte und Ausnahmeregelungen).

Page 52: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

44

4. Umschuldung existierender Guthaben.

5. Handel mit Aktien oder Schuldtiteln, welche vor Einführung der Sanktionen in ausländischem Besitz waren.

6. Investitionen in Geschäfte, welche schwarzen Südafrikanern gehören.

6. Landwirtschaftliche Erzeugnisse und Esswaren

(Section 319 und 323) Landwirtschaftliche Erzeugnisse und Esswaren aus Südafrika dürfen nicht in die USA importiert werden.

7. Eisen und Stahl

(Section 320) Der Import von Eisen und Stahl aus Südafrika ist untersagt. Faktisch wurden Importe in jenen Bereichen, für welche die EG Ausnahmen vom Embargo vorsah, erlaubt (Hufbauer et al. 2001b, 8).

8. Rohöl und Ölprodukte

(Section 321) Der Export von Rohöl und Ölprodukten (petroleum products) ist untersagt. Die enge Definition von Ölprodukten erlaubte weiterhin den Export gewisser Ölprodukte nach Südafrika (Hufbauer et al. 2001b, 8).

4.2.3. Sanktionen der EG

Die Europäische Gesellschaft erliess 1986 folgende Wirtschaftssanktionen:

1. Der Import von bestimmten Stahl- und Eisenprodukten aus Südafrika ist untersagt (86/459/EGKS). Deutschland und England erliessen keine verbindlichen Sanktionen, sondern lediglich Empfehlungen zur Sanktionierung südafrikanischer Stahl- und Eisenimporte (Hefeker und Menck 2003, 264).

2. Die Einfuhr von Goldmünzen aus Südafrika wird ausgesetzt (Verordnung (EWG) Nr.3302/86). Deutschland erliess auch hier nur eine Empfehlung (Hefeker und Menck 2003, 264).

3. Neue Direktinvestitionen in Südafrika sind untersagt (86/517/EWG).

Page 53: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

45

Neuinvestitionen beinhalten nebst Beteiligungen auch langfristige Darlehen mit Beteiligungscharakter. Ausgenommen sind Direktinvestitionen zur Aufrechterhaltung des derzeitigen Umfangs der Wirtschaftstätigkeit. Ausnahmen können zudem für Direktinvestitionen in den Gesundheits-, Ausbildungs- und Sozialbereich genehmigt werden. Dem Beschluss kann von den Mitgliedstaaten dadurch entsprochen werden, dass Verhaltensrichtlinien für juristische und natürliche Personen erlassen werden.

Die beiden grössten Investorenländer Deutschland und Grossbritannien erliessen denn auch keine verbindlichen Sanktionen. In Deutschland wurden Verhaltensrichtlinien für Investoren in Südafrika eingeführt. Mitte 1987 erhielten der Bundesverband Deutscher Industrien und der Bundesverband Deutscher Banken einen Brief mit der Aufforderung, weitere Investitionen zu unterlassen, so dass keine verbindlichen Gesetze benötigt würden (FM 5.2.1988, 43f). Grossbritannien verhängte ein sog. freiwilliges Verbot für Direktinvestitionen (IDA 1999b, 17, Weyermann 1988, 40).

Die Wirtschaftssanktionen waren eine Reaktion auf „die Weigerung der südafrikanischen Regierung, konkrete Massnahmen zur Aufhebung der Apartheid zu ergreifen“ (86/517/EWG). Zusätzlich sanktionierten die EG-Länder Ölexporte nach Südafrika (Lowenberg and Kaempfer 1998, 111). Einige Länder (u.a. der bedeutende Importeur Dänemark) sowie einige Firmen boykotierten süd-afrikanische Kohleimporte (ILO 1992, 17f). Allgemeinverbindliche Sanktionen gegen Kohleimporte wurden hingegen nie verhängt.

4.2.4. Sanktionen Japans

Japan übernahm weitgehend die Sanktionen der EG (Moorsom 1989, 262; Weyermann 1988, 40f):

1. Freiwilliges Importverbot von Krügerrand (Weyermann, 1988, 41).

2. Importverbot gegen bestimmte Eisen- und Stahlprodukte aus Südafrika.

3. Verbot von neuen Direktinvestitionen.22

22 Die interdepartementale Arbeitsgruppe (1999c, 17) schreibt, dass in Japan seit 1969 ein

vollständiges Investitionsverbot gegen Südafrika bestand, wobei das für Japan wichtige

Page 54: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

46

4. Verbot von Ölexporten nach Südafrika.

4.2.5. Wirtschaftsmassnahmen der Schweiz

Die Schweiz hielt auch im Falle Südafrikas an ihrer grundsätzlich ablehnenden Haltung gegenüber Sanktionen fest. Wirtschaftliche Massnahmen zur Erreichung politischer Ziele seien grundsätzlich abzulehnen, so der Bundesrat im Jahre 1986 (in: Kellerhans et al. 2000, 99). Hingegen beschloss die Schweiz zwischen 1986 und 1994 (wie auch andere Länder) ein Programm der positiven Massnahmen zur Unterstützung der schwarzen Bevölkerung. Gefördert wurden beispielsweise Stipendien für Schwarze und für südafrikanische NGO’s, welche sich für Menschenrechte und Demokratisierung einsetzten (Interdepartementale Arbeitsgruppe 1999b, 18). Dennoch griff die Politik auch in die wirtschaftlichen Beziehungen ein:

1. Kapitalexportplafond (Jahr 1974): 1974 plafonierte die Regierung bestimmte bewilligungspflichtige Kapitalexporte auf jährlich Sfr. 250 Mio.. Der Plafond wurde 1980 mit dem Argument, der Inflation Rechnung zu tragen, auf Sfr. 300 Mio. erhöht (Kellerhans-Maeder et al. 2000, 99). Der Plafond galt nur für einen bestimmten Teil der bewilligungspflichtigen Transaktionen. Nicht bewilligungspflichtige Transaktionen waren Kredite mit einer Laufzeit unter 12 Monaten, Kredite und Anleihen mit einem Betrag unter Sfr. 10 Mio. und Notes mit einem Betrag von weniger als Sfr. 3 Mio.. Von den bewilligungs-pflichtigen Transaktionen fielen nicht unter den Plafond: Konversionen bzw. Verlängerungen von Krediten und Anleihen, Exportkredite sowie international syndizierte Fremdwährungskredite (IDA 1999).

2. Statistische Überwachung (Kapitalexporte seit 1974, Rest seit 1986): Im Zuge der Wirtschaftssanktionen anderer Länder erklärte der Bundesrat am 22.9.1986, dass die Schweiz Massnahmen prüfen wird, welche verhindern sollten, dass Sanktionen von Drittstaaten umgangen werden könnten. (Bundesrat in: Kellerhans-Maeder et al. 2000, 47). In der Folge wurden zusätzlich zum Kapitalexport all jene Bereiche, in welchen die wichtigsten Industrieländer deckungsgleiche (sog. konvergente) Wirtschaftssanktionen erliessen (Import von Krügerrand, Import von gewissen Stahl- & Eisen-

Franchising ausgenommen ist. Die anderen Quellen sprechen nur von Sanktionen gegen Direkt-investitionen (u.a. Weyermann 1988, 40).

Page 55: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

47

produkten, Ausfuhr von Nukleargütern, Export von Computern für Armee und Polizei und Export von Erdöl) systematisch überwacht (Bundesrat in: Keller-hans-Maeder et al. 2000, 99). Jene Sanktionen, welche in allen Ländern der EG und der USA verbindlich waren, galten als konvergente Sanktionen (IDA 1999, 9). Auch wurden Bereiche statistisch überwacht, welche nicht konvergenten Sanktionen unterstellt waren, oder bei denen dies zumindest strittig war (z.B. Direktinvestitionen (IDA 1999, 17)). Der Begriff ‚Umgehungsgeschäfte’ wurde nicht abschliessend definiert (Auskunft Bundesverwaltung). Inwiefern beispielsweise die Übernahme einer in Südafrika ansässigen amerikanischen Tochterfirma als Umgehungsgeschäft oder doch als normaler Geschäftsgang zu bezeichnen war, blieb unklar (IDA 1999, 17).

4.2.6. Vergleich

Handelssanktionen

Die EG und Japan sanktionierten den Import von Goldmünzen und bestimmten Stahl- und Eisenprodukten, wobei Deutschland und Grossbritannien teilweise nur Empfehlungen erliessen und keine verbindlichen Sanktionen verhängten. Die Handelssanktionen der USA umfassten weitere Güter. Die Schweiz verhängte keine Gütersanktionen. Die am stärksten sanktionierten Bereiche (konvergente Sanktionen) wurden statistisch überwacht, damit Sanktionen nicht über die Schweiz umgangen würden.

Finanzsanktionen

Die EG sanktionierte neue Direktinvestitionen, überliess es aber den Mitglied-staaten, ob sie die Sanktionen verbindlich erklären wollten. Die beiden grössten Investoren England und Deutschland verhängten denn auch keine verbindlichen Sanktionen. Die USA sanktionierten Neuinvestitionen (Direktinvestitionen, Port-folioinvestitionen und übrige Investitionen23). Die Schweiz überwachte die Investitionen (Direktinvestitionen und übriger Kapitalverkehr) statistisch mit dem Ziel, Umgehungsversuche aufgrund Sanktionen anderer Länder zu verhindern.

23 Vgl. Datenanhang für Details

Page 56: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

48

Die Finanzsanktionen der EG und der USA enthielten diverse Ausnahmen. Die wichtigsten waren:

1. Die EG und die USA erlaubten Investitionen, um die Geschäfte im bestehenden Umfang weiterführen zu können.

2. Die Reinvestition von Gewinnen war erlaubt.

3. Die Mitgliedstaaten konnten der Sanktionierung dadurch entsprechen, dass sie Verhaltensrichtlinien aufstellten. Faktisch erliessen die beiden grössten Investoren England und Deutschland denn auch keine verbindlichen Wirtschaftssanktionen.

Im Vergleich zu Schweizer Firmen sahen sich amerikanische Firmen mit mehr Restriktionen konfrontiert, auch wenn diese zu einem grossen Teil umgangen werden konnten (vgl. Kapitel 5.3. ). Die deutschen und englischen Firmen waren jedoch von keinen verbindlichen Einschränkungen betroffen, während die Aktivitäten von Schweizer Firmen durch den Exportplafond begrenzt waren. Zudem durften Schweizer Firmen nicht als Drehscheibe zur Umgehung von Wirtschaftssanktionen dienen.

4.3. Public-Choice-Analyse zur Wahl der Wirtschaftssanktionen

Weshalb wurden lediglich selektive Wirtschaftssanktionen verhängt? Weshalb tätigten die sanktionierenden Länder unterschiedliche Wirtschaftssanktionen? Und weshalb dauerte es Jahrzehnte, bis Wirtschaftssanktionen beschlossen wurden? Zwei Kriterien für den Erfolg von Wirtschaftssanktionen, hohe Kosten und eine rasche Umsetzung, waren dadurch verletzt (Hufbauer et al. 1998). In diesem Kapitel werden die Hintergründe und Motivationen für die Wahl der selektiven Wirtschaftssanktionen erläutert.

Die Befürworter von Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika erzielten erst 1986 erste bedeutende Durchbrüche. Dass die Wirtschaftssanktionen auf bestimmte Bereiche beschränkt blieben, diverse Lücken aufwiesen und nicht koordiniert beschlossen wurden, hing unter anderem mit der fortwährenden Opposition der Regierungschefs Grossbritanniens, der USA und Deutschlands zusammen. Margareth Thatcher, Ronald Reagan und Helmut Kohl erachteten Sanktionen nicht als das richtige Mittel, um eine politische Veränderung in Südafrika herbeizuführen. Da der von Ihnen bevorzugte Ansatz des constructive engagement

Page 57: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

49

(vgl. 4.1. Chronologie) aber über mehrere Jahre hinweg nicht die Abschaffung der Apartheid herbeiführte, gewannen die Sanktionsbefürworter an Gewicht.24 In den USA überstimmte der Senat Präsident Reagans Veto gegen Wirtschaftssanktionen. Innerhalb der EG machten England und Deutschland kleine, für sie allerdings unbedeutende Zugeständnisse.

Die Wahl der zu sanktionierenden Bereiche wurde vor allem aufgrund deren Wirkung auf die Wirtschaft im sanktionierenden Land getroffen (s.u.). Die Erfolgschancen von Wirtschaftssanktionen sinken, falls sich die Wahl der Wirtschaftssanktionen an den Bedürfnissen der Wirtschaft im sanktionierenden Land ausrichten (vgl. S.26: Wirtschaftliche Kosten im sanktionierenden Land). Die Kosten für das eigene Land konnten beträchtlich sein. Ein Wirtschafts-forschungsinstitut kam in einer Studie zum Schluss, dass ein Wirtschaftboykott Südafrikas Deutschland 130'000 Arbeitsplätze kosten würde (FAZ, 25.7.1985). Auch der Antiapartheidact der USA wird als “a jumbled piece of Christmas tree legislation with some eighteen different types of sanctions riddled with loopholes apparent to all” beschrieben (Lowenberg und Kaempfer 1998, 119).

4.3.1. Handelssanktionen

Die Stahl- und Eisenindustrie gehörte zu den am besten geschützten Industrien in der OECD (Lowenberg und Kaempfer 1998, 113). Die Eliminierung eines weiteren Konkurrenten kam der eigenen Stahl- und Eisenindustrie zugute.

Ein bedeutender Teil der Eisen- und Stahlprodukte wurde nicht sanktioniert. Die Ausnahmen dürften denjenigen Erzeugnissen entsprochen haben, welche die einheimische Industrie nicht in genügendem Ausmass bereitstellen konnte. Zudem empfahlen Deutschland und Grossbritannien die Umsetzung der Sanktionen, erliessen aber keine verbindlichen Wirtschaftssanktionen. Abbildung 6 zeigt, dass Südafrika nach wie vor in die EG, nach Japan und in die USA exportierte und die Exporterlöse Südafrikas nach Einführung der Wirtschaftssanktionen teilweise gar anstiegen.

24 Bethlehem (1988, 98) meint jedoch, dass der Ansatz des ‚constructive engagement’ wertvolle

Reformen unterstützt hätte (Aufhebung des Mixed Marriage Act, der immorality laws und der influx controls).

Page 58: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

50

Abbildung 6: Eisen- und Stahlimporte aus Südafrika

0

50

100

150

200

250

300

350

400

1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993

Mio

. $

Grossbritannien Deutschland USA Japan

Quelle: International trade by commodity statistics, OECD

Kohlesanktionen wurden von der USA und Australien, nicht aber vollumfänglich von der EG beschlossen (ILO 1992, 18). Die USA und Australien waren zusammen mit Südafrika die grössten Kohleexporteure. Die amerikanischen Kohleimporte entsprachen lediglich 5%-10% der amerikanischen Kohleexporte. Die EG importierte hingegen doppelt soviel Kohle, wie sie exportierte. Entsprechend war die EG stärker von südafrikanischer Kohle abhängig, während die Abhängigkeit der USA weitaus geringer war. Zudem hoffte die USA, dass die EG ihren Kohlesanktionen folgen würden (Los Angeles Times, in: Lowenberg und Kaempfer 1998, 117), so dass die amerikanischen Exporteure die südafrikanischen Marktanteile in der EG übernehmen könnten.

Auch die Sanktionierung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen stiess in den USA auf weniger Widerstand der einheimischen Wirtschaft als in der EG. Die EG war gegenüber den USA im Winter ein grosser Abnehmer südafrikanischer Früchte. Die USA konnten die südafrikanischen Früchte selbst produzieren und schützten entsprechend ihren Landwirtschaftssektor noch stärker als bisher. Interessant ist zudem, dass die Quote für südafrikanische Zuckerimporte nach Einführung der Sanktionen auf die Philippinen übertragen wurde. Diese Veränderung legt nahe, dass die Pro-Aquino Lobby in dieser Angelegenheit möglicherweise die Sanktionsbefürworter unterstützt hat (Lowenberg und Kaempfer 1998, 113).

Die Sanktionierung von Krügerrand war für die ausländischen Regierungen selbst

Page 59: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

51

profitabel. Zu jener Zeit hatten die meisten Regierungen begonnen, selbst Goldmünzen zu prägen (Lowenberg und Kaempfer 1998, 114). Die Sanktio-nierung des Krügerrand verhalf ihren eigenen Münzen zu mehr Absatz. Mit diesen Sanktionen wurde jedoch lediglich die Prägung von Goldmünzen in andere Länder verlagert, südafrikanische Goldexporte wurden faktisch nicht sanktioniert.25

Aus Sicht Südafrikas war vor allem das Ölembargo der OPEC problematisch, wobei Südafrika bereits seit 1973 mit dem Ölembargo der OPEC lebte. Für die OPEC selbst war aber Südafrika ein vernachlässigbar kleiner Abnehmer. Es ist unwahrscheinlich, dass die Mitglieder, welche sich in einem Kartell organisiert hatten, von den Sanktionen gegen Südafrika negativ betroffen waren. Das Öl-embargo der EG und der USA war für sie selbst unbedeutend, da ihre Ölexporte nach Südafrika nur sehr gering waren. Zudem konnten die meisten Länder nach wie vor als Umschlagsplatz genutzt werden (Lowenberg und Kämpfer 1998, 113).

Die Berücksichtigung der einheimischen Interessen zeigte sich auch im Verhalten der Nachbarländer Südafrikas, Zamiba und Zimbabwe. Während beide Länder umfassende Sanktionen der Haupthandelspartner Südafrikas forderten, waren sie selbst aufgrund ihrer grossen Abhängigkeit von Südafrika zu keinen Sanktionen bereit (Kenney 1991, 368). Sie konnten gar von Sanktionen anderer Länder profitieren. Beispielsweise wurden die sanktionierten Direktflüge zwischen den USA und SA neu über diese Länder geleitet.

Wirtschaftssanktionen gegen südafrikanische Goldexporte (vgl. FN 25) und andere strategische (wichtige) Mineralien hätten hohe Kosten für die sanktionierenden Länder gehabt. Südafrika war ein zu wichtiger Handelspartner in diesen Gebieten. Ein amerikanischer Regierungsbericht (GAO 1989, 4) wies zudem darauf hin, dass die Sanktionierung des weltweit grössten Goldproduzenten zu unerwarteten Preisanstiegen führen könnte, da die Entwicklung im Goldmarkt stark von psychologischen und spekulativen Einflüsse abhängig ist. Südafrika selbst würde von Preisanstiegen profitieren, solange Gold nur von den USA sanktioniert wäre. Dieser Effekt wurde bereits 1986 beobachtet. Auf die Ein-

25 Die USA sanktionierten alle Güter von staatlich kontrollierten Firmen. Die südafrikanische

Zentralbank (SARB), als staatlich kontrollierte Organisation, vermarktete das gesamte südafrikanische Gold. Implizit sanktionierte die USA damit südafrikanisches Gold. Ein Regierungsbericht (GAO 1989) weist aber darauf hin, dass die Goldsanktionen den zuständigen Behörden gar nicht bekannt waren. Zudem würden die USA direkt nur 6 Tonnen südafrikanisches Gold pro Jahr importieren. Der grösste Teil käme über Drittstaaten in die USA. Diese Importe zu unterbinden würde eine chemische Überprüfung des importierten Goldes nach Herkunftsland bedingen.

Page 60: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

52

führung des CAAA reagierten die Platinpreise mit einem spekulativen Preis-anstieg, was die Leistungsbilanz Südafrikas während dieser kritischen Phase ent-gegen den Absichten entlastete (Bethlehem 1988, 107).

4.3.2. Finanzsanktionen

Das Verbot der EG, Japans und der USA, neue Direktinvestitionen zu tätigen, beeinträchtigte die Wirtschaftstätigkeit der ausländischen Investoren nur unwesentlich. Denn die Firmen konnten die notwenigen Investitionen zur Weiterführung ihrer bestehenden Geschäfte tätigen und durch die Reinvestition ihrer Gewinne die Geschäftstätigkeiten gar begrenzt ausdehnen. Expansionen grösseren Stils waren in jener Zeit selten. Das Investitionsklima wirkte aufgrund der schlechten Wirtschaftslage in Südafrika (Hufbauer et al. 2001b, 2), dem Druck der Antiapartheidbewegung, den gestiegenen Unruhen und der unsicheren polit-ischen Zukunft nicht gerade einladend. Wollten Firmen dennoch ihre Direkt-investitionen im grossen Stil ausweiten, so liessen die Wirtschaftssanktionen Schlupflöcher offen (vgl. 5.3. Umgehungsgeschäfte und Ausnahmeregelungen). Die Wirtschaftssanktionen erschwerten insbesondere Neugründungen von Tochterfirmen und Filialen, sowie die Übernahme südafrikanischer Firmen.

In den USA führte der Druck der Antiapartheidbewegung, amerikanischer Staaten und Städte26 bereits vor 1986 dazu, dass sich einige Firmen aus Südafrika zurück-zogen. Die befürchteten Verluste im US-Geschäft konnten grösser sein als die Verluste eines Rückzuges aus Südafrika.27 Auch hatte die Schuldenkrise bereits 1985 Südafrika weitgehend vom internationalen Kapitalmarkt abgeschnitten.28 Der Widerstand gegen Wirtschaftssanktionen, welche lediglich neue Investitionen verhinderten und zudem den nötigen Freiraum für zukünftige Geschäfte offenliessen,29 war entsprechend gering.

26 Private Pensionskassen, Gliedstaaten (Hufbauer et al. 2001b), Kirchen und Universitäten zogen

beispielsweise ihre Guthaben von Banken ab, welche mit Südafrika Geschäfte tätigten, oder drohten dies zumindest an.

27 Die Gelder gingen ja nicht verloren. Sie wurden zurückgefordert und dann in anderen Ländern investiert. Kosten entstanden durch die möglichen Umstrukturierungen (inkl. Arbeitsplatzabbau) in Südafrika, durch Wechselkursverluste, falls Kapital über den Financial Rand repatriiert werden musste und durch Ertragseinbussen, falls die neuen Investitionen weniger lukrativ als südafrikanische Investitionen gewesen wären.

28 Für Details vergleiche Hefti und Staehelin-Witt 2003. 29 1989 wies die südafrikanische Börse die zweihöchsten Jahresavancen unter den weltweit 16

grössten Börsen aus (Dean 1990, 42). Die hohen Kursgewinne zeigten, dass auf dem

Page 61: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

53

Dass sich die Europäer nicht an diesen Sanktionen betätigt haben, liegt vermutlich in der engeren Verbindung des europäischen und südafrikanischen Finanzplatzes, dem, im Verhältnis zu den USA, geringeren politischen Drucks und der gegenüber Wirtschaftssanktionen ablehnenden Haltung der Regierungen Deutschlands und Englands.

4.3.3. Wirtschaftsmassnahmen der Schweiz

In der Schweiz forderten politisch links positionierte Parteien und die Anti-Apartheid Bewegung Wirtschaftssanktionen. Die Sanktionsbefürworter konnten sich gegen den Widerstand aus dem rechten Lager nicht durchsetzen (Pfister 2000, 6). Die Argumente aus dem rechten Lager setzten sich im Bundesrat durch:

• Die Schweizer Position, sich nicht an Sanktionen eines einzelnen Staates oder einer Staatengruppe zu beteiligen, entspricht der ständigen Praxis (z.B. Iran, Afghanistan und in Polen) (Bundesrat in: Kellerhans et al. 2000, 67 und 77).

• Der Bundesrat erachtet die Teilnahme an Wirtschaftssanktionen als mit der schweizerischen Neutralität nicht vereinbar (IDA 1999b, 8).

• Wirtschaftssanktionen sind nicht geeignet, eine gegebene politische Situation zu ändern (Bundesrat in: Kellerhans et al. 2000, 47).30

• Wirtschaftssanktionen könnten, da sie indirekt die Nachbarländer Südafrikas treffen werden, eine schwere Wirtschaftskrise im südlichen Afrika auslösen. Zudem muss die Frage gestellt werden, ob Wirtschaftssanktionen nicht die sozial Schwächeren treffen würden (Bundesrat in: Kellerhans et al. 2000, 47 und 68).

Die Argumente pro und contra Wirtschaftssanktionen waren dieselben wie in anderen Ländern, mit dem Zusatz, dass sich Sanktionsgegner in der Schweiz auf die grundsätzliche Haltung der Schweiz, sich an Sanktionen anderer Länder nicht zu beteiligen, berufen konnten.

Im Unterschied zu anderen Ländern hatten die Sanktionsgegner den klar stärkeren

südafrikanischen Finanzplatz immer noch oder immer wieder gute Renditen zu erzielen sind.

30 Diese Meinung teilten die Regierungen der USA (Reagan), Grossbritanniens (Thatcher) und Deutschlands (Kohl).

Page 62: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

54

politischen Einfluss als die Sanktionsbefürworter. Die Sanktionsgegner waren der Meinung, dass ein politischer Wandel in Südafrika nur dann zu erreichen sei, wenn Südafrika international nicht isoliert würde. Nur im Rahmen einer Zu-sammenarbeit könnte die südafrikanische Regierung von der Notwendigkeit politischer Reformen überzeugt werden (in: Pfister 2000, 6).

Die Sanktionsgegner waren in zwei eng miteinander verflochtenen und einflussreichen Organisationen, der politisch ausgerichteten Arbeitsgruppe südliches Afrika (asa) und der, die wirtschaftliche Interessen verfolgenden, Swiss-South African Association, vertreten (Pfister 2000, 7f). Mitglieder der asa waren unter anderem Politiker wie der bereits dazumal einflussreiche Nationalrat und jetzige Bundesrat Christoph Blocher. In der Swiss-South African Association waren viele Schweizer Grossunternehmen als Stammmitglieder aufgeführt. Dazu gehörten die drei Schweizer Grossbanken, die Chemieindustrie, die Investitions-güterindustrie und andere Wirtschaftssektoren (Gygax 2001, 308). Insbesondere die Banken, welche den Grossteil der Goldexporte Südafrikas organisierten und zudem bedeutende Investitionen in Südafrika tätigten, hatten kein Interesse an einer Verschlechterung der Wirtschaftsbeziehungen mit Südafrika. Aber auch Unternehmen aus der Schwerindustrie, der Chemie und anderen Wirtschafts-sektoren wollten ihre Investitionen in Südafrika nicht gefährdet sehen. Zudem existierten in der Schweiz, anders als in den USA und der EG, keine bedeutenden Wirtschaftssektoren, welche von Wirtschaftssanktionen profitiert hätten.

Die schweizerischen Wirtschaftsmassnahmen wurden denn auch nicht mit der Absicht verhängt, Südafrika wirtschaftlich unter Druck zu setzen. Der Kapitalexportplafonds, wie auch die statistische Überwachung bestimmter Bereiche, schränkten den wirtschaftlichen Spielraum der Schweizer Unternehmer faktisch nicht ein. Die Massnahmen verfolgten lediglich das Ziel, das internationale Ansehen der Schweiz nicht in Verruf zu bringen, indem Sanktionen anderer Länder über die Schweiz umgangen werden könnten (IDA 1999).

Zusammengefasst sind drei Gründe zu nennen, weshalb sich in der Schweiz die Sanktionsgegner durchgesetzt haben:

1. Die Nichtpartizipation der Schweiz an Wirtschaftssanktionen anderer Länder entsprach der ständigen Praxis und war in der Bevölkerung unter dem Stichwort ‚Neutralität’ eher akzeptiert als in anderen Ländern.

2. Die Antiapartheidbewegung sowie die parlamentarische Vertretung der Sanktionsbefürworter war politisch schwächer als in anderen Ländern. Erstens

Page 63: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

55

konnte das Thema politisch nicht gleich prominent platziert werden wie in den USA oder Grossbritannien.31 Zweitens wurden die Sanktionsbefürworter von keiner Wirtschaftslobby unterstützt.

3. Die Sanktionsgegner verfügten über politisch einflussreiche Kanäle und vertraten wichtige wirtschaftliche Interessengruppen.

4.4. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

• Die wichtigsten Wirtschaftspartner Südafrikas verhängten 1986, rund vierzig Jahre nach Beginn der Apartheid, Wirtschaftssanktionen. Im Zuge der Schuldenkrise von 1985 schien die Zeit gekommen, das Apartheidregime mit der Hilfe von Wirtschaftssanktionen endgültig in die Knie zu zwingen. Die Schuldenkrise und der ausbleibende Erfolg des constructive engagements ermöglichten Sanktionsbefürwortern, Wirtschaftssanktionen durchzusetzen.

• Die letztlich zur Abschaffung der Apartheid führenden Reformen wurden 1989 durch die Wahl FW de Klerks möglich. PW Botha erlitt kurz zuvor einen Herzanschlag, welcher den Machtwechsel erst ermöglichte. Die EG hob die Wirtschaftssanktionen 1990 im Zuge der ersten Reformschritte FW de Klerks auf, obwohl dieser das Prinzip ‚one man – one vote’ nach wie vor für inakzeptabel hielt. Die USA setzten die Wirtschaftssanktionen 1991, nachdem die Grundpfeiler der Apartheid abgeschafft wurden, ausser Kraft. Mandela kritisierte die Massnahmen als verfrüht. 1994 wurde Nelson Mandela nach rund 50 Jahren Apartheid in den ersten allgemeinen Wahlen zum neuen Präsidenten Südafrikas gewählt.

• Die USA sanktionierten den Import von Krügerrand, Produkte halbstaatlicher Unternehmen, Uran, Kohle, Textilien, landwirtschaftliche Erzeugnisse und Esswaren sowie Stahl und Eisen. Nur Erdölprodukte waren von Export-sanktionen betroffen. Finanzsanktionen betrafen Anleihen an die süd-afrikanische Regierung sowie Neuinvestitionen. Die EU und Japan sanktionierten den Import von bestimmten Stahl- und Eisenprodukten sowie Krügerrand. Neue Direktinvestitionen wurden ebenfalls untersagt, wobei den

31 Die USA hatten ihre, bis ins Jahr 1950 reichende, eigene Vergangenheit mit Rassen-

diskriminierung. Grossbritannien war mit Südafrika historisch sehr eng verbunden. Viele Eng-länder hatten und haben immer noch, Verwandte in Südafrika.

Page 64: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

56

einzelnen Mitgliedländern der EG freigestellt wurden, ob sie diese Mass-nahme verbindlich umsetzen wollten. Die beiden grössten Investorenländer Grossbritannien und Deutschland erliessen denn auch lediglich freiwillige Sanktionen gegen neue Direktinvestitionen. Die bedeutendste Handelssanktion war das, nicht lückenlose, Ölembargo der OPEC.

• Multilaterale Wirtschaftssanktionen bestanden nicht. Dies ist auf die unterschiedlichen Wirtschaftsinteressen in den sanktionierenden Ländern zurückzuführen. Die Wahl der zu sanktionierenden Bereiche wurde durch deren Wirkung auf die Wirtschaft im sanktionierenden Land bestimmt. In den USA gab es beispielsweise Interessengruppen, welche von der Sanktionierung von südafrikanischer Kohle und Lebensmitteln profitierten. Entsprechend wurden diese Sanktionen in den USA getätigt, während die EG und Japan Kohle und Lebensmittel nicht sanktionierten. Die Finanzsanktionen der USA und der EG hatten keinen grossen Einfluss auf das Verhalten ausländischer Investoren. Erstens wiesen die Wirtschaftssanktionen diverse Lücken auf, zweitens erliessen die zwei grössten Investoren der EG, England und Deutschland, keine verbindlichen Finanzsanktionen und drittens sanktio-nierten die amerikanischen Finanzsanktionen Geschäfte, welche zu jener Zeit von amerikanischen Firmen nicht mehr getätigt wurden.

