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LEADER Lëtzebuerg West Wëllkomm - Bienvenue - Willkommen LOKALE ANTWORTEN AUF GLOBALE HERAUSFORDERUNGEN GROSSHERZOGTUM LUXEMBURG EUROPÄISCHER DORFERNEUERUNGSPREIS 2020 IN DER LEADER-REGION LËTZEBUERG WEST DIE GEMEINDE GARNICH

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LEADERLëtzebuerg West

Wëllkomm - Bienvenue - Willkommen

LOKALE ANTWORTEN AUF

GLOBALE HERAUSFORDERUNG

EN

GROSSHERZOGTUM LUXEMBURG

EUROPÄISCHERDORFERNEUERUNGSPREIS 20

20

IN DER LEADER-REGION LËTZEBUERG WESTDIE GEMEINDE GARNICH

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TEILNEHMER

GEMEINDEGarnich

Landgemeinde bestehend aus den 4 Ortschaften: Garnich, Dahlem, Hivange, Kahler

in der LEADER-Region Lëtzebuerg West

REGION/ LANDRegion Zentrum/Süden, Kanton Capellen

LEADER-Region Lëtzebuerg West

STAATGroßherzogtum Luxemburg

EINWOHNERZAHL2.167 EW (Stand 2019)

ANSPRECHPARTNERHerr Bürgermeister Georges Fohl

ADRESSEAdministration communale de Garnich

15, Rue de l’Ecole L – 8353 Garnich

T. (+352) 38 00 19 1

WEBwww.garnich.lu

www.letzebuergwest.lu

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Garnich, als kleinste Mitgliedsgemeinde der LEADER-Region Lëtzebuerg West, hat in den letzten Jahren große Anstrengungen unternommen, um ihre lokale Entwicklung im Sinne ihrer EinwohnerInnen zu fördern.

Dabei wurde in den einzelnen Dörfern konsequent auf eine partizipative Vorgehensweise gesetzt sowie auf eine enge Partnerschaft mit der lokalen Arbeitsgruppe (LAG) im Rahmen des LEADER-Programms.

Mit der Erfahrung aus vielen erfolgreichen LEADER-Projekten stand die LAG Lëtzebuerg West auch der Gemeinde Garnich helfend zur Seite.

Die bis dato geleistete Arbeit entspricht der LEADER-Zielsetzung, den Menschen die Möglichkeit zu geben, aktiv an der Gestaltung ihrer Dörfer mitzuarbeiten und sich dann auch mit dem Resultat zu identifizieren.

Das Großherzogtum Luxemburg hat seit 1996 insgesamt 11 Kandidaturen für den Europäischen Dorferneuerungspreis eingereicht. Es ist für uns als Gemeinde sowie als Region eine große Ehre, dass die Kandidatur der Gemeinde Garnich in Partenariat mit der LEADER-Region Letzebuerg West für 2020 von Regierungsseite zurückbehalten wurde.

Das Erreichte gibt uns Ansporn, unsere Bemühungen weiter zu führen und die regionale Entwicklung im ländlich geprägten Westen Luxemburgs im Sinne unserer MitbürgerInnen weiter zu gestalten.

vorwort

Georges FOHLBürgermeister der Gemeinde

Garnich

Christiane EICHERPräsidentin

der LAG Lëtzebuerg West

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Inhaltsverzeichnis

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A. ECKDATEN

A.1 Lage und Fläche

A.2 Einwohnerzahl, -entwicklung und -struktur

A.3 Beschäftigungssituation und Unternehmen

A.4 Aktive Vereine und Bürgerbewegungen

A.5 Beteiligung / Mitgliedschaft

A.6 Umweltrelevante Daten

A.7 Technische Infrastruktur

A.8 Soziale Infrastruktur

A.9 Finanzen

A.10 Besonderheiten/ Charakteristika

B. BESCHREIBUNG DES ENTWICKLUNGSPROZESSES

B.1 Ausgangssituation

B.2 Beginn des Prozesses

B.3 Ziele und Visionen

B.4 Konkrete Umsetzungsschritte

B.4.1 Bürgerbeteiligung - „Bottom-up“ statt „Top-down“

B.4.2 Wege aus der Klimakrise

B.4.3 Natur bewahren

B.4.4 Land und Wirtschaft

B.4.5 Multimobilität

B.4.6 Bildung und soziale Einrichtungen im Kontext des demographischen Wandels

B.4.7 Kultur und Identität

B.4.8 Neues Leben in alten Mauern

B.4.9 Gemeinsam auf allen Ebenen

B.5 Methoden und Strategien

C. ERGEBNISSE UND EVALUIERUNG

D. ZUKÜNFTIGE PRIORITÄTEN UND PROJEKTE

E. ZUSAMMENFASSUNG UND PROJEKTMATRIX

6

8111519202225303437

38

3942444546525660687477829096

98

100

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LEADERLëtzebuerg West

Wëllkomm - Bienvenue - Willkommen

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6 | Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich

VorbemerkungenDie Gemeinde Garnich liegt im ländlichen Raum mit Verdichtungsansätzen, im Januar 2020 zählte sie 2.167 EinwohnerInnen. Bei einer Gemeindefläche von rund 20,9 km2 entspricht das 104 EinwohnerInnen pro km2.

Abbildung 1: Raumtypologien im Großherzogtum Luxemburg (rote Umrandung = Gemeinde Garnich, schwarze Umrandung = Abgrenzung Region LEADER Lëtzebuerg West). Quelle: „Programme Directeur“, Stand: 2002

ECKDATEN

A.

LÄNDLICHE GEBIETELändlicher RaumLändlicher Raum mit VerdichtungsansätzenStädtische Zentren im ländlichen Raum

STÄDTISCHE GEBIETEVerdichteter städtischer RaumStark verdichteter städtischer Raum

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 7

Die Gemeinde Garnich ist Mitglied der LEADER-Region Lëtzebuerg West. Diese wurde im Jahr 2007 gegründet und besteht aus den Gemeinden Garnich, Koerich, Mamer, Mersch und Steinfort sowie den Fusionsgemeinden Habscht (bestehend aus den ehemaligen Gemeinden Septfontaines und Hobscheid, wobei nur das ehemalige Septfontaines LEADER-Mitgliedsgemeinde ist) und Helperknapp (ehemalige eigenständige Gemeinden Boevange/Attert und Tuntange, beide LEADER-Mitglied), die zum 1.1.2018 im Rahmen eines Verwaltungszusammenschlusses entstanden sind.

GEMEINDE EINWOHNER FLÄCHE KM2 E/KM2

Garnich 2.167 20,9 104

Habscht/TeilSeptfontaines

893 15,0 60

Helperknapp 4.241 37,6 113

Koerich 2.591 18,9 137

Mamer 9.730 27,5 354

Mersch 9.643 49,7 194

Steinfort 5.281 12,2 433

LEADER-Region Lëtzebuerg West 34.546 181,8 190

GD Luxembourg 613.894 2.586 237

Anteil LEADER-Region Lëtzebuerg West 5,63% 7,03%

Die Lokale Aktionsgruppe (LAG) LEADER Lëtzebuerg West ist eine der fünf LAGs in Luxemburg, welche im Rahmen des LEADER-Programms unterstützt werden. Sie liegt im Westen des Großherzogtums Luxemburg, westlich der Hauptstadt Luxemburg. Die Region ist ein heterogenes Gefüge, das aber aufgrund seiner naturräumlichen sowie kultur-, siedlungs- und wirtschaftsgeschichtlichen Gemeinsamkeiten eine „Einheit“ bildet.

Die folgenden Kapitel stellen die Gemeinde Garnich in der LEADER-Region Lëtzebuerg West in all ihren Facetten vor. Dabei basiert das Dokument auf unterschiedlichen Quellen wie z.B. statistisches Landesamt STATEC, Ministerium für nachhaltige Entwicklung und Infrastrukturen/Abteilung Landesplanung oder Berufskammern.

Aufgrund verschiedener Stichtage und Erhebungsmethoden kann es zu Abweichungen zwischen den einzelnen Daten kommen. Nicht immer sind gemeindescharfe Daten vorhanden, einige Daten werden nur im Rahmen der Volkszählungen erhoben – die jüngste datiert aus dem Jahr 2011.

• Gemeinde Garnich: 2.167 EinwohnerInnen (2019), bei einer Gemeindefläche von rund 20,9 km2 also 104 EinwohnerInnen pro km2.

• LEADER-Region Lëtzebuerg West mit 7 Gemeinden, gegründet 2007: 34.546 EinwohnerInnen (2019) auf 181,8 km² Gesamtfläche, d.h. 190 EinwohnerInnen pro km2.

• LEADER als Initiative der europäischen Union mit dem Ziel, Menschen in ländlichen Regionen zu mobilisieren und ihnen dabei zu helfen, ihre eigenen Ideen zu verwirklichen.

Abbildung 2: Einwohnerzahlen der Gemeinde Garnich, der Region LEADER Lëtzebuerg West und des GD Luxembourg im Jahr 2019. Quelle: www.statec.lu

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8 | Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich

LAGE UND FLÄCHE Raumstrukturelle EinordnungDie Gemeinde Garnich liegt in der Region Centre-Sud im Kanton Capellen und in der LEADER-Region Lëtztebuerg West, nach „Programme Directeur“ liegt sie im ländlichen Raum mit Verdichtungsansätzen („espace rurbain“).

Die LEADER-Region Lëtzebuerg West verläuft west- bis nordwestlich der Stadt Luxemburg hufeisenförmig vom belgischen Grenzgebiet bis ins Zentrum des Landes.

Die raumtypologischen Gegebenheiten der Mitgliedsgemeinden von LEADER Lëtzebuerg West sind auf den ersten Blick vergleichbar – im Detail jedoch teilweise sehr unterschiedlich.

Die Verfasser des „Programme Directeur“ sprechen daher überwiegend vom „ländlichen Raum mit Verdichtungsansätzen“ („espace rurbain“). Hier ist die Angebotsvielfalt auf dem Arbeitsmarkt ausgeprägter als im ländlichen Raum, der Anteil der Landwirte an den Erwerbstätigen ist im Vergleich geringer. Dies trifft, wie oben beschrieben, auch auf die Gemeinde Garnich zu.

Mit Mersch und Steinfort verfügt das Gebiet über zwei regionale Zentren als Standort für eine überörtliche Grundversorgung. Sie werden daher als „centres urbains en milieu rural“ bezeichnet.

Mamer ist durch die unmittelbare Nähe zum Oberzentrum Luxemburg-Stadt teilweise aus raumtypologischer Sicht dem Verdichtungsraum („espace urbain dense“) zuzuordnen.

Erreichbarkeit und AnbindungDie Gemeinde Garnich wie auch die übrigen Gemeinden der LEADER-Region Lëtzebuerg West liegen nur unweit von Luxemburg-Stadt entfernt. Mersch und Steinfort stellen die beiden regionalen Zentren in der Region dar.

Die Pendlerströme in der Region sind hoch - die EinwohnerInnen pendeln zwischen ihrem Arbeitsplatz (bei vielen Menschen in der Hauptstadt) und dem Wohnort hin und her. Gerade die kleineren Gemeinden drohen aufgrund der fehlenden Arbeitsplätze und Versorgungsmöglichkeiten reine Schlafgemeinden zu werden. In den größeren Gemeinden ist zumindest das Potential vorhanden, eine sinnvolle Mischung zu erhalten bzw. zu fördern. In beiden Fällen ist jedoch zunehmend eine mangelnde Identifikation der Menschen mit ihrem Wohnort festzustellen.

In der Gemeinde Garnich ist im Zeitraum zwischen 2002-2017 ein Anstieg der Betriebe und der Arbeitsplätze zu erkennen, besonders seit 2015 durch die Schaffung der interkommunalen Gewerbezone ZARO westlich von Kahler. Dies bedeutet, dass die Gemeinde als Arbeitsstandort an Bedeutung gewonnen hat.

A.1

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 9

Höhenlage und NiederschlägeDas Eisch-Mamer-Gutland liegt mit Geländehöhen zwischen 250 und 400m ü.NN im kollinen bis submontanen Bereich. Die mittleren Niederschlagshöhen liegen zwischen 800 und 900mm/Jahr. Die Jahresmitteltemperatur erreichen Werte zwischen 8 und 9°C.

Die Gemeinde Garnich liegt zwischen 306 und 398m ü.NN.

Gesamtfläche und SiedlungsflächeDie Gemeinde Garnich hat eine Gesamtfläche von rund 20,9 km2, davon fallen ca. 6% auf nicht durchgängig städtisch geprägte Flächen.

Die Gesamtfläche der LEADER-Region Lëtzebuerg West beträgt 181,8 km2, davon fallen ca. 11% auf nicht durchgängig städtisch geprägte Flächen.

Landnutzung Gemeinde Garnich Anteil [%]

Nicht durchgängig städtisch geprägte Flächen 5,91

Straßen- / Eisenbahnnetze und funktionell zugeordnete Flächen

0,54

Nicht bewässertes Ackerland 18,65

Wiesen und Weiden 22,90

Heterogene landwirtschaftliche Flächenmit komplexer Parzellenstruktur

27,94

Landwirtschaftlich genutztes Land mit Flächen natürlicher Vegetation von signifikanter Größe

8,98

Laubwälder 15,09

Landnutzung LEADER-Region Lëtzebuerg West Anteil [%]

Nicht durchgängig städtisch geprägte Flächen 11,04

Industrie- / Gewerbeflächen 1,21

Straßen- / Eisenbahnnetze und funktionell zugeordnete Flächen

0,16

Abbauflächen 0,07

Baustellen 0,10

Nicht bewässertes Ackerland 11,84

Wiesen und Weiden 16,49

Heterogene landwirtschaftliche Flächenmit komplexer Parzellenstruktur

15,97

Landwirtschaftlich genutztes Land mit Flächen natürlicher Vegetation von signifikanter Größe

6,02

Laubwälder 24,99

Nadelwälder 2,79

Mischwälder 9,26

Wald / Strauch / Übergangsstadien 0,07

Abbildung 3: Landnutzung der Gemeinde Garnich im Jahr 2019. Quelle: www.sig-gr.eu. Abbildung 4: Landnutzung der LEADER Region Lëtzebuerg West im Jahr 2019. Quelle: www.sig-gr.eu.

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10 | Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich

Zuordnung der Gemeinde Garnich und der LEADER-Region Lëtzebuerg West im europäischen KontextDas Großherzogtum Luxemburg, mit seiner zentralen Lage innerhalb Europas, gehört der europäischen Großregion „Saar - Lor - Lux - Rheinland-Pfalz - Wallonie - Französische und Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens“ an. Die Gemeinde Garnich sowie die LEADER-Region Lëtzebuerg West grenzen im Westen an die belgische Provinz Luxemburg – „Province du Luxembourg“ an. Deren Provinzhauptstadt Arlon ist ca. 12 km Luftlinie von Garnich entfernt und bietet alle Funktionen eines Mittelzentrums.