• Die Schweiz verhängte keine Wirtschaftssanktionen. Einzig der Kapitalexportplafond war eine sanktionsähnliche Massnahme. Andere Wirtschaftsbeziehungen wurden statistisch überwacht, so dass Wirtschaftssanktionen anderer Länder nicht über die Schweiz umgangen wurden. Drei Gründe erklären, weshalb sich in der Schweiz die Sanktions-gegner bis zuletzt durchsetzen konnten. Erstens entsprach die Nicht-partizipation an Sanktionen anderer Länder der ständigen Praxis. Zweitens hatten die Sanktionsbefürworter weniger Einfluss als Sanktionsbefürworter in anderen Ländern. Drittens waren die Sanktionsgegner sehr gut organisiert und hatten bedeutenden politischen Einfluss.

• Die Überzeugung der Schweizer Regierung, dass Wirtschaftssanktionen ungeeignet seien, politische Veränderungen zu bewirken, wurde von den Regierungen der drei wichtigsten Wirtschaftspartner USA, Deutschland und Grossbritannien geteilt. Der grössere politische Druck auf die Regierungen dieser drei Länder führte zu den erwähnten selektiven Wirtschaftssanktionen. Die ablehnende Haltung der Regierungen dieser drei Länder verhinderte aber einheitliche und weitreichende Wirtschaftssanktionen.

Page 65: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

57

• Werden die Finanzsanktionen zwischen der Schweiz, Deutschland und England sowie der USA verglichen (vgl. Tabelle 3), so zeigen sich folgende Unterschiede: Deutschland und England hatten gleich wie die Schweiz keine verbindlichen Finanzsanktionen erlassen. Deutschland empfahl ihren Unternehmen keine weiteren neuen Direktinvestitionen zu tätigen. England erliess freiwillige Finanzsanktionen gegen neue Direktinvestitionen. Die Schweiz überwachte die neuen Direktinvestitionen statistisch, um Sanktions-umgehungen zu vermeiden. Der Schweizerische Kapitalexportplafond begrenzte zudem die indirekten Investitionen, während D und GB keine derartigen Massnahmen erliessen. Der Kapitalexportplafond dürfte jedoch die wirtschaftliche Tätigkeit von Schweizer Firmen nicht beeinträchtigt haben. Die übrigen Länder der EG hatten neue Direktinvestitionen verbindlich sanktioniert. Die USA sanktionierte alle Neuinvestitionen, wobei wie oben erwähnt, die Aktivitäten amerikanischer Firmen, zumindest kurzfristig, nicht wesentlich eingeschränkt wurden.

Page 66: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

58

Tabelle 3: Massnahmen der Schweiz und Finanzsanktionen anderer Länder

Land Sanktionen / Massnahmen Sanktionierte Geldflüsse Erlaubte Geldflüsse / AusnahmenCH

Kapitalexportplafond

Begrenzung der Kapitalexporte (Ausnahmen s.rechts)

Kurzfristige Kredite, Kredite und Anleihen mit einem Betrag von unter Sfr. 10 Mio. und Notes mit einem Betrag von unter Sfr.3 Mio., Konversionen und Exportkredite, Direktinvestitionen

Statistische Überwachung

Geldflüsse, welche helfen, die Sanktionierung von FDI anderer Länder zu umgehen Rest

DFreiwillige Sanktionierung von neuen Direktinvestitionen Keine Alle

GB

Freiwillige Sanktionierung von neuen Direktinvestitionen Keine AlleKeine weiteren öffentlichen Anleihen

Rest EG

Sanktionierung von neuen Direktinvestitionen

Neugelder aus dem Ursprungsland des Direktinvestors für Neugründungen, Erweiterungen oder Erhöhung von Beteiligungen

Kurzfristige Kredite für Empfänger von DirektinvestitionenDirektinvestitionen zur Aufrechterhaltung des derzeitigen Umfangs der WirtschaftstätigkeitReinvestierte GewinneAlle nicht direkten InvestitionenInvestitionen im Ausbildungs-, Gesundheits- und Sozialbereich

USASanktionierung von Neuinvestitionen Neugelder aus den USA

Investitionen um ein Unternehmen weiterhin wirschaftlich führen zu können (auch: Handelskredite)Reinvestierte Gewinne

Kauf von ausländischen Investitionen (Aktien, Obligationen etc.), welche in ausländischem Besitz sindUmschuldungenInvestitionen in Firmen, welche von schwarzen Südafrikanern kontrolliert wurdenUmgehungsmöglichkeiten vgl. Kapitel 4.3

Quelle: EG (1986); USA (1986); Weyermann 1988, 40; IDA 1999b, 17; FM 5.2.1988, 43f

Page 67: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

59

5. Kosten der Wirtschaftssanktionen

Zur Überprüfung der Effektivität von Wirtschaftssanktionen sind jeweils deren Kosten zu untersuchen. Wirtschaftssanktionen erreichen ihr Ziel, indem das sanktionierte Land aufgrund des wirtschaftlichen Drucks seine Politik verändert. Die Politikänderung kann durch direkte oder indirekte Kosten, oder aufgrund einer Signalwirkung an die Regierung ausgelöst werden:

1. Direkte Kosten: Handels- und Investitionsflüsse, welche Unternehmen und Privatpersonen tätigen möchten, aber aufgrund der Wirtschaftssanktionen nicht können.

2. Indirekte Kosten (Signalwirkung auf Wirtschaftspartner): Handels- und Investitionsflüsse, welche Unternehmen und Privatpersonen aufgrund der bestehenden Wirtschaftssanktionen nicht tätigen, obwohl sie erlaubt wären.

3. Signalwirkung auf die Regierung im sanktionierten Land: Auch ohne bereits signifikanten wirtschaftlichen Druck auszulösen, können sich langsam verschärfende Wirtschaftssanktionen politischen Druck auslösen (Lowenberg und Kaempfer 1998, 162).

In diesem Kapitel werden nur die direkten und indirekten Kosten der Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika eruiert. Die politischen Auswirkungen der direkten und indirekten Kosten, sowie der Signalwirkung auf die Regierung werden in Kapitel 6. Einfluss der Wirtschaftssanktionen auf die politische Transformation untersucht.

Der Erfolg von Wirtschaftssanktionen ist nicht von deren Kosten allein abhängig. Kosten sind in der Regel ein notwendiges, jedoch kein hinreichendes Kriterium für den Erfolg von Wirtschaftssanktionen.32 Empirisch erwiesen ist aber, dass Wirtschaftssanktionen, welche nur geringe Kosten implizieren, weniger erfolg-reich sind als Wirtschaftssanktionen, welche grosse Kosten verursachen (Hufbauer et al. 1998). Dies ist darauf zurückzuführen, dass Wirtschaftssanktionen normaler-weise erst nach erfolgloser Diplomatie verfügt werden. Wirtschaftssanktionen, welche nur geringe Kosten verursachen, unterscheiden sich entsprechend nur wenig von den bereits erfolglosen, diplomatischen Bemühungen.

32 Vgl. Kapitel 2.2. für Erfolgsfaktoren und Hindernisse von Wirtschaftssanktionen.

Page 68: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

60

Die Kosten lassen sich aus den Veränderungen in den Finanz- und Güterströmen berechnen.33 Die Volumina der Finanz- und Güterströme werden von ver-schiedenen Faktoren beeinflusst. Die Schwierigkeit bei der Berechnung der Kosten der Wirtschaftssanktionen ist die Berechnung des Anteils der Wirtschafts-sanktionen an den Veränderungen der Güter- und Investitionsströme.

Die direkten und die indirekten Kosten der Wirtschaftssanktionen werden in den Kapiteln 5.1. Finanzsanktionen und 5.2. Handelssanktionen untersucht. Kapitel 5.3. geht der Frage der effektiven Umsetzung der Wirtschaftssanktionen und der Nutzung von Umgehungsgeschäften zur Kostenreduktion nach. In Kapitel 5.4. wird auf die Verteilwirkung der Wirtschaftssanktionen eingegangen, da Wirtschaftssanktionen auch immer die Gefahr beinhalten, die Falschen zu treffen. Kapitel 5.5. geht der Frage nach, inwiefern die Schweiz Südafrika vom Druck der sanktionierenden Ländern entlastet hat. Am Ende des Kapitels werden die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst.

5.1. Finanzsanktionen

Die Finanzsanktionen von 1986 wurden ein Jahr nach Ausbruch der grössten Finanzkrise Südafrikas beschlossen. Sanktionsbefürworter hofften, dass die zusätzlichen Kosten der Finanzsanktionen den bereits bestehenden, wirtschaftlichen Druck entscheidend erhöhen würden und die Apartheid auf diese Weise abgeschafft würde.

Die Finanzkrise war das Ergebnis von massiven Kapitalabflüssen nach 1984. 1985 führten diese zu einem Liquiditätsengpass in Südafrika. Ende August 1985 verweigerte Südafrika die Rückzahlung eines Teils der fälligen Verbindlichkeiten (Schuldenmoratorium). Diese Verbindlichkeiten wurden umgeschuldet, um den Kapitalabfluss zu reduzieren und gleichzeitig über die Zeit zu glätten. Auch die Einführung des gespaltenen Wechselkurses bremste den Kapitalabfluss, da ein Grossteil des ausländischen Kapitals nur zu einem schlechten Wechselkurs repatriiert werden konnte.34 Die Nettokapitalabflüsse, welche das Wirtschafts-wachstum beeinträchtigten, waren offensichtlich durch andere Einflussfaktoren ausgelöst worden. Inwiefern die Wirtschaftssanktionen in der Folge einen Beitrag zum Kapitalabfluss leisteten, wird in diesem Kapitel untersucht.

33 Die Methodik ist in Anhang III erklärt. 34 Für Details vgl. Hefti und Staehelin-Witt (2003).

Page 69: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

61

Um den Einfluss der Finanzsanktionen abschätzen zu können, ist der Einfluss der anderen Einflussfaktoren auf die Kapitalflüsse zu untersuchen. Die drei anderen Einflussfaktoren waren die Unruhen, die politisch motivierten Massnahmen im Ausland (exkl. Finanzsanktionen) und die schlechte wirtschaftliche Lage. Je gewichtiger der Einfluss dieser drei Faktoren auf die Entwicklung der Kapital-abflüsse ist, desto geringer ist die Bedeutung der Finanzsanktionen. Einleitend zur Kostenanalyse ist im nächsten Abschnitt ein Überblick zur finanziellen Situation Südafrikas gegeben.

5.1.1. Überblick zu den Kapitalflüssen

Südafrika wies im Vergleich zu anderen Ländern, welche auch aus dem primären Sektor ihre Deviseneinkünfte bezogen, einen sehr hohen Eigenfinanzierungsgrad auf (Lewis 1990, 63). Die Abhängigkeit von ausländischem Kapital war 1986 verhältnismässig gering. Zwischen 1946 und 1950 wurden über 31% der Investitionen mit ausländischen Mitteln finanziert. Zwischen 1950 und 1985 lag der ausländische Anteil in jedem Jahr unter 16% (Lewis 1990, 64). Dennoch war auch das südafrikanische Wirtschaftswachstum (unter anderem) vom Umfang der ausländischen Investitionen abhängig.

Während der Sanktionszeit (4. Quartal 1986 - 1. Quartal 1991) erlitt Südafrika einen Nettokapitalabfluss in der Höhe von Rand 16,2 Mrd., was im Durchschnitt pro Jahr 2% des BIP entsprach.35 Grösser war jedoch der Nettokapitalabfluss im Jahr 1985, welcher auch zum Schuldenmoratorium führte (vgl. Abbildung 7). Nach den ersten zwei Sanktionsjahren nahm der Nettokapitalabfluss 1989 weiter deutlich ab und erhöhte sich erst wieder nach Ende der Wirtschaftssanktionen (vgl. Abbildung 8).

Südafrikanische Investoren haben während dieser Zeit Investitionen im Ausland im Wert von Rand 5,4 Mrd. getätigt. Die südafrikanischen Auslandinvestitionen blieben während der Sanktionszeit auf einem einigermassen konstanten Niveau und waren etwas niedriger als vor den Wirtschaftssanktionen (vgl. Abbildung 8). Dies ist unter anderem auf vermehrte inländische Investitionen aufgrund aus-

35 Summe der Flussgrösse ‚Change in capital transfer and financial accounts including unrecorded

transactions’ in der überarbeiteten neuen Gliederung der SARB (SARB 2001, B-21ff). Berechnungen mit Daten aus der alten Gliederung der Zahlungsbilanz (SARB 1992, B-19ff) ergeben einen Nettokapitalabfluss von rund Rand 20 Mrd. (+20%!).

Page 70: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

62

ländischer Desinvestitionen zurückzuführen (vgl. Kapitel 5.1.4. ). Es wird aber auch vermutet, dass die Statistiken das Ausmass der südafrikanischen Ausland-investitionen unterschätzen, da südafrikanische Firmen ihre ausländischen In-vestitionen restrukturierten, so dass sie weniger südafrikanisch aussahen (Lewis 1990, 318). Möglicherweise hat die SARB die ausländischen Investitionen süd-afrikanischer Firmen entsprechend zu tief ausgewiesen.

Ausländische Investoren haben ihre Investitionen um Rand 6,8 Mrd. reduziert. Der Kapitalabfluss ausländischer Investitionen war vor Verhängung der Wirt-schaftssanktionen grösser als während der Sanktionierung (vgl. Abbildung 8). Der Kapitalabfluss war zu gut 91% auf Kapitalabflüsse im Bereich des Sammelpostens andere Investitionen zurückzuführen. Lediglich 4% der Kapitalabflüsse entfielen auf Portfolioinvestitionen und 5% auf Direktinvestitionen (vgl. Abbildung 9 und Abbildung 10).36

Die nicht erfassten Kapitalabflüsse beliefen sich auf Rand 3,5 Mrd.37, während die einseitigen Übertragungen zu einem Kapitalabfluss von Rand 0,5 Mrd. führten.

Um den Einfluss der Finanzsanktionen auf die Kapitalflüsse zu eruieren, untersuchen wir den Verlauf der ausländischen Investitionen in Südafrika. Süd-afrikanische Investitionen im Ausland, wie auch (wahrscheinlich) die einseitigen Übertragungen, waren von Wirtschaftssanktionen nicht betroffen. Diese Nicht-berücksichtigung der nicht erfassten Kapitalabflüsse führt zu Ungenauigkeiten in den Ergebnissen. Da die Veränderungen der nicht erfassten Kapitalabflüsse jedoch vornehmlich auf Veränderungen der weitgehend nicht sanktionierten kurzfristigen Verbindlichkeiten zurückzuführen sind (vgl. FN 37), werden die Ergebnisse der Analyse nur geringfügig verzerrt.

36 Definition und Abgrenzung vgl. Anhang I. 37 In der alten Gliederung der SARB (1993, B-0ff) sind die nicht erfassten Transaktionen bei den

kurzfristigen Kapitalbewegungen des Nichtbankensektors verbucht, in dessen Bereich der Grossteil der nicht erfassten Kapitalflüsse vermutet werden (SARB 1991,8).

Page 71: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

63

Abbildung 7: Nettokapitalabflüsse 1984-1994 (in Mio. Rand)

-15

-10

-5

0

5

10

15

1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994

in M

rd. R

and

Ausländische Investitionen Südafrikanische Investitionen im AuslandNettoinvestitionen Total Nicht erfasste Transaktionen

Quelle: South Africa’s balance of payments 1946-2000 (SARB 2001)

Abbildung 8: Nettokapitalabflüsse 1984-1994 (in % des BIP)

-6%

-5%

-4%

-3%

-2%

-1%

0%

1%

2%

3%

4%

5%

1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994

in %

des

BIP

Ausländische Investitionen Südafrikanische Investitionen im AuslandNettoinvestitionen Total Nicht erfasste Transaktionen

Quelle: South Africa’s balance of payments 1946-2000 (SARB 2001), South Africa’s national

accounts 1946-1998 (SARB 1999)

Finanzsanktionen

Finanzsanktionen

Page 72: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

64

Abbildung 9: Nettokapitalflüsse ausländischer Investitionen (exkl. nicht erfasste Trans-aktionen (vgl. FN 37))

-3

-2

-1

0

1

2

1985

1986

1987

1988

1989

1990

1991

in M

rd. R

and

Direktinvestitionen Übrige Investitionen Investitionen Total

Quelle: SARB (South Africa’s balance of payments 1946-2000)

Abbildung 10: Übrige Investitionen: Portfolioinvestitionen und andere Investitionen

-2500

-2000

-1500

-1000

-500

0

500

1000

1500

2000

1985

1986

1987

1988

1989

1990

1991

in M

io. R

and

Portfolioinvestitionen Andere Investitionen

Quelle: SARB (South Africa’s balance of payments 1946-2000)

Die Einflussfaktoren, die zu den Kapitalabflüssen führten und deren Anteil an der Entwicklung der Kapitalströme werden im Folgenden untersucht. Als erstes wird

Page 73: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

65

jeweils der Einflussfaktor beschrieben, dann dessen Wirkung erklärt und abschliessend der Einfluss auf die Finanzflüsse quantifiziert.

5.1.2. Kapitalflüsse und Unruhen

Die Unruhen waren der wichtigste Grund für die Kapitalabflüsse aus Südafrika.38 Den Rückzug der Bankdarlehen 1985 schreibt das amerikanische General Accounting Office der von den Banken wahrgenommenen politischen Instabilität (perceived political instability) Südafrikas zu (GAO 1988, 4). Deutlicher drückte es der südafrikanische Notenbankchef Gerhard de Kock aus (in: Financial Mail, Oct.13, 1989):

“Watching television every night, foreign bankers got the impression that the whole country was going up in flames and that either there would be a Marxist takeover or a virtual civil war.”

Die Unruhen waren einerseits auf den Kampf der inländischen Antiapartheidbewegung zurückzuführen (Lowenberg und Kaempfer 1998, 192), andererseits gab es auch Unruhen zwischen rivalisierenden schwarzen Gruppen (De Klerk 1999, 120). Die Unruhen führten zur Verhängung des Notstandes (20.7.1985: Partial State of Emergency; 12.6.1986: National State of Emergency).

Unruhen hatten schon in der Vergangenheit zu Kapitalabflüssen aus Südafrika geführt. Das sog. Sharpevillemassaker (1960) und auch die sog. Sowetounruhen (1976) führten zu längerfristigen Kapitalabflüsse (vgl. Abbildung 11). Zwischen den Einbrüchen erholte sich Südafrika jeweils wieder und erlebte Zeiten mit hohen Nettokapitalzuflüssen, wobei der Aufschwung 1978-1981 dem gestiegenen Goldpreis zugeschrieben wird (Jones und Muller in: Lowenberg und Kaempfer 1998, 216).

38 Lowenberg und Kaempfer (1998, 211) zitieren mehrere Studien, welche zu demselben Schluss

kamen.

Page 74: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

66

Abbildung 11: Nettokapitalflüsse in % des BSP

-6%

-4%

-2%

0%

2%

4%

6%

8%

1956

1958

1960

1962

1964

1966

1968

1970

1972

1974

1976

1978

1980

1982

1984

1986

1988

1990

1992in

% d

es B

SP

Quelle: South Africa’s balance of payments 1946-2000, South Africa’s national accounts 1946-1998

Die Unruhen führten aus verschiedenen Gründen zu Kapitalabflüssen:

• Die Unruhen reduzierten das Vertrauen der Investoren in die Zukunft des Landes. Die Wirtschaftszeitung Financial Mail kommentierte: “The unrest is now so serious that any decisions to lend to or invest in SA are not just based on moral scruples – they are hard to justify by any measure of risk and reward” (Financial Mail 1985, Sept. 6, 35). Eine amerikanische Zeitschrift schrieb: “South Africa has finally entered the end game in its domestic struggle” (Institutional Investor in: Financial Mail 1986, April 11, 45). Nicht alle wollten die späten Achtziger ex ante bereits als final game bezeichnet haben, jedoch waren die Zukunftsaussichten nicht positiv. Erstens war eine Verschärfung der Apartheidpolitik mit all den (auch für Investoren) negativen Konsequenzen zu befürchten. Auch ein Bürgerkrieg war nicht auszuschliessen. Ein Regierungswechsel hin zu den von vielen als Kommunisten angesehenen Exponenten39 der schwarzen Bevölkerungsmehrheit war aus Sicht der Investoren mit der Gefahr der Verstaatlichung aller Produktionsfaktoren verbunden.

39 Aussagen von Aushängeschildern der südafrikanischen Antiapartheidbewegung: “The Soviet

Union is a torch bearer for all our hopes and aspirations. In Soviet Russia genuine power of the people has been transformed from dreams to reality” (Winnie Mandela, 1986 in Pravda, in: Williams 1989, 125) und “I myself hate capitalism” (Bishop Desmond Tutu, 1985 in Sunday Telegraph in: Williams 1989, 125).

Sharpeville Soweto State of Emergency

Sanktionen

Beginn der Unruhen

Page 75: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

67

• Unruhen verschlechterten die wirtschaftliche Situation Südafrikas, was sich wiederum negativ auf die Kapitalflüsse auswirkte. Die Häufigkeit und Intensität von Streiks nahm zu (Lowenberg und Kaempfer 1998, 176) und gut qualifizierte Leute verliessen im Zuge der Unruhen das Land (Financial Mail, 5.7.1985, S.54).

• Unruhen erhöhen die Nervosität der Anleger, was zu ‚irrationalem’ Verhalten führen kann. Die Kapitalabflüsse 1985 werden denn auch teilweise dem Herdentrieb vieler Investoren zugeschrieben, welche dem Kreditstop der zweitgrössten amerikanischen Bank Chase Manhatten ge-folgt sind.40

Als Zeichen des schlechten Investitionsklimas wurde 1986 die Kreditwürdigkeit Südafrikas stärker als in irgendeinem anderen Land zurückgestuft (Financial Mail, 1986, April 11, 45). Die dadurch gestiegene Risikoprämie, welche sich auf Zins-sätze und Renditeerwartungen niederschlug, reduzierte die Kapitalnachfrage und somit auch den Kapitalzustrom.

Vergleicht man die Kapitalabflüsse nach den Unruhen von Sharpeville, Soweto und denjenigen ab 1984, so gibt dies einen Hinweis auf die Bedeutung von Un-ruhen auf Kapitalabflüsse (vgl. Tabelle 4).

Tabelle 4: Kapitalflüsse vor und nach Unruhen41

Vor den Unruhen

Kapitalfluss pro Jahr

Nach den Unruhen

Kapitalfluss pro Jahr

Differenz vor und nach Unruhen

in % des BIP in % des BIP in % des BIPSharpeville (1960) 1956-1959 0.18% 1961-1964 -1.36% -1.54%Soweto (1976) 1971-1975 4.00% 1977-1981 -0.89% -4.90%Notstand (1985/1986) 1980-1984 1.81% 1986-1990 -1.87% -3.68%

Quelle: South Africa’s balance of payments 1946-2000, South Africa’s national accounts 1946-1996

40 Mindestens gleich wichtig war die Devisenknappheit (vgl. Kapitel 5.1.3. ), welche aber unter

anderem ebenfalls auf Kapitalabflüsse in Folge der Unruhen zurückzuführen war. 41 Der Vergleichbarkeit halber sind die Kapitalabflüsse in Prozent des BIP gemessen. Die Jahre, in

welchen die Unruhen ausbrachen, wurden aufgrund statistischer Schwierigkeiten nicht erfasst (Quartalsweise Daten sind für 1960 nicht erhältlich). Die Rückgänge (letzte Spalte in Tabelle 4) würden sich für Sharpeville und Notstand vergrössern, für Soweto verkleinern.

Page 76: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

68

Der Einbruch der Kapitalflüsse war nach den Sowetounruhen grösser als jener, welcher dem Notstand von 1985/1986 folgte. Die Kapitalabflüsse wären in beiden Fällen noch grösser ausgefallen. 1976 / 1977 gewährte der IWF Anleihen in der Höhe von $ 464 Mio. (Madörin et al. 1999, 9). 1985 bremste die südafrikanische Regierung mit dem Schuldenmoratorium und der Einführung des zweigeteilten Wechselkurses den Kapitalabfluss. Wie gross die Kapitalabflüsse ohne Schulden-moratorium gewesen wären, ist nicht klar. Südafrika hätte einen noch grösseren Kapitalabfluss über einen solch kurzen Zeitraum möglicherweise gar nicht finan-zieren können. Die Devisenvorräte waren zu jener Zeit sehr gering (Bethlehem 1988, 66).

Die Veränderungen nach Sharpeville waren geringer, was jedoch zu einem wesentlichen Teil auf die veränderte Schuldenstruktur zurückzuführen ist. 1960 bestanden die Verbindlichkeiten gut zur Hälfte aus Direktinvestitionen. Bis 1986 hatte sich der Anteil an Direktinvestitionen auf 27% reduziert. Direktinvestitionen sind durchschnittlich längerfristiger gebunden und weniger volatil als die übrigen Investitionen. Zudem nahm der Anteil der kurzfristigen indirekten Investitionen (Kredite mit Laufzeiten von bis zu 1 Jahr) von knapp 20% auf 44% der gesamten indirekten Investitionen zu.42 Die Anfälligkeit auf Krisen erhöhte sich durch die veränderte Schuldenstruktur, da die kurzfristigen Kredite innerhalb kürzester Zeit abgezogen werden konnten. Zudem bremsten auch nach Sharpeville Devisenkontrollen den Kapitalabfluss.

Fazit: Der grösste Teil der Kapitalabflüsse ist auf die Unruhen zurückzuführen.

5.1.3. Kapitalflüsse und Wirtschaftslage

Die schlechte wirtschaftliche Lage reduzierte die Attraktivität Südafrikas für ausländische Investoren. Südafrika befand sich zwischen 1984 und 1985 in einer Rezession (Financial Mail, November 23, 1984, S.40; Innes 1989, 228). Auch nach 1986 stieg das BIP weniger stark als die Bevölkerung. Die Gründe für die schlechte Wirtschaftslage waren sehr unterschiedlich.

Einige Probleme waren auf die Unruhen (vgl. 5.1.2. ) und die ausländischen Massnahmen (vgl. 5.1.4. und 5.1.5. ) zurückzuführen. Die weiteren Probleme

42 Dies war Teil eines weltweiten Trends (Lipton in: Lowenberg und Kaempfer 1998, 210), wobei er

in Südafrika besonders stark ausgeprägt war (Lipton 1989, 343).

Page 77: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

69

waren durch die Wirtschaftspolitik Südafrikas (welche eng mit der Apartheid-ideologie verknüpft war), weltweite Trends oder gar durch den Einfluss ‚höherer Gewalt’ bedingt:

1. Hohe und steigende Regierungsausgaben (FM, 23.11.1984, S.40), welche vor allem auf steigende Bildungsausgaben (Bethlehem 1988, 26), auf hohe Verwaltungskosten (Lowenberg und Kaempfer 1998, 212), aber auch auf die grundsäztlich hohen Rüstungsausgaben (Lowenberg und Kaempfer 1998, 213) zurückzuführen waren. Die Attraktivität Südafrikas litt unter den durch die steigende Verschuldung (zukünftig) steigenden Steuern.

2. Südafrika verfolgte eine teilweise verfehlte Wirtschaftspolitik. Lowenberg und Kaempfer (1998, 195ff) analysierten die Wirtschaftspolitik und folgerten: “Some of the most costly policies were inspired by ill-conceived theories of ecnomic growth. … South African government policies themselves, quite apart from foreign sanctions and pressures, became dysfunctional to economic growth”. Beispielsweise bestand, unter anderem aufgrund der Apartheidpolitik, ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften (FM, 12.4.1985, S.7) und ein Überhang an unqualifizierten Arbeitern. Auch schätzen Becker und Pollard (1990, 25), dass die südafrikanische Regierung schon lange vor Verhängung der Wirt-schaftssanktionen die Importsubstitution sehr ausgeprägt förderte. Die südafrikanische Regierung offenbarte damit eine starke Präferenz für wirt-schaftliche Autarkie. Importe wurden begrenzt und verteuert (Lowenberg und Kaempfer 1998, 203). Damit wurde die inländische Industrie, welche für den inländischen Markt produzierte, geschützt. Die Produktpreise für die Konsumenten stiegen jedoch und längerfristig litt die internationale Konkurrenzfähigkeit dieser Firmen, da sie nur einem reduzierten Wettbewerb ausgesetzt waren. Auch verteuerten sich durch die Import-substitution die Kosten für Firmen, welche auf importierte Güter an-gewiesen waren. Dies wiederum war der Standortattraktivität Südafrikas abträglich, bremste das Wirtschaftswachstum und letztlich auch den Zu-strom an ausländischen Investitionen (Innes 1989, 228).43

3. Die Währungspolitik der Reservebank wurde von verschiedener Seite

43 Nach der Schuldenkrise 1985 wurden die Importe um bis zu 60% verteuert (IMF 2000, 53).

Importsubstitution war aber in jener Zeit nicht das primäre Ziel der Importzölle. Die hohen Aufschläge sollten Importe verhindern, um die, durch die Kapitalabflüsse strapazierte, Zahlungsbilanz im Gleichgewicht zu halten.

Page 78: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

70

kritisiert und für das schwache Wirtschaftswachstum mitverantwortlich gemacht (z.B. Strydom 1987, 216). Südafrika wies im Vergleich mit den OECD-Ländern 1985 die vierthöchste Inflationsrate (Financial Mail, May 10, 1985, S.49) auf. Die Inflationsrate lag meist im zweistelligen Bereich. Hohe Inflationsraten bremsen das Wirtschaftswachstum des betroffenen Landes. Die einheimische Exportindustrie konnte jedoch vom ab-gewerteten Rand profitieren, wobei der Inflation bei Tarifverhandlungen Rechnung getragen wurde, was die Vorteile wiederum reduzierte.

4. Die Devisenreserven waren beinahe ausgetrocknet (Bethlehem 1988, 66). Dies war unter anderem auf den tiefen Goldpreis (Kenney 1991, 371) und die fehlenden Deviseneinnahmen in der Landwirtschaft aufgrund der Dürre im Jahre 1984 (FM, 28.9.1984, S.39) zurückzuführen. Die ausgetrockneten Devisenreserven erhöhten die Anfälligkeit auf und die Wahrscheinlichkeit von weiteren Schocks. Das Vertrauen der Investoren sank (Hirsch 1989, 273) und die Nervosität unter den Investoren stieg. Die Kapitalrückzüge, welche zur Schuldenkrise führten, wurden (unter anderem) durch die Devisenknappheit ausgelöst. Ein Land, welches Liquiditätsprobleme hat, hat auch Schwierigkeiten, Kredite zu erhalten.

5. Die Schuldenstruktur Südafrikas war problematisch. Die kurzfristige Verschuldung hatte in Südafrika stark zugenommen. Dadurch wurde der gesamte Finanzsektor anfälliger für Veränderungen an den Finanzmärkten und auch realwirtschaftliche Schocks. Zudem stiegen die Kosten für die Schuldentilgung in Folge der Währungsschwäche stark an (Financial Mail, December 14, 1984, S.33).44

6. Die Rentabilität der Unternehmen war seit den 70er Jahren rückläufig (Grundy in: Kaempfer und Lowenberg 1998, 126), wobei sich die Rentabilität während der Sanktionszeit ausgehend von einem tiefen Niveau wieder etwas verbesserte (Innes 1989, 228f).

Die meisten dieser Probleme waren schon vor Einführung der Finanzsanktionen bekannt. Bereits 1984 meldeten sich skeptische Stimmen, welche ein Ende des Zuflusses ausländischer Investitionen voraussahen (z.B. Prof. De Wet in: FM, 23.11.1984, S.40). Diese Probleme verminderten den Zufluss an neuen (langfristig

44 Ausländische Kredite lauten normalerweise auf ausländische Währungen. Verliert also der Rand

gegenüber dem Dollar an Wert, so muss ein höherer Betrag an Rand für die Tilgung der Dollarschuld aufgewendet werden.

Page 79: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

71

gebundenen) Direktinvestitionen, erhöhten die Kapitalrückzüge und verteuerten die Kapitalaufnahme. Der Mangel an ausländischem Kapital und die hohen Kosten desselben bremsten das Wirtschaftswachstum.

Der Einfluss der schlechten Wirtschaftslage auf die Kapitalflüsse kann nicht getrennt vom Einfluss der Wirtschaftssanktionen und dem politisch motivierten wirtschaftlichen Druck (siehe unten) quantifiziert werden. Am Ende des nächsten Kapitels wird der Einfluss der Wirtschaftslage auf die Kapitalströme zusammen mit der Bedeutung der Unruhen und dem politisch motivierten, wirtschaftlichen Druck bewertet.

5.1.4. Kapitalflüsse und politisch motivierter, wirtschaftlicher Druck (exkl. Finanzsanktionen) 45

Der politisch motivierte wirtschaftliche Druck der Antiapartheidkräfte, der amerikanischen Gliedstaaten und der amerikanischen Städte beeinflusste das Verhalten ausländischer Investoren (GAO 1988, 30). Ausländische und süd-afrikanische Antiapartheidgruppen46 verlangten das Ende der Geschäfts-beziehungen mit Südafrika und den Rückzug von Firmen, welche in Südafrika tätig waren. Nebst dem Lobbying auf politischer Ebene wurde zur Boykottierung südafrikanischer Produkte und multinationaler Firmen, welche mit Südafrika geschäftliche Beziehungen unterhielten, aufgerufen. Die Unruhen verhalfen dabei den Anliegen der Antiapartheidgruppen zu mehr Medienpräsenz und erleichterten ihnen das Vorbringen ihrer Anliegen. Der amerikanische Botschafter Nickel sagte bereits 1985:

“Recent detentions, and the deaths of 18 blacks at the Crossroads squatter camp, have increased support for disinvestment and made his (‘Nickels’) administration’s task of fighting it very difficult” (in: Financial Mail, March 1,

45 Die Firmen hatten die freie Wahl, sich aus Südafrika zurückzuziehen oder nicht. Die

Finanzsanktionen zwangen Firmen ein bestimmtes Verhalten auf. 46 Der Begriff ‚Antiapartheidgruppen’, darf nicht darüber hinweg täuschen, dass es auch

Antiapartheidkräfte gab, welche Wirtschaftssanktionen und Desinvestitionen ablehnten. Dazu gehörten sämtliche sanktionskritischen Regierungen und gewisse ausländische Unternehmer, wobei die Antiapartheidbewegung sie gerne als Apartheidfreunde bezeichnet, u.a. da sie sich gegen Wirtschaftssanktionen aussprachen. Antiapartheidkräfte, welche sich gegen den Rückzug ausländischer Firmen wehrten, brachten folgende Argumente vor: Die Desinvestitionen würden den ersehnten Umschwung nicht herbeiführen, würden die Falschen treffen und zudem auch nach Ende der Wirtschaftssanktionen das Wirtschaftswachstum Südafrikas beeinträchtigen, so die Argumente (vgl. Kapitel 7. ).

Page 80: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

72

1985, S.49).

Die amerikanische Antiapartheidbewegung konnte die grössten Erfolge vorweisen. Der Kampf gegen die Unterdrückung der eigenen schwarzen Bevölkerungs-schicht47, dürfte die Amerikaner sensibilisiert und auch eine gut organisierte und politisch einflussreiche Antiapartheidbewegung ermöglicht haben. Die Massnahmen einiger Gliedstaaten und Städte übten dabei den stärksten Druck auf die Firmen aus (GAO 1988, 30). Die Staaten und Städte verweigerten geschäftliche Beziehungen mit in Südafrika tätigen Firmen. Sie drohten, keine Produkte von in Südafrika tätigen Firmen zu kaufen, keine Gelder in Pensions-kassen von in Südafrika tätigen Firmen zu investieren und auch keine Geschäfte mit in Südafrika tätigen Banken zu führen (Financial Mail 11.9.1991, 6). Für amerikanische Banken konnte der befürchtete Verlust im US-Geschäft grösser sein als die Verluste eines Rückzuges aus Südafrika (vgl. FN 27).

Nebst dem politischen Druck haben aber noch weitere Faktoren die Entscheide ausländischer Firmen beeinflusst. Erstens spielte die Rentabilität ihrer Investition in Südafrika eine wichtige Rolle. Die Untersuchung von Lowenberg und Kaempfer (1998, 133) weist darauf hin, dass sich verhältnismässig unrentable Firmen eher aus Südafrika zurückzogen. Zweitens haben die Unruhen einerseits das Investorenvertrauen grundsätzlich reduziert (vgl. Kapitel 5.1.2. ), andererseits aber auch direkt das moralische Gewissen von Firmenverantwortlichen ange-sprochen (Dean 1989, 43). Lowenberg und Kaempfer (1998, 137) folgern: “Business conditions were at least as important as the political or moral preferences”.

Die Schätzungen über den Umfang an Desinvestitionen48 unterschieden sich im Ergebnis, wobei die berücksichtigten Jahre und Länder ebenfalls variierten. Zwischen 100 und 500 Firmen hätten desinvestiert, so die Schätzungen (Innes 1989, 228ff).49 Wichtig war jedoch nicht primär, wie viele Firmen desinvestieren,

47 USINFO.STATE.GOV, 2003 48 Der Verkauf oder die Auflösung der südafrikanischen Filialen oder Tochtergesellschaften werden

als Desinvestition definiert. Kapitalrückzüge der ausländischen Banken werden getrennt behandelt.

49 Gesamthaft hatten nach Angaben der International Confederation of Free Trade Unions (ICFTU) mindestens 1453 ausländische Firmen Investitionen in Südafrika getätigt (Innes 1989, 228). Das Investor Responsibility Research Center (IRRC) schätzt, dass zwischen 1986 und 1988 96 US-Firmen desinvestierten. Die ICFTU rapportiert, dass bis 1988 188 Firmen aus 7 Ländern desinvestierten, während die UNESCO von 520 Firmen berichtet, die sich aus Südafrika und Namibia zurückgezogen haben. Das Anti-Apartheid Movement (in: Hermele und Odén 1988, 35) schätzte, dass zwischen 1985 und März 1988 152 (von 352) amerikanische Firmen und 61 (von

Page 81: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

73

sondern die Art und Weise, wie sie dies taten (FM 19.6.1987). Grundsätzlich können vier verschiedene Arten von Desinvestitionen unterschieden werden. Gemeinsam ist ihnen nur, dass die Firma nicht mehr unter dem bisherigen Besitzer weitergeführt wird.

Die höchsten und vor allem in Form von Arbeitslosigkeit unmittelbarsten Kosten verursachten diejenigen Desinvestitionen, bei welchen die Produktion vollständig aufgelöst wurde. 10% der Rückzüge waren auf diese Art der Desinvestition zurückzuführen (Hermele und Odén 1988, 34). Auch waren die Produkte nicht mehr erhältlich, wobei oftmals Konkurrenzprodukte die Lücke schnell ausfüllen konnten. Dean (1989, 41) berichtet, dass beispielsweise Fujifilm die Marktanteile, welche Kodak preisgab, übernahm. Bei den drei übrigen Varianten fand ein Besitzerwechsel statt.

In 20% der Fälle wurde das Unternehmen an das lokale Management verkauft. In 50% der Fälle übernahm ein südafrikanisches Unternehmen die Firma. Wurde die Firma an Südafrikaner verkauft, so entstand kurzfristig ein Druck auf die Zahlungsbilanz. Mittelfristig reduzierten die ausbleibenden Dividendenzahlungen ans Ausland jedoch die Kapitalabflüsse. Längerfristige Kosten folgerten aus dem verloren gegangenen Know-How. Das IRRC (in: Innes 1989, 231) beobachtete jedoch, dass die Hälfte der amerikanischen Firmen, welche desinvestierten, weiterhin geschäftliche Verbindungen, in Form von Beratungsleistungen, Lizenzgebühren und ähnlichem, mit ihren verkauften südafrikanischen Partner-firmen unterhielten. Know-How ging also nicht immer verloren.

In den verbleibenden 20% der Fälle wurden die Firmen an ausländische Firmen oder ehemalige Angestellte verkauft (Hermele und Odén 1988, 34). Für Südafrika hatte der Verkauf an eine ausländische Firma keine Konsequenzen auf die Zahlungsbilanz. Auch der Verlust an Know-How dürfte eher gering gewesen sein, da der Käufer wohl auch über Know-How verfügte. Verkäufe an ehemalige Angestellte zeitigten dieselben Folgen wie Verkäufe an das lokale Management oder an südafrikanische Firmen (s.o.).

Gesamthaft war der Effekt der Desinvestitionskampagne auf die Zahlungsbilanz verhältnismässig gering (Lipton 1989, 340; Abbildung 9: Teil Direkt-investitionen). Die Firma The Boston Company schätzte, dass bis 1987 rund $ 1 Mrd. desinvestiert wurde (in: Lowenberg und Kaempfer 1998, 127). Im Verhältnis

360) britische Firmen desinvestierten.

Page 82: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

74

zur Marktkapitalisierung von schätzungsweise $ 700 Mrd. führten die Des-investitionen nur zu einem geringen Kapitalabfluss. Erstens haben vor allem kleine Firmen desinvestiert (GAO 1988, 30). Wirklich grosse Firmen wie General Motors, Exxon und IBM änderten nur die Finanzierungsstruktur, was zu keinem Kapitalabfluss führte, aber wie Desinvestititonen aussehen sollte, und möglicher-weise auch als solche gezählt wurden (vgl. 5.3. Umgehungsgeschäfte und Ausnahmeregelungen). Zweitens hat der zweigeteilte Wechselkurs die Kosten der Desinvestitionen um bis zu 50% erhöht, auch wenn amerikanische Unternehmen Möglichkeiten fanden, ihre Investitionen zum vorteilhaften Commercial Rand zu repatriieren (GAO 1988, 34).

Es gab aber auch etliche Gewinner der Desinvestitionen in Südafrika. Die oftmals südafrikanischen Käufer (eigenes Management oder grosse südafrikanische Konglomerate) konnten einerseits zu sehr günstigen Preisen Firmen einkaufen (GAO 1989, 35) und andererseits standen den neuen südafrikanischen Firmeninhabern Geschäftsmöglichkeiten offen, welche internationalen Firmen nicht mehr offen standen. Insbesondere konnten mit der südafrikanischen Regierung Geschäftsbeziehungen aufgebaut werden. Ausserdem hatte sich ein Grossteil der ausländischen Firmen einem Verhaltenskodex (insb. Regeln über die Bezahlung schwarzer Arbeitnehmer) unterworfen, welcher von südafrikanischen Firmen nicht mehr eingehalten werden musste (Innes 1989, 232). In einigen Fällen war deshalb die schwarze Arbeitnehmerschaft von Eigentumswechseln negativ betroffen (Lipton 1989,341).

Insbesondere die vier grossen südafrikanischen Konglomerate profitierten von den amerikanischen und britischen Verkäufen. Ihr Anteil an der südafrikanischen Börse erhöhte sich zwischen 1983 und 1987 von 70% auf 83% (Dean 1989, 45). Aber auch der Staat konnte von den Desinvestitionen profitieren, da dadurch die Steuerbasis ausgeweitet wurde und entsprechend die Steuereinnahmen stiegen (Lowenberg und Kaempfer 1998, 139).

Desinvestitionen haben zudem den Nachteil, dass sie langfristige Kosten verursachen, welche auch nach einem politischen Wandel andauern. Abgewanderte ausländische Unternehmen wieder anzuziehen braucht jeweils längere Zeit und gute Zukunftsperspektiven im Land. Die Zukunftsperspektiven sind nach einem politischen Wandel oft noch unsicher, so dass Investoren mit den Investitionen zuwarten.

Desinvestitionen waren ein Erfolg für die Antiapartheidbewegung, zeitigten aber nicht die erhoffte Wirkung (Lipton 1989, 340). Anbetrachts der langfristigen

Page 83: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

75

Kosten und auch der Gewinne für südafrikanische Firmen und das weisse Management (die sog. Eliten) kann plausibel argumentiert werden, dass die Des-investitionskampagne die politische Transformation nicht beschleunigt hat.

Der Druck auf Banken, ihre Beziehungen mit Südafrika zu beenden resp. einzuschränken, war ebenfalls beachtlich. Universitäten, Städte und Gliedstaaten wollten ihre Beziehungen mit Banken, welche weiterhin in Südafrika aktiv waren, beenden. Dass letztlich amerikanische Banken die Schuldenkrise auslösten, spricht für den Einfluss der Antiapartheidkräfte. Der Druck amerikanischer Gliedstaaten und amerikanischer Städte hat sicherlich die amerikanischen Banken beeinflusst.50 Dennoch dürften u.E. die zuvor aufgeführten Argumente (Unruhen und schlechte wirtschaftliche Verfassung (insb. Devisenknappheit)) das Vorgehen der Banken stärker beeinflusst haben als der politisch motivierte, wirtschaftliche Druck. Diese Auffassung wird von den meisten Wirtschaftswissenschaftlern geteilt:51

“The foreign lenders’ withdrawal of credit was motivated largely by high perceived country risk due to rising levels of political unrest in South Africa. … In any case, the withdrawal of foreign capital was not a deliberate policy measure directed against South Africa so much as it was a market response to the perceived low productivity and high risk of investment in South Africa” (Lowenberg und Kaempfer 1998, 224).

Nebst dem ausländischen Druck ist auch der wirtschaftliche Druck der schwarzen Opposition in Südafrika zu nennen. Die schwarze Bevölkerung boykotierte von Weissen geführte Detailhandelsgeschäfte (FM, 16.8.1985, S.60). Die betroffenen Geschäfte mussten erhebliche Einbussen hinnehmen. Das Potential solcher Proteste war beträchtlich. 1985 wurden bereits 55% der Konsumgüter von Schwarzen gekauft (FM, 6.85.1988, S.48). Der Widerstand konnte sich jedoch nie übers ganze Land ausbreiten. Auf die Kapitalverkehrsbilanz hatten diese Boykotte keinen Einfluss.

Die Kapitalabflüsse waren also auch auf politisch motivierten, wirtschaftlichen Druck zurückzuführen. Die Desinvestitionen (v.a. 1985-1988) dürften dabei stärker als der Kapitalrückzug der Banken vom politischen Druck der Antiapartheidbewegung sowie amerikanischer Staaten und Städte beeinflusst

50 Weiterführende Informationen zum Schuldenmoratorium und dessen Auswirkungen vgl. Hefti und

Staehelin-Witt 2003. 51 Lowenberg und Kaempfer erwähnen: Mats Lundahl, Brian Kantor, Jennifer Davis, Stephen R.

Lewis Jr. und Merle Lipton

Page 84: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

76

gewesen sein. Die exakte Auswirkung des politisch motivierten wirtschaftlichen Drucks auf die Kapitalabflüsse kann nicht quantifiziert werden. Wir sind jedoch der Ansicht, dass die Unruhen, die schlechte wirtschaftliche Lage und der politisch motivierte wirtschaftliche Druck die Kapitalabflüsse ausreichend erklären können. Die Bedeutung der Finanzsanktionen war entsprechend sehr gering. Diese These wird im nächsten Kapitel verifiziert.

5.1.5. Kapitalflüsse und Finanzsanktionen

Die Kosten der Finanzsanktionen52 spiegeln sich in deren Einfluss auf die Kapital-flüsse. Die Kapitalabflüsse können unserer Ansicht nach bereits durch die drei zuvor erwähnten Einflussgrössen (Unruhen, wirtschaftliche Lage, politisch motivierter wirtschaftlicher Druck) hinreichend erklärt werden. Die geringen Kosten der Finanzsanktionen werden in diesem Kapitel dargelegt.

Die Kosten der Finanzsanktionen hat keine uns bekannte Studie quantifiziert und gesondert ausgewiesen. Die Untersuchung von Hufbauer et al. (2001b) liegt unserer Fragestellung am nächsten. Die Studie quantifiziert die Kosten der Finanz-sanktionen zusammen mit den Kosten der Massnahmen amerikanischer Staaten und Städte.53

Hufbauer et al. (2001b) schätzen die Kosten der Finanzsanktionen und anderer staatlicher Massnahmen auf jährlich 0,34% des BIP ($ 260 Mio. oder durchschnittlich R 550 Mio.). Die $ 260 Mio. entsprachen “10% of average annual change in net flows, 1986-1990 compared to 1980-1984” (Hufbauer 2001b). 10% der Reduktion der Finanzströme war ihrer Meinung nach auf den Einfluss der Wirtschaftssanktionen und anderer staatlicher Massnahmen zurückzuführen. Der alleinige Anteil der Finanzsanktionen würde also weniger als $ 260 Mio. betragen.

Den Sanktionsanteil von 10% schätzten Hufbauer et al. (2001b), indem sie die existierende Literatur sowie Zeitungskommentare aufarbeiteten und Statistiken analysierten. Zudem werden ihre finanzwirtschaftlichen Kenntnisse und Erfahrungen aus anderen Sanktionsfällen bei der Auswertung eine wichtige Rolle gespielt haben. Beispielsweise dürfte die bekannterweise hohe Mobilität von

52 Der Inhalt der getätigten Finanzsanktionen ist im 3. Kapitel detailliert wiedergegeben. 53 Hufbauer et al. (2001b): Reduction in access to international capital due to federal, state, local

government measures.

Page 85: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

77

Kapital die Bedeutung der nur von vereinzelten Ländern beschlossenen Wirtschaftssanktionen reduziert haben. Auf Anfrage erklärte Koautorin Kim Elliot schriftlich:

“We could not directly observe the drop in capital flows directly due to sanctions. We have broad guidelines for choosing the sanctions multiplier .., but given the large number of cases, we have to use our judgment on a case-by-case basis.

Even though the impact of the financial crisis on the South African economy was quite severe, we used a relatively low multiplier for the sanctions impact because we concluded that most of the reduction in capital flows was due to private sector calculations of risk in that market. Since we could not directly observe the drop in capital flows directly due to sanctions, this seemed to us a reasonable compromise.”

Die Kosten der Finanzsanktionen werden von uns getrennt nach Direktinvestitionen (FDI) und übrigen Investitionen (u.a. Portfolioinvestitionen, Bankkredite) untersucht. Dies, da die FDI von der EG und den USA sanktioniert waren, während nur die USA die übrigen Investitionen sanktionierten. Der Quervergleich der Entwicklung der Investitionen zwischen sanktionierenden und nicht sanktionierenden Ländern gibt Auskunft über die Wirkung der Sanktionen. Aber auch die Betrachtung der effektiv sanktionierten Kapitalströme lässt auf das Potential der Sanktionen schliessen.

4.1.5.1. Sanktionen gegen Direktinvestitionen

Neue Direktinvestitionen wurden von der EG und den USA sanktioniert, wobei Deutschland und England nur sog. freiwillige Sanktionen verhängten. Diverse Ausnahmen und Umgehungsmöglichkeiten prägten die Sanktionen (vgl. Kapitel 4.2. und Kapitel 5.3. ). Nebst diesen Ausnahmen konnten ausländische Firmen ihre Aktivitäten auch über die Kreditaufnahme bei südafrikanischen Banken ausweiten. Wollten ausländische Firmen neue Investitionen tätigen, so hatten sie aus rechtlicher Sicht Möglichkeiten dies zu tun; die Handlungsfreiheit ausländischer Firmen wurden durch die Wirtschaftssanktionen nicht besonders stark eingeschränkt. Unter anderem auch aus dem Grund, dass zu jener Zeit aufgrund der Unruhen und der schlechten wirtschaftlichen Lage ohnehin nur selten neue Direktinvestitionen in Südafrika getätigt wurden.

Page 86: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

78

Eine Analyse der Entwicklung der Kapitalströme belegt die geringe Bedeutung der Sanktionierung von FDI. In Abbildung 12 sind die Nettokapitalströme abgebildet. Die im Vergleich zur Sanktionszeit hohen Kapitalabflüsse im Jahre 1985 (vgl. auch Abbildung 13), mehr als ein Jahr vor Einführung der Finanzsanktionen, sind ein erster Hinweis, dass der Einfluss der Finanzsanktionen auf die Entwicklung der Kapitalflüsse eher gering war.

Abbildung 12: FDI pro Quartal54

-600

-400

-200

0

200

400

600

800

1000

in M

io. R

and

Quelle: South Africa’s balance of payments 1946-2000 (SARB 2001)

54 Die Inflation in Südafrika lag in den meisten Jahren im zweistelligen Bereich. Entsprechend sagen

Absolutzahlen wenig über den effektiven Druck auf die südafrikanische Wirtschaft aus. Eine Möglichkeit, die ‚reale’ Bedeutung der Kapitalabflüsse zu messen besteht darin, die Kapitalabflüsse im Verhältnis zum BIP zu betrachten (vgl. Abbildung 13).

Page 87: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

79

Abbildung 13: FDI in % des BIP und in Mio. Rand (Flussgrössen)

-1.00%

-0.80%

-0.60%

-0.40%

-0.20%

0.00%

0.20%

0.40%

0.60%

0.80%

1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991

in %

BIP

-1200

-1000

-800

-600

-400

-200

0

200

400

600

800

in M

io. R

and

FDI in % BIP (Flussgrösse) FDI in Mio. Rand (Flussgrösse)

Quelle: South Africa’s balance of payments 1946-1992 (SARB 1993)

In Abbildung 14 sind die Kapitalflüsse in kurz- und langfristige Kredite sowie Aktien unterteilt. Der grösste Teil des Nettokapitalabflusses zwischen 1987 und 1990 war auf kurzfristige Kredite (Rand 1'219 Mio.) zurückzuführen. Die Veränderung der langfristigen Kredite führte zu einem Nettokapitalabfluss von Rand 247 Mio., während der Aktienhandel zu Kapitalimporten in der Höhe von Rand 668 Mio. führte.

Page 88: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

80

Abbildung 14: FDI (Flussgrössen)55

-1200

-1000

-800

-600

-400

-200

0

200

400

600

1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991

in M

io. R

and

Aktien Langfristige Darlehen Kurzfristige Kredite

Quelle: South Africa’s balance of payments 1946-1992 (SARB 1993, B-39)

Detailanalyse 1: Aktienkapital

Der Zufluss oder der Abfluss von Aktienkapital im Ländervergleich sagt etwas über die Effektivität der Sanktionen aus. Der Zufluss an Aktienkapital (vgl. Abbildung 14) mag angesichts der umfangreichen Desinvestitionen der USA überraschen. Als Grund ist dabei erstens zu erwähnen, dass die umfangreichsten Desinvestitionen (mit ziemlicher Sicherheit) bereits 1985 stattgefunden haben. Zweitens wurden Darlehen teilweise in Aktien umgewandelt, was die SARB als Abfluss von Krediten und als Zufluss von Aktienkapital verbuchte. Und drittens wurden teilweise Dividenden in Form von Aktien ausbezahlt. Das Aktienkapital in ausländischer Hand stieg entsprechend an (vgl. Abbildung 15).

55 Die Aktienbewegungen sind zu deren Transaktionswert, und nicht wie bei den Beständen zu deren

Buchwert, erfasst.

Page 89: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

81

Abbildung 15: Aktienkapital der Direktinvestitionen zum Buchwert56 (Jahresendbestand; nicht-monetärer Sektor57)

0

200

400

600

800

1'000

1'200

1'400

1'600

1'800

2'000

1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991

in M

io. R

and

EG Länder Schweiz USA

Quelle: South Africa’s balance of payments 1946-1992 (SARB 1993, B-79ff)

Abbildung 15 zeigt, dass die EG, wie auch die Schweiz, ihr Engagement deutlich ausgeweitet hat, was auf die fehlende Wirksamkeit der Investitionen in England und Deutschland hinweist. Dieser starke Anstieg kann u.E. nicht allein mit Gewinnen, welche in Form neuer Aktien ausbezahlt wurden, und umgewandelten Darlehen erklärt werden. Die deutschen und englischen Firmen dürften sich nicht an die freiwilligen Sanktionen gehalten haben.

Abbildung 16 weist darauf hin58, dass Neuinvestitionen zu jener Zeit ohnehin selten waren, weshalb die Sanktionen Kapitalflüsse sanktionierten, welche auch ohne Sanktionen nicht geflossen wären. Denn selbst die Bestände (exkl. reinvestierte Gewinne) der nicht sanktionierenden Schweiz erhöhten sich nicht.

56 Inflation und/oder Wechselkursschwankungen verändern den Buchwert nicht. 57 Der monetäre Sektor ist nicht nach denselben Kriterien aufgeteilt. Er kann jedoch vernachlässigt

werden, da ab Ende 1987 weniger als 1% der FDI im monetären Sektor investiert waren. 1985 bis 1987 reduzierte die EG ihre Ausstände um beinahe 90%. Dies ist höchstwahrscheinlich auf den Verkauf von Tochterfirmen britischer Banken an südafrikanische Banken zurückzuführen (Desinvestment).

58 Bestandesveränderungen lassen nur sehr beschränkt auf Kapitalflüsse schliessen (vgl. Anhang I).

Page 90: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

82

Der reale Bestand der Schweizer FDI (exkl. reinvestierte Gewinne) war wechselkursbereinigt59 gar rückläufig. Da uns keine grösseren schweizerischen Desinvestitionen bekannt sind, dürften auch nur wenige Neuinvestitionen getätigt worden sein. Nach 1989 entwickelten sich zudem die Schweizer Aktienbestände gleich wie die amerikanischen Aktienbestände (vgl. Abbildung 19).

Wenn nun die Investitionstätigkeiten eines nicht sanktionierenden Landes (CH) die Finanzsanktionen anderer Länder nur marginal verletzten, so führte die Sanktionierung von neuen Direktinvestitionen offensichtlich zu nur sehr geringen Restriktionen für ausländische Firmen und hatte entsprechend geringe Kosten zur Folge.60 Die Nettokapitalabflüsse waren auf andere Gründe zurückzuführen.61

Abbildung 16: FDI abzüglich reinvestierter Gewinne (Jahresendbestand)

0

1'000

2'000

3'000

4'000

5'000

6'000

7'000

8'000

1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991

in M

io. R

and

EG Länder Schweiz USA

Quelle: South Africa’s balance of payments 1946-1992 (SARB 1993)

59 Der Wert kurz- und langfristiger Darlehen, welche auf ausländische Währungen lauten, stieg

aufgrund der Abwertung des Rands. 60 Ansonsten sich die Entwicklung in einem sanktionierenden Land von der Entwicklung in einem

nicht sanktionierenden Land unterscheiden müsste. 61 Die detaillierte Analyse der Schweizer Investitionen in Kapitel 5.5.2. bestätigt dieses Ergebnis. Die

Schweiz dürfte nur in geringem Ausmass, von anderen Ländern sanktionierte, Neuinvestitionen getätigt haben.

Page 91: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

83

Detailanalyse 2: Reinvestierte Gewinne

Die Analyse der reinvestierten Gewinne vermittelt weitere Einsichten (vgl. Abbildung 17, Abbildung 18 und Abbildung 19). Erstens wird klar sichtbar, dass die Sanktionen die wichtigste Möglichkeit ausländischer FDI ausnahmen. Über 80% aller FDI stammten in jener Zeit in Südafrika aus reinvestierten Gewinnen (GAO 1988, 30; SARB 1993). Während der Sanktionszeit erhöhte sich der Bestand an reinvestierten Gewinnen um Rand 3 Mrd.. Die Zunahme der re-investierten Gewinne betrug das Zehnfache des gesamten Nettokapitalabflusses während der Sanktionszeit. Mittels reinvestierter Gewinne konnten ausländische Firmen aus sanktionierenden Ländern bei Bedarf ihre Tätigkeiten in Südafrika ausweiten.

Abbildung 17: Reinvestierte Gewinne

0

2'000

4'000

6'000

8'000

10'000

12'000

14'000

1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991

in M

io. R

and

EG Länder Schweiz USA

Quelle: South Africa’s balance of payments 1946-1992 (SARB 1993)

Zweitens belegen die Abbildungen, dass die Sanktionen bei den amerikanischen Firmen zu einer Verhaltensänderung führten. Die amerikanischen Firmen nutzten die Möglichkeit, Gewinne zu reinvestieren verhältnismässig stärker als die EG und stärker als die Schweiz (vgl. Abbildung 18). Dies ist einerseits darauf zurückzuführen, dass tendenziell mehr erfolgreiche amerikanische Firmen in Süd-afrika verblieben (Lowenberg und Kaempfer 1998, 133). Vor allem aber ist das amerikanische Verhalten auf die Suspendierung des Doppelbesteuerungs-

Page 92: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

84

abkommens zurückzuführen. Die Suspendierung des Doppelbesteuerungs-abkommens führte dazu, dass US-Firmen ihre Gewinne nicht repatriierten, sondern vermehrt reinvestierten. Dadurch wurde die Zahlungsbilanz Südafrikas entlastet. Die Massnahme führte also kurzfristig nicht zu mehr sondern zu weniger Druck auf die Zahlungsbilanz Südafrikas.

Drittens spricht die Zunahme an reinvestierten Gewinnen auch für die Bedeutung wirtschaftlicher Faktoren in den einzelnen Unternehmen und Branchen. Gewinne werden vor allem in jenen Bereichen reinvestiert, welche auch zukünftig als rentabel betrachtet werden. Offensichtlich genossen einige Firmen (Tochter-firmen, Filialen etc.), trotz der allgemein schlechten Wirtschaftslage, nach wie vor das Vertrauen ihrer ausländischen Eigentümer.

Und viertens sprechen die überdurchschnittlich hohen reinvestierten Gewinne amerikanischer Unternehmen gegen die Signalwirkung der Wirtschaftssanktionen. Die existierenden Wirtschaftssanktionen und die im CAAA erwähnte Drohung, weiterführende Sanktionen zu ergreifen, schreckten amerikanische Firmen offensichtlich nicht ausreichend ab, um Gewinne nicht weiter in Südafrika zu reinvestieren. Zudem waren verschärfte Wirtschaftssanktionen solange, wie Reagan an der Macht war, unwahrscheinlich. Reagan hatte, entgegen den Absichten des CAAA, die Sanktionen 1987 nicht verschärft. Dies obwohl keine erkenntlichen politischen Fortschritte in Südafrika erzielt wurden. Der aus-bleibende Erfolg war für Reagan ein (weiteres) Zeichen, dass Wirtschafts-sanktionen der falsche Ansatz zur Problemlösung seien. Auch George Bush, welcher 1989 die Präsidentschaft übernahm, stand Wirtschaftssanktionen ablehnend gegenüber (FM 6.10.1989). Die Wirtschaftssanktionen hatten nach 1987 keine bedeutende Signalwirkung auf die ausländischen Unternehmen.