Landschaftsräumliche EinordnungDas Großherzogtum Luxemburg unterteilt sich landschaftlich in vier Hauptgebiete. Das Ösling als Grundgebirge im Norden, das Gutland im Zentrum des Landes, die Minette im Süden und das Moseltal im Osten.

Landschaftlich wird die LEADER Region Lëtzebuerg West dem Gutland zugeordnet.

Abbildung 5: Räumliche Lage des Großherzogtums Luxemburg in der Großregion (oben links), der Gemeinde Garnich (unten links) mit ihren vier Ortschaften (rot umrandet) und der Region LEADER Lëtzebuerg West (rechts). Quelle: www.tf-grenzgaenger.eu, www.geoportail.lu, www.letzebuergwest.lu; Stand: Januar 2020

• Lage im Westen Luxemburgs, an der belgischen Grenze.• Gemeinde Garnich: Ländlicher Raum mit

Verdichtungsansätzen • LEADER-Region Lëtzebuerg West: Neben ländlichem

Raum mit Verdichtungsansätzen finden sich regionale Zentren (Mersch, Steinfort) sowie städtische Verdichtungsräume (Mamer)

• Anstieg der Bedeutung der Gemeinde Garnich als Arbeitsstandort zwischen 2002-2017.

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 11

BevölkerungsentwicklungDie Gemeinde Garnich hat im Jahr 2019 2.167 EinwohnerInnen, die LEADER-Region 34.546. Wie die Graphik zeigt, ist in der gesamten LEADER-Region Lëtzebuerg West seit 1821 ein stetiges Bevölkerungswachstum zu verzeichnen, abgesehen von einem sehr leichten Rückgang in den Jahren 1851 bis 1900. Von 1821 bis 2019 hat sich die Einwohnerzahl der Region insgesamt mehr als vervierfacht. In der Gemeinde Garnich hat sich die Einwohnerzahl mehr als verdreifacht.

Abbildung 6: Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Garnich und der Region LEADER Lëtzebuerg West von 1821 - 2019. Quelle: www.statec.lu.

A.2 EINWOHNERZAHL, - ENTWICKLUNG UND -STRUKTUR

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12 | Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich

Gemeinde 1821 1851 1900 1947 1960 1970 1981 1991 2001 2019 1947 - 2019

Garnich 666 987 1.026 920 888 980 1.111 1.264 1.495 2.167 +135,54%

Habscht / Teil Septfontaines 897 1.068 845 600 519 550 484 624 777 893 +48,83%

Helperknapp 1.705 2.447 1.859 1.629 1.475 1.446 1.752 2.144 2.787 4.241 +160,34%

Koerich 964 1.521 1.343 1.140 1.250 1.238 1.392 1.517 1.802 2.591 +127,28%

Mamer 1.223 1.783 1.948 2.070 2.455 3.123 5.423 6.264 6.753 9.730 +370,05%

Mersch 2.223 3.286 2.989 3.367 3.480 4.004 4.817 5.970 7.012 9.643 +186,40%

Steinfort 652 940 1.620 2.149 2.338 2.582 2.845 3.421 4.065 5.281 +145,74%

LEADER West 8.330 12.032 11.630 11.875 12.405 13.923 17.824 21.204 24.691 34.546 +190,91%

GD Luxembourg 134.082 194.719 234.674 290.992 314.889 339.841 364.602 384.634 439.539 613.894 110,97%

Bei der Analyse der Bevölkerungsentwicklung der einzelnen Mitgliedsgemeinden fällt auf, dass alle Gemeinden in der Region in der Nachkriegszeit seit 1947 gewachsen sind – jedoch mit unterschiedlicher Kontinuität und auch unterschiedlich stark. Die Gemeinde Garnich ist in der Zeit von 1947-2019 um 135,5% gewachsen. Die größten Zuwächse hatte die am nächsten der Stadt Luxemburg gelegene Gemeinde Mamer, deren Einwohnerzahl sich in diesem Zeitraum mehr als vervierfacht hat.

Abbildung 7: Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Garnich, der Region LEADER Lëtzebuerg West sowie des GD Luxembourg 1821-2019. Quelle: www.statec.lu.

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 13

Abbildung 8: Altersstruktur in der Gemeinde Garnich und in der LEADER-Region Lëtzebuerg West 2001 und 2011. Quelle: www.statec.lu.

Abbildung 9: Altersstruktur in der Gemeinde Garnich, der LEADER-Region Lëtzebuerg West sowie im GD Luxembourg 2001 und 2011 im Vergleich. Quelle: www.statec.lu.

Altersstruktur in der Gemeinde Garnich und in der LEADER-Region Lëtzebuerg West 2001 und 2011In der Gemeinde Garnich betrug der Anteil der unter 20 Jährigen im Jahr 2001 26%, die Altersgruppe der 20-60 Jährigen machte 53% aus und die über 60 Jährigen hatten mit 21% den geringsten Anteil an der Gesamtbevölkerung. In den darauffolgenden 10 Jahren fand eine leichte Verschiebung statt. Der Anteil der unter 20 Jährigen blieb bei 26%, die 20-60 Jährigen stellten 58% der Bevölkerung und der Anteil der über 60 Jährigen fiel auf 17%.

Altersstruktur im VergleichDie Altersstrukturen der Gemeinde Garnich, der LEADER-Region Lëtzebuerg West und des Großherzogtums Luxemburg sind tendenziell vergleichbar.

MinderheitenMinderheiten, im Sinne einer numerisch unterlegenen Bevölkerungsgruppe im Vergleich zur Gesamtbevölkerung, gibt es weder in der Gemeinde Garnich noch in der LEADER-Region Lëtzebuerg West.

Permanent und temporär WohnendeIn Garnich gibt es einen sehr geringen Anteil von temporär Wohnenden (unter 1%), der überwiegende Anteil der Bevölkerung wohnt permanent dort. Dies gilt insgesamt für die LEADER-Region Lëtzebuerg West.

2001 0-19 20-60 60+ 2011 0-19 20-60 60+

Garnich 1.495 26% 53% 21% 1.861 26% 58% 17%

Helperknapp 2.787 29% 58% 13% 3.312 26% 59% 15%

Koerich 1.802 28% 57% 15% 2.283 27% 57% 16%

Mamer 6.753 24% 59% 17% 7.473 23% 56% 21%

Mersch 7.012 25% 58% 17% 7.973 23% 57% 20%

Habscht 777 28% 58% 15% 744 22% 61% 17%

Steinfort 4.065 27% 57% 16% 4.356 23% 58% 19%

LEADER-Region 24.691 26% 58% 16% 28.002 24% 57% 19%

GD Luxembourg 439.589 25% 57% 19% 512.353 23% 58% 19%

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14 | Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich

AusländeranteilIn der Gemeinde Garnich machten AusländerInnen im Jahr 2001 25% der Gesamtbevölkerung aus, in der LEADER-Region Lëtzebuerg West waren es 35%, im Großherzogtum waren es 37%. Das Wachstum in den folgenden zehn Jahren fiel in der Gemeinde Garnich und in der LEADER-Region Lëtzebuerg West moderat aus (Ausländeranteil 2011 Gemeinde Garnich 26%, LEADER-Region 36%), stieg im Großherzogtum jedoch weiter stark an (Ausländeranteil 2011 43%). Luxemburg ist bekannt für seinen hohen Anteil ausländischer MitbürgerInnen und nimmt im EU-weiten Vergleich mit 47,5% im Jahr 2019 sogar die Spitzenposition ein.

Der überwiegende Teil der in der Gemeinde Garnich wohnenden AusländerInnen stammt aus Belgien (114 Personen), Portugal (88 Personen) und Frankreich (76 Personen).

Auch in der LEADER-Region Lëtzebuerg West stammen die meisten AusländerInnen aus diesen Herkunftsländern (Portugal 3.239 Personen, Belgien 1.506 Personen und Frankreich 1.347 Personen).

Abbildung 11: Herkunft der AusländerInnen in der Gemeinde Garnich 2011. Quelle: www.statec.lu

Abbildung 10: Ausländeranteil in der Gemeinde Garnich, in der LEADER-Region Lëtzebuerg West und im GD Luxembourg 2001 und 2011 im Vergleich. Quelle: www.statec.lu.

2001 2011

Garnich 379 25% 487 26%

LEADER Region 8.588 35% 10.211 36%

GD Luxembourg 162.285 37% 220.522 43%

Im Vergleich zum Landesdurchschnitt:• Überdurchschnittlich hohes Bevölkerungswachstum.• Altersstruktur in etwa gleich.• Unterdurchschnittlicher Ausländeranteil.• AusländerInnen überwiegend aus Belgien, Portugal und

Frankreich.

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 15

Aktive Bevölkerung In der Gemeinde Garnich zählten im Jahr 2002 39% der EinwohnerInnen zur „aktiven Bevölkerung“, in der LEADER-Region Lëtzebuerg West waren es 45,5%. Im Jahr 2018 zählten 43% der EinwohnerInnen Garnichs zur „aktiven Bevölkerung“, in der LEADER-Region Lëtzebuerg West waren es 42,74%.

Gemeinde GARNICH 2002 2018 Veränderung 2002-2018

Bevölkerung 1.511 2.129 +41%

Aktive Bevölkerung 591 918 +55%

davon arbeitend 583 890 +53%

davon arbeitslos 8 28 +350%

Arbeitslosenquote 1,35% 3,05% +1,7%

Anteil der aktiven Bevölkerungan der Gesamtbevölkerung 39,11% 43,12% +4,01%

LEADER Region Lëtzebuerg West 2002 2018* Veränderung 2002-2018

Bevölkerung 23.107 37.405 +62%

Aktive Bevölkerung 10.521 15.988 +52%

davon arbeitend 10.300 15.340 +49%

davon arbeitslos 221 648 +193%

Arbeitslosenquote 2,10% 4,05% +1,95%

Anteil der aktiven Bevölkerungan der Gesamtbevölkerung 45,5% 42,74% -2,76%

Abbildung 12: Aktive Bevölkerung in der Gemeinde Garnich sowie der LEADER-Region Lëtzebuerg West (im Jahr 2018 wird die Fusionsgemeinde Habscht insgesamt betrachtet) im Vergleich 2002 und 2018. Quelle: www.statec.lu.

A.3 BESCHÄFTIGUNGSSITUATION UND UNTERNEHMEN

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16 | Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich

Im Großherzogtum Luxemburg betrug die Arbeitslosenquote im Jahr 2018 5,99%, liegt also über der Arbeitslosenquote in der Gemeinde Garnich und der LEADER-Region Lëtzebuerg West.

Die Entwicklung der Arbeitslosenquote in der Gemeinde Garnich und in der LEADER-Region Lëtzebuerg West folgt dem allgemeinen Trend, liegt aber unter dem Landesdurchschnitt.

FrauenerwerbsquoteAnalog zur Bevölkerungsentwicklung ist in der Gemeinde Garnich und in der LEADER-Region Lëtzebuerg West auch die Anzahl der Erwerbstätigen gestiegen. Dabei hat sich die Frauenerwerbsquote in der LEADER-Region Lëtzebuerg West in den 10 Jahren zwischen 2001 und 2011 deutlich erhöht und lag 2011 mit 46% weit über dem Landesdurchschnitt (40 %).

Arbeitsmarkt und Pendleraufkommen Die Pendlerströme in Garnich und in der LEADER-Region Lëtzebuerg West sind hoch - die EinwohnerInnen pendeln hauptsächlich aus ihrem Wohnort hin zu ihrem Arbeitsplatz außerhalb.

Gerade die kleineren Gemeinden wie Garnich drohen aufgrund der fehlenden Arbeitsplätze und Versorgungsmöglichkeiten reine Schlafgemeinden zu werden.

In der Gemeinde Garnich sind überwiegend Arbeitsplätze in den Bereichen Dienstleistung und Handel vorhanden, so dass auch Pendlerströme in die Gemeinde vorhanden sind.

Des Weiteren ist die Gemeinde Garnich Mitglied im interkommunalen Zweckverband ZARO und Miteigentümer der gleichnamigen 27 ha großen „Zone d’Activités de la Région Ouest“ (regionale Gewerbezone) in der Nachbargemeinde Steinfort (Grass) an der Gemeindegrenze zu Garnich.

Der „Landesplan – Gewerbe und Industrie“ sieht eine Ausweitung dieser Zone vor sowie weitere Gewerbezonen in der Gemeinde Mamer (Windhof) und Koerich (Windhof).

Anzahl der ArbeitsplätzeÜber die aktuelle Situation der wirtschaftlichen Aktivitäten gibt die Anzahl der Betriebe Aufschluss. Der Großteil der Betriebe zählt wie im gesamten Großherzogtum zum tertiären Sektor.

Abbildung 13: Frauenerwerbsquote in der LEADER-Region Lëtzebuerg West und im GD Luxembourg im Vergleich 2001, 2005 und 2011. Quelle: www.statec.lu. Anmerkung: Für die Gemeinde Garnich liegen keine gemeindescharfen Daten vor.

Abbildung 15: Pendlerströme nach/aus der Gemeinde Garnich (2011). Quelle: eigene Darstellung auf Basis von Daten von Statec.

Abbildung 14: Anzahl der Betriebe in der Gemeinde Garnich, in der LEADER-Region Lëtzebuerg West und im GD Luxembourg 2005. Quelle: www.statec.lu.

2001 2005 2011

LEADER-Region 39% 41% 46%

GD Luxembourg 37% 38% 40%

Industrie Baugewerbe Dienstleistung Gesamt

Garnich 4 6 36 46

LEADER-Region 74 135 1.134 1.343

GD Luxembourg 1.162 2.112 22.154 25.428

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 17

Anzahl der Betriebe/UnternehmenIm Jahr 2007 gab es in Garnich 51 Unternehmen (in der Region 1.378 Unternehmen). Innerhalb von fünf Jahren sind in Garnich 10 neue Unternehmen hinzugekommen, in der LEADER-Region Lëtzebuerg West 398 neue Unternehmen.

Der überwiegende Anteil der Firmen (526) in der LEADER Region hatte ihren Sitz in Mamer, gefolgt von Steinfort (383), Koerich (364) und Mersch (321). Gerade in diesen Gemeinden sind auch jeweils eine oder mehrere Industrie- bzw. Gewerbezonen vorzufinden (Mamer, Mersch und Wandhaff / Steinfort und Koerich).