Page 93: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

85

Abbildung 18: Reinvestierte Gewinne in % des Aktienkapitals (zum Buchwert; nicht-monetärer Sektor)

0%

100%

200%

300%

400%

500%

600%

700%

800%

900%

1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991

EG Länder Schweiz USA

Quelle: South Africa’s balance of payments 1946-1992 (SARB 1993)

Abbildung 19: Reinvestierte Gewinne und Aktienkapital CH und USA (Bestände, nicht monetärer Sektor)

0

500

1'000

1'500

2'000

2'500

1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991

in M

io. R

and

Aktienkapital Schweiz Reinvestierte Gewinne Schweiz

Reinvestierte Gewinne USA Aktienkapital USA

Quelle: South Africa’s balance of payments 1946-1992 (SARB 1993)

Page 94: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

86

Fazit

Die Sanktionierung der Direktinvestitionen hatte zwischen 1986 und 1991 keine nennenswerten Kosten verursacht. Erstens war das Potential der Sanktionen bereits begrenzt. Sie liessen diverse Lücken offen, weiter in Südafrika zu investieren. Insbesondere konnten die Gewinne reinvestiert werden. Auch verhängten die beiden grössten europäischen Investoren, England und Deutschland, lediglich freiwillige Sanktionen, welche letztlich nicht befolgt wurden. 62 Deutschland, England und die Schweiz, 3 der 4 grössten Investoren, hatten somit keine verbindlichen Sanktionen erlassen. Zweitens tätigten, wie das Beispiel der Schweiz zeigt, auch nicht sanktionierende Länder keine nennens-werten Neuinvestitionen (exkl. nicht sanktionierte, reinvestierte Gewinne). Längerfristig hätten die Wirtschaftssanktionen, im Falle eines Aufschwungs, das Wirtschaftswachstum leicht abschwächen können. Aufgrund der diversen Lücken und Ausnahmen wäre jedoch auch diese Wirkung beschränkt gewesen.

4.1.5.2. Sanktionierung der übrigen Investitionen

Neue, nicht direkte Investitionen (auch: übrige Investitionen oder indirekte Investitionen), wurden nur von einem grösseren Investor, den USA, sanktioniert. Die EG und Japan erliessen keine Sanktionen.

Die übrigen Investitionen setzen sich vornehmlich aus Portfolioinvestitionen sowie Krediten und Darlehen zusammen. Dieses Kapital ist mobiler und volatiler als Direktinvestitionen. Das Fehlen eines Anbieters kann von den anderen Anbietern in der Regel problemlos kompensiert werden. Das Kostenpotential der amerikanischen Sanktionen war also gering.

Die Ausnahmen und die offensichtlich mangelhafte Durchsetzung der Sanktionen reduzierten deren Effektivität zusätzlich. Die USA erlaubten weiterhin gewisse kurzfristige Kredite, insbesondere die für die Handelsflüsse bedeutsamen Handelskredite, sowie die Umschuldung bestehender Kredite. Die amerikanische

62 Es ist unwahrscheinlich, dass die Zunahme der Aktienbestände um 50% innerhalb von 3 Jahren

nur auf Dividenden, welche als Aktien ausbezahlt wurden und auf umgewandelte Kredite zurückzuführen ist. Wellmer beispielsweise weist gestützt auf Daten der deutschen Bundesbank Direktinvestitionen in der Höhe von DM 1 Mrd. für die Zeit zwischen 1985 und 1993 aus (vgl. Madörin et al. 1999, 56). Es ist uns nicht bekannt, inwieweit reinvestierte Gewinnen in diesen Daten enthalten sind.

Page 95: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

87

Regierung hält zudem in einem Regierungsbericht fest, dass die amerikanischen Bankkredite im ersten Halbjahr 1987 leicht anwuchsen, was die Behörden angesichts des CAAA sich nicht zu erklären wussten (GAO 1988, 4).

Die von der SARB ausgewiesene Entwicklung der Portfolioinvestitionen weist weiter auf die geringe Bedeutung amerikanischer Investitionen hin. Die USA wiesen während der Sanktionszeit die grössten Zuwachsraten auf (vgl. Abbildung 20). Die wichtigsten Gründe sehen wir erstens in der Möglichkeit, Gewinne in beliebige Aktien zu reinvestieren. Reinvestitionen wurden durch das aufgehobene Doppelbesteuerungsabkommen gar noch zusätzlich gefördert. Zweitens wandelten während des Schuldenmoratoriums Banken ihre Darlehen in Aktien um (Auskunft SARB), was lediglich eine Umverteilung der amerikanischen Verbindlichkeiten bedeutete.

Abbildung 20: Portfolioinvestitionen (Buchwert der Bestandesgrössen)

0

50

100

150

200

250

300

350

1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991

in M

io. R

EG Schweiz USA

Quelle: South Africa’s balance of payments 1946-1992 (SARB 1993)

Zudem ist unbekannt, wie viel Kapital aus sanktionierenden Ländern über Drittländer südafrikanischen Firmen zugute kam. Im Jahre 1989 wurde ein Fall bekannt, in welchem eine kanadische Bank, mit Genehmigung der kanadischen Regierung, einer von Südafrikanern kontrollierten Finanzgesellschaft $ 500 Mio. lieh (FM 17.2.1989). Da die Firma in Luxemburg domiziliert war, verstiess das

Page 96: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

88

Geschäft aus juristischer Sicht nicht gegen die kanadischen Sanktionsvorschriften.63 Die Anleihe war vom Volumen her zwölf Mal grösser als der Nettokapitalabfluss 1989 ($ 40 Mio.), oder auch grösser als die gesamten erfassten schweizerischen Nettokapitalexporte zwischen 1987 und 1991 (vgl. S. 111 Übrige Investitionen). Dieses Beispiel zeigt, dass Umgehungsgeschäfte möglich waren, getätigt wurden, von grossem Umfang sein konnten und von Regierungen gedeckt wurden, obwohl diese gegen aussen hin einen anderen Standpunkt einnahmen (vgl. Details in Kapitel 5.3. ).

Die Kosten der Finanzsanktionen im Bereich der direkten Investitionen waren gering. Die enormen Nettokapitalabflüsse in der Höhe von Rand 6 Mrd. (Okt. 1986 - März 1991) waren nicht auf die amerikanischen Finanzsanktionen zurückzuführen, sondern auf die Schuldenkrise 1985.64 Diese wiederum wurde durch die Unruhen, die schlechte Wirtschaftslage (insb. geringe Devisenreserven) und den politisch motivierten wirtschaftlichen Druck (exkl. Finanzsanktionen) ausgelöst. Zu jenem Zeitpunkt war unklar, ob und in welchem Ausmass Finanz-sanktionen getätigt würden. Präsident Reagan war nach wie vor ein überzeugter Gegner von Sanktionen, und es war unklar, ob im Parlament die notwendige Mehrheit gegen sein Veto zustande kommen würde.

Südafrika konnte sich auf den Finanzmärkten nach der Schuldenkrise langsam wieder Kapital beschaffen, wie die Daten der SARB belegen (vgl. Abbildung 21). Insbesondere Schuldner mit hoher Bonität konnten sich an den internationalen Finanzmärkten refinanzieren. Dazu gehörten, wie Abbildung 21 zeigt, vor allem der Bankensektor, beschränkt die Regierung und zu einem geringen Teil die halbstaatlichen Unternehmen. Dies hängt erstens damit zusammen, dass die Verbindlichkeiten der Regierung und halbstaatlicher Stellen während des Schuldenmoratoriums privilegiert behandelt wurden und aufgrund des gespaltenen Wechselkurses hohe Renditen versprachen (FM 7.7.1989, 40; Hefti und Staehelin-Witt 2003).

63 In demselben Jahr sagte der kanadische Aussenminister: Wir wollen zu diesem kritischen

Zeitpunkt den denkbar heftigsten Druck auf Südafrika ausüben (in: Madörin et al. 1999, 20). 64 4% der Kapitalabflüsse in der Kategorie übrige Investitionen waren auf Portfolioinvestitionen und

96% auf die Kategorie andere Investitionen zurückzuführen. Die anderen Investitionen setzten sich zu einem wesentlichen Teil aus Bankdarlehen zusammen, welche wiederum die Schuldenkrise auslösten.

Page 97: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

89

Beispiel für die Wirkungsweise des zweigeteilten Wechselkurses

(Der financial rand wird im Beispiel 33% tiefer als der commercial rand bewertet. Die Unterschiede waren zeitweise geringer, konnten aber auch auf 50% ansteigen (ILO17))

Der ausländische Investor kauft Staatsobligationen für 1Mio.$ in Südafrika. Bei einem Wechsekurs von 1$:3R (financial rand rate) entspricht das Investment 3 Mio.Rand.

Die Zinssätze von Staatsanleihen betrugen zwischenzeitlich 17% (wobei auch die Inflation im zweistelligen Bereich lag). Dies entspricht einer jährlichen Zinszahlung von 510'000 Rand. Die Zinszahlungen wurden zum Wechselkurs von 1$:2 Rand (commercial rand rate) ausbezahlt. Die Zinszahlungen betrugen also 255’000$, was einer Rendite von 25,5% (und nicht 17%) entspricht (Die Wechselkursverluste, u.a. aufgrund der Inflation, sind abzuziehen um die reale Rendite zu berechnen).

Zweitens wurden fällige ausländische Schulden südafrikanischer Firmen, welche vom Schuldenmoratorium betroffen waren, von einer Regierungsstelle (PIC) eingefordert. Bis zum, in den Umschuldungsverhandlungen fixierten, Rückzahlungszeitpunkt wurden diese Mittel der Regierung zur Verfügung gestellt, was einen Teil der Kapitalzuflüsse zur Regierung erklären kann (UN 1989, 6). Der Zugang des südafrikanischen Bankensektors zum internationalen Kapitalmarkt ermöglichte diesem auch, der Regierung Geld auszuleihen, wodurch spezifische Sanktionen gegen Regierungsanleihen umgangen werden konnten.65 Auch konnte ein Teil der Schuldenverpflichtungen aufgrund des Schuldenmoratoriums nicht abfliessen. Das Kapital war aber aufgrund des Schuldenmoratoriums, der Unruhen und der schlechten Wirtschaftslage nur unter erschwerten Bedingungen, sprich insbesondere zu höheren Kosten (Zinsen, Renditeerwartungen) erhältlich (z.B. GAO 1990, 5).

Fazit: Die amerikanische Sanktionierung der nicht direkten Investitionen hat keine nennenswerten Kosten verursacht. Auf dem internationalen Kapitalmarkt bestanden genügend Alternativen. Die Kapitalknappheit und die hohen Kapital-kosten waren auf andere Gründe zurückzuführen.

65 Das Weiterleiten von ausländischen Darlehen war wahrscheinlich von einiger Bedeutung, da die

SARB bei der Auslandschuld des Bankensektors das sog. onlending ausdrücklich erwähnt (including onlending to other sectors) (SARB 2001, B-172).

Page 98: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

90

Abbildung 21: Nicht direkte Investitionen nach Sektoren (Kapitalflüsse)

-6000

-4000

-2000

0

2000

4000

1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992

in M

io. R

and

Regierung Öffentlich-rechtliche UnternehmenBankensektor Privatsektor (ausg.Banken)

Quelle: South Africa’s balance of payments 1946-2000 (SARB 2001)

5.1.6. Schlussfolgerungen

“The EEC and US sanctions packages on bank loans and investments do little more than change a de facto into a de jure situation” (De Kock in: Financial Mail 1986, Nov 28, 63).

Wir teilen die Einschätzung des Präsidenten der südafrikanischen Zentralbank Gerhard De Kock insofern, als dass die Finanzsanktionen aus Sicht Südafrikas keine Kapitalflüsse einschränkten, welche ohne Sanktionen getätigt worden wären. Aber selbst aus rechtlicher Sicht (de jure) liessen die Finanzsanktionen Ausnahmen und Umgehungsmöglichkeiten offen, so dass auch im Falle eines Auf-schwungs in Südafrika ausländische Investoren wieder zurückkehren könnten.

Der Nettoabfluss an ausländischen Investitionen hatte bereits vor Einführung der Sanktionen begonnen. Kapital war nur unter erschwerten Bedingungen und nur für bestimmte Schuldner erhältlich. Ausschlaggebend für den Kapitalabzug waren die Unruhen, der allgemein schlechte Zustand der südafrikanischen Wirtschaft sowie, beschränkt auf die USA und teilweise England, der politische Druck (ausg. Sanktionen), welcher wirtschaftlichen Druck auf die Firmen ausübte. Die Sanktionen waren also eine Reaktion auf andere Vorgänge in Südafrika und nicht deren Auslöser (Lipton in: Kaempfer und Lowenberg 1998, 221). Die direkten kurzfristigen Kosten der Finanzsanktionen waren, wie bereits oben erwähnt,

Page 99: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

91

entsprechend gering.

Auch mittel- und langfristig hatte Südafrika keine hohen Kosten zu befürchten.66 Nicht direkte Investitionen, sprich Portfolioinvestitionen und Kredite, waren von einem Grossteil der Wirtschaftspartner nicht sanktioniert. Selbst die sanktionierenden Länder liessen diverse Lücken offen. Die hohen Kapitalkosten und die Kapitalknappheit waren nicht auf die Finanzsanktionen, sondern auf andere Probleme zurückzuführen. Eine Normalisierung der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse hätte die Kapitalkosten wieder gesenkt und den Kapitalhahn wieder geöffnet, was denn auch nach 1988 begrenzt geschah. Auch die Sanktionierung der Direktinvestitionen hätte zu keinen nennenswerten längerfristigen Kosten geführt. Denn erstens hatten drei der vier grössten Direktinvestoren, England, Deutschland und die Schweiz keine verbindlichen Sanktionen ergriffen, und zweitens wies der CAAA genügend Lücken auf, so dass auch der vierte Grossinvestor (USA) seine Geschäfte in Südafrika (in einem be-schränkten Ausmass) ausweiten konnte. Die Aufhebung des Doppelbesteuerungs-abkommens reduzierte gar (zumindest kurz- und mittelfristig) den Nettokapital-abfluss.

Letztlich war auch die Abhängigkeit Südafrikas von ausländischen Neu-investitionen verhältnismässig gering (Lewis 1990, 63). Zudem bestand der Zustrom an ausländischem Kapital seit den 80er Jahren primär aus nicht direkten Investitionen, welche weiterhin verfügbar waren und reinvestierten Gewinnen, welche nicht sanktioniert waren.

Die von Hufbauer et al. (2001b) ausgewiesenen Kosten von jährlich $ 260 Mio. sind mit Blick auf die Kosten der Finanzsanktionen zu hoch ausgewiesen, da nebst den Wirtschaftssanktionen auch die Wirtschaftsmassnahmen amerikanischer Staaten und Städte berücksichtigt wurden. Da die Wirtschaftsmassnahmen amerikanischer Staaten und Städte die Desinvestitionen massgeblich beeinflussten und auch Auswirkungen auf das Verhalten der Banken hatten (vgl. 5.1.4. ), dürfte ihre Bedeutung grösser gewesen sein als diejenige der Wirtschaftssanktionen. Es erscheint plausibel, den Anteil der Wirtschaftssanktionen auf unter 50% der $ 260 Mio. zu schätzen.

Fazit: Die Kosten der Finanzsanktionen waren zu gering, um signifikanten Druck auf die südafrikanische Regierung auszuüben. Die politische Transformation kann

66 Auf die Möglichkeit verschärfter Wirtschaftssanktionen wird in den Kapiteln 6.2.1. und 6.2.2.

eingegangen.

Page 100: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

92

nicht auf die direkten und indirekten Kosten der Finanzsanktionen zurückgeführt werden.

5.2. Handelssanktionen

Die Kosten der Handelssanktionen werden nur kurz beschrieben. Dies einerseits, da die Schweiz nur ein kleiner Handelspartner für Südafrika war, Handels-sanktionen mit Blick auf die Rolle der Schweiz also nicht im Zentrum der Untersuchung stehen, und andererseits, da bereits verschiedene Studien zu den Kosten der Handelssanktionen existieren. Erläutert und diskutiert werden die Kosten der Sanktionen gegen Stahl und Eisen, Kohle, Krügerrand und Öl. Die Kosten der übrigen amerikanischen Wirtschaftssanktionen (insb. Textilien und landwirtschaftliche Produkte) werden nicht kommentiert.67 Hufbauer et. al (2001b) schätzen die gesamten Kosten der Handelssanktionen auf 1,3% des BIP ($ 674 Mio. pro Jahr). Tabelle 6 auf Seite 116 gibt die Kosten der einzelnen Sanktionen wieder.

5.2.1. Stahl und Eisen

Die USA, die EG und auch Japan sanktionierten Stahl- und Eisenimporte aus Südafrika, wobei diverse Ausnahmen bestanden. Die protektionistischen Beweggründe sind in 4.3.1. Handelssanktionen aufgeführt. Wie aus Abbildung 22 ersichtlich wird, haben die Sanktionen den Handel nicht zum Erliegen gebracht. Die Exporterlöse aus den USA reduzierten sich zwar, nahmen 1989 und 1990 jedoch wieder zu. Die Einnahmen aus den Exporten nach Deutschland erhöhten sich gar jährlich zwischen 1986 und 1989. Auch die Exporte nach Japan wiesen Jahre enormen Wachstums auf. Die Exporteinnahmen aus dem Handel mit Grossbritannien sanken stetig. Sie betrugen 1991 noch 42% der Einnahmen von 1986. Die gesamten Erlöse aus Exporten in OECD-Länder nahmen zwischen 1987 und 1990 um 10% zu.

67 Hufbauer et al. (2001b) schätzen die Kosten auf 30% des reduzierten Handelsvolumens zwischen

Südafrika und den USA (Sanktionszeit vs Durchschnitt 1982-1985).

Page 101: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

93

Abbildung 22: Stahl- und Eisenimporte aus Südafrika

0

50

100

150

200

250

300

350

400

1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993

Mio

. $

Grossbritannien Deutschland USA Japan

Quelle: International trade by commodity statistics, OECD

Leslie Boyd, der Vorsitzende eines südafrikanischen Stahlproduzenten, meinte 1989, dass die Wirtschaftssanktionen zwar das Exportvolumen in die USA und nach Europa um eine Million Tonnen reduziert hätten, diese Verluste aber in neuen Märkten kompensiert werden konnte (in: FM 3.11.1989, 83). Zudem konnte Südafrika, wie die Daten zeigen, den Erlös aus Exporten nach Europa und in die USA mindestens auf konstanten Niveau halten. Die Stahlsanktionen haben deshalb gemäss Hufbauer et al. (2001b) keine Kosten verursacht.68 Da die Stahlexporte weder in die USA noch in die OECD rückläufig waren, verursachten die Stahlsanktionen gemäss Hufbauer et al. auch keine Kosten.

Wird hingegen die Entwicklung der südafrikanischen Stahlexporte mit der Entwicklung der Exporte der OECD-Länder verglichen, so zeigt sich, dass Südafrika zwischen 1987 und 1990 Marktanteile verloren hat.69 Entsprechend dürften die Stahlsanktionen doch Kosten verursacht haben. Die Schätzung von Hufbauer et al. ist unserer Ansicht nach zu tief.

68 Hufbauer et al. (2001b) berechnen die Kosten der Wirtschaftssanktionen jeweils aufgrund des

Rückganges südafrikanischer Exporte in die sanktionierenden Länder. Da die Stahlexporte, weder in die USA noch in die OECD rückläufig waren, verursachten die Stahlsanktionen gemäss Hufbauer et al. keine Kosten.

69 Der Wert der gesamten Stahlexporte der OECD-Länder nahm zwischen 1987 und 1990 um 50% zu. Da der Stahlmarkt hoch subventioniert und geschützt ist, müssen die Verluste der südafrikanischen Exporteure nicht zwingend auf die Wirkung der Sanktionen zurückzuführen sein (vgl. Zitat Boyd).

Page 102: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

94

5.2.2. Kohle

Kohleimporte wurden von den USA, wie auch von den nordischen Ländern und Dänemark sanktioniert. Insbesondere durch die Sanktionen Dänemarks, welches der drittgrösste Importeur Europas hinter Frankreich und Italien war, entstand in Südafrika kurzfristig Unruhe (FM, 31.1.1986, S.38). Die USA war Kohle-exporteur und importierte nur geringe Mengen an ausländischer Kohle.

Der Kohlemarkt war in den 80er Jahren übersättigt. Kolumbien als neuer grosser Anbieter drängte auf den Markt und die Stromerzeugung wurde teilweise auf Atomstrom verlagert (FM, 31.1.1985, S.38). Preisnachlässe, wie sie auch Südafrika tätigte, können also sowohl eine Reaktion auf den Angebotsüberhang, wie auch auf die Sanktionen gewesen sein. Die Kohleexporte betrugen 25% der in Südafrika geförderten Menge, waren aber für über 60% der Erlöse verantwortlich (ILO 1992, vii). Dies zeigt auch, dass Südafrika aufgrund tiefer Produktionskosten gerade im Exportgeschäft noch über Spielraum für Preisabschläge verfügte. Gründe für die tiefen Produktionskosten waren die günstigen geologischen Verhältnisse, die hohe Expertise, die gute Infrastruktur, gelegentliche staatliche Hilfe, aber auch die Verfügbarkeit von billigen Arbeitskräften (ILO 1992, vii). Die tiefen Löhne waren unter anderem durch die Apartheidgesetzgebung bedingt.

Die Entwicklung der südafrikanischen Exporte zeigt, dass Südafrika mengenmässig keine bedeutenden Einbussen hatte hinnehmen müssen (vgl. Abbildung 23). Auch finanziell konnte Südafrika nach einem Einbruch 1987 zweistellige Zuwachsraten erzielen, und der Höchstwert aus dem Jahre 1986 konnte 1990 übertroffen werden (vgl. Abbildung 24). Südafrika konnte alternative Märkte, insbesondere in Asien, erschliessen. Dabei profitierten auch die asiatischen Märkte von den tiefen Einstiegspreisen Südafrikas. Gemäss Bethlehem (1988, 297) nutzte Japan die Kohlesanktionen, um die südafrikanischen und die australischen Produzenten gegeneinander auszuspielen. Dass die Sanktionen keine grössere Auswirkung zeitigten, war unter anderem auch auf die langsame Implementierung zurückzuführen. Bereits im Januar 1986 schrieb die Financial Mail (31.1.1986, S.39), dass die Kohleindustrie im Begriff sei, sich nach Asien hin auszurichten. Südafrika war auf die Sanktionen vorbereitet. Auch die International Labour Organization (ILO), welche Sanktionen unterstützt, bestätigt, dass Südafrika von den Sanktionen aufgrund der tiefen Produktionskosten, dem professionellen Management und den nach wie vor vielen Abnehmern nicht stark betroffen war (ILO 1992, 26):

“South African coal exports continued to grow in the late 1980’s and earned vital

Page 103: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

95

foreign exchange well in excess of Rand 3 bn (enstpricht Mrd.) in 1989 and 1990, placing coal second behind gold in terms of contribution to the balance of payments. This export growth in the face of sanctions was all well the more remarkable because the world market was well supplied with coal, and new competitors were entering the market all the time… The continued upward trend in South African coal exports during this period (1987-1989 (Zeitraum der intensivsten Sanktionen)) suggests rather strongly that the efficacy of the coal embargo was rather limited” (ILO 1992, 1,12).

Hufbauer et al. (2001b) schätzen die Kosten auf jährlich $ 103 Mio..70 Die Kosten entsprechen einem Preisnachlass in der Höhe von 10% aufgrund der Sanktionen (SA Chamber of Mines in: Hufbauer et al. 2001b, ILO 1992, 11). Die Schätzung der Chamber of Mines galt aber nur für das erste Jahr nach Einführung der Kohlesanktionen, also für jene Zeit, in welcher Südafrika neue Abnehmer mit tiefen Preisen anlocken musste. Die Preisnachlässe dürften sich etwas reduziert haben, auch wenn noch 1990 Preisnachlässe in sanktionierten oder von Sanktionen bedrohten Märkten gewährt werden mussten (ILO 1992, 11). Dennoch waren ab 1989 die Kohlesanktionen in Südafrika kein wichtiges Thema mehr. Die Aussichten auf dem Kohlemarkt waren gut (FM, 7.7.1989, 89). Die von Hufbauer et al. (2001b) geschätzten Kosten von jährlich $ 103 Mio. sind folglich eher zu hoch ausgewiesen.

70 Hufbauer et al. (2001b) schätzen, dass 40% der reduzierten Exporterlöse (1982-1985 vs 1985-

1994) auf Preisnachlässe aufgrund von Kohlensanktionen zurückzuführen waren. Dabei müssen sie nur die Kohleexporte in sanktionierende Länder berücksichtigt haben, denn gesamthaft stiegen die Exporterlöse zwischen diesen beiden Perioden (vgl. Abbildung 24; dieselben Daten wie Hufbauer et al.).

Page 104: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

96

Abbildung 23: Kohleexporte Südafrikas (Weltweit, in Mio. Tonnen)

Kohlenexporte Südafrikas (Weltweit)

0

10

20

30

40

50

60

1985 1986 1987 1988 1989 1990

in M

io. T

onne

n

Quelle: South Africa Minerals Bureau und Simpson, Spence, Young Research Ltd. in: ILO 1992, 9

Abbildung 24: Kohleexporte Südafrikas (OECD, in Mio.$)

Kohlenexporte Südafriakas (OECD)

0200

400600

8001'000

1'2001'400

1'6001'800

1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994

in M

io. $

Quelle: International trade by commodity statistics, OECD

5.2.3. Krügerrand

Das Embargo gegen Krügerrand, welches ebenfalls politisch motiviert war (vgl. 4.3.1. Handelssanktionen), kostete Südafrika gemäss Hufbauer et al. (2001b)

Page 105: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

97

jährlich $ 41 Millionen (0,08% des BIP).71 Diese Schätzung ist plausibel, da lediglich der Mehrwert des Krügerrands gegenüber dem Barrengold als Verlust bezeichnet werden kann.

Erwähnenswert ist zudem, dass das südafrikanische Goldkonglomerat Anglo-American 29% an der Produktionsfirma der amerikanischen Goldmünze Gold Eagle hielt (in: Hufbauer et al. 2001b). Dies ist nur ein Beispiel, wie sich süd-afrikanische Firmen auf die neuen Marktgegebenheiten einzustellen wussten.

5.2.4. Ölembargo

Die Kosten des Ölembargos sind umstritten. Einerseits existieren keine verfügbaren, offiziellen Informationen über die Höhe der Preisaufschläge, welche Südafrika für importiertes Öl bezahlen musste. Andererseits sind die Kosten und der auf Wirtschaftssanktionen zurückzuführende Anteil an den Kosten der Öl-gewinnung aus Kohle sowie die Kosten der Vorratslagerung umstritten. Entsprechend varrieren die Schätzungen (Hufbauer et al. 2001b).

Öl konnte nach 1986 nur noch aus Brunei sowie über den Kassamarkt importiert werden (vgl. 4.2.1. Ölembargo der OPEC und Kapitel 5.3. ). Nebst anderen hat sich auch die schweizerische Firma Marimpex an diesen Transaktionen beteiligt (Weyermann 1988, 34; FM 10.5.1991, S.13). Hufbauer et al. (2001b) schätzen, dass Südafrika einen Preisaufschlag von 10% auf importiertes Öl zu leisten hatte. Die durchschnittlichen Kosten lagen bei $200 Mio. pro Jahr.

1927 wurde im Südafrikanischen Parlament erstmals die Möglichkeit, aus Kohle Öl zu gewinnen, diskutiert.72 1950 wurde die Firma Sasol gegründet, welche diese Aufgabe übernahm. Ab 1955 wurde Benzin produziert. Während des Boykotts der OPEC stellte Südafrika einen Drittel des Öls aus Kohle her. Verschiedene Überlegungen können als Gründe für diese Entwicklung angeführt werden. Erstens hatte Südafrika lange Zeit die billigsten Produktionskosten in der Kohleförderung und war entsprechend prädestiniert, diese Industrie aufzubauen. Zweitens erhöhte dies die Unabhängigkeit Südafrikas. Einerseits wurde Südafrika unabhängiger von der Preisentwicklung auf den Ölmärkten (Ölschocks), was auch von offizieller Seite als Begründung aufgeführt wurde (FN 72), und andererseits

71 Berechnung: 3% des Goldwertes der produzierten Krügerrand. 72 http://www.sasol.com/sasol_internet/frontend/navigation.jsp?navid=700006&rootid=2

Page 106: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

98

sank das Schadenspotential von Ölsanktionen. Lowenberg und Kaempfer (1998, 161) weisen auf die ambivalenten Kosten der Ölsanktionen hin. Während die Errichtung der Öl-aus-Kohle-Industrie und die Vorratshaltung staatliche Mittel beanspruchten und somit den finanziellen Spielraum der Apartheidregierung beschränkten, führten die Sanktionen doch auch dazu, dass der Preis und damit die Steuereinnahmen in Südafrika stiegen, wovon die Regierung letztlich profitierte.

Hufbauer et al (1999b) schätzen, dass 10% des Wertes der Vorratshaltung ($ 200 Mio. pro Jahr) auf Wirtschaftssanktionen zurückgeführt werden können und ent-sprechend als Kosten derselben zu werten sind. Zusammen mit dem Preisaufschlag betragen die Kosten des Ölembargos gemäss Hufbauer et al (1999b) jährlich 0,6% des BIP ($320 Mio. pro Jahr). Unter allen Handelssanktionen verursachte das Ölembargo Südafrika die höchsten Kosten.

5.2.5. Schlussfolgerungen

Die Handelssanktionen kosteten Südafrika mit 1,2% des BIP mehr als die Finanzsanktionen (vgl. Tabelle 6). Die Kosten wurden nur selten in Form von Arbeitsplatzreduktionen wahrgenommen (vgl. auch 5.4. Verteilungswirkung), da die Handelssanktionen lediglich das Wachstum des Handelsvolumens verlang-samten, nicht aber das Handelsvolumen in absoluten Werten reduzierten. Ent-sprechend gelassen meldete die Financial Mail 1989 (21.7, S.36): “Bucking sanctions – South Africa recorded double-digit increases in trade with all its top 10 trading partners, except Japan, last year. … Only Japan is clearly making concessions to the sanctions lobby.”73

Die Kosten hätten höher sein können, wenn die Wahl der sanktionierten Bereiche nicht primär nach den Vorstellungen einzelner Interessenvertretungen in den sanktionierenden Ländern gefällt worden wäre. Fehlende Multilateralität, die Sanktionierung einiger weniger Bereiche sowie Ausnahmeregelungen waren Folgen der interessengeleiteten Wahl der Wirtschaftssanktionen.

Im Gegensatz zu den Finanzsanktionen (Bereich Kredite und Darlehen von Banken) sind die Geschäftsbeziehungen im Güterhandel wesentlich enger und die

73 Japan hatte 1987 das Handelsvolumen mit Südafrika verdoppelt und war so zum grössten

Handelspartner Südafrikas geworden und entsprechend in die internationale Kritik geraten. Japan versuchte daraufhin den Handel mit Südafrika einzugrenzen (FM 21.7.1989, 36).

Page 107: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

99

Umstellung auf neue Abnehmer braucht Zeit und Geld. Zudem ist es schwieriger, neue Abnehmer (Stahl und Eisen, Kohle, Öl, landwirtschaftliche Produkte) zu finden als neue Anbieter (Finanzsanktionen, Öl). Am teuersten kam Südafrika das Ölembargo zu stehen. Grundsätzlich passte sich die südafrikanische Wirtschaft den neuen Gegebenheiten aber gut an und erschloss neue Märkte. Die Kosten der Handelssanktionen nahmen dadurch mit der Zeit ab. Tabelle 6 auf Seite 116 gibt nochmals einen Überblick über die Kosten der verschiedenen Handelssanktionen.

5.3. Umgehungsgeschäfte und Ausnahmeregelungen

Umgehungsgeschäfte und Ausnahmeregelungen schränken die Wirkung von Wirtschaftssanktionen ein. Als Umgehungsgeschäfte gelten alle Geschäfte, welche die Wirkung von Sanktionen anderer Länder reduzieren.74 Inwiefern zusätzliche Importe nicht sanktionierender Länder für den Eigengebrauch als Umgehungsgeschäft gelten, ist jedoch fallweise zu entscheiden. Erhöht beispielsweise die Schweiz die, von den USA und anderen Ländern sanktionierten, Kohleimporte aus Südafrika, so kann dies auf eine gestiegene Inlandnachfrage oder auf besonders tiefe südafrikanische Preise zurückzuführen sein. Soweit die Preisreduktion, welche den Import steigert, auf die Wirkung von Sanktionen anderer Länder zurückzuführen ist, stellen die gestiegenen Importe Umgehungsgeschäfte dar. Vergibt eine Schweizer Bank Südafrika einen Kredit, so kann dies dem normalen Geschäftsgang entsprechen (kein Umgehungsgeschäft), kann aber auch die fehlende Verfügbarkeit von amerikanischen Darlehen kompen-sieren (Umgehungsgeschäft). Die beiden Beispiele zeigen, dass es in der Praxis schwierig ist, Umgehungsgeschäfte nachzuweisen.

Umgehungsgeschäfte fanden auch während der Apartheid statt. Erstens erhöhten nicht sanktionierende Länder den Handel mit Südafrika oder verstärkten die Finanzbeziehungen. Erwähnt werden insbesondere verstärkte Handelsbeziehungen zu Japan, Israel und Taiwan (FM 21.7.1989, 36; Bissel in: Hufbauer et al. 2001a). Die Auswirkungen sind aus der Analyse der einzelnen Wirtschaftssanktionen

74 Der Begriff Umgehungsgeschäfte war in der Schweiz nicht abschliessend definiert worden. Wir

verwenden hier eine weit gefasste Definition. Umgehungsgeschäfte im engeren Sinn sind jene Geschäfte, in welchen ein sanktioniertes Gut über ein nicht sanktionierendes Land in ein sanktionierendes Land ausgeführt wird. Die Gefahr bei der weit gefassten Definition ist, dass Sanktionen eines Landes dazu führen können, wachsende Wirtschaftsbeziehungen nicht sanktionierender Länder als Umgehungsgeschäfte zu qualifizieren. Gerade im Falle Südafrika bestand jeweils eine Vielzahl von Ländern, welche ein, von bestimmten Ländern sanktioniertes, Gut nicht sanktionierten.

Page 108: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

100

bekannt (vgl. Kapitel 5.1. und 5.2. Zweitens verfügten sanktionierende Staaten in der Umsetzungsphase Ausnahmeregelungen, insbesondere dann, wenn Kosten im eigenen Land angefallen wären (s.u.). Gerade die allgemeine und unpräzise Formulierung des CAAA ermöglichte der sanktionskritischen amerikanischen Administration, bei der Umsetzung des CAAA diverse Ausnahmen durchzusetzen (s.u.). Und drittens fanden Firmen innerhalb des legalen Rahmens, aber entgegen des Sinns und Zwecks der Gesetzgebung, insbesondere im Bereich der Finanz-sanktionen Möglichkeiten, die Finanzsanktionen zu umgehen. Der Umfang illegaler Importe und Exporte ist naturgemäss schwer zu erfassen (Schmuggel und illegale Dreiecksgeschäfte). Ein Beispiel war der Export sanktionierter Güter, indem Swaziland (Kleinststaat in Südafrika) und nicht Südafrika als Ursprungsland der Güter deklariert wurde (Davies 1990, 222).

Im folgenden sind einige Beispiele legaler75 Umgehungsgeschäfte und getroffener Ausnahmeregelungen aufgeführt:

1. USA / CAAA: Über Treuhandfonds in Offshorezentren konnten amerikanische Firmen wie Exxon, General Motors oder IBM weiterhin Neuinvestitionen tätigen (und die Beziehungen zu Südafrika vertuschen): “The idea of setting up a trust that could avoid the moral stigma of being involved in apartheid, … and sidestep the CAAA, all at the same time, must have seemed attractive to many companies ... It is instructive to see how setting up an offshore trust will allow a U.S. company to skirt the CAAA’s restrictions on new investment in South Africa: since the trust is not located in South Africa, the disinvesting company may legally extend credit to the trust, enabling it to purchase the assets of the South African subsidiary. The local company then sends its dividends to the trust, which uses the money to pay off the loan to the parent company. This arrangement … allows … the disinvesting company to maximize its dollar return, as the dividends can leave South Africa at the commercial rand rate” (Khan in: Hausfeld et al. 2002, 79f).

2. USA / CAAA: Die Stahlsanktionen wurden aufgeweicht, indem die Aus-nahmen der EG übernommen wurden. Dies ermöglichte beispielsweise den Import von 11'000 Tonnen Stahl für eine Hängebrücke in Houston (Journal of Commerce, in: Hufbauer et al 2001b).

75 Legal gemäss nationalem Recht.

Page 109: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

101

3. USA / CAAA: Das Importverbot gegen südafrikanisches Uranium, welches für den erneuten Export bestimmt war, bedrohte konkret 2000 Arbeitsplätze in den USA. Die USA hoben die Sanktionen deswegen 1988 auf (Dean 1990, 46).

4. USA / CAAA: Thunfisch, welcher in internationalen Gewässern von Nicht-Südafrikanern gefangen wurde, konnte weiterhin importiert werden. Hummerschwänze konnten importiert werden, solange sie auf nicht südafrikanischen Schiffen verarbeitet wurden (Journal of Commerce, in: Hufbauer et al 2001b).

5. USA / CAAA: Die amerikanische Regierung hielt in einem Regierungs-bericht fest, dass die amerikanischen Bankkredite im ersten Halbjahr 1987 leicht anwuchsen, was sich die Behörden angesichts des CAAA nicht zu erklären wussten (GAO 1988, 4).

6. Verschiedene: Öl aus Ländern der OPEC wurde teilweise über Dritt-länder, teilweise über den Kassamarkt (Destination wird auf hoher See bestimmt, s.u.) nach Südafrika exportiert.

7. Schweiz: Weyermann (1988, 34) erwähnt, dass der Schweizer Financier Marc Rich am Ölhandel beteiligt war.

8. Norwegen: Norwegen sanktionierte Ölexporte nach Südafrika. Ölexporte, deren Destination aber erst auf hoher See festgelegt wurde, waren vom Embargo ausgenommen. Ein norwegischer Tanker konnte also Richtung Mozambique unterwegs sein, die Destination auf hoher See ändern und letztlich das Öl in Südafrika abladen (Innes 1989, 231).

9. Kanada: Eine kanadische Bank lieh 1989, mit Genehmigung der kanadischen Regierung, einer von Südafrikanern kontrollierten Finanz-gesellschaft 1989 $ 500 Mio. (FM 17.2.1989).76 Da die Firma in Luxem-burg domiziliert war, war das Geschäft aus juristischer Sicht legal.77

Die Ausnahmen und Umgehungsgeschäfte haben die Kosten der Wirtschafts-

76 Von der Grössenordnung her entlastete ein Kredit von dieser Grössenordnung die Zahlungsbilanz

stark. Die Anleihe war vom Volumen her zwölf Mal grösser als der Nettokapitalabfluss 1989 oder gleich gross wie die gesamten erfassten Schweizer Nettokapitalexporten zwischen 1986 und 1991. ($ 40 Mio.) (vgl. auch 4.1.5.2. Sanktionierung der übrigen Investitionen).

77 Der kanadische Aussenminister in demselben Jahr: Wir wollen zu diesem kritischen Zeitpunkt den denkbar heftigsten Druck auf Südafrika ausüben (in: Madörin et al. 1999, 20).

Page 110: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

102

sanktionen reduziert. Vom Volumen her war die Erschliessung neuer Märkte das wichtigste Umgehungsgeschäft, wobei gerade in diesem Fall oft unklar bleibt, inwiefern Wirtschaftssanktionen umgangen wurden, oder inwiefern die Geschäfte der Entwicklung normaler Geschäftsbeziehungen entsprachen.

Ausnahmeregelungen wurden vor allem dann beschlossen, wenn Wirtschafts-sanktionen im sanktionierenden Land zu Arbeitslosigkeit, Nichtverfügbarkeit von Gütern (oder nur zu sehr hohen Kosten) geführt hätten. Die Ausnahmen orientierten sich, gleich wie die Wahl der Wirtschaftssanktionen, an den Bedürfnissen der eigenen Wirtschaft.

Die quantitative Bedeutung der verschiedenen Umgehungsgeschäfte und Aus-nahmeregelung ist nicht bekannt. Sie sind jedoch implizit in der Kostenanalyse der einzelnen Wirtschaftssanktionen berücksichtigt, sofern sie in den Statistiken nicht verzerrt widergegeben werden (z.B. illegale Aktivitäten).

Fazit: Umgehungsgeschäfte reduzierten die Kosten erheblich. Umstritten ist jedoch, welche Geschäfte tatsächlich Umgehungsgeschäfte waren. Die meisten Umgehungsgeschäfte waren legal, einige nützten jedoch bewusst Lücken der Sanktionsgesetzgebung aus.

5.4. Verteilungswirkung

Die Kosten der Wirtschaftssanktionen verteilen sich jeweils unterschiedlich stark auf die verschiedenen Bevölkerungsgruppen. In Südafrika war insbesondere die Verteilung der Kosten auf die weisse und die nicht-weissen Bevölkerungsgruppen (insb. die schwarze Bevölkerungsgruppe) von Interesse. Denn die Wirtschafts-sanktionen sollten nur die weisse Bevölkerung treffen.78 Da die wirtschaftliche Integration der politischen weit voraus war, trafen die Wirtschaftssanktionen aber unweigerlich auch Nicht-Weisse.

Politiker und Wissenschafter sind sich darin einig, dass die Wirtschaftssanktionen die schwarze Bevölkerung stärker als die weisse Bevölkerung trafen. (u.a. Cooper 1989, Dean 1990, S.45). Insbesondere die Importsanktionen, welche sich ausschliesslich gegen Industrien richteten, in welchen ein Grossteil der

78 Kapitel 7. geht auf die These, wonach die Kosten, welche die schwarze Bevölkerung zu tragen

hatten, die Wahrscheinlichkeit einer Revolution erhöht hätten, ein.

Page 111: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

103

Beschäftigten aus unqualifiziertem Personal bestand, schadeten der grösstenteils niedrig qualifizierten schwarzen Bevölkerung mehr als der im Durchschnitt höher qualifizierten weissen Bevölkerung (Dean 1990, 43). Der Vorsteher des Verbandes der Früchteproduzenten beziffert die aufgrund der Sanktionen gegen landwirtschaftliche Erzeugnisse in seiner Industrie abgebauten Arbeitsplätze auf 15'000 - 17'000 saisonale Arbeitsstellen für schwarze Arbeiter aus der Transkei und der Ciskei (FM, 28.10.1988, 59).79 Eine Schätzung für den Kohlemarkt errechnete bis zu 2’700 Arbeitslose (90% schwarze Arbeitnehmer) aufgrund der Kohlesanktionen und des schwachen Kohlemarktes (in: Hayes 1988, 274).

Die Finanzsanktionen führten zu keinem nennenswerten direkten Stellenabbau. Sie reduzierten vielmehr das Wirtschaftswachstum und somit die Schaffung neuer Arbeitsplätze, was langfristig alle Bevölkerungsgruppen betroffen hätte (Dean 1990, 42).80 Südafrika war dringend auf neue Arbeitsplätze angewiesen. 1985 betrug die Arbeitslosigkeit in Südafrika bereits 37% (Bethlehem 1988, 118), wobei die Arbeitslosenquote der weissen Bevölkerung noch 1990 vernachlässigbar gering war (Corker und Bayoumi 1991, 2). Da das Bevölkerungswachstum weiterhin stärker als die Wirtschaft wuchs, verschärfte sich dieses Problem für die schwarze Bevölkerung zusätzlich.

Die Verteilwirkung wurde denn auch oft von Sanktionsgegnern als Argument für die Abschaffung der Sanktionen vorgebracht. Selbst die schwarze Bevölkerung war Sanktionen gegenüber ablehnend eingestellt, wie verschiedene Umfragen belegten (Dean 1990, 51). Die Direktbetroffenen waren insbesondere aufgrund des bedrohten Arbeitsplatzes Sanktionen gegenüber ablehnend eingestellt. Direkt betroffene schwarze Früchtearbeiter lehnten Sanktionen aber auch mit dem Argument, dass Wirtschaftssanktionen ihres Erachtens keine politische Veränderung bringen würden, ab (Schöppner und Puhe 1988, 9). Wenn weder die weisse noch die schwarze Bevölkerung Sanktionen befürworteten, so stellt sich die Frage nach der Legitimität von Sanktionen. Von Sanktionsbefürwortern wurden die Umfrageergebnisse in Frage gestellt, unter anderem mit dem Verweis, dass viele der wichtigen schwarzen Gruppierungen und deren Exponenten Sanktionen befürworten.

Fazit: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika sind nur dann sinnvoll gewesen,

79 Eine andere Schätzung geht von bis zu 30'000 Arbeitslosen Saisoniers aus (Hayes 1988, 275). 80 Höhere Kapitalkosten führen zu einer Substitution von Kapital durch Arbeit, was einen positiven

Effekt auf die Arbeitslosigkeit hat.

Page 112: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

104

wenn sie zur Abschaffung der Apartheid beigetragen haben, denn die Kosten für die schwarze Bevölkerung waren (zumindest zwischen 1986 und 1991) bedeutend höher als die Kosten für die weisse Bevölkerung. Ob Wirtschaftssanktionen zur Abschaffung der Apartheid beigetragen haben, beantwortet Kapitel 6.

5.5. Bedeutung der Schweiz

Hat die Schweiz durch ihr Verhalten die Kosten der Wirtschaftssanktionen reduziert? Das Verhalten der Schweiz als nicht sanktionierendes Land, die möglichen Unterschiede und die daraus folgenden Auswirkungen auf die Kosten der Wirtschaftssanktionen anderer Länder wurden im Folgenden untersucht.

5.5.1. Handelssanktionen

Südafrika war für die Schweiz, mit Ausnahme der Goldimporte, ein sehr kleiner Handelspartner, wobei die Handelsbeziehungen im Vergleich mit den anderen OECD-Ländern immer noch überdurchschnittlich stark waren. Das Handelsvolumen (exkl. Gold) zwischen der Schweiz und Südafrika betrug zwischen 1986 und 1991 durchschnittlich 0,7% des gesamten schweizerischen Handelsvolumens. Das Handelsvolumen zwischen allen OECD-Ländern und Südafrika belief sich demgegenüber auf nur 0,5% des Handelsvolumens aller OECD-Länder. Über den Goldpool der (ehemals) 3 Grossbanken wurde mehr als die Hälfte des wichtigsten südafrikanischen Exports – Gold – vermarktet.

Die Schweiz war für Südafrika in den sanktionierten Bereichen kein bedeutender Handelspartner. Die Intensität der Handelsbeziehungen zur Schweiz waren in den sanktionierten Bereichen Stahl- und Eisen, Kohle und Öl geringer als im Durchschnitt aller zwischen der Schweiz und Südafrika gehandelten Güter. Der Anteil der Schweiz am gesamten südafrikanischen Handelsvolumens mit der OECD betrug für Stahl- und Eisenprodukte während der Sanktionszeit 0,4% bis 2,5%, für Kohle 1% bis 2% und für Öl 0,01% bis 0,4% des gesamten südafrikanischen Handelsvolumens.81

Tabelle 5, Abbildung 25, Abbildung 26 und Abbildung 27 zeigen aber, dass die

81 Wobei die Bedeutung der Schweiz im Erdölhandel noch weit geringer ist, da die OPEC-Länder

nicht Teil der OECD sind.

Page 113: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

105

Schweiz ihre Handelsbeziehungen mit allen sanktionierten Gütern zwischen 1986 und 1991 ausdehnte, wobei dies im Stahl- und Eisenhandel aufgrund der diversen Ausnahmen auch für die sanktionierenden Länder zutraf (vgl. Abbildung 22). Bei den Kohleimporten ist hingegen zwischen sanktionierenden Ländern und der Schweiz ein Unterschied festzustellen.

Die Schweiz hat also von den, unter anderem aufgrund der Kohlesanktionen, tiefen südafrikanischen Kohlepreisen profitiert sowie durch den ausgeweiteten Erdölhandel zusätzliche Einnahmen generiert. Im Vergleich zum Verhalten anderer Länder wurden dadurch die Kosten der Sanktionen reduziert.82 Aus Sicht Südafrikas waren die zusätzlichen Deviseneinnahmen aus dem Handel mit der Schweiz jedoch verhältnismässig gering. In anderen Ländern wurden bedeutendere neue Absatzmärkte erschlossen (vgl. 5.2. Handelssanktionen).

Tabelle 5: Exporte und Importe aus und nach Südafrika der Schweiz und der OECD (in $ 1000)83

Schweiz OECD Schweiz OECD OECD1983 10 78'573 1'978 669'128 1'163 944'0911984 43 82'502 1'489 866'439 2'959 1'086'5481985 9 78'459 1'514 940'423 7'367 1'317'8811986 6 77'681 4'582 1'094'193 13'602 1'162'6491987 20 51'653 9'605 919'081 17'643 873'0691988 46 58'211 12'203 1'130'757 17'259 1'062'4251989 90 49'684 20'948 1'333'409 12'283 1'229'2301990 162 53'938 23'050 1'002'596 29'877 1'469'7271991 195 57'075 16'989 918'713 18'685 1'537'2071992 97 74'108 11'469 973'005 7'932 1'660'0591993 66 60'174 6'451 985'821 6'198 1'247'4721994 240 90'915 4'604 1'110'386 6'523 1'389'8921995 178 105'626 4'095 1'494'797 12'453 1'713'781

ÖlexporteStahl- und

Eisenimporte Kohlenimporte

Quelle: International trade by commodity statistics (OECD)

82 Zur Schwierigkeit, welche Geschäfte als Umgehungsgeschäfte definiert werden können vgl. FN 74. 83 Die Ölexporte der OECD sagen nichts über die gesamten Ölexporte nach Südafrika aus, da die

Länder der OPEC, als wichtigste Erdölexporteure, nicht der OECD angehören.

Page 114: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

106

Abbildung 25: Schweizer Stahl- und Eisenimporte

0.0%

0.5%

1.0%

1.5%

2.0%

2.5%

1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994

in %

Impo

rte

OE

CD

0.0%

0.2%

0.4%

0.6%

0.8%

1.0%

1.2%

in %

Koh

leim

port

e Sc

hwei

z

Schweizer Importe in % Importe OECD Anteil SA-Importe an Totalimporten (CH)

Quelle: International trade by commodity statistics (OECD)

Abbildung 26: Schweizer Kohleimporte

0.0%

0.5%

1.0%

1.5%

2.0%

2.5%

1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994

in %

Impo

rte

OE

CD

0.0%

10.0%

20.0%

30.0%

40.0%

50.0%

60.0%

in %

Koh

leim

port

e Sc

hwei

z

Schweizer Importe in % Importe OECD Anteil SA-Importe an Totalimporten (CH)

Quelle: International trade by commodity statistics (OECD)

Page 115: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

107

Abbildung 27: Schweizer Ölexporte

0.0%

0.1%

0.1%

0.2%

0.2%

0.3%

0.3%

0.4%

0.4%

1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994

in %

Impo

rte O

EC

D

0.0%

0.1%

0.2%

0.3%

0.4%

0.5%

0.6%

in %

Koh

leim

port

e Sc

hwei

z

Schweizer Exporte in % Exporte OECD Anteil SA-Exporte an Totalexporten (CH)

Quelle: International trade by commodity statistics (OECD)

Page 116: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

108

5.5.2. Finanzsanktionen

Die Bedeutung der Schweiz im Investitionsbereich war wesentlich grösser als im Güterhandel. Die Schweiz war der viertgrösste Investor in Südafrika. Schätzungs-weise 10% der gesamten Investitionen stammten 1986 aus der Schweiz; 7% der FDI und 11,5% der nicht direkten Investitionen (Quelle: SARB 1993, B-80, eigene Berechnungen vgl. Anhang III). Zudem bestand aufgrund des Goldhandels eine besonders enge Beziehung zwischen den Schweizer Banken und Südafrika.

Direktinvestitionen

Weder die SARB noch die SNB weisen in ihren Publikationen die von Schweizer Firmen getätigten neuen Direktinvestitionen separat aus. Ob neue Direktinvestitionen, welche von anderen Ländern sanktioniert waren, getätigt wurden lässt sich jedoch anhand einer Analyse der existierenden Daten abschätzen.

Die SARB weist die Bestände (nicht Flüsse) der Schweizer Direktinvestitionen aus (vgl. Abbildung 28). Die Abnahme zwischen 1986 und 1988 ist auf die Reduktion der kurzfristigen Kredite der Direktinvestoren zurückzuführen. Der effektive Kapitalabfluss war aufgrund der Wechselkursverluste des Rand84 grösser als es die Bestandesveränderungen vermuten lassen. Die Wechselkursverluste verschleiern auch, dass bei den langfristigen Kredite effektiv ein Kapitalabfluss stattfand. Die Zunahme des Aktienbestands um über 50% hingegen wird vom Wechselkurs nicht beeinflusst und lässt neue Direktinvestitionen vermuten. 85 Die Zunahme kann jedoch auch auf Gewinnausschüttungen in Form von Aktien (Art Gewinne zu reinvestieren) und auf in Aktien umgewandelte Kredite (Kredite, welche ja stark reduziert wurden), zurückgeführt werden. Diese beiden Möglichkeiten standen auch Unternehmen aus sanktionierenden Ländern offen.

84 Sofern Kredite auf ausländische Währungen lauten, erhöht sich der Bestand bereits aufgrund der

Wechselkursverluste des Rand. 85 Gleiches gilt für D und GB, welche keine verbindlichen Sanktionen erliessen (vgl. Abbildung 15).

Page 117: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

109

Abbildung 28: Schweizer FDI in Südafrika (Jahresendbestand)

Schweizer FDI (exkl. reinvestierte Gewinne)

0

100

200

300

400

500

600

700

800

900

1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991

in M

io. R

and

Total (exkl. reinvestierte Gewinne) Aktienbestand (Buchwert)

Kurzfristige Kredite Langfristige Kredite

Quelle: South Africa’s balance of payments 1946-1992 (SARB 1993)

Ob, und in welchem Masse neue Direktinvestitionen getätigt wurden kann auch anhand der Daten der Schweizer Nationalbank (SNB) untersucht werden. Die SNB weist die jährlichen Schweizer Direktinvestitionen in Südafrika aus. Reinvestierte Gewinne und neue Direktinvestitionen werden jedoch gemeinsam ausgewiesen. Die SARB weist die reinvestierten Gewinne als Bestände aus. Obwohl die Flussdaten der SNB und die Bestandesdaten der SARB nicht kompatibel sind,86 so zeigt sich in Abbildung 29 doch, dass ein grosser Teil der Direktinvestitionen auf reinvestierte Gewinne zurückzuführen waren.87 Da es sich in Abbildung 29 jedoch um eine Nettobetrachtung der Schweizer Direktinvestitionen (SNB-Daten) handelt, können Kapitalabflüssen dennoch, von anderen Ländern sanktionierte, Kapitalzuflüsse gegenüberstehen. Da uns aber keine bedeutenden Desinvestitionen von Schweizer Firmen bekannt sind, dürften Schweizer Firmen höchstens geringe neue Direktinvestitionen (exkl. reinvestierte

86 Akquisitionen erfasst die SNB bei den Flussgrössen zum Kurswert. Der Kurswert ist von den

Zukunftserwartungen abhängig und nicht vom Wert der reinvestierten Gewinne und dem Buchwert der Aktie, was bei der SARB ausgewiesen wird, auch wenn bis zu einem gewissen Grad höhere reinvestierte Gewinne auch mit besseren Gewinnaussichten korrelieren dürften.

87 Der grosse Anteil an reinvestierten Gewinnen stimmt mit den in allgemein in Südafrika gemachten Beobachtungen überein. Der Anteil der reinvestierten Gewinne an den gesamten neuen Direktinvestitionen war in Südafrika über alle Länder hinweg betrachtet zu jener Zeit schätzungsweise 80% (SARB 1993, GAO 1988, 30).

Page 118: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

110

Gewinne und Gewinnausschüttung in Form von Aktien) getätigt haben.88 Auch die Analyse der Daten der SARB stützt dieses Ergebnis, wobei aufgrund der positiven Entwicklung des Aktienbestands (vgl. Abbildung 28) auch etwas höhere neue Direktinvestitionen (exkl. reinvestierte Gewinne und Gewinnausschüttung in Form von Aktien) möglich sind.

Abbildung 29: Schweizer FDI (Flussgrössen)

-40-20

020406080

100120140160180

1986 1987 1988 1989 1990 1991

in M

io. S

fr.

Reinvestierte Gewinne (SARB) FDI inkl. reinvestierte Gewinne (SNB)

Quelle: South Africa’s balance of payments 1946-1992 (SARB 1993), SNB (auf Anfrage), eigene

Berechnungen89

Fazit: Aufgrund der schlechten Wirtschaftslage tätigten auch Schweizer Firmen während der Sanktionszeit kaum neue Direktinvestitionen (exkl. reinvestierte Gewinne). Das Verhalten der Schweizer Firmen entsprach damit faktisch den Sanktionsforderungen anderer Länder.90 Neuinvestitionen wurden hauptsächlich über reinvestierte Gewinne oder indirekte Investitionen finanziert. Gewinne zu reinvestieren war auch Firmen aus sanktionierenden Ländern weiterhin erlaubt. Indirekte Investitionen wurden lediglich von einem grösseren Investor, den USA, sanktioniert (s.u.).

88 Geringen Nettokapitalzuflüssen stehen im Falle hoher Kapitalabflüsse hohe (sanktionierte)

Kapitalzuflüsse gegenüber. 89 Berechnung der reinvestierten Gewinne gemäss Daten der SARB: Die Zunahme der reinvestierten

Gewinne wird zum Wecheslkurs des Financial Rand umgewandelt. Die Daten der SARB und der SNB sind in der Grössenordnung vergleichbar (vgl. Anhang I).

90 Zur Erinnerung: Die Sanktionen anderer Länder, insb. der USA, forderten keine Desinvestitionen.

Page 119: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

111

Übrige Investitionen

Die Bedeutung der Schweiz als wichtiger Kreditgeber Südafrikas ist unbestritten. Südafrika erhielt auch nach 1986 aus der Schweiz noch weiter Kapital. Aussagekräftige Daten bezüglich effektiven Neuinvestitionen existieren nicht. Auch der Umfang der Kapitalexporte mittels Goldswaps und Goldloans kann mit den zur Verfügung stehenden Zahlen nicht quantifiziert werden. Hinweise über das Verhalten der Schweizer Investoren können vor allem aus dem Quervergleich mit den Entwicklungen in anderen Ländern gezogen werden.

Die Bestände ausländischer Investitionen weisen in der Statistik der SARB eine Zunahme aus (vgl. Abbildung 30 und Abbildung 31). Dies ist jedoch auf den Einfluss des Wechselkurses auf die Entwicklung der Bestände zurückzuführen.91 Effektiv fand ein massiver Nettokapitalabfluss statt (vgl. Abbildung 9). Der Nettokapitalabfluss aus allen Ländern betrug zwischen 1987 und 1990 Rand 6,5 Mrd.92. Der Nettokapitalzufluss an langfristigem Kapital betrug Rand 500 Mio., der Abfluss von kurzfristigen Kapital rund Rand 7 Mrd. (SARB 1993, B-39). Die Zuwachsraten beim langfristigen Kapital sind vor allem auf Konvertierungen von kurzfristigen Krediten in langfristige Kredite im Rahmen der Umschuldungs-verhandlungen zurückzuführen (vgl. Hefti und Staehelin-Witt 2003).

Die Verbindlichkeiten der USA entwickelten sich weniger stark als diejenigen Europas, was aber zu einem bedeutenden Teil auf die schwache Entwicklung des Dollars im Vergleich zu den europäischen Währungen und dem Yen zurückzuführen war und entsprechend nicht durch reale Kapitalbewegungen bedingt war.93 Gleichzeitig dürfte der wirtschaftliche Druck amerikanischer Städte und Staaten US-Firmen jedoch effektiv zu vermehrten Kapitalrückzügen veranlasst haben. Aufgrund der ungenügenden Datenlage94 kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden, ob und wie viel die amerikanischen Kapitalabflüsse

91 Der Anstieg ausländischer Bestände, welche oft auf ausländische Währungen lauteten, ist auf die

Abwertung des Rands zurückzuführen. 92 Hohe Kapitalabflüsse einzelner Länder können hohe Kapitalzuflüsse anderer Länder

gegenüberstehen. 93 Zwischen 1985 und 1991 verzeichnete der US-Dollar gegenüber dem Rand lediglich einen

Kursgewinn von 87%, während die anderen wichtigen Währungen Kursgewinne von zwischen 150% und 232% verzeichneten. Der Schweizer Franken wies den höchsten Kursgewinn aus. Entsprechend ist die Zunahme der Schweizer Bestände im Vergleich zur Entwicklung der Bestände des übrigen Europas und der USA real etwas geringer, da die wechselkursbedingte Zunahme höher ist als in den anderen Länder. Annahme, dass in jedem Land überproportional viele Schulden auf die eigene Landeswährung lauten.

94 Flussgrössen sind nicht nach Länder unterteilt.

Page 120: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

112

grösser waren als diejenigen der EG und der Schweiz.

Zwischen der Entwicklung in den (grösstenteils) nicht sanktionierenden europäischen Ländern und der nicht sanktionierenden Schweiz kann in Abbildung 30 kein signifikanter Unterschied festgestellt werden. Die Schweizer Firmen reduzierten ihre kurzfristigen Bestände der nicht direkten Investitionen zwischen Ende 1986 und Ende 1990 stärker (-64%) als die EG (-7%) und die USA (-46%), und dies obwohl der Schweizer Franken den höchsten Kursgewinn erzielte (SARB B 79, B84).95 Ein Teil davon ist sicherlich im Rahmen der Umschuldungs-verhandlungen in langfristige Darlehen konvertiert worden. Die Schweiz weist denn auch die höchsten Zuwachsraten bei den langfristigen Beständen der nicht direkten Investitionen auf (SARB 1993, B 79; B84).

Die Gesamtentwicklung ist also mit derjenigen der EG vergleichbar. Die USA haben wahrscheinlich einen vergleichsweise höheren Kapitalabfluss, wobei dies vornehmlich auf den Druck amerikanischer Städte und Staaten zurückzuführen war. Die Schuldenstruktur zwischen den drei Investorengruppen entwickelte sich jedoch unterschiedlich. Die vermehrte Gewährung von langfristigen Krediten ist ein Indiz für eine, im Vergleich mit Investoren aus anderen Ländern, optimistischere Einschätzung der Lage in Südafrika durch Schweizer Investoren.