Boevange Garnich Koerich Mamer Mersch Septfontaines Steinfort Tuntange Region

2007 49 51 262 401 287 26 264 38 1.378

2012 43 61 364 526 321 24 383 54 1.776

Landwirtschaftliche BetriebeIn der landwirtschaftlich geprägten Gemeinde Garnich nimmt die Bedeutung der Landwirtschaft, analog zu den Tendenzen, die auch auf Landesebene festzustellen sind, ab. In Garnich gab es im Jahr 1962 72 landwirtschaftliche Betriebe, im Jahr 2012 nur noch 24.

Wie die untenstehende Abbildung zeigt, nimmt die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe auch in der LEADER-Region Lëtzebuerg West ab. Gab es 1962 noch 517 Betriebe, so waren es 2012 nur noch 132.

Abbildung 16: Anzahl der Betriebe/Unternehmen in Garnich und der LEADER-Region Lëtzebuerg West 2007 und 2012. Quelle: www.statec.lu.

1962 1972 1982 1992 2002 2012

Garnich 73 57 40 35 27 24

LEADER-Region 517 380 261 205 152 132

GD Luxembourg 10.250 7.029 4.804 3.702 2.553 2.137

Abbildung 18: Landwirtschaftliche Betriebe in der Gemeinde Garnich und der LEADER-Region Lëtzebuerg West von 1962 - 2012. Quelle: www.statec.lu.

Abbildung 17: Landwirtschaftliche Betriebe in der Gemeinde Garnich und der LEADER-Region Lëtzebuerg West von 1962 - 2012. Quelle: www.statec.lu.

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18 | Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich

BeherbergungsbetriebeIn der Gemeinde Garnich findet man keine Beherbergungsbetriebe. In der LEADER-Region Lëtzebuerg West gab es im Jahr 2020 15 Beherbergungsbetriebe (ohne AirBnB).

GästebettenIn der Gemeinde Garnich findet man keine Gästebetten, in der LEADER-Region Lëtzebuerg West gab es im Jahr 2014 1.788 Gästebetten.

Eine gemeinsame Initiative des Tourismusministeriums und des Ministeriums für nachhaltige Entwicklung und Infrastrukturen ist das „EcoLabel“ für umweltfreundliche Tourismusbetriebe. In der LEADER Region Lëtzebuerg West sind zwei Betriebe mit diesem Label ausgezeichnet worden.

In der Gemeinde Garnich nimmt der Tourismus, vor allem der Tagestourismus, stetig zu. Gründe hierfür sind u.a. das regionale Kino „KINOLER“ (in Kahler) oder die Graffitis des Künstlers Alain Welter, die weit über die Gemeindegrenze hinweg bekannt sind.

Dazu hat die LEADER Region Lëtzebuerg West vielfältige touristische Ausflugsziele und –möglichkeiten zu bieten. Allein die natürlichen und kultur-historischen Gegebenheiten bilden eine solide Grundlage für einen „sanften“ Tourismus.

2016 wurde der regionale Tourismusverband Zentrum/Westen („ORT Guttland“) gegründet, der auch die Weiterentwicklung des sanften Tourismus in der Region zum Ziel hat.

• Niedrige aber steigende Arbeitslosenquote (unter Landesniveau).

• Zuwachs der aktiven Bevölkerung in Garnich, Rückgang in der Region.

• Hohe Bedeutung des tertiären Sektors.• Starke Pendlerströme innerhalb der LEADER-Region

Lëtzebuerg West und zur Hauptstadt Luxemburg.• In der Gemeinde Garnich überwiegend Arbeitsplätze in

den Bereichen Dienstleistung und Handel vorhanden.• Die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe nimmt

stetig ab.• Keine Beherbergungsbetriebe in der Gemeinde Garnich,

Anzahl der Beherbergungsbetriebe in der Region konstant, auch Anzahl der Gästebetten seit 2000 auf gleichem Niveau.

1995 2000 2005 2010 2014 2020

LEADER-Region 20 21 19 17 16 15

1995 2000 2005 2010 2014

LEADER-Region 1.632 1.764 1.797 1.789 1.788

Abbildung 19: Beherbergungsbetriebe in der LEADER-Region Lëtzebuerg West von 1995 - 2020. Quelle: www.statec.lu sowie ORT Guttland.

Abbildung 20: Gästebetten in der LEADER-Region Lëtzebuerg West von 1995 - 2014. Quelle: www.statec.lu sowie ORT Guttland.

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 19

In der Gemeinde Garnich ist eine sehr aktive Bürgerbeteiligung vorhanden. Hier haben sich drei Bürgervereine gegründet, ein weiterer im Hauptort Garnich ist gerade in der Gründungsphase. Die Vereine setzen zahlreiche Projekte um und verfügen über ein eigenes, frei verfügbares Budget für die Umsetzung ihrer Projekte.

Vereine Das Vereinsleben in der Gemeinde und der Region ist noch weitestgehend intakt. Es sind eine Fülle von aktiven Zusammenschlüssen in den verschiedensten thematischen Bereichen vorzufinden, wie z.B. Traditionsvereine, Sportvereine, Hobbyvereine, Musikvereine, Kulturvereine, Umwelt- und Naturschutzvereine, Selbsthilfe-, karitative und humanitäre Vereine sowie Förder- und Trägervereine. Diese bestehen sowohl auf Gemeindeebene als auch gemeindeübergreifend.

In Garnich sowie in den anderen Gemeinden der LEADER-Region Lëtzebuerg West stehen Kulturzentren für das örtliche Vereinsleben zur Verfügung. Auch sind in allen Gemeinden Jugendclubs zu finden.

AKTIVE VEREINE UND BÜRGERBEWEGUNGEN

• In Garnich sowie in der LEADER Region Lëtzebuerg West sind zahlreiche Vereine, sowohl auf Gemeindeebene als auch gemeindeübergreifend, vorhanden.

A.4

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BETEILIGUNG / MITGLIEDSCHAFT

Interkommunale ZweckverbändeBei einem „Syndicat“ (im Folgenden „Zweckverband“ genannt) handelt es sich um einen Zusammenschluss mehrerer kommunaler Gebietskörperschaften zur interkommunalen Kooperation in verschiedenen Bereichen, z.B. Wasserversorgung, Abfallentsorgung, Umweltschutz.

Zweckverbände sind gerade für kleine Gemeinden wichtig, da sie dadurch im regionalen Kontext mehr Gewicht erhalten sowie zudem im Verbund komplexe Aufgabenstellungen besser und effizienter lösen können.

Des Weiteren bestehen auch Kooperationen zwischen Gemeinden, die sich auf ein konkretes Projekt beziehen, beispielsweise der Errichtung von Altersheimen (Mamer, Steinfort) oder einer gemeinsamen Kinderkrippe mit der Gemeinde Dippach.

Die Gemeinde Garnich und die Gemeinden der LEADER Region Lëtzebuerg West sind in folgenden Zweckverbände Mitglied (Stand: Januar 2020).

• Die Gemeinde Garnich ist Mitglied in unterschiedlichen Zweckverbänden zur interkommunalen Kooperation.

A.5

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 21

Abbildung 21: Mitgliedschaften der Gemeinde Garnich und der übrigen Gemeinden der Region LEADER Lëtzebuerg West in Zweckverbänden. Quelle: www.syvicol.lu, Stand: Januar 2020

Zweckverbände/ Gemeinden Garnich Helper-knapp Koerich Mamer Mersch

Habscht(Teil Sept-fontaines)

Steinfort

Zweckverbände im Bereich wirtschaftliche Zusammenarbeit

ZARO (für regionale Gewerbe-zone)

Zweckverbände im Bereich Wasserversorgung

SEC

SES

Zweckverbände im Bereich Abfallentsorgung

SICA

SIDEC

SIDOR

Zweckverband im Bereich Abwasserentsorgung

SIDERO

Zweckverbände im Bereich Naturschutz

SICONA-CENTRE

SICONA-OUEST

Sonstige

HIS (für Interkommunales Krankenhaus)

SICEC (für interkommunales Krematorium)

SIGI (für kommunales IT-Management)

SYVICOL (Zusammenschluss der Städte und Gemeinden Luxemburgs)

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UMWELTRELEVANTE DATEN

Der Netto-Wohnbauflächenverbrauch war in der Gemeinde Garnich überdurchschnittlich hoch – obwohl Garnich keine Zentralörtlichkeit besitzt. In der Region war er in den letzten Jahrzehnten am stärksten in Mamer (Lage im Verdichtungsraum) sowie Mersch und Steinfort (Zentrale Orte).

Insgesamt wird durch das auch weiterhin erwartete Bevölkerungswachstum sowie den propagierten Wohnungsmangel in Luxemburg der Siedlungsdruck weiter hoch sein und der Bodenverbrauch auch weiterhin ansteigen.

Parallel zum Bevölkerungswachstum steigt auch die Inanspruchnahme der Siedlungsfläche deutlich an – prioritär aufgrund des hohen Wohnbauflächenbedarfs. Jahr

Total HausabfallGemeinde Garnich

Total Hausabfall LEADER-Region Lëtzebuerg West

kg kg/EW*a kg kg/EW*a

2013 245.878 126,6 5.541.362 182,6

2017 247.851 118,1 5.867.131 172,9

Müllaufkommen pro Kopf und Jahr Trotz zunehmender Bevölkerung ist es in den vergangenen Jahren gelungen, die Restabfallmenge pro EinwohnerIn sowohl in der Gemeinde Garnich als auch der gesamten LEADER-Region Lëtzebuerg West zu senken. Dies ist unter anderem auf eine verbesserte Mülltrennung zurückzuführen.

Abbildung 23: Müllaufkommen in der Gemeinde Garnich und der LEADER-Region Lëtzebuerg West von 2013 und 2017. Quelle: www.environnement.public.lu.

A.6

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Wasserverbrauch pro Kopf und Jahr In der Gemeinde Garnich ist der Wasserverbrauch seit 2015 stetig gesunken und lag 2018 mit 109,5l/ EinwohnerIn/Tag unter dem nationalen Zielwert für den Wasserverbrauch bis zum Jahr 2020 von 120 l/EinwohnerIn/Tag.

Schutzgebiete In der Gemeinde Garnich findet man ein ausgewiesenes nationales Naturschutzgebiet (RN RF 17 „Hautcharage-Griechten“). Des Weiteren hat die Gemeinde Anteil an vier Natura-2000-Gebieten.

In der LEADER-Region Lëtzebuerg West gibt es 5 bereits ausgewiesene und weitere 6 noch auszuweisende nationale Naturschutzgebiete (davon 3 in der Ausweisungsprozedur). Sie hat zudem Anteil an 8 europäischen Natura-2000-Schutzgebieten, die eine Gesamtgröße von 188,7 km2 besitzen.

Abbildung 22: Nationale Naturschutzgebiete und NATURA-2000-Gebiete in der Gemeinde Garnich und der LEADER-Region Lëtzebuerg West. Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von www.geoportail.lu, Stand: Januar 2020

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Klimaschutz Dem „Klimapakt für Gemeinden - Pacte climat“, einem Qualitätsmanagement- und Zertifizierungssystem, das vom European Energy Award (EEA) inspiriert ist, sind neben der Gemeinde Garnich auch alle anderen Gemeinden der LEADER-Region Lëtzebuerg West beigetreten.

Außer der Fusionsgemeinde Habscht sind alle Gemeinden der LEADER-Region mittlerweile auch zertifiziert, alle mit dem Klimapakt-Silber-Lable (>50%) - wobei die Gemeinde Garnich mit 77,1% die höchstbewertete Gemeinde in der Region ist.

• Die Bautätigkeit und somit die Inanspruchnahme von Boden hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen, aufgrund des bestehenden Wohnflächenbedarfs.

• Das Restmüllaufkommen pro Kopf und Jahr ist in den vergangenen Jahren zurückgegangen, prioritär durch verbesserte Mülltrennung.

• Die Gemeinde Garnich hat Anteil an einem ausgewiesenen sowie an zwei noch auszuweisenden nationalen Schutzgebieten.

• In der Region sind 5 bereits ausgewiesene sowie 6 noch auszuweisende nationale Naturschutzgebiete vorhanden.

• Die Gemeinde Garnich hat Anteil an 4 europäischen Natura-2000-Schutzgebieten, die LEADER-Region an 8 europäischen Natura-2000-Schutzgebieten.

• Die Gemeinde Garnich sowie alle anderen Gemeinden der LEADER-Region Lëtzebuerg West engagieren sich im „Pacte climat“.

Gemeinde Beitrittsdatum Status

Garnich 17.09.2014 Commune certifiée 50%

Habscht 07.01.2016 Commune engagée

Helperknapp 14.01.2013 Commune certifiée 50%

Koerich 13.03.2013 Commune certifiée 50%

Mamer 01.01.2013 Commune certifiée 50%

Mersch 01.01.2013 Commune certifiée 50%

Steinfort 01.01.2013 Commune certifiée 50%

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 25

TECHNISCHE INFRASTRUKTURWertstoffverwertung Die Gemeinde Garnich sowie die anderen Gemeinden der LEADER-Region Lëtzebuerg West sind Mitglied in interkommunalen Abfallsyndikaten, die für die Abfallsammlung und -entsorgung zuständig sind. Diese sind:

• SICA (Syndicat intercommunal pour l’hygiène publique du canton de Capellen),

• SIDEC (Syndicat intercommunal pour la gestion des déchets) und

• SIDOR (Syndicat intercommunal pour la gestion des déchets en provenance des ménages et des déchets assimilables des communes des cantons de Luxembourg, d’Esch et de Capellen).

Je nach Müllart sind in den Gemeinden Hol- (z.B. Restmüll, Kunststoff) oder Bringsysteme (z.B. Grünschnitt, Altkleider) initialisiert. Außerdem sind die Gemeinden an stationäre Recyclingparks angeschlossen, wo weitere Wertstoffe recycelt werden können (z.B. Elektroabfälle). Der Grünschnitt der Region wird in den Kompostierungsanlagen Diekirch-Fridhaff, Angelsberg und Mamer gesammelt.

Des Weiteren übernimmt die vom Umweltministerium initiierte “SuperDrecksKëscht“ Entsorgungsaufgaben bei problembehafteten Stoffen von Betrieben und Privatleuten.

Das Pro-Kopf-Müllaufkommen in der Gemeinde Garnich betrug im Jahr 2017 116,42 kg. Im selben Jahr lag die Recyclingquote in der Gemeinde bei 71,60%.

A.7

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Abbildung 24: SIDERO-Kläranlagen in der LEADER-Re-gion Lëtzebuerg West (links) und Versorgungsnetz und Mitgliedsgemeinden des Trinkwasserzweckverbandes SES (rechts). Quelle: www.geoportail.lu/ SES Koerich, Stand: Januar 2020

Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung Für den Bereich der Abwasserbehandlung in der Gemeinde Garnich und der LEADER-Region Lëtzebuerg West übernimmt das interkommunale Abwassersyndikat SIDERO (Syndicat intercommunal de dépollution des eaux résiduaires de l’ouest) die Abwasserklärung. Gemäß aktuellem Statut sind 22 Gemeinden Mitglied dieses Zweckverbands, der seinen Sitz in der Gemeinde Mersch (Beringen) hat.

Im Zuständigkeitsbereich des Abwassersyndikates SIDERO befinden sich 20 mechanische und 25 biologische Kläranlagen - von Letztgenannten 8 in der LEADER-Region Lëtzebuerg West mit einer Gesamtreinigungsleistung von 123.250 Einwohnergleichwerten.

Die Gemeinde Garnich hat aktuell eine biologische Kläranlage, die die Abwässer der Ortschaften Dahlem, Garnich und Hivange reinigt. Um die Reinigungsleistung zu verbessern, ist der Zweckverband gerade dabei, die drei Ortschaften an die modernere und leistungsfähigere Gruppenkläranlage in Mamer anzuschließen

(Anschluss für 2022 geplant, dann Schließung der Kläranlage Garnich). Die Ortschaft Kahler, die aktuell nach Steinfort entwässert, wird mittelfristig an eine in Planung befindliche grenzüberschreitende Kläranlage für den Einzugsbereich der oberen Eisch angeschlossen.

Obwohl es in der Gemeinde Garnich eine Vielzahl von Quellen gibt, wird im Bereich Trinkwasserversorgung keine als lokale Trinkwasserquelle genutzt. Seit 2008 betreibt die SES („Syndicat des eaux du sud“) zwei Tiefbrunnen in Hivange im Bereich Rebierg, die hauptsächlich als Notreserve dienen.

Der vor einigen Jahren durch den Zweckverband SES in der Gemeinde Garnich errichtete zentrale Trinkwasserbehälter versorgt vom Rebierg in Hivange aus das gesamte SES-Einzugsgebiet mit Trinkwasser.

Die überörtliche Versorgung mit Trinkwasser wird für die Gemeinden Garnich, Koerich, Mamer, Habscht und Steinfort vom Syndikat SES (Syndicat des Eaux du

Sud) und für die Gemeinden Helperknapp und Mersch vom Syndikat SEC (Syndicat des Eaux du Centre) sichergestellt. Das Trinkwasser wird den Gemeinden von dem jeweiligen Syndikat bereitgestellt, für die lokale Versorgung ihrer EinwohnerInnen sind die Gemeinden zuständig, wobei hierzu auch lokale Brunnenanlagen dort, wo es aufgrund der Grundwasservorkommen möglich ist, genutzt werden.

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 27

Stromversorgung Die Energieversorgung wird in großen Teilen Luxemburgs durch zwei Unternehmen gewährleistet: Creos Luxembourg (Betreiber des Strom- und Erdgasnetzes) und Enovos (Energielieferant). Als Anbieter von Strom bietet Enovos seinen Kunden seit 2012 ausschließlich Ökostrom aus erneuerbaren Energien an, der sowohl im Großherzogtum als auch im europäischen Ausland produziert wird.

Die Creos ist in weiten Teilen des Großherzogtums zuständig für den Transport und die Verteilung elektrischer Energie. Die Gemeinde Garnich sowie die anderen Gemeinden der LEADER Region Lëtzebuerg West sind an das Stromnetz von CREOS angeschlossen.

Regenerative Energien sind im Großherzogtum auf dem Vormarsch, insbesondere um den geringen Eigenenergieanteil zu erhöhen. Die Verbreitung privater Maßnahmen (wie kleinere Biogas- bzw. Solar- oder Photovoltaikanlagen) nimmt ebenfalls zu.

Im Bereich Wasserkraft sind einige kleinere Projekte in der Region zu finden: In Boevange/ Attert betreiben drei Privatleute seit 2004 ein 23-Kilowatt-Wasserkraftwerk. Zum Einsatz kommt nicht etwa eine Turbine an einem Staudamm, sondern eine einfache Schnecke („Archimedesschraube“).

In der Gemeinde Garnich sind bereits einige Gemeindedächer mit Photovoltaikanlagen belegt. Zudem werden u.a. einige Gemeindedächer „kommerziell“ an den Strom- und Gas-Netzbetreiber „Sudgaz“ verpachtet sowie weitere im Rahmen der LEADER-Bürger-Energiegenossenschaft zur Gewinnung von Sonnenenergie genutzt werden.

Hinsichtlich der Windkraftnutzung sind aktuell im Gebiet der LEADER-Region Lëtzebuerg West noch keine Anlagen zu finden. In der Gemeinde Garnich wurde jedoch Ende 2019 der Bau von drei Windkraftanlagen genehmigt, so dass im Laufe des Jahres 2020 mit dem Bau von zwei Anlagen mit einer Leistung von jeweils 6,4 MW begonnen werden kann.

Erdgasversorgung Nicht alle Gemeinden des Großherzogtums sind aktuell an das Ferngasnetz angeschlossen.

Die Gemeinde Garnich ist bereits seit den 1990er Jahren an das Erdgas-Netz der Sudgaz angeschlossen.

In der LEADER-Region Lëtzebuerg West haben die Gemeinden Koerich, Mamer, Mersch und Steinfort Zugang zum luxemburgischen Gasnetz der Creos Luxembourg.

Da Luxemburg keine natürlichen Erdgasvorkommen besitzt, müssen 100% des Bedarfes aus dem Ausland importiert werden.

Biogasversorgung Obwohl die Gemeinde Garnich keine eigene Biogasanlage besitzt, werden Teile des gemeindlichen Gasbedarfs durch Biogas gedeckt, welches von der größten Biogasanlage Luxemburgs (Inbetriebnahme 2011) auf Quatre-Vents in der Gemeinde Kehlen stammt.

Unter dem Prinzip der Nass-Vergärung wird seit Inbetriebnahme jährlich eine Masse von ca. 50.000 Tonnen Material energetisch genutzt. Damit können 2,8 Millionen Kubikmeter Biomethan hergestellt werden, das in das bestehende Erdgasnetz eingespeist wird. Diese Menge reicht aus, um ein Jahr lang 1.200 Haushalte zu heizen. Die Leistung kann bei Bedarf noch um weitere 20 Prozent gesteigert werden.

Betreiber der Biogasanlage ist die landwirtschaftliche Genossenschaft „Naturgas Kielen“, die 2004 gegründet wurde. Ihr gehören inzwischen 30 landwirtschaftliche Betriebe aus den Gemeinden Kehlen, Mamer, Mersch, Habscht und Helperknapp an.

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28 | Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich

Versorgung mit moderner, leistungsfähiger Informations- und Kommunikationsinfrastruktur Der Kommunikationssektor kann in mehrere Bereiche unterteilt werden. Neben den klassischen Medien wie Telefon und Fernsehen (Antennen- oder Kabelfernsehen), für die die jeweiligen Anbieter entsprechende Infrastrukturen auf dem Gemeindegebiet zur Verfügung stellen müssen, sind in den letzten Jahren die „neuen Medien“ hinzugekommen. Hierbei sind landesweit diverse Mobilfunkstationen zu finden. Die Versorgung mit Glasfaser-Datenleitungen (z.B. für Netzwerke, DSL, etc.) ist abgeschlossen.

• Gemeinschaftsantennen und Kabelfernsehen werden landesweit von verschiedenen Unternehmen angeboten, so z.B. von der SOGEL.

• Im Bereich der Telekommunikation ist landesweit die „Entreprise des Postes & Télécommunications“ für Telefon- und Glasfaserkabel zuständig.

• Alle Gemeinden der LEADER Region Lëtzebuerg West sind flächendeckend mit leistungsfähigen Internetverbindungen versorgt.

• Für den Mobilfunk gibt es im Großherzogtum mehrere Anbieter, die regional unterschiedlich operieren.

Die „Nationale Strategie für Hochleistungsbreitbandanschlüsse“ (2010) plant, bis 2020 allen Haushalten ultraschnelle Breitbandzugänge bieten zu können. Luxemburg nimmt damit eine Vorreiterrolle innerhalb Europas ein. In der Gemeinde Garnich ist bereits annähernd flächendeckend ein Glasfasernetz vorhanden.

Anbindung an das ÖPNV-Netz In der Gemeinde Garnich und der LEADER-Region Lëtzebuerg West ist ein sehr gut ausgebautes Bussystem vorhanden, das größtenteils auf die Bahnhaltepunkte, Zentralen Orte und Versorgungseinrichtungen abgestimmt ist. Der Busverkehr Luxemburgs wird flächendeckend von der RGTR („Régime Général des Transports Routiers“) sichergestellt, die dem Transportministerium unterstellt ist. Die Buslinien verbinden die Ortschaften untereinander und stellen die Anbindung an wichtige Knotenpunktbahnhöfe in Mersch, Steinfort und Mamer sicher. Von diesen Bahnhöfen ist eine Anbindung an das nationale bzw. europäische Bahnnetz sichergestellt.

Ergänzt wird der Bus-Linienverkehr durch flexible Bedienformen, beispielsweise den Proxibus (Rufbussystem), den die Gemeinden Garnich, Koerich und Steinfort zusammen betreiben. Ähnliche Systeme sind auch in den Gemeinden Mersch, Mamer und Helperknapp vorhanden. Der „Night-Rider“ (privat betrieben - die Gemeinde Garnich nimmt daran teil), der an Wochenenden nachts ohne festen Fahrplan und Haltestellen verkehrt, komplettiert das Angebot.

Im März 2020 wird im Großherzogtum der kostenlose öffentliche Transport eingeführt.

Straßennetz Die Gemeinde Garnich und die LEADER-Region Lëtzebuerg West werden durch ein hierarchisch strukturiertes System aus Staatsstraßen (Routes Nationales, Chemins Repris) erschlossen. Die wichtigsten Straßen stellen dabei die N6, N7, N8, N12, N13 und N22 dar.

An höherrangigen Straßen sind die Autobahnen A6 von West nach Ost und die A7 von Nord nach Süd vorhanden.

Durch das Gebiet der Gemeinde Garnich verlaufen in West-Ost-Richtung die Autobahn A6 sowie in Nord-Süd-Richtung die Nationalstraße N13.

Somit ist eine schnelle Erreichbarkeit der zentralen Orte regional und überregional gegeben.

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 29

Abbildung 25: Straßennetz, Eisenbahnstrecken und Bahnhöfe in der Gemeinde Garnich und der LEADER-Region Lëtzebuerg West. Quelle: www.geoportail.lu, Stand: Januar 2020

• Abfallentsorgung durch Zweckverbände SICA, SIDEC und SIDOR sichergestellt.

• Abwasserentsorgung durch Zweckverband SIDERO sichergestellt.

• Überregionale Wasserversorgung hauptsächlich vom Zweckverband SES sichergestellt, 2 Brunnen zur Versorgung der Region im Bereich Rebierg in der Gemeinde Garnich.

• Energieversorgung in großen Teilen Luxemburgs durch Creos Luxembourg (Betreiber des Strom- und Erdgasnetzes) und Enovos (Energielieferant) gewährleistet.

• Aktuell keine Windkraftanlagen im Gebiet der LEADER Region Lëtzebuerg West. Es sind jedoch 3 Windkraftanlagen in Garnich geplant, von denen 2 im Jahr 2020 gebaut werden sollen.

• In der Gemeinde Garnich bereits zahlreiche Gemeindedächer mit Photovoltaikanlagen belegt. Weitere Projekte sind im Rahmen der LEADER-Bürger-Energiegenossenschaft geplant.

• Garnich bezieht sein Gas von Sudgaz, in der LEADER-Region Lëtzebuerg West haben die Gemeinden Koerich, Mamer, Mersch und Steinfort Zugang zum luxemburgischen Gasnetz der Creos.

• Die „Nationale Strategie für Hochleistungsbreitbandanschlüsse“ (2010) plant, bis 2020 allen Haushalten ultraschnelle Breitbandzugänge bieten zu können.

• Die LEADER-Region Lëtzebuerg West besitzt ein sehr gut ausgebautes Bussystem und Knotenpunktbahnhöfe in Mersch, Steinfort und Mamer sowie zusätzliche flexible Angebote.

• Im März 2020 wird im Großherzogtum der kostenlose öffentliche Transport eingeführt.

• Schnelle Erreichbarkeit der zentralen Orte regional und überregional durch Routes Nationales, Chemins Repris und Autobahnen gegeben.

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SOZIALE INFRASTRUKTUR Erziehung und BildungDas Luxemburger Schulsystem fußt auf zwei Säulen. Während das „Enseignement fondamental“ (Früherziehung, Vor- und Grundschulen) durch die Gemeinden bereitgestellt wird, ist für das „Enseigenement secondaire“ (weiterführende Schulen) der Staat zuständig:

Vor- und Grundschulen („Enseignement fondamental“)

Die Gemeinde Garnich stellt – wie alle Gemeinden der Region und des Großherzogtums - ein umfangreiches schulisches Angebot im Vorschul- und Grundschulbereich bereit. Die Klassen sind den 4 Zyklen, die „Précoce“, „Préscolaire“ und „École fondamentale“ enthalten, zugeordnet.

• Die ehemalige Früherziehung („Précoce“), heute „Zyklus 1“ für Kinder ab 3 Jahren, ist in Luxemburg für die Kinder freiwillig. Eine ihrer Hauptaufgaben ist die sprachliche Integration von nicht-luxemburgisch sprechenden Kindern.

• Die frühere „Education préscolaire“, eine zweijährige Vorschulzeit („Spillschoul“), ist als „Zyklus 1“ mittlerweile integraler Teil der Grundschule und für Kinder ab 4 Jahren verpflichtend.

• Das frühere „Enseignement primaire“ für Kinder ab dem Alter von 6 Jahren ist heute in die Zyklen 2-4 gegliedert.

Für die Organisation der Grundschulzeit zeigen sich die Gemeinden verantwortlich. Die bauliche Organisation ist dabei von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich. In der Gemeinde Garnich sind die Einrichtungen der „Précoce“, der Grundschulklassen sowie die „Maison Relais“ im Hauptort Garnich gruppiert, während das Vorschulwesen in der „Spillschoul“ in der Ortschaft Dahlem zu finden ist.

Weiterführende Schulen („Enseignement secondaire“) und Hochschulen

In der Region sind zwei Gymnasienstandorte vorzufinden.