95 Annahme, dass die Schweizer Investitionen öfters auf Schweizer Franken lauten, als die

Investitionen anderer Länder.

Page 121: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

113

Abbildung 30: Nicht direkte Investitionen (Bestände)96

0

5'000

10'000

15'000

20'000

25'000

30'000

35'000

1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991

in M

io. R

and

Schweiz Europa (ohne Schweiz) USA

Quelle: South Africa’s balance of payments 1946-2000 (SARB 2001)

Abbildung 31: Nicht direkte Investitionen (Bestände, 1986=100%)

80%

90%

100%

110%

120%

130%

140%

150%

1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991

Schweiz Europa (ohne Schweiz) USA

Quelle: South Africa’s balance of payments 1946-2000 (SARB 2001)

Die nach Sektoren unterteilten Daten der SARB (2001) zeigen zudem, dass die Bestände der Schweiz bei den halbstaatlichen Firmen stärker als diejenigen des

96 Zunahmen der Bestände sind unter anderem auf Wechselkursveränderungen und erhöhte

reinvestierte Gewinne zurückzuführen. Trotz Zunahme der Bestände fand real ein Kapitalabfluss statt.

Page 122: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

114

übrigen Europas stiegen. Die Verbindlichkeiten der südafrikanischen Regierung stiegen gegenüber dem übrigen Europa stärker an als gegenüber der Schweiz. Überraschend stiegen die Verbindlichkeiten der südafrikanischen Regierung gegenüber den sanktionierenden USA am stärksten an (+82% zwischen 1986 und 1990).97

Die Schweizerische Nationalbank weist verhältnismässig hohe Exporte von langfristigem Kapital98 aus (Abbildung 32). Die Sfr. 573 Mio. zwischen 1987 und 1990 täuschen jedoch über die effektiv getätigten Kapitalexporte hinweg, da die Konversionen von kurzfristigen Krediten in langfristige Kredite miteingeschlossen sind. Diese dürften einen Grossteil der ausgewiesenen Kapitalexporte erklären. Abbildung 32 zeigt aber auch klar, dass im Zuge der Schuldenkrise und während der Sanktionszeit die Kapitalexporte stark reduziert waren.

Abbildung 32: Schweizer Kapitalexporte (Laufzeit > 1 Jahr, grosse Volumina; vgl.Kapitel 4.2.5. )

Kapitalexporte

0

100

200

300

400

500

600

700

800

1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994

in M

io. S

fr.

Quelle: IDA 1999

Der Schweiz wird von Antiapartheidgruppen auch vorgeworfen, der südafrikanischen Regierung durch Goldloans und Goldswaps zu bedeutenden Deviseneinnahmen verholfen zu haben (Weyermann 1988, 27f). Das Volumen sowie deren zeitlicher Einsatz ist der SNB jedoch nicht bekannt, könnte aber durch Einsicht in Bankarchive eruiert werden. Aussagen des ehemaligen Finanzministers

97 Teilweise durch die Funktionsweise des PIC erklärbar (vgl. Hefti und Staehelin-Witt 2003). 98 Für Details, welche Kapitalströme erfasst waren vergleiche Kapitel 3.2.5. .

Page 123: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

115

Owen Horwood legten nahe, dass die Schweiz Goldloans getätigt hatte (UN 1989, 36). Die von der SARB (2001, B-5f) aufgewiesenen Zahlen weisen auch auf getätigte Goldloans hin (vgl. Hefti und Staehelin-Witt 2003, 19).

Fazit: Die Schweiz war ein wichtiger Kapitalgeber. Zusätzliche Bedeutung kam der Schweiz als wichtigster Vermarkter südafrikanischen Goldes zu. Die Schweizer Kredittätigkeit unterschied sich aber nicht wesentlich von derjenigen des übrigen Europas. Die verhältnismässig starke Zunahme der langfristigen Kredite weist auf das überdurchschnittliche Vertrauen der schweizerischen Banken in die Zukunft Südafrikas hin.

Page 124: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

116

5.6. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

• Die Kosten der Wirtschaftssanktionen betrugen weniger als 1,55% (inkl. Massnahmen amerikanischer Städte und Staaten 1,8%) des BSP. Die Kosten verteilen sich wie folgt auf die verschiedenen Wirtschafts-sanktionen:

Tabelle 6: Kosten der Wirtschaftssanktionen nach Sanktionstyp

Sanktionen (aus Sicht des sanktionierenden Landes)

Wichtigste sanktionierende

Länder

Kosten-schätzung

Hufbauer et Eigene

Einschätzungpro Jahr pro Jahr

Ölexporte OPEC $ 320 Mio.

Kohleimporte

USA, Frankreich, Dänemark, nordische Länder $ 103 Mio. Zu hoch

Import von Krügerrand EG, USA, Japan $ 41 Mio.Übrige amerikanische Handelssanktionen USA $ 210 Mio.Stahlimporte (EG) EG 0 Zu tiefFinanzsanktionen und Massnahmen der US-Staaten und Städte USA $ 260 Mio.

Nur Sanktionen: < $ 130 Mio.

Total (Hufbauer et al.) $ 934 Mio.1,8% des BSP (Basis:1985)

Total (nur Wirtschaftssanktionen) < $ 804 Mio. < 1,55 %

Die Gründe für die geringen Kosten waren, dass erstens die Wirtschafts-sanktionen nur einen kleinen Teil der Güter- und Finanzströme betrafen, zweitens die Sanktionen von Land zu Land unterschiedlich ausgestaltet wurden, drittens Südafrika alternative Absatzmärkte erschliessen und viertens (sofern dies aufgrund der instabilen Lage möglich war) Kapital auf verschiedenen Wegen beschaffen konnte.

• Hohe Kosten sind eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg von Wirtschaftssanktionen. Die Erfolgschancen der Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika waren, aufgrund deren verhältnismässig tiefen Kosten, entsprechend gering.

• Die Kosten der Finanzsanktionen waren sehr gering. Das Ausbleiben von FDI, die Kapitalabflüsse und die fehlenden Kredite sind hauptsächlich auf die Unruhen, aber auch die schlechte wirtschaftliche Lage und den politisch motivierten wirtschaftlichen Druck ausländischer Antiapartheid-

Page 125: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

117

bewegungen (exkl. Finanzsanktionen) zurückzuführen. Die Wirtschafts-sanktionen wurden erst nach dem Schuldenmoratorium, welches die Reaktion auf die massiven Nettokapitalabflüssen im Jahre 1985 war, verhängt.

• Neue Direktinvestitionen wurden von der EG, Japan und den USA sanktioniert. Die Sanktionen verursachten aus mehreren Gründen nur geringe Kosten. Zum einen wurden 1986 ohnehin fast keine neuen Direktinvestitionen (exkl. reinvestierte Gewinne) mehr getätigt. Zum andern liessen die Sanktionen diverse Investitionsmöglichkeiten offen, so dass bei Bedarf weitere Direktinvestitionen getätigt werden konnten. Erstens waren reinvestierte Gewinne, die wichtigste Quelle für Neuinvestitionen, nicht sanktioniert. Zweitens hatten die beiden grössten Investoren aus der EG (GB und DE) lediglich sog. freiwillige Sanktionen verhängt. Drittens konnten auch Firmen aus dem vierten grossen Investorenland (USA) bei Bedarf neue Investitionen tätigen. Nebst der Möglichkeit Gewinne zu reinvestieren, konnten amerikanischen Firmen bei Bedarf über Offshorezentren Neuinvestitionen tätigen und die Sanktionen dadurch umgehen. Auch hatten die amerikanischen Drohungen, verschärfte Sanktionen zu verhängen, keinen Einfluss auf das Verhalten der amerikanischen Firmen, was die überdurchschnittlich starke Entwicklung der reinvestierten Gewinne belegt. Die geringe Signalwirkung war vor allem auf die nicht vollzogenen, aber angekündigten verstärkten Sanktionen im Jahre 1987 zurückzuführen.

• Indirekte Investitionen wurden einzig von den USA sanktioniert (Massnahmen der Schweiz s.u.). Die Kosten dieser Sanktionen waren ebenfalls sehr begrenzt. Zum einen war Südafrika bereits vor Verhängung der Sanktionen vom internationalen Kapitalmarkt weitgehend ausgeschlossen, was sich im Schuldenmoratorium von 1985 zeigte. Zum andern konnten, vor allem als sich das Investitionsklima wieder etwas verbesserte, andere Länder das fehlende amerikanische Kapital kompensieren, wenn auch, aufgrund der wirtschaftlich und politisch unsicheren Lage, nur zu höheren Kosten.

• Die Kosten der Handelssanktionen waren grösser als die Kosten der Finanzsanktionen. Die verschiedenen Handelssanktionen lösten unter-schiedlich hohe Kosten aus. Das Ölembargo stellte für Südafrika die schmerzhafteste Massnahme dar, auch wenn es bedeutende Lücken

Page 126: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

118

aufwies. Die Importsanktionen der grossen Handelspartner verursachten geringere Kosten. Entweder konnte Südafrika andere Länder als neue oder zusätzliche Abnehmer gewinnen (Stahl und Kohle), oder die Produktion konnte angepasst werden (Goldbarren statt Krügerrand). Auch bestanden diverse Ausnahmen (oder sie wurden nachträglich erst eingeführt), welche die Kosten der Sanktionen reduzierten. Die Kosten der Importsanktionen trafen in Form von Arbeitslosigkeit vor allem die schwarze Bevölkerung und zu einem geringeren Teil auch die weisse Bevölkerung. Die Kosten des Ölembargos erhöhten die Ölpreise und trafen folglich die ganze Bevölkerung.

• Der Schweiz kamen die Handelssanktionen anderer Länder zugute. Die Schweiz hat von den, unter anderem aufgrund der Kohlesanktionen, tiefen südafrikanischen Kohlepreisen profitiert sowie durch den ausgeweiteten Erdölhandel zusätzliche Einnahmen generiert. Dadurch wurde die Sanktionswirkung ein wenig abgeschwächt. Aus Sicht Südafrikas waren die zusätzlichen Einnahmen aus dem gestiegenen Handel mit der kleinen Volkswirtschaft Schweiz jedoch verhältnismässig gering. Es finden sich auch keine Hinweise, welche signifikante Dreiecksgeschäfte über die Schweiz vermuten lassen. In anderen Ländern konnte Südafrika weit grössere neue Absatzmärkte erschliessen. Im Finanzbereich unterschied sich die Entwicklung der Schweiz nur unwesentlich von derjenigen der EG. Bei den Direktinvestitionen reduzierten die USA stärker als die CH, wobei dies vor allem auf die umstrittene Desinvestitionskampagne und nicht auf die Sanktionen zurückzuführen war. Bei den von den USA sanktionierten indirekten Investitionen besteht möglicherweise gar kein Unterschied zu den Entwicklungen in der EG und der CH, wobei Goldloans und Goldswaps in den Investitionsdaten nicht enthalten sind. Die Schweiz war, auch aufgrund dieser Goldgeschäfte, nach wie vor ein wichtiger Finanzpartner Südafrikas. Südafrika konnte sich jedoch ab 1988 auch anderweitig auf dem internationalen Kapitalmarkt refinanzieren (vgl. auch 5.3. Umgehungsgeschäfte und Ausnahmeregelungen). Die Schweiz war ein wichtiger Finanzpartner Südafrikas, aber doch nur einer unter mehreren.

Page 127: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

119

6. Einfluss der Wirtschaftssanktionen auf die politische Transformation

6.1. Der politische Wandel

Die letztlich zur Abschaffung der Apartheid führenden Reformen wurden erst mit der Machtübergabe von PW Botha an FW de Klerk möglich. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern hatte PW Botha versucht, die Apartheid zu reformieren und den neuen Gegebenheiten, insbesondere der Präsenz von Millionen von schwarzen Arbeitnehmern in und um die Grossstädte, anzupassen. Doch die zentrale Frage nach der politischen Partizipation der schwarzen Bevölkerung blieb unbeantwortet. Seitens der Regierung waren keine Anzeichen einer praktikablen und zufriedenstellenden Lösung in Sicht. Botha selbst wurde zum Hindernis weiterer Reformen (Kenney 1991, 380). Mangosuthu Buthelezi, der Anführer der schwarzen Inkatha Freedom Party, kritisierte die Regierung für ihre unklare Vision, insbesondere ihre Unterdrückung jeglicher Konzepte zur politischen Partizipation der schwarzen Bevölkerung, wie sie beispielsweise die Provinz Natal einführen wollte (Kenney 1991, 383):

“The South African Government gives all the appearance of a government that does not know where it is leading the people” (in: Kenney 1991, 383).

Ausgelöst wurde der Machtwechsel durch einen Herzschlag Bothas im Januar 1989. Seine angeschlagene Gesundheit zwang ihn dazu, den Vorsitz der NP abzugeben. Gewählt wurde der damalige Erziehungsminister FW de Klerk. Am Amt des Staatspräsidenten hielt PW Botha noch fest. Die erstmalige Ämter-trennung wurde aber von seinen Parteikollegen wieder rückgängig gemacht, was seiner politischen Karriere ein endgültiges Ende bereitete. Als neuer Staats-präsident wurde am 2. Feb. 1989 FW de Klerk eingesetzt.

Kritische Stimmen schätzten de Klerk nicht als den Reformator ein, welcher eine akzeptable und endgültige Lösung für die politische Partizipation der schwarzen Bevölkerung finden und durchsetzen würde (z.B. Financial Times in: FM 22.12.1989,16). Doch bereits Ende 1989 titelte das Wirtschaftsblatt Financial Mail (22.12.1989, S.16): „FW De Klerk set the pace in national affairs – breaking the reform logjam“. Und ein Jahr nach seiner Amtseinführung legte er in seiner Rede vom 2. Feb. 1990 ein klares Bekenntnis zu schnellen und weitreichenden politischen Reformen ab. Seine Rede überraschte fast alle (Sampson 1999, 402). Alle politischen Parteien wurden legalisiert, die politischen Gefangenen, inklusive Nelson Mandela, befreit und Notmassnahmen zur Einschränkung der

Page 128: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

120

Medienfreiheit aufgehoben (De Klerk 1999, 162). De Klerk begann Verhand-lungen mit Vertretern der schwarzen Bevölkerung, unter anderem mit dem bisher illegalen ANC, aufzunehmen.

Durch die Neuausrichtung verlor die NP Anhänger aus dem rechten Parteispektrum. Die Conservative Party (CP) konnte der NP in einigen Lokal-wahlen empfindliche Niederlagen beifügen. De Klerk wollte sich daraufhin seine Reformpolitik von der weissen Bevölkerung legitimieren lassen. Die Referendumsfrage, über welche das weisse Stimmvolk am 17. März 1992 abzustimmen hatte, lautete:

“Do you support the continuation of the reform process that the state president started on 2. February 1990 and which is aimed at a new constitution through negotiations?” (in: De Klerk 1999, 232)

68,7% der weissen Bevölkerung (bei einer Wahlbeteiligung von 86%) stimmte de Klerks Reformprozess zu. Das Ergebnis war ein klares Bekenntnis der weissen südafrikanischen Bevölkerung zur Reformpolitik de Klerks, welcher mit Zufriedenheit erklärte: „The nation rises above itself“ (Sampson 1999, 460). Die weiteren Verhandlungen führten 1994 zu den ersten allgemeinen Wahlen, welche das Ende der Apartheid markierten.

6.2. Einfluss der Wirtschaftssanktionen

Hätte FW de Klerk die Reformen auch ohne Wirtschaftssanktionen eingeleitet und ohne grosse Verzögerungen durchziehen können? Lautet die Antwort nein, so haben die Wirtschaftssanktionen einen Beitrag zur Beendigung der Apartheid bei-gesteuert. Lautet die Antwort ja, so waren die Wirtschaftssanktionen rückblickend überflüssig und verursachten lediglich Kosten.

6.2.1. Direkter Einfluss auf die südafrikanische Regierung

FW de Klerks Wahl, auch wenn der Wahlausgang knapp war, entsprach den Erwartungen. De Klerk wurde beim Amtsantritt nicht als Reformator, sondern vielmehr als jemand, welcher das Apartheidsystem zu verbessern suchen würde, wahrgenommen. Die britische Financial Times schrieb:

Page 129: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

121

“The perfect man to reassure nervous, politically unsophisticated middle-of-the-roaders to head off the rightwing challenge ... He looks more like an intelligent pragmatist determined to make the entrenched ideological system work better than a man with a new vision of a modern non-racial future” (Financial Times in: FM 22.12.1989, 16).

De Klerk kam aus einem sehr konservativen Hintergrund und hatte sich vor seiner Wahl zum Präsidenten noch nie als Reformator hervorgetan (Kenney 1991, 393ff). Seine Reformen waren ein klarer Richtungswechsel, die Gründe nicht ganz klar: “Whether events pushed him that way, whether it was a matter of intense soul-seraching, or whether it was both, FW de Klerk had emerged as the Nationalist leader who would finally have to dismantle white supremacy” (Kenney 1991, 397).

FW de Klerk selbst sagt rückblickend, dass sein Meinungswechsel ab Mitte der 80er Jahre einsetzte. Ihm wurde klar, dass Südafrika sich grundsätzlich ändern musste (in: Amman und Guhl 2002). Als wichtigsten Grund bezeichnete de Klerk das hohe Wirtschaftswachstum der sechziger und siebziger Jahre, welches die getrennte Entwicklung (Apartheid) verunmöglichte. Die wirtschaftliche Integration löste also die politische Integration mit aus:

„Wir weissen Südafrikaner betrogen uns während Jahren selbst. Wir glaubten tatsächlich, wir könnten die Apartheid reformieren. Aber man kann ein System, das grundsätzlich falsch ist, nicht richtig machen, indem man es verbessert. Das mussten wir erst realisieren. ... Die gegenseitige Abhängigkeit und die Beziehungen zwischen den Völkern, nicht nur ökonomische, auch gesellschaft-liche, machten aus unserer Idee von getrennten Nationen eine schiere Unmöglich-keit. ... Ab Mitte der achtziger Jahre wurde mir klar, dass wir uns grundsätzlich ändern müssen, dass es auch im besten Interesse meines eigenen Volkes der Buren ist, wenn wir Gerechtigkeit für alle schaffen. ... Der wichtigste Faktor (dass das weisse Südafrika die Macht abgab) war das hohe Wirtschaftswachstum der sechziger und siebziger Jahre. Es wurden derart viele Arbeitsplätze geschaffen, dass es unmöglich wurde, die Rassenbeschränkungen aufrechtzuerhalten“ (in: Amman und Guhl 2002) .

Nebst der Unmöglichkeit, Rassenbeschränkungen aufrecht zu erhalten, hat insbesondere auch der Zusammenbruch des Kommunismus in der ehemaligen UDSSR zum Stimmungswandel beigetragen. Drei Argumente haben also die politische Transformation ausgelöst:

Page 130: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

122

1. Gescheiterte Homelandpolitik und Opposition von Seite der inländischen Wirtschaft

2. Opposition der schwarzen Bevölkerung und wachsende schwarze Bevölkerung

3. Ende des Ost-West-Konflikts (Zusammenbruch des Kommunismus)

Zu 1: Die Ideologie der Apartheid beabsichtigte eine, unter anderem geografisch, getrennte Entwicklung der verschiedenen Bevölkerungsgruppen (de Klerk in: Guhl 1994, 250). Die Tomlinson Commission folgerte bereits 1950, dass Südafrika zwischen kompletter Segregation und kompletter Integration der Bevölkerungs-gruppen zu wählen hat, wobei die Tomlinson Commission die komplette Segregation empfahl (in: Bethlehem 1988, 37). Die Umsetzung der kompletten Segregation (sog. Homelandpolitik99) scheiterte jedoch (Guhl 1994, 250). Die Ansiedlung von Unternehmen am Rand der Homelands100 war nicht erfolgreich und zudem sehr teuer (Lowenberg und Kaempfer 1998, 201ff). Einen langfristig praktikablen Mittelweg gab es, wie die Tomlinson Commission bereits 1950 richtig feststellte, rückblickend keinen.

Der vor allem unter Botha eingeschlagene Mittelweg führte denn auch zu keinen befriedigenden Ergebnissen. Viele Schwarze siedelten sich in und um die Grossstädte, fernab von ihren Homelands, an. Die Industrialisierung, welche zu einer hohen Nachfrage nach Arbeitskräften in und um die Ballungsgebiete führte, löste diese Migrationsbewegung aus. Die hohe Nachfrage nach Arbeitskräften konnte nur dank des Zustroms schwarzer Arbeitnehmer gestillt werden, denn unter der weissen Bevölkerung herrschte in den Wachstumsjahren beinahe Vollbeschäftigung und zudem wechselten immer mehr Weisse in den Dienstleistungssektor. Der Regierung stellten sich neue Probleme. Wie konnte diese Verstädterung kontrolliert werden? Wie sind die Bildung und die Grundversorgung sicherzustellen und zu finanzieren? Welche Probleme sind längerfristig aufgrund der überdurchschnittlich schnell wachsenden schwarzen Bevölkerung zu lösen? Die Regierung kam auch von Seiten der Wirtschaft unter zusätzlichen Druck. Die Wirtschaft war verstärkt auf qualifizierte Arbeitskräfte

99 Unter Homeland wird das ‚Heimatland’ der schwarzen Bevölkerung bezeichnet. Konkret wurde ein

kleiner Teil der Gebiete Südafrikas von der Apartheidregierung als ‚Heimatland’ der schwarzen Bevölkerung definiert.

100 So wären die billigen Arbeitskräfte weiter verfügbar gewesen, gewohnt hätten sie aber in den ihnen zugewiesenen Gebieten.

Page 131: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

123

angewiesen und forderte entsprechend eine gute Bildung der schwarzen Bevölkerung. Auch forderten immer mehr Geschäftsleute, die Lebensqualität der schwarzen Bevölkerung in den Ballungsgebieten zu verbessern, um das Risiko politischer Unruhen, hoher Fluktuationsraten und von Streiks zu reduzieren (Lipton in: Lowenberg und Kaempfer 1998, 198). Letztlich hatte die Wirtschaft auch ein Interesse an einem kontinuierlichen Wachstum der Kaufkraft der schwarzen Bevölkerung.

Die südafrikanischen Regierungen versuchten, das Apartheidsystem den wirtschaftlichen Erfordernissen und Gegebenheiten anzupassen (Lowenberg und Kaempfer 1998, 196ff). Dennoch ist zurückblickend klar, dass dadurch das Apart-heidsystem nur noch stärker unterhöhlt wurde.

Zu 2: Opposition entstand der Regierung aus der schwarzen Bevölkerungsschicht, deren Widerstand sich immer besser organisierte. Unruhen, Streiks, Konsumenten-boykotts und Unterstützung der Wirtschaftssanktionen waren die Folge. Die Un-ruhen hatten hohe Sicherheitsausgaben zur Folge (Lowenberg und Kaempfer 1998, 213), und lösten unter anderen die Schuldenkrise aus (vgl. S. 65). Zudem wuchs die schwarze Bevölkerungsschicht überproportional schnell, so dass sich die Problematik höchstwahrscheinlich noch verschärft hätte.

Zu 3: Ein einschneidendes Ergebnis war letztlich auch das Ende des Kalten Kriegs 1989. In der Vergangenheit war befürchtet worden, dass die Abschaffung der Apartheid zu einer kommunistischen Regierung führen würde. Mit Ende des kalten Kriegs wurde die kommunistische Gefahr und die damit verbundene Angst vor staatlichen Enteignungen entschärft (Lowenberg und Kaempfer 1998, 217). Das Ende des Kalten Kriegs hätte möglicherweise längerfristig den Druck auf Südafrika erhöht, da die Wichtigkeit Südafrikas als Verbündeter des Westens durch das Ende des Kalten Kriegs reduziert wurde.

Unseres Erachtens reichten diese drei Argumente aus, um die Reformen de Klerks und seiner engsten Vertrauten einzuleiten. Wirtschaftssanktionen waren dazu nicht nötig. Dies, obwohl die Wirtschaftssanktionen bei de Klerk offensichtlich die Signalwirkung nicht verfehlten. Gefragt, wo Südafrika ohne den Reformprozess heute stehen würde, antwortete de Klerk rückblickend:101

101 Diese Antwort könnte auch als Rechtfertigung de Klerks für seine eigene Reformpolitik

verstanden werden, da sich ein Teil der weissen Südafrikaner von de Klerk’s Reformpolitik verraten fühlte.

Page 132: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

124

„Wir hätten kein Kilo Trauben, keine Kiste Wein, keine Tonne Kohle exportiert. Die ganze Welt und eine überwältigende Mehrheit aller Völker in Südafrika wären geeinigt im Ziel, das Regime zu stürzen“ (in: Amman und Guhl 2002).

De Klerk erwartete also sich verschärfende Wirtschaftssanktionen, sollte die Apartheid nicht abgeschafft werden. Damit war er jedoch in der Minderheit. 1989, ein Jahr vor seine Rede, welche die Transformation in Gang setzte, erwarteten lediglich 42% aller weissen Südafrikaner, dass sich die Wirtschaftssanktionen und privatwirtschaftliche Massnahmen gegen Südafrika verschärfen würden (Hofmeyr 1990, 16). Die südafrikanische Wirtschaftszeitung Financial Mail begründete die Auffassung, dass keine weiteren Wirtschaftssanktionen zu befürchten seien, mit dem üblichen Argument aus der Public-Choice-Theorie, wonach sanktionierende Länder keine Sanktionen verhängen, welche sie selbst treffen:

“The simple fact is that there is not a great deal more that can be done that won’t also penalise those countries which have already imposed sanctions” (FM 6.10.1989, 29).

6.2.2. Indirekter Einfluss auf die südafrikanische Regierung: Meinung der weissen Bevölkerung

Wirtschaftssanktionen können die politische Meinung der weissen Bevölkerung beeinflusst haben. De Klerk selbst weist darauf hin, dass die Sanktionen (nicht nur offzielle Wirtschaftssanktionen) halfen, die Meinung der weissen Bevölkerung zu ändern (in: Amman und Guhl 2002). Zweifelsohne war die Unterstützung der Bevölkerung in einer ‚weissen’ Demokratie für den Reformprozess wichtig. Die Zustimmung der Bevölkerung zu den Reformen erfolgte 1992.

Wir kommen jedoch zum Schluss, dass die Unterstützung der Reformen durch die Bevölkerung auch ohne Wirtschaftssanktionen bestanden hätte. Wir stützen uns bei der Argumentation auf eine Umfrage des amerikanischen Investor Responsibility Research Centers (Hofmeyr 1990) zur Wirkung der Sanktionen auf die politische Meinung der weissen Bevölkerung.

Die Umfrage wurde zwischen März und April 1989, also 2,5 Jahre nach Beginn der Sanktionierung, durchgeführt. Sie differenziert nicht nach offziellen Wirtschaftssanktionen und privatwirtschaftlichen Massnahmen. Die Ergebnisse geben also den Einfluss aller gegen Südafrika gerichteten wirtschaftlichen Mass-

Page 133: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

125

nahmen wieder, d.h. nebst den Wirtschaftssanktionen die Kreditsperre (Schuldenkrise) von 1985, die Desinvestitionskampagne sowie ausländische Boykotte südafrikanischer Produkte (insb. landwirtschaftliche Erzeugnisse).

Die Einführung einer Demokratie mit gleichem Stimmrecht für alle Bevölkerungsgruppen und der daraus folgenden Machtübergabe an die schwarze Bevölkerungsmehrheit kam für 98% der weissen Bevölkerung 1989, kurz nach der Wahl von FW de Klerk, nicht in Frage (S.11). 54% der weissen Bevölkerung waren hingegen offen für eine Regierungsbildung mit gemässigten schwarzen Politikern (z.B. Buthelezi) (S.11). Auf das gegenüber den sanktionierenden Ländern wünschenswerte Verhalten ihrer Regierung angesprochen, teilten 48% die Meinung, dass ein Kompromiss gesucht werden sollte,102 während 41% den Standpunkt vertraten, dass die Sanktionsbefürworter ignoriert werden sollten, und dass zu tun sei, was in den eigenen Augen als richtig erachtet würde. 9% wollten gar keinen Kompromiss, da dies als Zeichen der Schwäche ausgelegt werden könnte (S.11).

Die Umfrage zeigt, dass die Bevölkerung noch 1989 nur weitere Modifikationen der Apartheid befürwortete, einer schwarzen Regierung aber mit überwältigender Mehrheit ablehnend gegenüberstand. Die ersten allgemeinen Wahlen (1994) können deshalb unserer Meinung nach nicht auf die Wirkung der Wirtschafts-sanktionen zurückgeführt werden. Denn zwischen 1989 und 1994 wurden die Wirtschaftssanktionen nicht verschärft, und stellten entsprechend kein neues Argument für den Stimmungswandel dar. Sie wurden gar allmählich aufgehoben. Ein Jahr vor der wichtigen Abstimmung über die Fortführung des Reformkurses (März 1992) waren die meisten Wirtschaftssanktionen bereits aufgehoben. Zudem hatten die Wirtschaftssanktionen, wie schon erwähnt, keine sichtbaren Aus-wirkungen auf die Beschäftigungssituation der weissen Bevölkerung. Noch 1990 war die Arbeitslosigkeit unter der weissen Bevölkerung vernachlässigbar gering (Corker und Bayoumi 1991,2).

102 Was wohl heisst, dass kleinere politische Zugeständnisse gemacht werden sollten, um die

Sanktionierung zu beenden.

Page 134: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

126

6.2.3. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

• Wirtschaftssanktionen haben den politischen Wandel in Südafrika nicht herbeigeführt. Renommierte Wirtschaftsexperten teilen diese Meinung:103

“Even in the absence of sanctions, apartheid ultimately would have collapsed due to the economic stresses of a hugely inefficient system. Although sanctions may have speeded this process, they were not the driving force behind it. … The fall of apartheid was not engineered by foreigners, nor was it primarily precipitated by foreign sanctions” (Lowenberg und Kaempfer 1998, 9).

“Economic sanctions can be credited with, at best, a modest contribution” (Hufbauer et al. 2001b).

Lowenberg und Kaempfer meinen, dass Wirtschaftssanktionen das Ende der Apartheid möglicherweise beschleunigt haben. Hufbauer et al. rechnen den Wirtschaftssanktionen höchstens einen bescheidenen positiven Beitrag auf die politische Transformation zu. Die leicht offene Formulierung ist auf die nicht ‚unbekannte’ Signalwirkung der Wirtschaftssanktionen zurückzuführen. Wirtschaftssanktionen haben aber nur dann einen positiven Beitrag zur politischen Transformation geleistet, wenn ohne Wirtschaftssanktionen ein konservativerer Regierungschef als FW de Klerk gewählt worden wäre, oder wenn die Wirtschaftssanktionen FW de Klerks Meinungswandel entscheidend beeinflusst hätten. Beides erscheint den Autoren nicht sehr wahrscheinlich, weshalb u.E. die Wirtschaftssanktionen den politischen Wandel nicht beschleunigten: Erstens wurde mit de Klerk kein Präsident gewählt, von welchem die Abschaffung des Apartheidsystems erwartet wurde. Selbst nach Beginn der Reformen sprach er sich noch gegen das Prinzip ‚one man, one vote’ aus. Die Wirtschaftssanktionen hatten entsprechend keinen Einfluss auf die Wahl eines Reformers. Zweitens waren grössere Probleme, als diejenigen der seit drei Jahren bestehenden Wirtschaftssanktionen, zu lösen. Diese Probleme genügten, dass de Klerk unverzüglich mit den

103 Hufbauer et al., wie auch Lowenberg und Kaempfer fassen den Begriff Sanktionen weiter: Die

Wirkung der Desinvestitionskampagne und der Einfluss der amerikanischen Staaten und Städte auf das Verhalten der Banken zählen auch zu den Sanktionen. Die vorliegende Studie erfasst lediglich die von Regierungen verhängten Wirtschaftssanktionen. Entsprechend dürften ihre Einschätzung des Einflusses der (offiziellen) Wirtschaftssanktionen auf die politische Transformation noch geringer sein, als dies in den Zitaten zum Ausdruck kommt.