• Das „Lycée Josy Barthel“ in Mamer ist jüngeren Datums. Es öffnete im Jahr 2003 seine Pforten und wurde mittlerweile durch einen Zweig der Europaschule Luxemburg ergänzt

• Das „Lycée Ermesinde“, das schon länger besteht, konnte 2012 in seine neuen Räumlichkeiten am Bahnhof in Mersch umziehen. Zudem gibt es hier eine Dependance des Gymnasiums Diekirch.

Aber auch die Gymnasien in der Nachbarregion, vor allem das „Atert-Lycée Redange“ im Nordwesten des Landes, können von den Jugendlichen aus Garnich sowie der LEADER-Region genutzt werden.

A.8

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Die im Jahr 2003 gegründete Universität Luxemburg ist die einzige öffentliche Universität des Großherzogtums. Als mehrsprachige, internationale und forschungsorientierte Universität hat sie aktuell drei Standorte, wobei die Verwaltung und die Mehrzahl der Fakultäten auf dem „Campus Belval“ der Gemeinden Esch/Alzette und Sanem, ca. 10km Luftlinie südlich der Gemeinde Garnich, situiert sind.

Sonstige BildungseinrichtungenLandakademie

Die Landakademie ist eine Dachstruktur, die Bildungsangebote (v.a. in der Erwachsenenbildung) in und für die Region bietet. Sie ist ein nachhaltiges Bildungs- und Entwicklungskonzept zur dezentralen, bürgernahen und bedürfnisorientierten Bildung unterschiedlicher Zielgruppen. Das Konzept wurde 2005 von den damaligen LEADER-Gruppen Redange-Wiltz und Clervaux-Vianden entwickelt. 2009 schlossen sich die LEADER Region Lëtzebuerg West sowie die Region Müllerthal der Landakademie an.

Musikschulen

Nachdem 45 Gemeinden und vier kommunale Zweckverbände Abkommen mit der UGDA gemäß Artikel 5 des Gesetzes über die Harmonisierung des Musikunterrichts im kommunalen Sektor vom 28. April 1998 unterzeichnet haben, erteilt die UGDA („Union Grand-Duc Adolphe“) seit dem Schuljahr 2013/2014 in 67 Gemeinden des GD Luxembourg den Musikunterricht.

Garnich ist seit 2016 zusammen mit Koerich, Mamer, Steinfort und Habscht (aus der Region) in der „Regionalen Musikschule Westen“ organisiert.

Pflege und BetreuungKindertagesstätten

Da die Frauenerwerbsquote auch in Garnich und der LEADER-Region Lëtzebuerg West steigt (von 39% im Jahr 2001 auf 46% im Jahr 2011), haben die ländlichen Gemeinden auf den damit verbundenen Bedarf an Kinderbetreuung reagiert. So werden in der Gemeinde Garnich wie auch im Rest der Region unterschiedliche kommunale bzw. interkommunale Einrichtungen, wie z.B. Kinderkrippen („Crèches“, 0-4 Jahre) oder Kindertagesstätten/ Kinderhorte („Maisons Relais“, 4-12 Jahre) angeboten. Das Angebot an kommunalen Kindertagesstätten wird durch private Anbieter ergänzt.

In der Gemeinde Garnich stehen Kindern von 2 Monaten bis 4 Jahren insgesamt vier Kinderkrippen zur Verfügung, von denen eine kommunal (in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Dippach) und drei privat organisiert sind. Diese befinden sich in Dippach, Dahlem und Kahler.

Die „Maison Relais“ sind Schülerhorte und bieten ein Betreuungsangebot für Kinder des ersten bis vierten Zyklus. Möglichkeit einer Früherziehung bietet die „Education précoce“ für Kinder ab 3 Jahren. Beide Angebote sind in allen Gemeinden vorzufinden.

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Mobile Hilfsdienste

Medizinische Hilfsdienste werden in allen Gemeinden von verschiedenen Trägern angeboten.

Angebote von „HELP“ (vom Luxemburger Roten Kreuz) als Hilfs- und Pflegedienste zu Hause und in Tagesstätten (Hilfe bei Verrichtungen des täglichen Lebens, Krankenpflege, Einzel- und Gruppenaktivitäten, Pflege und spezialisierte Aktivitäten sowie Hilfe im Haushalt), Koordination von zusätzlichen

Drittes Alter

In der Gemeinde Garnich sind rund 20% der Bevölkerung älter als 60 Jahre (Stand: 2017), Tendenz steigend seit 2001. In der LEADER-Region Lëtzebuerg West sieht die Altersstruktur ähnlich aus.

Es gibt daher in der Region verschiedene Vereinigungen, die spezielle Angebote für das „3. Alter“ bereitstellen oder Aktivitäten anbieten (die u.a. das aktive Mitmachen sowie die jeweiligen Kompetenzen und Fähigkeiten fördern). Diese Angebote sind fast flächendeckend zu finden und werden durch unterschiedliche Projektträger angeboten. In Garnich kümmert sich die lokale Amiperas-Sektion um die Belange der älteren Generation.

Das Angebot an Infrastrukturen für Senioren umfasst neben klassischen Betreuungsstrukturen auch Tagesstätten mit Aktivitätsangeboten.

An Alten-Pflegeheimen, an denen die Gemeinde Garnich partizipiert, sind folgende Einrichtungen vorhanden:

• In Mamer befindet sich ein „Centre Intégré Pour Personnes Agées“ (CIPA).

• Im „Hôpital Intercommunal de Steinfort“ sind Alten- und Pflegeeinrichtungen integriert.

Menschen mit Handicap

Die „Fondation Autisme Luxembourg“ mit Sitz in Mamer hat zur Aufgabe, einen auf das Handicap abgestimmten Betreuungsrahmen zu schaffen, in dem die Autonomie der Kinder gezielt gefördert wird.

Die „Ligue HMC“ betreibt seit über 50 Jahren neben Wohnheimen, Tagesbetreuungseinrichtungen und Weiterbildungseinrichtungen auch verschiedene geschützte Werkstätten für Menschen mit einer geistigen Einschränkung. Gemeinsam mit Fachpersonal werden z.B. in der Werkstatt in Capellen/ Mamer qualitativ hochwertige Produkte hergestellt und vermarktet. Als relativ neue „Kreativwerkstatt“ wurde in Capellen das „Atelier Dadafonic“ gegründet, ein professionelles Künstlerkollektiv, das sich mit Schauspiel, visueller Kunst und Bewegung beschäftigt.

Das „Bieschbecher Atelier“ der „Luxemburger Blindenvereinigung“ in der Gemeinde Mersch ist eine Werkstatt, die dem „Blindenheim“ angegliedert ist. Es bietet sehbehinderten und blinden Menschen sowie Menschen mit einem geistigen Handicap einen Arbeitsplatz, der ihren individuellen Bedürfnissen Rechnung trägt und somit zur professionellen und sozialen Integration beiträgt.

Der Verein „MSL – Multiple Sclérose Lëtzebuerg“ verfügt in der Gemeinde Helperknapp über eine Tagespflegeeinrichtung sowie ein Ferienhaus.

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Dienstleistungen (Help24 – Ruf- und Begleitsystem, Essen auf Rädern, Einkäufe, Frisör, Transport, Haushaltshilfe) sowie Beratung und Information (Beratung der Angehörigen) werden angeboten durch die „Antenne Aides et Soins Steinfort“ (mit „centre de jour“) für Garnich, Steinfort, Koerich.

Angebote von „Hëllef doheem“ („Essen auf Rädern“, „Telealarm“, häusliche Versorgung etc.) werden ebenfalls in allen Gemeinden angeboten. Die Versorgung erfolgt mobil durch die Standorte in Mamer („aide et soins à domicile“, „foyer du

jour“), Mersch („aide et soins à domicile“) und Steinfort („infirmières de liaison“). In Dahlem ist der Hilfsdienst „Coviva“ („Réseau d’Aide et de Soins“) ansässig.

Essen auf Rädern wird in allen Gemeinden der Region angeboten, wobei die Trägerstrukturen unterschiedlich sind. In Garnich ist die „Croix-rouge“ zuständig.

Sozio-kulturelle Einrichtungen

In der LEADER-Region Lëtzebuerg West sind zahlreiche sozio-kulturelle Einrichtungen vorhanden:

• In Garnich und allen anderen Gemeinden der Region stehen Kulturzentren und Jugendclubs zur Verfügung. In der Gemeinde Garnich ist ein „Club des Jeunes“ (Ortschaft Kahler) vorhanden.

• SOS Kinderdorf („Fondation Lëtzebuerger Kannerduerf“) in Mersch,

• Regionale Kulturhäuser („Mierscher Kulturhaus“, „Kinneksbond“ in Mamer)

• Vor- und Grundschulen in Garnich.• In der Region sind zwei Gymnasienstandorte

vorzufinden.• 4 Kinderkrippen in Garnich, davon eine zusammen mit

der Gemeinde Dippach.• In allen Gemeinden der Region sind

unterschiedliche kommunale bzw. interkommunale Betreuungseinrichtungen vorhanden, wie z.B. Kinderkrippen oder Kindertagesstätten/Kinderhorte.

• Zahlreiche Angebote für das „Dritte Alter“ vorhanden (Betreuungs- und Aktivitätsangebote).

• Medizinische mobile Hilfsdienste und Essen auf Rädern.• Zahlreiche sozio-kulturelle Einrichtungen in der Region

vorhanden.

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FINANZENJährlicher Haushalt der Gemeinde Garnich Die Struktur des jährlichen Haushalts der Gemeinde Garnich wird im Folgenden anhand des Haushaltsplans für das Jahr 2019 erklärt.

Er setzt sich durch Einnahmen und Ausgaben des ordentlichen Haushalts, also regelmäßig wiederkehrende Beträge, und durch Einnahmen und Ausgaben für/von Investitionen zusammen.

In der Gemeinde Garnich sind die höchsten Investitionen im Haushaltsplan für das Jahr 2019 in Höhe von 2.245.361€ im Bereich „Umweltschutz“ (v.a. Abwasser- behandlung) vorgesehen. Weitere hohe Investitionen sind in den Bereichen „Öffentliche Gebäude und Infrastrukturen“ (869.000€) und „Freizeit, Kultur und Religion“ (650.000€) geplant. In den Bereich „Allgemeine Dienste der öffentlichen Verwaltung“ sollen 153.000€, in den Bereich „Erziehung und Bildung“ 85.000€, in den Bereich „Wirtschaftliche Belange“ 50.000€ und in den Bereich „Soziale Absicherung“ 20.150€ investiert werden.

In der Gemeinde Garnich werden im Jahr 2019 pro EinwohnerIn 1.542€ an Ausgaben getätigt.

A.9

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 35

ORDENTLICHER HAUSHALT Einnahmen (€) Ausgaben (€)

Allgemeine Dienste der öffentlichen Verwaltung (z.B. Verwaltung, Organisation von Wahlen) 6.489.025 84,85% 1.895.738 33,98%

Soziale Absicherung (z.B. Crèches, Chancengleichheit, Maison Relais) 7.000 0,09% 479.705 8,60%

Öffentliche Ordnung und Sicherheit (Rettungsdienste) 4.500 0,06% 141.300 2,53%

Wirtschaftliche Belange (z.B. Land-/Forstwirtschaft, Gas-/Stromversorgung) 99.120 1,30% 230.400 4,13%

Umweltschutz (z.B. Abfall, Abwasser, Oberflächenwasser) 567.500 7,42% 632.325 11,33%

Öffentliche Gebäude und Infrastrukturen (z.B. Sozialwohnungen, Friedhöfe, Bauhof) 346.050 4,53% 1.019.575 18,27%

Gesundheit (z.B. Alters- und Pflegeheime) 0 0% 17.677 0,32%

Freizeit, Kultur und Religion (z.B. Sporthallen, Schwimmbäder) 130.000 1,70% 527.250 9,45%

Erziehung und Bildung (z.B. Grundschule) 4.000 0,05% 636.300 11,40%

Total 7.647.195 € 100,00% 5.580.270 € 100,00%

INVESTITIONEN Einnahmen Ausgaben

Allgemeine Dienste der öffentlichen Verwaltung (z.B. Verwaltung, Organisation von Wahlen) 0 0% 153.000 3,76%

Soziale Absicherung (z.B. Crèches, Chancengleichheit, Maison Relais) 0 0% 20.150 0,49%

Öffentliche Ordnung und Sicherheit (Rettungsdienste) 0 0% 0 0%

Wirtschaftliche Belange (z.B. Land-/Forstwirtschaft, Gas-/Stromversorgung) 0 0% 50.000 1,23%

Umweltschutz (z.B. Abfall, Abwasser, Oberflächenwasser) 40.000 5,47% 2.245.361 55,13%

Öffentliche Gebäude und Infrastrukturen (z.B. Sozialwohnungen, Friedhöfe, Bauhof) 170.000 23,24% 869.000 21,34%

Freizeit, Kultur und Religion (z.B. Sporthallen, Schwimmbäder) 521.375 71,29% 650.000 15,96%

Erziehung und Bildung (z.B. Grundschule) 0 0% 85.000 2,09%

Total 731.375 € 100,00% 4.072.511 € 100,00%

Abbildung 26: Haushalt der Gemeinde Garnich für das Jahr 2019. Quelle: Gemeinde Garnich, 2020

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36 | Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich

Betrachtet man den Haushalt des Jahres 2019 mit dem Übertrag der Boni aus dem Jahr 2018, so stellt man einen Überschuss von 81.573,25€ für das Jahr 2019 fest.

Die Gemeinde Garnich erhielt für das Haushaltsjahr 2019 an staatlichen Zuwendungen Einnahmen aus der Gewerbesteuer („impôt commercial“) in Höhe von 44.000€ sowie Einnahmen aus dem „Fonds de dotation globale des communes“ in Höhe von 6.360.000€.

Die Pro-Kopf-Verschuldung lag zum 31.12.2019 bei 1.634€. Im Jahre 2019 lag der Faktor der Schuldtilgung zum ordinären Haushalt bei 4,99%.

Die LAG LEADER Lëtzebuerg West erstellt keinen jährlichen Haushalt, sondern hat ein Gesamtbudget, das sich auf die Förderperiode 2014 – 2020 bezieht. Allein für Projekte stehen der LAG in diesem Zeitraum mehr als 1,8mio Euro zur Verfügung.

Regionale Projekte

(71 % EU & Staat Kofinanzierung)

Interregionale Projekte

(74 % EU & Staat Kofinanzierung)

Vorbereitung transnationaler

Projekte

(100 % EU & Staat Kofinanzierung)

Transnationale Projekte

(80 % EU & Staat Kofinanzierung)

1.241.896,60 € 249.600,56 € 19.000 € 300.000 €

1.810.497,16 €

• Im ordentlichen Haushalt Einnahmen Garnichs von 7.647.195 €, Ausgaben von 5.580.270 €.

• Im Bereich Investitionen Einnahmen Garnichs von 731.375 €, Ausgaben von 4.072.511 €.

• Zusätzliche Investitionsmittel über die LAG LEADER Lëtzebuerg West von mehr als 1,8 Millionen Euro für den Förderzeitraum 2014 – 2020 (Kofinanzierung für die Region)

INVESTITIONEN Ordentlicher (€) Investitionen (€)

Einnahmen (gesamt) 7.647.195,00 731.375,00

Ausgaben (gesamt) 5.580.270,00 4.072.511,00

Boni 2.066.925,00 ---

Mali --- 3.341.136,00

Boni aus 2018 1.355.784,25 ---

Mali aus 2018 --- ---

Boni (gesamt) 3.422.709,25 ---

Mali (gesamt) --- 3.341.136,00

Total 81.573,25 ---

Abbildung 27: Haushaltsbilanz der Gemeinde Garnich für das Jahr 2019. Quelle: Gemeinde Garnich, 2020

Abbildung 28: Budget der LAG LEADER Lëtzebuerg West für den Förderzeitraum 2014 – 2020. Quelle: LAG LEADER Lëtzebuerg West, 2020

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 37

BESONDERHEITEN/ CHARAKTERISTIKA

Natürlich energiegeladen Die Gemeinde Garnich und die LEADER-Region zeichnen sich durch Ihre naturräumliche Vielfalt (Wälder, Offenland, Gewässer) und landschaftliche Attraktivität aus, die bewahrt und gepflegt wird – was auch der Region als Grundwasserspeicher zu Gute kommt.

Auch im Bereich alternativer Energieträger macht Garnich – mit dem Windpark Garnich, der LEADER-Energiekooperative u.ä. – Anstrengungen für die Zukunft.

Gastfreundlich Mamer und Eischtal, an deren Oberlauf die Gemeinde Garnich liegt, bieten vielfältige Ausflugsziele von Burgen, Schlössern, römischem und industriellem Erbe bis hin zu Erlebnisbauernhöfen und regionalem Kino. Der Westen als Tourismusregion mit dem Fokus auf „sanftem Qualitätstourismus“ ist dabei, sich vom Geheimtipp hin zu einem bekannten und hochwertigen Ausflugsziel zu entwickeln.

Identitätsstiftend Gerade die Garnicher Bürgervereine unternehmen große Anstrengungen, das kulturhistorische Erbe zu bewahren und zu pflegen. Die gesamte Region hat sich kulturell stark entwickelt und bietet heute u.a. mit zwei etablierten Kulturhäusern und dem regionalen Kino KINOLER/ Garnich Veranstaltungsstätten auf höchstem Niveau für alle Altersgruppen.

A.10

Wohnlich Die Gemeinde Garnich erfreut sich durch die attraktive verkehrliche und naturräumlich-landschaftliche Lage großer Beliebtheit als Wohnstandort. Die Gemeinde unternimmt viel, um Wohnumfeld und Lebensqualität (Arbeitsplätze im interkommunalen Gewerbegebiet ZARO, Ärztehaus Dahlem, geplanter Dorfladen) vor Ort weiter zu verbessern.

Grenzenlos offen Garnich und die LEADER-Region sind multikulturell geprägt. Der hohe Ausländeranteil stellt gleichermaßen Herausforderung (Integration) und Chance (Entwicklung zu einer offenen, bunten und abwechslungsreichen Gesellschaft) dar. Durch die Grenzlage zu Belgien sind gerade in Garnich direkte Berührungspunkte gegeben, die sich nicht nur geographisch, sondern auch im täglichen Leben wiederfinden.

Nah am Wasser Das Element Wasser spielt in Garnich – nicht nur als Quelle der Mamer und Oberlauf der Eisch – und der Region eine herausragende Rolle. Als Teil des Luxemburger „Trinkwasserspeichers“ trägt die Region maßgeblich zur Versorgungssicherheit im Süden Luxemburgs bei – Garnich selbst durch den regionalen Trinkwasserbehälter Rebierg.

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38 | Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich

BESCHREIBUNG DESENTWICKLUNGSPROZESSES

B.

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 39

AUSGANGSSITUATIONMit dem Ausbau der Eisenbahnstrecken, die den schnellen Transport von Rohstoffen ermöglichten, begann Anfang des 20. Jahrhunderts der Aufschwung der Luxemburger Stahlindustrie im Süden des Landes südlich der Gemeinde Garnich. Die Eisenbahntrasse Luxemburg - Brüssel, die ursprünglich durch Garnich führen sollte, verläuft heute nördlich davon durch die Gemeinde Steinfort. Die Gemeinden mit direktem Bahnanschluss profitierten von diesem Mobilitätsfortschritt und entwickelten sich zunächst stärker als z.B. Garnich. Mit dem Bau der Autobahn A6 (Luxemburg – Brüssel) in den 1980er Jahren und einer Autobahnauffahrt zwischen Wandhaff (Koerich) und der Ortschaft Garnich verbesserte sich die Mobilitätssituation für die Gemeinde und die Region.

Aufgrund der guten Erreichbarkeit und der Nähe zur Hauptstadt profitierte die Region seit Beginn der 1990er Jahre vom wirtschaftlichen Aufschwung Luxemburgs. Garnich wurde ab den 2000er Jahren als Wohnstandort mehr und mehr interessant.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Ende des letzten Jahrtausends eine homogen-heterogene Region vorzufinden war, die einerseits viele Gemeinsamkeiten besaß (geschichtlich, naturräumlich), andererseits seit der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts ganz unterschiedliche Entwicklungsschritte hinsichtlich Bevölkerungs-, Arbeitsplatz- und Infrastrukturentwicklung gemacht hat. Gerade die kleineren Gemeinden wie Garnich wachsen zwar. Da ihre „kritische Masse“ (Einwohnerzahl) trotzdem überschaubar geblieben ist, ist es immer schwieriger, Nicht-Wohnnutzungen zu schaffen bzw. am Leben zu erhalten, um so den Prozess hin zu Schlafdörfern zu stoppen.

B.1

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S TÄ R K E N S C H W Ä C H E N

Lage und Fläche

• Relative Nähe zum Oberzentrum Luxemburg• Zentrale Orte Mersch und Steinfort (als Nachbargemeinde Garnichs) in der

Region• Mamer als Nachbargemeinde Garnichs z.T. im Verdichtungsraum

• Garnich und andere kleinere Gemeinden liegen im ländlichen Raum (mit Verdichtungsansätzen) mit Beschränkung auf Eigenentwicklung

• Zunahme des Gefälles zwischen den größeren Zentren und kleinen Landgemeinden wie Garnich

Einwohnerzahl, - entwicklung, -struktur

• Starkes Bevölkerungswachstum (v.a. durch Zuzug) • Relativ junge Bevölkerung und dadurch relativ gesunder Bevölkerungsaufbau

durch die vergangene Zuwanderung kinderreicher Familien• Diversität der Nationen

• Teils negativer natürlicher Bevölkerungssaldo• Mangelnde Identifikation der Zuwanderer mit der Region/ den Gemeinden

Beschäftigtensituation und Unternehmen

• Gute Standortfaktoren für Unternehmen (u.a. durch Gewerbezonen, verkehrsgünstige Lage) in der Region

• Zahl der Unternehmensgründungen/ Ansiedlungen steigt, hauptsächlich kleine und mittlere Unternehmen

• Anteil der Beschäftigten an der Gesamtbevölkerung steigt bei geringer Arbeitslosenquote

• Konzentration der Unternehmen in wenigen Gemeinden (außerhalb Garnichs) führt zu regionalen Disparitäten

• Abnahme der Zahl landwirtschaftlicher Betriebe, zunehmender Wettbewerbsdruck für die Landwirtschaft

• Tendenz kleinerer ländlicher Gemeinden wie Garnich hin zu monofunktionalen Wohnstandorten

Aktive Vereine und Bürgerbewegungen

• Große Zahl an Bürgervereinen in der Gemeinde Garnich, die gesamtgesellschaftliche Aufgaben übernehmen (Stärkung des Dorflebens)

• Strahlkraft dieser Projekte auf Partnergemeinden in der LEADER Region Lëtzebuerg West

• Vereinsleben trotzdem auch in der Gemeinde Garnich rückläufig

Beteiligung, Mitgliedschaft

• Mitgliedschaft Garnichs in vielen Zweckverbänden, um technische Aufgaben gemeinsam zu lösen

• Mitgliedschaft in Organisationen mit sozialen, gesellschaftlichen und touristischen Zielsetzungen (u.a. LEADER Lëtzebuerg West)

• Nachteil gegenüber anderen Regionen mit stärkeren institutionalisierten Kooperationen, wie z.B. Naturparke

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 41

S TÄ R K E N S C H W Ä C H E N

Umweltrelevante Daten

• Lage im größten FFH-Gebiet Luxemburgs• Nationaler Grundwasserspeicher• Vielfältiger Kultur- und Naturraum• Weitestgehend ländliche Umgebung und intakte natürliche Umwelt• Interessenskonflikte von Natur und Landwirtschaft werden zunehmend durch

ökologische Bewirtschaftungsformen gelöst

• Managementpläne für die FFH-Gebiete sind noch nicht konsequent umgesetzt (Nutzungskonkurrenzen)

• Entlang der Hauptverkehrsachsen Zurückdrängen von Natur und Landschaft durch fortschreitende und intensive Siedlungsentwicklung

Technische Infrastruktur

• Hochgeschwindigkeitsinternet in allen Gemeinden• Gute Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung • Schnelle Erreichbarkeit der Zentralen Orte über Autobahn und Staatsstraßen • Drei Bahnhaltepunkte nahe der Gemeinde Garnich• Sehr gut ausgebautes Bussystem, ergänzt durch flexible Bedienformen, u.a.

Garnicher Proxibus• Ladestationen für Elektrofahrzeuge• Genehmigter Windpark in Garnich

• Hoher finanzieller Aufwand für technische Infrastrukturen• Busanbindung in Garnich von Ortschaft zu Ortschaft unterschiedlich• Hohes Verkehrsaufkommen durch Pendler, Garnich ist eine Transitgemeinde• Der Modal Split ist noch in einem unbefriedigenden Verhältnis zugunsten des

Individualverkehrs• Noch Lücken im Fußwegenetz und einige fehlende Radquerverbindungen im

Raum Garnich und der LEADER-Region Lëtzebuerg West

Soziale Infrastruktur

• Umfassende Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs in den regionalen Zentren

• Gut ausgebautes Betreuungsangebot für Kinder, Jugendliche und Senioren• Viele kulturelle Ereignisse in Garnich und der Region

• Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs in kleineren Ortschaften wie Garnich (noch) mangelhaft

Finanzen

• Gesunde Finanzlage der Gemeinde Garnich• Hohe Investitionen in Daseinsgrundversorgung und technische

Infrastrukturen• Abhängigkeit von staatlichen Finanzzuweisungen

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BEGINN DES PROZESSESDie Gemeinde Garnich hat bereits in den 1990er Jahren einen Gemeindeentwicklungsplan (PDC) in Auftrag gegeben und hat diesen im Rahmen der Überarbeitung des Flächennutzungsplans (PAG), der 2019 in die Genehmigungs- / Beteiligungsprozedur ging, aktualisiert.

Gemeindeentwicklung allein ist aber nicht ausreichend, Zusammenarbeit in der Region ist notwendig. Das hat die Gemeinde schnell erkannt und sich um eine intensive Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden bemüht.

• 2003 war die Gemeinde Garnich eine der Triebfedern, die LAG (lokale Aktionsgruppe) Äischdall Plus ins Leben zu rufen, mit dem Ziel, eine kohärente regionale Entwicklung zu fördern und die endogenen Potentiale besser zu nutzen.

• Die Grundidee, dass alle Projekte zur Identifikation mit der Region beitragen sollen, wurde in die darauffolgende Förderperiode 2007-2013 übernommen und weiter ausdifferenziert. Die Menschen sollen näher zusammenrücken und sich für ihre Gegend stark machen, wofür in der Gemeinde Garnich und in der Region Lëtzebuerg West in vier verschiedenen Bereichen („Tourismus und Freizeit“, „Zukunftskapital Natur- und Kulturerbe“, „lebendige Dörfer“, „gemeinsam mehr erreichen“) besondere Anstrengungen unternommen wurden.

• Für die Förderperiode 2014-2020 konnte – neben den teilnehmenden Gemeinden – eine vielfältige Mischung an Partnern aus dem „nicht-öffentlichen“ Bereich gefunden werden, die die öffentlichen Träger gut ergänzen und gleichzeitig weitere und andere Ideen in den LEADER-Prozess einbringen. Neben der Gemeinde Garnich war von da an auch der Garnicher Bürgerverein „Duelemer Leit“ regional organisiert. Die neue Entwicklungsstrategie wurde in einem basisdemokratischen Prozess mit vielen Akteuren der Region – im Rahmen mehrerer regionaler „Zukunftswerkstätten“ gemeinsam ausgearbeitet.

B.2

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 43

Die Gemeinde Garnich arbeitet aktiv an der regionalen Vision, die sie als komplementär zur lokalen Entwicklungsstrategie begreift und lebt.

Zur lokalen Entwicklungsstrategie gehört die Bürgerbeteiligung, dies im Rahmen der Aktualisierung des Gemeindeentwicklungsplans:

• Bürgerbeteiligungen wurden in Garnich in allen Ortschaften durchgeführt, pro Ortschaft vier Workshops zur allgemeinen Gemeindeentwicklung.

• In allen vier Ortschaften resultierten daraus Projektideen, die als Bürgerprojekte weiterverfolgt und mit Hilfe der BürgerInnen geplant wurden bzw. noch werden – dies geschah mit Hilfe von LEADER Lëtzebuerg West und unter Wahrung der LEADER-Ziele (insbesondere „sozialer Zusammenhalt und Lebensqualität” aus dem Bereich „Wohn-Region“).

Die Umsetzung erfolgte als „Gemeinschaftsaufgabe“, bei der neben Gemeinde und den BürgerInnen auch das Programm zur ländlichen Entwicklung PDR sowie der kommunale Entwicklungsplan PDC eine wichtige Rolle bei der finanziellen und logistischen Unterstützung spielten.