Page 135: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

127

Reformen begann, auch wenn er sich der Gefahr zusätzlicher Wirtschafts-sanktionen bewusst war.

• Ein wichtiger Grund für die Ineffektivität der Wirtschaftssanktionen waren die geringen Kosten für die weisse Bevölkerung. Ob Wirtschafts-sanktionen, welche höhere Kosten ausgelöst hätten, den Erfolg beschleunigt hätten, ist zudem ungewiss. Eine Umfrage, welche kurz vor Beginn der Reformen durchgeführt wurde, zeigt, dass die weisse Bevölkerung die Abschaffung der Apartheid nach wie vor sehr deutlich ablehnte. Auch wollte sich eine Mehrheit verstärkten Wirtschafts-sanktionen nicht beugen. De Klerk war also von Seiten der weissen Bevölkerung nicht unter Druck, den Forderungen der sanktionierenden Ländern nachzugeben.

• Folgende Gründe reichten aus, um den politischen Wandel zu bewirken:104

1. Gescheiterte Homelandpolitik

2. Opposition der schwarzen Bevölkerung und Wachstum der schwarzen Bevölkerung

3. Ende des Ost-West-Konflikts (Zusammenbruch des Kommunismus)

104 Die Unruhen, und damit die Schuldenkrise, waren auf die beiden erstgenannten Argumente

zurückzuführen.

Page 136: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

128

7. Die Studie im Kontext der politischen Diskussion

Die Ergebnisse dieser Studie werden abschliessend in die aktuelle politische Diskussion eingebettet. Die Bedeutung der Ergebnisse wird mit Blick auf drei Vorwürfe, welche im Rahmen der Entschuldungskampagne und der Ent-schädigungsklagen (vgl. Anhang IV) vorgebracht wurden, erläutert.

1. Vorwurf: Die Schweiz hat die Apartheid verlängert105

Bevor dieser Vorwurf ex post auf seine Richtigkeit überprüft wird, sind die Argumente, welche ex ante für oder gegen die Effektivität von Wirtschafts-sanktionen sprachen, zu betrachten. Für den Erfolg von Wirtschaftssanktionen sprachen folgende Punkte:

• Südafrika war in den internationalen Handel eingebunden und entsprechend anfällig für Handelssanktionen.

• Südafrika befand sich in einer Liquiditätskrise, weshalb das Land für Finanzsanktionen anfällig war.

• Südafrika war eine ‚weisse Demokratie’ und keine Diktatur. Konnte die Meinung der Bevölkerungsmehrheit verändert werden, so hätte sich dies auf das Verhalten der Regierung ausgewirkt.

Gegen den Erfolg von Wirtschaftssanktionen konnten folgende Argumente aufgeführt werden:

• Das, mit Sanktionen zu erreichende, Ziel eines Machtwechsels war sehr ambitiös. Wirtschaftssanktionen sind normalerweise nicht geeignet, solch grosse Ziele zu verfolgen. Es war zudem fraglich, ob umfangreiche Wirtschaftssanktionen beschlossen würden, welche genügend Druck auf die südafrikanische Regierung ausüben würden, welche durch den Machtwechsel die Macht verlieren würde. Viele Länder waren auf süd-afrikanische Rohstoffe angewiesen. Alternative Anbieter waren in bestimmten Bereichen nicht leicht zu finden.

• Südafrika wusste, wie die Schuldenkrise zeigte, mit Notmassnahmen auf Wirtschaftsprobleme zu reagieren. Auf wirtschaftlichen Druck folgten

105 Madörin et al. 1999, IX .

Page 137: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

129

nicht zwingend politische Reformen.

• Es bestand die Gefahr der Polarisierung innerhalb der Bevölkerung: „Sie (die Bundesregierung Deutschlands) hält wirtschaftliche Sanktionen nicht für geeignet, die innenpolitische Entwicklung in Südafrika im Sinne rascher friedlicher Veränderung zu beeinflussen“ (Bundesdrucksache 10/5555, 27.5.1986). Die schwarze Bevölkerung könnte aufgrund der gestiegenen Arbeitslosigkeit radikalisiert werden, was zu einem Bürgerkrieg führen könnte. Dabei könnte die schwarze Bevölkerung auf eine ebenso radikalisierte weisse Bevölkerung treffen. Denn die weissen Antiapartheidkräfte, zu einem Grossteil mit englischen Wurzeln und oftmals auch mit englischem Pass, würden im Falle einer andauernden Wirtschaftskrise das Land eher verlassen als die im Durchschnitt apartheidfreundlicheren Buren, welche kein zweites Heimatland hatten. Von den Buren wurde auch oft gesagt, dass sie Druck von aussen nicht nachgeben würden (z.B. Halbach 1987, 29).106

• Die Wirtschaftssanktionen würden die Falschen, nämlich vor allem schwarze Arbeiter, treffen und in den sanktionierenden Ländern Kosten verursachen.

• Es wurde befürchtet, dass die Wirtschaftssanktionen im ganzen südlichen Afrika eine Wirtschaftskrise auslösen würden (IDA 1999, 8).

• Südafrika würde auch nach dem Ende der Sanktionierung die Kosten der Sanktionierung weiterhin zu tragen haben: „Wäre ein völliger Zusammen-bruch der südafrikanischen Wirtschaft eine Grundlage für einen Neubeginn nach der Abschaffung der Apartheid?“ (Bundespräsident Weizäcker in: Europa-Archiv, 1988/9, D262). Die gestiegene Arbeits-losenquote würde nur langsam wieder sinken. Grosse Anstrengungen müssten unternommen werden, um ausländische Investoren wieder ins Land zu locken. Und die Kosten für die Wiedereröffnung (möglicherweise) stillgelegter Minen wären enorm.

• Der Einfluss ausländischer Regierungen würde sinken, so Präsident Reagan, da ein sanktionierendes Land ein feindlich gesinntes Land darstelle, und die Meinung von Feinden weniger zähle als jene von

106 Sog. Wagenburgmentalität

Page 138: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

130

Freunden.

• Südafrika war ein wichtiger Verbündeter im Kalten Krieg (Gygax 2001, 187). Das südliche Afrika musste vor der Übernahme durch den Kommunismus bewahrt werden (Blocher in: TA 29.11.2003).

Die Argumente sprachen also sowohl für, wie auch gegen die Effektivität von Wirtschaftssanktionen. Abhängig von der persönlichen Gewichtung der verschiedenen Argumente erschienen Wirtschaftssanktionen angebracht oder nicht. Apartheidgegner gab es in beiden Lagern, auch wenn Sanktionsgegner Gefahr liefen als Apartheidfreunde zu gelten:

“Sanctions have become so symbolic of opposition to apartheid that those who oppose them are liable to be branded as supporters of apartheid” (Merle Lipton in: FM 22.1.1988).

Rückblickend kann nicht von einem Erfolg der Wirtschaftssanktionen gesprochen werden, wobei dies ex ante, wie immer, nicht klar war. Die Schweiz hat durch ihre Nichtteilnahme an den Wirtschaftssanktionen anderer Länder die Apartheid nicht verlängert, so die Ergebnisse dieser Studie.

Die Antiapartheidbewegung hält Schweizer Firmen jedoch nicht nur Geschäfte vor, welche von anderen Regierungen teilweise sanktioniert waren, sondern alle Geschäfte, welche gegen internationale Aufrufe zu Sanktionen und zum Rückzug von Investitionen verstiessen (Madörin et al. 1999, 1). Die vorliegende Studie beschränkt sich auf die Analyse der, von Regierungen verbindlich erlassenen, Regierungssanktionen und geht entsprechend nicht auf die möglichen Konsequenzen unverbindlicher internationaler Aufrufe ein. Anzufügen bleibt, dass die ausländischen Unternehmen und Investoren, welche die Industrialisierung vorantrieben, wesentlich zur Abschaffung der Apartheid beigetragen haben (vgl. Kapitel 6.2.1. ). Ob dies bewusst oder unbewusst geschah sei dahingestellt. Die Arbeitsplätze, welche durch die Industrialisierung in und um die weissen Gross-städte entstanden, verunmöglichten die Fortführung der getrennten Entwicklung (Apartheid). Bereits 1987, ein Jahr nach Beginn der Wirtschaftssanktionen, führte Präsident Reagan dieses Argument auf: „In fact, economic growth and ... have been among the major forces eroding apartheid“ (in: Hayes 1988, 278). Auch Bundesrat Christoph Blocher, ehemaliger Präsident der asa und zu jener Zeit Nationalrat, meint mit Blick auf Investitionen in China, welches sich wie Südafrika zu jener Zeit, Menschenrechtsverletzungen zuschulden lassen kommt: „Man muss investieren, dann wird auch in China vieles freier“ (TA 29.Nov.2003).

Page 139: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

131

2. Vorwurf: Kredite an das menschenrechtsverletzende Apartheidregime

Im Rahmen der Entschuldungskampagne fordert die Antiapartheidbewegung, dass Kredite, welche an das Apartheidregime und „seine Mittelmänner“ (Madörin et al. 1999, 1) flossen, der neuen südafrikanischen Regierung erlassen werden sollten. Solche Schulden werden als verabscheuungswürdige Schulden (sog. odious debt) bezeichnet. Zu diesem Vorwurf nimmt die Studie keine Stellung.

Anzumerken ist, dass die Diskussion über odious debt im Gange ist. Probleme stellen sich bei der Definition, welche Schulden als odious debt zu klassifizieren sind, und welches Gremium dies festzulegen hat. Zudem muss der Mechanismus im Umgang mit odious debt so ausgestaltet sein, dass Investoren sich nicht zu vorsichtig verhalten, und dadurch zuwenig Investitionen in Entwicklungsländer fliessen. Kremer und Jayachandran (2002) schlagen vor, dass sobald Kredite an eine Regierung als odious debt klassifiziert werden, nur neue Kredite in diese Kategorie fallen dürften.107 Sanktioniert würden Neuinvestitionen, während die bestehenden Schulden nicht in odious debt umgewandelt würden. Dies entspricht dem konventionellen ökonomischen Verständnis, wonach die Wirtschaft sich im jeweiligen rechtlichen Rahmen frei bewegen kann, die Rechtssicherheit garantiert ist, und nicht nachträglich, für ehemals legale Geschäfte, gebüsst werden sollte. In Südafrika würde aber gerade dies geschehen.

3. Vorwurf: Die ausländischen Firmen und Banken haben von der Apartheid profitiert108

Die vorliegende Studie hat diesen Vorwurf nicht detailliert untersucht. Die rassistischen Gesetze haben die Gewinne der Unternehmen positiv wie auch negativ beeinflusst. Die durch die südafrikanische Gesetzgebung künstlich tief gehaltenen Löhne erhöhten die Gewinne der Unternehmen und damit auch die Gewinne derer ausländischer Inhaber oder Investoren.109 Die hohe Anzahl Streiks

107 Der Vorschlag Kremers und Jayachandran lässt noch diverse Fragen offen. Beispielsweise ist

unklar, wie Kredite, welche (im Beispiel Südafrikas) an südafrikanische Banken vergeben, von denen aber an ihre Regierung weitergeleitet wurden, zu behandeln sind. Haften nur die südafrikanischen Banken, oder auch die ausländischen Banken?

108 Madörin et al. 1999, 1: „Die (Schweizer und Deutschen) Firmen und Banken, welche die internationalen Aufrufe zu Sanktionen und zum Rückzug von Investitionen ignoriert haben, profitierten von der Apartheid. Sie halfen mit, das Apartheidregime an der Macht zu erhalten und verlängerten so das Leiden der Menschen des Südlichen Afrika“.

109 Der Native Labour Regulation Act erlaubte Arbeitgebern nicht, höhere Löhne zu bieten, um Arbeitnehmer von ihren Konkurrenten abzuwerben (Kenney in: Lowenber und Kaempfer 1998, 35).

Page 140: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

132

hingegen wirkte sich negativ auf die Gewinne aus.

Dass Firmen auch in Südafrika Gewinne realisiert haben, entspricht deren grund-sätzlichem Auftrag. Ob, und wie stark die Apartheidgesetze die Gewinne nach Abzug der negativen Auswirkungen erhöht hatten, hat die Studie nicht untersucht.

Page 141: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

133

Literaturverzeichnis

Amman Daniel und Armin Guhl (2002): “Ich bin ein Afrikaner“, in: Die Weltwoche, Nr. 22, http://www.weltwoche.ch/ressort_bericht.asp?asset_id=5010&category_id=60

Bayoumi Tamim (1990): “Output, Employment and Financial Sanctions in South Africa”, IMF Working Paper, WP/90/113, Washington D.C.

Becker, Charles M., Trevor Bell, Haider Ali Khan and Patricia S. Pollard (Authors), Merle Lipton and David Hauck (Project Directors) (1990): The Impact of Sanctions on South Africa, Investor Responsibility Research Center, USA

Bethlehem, Ronald W. (1988): Economics in a revolutionary society – Sanctions and the transformation of South Africa, AD.Donker (Pty) Ltd, Craighall

Blumenfeld, Jesmond (1988): „Die südafrikanische Wirtschaft – jüngster politischer Gefangener der Apartheid?“, in: Europa-Archiv, Dreiundvierzigster Jahrgang, Deutsche Gesellschaft für auswärtige Politik

Chan, Steve and A. Cooper Drury (2000): Sanctions as economic statecraft: theory and practice, St. Martin’s Press LLC, New York

Cooper J.H. (1989): “On Income Distribution and Economic Sanctions”, The South African Journal of Economics, Vol.57, No.1, March 1989

Corker Robert und Tamim Bayoumi (1991): “Apartheid, Growth and Income Distribution in South Africa”, IMF Working Paper, WP/91/116, IMF, Washington D.C.

Cortright, David and George A. Lopez (1995): Economic Sanctions: panacea or peacebuilding in a post-cold war world?, Westview Press Inc., USA

Cortright, David and George A. Lopez (2000): The sanctions decade: assessing UN strategies in the 1990s, Lynne Rienner Publishers Inc., USA

Credit Suisse (1988): CS Gold Valor – Rechenschaftsbericht, CS-Fondsleitung Zürich, Zürich

Danahar, Kevin (1989): “The US struggle over sanctions against South Africa”, in: Sanctions against Apartheid, ed. by Mark Orkin, Catholic Institute for

Page 142: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

134

International Relations, London

Davis, Robert (1990): “The fight of the little tiger: The state’s response to sanctions“ in: Liberty and Prosperity: Essays on Limiting Government and Freeing Enterprise in South Africa, Juta & Co Ltd., Kenwyn SA

Dean, James W. (1990): “Solutions versus sanctions“ in: Liberty and Prosperity: Essays on Limiting Government and Freeing Enterprise in South Africa, Juta & Co Ltd., Kenwyn SA

De Klerk, Frederik W. (1999): The Last Trek – A New Beginning; The Autobiography, Pan Books, London

Dollery, B.E. (1989): “Financial Sanctions against South Africa”, The South African Journal of Economics, Vol.57, No.4

Drezner, Daniel W. (1999): „The sanctions paradox: economic statecraft and international relations“, Cambridge University Press, UK

Europäische Gemeinschaft (1986): Aussetzung neuer Direktinvestitionen in der Republik Südafrika, Beschluss der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten, 86/517/EWG

Freeman, Linda (1989): “All but one: Britain, the Commonwealth and sanctions”, in: Sanctions against Apartheid, ed. by Mark Orkin, Catholic Institute for International Relations, London

Friedmann, Steven (1989): „South Africa’s 1989 General Election“, in: Vierteljahresberichte, Friederich-Ebert-Stiftung, Deutschland

General Accounting Office (1987): South Africa – Status Report on Implemetation of the Comprehensive Anti-Apartheid Act, Report to Congressional Requesters, GAO/NSIAD-88-44, Washington

General Accounting Office (1988): South Africa – Trends in Trade, Lending and Investment, Report to Congressional Requesters, GAO/NSIAD-88-165, Washington

General Accounting Office (1988): South Africa – Feasibility of Imposing Additional Sanctions on Gold, Report to the Honorable Edward M. Kennedy, U.S. Senate, GAO/NSIAD-89-232, Washington

Page 143: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

135

General Accounting Office (1988a): South Africa – Trends in Trade, Lending, and Investment, Report to Congressional Requesters, GAO/NSIAD-88-165, April 1988, Washington

Gygax, David (2001): La Swiss-South African Association (1956-2000), Université de Fribourg

Hausfeld et al. (2002): „Khulumani et al. V. Barclays et al.“, Complaint, http://www.cmht.com/casewatch/humanrights/apartheid.html

Halbach, Axel J. (1987): „Südafrika unter Druck: Sanktionen und ihre Wirkungen“, ifo schnelldienst, Nr.3,87: 21-29

Hayes J.P. (1988): „Divided Opinions on Sanctions against South Africa“, in: The World Economy – a Quarterly Journal on International Economic Affairs, Vol.11, March 1988

Hefeker, Carsten und Karl Wolfgang Menck (2002): Wie wirkungsvoll sind Sanktionen? Das Beispiel Südafrika, HWWA-Report 220, Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Archiv (HWWA)

Hefeker, Carsten und Karl Wolfgang Menck (2003): „Handelssanktionen gegen Südafrika: Die Rolle der Unternehmen“, Zeitschrift für Wirtschaftspolitik, Sonderdruck, 52. Jahrgang, Heft 2

Hefti, Christoph und Elke Staehelin-Witt (2003): „Die wirtschaftliche und politische Bedeutung der Umschuldungsverhandlungen für Südafrika“, NFP 42+: Beziehungen Schweiz - Südafrika, Bern

Hermele Kenneth und Bertil Odén (1988): “Sanctions Dilemmas – Some implications of economic sanctions against South Africa”, Discussion Paper 1, The Scandinavian Institute of African Studies, Uppsala (Sweden)

Hirsch, Alan (1989): “Sanctions, loans and the South African economy”, in: Sanctions against Apartheid, edited by Mark Orkin, David Philip Publishers (Pty) Ltd, Claremont (SA) and London

Hofmeyr Jan (1990): „The Impact of Sanctions on South Africa – Whites’ Political Attitudes“, Investor Responsibility Research Center

Hufbauer, Gary Clyde and Jeffrey J. Schott assisted by Kimberly Ann Elliott

Page 144: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

136

(1985): Economic Sanctions Reconsidered – History and Current Policy, Institute for International Economics, Washington D.C.

Hufbauer, Gary Clyde and Jeffrey J. Schott assisted by Kimberly Ann Elliott (1990): Economic Sanctions Reconsidered, 2nd revised edition., Institute for International Economics, Washington D.C.

Hufbauer, Gary Clyde, Jeffrey J. Schott and Kimberly Ann Elliott (1998): „Economic Sanctions Reconsidered – Executive Summary“, Summary updated Jan.1998, http://www.iie.com/research/topics/sanctions/sanctions-summary.htm

Hufbauer, Gary Clyde and Reginald Jones (1998): “The Snake Oil of Diplomacy: When Tensions Rise, the US Peddles Sanctions”, Institute for International Economics, http://www.iie.com/papers/hufbauer0798.htm (accessed 7.5.2001)

Hufbauer, Gary Clyde, Jeffrey J. Schott and Kimberly Ann Elliott (accessed: 07.05.2001): „Case 62-2: UN v. South Africa (1962-1994: Apartheid; Namibia); Case 85-1: US, Commonwealth v. South Africa (1985-91: Apartheid) – Page 1“, excerpted from forthcoming: Economic Sanctions Reconsidered 3rd Edition, http://www.iie.com/research/topics/sanctions/southafrica.htm#chronology

Hufbauer, Gary Clyde, Jeffrey J. Schott and Kimberly Ann Elliott (accessed: 07.05.2001a): „Case 62-2: UN v. South Africa (1962-1994: Apartheid; Namibia); Case 85-1: US, Commonwealth v. South Africa (1985-91: Apartheid) – Page 2“, excerpted from forthcoming: Economic Sanctions Reconsidered 3rd Edition, http://www.iie.com/research/topics/sanctions/southafrica2.htm#goals

Hufbauer, Gary Clyde, Jeffrey J. Schott and Kimberly Ann Elliott (accessed: 07.05.2001b): „Case 62-2: UN v. South Africa (1962-1994: Apartheid; Namibia); Case 85-1: US, Commonwealth v. South Africa (1985-91: Apartheid) – Page 3“, excerpted from forthcoming: Economic Sanctions Reconsidered 3rd Edition, http://www.iie.com/research/topics/sanctions/southafrica2.htm#goals

Innes Duncan (1989): “Multinational companies and disinvestments”, in: Sanctions against Apartheid, ed. by Mark Orkin, Catholic Institute for International Relations, London

Interdepartementale Arbeitsgruppe (1999): “Kapitalverkehr”, Annex 14 zu: Die Beziehungen zwischen der Schweiz und Südafrika, www.evd.admin.ch/dynamic/Presse_Rohstoff/CH_RSA/D/annexe14.htm (accessed: 6.8.2002)

Page 145: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

137

Interdepartementale Arbeitsgruppe (1999a): “Direktinvestitionen”, Annex 15 zu: Die Beziehungen zwischen der Schweiz und Südafrika, www.evd.admin.ch/dynamic/Presse_Rohstoff/CH_RSA/D/annexe15.htm (accessed: 6.8.2002)

Interdepartementale Arbeitsgruppe (1999b): “Die Beziehungen zwischen der Schweiz und Südafrika”, Bern

International Labour Organisation (1992): Study on the Embargo of Coal Exports from South Africa, International Labour Office, Geneva

International Monetary Fund (1977): Balance of payments manual, 4th edition, IMF, Washington

International Monetary Fund (2000): “South Africa: Selected Issues”, IMF Staff Country Report No.00/42, IMF, Washington

Irwin, Douglas (2002): Free Trade under Fire, Princeton

Jubilee 2000 (accessed 30.05.2001): “Don’t pass the buck! We won’t pay twice for apartheid”, www.columban.com/swiss3.htm

Kaempfer Willian H. and Lowenberg Anton D. (1995): “The Problems and Promise of Sanctions”, in: Economic Sanctions: panacea or peacebuilding in a post-cold war world?, edited by David Cortright and George A. Lopez, Westview Press Inc., USA

Kellerhans-Maeder Andreas et al. (2000): Schweiz - Südafrika 1948-1994 – Archivbestände und parlamentarische Vorstössse, Schweizerisches Bundesarchiv, Bern

Kenney Henry (1991): Power, Pride & Prejudice – The years of Afrikaner Nationalist rule in South Africa, Jonathan Ball Publishers, Parklands, South Africa

Kommission für Konjunkturfragen (1990): „Die Zahlungsbilanz der Schweiz im Jahre 1989“, Beilage zum Monatsbericht der Schweizerischen Nationalbank September 1990, Schweizerische Nationalbank

Kremer Michael und Seema Jayachandran (2002): „Odious debt“, Working Paper Series, WP 8953, National Bureau of Economic Research

Lewis, Jodie (1990): „A note on South African capital abroad“, in: South Africa –

Page 146: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

138

The Sanctions Report – Documents and Statistics, The Commonwealth Secretariat, London

Lewis, Stephen R. (1990): The Economics of Apartheid, Council of Foreign Relations Press, New York and London

Lipton, Merle et al. (1989) : The Impact of Sanctions on South Africa, Investor Responsibility Research Center

Lipton, Merle (1989): “The Challenge of Sanctions”, The South African Journal of Economics, Vol.57, No.4

Lipton, Merle (1989): The Challenge of Sanctions, The South African Journal of Economics, Vol.57, No.4, Dez.1989

Lowenberg Anton D. and William H. Kaempfer (1998): The Origins and Demise of South African Apartheid – A Public Choice Analysis, University of Michigan, Michigan

Madörin Mascha, Gottfried Wellmer und Martina Egli (1999): Apartheidschulden – Der Anteil Deutschlands und der Schweiz, Brot für die Welt, Stuttgart

Moorsom Richard (1989): “Foreign trade and sanctions”, in: Sanctions against Apartheid, ed. by Mark Orkin, Catholic Institute for International Relations, London

OECD (1996): OECD Benchmark Definition of Foreign Direct Investment, 3rd Edition, OECD

Orkin, Mark (1989): Sanctions against Apartheid, Catholic Institute for International Relations, London

Pape, Robert A. (1997): “Why Economic Sanctions Do Not Work”, International Security, Vol.22, No.2: 90-110

Pape, Robert A. (1998): “Why Economic Sanctions Still Do Not Work”, International Security, Vol.23, No.1: 66-77

Pfister Roger (2000): Die Schweiz und Südafrika während der Apartheid: Kontroverse und ‘Agenda-Setting’ nach 1998, Forschungsstelle für Internationale Beziehungen, Eidgenössische Technische Hochschule

Page 147: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

139

Reekie Duncan (2002): Investing in Growth and Employment: Obstacles and Opportunities to Breaking Through the Growth Ceiling – South African Capital Expenditures and Employment Prospects: An International Comparison, Background Report, May 28 (unpublished)

Sampson Anthony (1999): Mandela – The Authorised Biography, HarperCollinsPublishers, London

Schweizerische Nationalbank (2001): Zahlungsbilanz der Schweiz 2000, SNB, Zürich

Schweizerische Nationalbank (2002): Schweizerische Direktinvestitionen im Ausland, Erläuterungen zu Meldung Z 101, SNB Ressort Statistik, Zürich

Schweizerischer Nationalfonds (2001): Beziehungen Schweiz Südafrika – Nationales Forschungsprogramm 42+, Schweizerischer Nationalfonds, Bern

Shaw, Jane S. (2003): “Public Choice Theory”, http://www.econlib.org/ library/Enc/PublicChoiceTheory.html

South African Reserve Bank (1991): South Africa’s balance of payments: Sources, methods and reliability, Occasional Paper no.3, SARB, Pretoria

South African Reserve Bank (1993): South Africa’s balance of payments 1946-1992, Supplement to the South African Reserve Bank Quarterly Bulletin June 1993

South African Reserve Bank (1994): Labour, price and other selected economic indicators of South Africa 1923-1993, Supplement to the South African Reserve Bank Quarterly Bulletin September 1994

South African Reserve Bank (1999): South Africa’s national accounts 1946-1998, Supplement to the South African Reserve Bank Bulletin June 1999

South African Reserve Bank (2001): South Africa’s balance of payments 1946-2000, Supplement to the South African Reserve Bank Bulletin June 2001

Christoph Hefti und Elke Staehelin-Witt (2003): Die wirtschaftliche und politische Bedeutung der Umschuldungsverhandlungen für Südafrika, NFP 42+, Bern

Strydom, P.D.F. (1987): “South Africa in World Trade”, The South African Journal of Economics, 55.3.1987

Page 148: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

140

The South African Departement of Finance Mission in Europe (1995): The South African Economy in Brief, June 1995, Zürich

The Commonwealth Secretariat (1989): Banking on Apartheid – The Financial Links Report, The Commonwealth Secretariat, London

United Nations Centre on Transnational Corporations (1989): The Role of Transnational Banks in South Africa, United Nations

United Nations (1999): “UN Sanctions: How Effective? How Necessary?”, http://www.smartsanctions.ch/Papers/I2/2unintro.pdf

United States of America (1986): Comprehensive Anti-Apartheid Act of 1986, United States Public Law, PL 99-440 (HR 4868)

USINFO.STATE.GOV (accessed 22.9.2003): Sanctions against South Africa (1986), http://usinfo.state.gov/usa/infousa/facts/democrac/56.htm

Watson Institute (2001): Targeted Financial Sanctions – A Manual for Design and Implementation - Contributions from the Interlaken Process, The Thomas J. Watson Jr. Institute for International Studies, Brown University, USA

Weyermann Barbara (1988): Die Financiers der weissen Herren – Eine Untersuchung zum Südafrika-Engagement der Schweizer Banken 1985-1988, Aktion Finanzplatz Schweiz-Dritte Welt, Bern

Williams, Walter E. (1989): South Africa’s War against Capitalism, Cato Institute, Praeger Publishers, New York

Page 149: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

141

Anhang I: Datenlage zur Analyse der Finanzsanktionen

Die Analyse von Zeitreihen ist massgeblich von der Datenqualität abhängig. Der Anhang erklärt detailliert die existierenden Daten und weist auf einige Begrenzungen im Hinblick auf die Datenanalyse hin.

I.1 Die Zahlungsbilanz110

Die zentrale Datengrundlage, um die Finanzflüsse zwischen zwei Ländern zu untersuchen, ist die Zahlungsbilanz.111 Die Zahlungsbilanz gibt einen Überblick über die wirtschaftlichen Transaktionen zwischen Inländern und Ausländern eines Landes während einer Periode. Die Zahlungsbilanz ist immer ausgeglichen. Die wichtigsten Teilbilanzen sind die Ertragsbilanz und die Kapitalverkehrsbilanz. Teilweise werden Reserveposten separat von der Kapitalverkehrsbilanz ausge-wiesen. Von geringer Bedeutung sind die Vermögensübertragungen. Die statistischen Ungenauigkeiten werden über den sogenannten Restposten (nicht erfasste Transaktionen) ausgeglichen.

Die Ertragsbilanz erfasst die Warenexporte und Warenimporte, die Einnahmen und Ausgaben im Dienstleistungsbereich und die Arbeits- und Kapitaleinkommen.

Die Kapitalverkehrsbilanz erfasst die Veränderung der Investitionen. Es werden die Transaktionen einer Periode (Flussrechnung) sowie die Jahresendbestände (Bestandesrechnung) ausgewiesen. Die Bestandesrechnung weist die Verbind-lichkeiten gegenüber dem Ausland und die ausländischen Anlagen des Inlands aus. Die Analyse der Finanzsanktionen stützt sich auf die in der Kapitalverkehrsbilanz ausgewiesenen Daten.

Die Kapitalverkehrsbilanz unterteilt die Kapitalflüsse normalerweise in Direktinvestitionen, Portfolioinvestitionen und andere Investitionen. In der Schweiz werden zudem die internationalen Reserven der Kapitalverkehrsbilanz zugerechnet, während sie von der SARB separat ausgewiesen sind. Die Verbind-lichkeiten Südafrikas bestanden 1986 zu 26% aus Direktinvestitionen, zu 20% aus Portfolioinvestitionen und zu 54% aus anderen Investitionen (SARB 2001). Zur

110 Die Schweizerische Nationalbank publiziert jährlich die Zahlungsbilanz. 111 Publikationen internationaler Organisationen (z.B. IWF) stützen sich ebenfalls auf Angaben aus

den Zahlungsbilanzen. Ergänzend zu den Zahlungsbilanzen existieren die Statistiken der Bank für internationalen Zahlungsverkehr (BIZ) betreffs Banktransaktionen.

Page 150: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

142

Analyse der Finanzsanktionen ist die Unterscheidung zwischen ‚Direkt-investitionen’ und ‚Portfolioinvestitionen und anderen Investitionen’ andererseits zentral, da die EG im Gegensatz zu den USA nur Direktinvestitionen sanktionierte.