Z E S U M M E N A N E I S E R R E G I O U N

WunnRegioun NaturRegioun KulturRegioun TourismusRegioun

• Sozialer Zusammenhalt & Lebensqualität

• Kommunikation• Bildung

• Landwirtschaft & regionale Produkte

• Wasser• Wald & Natur• Energie• Bildung

• Regionsgeschicht(en)• Kultur• Bildung

• Tourismus• Freizeit• Bildung

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ZIELE UND VISIONENDas gemeinsame Ziel von Garnich in Partnerschaft mit der Region Lëtzebuerg West ist es, eine starke und lebenswerte Region zu schaffen. Dabei sind die lokalen und globalen Herausforderungen, denen sich Garnich und die Region in den kommenden Jahren stellen muss, vielfältig. „Wohnen und Lebensqualität“ kann als übergeordneter Begriff angesehen werden, dies unter all seinen Facetten: Mobilität, Freizeit, Familie, Beruf, Schule, Natur, Kultur, Klima, Wirtschaft… Diesen Herausforderungen kann man sich nur gemeinsam stellen.

Das LEADER-Leitbild „Zusammen in unserer Region“ unterstreicht den Willen der Gemeinde Garnich, an die Aufbauarbeit der vergangenen Jahre anzuknüpfen und gemeinsam die Zukunft zu gestalten. Gemeinsam können Synergien geschaffen werden, die allein nicht entstehen würden. Das Leitbild hebt die soziale Komponente der lokalen und regionalen Akteure hervor: Inklusion aller Menschen und Miteinander in der Region. Vor dem Hintergrund, dass die Herausforderungen in den wirtschaftlichen und ökologischen Bereichen ebenfalls und bestenfalls gemeinsam angegangen werden, spiegelt dieses Leitbild die Zielvorstellungen sowohl der Gemeinde Garnich als auch der gesamten LEADER-Region wider.

Es ist die Mischung der Ideen und Akteure aus unterschiedlichsten Bereichen direkt „von der Basis“, die kreative und innovative Lösungen entstehen lässt. Durch das Engagement von zahlreichen kommunalen und privaten Akteuren aus den Bereichen Soziales, Tourismus, Dorfleben und Traditionen sowie Kultur und Geschichte – u.a. der Gemeinde Garnich, dem Dahlemer Bürgerverein und vielen privaten Garnicher Akteuren - in der Lokalen Aktionsgruppe entsteht eine Vernetzung der Partner unterschiedlichster Sektoren quer durch die Region Lëtzebuerg West, welche es in dieser Form noch nie gegeben hat.

Auf lokaler Ebene strebt die Gemeinde Garnich den „qualitativen Spagat“ an. Einerseits sollen die Stärken des ländlichen Charakters erhalten und behutsam weiterentwickelt (der heutigen Zeit angepasst) werden. Hier stehen Themen wie natürliche und landschaftlich reizvolle Lage, Wohnen im Grünen, Leben auf dem Land mit räumlicher Nähe und guten Verbindungen zum städtischen Raum u.ä. im Vordergrund. Anderseits soll den Schwächen, die oftmals den ländlichen strukturschwachen Raum charakterisieren, aktiv begegnet werden – durch das Schaffen von Arbeitsplätzen vor Ort, durch das Fördern von Bildungs-, Betreuungs- und Freizeiteinrichtungen, durch das Schaffen von Nahversorgungseinrichtungen. Hier kann ein offensives Nutzen der heutigen digitalen Medien helfen, reale Standortnachteile virtuell zu mindern.

Alles das – und das steht über allem und ist in vollem Einklang mit der LEADER-Philosophie – „bottom-up“ und nicht „top-down“.

B.3 B.4

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KONKRETE UMSETZUNGSSCHRITTE

Dieses Kapitel stellt die wichtigsten Projekte und Maßnahmen vor, die im Rahmen der unter B.3. genannten Strategien in Garnich und in der LEADER-Region Lëtzebuerg West umgesetzt wurden. Es handelt sich sowohl um Maßnahmen, die

• von der Gemeinde Garnich und anderen Akteuren von LEADER Lëtzebuerg West selbst,

• von anderen Akteuren mit technischer/ finanzieller Unterstützung von LEADER oder

• durch andere Akteure mit Hilfe ergänzender Förderprogramme in der Region umgesetzt wurden.

Die Rolle der Gemeinde Garnich in Partnerschaft mit der LEADER-Region Lëtzebuerg West variiert je nach Projekt vom Lobbyisten, Berater, Ideen-/Projektentwickler, Vermarkter bis hin zum Projektträger.

Hervorgehoben werden sogenannte ‚Leuchtturmprojekte‘, die aufgrund ihrer Tragweite und ihres Innovationswertes einen besonderen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der Gemeinde Garnich und der LEADER-Region leisten.

B.4Praktisch alle vorgestellten Projekte funktionieren als dauerhafte Maßnahmen, die laufend weiterentwickelt werden. Noch nicht alle Projekte sind „im laufenden Betrieb“ angekommen, weswegen jeweils ein Verweis auf den Projektstand vermerkt ist.

Aufgrund des integrierten Ansatzes der Entwicklungsstrategien ist es oft schwierig, eine Maßnahme nur einem bestimmten Themenschwerpunkt zuzuordnen. Als Grundstruktur werden folgende Themenbereiche unterschieden:

1. Bürgerbeteiligung: „Bottom-Up“ statt „Top-Down“ 2. Wege aus der Klimakrise3. Natur bewahren4. Land- und Wirtschaft 5. Multimobilität6. Bildung und soziale Einrichtungen im Kontext des demographischen

Wandels7. Kultur und Identität8. Neues Leben in alten Mauern9. Gemeinsam auf allen EbenenDie Projektauswahl hat sich an folgenden Interpretationen des Wettbewerbsmottos „lokale Antworten auf globale Herausforderungen“ orientiert. Um gute lokale Antworten liefern zu können,

• muss man sich trauen, neue Wege zu gehen

• erscheint es unabdingbar, möglichst viele Beteiligten aller sozialen, Bildungs- und Altersschichten in einem basisdemokratischen Prozess mitzunehmen

• sollte die Eigenverantwortung der BürgerInnen gestärkt und aktiviert werden – von der Planung über Ausführung/ Umsetzung bis hin zum nachhaltigen Betrieb

• ist es hilfreich, ein offensives Einbeziehen neuer „Werkzeuge“ im Kontext der Digitalisierung zu prüfen

• ist Eigeninitiative gefragt und nicht das Warten darauf, dass jemand anderes sich um die drängenden Fragen unserer Zeit kümmert

Die Projektmatrix (Kapitel E) fasst alle Maßnahmen zusammen, bietet einen Überblick über mögliche Querverbindungen untereinander und prüft die Projekte aufgrund verschiedener Kriterien (Mottogerechtigkeit, Methodik, usw.).

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BÜRGERBETEILIGUNG – „BOTTOM-UP STATT TOP-DOWN“B.4.1

Garnicher Bürgervereine Bürgerverein „Duelemer Leit“ Eigentlich sprudelten die ca. 30 BürgerInnen aus der Ortschaft Dahlem (damals ca. 450 EinwohnerInnen) nur so vor Ideen im ersten Teil des Beteiligungszyklus. An drei Abenden wurden Stärken und Schwächen, Handlungsschwerpunkte und Visionen aus Sicht der BürgerInnen herausgearbeitet – intelligent und schlau für ein besseres Miteinander in der Ortschaft und der Gemeinde. Ein Dorftreff stand im Fokus, wohl auch, weil es in Dahlem keine Kneipe und auch keine aktiven Vereine mehr gab.

Als es aber darum ging, die vielen guten Ideen und die umfangreich vorhandene Bereitschaft der BürgerInnen, mit mehr als nur „einer Hand anzupacken“, in eine Struktur zu gießen, kamen zum ersten Mal Zweifel auf. Nicht schon wieder ein Verein, mit so viel Bürokratie und dem ständigen Zwang, einvernehmliche Entscheidungen treffen zu müssen, was denn nun angegangen werden soll. Andererseits war schnell klar, dass eine Struktur vorhanden sein muss, sei es aus finanzieller (Zuschüsse) oder versicherungstechnischer Sicht.

LEADER half mit, Lösungen zu finden. Ein zweiter Beteiligungsprozess wurde gestartet, um inhaltlich (Dorftreff, Dorfverschönerungsprojekte) und administrativ voran zu kommen. Ein Verein sollte es sein, der kein Verein ist. Nach intensiver Diskussion und Anschauungsunterricht im Ausland war das „Garnicher Modell“ geboren – einzigartig in Luxemburg, im Ausland aber schon praktiziert. Der „Wasserkopf“ des Bürgervereins wird klein gehalten – eine Generalversammlung pro Jahr reicht als administratives Treffen aus. Hat ein Bürgervereinsmitglied eine Projektidee, so sucht er sich Gleichgesinnte, die mitmachen, spricht es mit dem Vereinsvorstand ab, bekommt bei Bedarf ein Budget – und macht einfach. Für solche kleineren Projekte erhält der Verein von der Gemeinde ein jährliches Budget von 10.000€ – das er selbst verwaltet und einsetzt. Größere Projekte werden in größeren Gruppen bearbeitet, hier ist die Gemeinde helfend (finanziell, administrativ) mit im Boot. So hat der Bürgerverein zusammen mit einem Architekten einen Dorftreff (im UG der Schule war noch ein geeigneter Raum im Rohbauzustand disponibel) geplant, sich teilweise selbst um die Möbel gekümmert (Sessel aus Paletten gebaut, Stühle vom Flohmarkt restauriert, …) – die Gemeinde hat die „Hardware“ (Leitungen, Toiletten, Beleuchtung, Küche) finanziert. Hier findet mehrmals pro Monat das „Café Duelem“ statt – eine Art „Kneipe“, die der Bürgerverein betreibt.

Nach ca. 2 Jahren Bürgerverein kommen die Mitglieder hier und da an ihre Grenzen – der Erfolg und die Nachfrage sind so groß, dass es kaum zu bewältigen ist. Innenansicht des Dorfcafes in Dahlem

Neu angelegter Dorfplatz in der Ortschaft Dahlem

Veranstaltung im Dorfcafe des Burgervereins ‘Duelemer Leit’

Alte Tierwaage ausgestellt in der Ortschaft Dahlem

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Bürgerverein „Koler Bierger“ „Wir wollen einen Dorftreff, einen Dorfladen – und ein Kino“. Diesen Satz bekamen die Garnicher Lokal-PolitikerInnen bei der „Garnicher Ronn“ (Garnicher Runde) 2012 in der Ortschaft Kahler (damals ca. 220 EinwohnerInnen) zu hören. Nachdem man die aktuellen Stärken und Schwächen der Ortschaft und der Gemeinde beleuchtet und Handlungsschwerpunkte definiert hatte, waren die im Schnitt mehr als 50 anwesenden BürgerInnen aufgefordert, Visionen zu entwickeln und daraus konkrete Lösungsansätze und Maßnahmenvorschläge abzuleiten. Am Ende des 3. Workshops fiel der Wunsch nach einem Dorftreff mit angegliedertem kleinem Regionalkino in der Ortschaft Kahler gleich seitens mehrerer Arbeitsgruppen.

Spinnerei, eine geniale Idee oder irgendetwas dazwischen? Das wollte der Schöffen- und Gemeinderat herausfinden und die Idee vertiefen – ergebnisoffen und mithilfe von LEADER. Und abermals als partizipatives Diskussionsprojekt, miteinander diskutieren und konstruktiv streiten, sich „Best-Practice-Erfahrung“ bei anderen Gemeinden (die selbst ein Kino haben/ betreiben – oder zumindest einen Dorftreff) holen und versuchen, das „Gelernte“ – positive wie negative Praxiserfahrungen anderer – auf die eigene Ortschaft, Gemeinde und Region zu „übersetzen“.

Das Ergebnis: Gründung des „Bürgervereins Koler Bierger“, der sich aktiv um die Ortsentwicklung kümmert. Der den neuen Dorftreff (ehemalige Einraumschule) mit Leben füllt – und der das kleine, aber feine Kino (1 Saal mit ca. 46 Plätzen) mit einem Architekten zusammen plant und betreibt – und zwar von A bis Z: Zuerst Planung des Dorftreffs mit Kino, in diesem Kontext Referenzkinos anschauen, sich in Details einarbeiten und nichts dem Zufall überlassen (ein Beispiel: Ein Teil der Gruppe flog nach Barcelona. Nein, nicht um Urlaub zu machen, sondern um sich in der Fabrik, die die ins Auge gefassten Kinosessel herstellt, ein Bild vor Ort zu machen und die Sitze zu testen). Und nach der Inbetriebnahme: Tickets verkaufen, sich um die Filme kümmern, kopieren, abspielen, Getränke und Popcorn verkaufen – und das jeden Tag (außer einem Ruhetag pro Woche).

Mittlerweile ist das Kino ein Jahr in Betrieb. Der Bürgerverein betreibt es eigenständig, das Kino arbeitet mehr als kostendeckend, es ist zu einem Magneten im Südwesten Luxemburgs geworden. Im Dorftreff finden regelmäßige öffentliche und private Veranstaltungen statt, einmal im Monat ist „Café Koler“ – alternierend von den örtlichen Vereinen als „Kneipenabend“ organsiert.

Dorffest des Jugendclubs in der Ortschaft Kahler Regelmäßig ist das Kino ausverkauft

Der Festsaal im Dorftreff Der Jugendclub aus der Ortschaft Kahler

Außenansicht des Kinos direkt neben dem Dorftreff

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Bürgerverein „D’Héiwenger“ „Ist es den Aufwand wert, in einem 110-Seelen-Nest einen eigenen Bürgerbeteiligungsprozess durchzuführen“? Ein klares „Ja“ war die Antwort – vorher und insbesondere hinterher. Denn in den ersten drei Workshops zur allgemeinen Dorf- und Gemeindeentwicklung waren im Durchschnitt ca. 25 BürgerInnen anwesend – mathematisch betrachtet aus fast jedem Haushalt Eine/Einer.

Stärken, Schwächen und Schwerpunkte wurden definiert: Es wurde das Fehlen eines sozialen Treffpunkts als eine der zentralen Defizite bemängelt, zumal in der kleinen Ortschaft keine aktiven Vereine mehr vorhanden waren. Der aber zu verwirklichen wäre, schließlich war hier in einem ehemaligen Schulgebäude (Zweiraumschule) noch Platz. Und da man von den Geschehnissen in Dahlem und Kahler, die zwei Jahre früher dran waren, wusste, wollte man das natürlich auch in Hivange realisiert wissen.