Direktinvestitionen (FDI) definieren sich über deren Ziel, eine langfristige Beziehung mit der betreffenden Firma im Ausland herzustellen und eine bedeutende Einflussnahme auf den Geschäftsgang sicherzustellen (OECD 1996, 7). Liegt der Stimmanteil bei über 10%112, so gelten Investitionen als FDI und nicht als Portfolioinvestitionen. Die FDI sind in Beteiligungskapital, reinvestierte Erträge und Kredite unterteilt.

Bei den Portfolioinvestitionen wird zwischen Schuldtitel (Anleihen und Notes113) und Geldmarktpapieren unterschieden.

Die anderen Investitionen umfassen die Kredite der Geschäftsbanken, der Unternehmen und der öffentlichen Hand sowie den eher kleinen Posten sonstige Investitionen. Die internationalen Reserven beinhalten die beiden Posten Veränderung der Auslandguthaben (der Nationalbank) und Gegenbuchung zu den Wertveränderungen.

I.2 Datenlage der SARB

Die Zahlungsbilanz der SARB ist seit 1998 neu gegliedert. Die jetzige Gliederung entspricht dem neusten IMF-Standard. Die älteren Zahlungsbilanzen wurden der neuen Gliederung angepasst, weswegen nun zwei Publikationen mit Zahlenreihen für die Jahre bis 1992 existieren (SARB 1993, SARB 2001). Je nach Ver-wendungszweck ist die eine oder die andere Gliederung vorzuziehen.

112 Es gibt keinen international verbindlichen Grenzwert. Die Grenzwerte liegen in den meisten

Fällen bei 10%-25% Stimmanteil (IMF 1977, 137). 113 Anleihen sind öffentlich handelbare Schuldtitel. Notes werden nur zwischen bestimmten

Schuldnern gehandelt.

Page 151: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

143

I.2.1 Kapitalbestände

Gliederung

• Unterteilung in Assets (Verbindlichkeiten des Auslands gegenüber Südafrika) und Liabilities (Verbindlichkeiten Südafrikas gegenüber dem Ausland).

• Nettobetrachtung: Erhöhungen und Abflüsse werden nicht differenziert ausgewiesen.

• Unterteilung in die Ländergruppen EC countries, Rest of Europe, North and South America, Africa, Asia, Oceania und international organisations.

• Gliederung nach Direktinvestitionen, Portfolioinvestitionen und anderen Investitionen.

• Gliederung der Direktinvestitionen (gemäss SARB 1993)

o Monetärer Sektor (Bankensektor): Langfristige und kurzfristige Investitionen

o Nicht-monetärer Privatsektor: Langfristige Investitionen (Aktien zum Buchwert, reinvestierte Gewinne, Hypotheken und andere langfristige Darlehen) und kurzfristige Investitionen

• Gliederung der nicht direkten Investitionen (Portfolioinvestitionen und andere Investitionen) (gemäss SARB 1993)

o Öffentliche Hand: Langfristige und kurzfristige Investitionen

o Öffentliche Unternehmen: Langfristige und kurzfristige In-vestitionen

o Monetärer Sektor (Bankensektor): Langfristige und kurzfristige Investitionen

o Nicht-montärer Privatsektor: Langfristige Investitionen (Aktien zum Buchwert, reinvestierte Gewinne, Hypotheken und andere langfristige Darlehen) und kurzfristige Investitionen

Page 152: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

144

• Gliederung der Direktinvestitionen (gemäss SARB 2001):

o Bankensektor (Aktienkapital): Aktienkapital

o Nicht-montärer Privatsektor: Aktienkapital, andere langfristige Investitionen, andere kurzfristige Investitionen

• Gliederung der Portfolioinvestitionen (gemäss SARB 2001):

o SARB (Monetäre Amtsgewalt / Monetary Authority): Schuldver-schreibungen

o Öffentliche Hand: Schuldverschreibungen

o Öffentliche Unternehmen: Schuldverschreibungen und Aktien-kapital

o Bankensektor: Schuldverschreibungen und Aktienkapital

o Nicht-monetärer Privatsektor: Schuldverschreibungen und Aktien-kapital

• Gliederung der anderen Investitionen (gemäss SARB 2001):

o SARB (Monetäre Amtsgewalt / Monetary Authority): IWF, lang-fristige Kredite, kurzfristige Kredite, Einlagen

o Öffentliche Hand: Langfristige und kurzfristige Kredite

o Öffentliche Unternehmen: Langfristige und kurzfristige Kredite

o Bankensektor: Langfristige und kurzfristige Kredite, Einlagen

o Nicht-monetärer Privatsektor: Langfristige Kredite und kurzfristige Kredite inkl. Handelskredite

Erfassung

• Die Bestandesgrössen werden als Jahresendbestände ausgewiesen.

• Die Angaben werden aus den Rechnungsbüchern der Unternehmen

Page 153: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

145

ermittelt.

• Die SARB führte 1973, 1980 und 1989 eine Vollerhebung durch. Die Angaben für die dazwischenliegenden Jahre basieren auf Stichproben und Hochrechnungen aufgrund der Ergebnisse der Vollerhebung.

Aussagekraft

• Die Bestandesveränderungen sagen nur wenig über die effektiven Kapitalflüsse aus:

o Aktienkapital ist zum Buchwert erfasst, während der Handel mit Aktienkapital (Flussgrösse) zum Marktwert erfolgt. Die Bestandesveränderung ist daher normalerweise geringer als die effektiv ausgelösten Kapitalflüsse. Sind Direktinvestitionen nicht handelbar und wird das Kapital, beispielsweise von einer Muttergesellschaft, zum Nennwert investiert, so entspricht die Bestandesveränderung dem effektiven Kapitalfluss.

o Der Wert von, auf ausländische Währungen lautenden, Krediten verändert sich unter anderem aufgrund von Wechselkurs-schwankungen. Einer Wertveränderung aufgrund einer Abwertung steht kein Kapitalfluss gegenüber. Die hohen Kursverluste in Südafrika führten dazu, dass die Bestände stagnierten oder gar stiegen, währen effektiv hohe Kapitalabflüsse stattfanden.

o Die SARB berücksichtigt bei den Kapitalflüssen die reinvestierten Gewinne nicht, wohl aber bei den Beständen.

• Die Zunahme (oder Abnahme) der Aktienbestände sagt auch nur beschränkt etwas über eine Zunahme oder Abnahme der Investitionen in Aktien aus. Veränderungen der Aktienbestände können verschiedene Gründe haben:

o Neuerwerb von Aktien.

o Konvertierung von Darlehen in Aktien. Dieses Vorgehen wurde von ausländischen Banken insbesondere während des Schulden-moratoriums gewählt.

Page 154: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

146

o Gewinnausschüttung in Form von Aktien.

I.2.1 Kapitalflüsse

Gliederung

• Unterteilung in Assets (Verbindlichkeiten des Auslands gegenüber Südafrika) und Liabilities (Verbindlichkeiten Südafrikas gegenüber dem Ausland).

• Nettobetrachtung: Erhöhungen und Abflüsse werden nicht differenziert ausgewiesen.

• Keine Gliederung der Flussgrössen nach Ländergruppen. Die Nettokapitalflüsse werden zwischen Südafrika und dem Rest der Welt aus-gewiesen.

• Gliederung nach Direktinvestitionen, Portfolioinvestitionen und anderen Investitionen.

• Gliederung der Direktinvestitionen (gemäss SARB 2001)

o Bankensektor (Monetärer Sektor)

o Nicht-monetärer Privatsektor (Privater Nichtbankensektor)

• Gliederung der Portfolioinvestitionen (gemäss SARB 2001)

o Öffentliche Hand

o Öffentliche Unternehmen

o Bankensektor (Monetärer Sektor)

o Nicht-monetärer Privatsektor (Privater Nichtbankensektor)

• Gliederung der anderen Investitionen (gemäss SARB 2001)

o Monetäre Amtsgewalt (Monetary Authority)

o Öffentliche Hand

Page 155: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

147

o Öffentliche Unternehmen

o Bankensektor (Monetärer Sektor)

o Nicht-monetärer Privatsektor (Privater Nichtbankensektor)

• Gliederung der Direktinvestitionen (gemäss SARB 1993)

o Nicht-monetärer Privatsektor: Aktienkapital, langfristige und kurzfristige Kredite

• Gliederung der nicht direkten Investitionen (Portfolioinvestitionen und andere Investitionen) (gemäss SARB 1993)

o Nicht-monetärer Privatsektor: Langfristige und kurzfristige In-vestitionen

o Andere Sektoren: Direktinvestitionen und nicht direkte In-vestitionen nicht getrennt ausgewiesen

Erfassung

• Die Flussgrössen werden zu deren effektivem Transaktionswert erfasst.

• Aktien werden direkt zu ihrem Handelskurs bewertet. Die anderen Kapitalflüsse werden aus den Rechnungsbüchern der Unternehmen berechnet. Wechselkursbedingte Veränderungen werden bereinigt.

• Die SARB führte 1973, 1980 und 1989 eine Vollerhebung durch. Die Angaben für die dazwischenliegenden Jahre basieren auf Stichproben und Hochrechnungen aufgrund der Ergebnisse der Vollerhebung.

Aussagekraft

• Nettokapitalflüsse sagen nichts über das Ausmass der Kapitalabflüsse und der Kapitalzuflüsse aus. Liegt ein Nettokapitalzufluss vor, so sind die Zuflüsse grösser als die Abflüsse. Sanktionen untersagten aber nur den Zufluss von Investitionen. Die Angaben lassen also nicht überprüfen, wie

Page 156: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

148

gross der Zufluss trotz Sanktionen war. Die Zunahme von Investitionen in gewissen Quartalen zeigt aber, dass gewisse Neuinvestitionen getätigt wurden.

• Die Kapitalflüsse sind zudem nicht nach Herkunftsland unterteilt. Die Angaben lassen sich also darauf nicht überprüfen, inwiefern die sanktionierenden Länder die Sanktionen befolgt haben, inwiefern Schlupf-löcher Kapitalzuflüsse ermöglichten und wie hoch der Kapitalfluss nicht sanktionierender Länder war.

• Die Daten zeigen, in welchen Bereichen (andere Investitionen, insb. kurzfristige Bankkredite) der Kapitalabfluss am grössten war.

• Die Daten zeigen, dass der Bankensektor, die Regierung und öffentliche Unternehmen auch während der Sanktionszeit Kapital aufnehmen konnten.

• Die Daten zeigen, dass die Aktienbestände bei den FDI zugenommen haben, während die kurzfristigen Kredite eingebrochen sind.

I.3 Datenlage der SNB

Gliederung

• Die Schweizerische Nationalbank (SNB) erfasste seit Anfang 1986 den Kapitalbestand und die Kapitalbewegungen von Direktinvestitionen (FDI) zwischen Südafrika und der Schweiz.114 Die Daten sind nicht weiter unterteilt.

• Die Schweizerische Nationalbank (SNB) erfasste seit Anfang 1986 die Flussgrössen der bewilligungspflichtigen Kapitalexporte. Die bewilligungspflichtigen Kapitalexporte sind in Notes, Anleihen und Kredite unterteilt (vgl. 4.2.5. Wirtschaftsmassnahmen der Schweiz).

114 Die Daten waren zu Beginn des Projekts nicht öffentlich zugänglich. Ein interner Verwaltungs-

bericht, welcher über das Internet zugänglich war, enthielt jedoch die Daten. Die SNB hat in der Folge, nach Rücksprache mit den Firmen, die Daten veröffentlicht.

Page 157: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

149

Erfassung

• Während der Sanktionszeit wurden die Daten der Direktinvestitionen auf Grundlage eines, von 500 Unternehmen freiwillig auszufüllenden, Fragebogens erhoben. Seit 1993 besteht für grössere, im Ausland tätige Firmen eine Auskunftspflicht (SNB 2001, 44). Gemäss Auskunft SNB führte dies aber zu keinen ersichtlichen Ungenauigkeiten.

• Auch die Flussgrössen der Direktinvestitionen enthalten die reinvestierten Gewinne, während die SARB die reinvestierten Gewinne nur bei den Be-standesgrössen ausweist.

• Gewisse Kapitalexporte unterlagen der Meldepflicht und sind ent-sprechend erfasst.

Aussagekraft

• Die Entwicklung der Kapitalflüsse bei den Direktinvestitionen und bei den Kapitalexporten haben nur eine beschränkte Aussagekraft: Die FDI enthalten die reinvestierten Gewinne, weshalb der Kapitalfluss von Neu-investitionen nicht identifiziert werden kann. Die gemeldeten Kapital-exporte sind nur ein Teil des gesamten Kapitalexports. Der gesamte Kapitalexport kann nicht eruiert werden.

I.4 Vergleich SNB - SARB

Die SARB weist die Bestandesgrössen der Direktinvestitionen für die Ländergruppe Rest of Europe aus. Der Anteil der Schweiz kann geschätzt werden (vgl. Anhang II). Auch die SNB weist den Bestand der schweizerischen Direktinvestitionen aus. Die interdepartementale Arbeitsgruppe zur statistischen Überwachung der Wirtschaftsbeziehungen mit Südafrika erwähnt einen um Faktor 4 höheren Bestand an schweizerischen Direktinvestitionen bei der SARB als bei der SNB (in IDA 1999b, 17).

Diese Abweichung ist unserer Meinung nach auf einen Umrechnungsfehler

Page 158: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

150

zurückzuführen. Die SNB hielt die Schweizer Firmen dazu an, den Bestand an Direktinvestitionen mit dem Financial Rand umzurechnen.115 Wird hingegen der handelsübliche Wechselkurs (Commercial Rand) verwendet, so ergeben sich signifikante Unterschiede bei den Beständen (vgl. Abbildung 33): Die Bestände der SARB liegen je nach Jahr 46%-90% über den Beständen der SNB. Werden die Bestände jedoch korrekt mit dem Financial Rand umgerechnet, so liegen die Angaben der SARB im Durchschnitt nur noch 8% über den Angaben der SNB (vgl. Abbildung 34). Die Differenz hat sich um 83% verringert. Die ausgewiesenen Bestände der SARB und der SNB bewegen sich somit in ähnlichen Grössenordnungen. Wir folgern daraus, dass auch die von der SNB ausgewiesenen Kapitalflüsse zwischen der Schweiz und Südafrika mit Daten der SARB verglichen und verrechnet werden können.

Abbildung 33: Unterschiede SNB-SARB I

Differenzen SNB - SARB (Bestand FDI)Wechselkurs: Commercial Rand

0

500

1'000

1'500

2'000

2'500

3'000

3'500

1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992

in M

io. R

and

Schweiz (SARB) Schweiz (SNB)

Quelle: South Africa’s balance of payments 1946-1992 (SARB), SNB

115 Südafrika führte 1985 in Folge der Schuldenkrise einen gespaltenen Wechselkurs ein. Der Kurs

des sog. Commercial Rand war der im Inland vorherrschende, und für gewisse ausländische Transaktionen geltende, Kurs. Der Financial Rand wurde vor allem für den Kauf und den Verkauf des Grossteils der ausländischen Investitionen verwendet (SARB 1991, 19). Dividenden und Zinsen konnten zum normalen Wechselkurs repatriiert werden. Der Wechselkurs des Financial Rand wurde mit einem Abschlag von bis zu 55% gegenüber dem Commercial Rand gehandelt (SARB 1993, B-149f).

Page 159: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

151

Abbildung 34: Unterschiede SNB-SARB II

Differenzen SNB - SARB (Bestand FDI)Wechselkurs: Financial Rand

0

500

1'000

1'500

2'000

2'500

3'000

3'500

1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992

in M

io. R

and

Schweiz (SARB) Schweiz (SNB)

Quelle: South Africa’s balance of payments 1946-1992 (SARB), SNB

Die verbliebenen Unterschiede in der Höhe von durchschnittlich 8% können auf verschiedene Gründe zurückgeführt werden:

1. Die Schätzung des Anteils der Schweiz an der Ländergruppe Rest of Europe kann zu Ungenauigkeiten führen.

2. Zwischen 1985 und 1990 betrug der Anteil der sog. Offshorezentren an den gesamten Beständen 8% (Auskunft SNB). FDI in Offshorezentren werden letztlich in andere Länder weitergeleitet. Die Firmen haben die Zielländer ihrer Investitionen anzugeben. Aus verschiedenen Gründen geschieht dies aber nicht immer. Für die SARB ist es jedoch einfacher, das Ursprungsland der Investitionen zu identifizieren, als für die SNB, das Empfängerland zu eruieren. Entsprechend könnten dadurch die FDI der Schweiz zu tief ausgewiesen sein.

3. Die SNB erfasste erst seit 1985 die FDI, während die SARB dies bereits seit 1956 tat. Die SARB führte unter anderem 1980, 1989 und 1995 eine Vollerhebung (Zensus) durch, gestützt auf welche sie die auf Stichproben basierenden Daten der Zwischenjahre revidierte (SARB 1991, 12). Ungenauigkeiten in den Hochrechnungen erklären die Differenzen teilweise. Die SNB stützte sich zu Beginn auf eine freiwillige Umfrage bei 500 Unternehmen. Seit 1993 besteht für grössere, im Ausland tätige

Page 160: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

152

Firmen eine Auskunftspflicht (SNB 2001, 44). Gemäss SNB führte die Datenerhebung mittels freiwilliger Befragung zu keinen ersichtlichen Ungenauigkeiten. Dennoch kann der eingeschränkte Erhebungskreis auf zu tiefe FDI schliessen.

4. Die SNB hat allen Firmen auf Anfrage den Financial Rand als Umrechnungskurs mitgeteilt. Möglicherweise haben einige Firmen ihre Bestände dennoch mit dem ‚normalen’ Commercial Rand umgerechnet. War dies der Fall, sind die in Rand umgerechneten Zahlen der SNB in Abbildung 34 zu tief ausgewiesen.

5. Die SARB erfasste Beteiligungen mit einer Stimmkraft von über 25% als Direktinvestitionen, während die SNB die Abgrenzung bei 10% vornahm. Neuerdings hat die SARB die Grenze ebenfalls auf 10% gesenkt und die alten Daten grösstenteils revidiert. Die neue Abgrenzung hatte aber nur marginale Veränderungen der Daten zur Folge (SARB 3, 2001). Dies ist darauf zurückzuführen, dass der grösste Teil der FDI in Zweig-niederlassungen und Tochtergesellschaften, welche (beinahe) vollständig von der ausländischen Muttergesellschaft kontrolliert werden, fliesst (IMF 1977, 138). Der unterschiedliche Grenzwert für FDI erklärt die Unterschiede, wenn überhaupt, nur sehr beschränkt.

Page 161: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

153

Anhang II: Schätzung der Bestandgrössen

Die SARB unterteilt den Bestand an ausländischen Investitionen erst seit 1992 nach Ländern. Vor 1992 wurden die Investitionen nach Ländergruppen ausgewiesen. Die 6 Regionen waren: EG, Rest Europas, Nord- und Südamerika, Afrika, Asien und Ozeanien. Die Anteile der Schweiz an den Investitionen aus Rest Europa und den USA an Nord- und Südamerika in den Jahren 1992 und 1993 wurden als Schätzgrösse für die Berechnung der Anteile in den Jahren vor 1992 verwendet:

Tabelle 7: Berechnung der Investitionen aus den USA und der CH

JahrDirekt-

investitionenIndirekte

InvestitionenSchweiz 1992 2'715 11'034Rest Europas 1992 3'193 12'053Anteil CH an Rest of Europe 1992 85.0% 91.5%Schweiz 1993 2'929 10'899Rest Europas 1993 3'471 12'210Anteil CH an Rest of Europe 1993 84.4% 89.3%

Anteil CH an Rest of Europe Mittelwert 1992-1993 84.7% 90.4%USA 1992 2'842 17'451Nord- und Südamerika 1992 3'252 18'533Anteil USA an Nord- und Südamerika 1992 87.4% 94.2%USA 1993 3'667 22'638Nord- und Südamerika 1993 4'229 23'569Anteil USA an Nord- und Südamerika 1993 86.7% 96.0%

Anteil USA an Nord- und Südamerika Mittelwert 1992-1993 87.1% 95.1%

Quelle: SARB (Diverse Quarterly Bulletins und South African Department of Finance Mission in

Europe 1995, 10)

Page 162: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

154

Anhang III: Methodik zu Quantifizierung der Kosten von Wirtschaftssanktionen

Die Methodik zur Berechung der Kosten von Wirtschaftssanktionen kann anhand eines Angebot-Nachfrage-Diagrams erklärt werden. Die Berechnungen des Institute for International Economics (Hufbauer et al. 2001b und Hufbauer et al. 1985) basieren auf diesem Ansatz. Die Kostenverteilung der Wirtschafts-sanktionen kann mit Hilfe weiterer Modelle auf einzelne Bevölkerungsschichten oder Branchen runtergebrochen werden (z.B. Bayoumi 1990). Die Methodik wird im Folgenden am Beispiel von Finanzsanktionen gegen Südafrika erklärt.

Finanzsanktionen greifen in den Investitionsmarkt ein. Das Investitionsvolumen festverzinslicher Investitionen ist abhängig vom realen Zinssatz,116 das Volumen an Beteiligungskapital von der erwarteten Rendite.117 Je höher der Zins, desto mehr Investitionen werden getätigt. Die Nachfrage nach Investitionen steigt, je tiefer der Zinssatz ist. Das Angebot an Investitionen steigt, je höher der Zinssatz ist. Abbildung 35 gibt die fallende Nachfragekurve und die steigende Angebotskurve im Investitionsmarkt für Südafrika wieder.

116 Realer Zinssatz = Nominaler Zinssatz minus Inflationsrate 117 Der Einfachheit halber wird im Folgenden nur von Zins, und nicht jeweils von Zins und Rendite

gesprochen.

Page 163: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

155

Abbildung 35: Angebot-Nachfrage-Diagram

Investitionsvolumen (Menge)

Zinssatz / Rendite(Preis)

AngebotmS (Investitionen)

AngebotoS (Investitionen)

Nachfrage (Investitionen)

MengeoSMengemS

PreismS

PreisoS

A

B

C

••

••D

Abkürzungen:oS: ohne SanktionenmS: mit Sanktionen

•F

G

H

I

E

J•

In Abbildung 35 treffen sich in Punkt B das Investitionsangebot und die Investitionsnachfrage. Der Zinssatz (PreisoS) ist genau so hoch, dass die Anbieter diejenige Menge an Investitionen (MengeoS) zur Verfügung stellen, wie zu diesem Zinssatz nachgefragt wird.

Werden nun Finanzsanktionen verhängt, so reduziert sich das Investitionsangebot, da sich einige Anbieter vom Markt zurückgezogen haben. Die Angebotskurve verschiebt sich im Beispiel um die Strecke DB nach links. Zum Zinssatz (PreisoS) wird nur noch die Menge D angeboten. Zwischen der neuen Angebotskurve AngebotmS und der unveränderten Nachfragekurve besteht beim Zinssatz PreisoS ein Nachfrageüberhang nach Investitionen (Strecke DB). Einige Nachfrager sind bereit, einen höheren Zins für die Investitionen zu bezahlen um nicht leer auszugehen. Der Nachfrageüberhang löst folglich eine Zinssteigerung aus. Die Zinssteigerung reduziert wiederum die Nachfrage, erhöht aber das Angebot, da der Zinssatz höher als zuvor ist. Neue Anbieter drängen beim erhöhten Zinssatz auf den Markt, oder bestehende Anbieter weiten ihr Investitionsangebot aus. Es entsteht ein neues Gleichgewicht im Punkt A. In Punkt A entspricht das Angebot (mit Sanktionen) wieder der nachgefragten Menge beim erhöhten Zinssatz PreismS.

Page 164: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

156

Wohlfahrtsverlust im Angebot-Nachfrage-Diagram

Wie gross waren die Kosten der Finanzsanktionen für Südafrika? Um dies zu beantworten, muss das Konzept der Konsumentenrente erklärt werden. Die Kon-sumenten von Investitionen sind die Nachfrager.

Die Konsumentenrente stellt den Nutzen aller Nachfrager, welche diese bei einem bestimmten Preis(Zins)-Mengen-Verhältnis erzielen, dar. Viele Nachfrager wären bereit, mehr als den Gleichgewichtszinssatz (Ohne Sanktionen: PreisoS) zu bezahlen. Der Nutzen, die sogenannte Konsumentenrente, ist die Differenz zwischen ihrer Zahlungsbereitschaft und dem Gleichgewichtszinssatz. In der Grafik gibt die Nachfragekurve die Zahlungsbereitschaft wieder. Die Fläche zwischen der Nachfragekurve und dem Gleichgewichtszinssatz stellt die Konsu-mentenrente für alle Nachfrager nach Investitionen in Südafrika dar. Ohne Sanktionen ergibt sich also eine Konsumentenrente im Umfang des Dreiecks GBE. Mit Sanktionen reduziert sich die Konsumentenrente auf das Dreieck FAE. Die Konsumentenrente reduziert sich um die Fläche GBAF. Die Fläche GBAF stellt den Wohlfahrtsverlust für Südafrikas Nachfrager dar.

In der Grafik wird aber auch klar sichtbar, dass sich der Profit der verbleibenden Investoren, südafrikanische wie auch Investoren aus nicht sanktionierenden Ländern, aufgrund des gestiegenen Zinssatzes erhöht. Der Gewinn süd-afrikanischer Anbieter kann aber den Verlust der südafrikanischen Nachfrager nicht kompensieren.118 Für Südafrika resultiert ein Nettoverlust aufgrund der Sanktionen.

Die analogen Überlegungen können für Handelssanktionen angestellt werden. Exportsanktionen reduzieren ebenfalls die Konsumentenrente, während die ver-bleibenden Anbieter, südafrikanische wie auch ausländische, vom erhöhten Güter-preis profitieren. Von Importsanktionen sind die südafrikanischen Produzenten betroffen. Ihr Profit (Produzentenrente) reduziert sich, da sich die Nachfragekurve aufgrund der Sanktionen nach links verschiebt, der Preis und die Menge folglich sinken. Die südafrikanischen Produzenten können weniger absetzen, und dies nur zu einem tieferen Preis.

118 Auf die Beweisführung wird nicht weiter eingegangen.

Page 165: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

157

Determinanten des Wohlfahrtsverlustes

Die Grösse des Wohlfahrtsverlusts (Kosten) ist abhängig von:

1. Ausmass der Linksverschiebung der Angebotskurve (Nachfragekurve)

2. Von der Steilheit der Angebotskurve und der Nachfragekurve

Zu 1: Die Linksverschiebung ist desto grösser, je mehr Länder sich an den Sanktionen beteiligen, je grösser der Anteil der ausländischen Investitionen an den gesamten Investitionen ist und je weniger die Sanktionen umgangen werden können. Je grösser die Linksverschiebung, desto höher sind die Kosten der Sanktionen.

Zu 2: Die Steilheit der Angebotskurve119 ist von der Preiselastizität des jeweiligen Angebots (Investitionen, Güter) abhängig. Die Preiselastizität des Angebots ist als Veränderung des Angebots auf eine Veränderung des Preises definiert:

Preiselastizität des Angebots = Prozentuale Veränderung des Angebots / Prozentuale Veränderung des Preises

Steigt also der Zinssatz (Preis) aufgrund der Sanktionen an, und dehnen die verbleibenden Anbieter als Reaktion auf den erhöhten Zins ihr Angebot stark aus, so ist die Preiselastizität des Investitionsangebots hoch. Hohe Preiselastiztitäten sind auf den Finanzmärkten normal. Investoren reagieren sensibel auf Zinsänderungen.120 Die Angebotskurve ist flach.

Je weniger das Angebot auf eine Preiserhöhung reagiert, desto geringer ist die Preiselastizität des Angebots. In Abbildung 36 sind die beiden steileren Angebotskurven preisunelastischer als die flachen Angebotskurven. Preis-unelastische Angebotskurven erhöhen die Wirkung von Wirtschaftssanktionen. Die Konsumentenrente wird stärker reduziert (Dreieck F’A’E ist kleiner als

119 Das Konzept der Preiselastizität wird anhand der Angebotskurve erklärt. Analoge Überlegungen

gelten für die Nachfragekurve. 120 Eine geringe Preiselastizität der Nachfrage ist bei Grundnahrungsmittel, für welche keine

Ersatzprodukte existieren, zu beobachten. Erhöht sich beispielsweise der Preis von Salz, so reduziert dies die Nachfrage nach Salz nicht stark. Die Nachfrage nach Salz reagiert nicht stark auf Preisveränderungen. Eine hohe Preiselastizität findet sich bei Gütern, für welche Substitutionsprodukte bestehen und welche sog. ‚Luxusartikel’ sind. Steigt der Preis einer bestimmten Schokolade an, so reduziert sich die Nachfrage verhältnismässig stark, da der Kunde auf andere Schokoladen oder andere Süssigkeiten ausweicht, oder ganz auf Schokolade verzichtet.

Page 166: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

158

Dreieck FAE).

Finanzmittel sind aber typischerweise sehr elastisch. Bereits eine kleine Zinserhöhung aufgrund eines fehlenden Anbieters genügt, um neue Anbieter anzuziehen. Die Wirkung von Finanzsanktionen eines einzelnen Anbieters ist entsprechend gering (Das Dreieck F’A’E’ ist nicht viel kleiner als das Dreieck FAE).121

Abbildung 36: Angebot-Nachfrage-Diagram (Unterschiedliche Neigung der Angebotskurve)

Investitionsvolumen (Menge)

Zinssatz / Rendite(Preis)

AngebotmS (Investitionen):Geringe Preiselastizität des Angebots

AngebotoS (Investitionen):Geringe Preiselastizität des Angebots

Nachfrage (Investitionen)

MengeoSMengemS

PreismSPreisoS

AB

•••D

Abkürzungen:oS: ohne SanktionenmS: mit Sanktionen

••FF‘

E

A‘•

Menge‘mS

Preis‘mS

121 Die Elastizitäten werden in den jeweiligen Fallbeispielen geschätzt (Hufbauer et al. 1985, 106).

Page 167: Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika während der Apartheid · 2016-02-28 · während der Apartheid Die Wirkung der offiziellen Handels- und Finanzsanktionen und der Einfluss der

NFP 42+ / Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika B,S,S.

159

Anhang IV: Klagen von Hausfeld et al.

Cause of Action (p. 165f)

678. Plaintiffs reallege each and every paragraph set forth above as if fully set forth herein

679. Defendants violated the Alien Tort Claims Act, 28 U.S.C §1350, and customary international law enforceable in this Court as federal common law and the law of nations:

a. Defendants aided and abetted the apartheid regime in South Africa in the commission of the crimes of apartheid, forced labor, genocide, extra-judicial killing, torture, sexual assault, unlawful detention, and cruel, unusual and degrading treatment, and offenses committed in furhterance of or ancillary to those crimes.

b. Defendants provided substantial assistance and/or encouragement to the apartheid regime of South Africa.

c. Defendants participated in the criminal enterprise of apartheid.

d. Defendants are liable as joint venturers for the conduct alleged herein.

e. Defendants acted in the face of an unjustifiably high risk of harm that was either known or so obvious that it should have been known.

f. Defendants acted with disregard of a substantial risk of harm to the African population.

g. Defendants acted in conscious disregard of known dangers to the African population.

h. Defendants acted with deliberate indifference to a substantial risk of harm to the African population.

680. Defendants are liable to plaintiffs for compensatory and punitive damages, as well as appropiate equitable and injunctive relief.