Noch ein Dorftreff, und das für 110 EinwohnerInnen? Wollen die Hivanger BürgerInnen wirklich Leben in die Ortschaft bringen oder sind sie nur beeindruckt durch die Entwicklung in den Nachbardörfern der Gemeinde? Die politische Ebene wollte sicher gehen. In zwei weiteren Diskussionsabenden wurde die Gründung eines Bürgervereins zur Bedingung. Und ein „Einstiegsprojekt“ wäre auch nicht schlecht, um auch die tatsächliche Bereitschaft der künftigen Vereinsmitglieder zu eruieren. Aber was könnte man tun? „Macht doch ein Sommerfest - so in drei Wochen an Maria Himmelfahrt wäre ein gutes Datum“, so die provokante Ansage des Bürgermeisters, gedacht, um den BürgerInnen Hivanges auf den Puls zu fühlen. Reaktion der BürgerInnen: Gründung des Bürgervereins „d’Héiwenger“ noch am selben Abend, Durchführung des ersten Hivinger Sommerfestes drei Wochen später – mit ca. 400 Gästen und somit fast viermal so vielen Gästen wie Hivange EinwohnerInnen hat.

Mittlerweile ist bereits die fünfte Auflage des Sommerfestes Geschichte, weitere Aktivitäten - kleine und größere – wurden durchgeführt oder sind in der Mache.

Gemeinschaftsabend im Vereinshaus in Hivange

Gemeinsame Putzaktion des Bürgervereins ‘d’Heiwenger’

Gemeinsame Wanderung durch die verschiedenen Ortschaften der Gemeinde

Jährliches großes Sommerfest in der Ortschaft Hivange

Nachbarschaftsfest in Hivange

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Und was ist mit dem Hauptort Garnich? Zeitgleich mit Hivange begonnen, wurden in drei Workshops Stärken/ Schwächen/ Schwerpunkte diskutiert. Es wurden Visionen und Lösungsansätze erarbeitet und präsentiert. Im Unterschied zu den anderen deutlich kleineren Ortschaften wurde aber klar: In Garnich mit seinen ca. 1.200 EinwohnerInnen, einem Café-Restaurant sowie einer Vielzahl an Vereinen, die im großen Vereinsbau gut untergebracht waren, war das Bedürfnis nach einem Dorftreff zwar vorhanden, jedoch nicht so intensiv wie in den kleinen Dörfern. Viele andere der geäußerten Ideen zur Verkehrssicherheit und einem größeren Engagement in Umwelt- und Klimaschutz wurden von der politischen Ebene aufgegriffen und auch seitdem intensiver verfolgt – ein richtiges Bürgerprojekt kristallisierte sich jedoch nicht heraus.

Dies änderte sich 2018, als die BürgerInnen einbezogen wurden in ein erstes „Brainstorming“ zur Sanierung des „Veräinshauses“, das sowohl für die Ortschaft als auch die Gemeinde als Veranstaltungsort dient. Die „Amiperas“ (Seniorenvereinigung) hat zwar in dem Gebäude ihren Versammlungsort – wünscht sich aber eine Belebung, gerade durch eine „jüngere Klientel“. Einen

Jugendclub gibt es aktuell in der Ortschaft nicht – eine Nachfrage ist jedoch vorhanden. Auch andere Vereine sind an dem Gebäude mit seiner Kegelbahn interessiert – so dass die Schaffung eines „Mehrgenerationentreffs“ nahelag.

Inzwischen (Stand Februar 2020) sind zwei Workshops zum Thema „Bürgerverein und Mehrgenerationentreff“ vorüber, mit jeweils über 30 TeilnehmerInnen mit einer beträchtlichen Resonanz. Der Bürgerverein ist in der Gründungsphase und wird sich in den kommenden Wochen und Monaten intensiv beratschlagen, welche Aktionen ein solcher „Dorfclub“ angehen sollte. Ein Projekt steht schon fest: Der Mehrgenerationentreff soll jedenfalls kommen, da er in den Auftaktworkshops bereits als großer Mehrwert für Ortschaft und Gemeinde beschrieben worden ist.

Workshop zum Thema ‘Bürgerverein undMehrgenerationentreff’ am 11.02.2020

Direkt hinter dem Vereinsbaubefinden sich 2 ‘Petanque’-Pisten

Der aktuelle große Saal des Vereinsbaus in der Ortschaft Garnich

Regelmaßig finden großere Vereinsaktivitatenim Vereinsbau statt

Burgerverein Garnich/Regelmaßig finden großere Vereinsaktivitaten im Vereinsbau statt

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erstellt worden war, vor. 2013 erfolgte – nach diversen Anpassungen auf Basis von Ideen der nationalen Denkmalbehörde, der Gemeinde und der Schlossfreunde, der erste Spatenstich der Restaurationsarbeiten, die im September 2019 endeten, was mit einer von den Schlossfreunden organisierten Festwoche ausgiebig gefeiert wurde.

Die Ansprüche und Zielvorstellungen der Schlossfreunde waren von Anfang an, die notwendigen Infrastrukturen zu bieten, um diesen außergewöhnlichen Ort “wiederzubeleben“. Dazu gehörte auch eine möglichst barrierefreie Nutzung des Areals.

Nach Abschluss der Arbeiten ist das Schlossareal nun wieder öffentlich zugänglich und kann für kulturelle Veranstaltungen und feierliche Events genutzt werden. Die Schlossfreunde werden in Zukunft die Verwaltung des Koericher Schlosses übernehmen und in Zusammenarbeit mit den Vereinen der Gemeinde, der Region und der Großregion auf dem renovierten Schlossgelände hochkarätige Aufführungen und Feste organisieren.

Im Gegensatz zu den Bürgervereinen in der Gemeinde Garnich, die sich thematisch gesehen allgemein der Aktivierung des Dorflebens verschrieben haben, haben sich die Koericher Schlossfreunde auf ein zentrales Thema fokussiert.

Die Ideen und Initiative zur Gründung der Koericher Schlossfreunde gehen aus einer Arbeitsgruppe des Dorfentwicklungsplanes der Gemeinde Koerich hervor. Der gemeinnützige Verein „Käercher Schlassfrënn a.s.b.l.“ wurde 1993 von einer Gruppe engagierter Leute gegründet. Dieser Freundeskreis verfolgt seither das Ziel, staatliche Stellen davon zu überzeugen, dass das kostbare Kulturerbe in Koerich unbedingt vor irreversiblen Schäden gerettet werden soll. Die Überreste des ehemaligen Wasserschlosses sollen unbedingt restauriert werden, um sie für spätere Generationen zu erhalten.

Der Staat übernahm letztlich auch Verantwortung. Zusammen mit den Schlossfreunden begannen bereits 1995 erste Arbeiten am „Gréiweschlass”. Im Jahr 2009 besuchte die damalige Staatssekretärin im Kulturministerium die Schlossfreunde und die Gemeinde Koerich und stellte ein Projekt zum Erhalt des „Gréiweschlass”, was von einer Architektin im Auftrag des Kulturministeriums

Das sogenannte ‘Greiweschlass’ in der Ortschaft Koerich

Das Schloss ist mittlerweile auch Austragungsortfür zahlreiche Veranstaltungen

Das Schloss ist mit einem außergewöhnlichen Lichtkonzept ausgestattet

Auf Barrierefreiheit wurde Wert gelegt

Der hintere Teil des Schlossgeländes

„Käercher Schlassfrënn“

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Um Dinge auf lokaler Ebene zu verändern, braucht es Menschen vor Ort, die dies angehen – BürgerInnen, die selbst Verantwortung übernehmen wollen, um sich in Eigeninitiative den Problemen zu stellen, die sich in ihrer direkten Umgebung, in ihrem direkten Lebensumfeld auftun.

Diese BürgerInnen müssen aktiv und mündig sein, um selbst die Auswirkungen der vorhandenen (globalen wie lokalen) Problemstellungen vor Ort zu erkennen und Lösungen (oder zumindest Lösungsansätze) zu suchen und zu finden. Denn gerade die Lösungen im Detail werden selten „von oben“ vorgegeben bzw. müssen auf den jeweiligen örtlichen Standort angepasst wwerden.

Dieses Basisdemokratieverständnis ist unserer Gesellschaft teilweise abhandengekommen oder zumindest verschütt gegangen, zu sehr haben sich die BürgerInnen vor Ort in der Vergangenheit auf ihre PolitikerInnen verlassen oder sich hinter ihnen versteckt.

„Es funktioniert nur,wenn wir die BürgerInnen aktiv mitnehmen“

Bürgerbeteiligungsprojekte wollen diesen Trend umkehren hin zu mehr Selbstbestimmtheit der lokalen Bevölkerung. Das endogene Bürgerpotential soll aktiviert werden, um sich selbst (zusammen mit der politischen Ebene) den Problemen zu stellen, Lösungen zu finden und auch umzusetzen, um somit die Lebensqualität vor Ort zu erhöhen – von BürgerInnen für BürgerInnen.

Das Beispiel Garnich zeigt, welche Erfolge auf kommunalem bzw. örtlichem Niveau zu erzielen sind, wenn in das Bürgerpotential investiert wird. Die Ergebnisse in allen vier Ortschaften der 2.000-Seelen-Gemeinde beweisen, dass je intensiver der Prozess, desto größer – quantitativ wie qualitativ – die Ergebnisse sind – auch wenn der zeitliche Aufwand mit mittlerweile über 40 Workshops seit 2012 immens hoch ist. Andere Gemeinden der Region ziehen nach und beweisen, dass Garnich kein Einzelfall ist, sondern dass Partizipation in der Region immer größer geschrieben wird.

BürgerInnen arbeiten einen Rundweg aus - ‘Kaercher Entdeckungspad’

Biergerbedeelegung Mamer

„Käercher Entdeckungspad“

BürgerInnen arbeiten seit Mitte 2019 einen Rundweg aus, der frei

zugänglich ist und die Besonderheiten hervorhebt, welche die Gemeinde

ausmachen.

Bürgerbeteiligung für Jugendliche in Mamer, Habscht,

Helperknapp und Steinfort Ziel ist es, das Interesse junger

Menschen zu wecken und sie zu mobilisieren, um sich in der Mitte der

Gesellschaft zu positionieren sowie das Jugendengagement in der Gemeinde

zu fördern.

Bürgervereine und weitere Aktivitätenals lokale Antworten

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PV-Anlage auf dem Gemeindehaus in Garnich

Uberreichung des „European Energy Award® (EEA)“ der Kategorie 2 am 26.05.2016

Klimapakt für Gemeinden in GarnichDer „Klimapakt für Gemeinden“ ist ein freiwilliges Instrumentarium, das der Luxemburger Staat 2013 ins Leben gerufen hat, um zusammen mit den Gemeinden die auf dem Papier gesteckten Klimaschutzziele auch praktisch erreichen zu können. Gerade in einem kleinen Land wie Luxemburg war früh klar, dass die nationalen Zielsetzungen, die im europäischen Kontext getroffen wurden, nur über Maßnahmen vor Ort in den Gemeinden mit ihren einzelnen Ortschaften umgesetzt werden können.

Jede Gemeinde bekommt vom Staat als Anreiz finanzielle Hilfen und fachliche Unterstützung (u.a. durch das zur Verfügung stellen eines Klimapaktberaters = Klimaschutzmanager), im Gegenzug unternimmt die Gemeinde Anstrengungen, sowohl bei sich selbst (Gemeindeverwaltung, Gemeindegebäude etc.) als auch bei ihren BürgerInnen (Kommunikation, finanzielle Hilfen, Kampagnen, klimaschützende Erlasse und Verordnungen etc.), Klimaverbesserungsmaßnahmen umzusetzen. Kommunikation spielt dabei eine große Rolle, weswegen kommunale „Klimateams“ mit lokal Interessierten gegründet werden, so dass Maßnahmen nicht nur von der Politik diktiert, sondern von der Bürgergemeinschaft selbst mitgestaltet werden können.

Garnich hat die Sinnhaftigkeit des Projekts früh erkannt und ist dem Klimapakt bereits 2014 beigetreten – seit 2018 sind alle Luxemburger Gemeinden und somit auch die komplette LEADER- Region Lëtzebuerg West mit im Boot. Die Gemeinde hat neben dem verpflichtenden Klimateam, in dem neben dem Klimaberater auch die politische Führung und die Verwaltung als „Exekutive“ eingebunden wird, auf freiwilliger Basis eine Nachhaltigkeits- und Klimapaktkommission ins Leben gerufen, in dem engagierte BürgerInnen mitmachen können und als „Kreative“ die politische Führung mit konkreten Umsetzungsideen versorgen, die sie teilweise auch selbst planen und umsetzen (bzw. bei der Umsetzung helfen).

Da das Klimateam schnell erkannt hat, dass gewisse Maßnahmen einen größeren Effekt haben, wenn man sie im Verbund mit den Nachbarn angeht, wurde auf Betreiben Garnichs und der LAG LEADER Lëtzebuerg West das regionale Klimaberatergremium „KlimBera“ gegründet. Darin sind alle Klimapaktberater der Region vertreten, um sich regelmäßig zu treffen, Kennzahlen zu vergleichen, Praxiserfahrungen auszutauschen – und gemeinsame Klimaschutzprojekte „auf die Piste zu bringen“ – was mit der regionalen LEADER-Bürger-Energiekooperative beispielhaft gelungen ist.

Aber auch lokal ist vieles möglich – Ideen, Mut und Engagement der handelnden Personen vorausgesetzt.

Klimaschutz fängt unten an

WEGE AUS DER KLIMAKRISEB.4.2

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 53

Windpark GarnichEin Vorzeigeprojekt hinsichtlich der Umsetzung einer solchen Idee ist der Windpark Garnich. Erste Überlegungen gab es schon vor dem Beitritt zum „Klimapakt für Gemeinde“, danach wurden die Verhandlungen durch die Gemeinde Garnich (politische Ebene und Klimateam) mit SOLER, einem renommierten luxemburgischen Windkraftbetreiber, intensiviert, um auf dem Gebiet der Gemeinde einen kleinen Windpark zu errichten.

Nach intensiver Planungsphase wurde Ende 2019 die letzte noch ausstehende Genehmigung erteilt, um die Anlagen bauen zu können, so dass ab März 2020 die Bagger rollen. Von ursprünglich 3 geplanten Anlagen werden in einer ersten Phase zwei Windräder gebaut, die Dritte wird aus naturschutzrechtlichen Gründen vorerst noch hintenangestellt.

Aber auch mit 2 Anlagen, die mit einer Leitung von jeweils 6,4 MW ausgestattet sind, lassen sich geschätzte 16 GWh regenerativer Strom erzeugen, der für die Versorgung von 3.595 Haushalten bzw. 14.380 EinwohnerInnen ausreicht. Somit erzeugt der kleine Windpark mehr als sechsmal so viel Strom, wie die Garnicher

Haushalte benötigen. Zudem können durch den lokal erzeugten regenerativen Windenergiestrom jährlich bis zu 10.400 Tonnen CO2 eingespart werden.

Das lokale Handeln zum Kampf gegen die Klimakrise beschränkt sich aber nicht nur auf die administrative Kooperation der Gemeindeverwaltung mit einem Investor. Die Gemeinde hat in den Verhandlungen erreicht, dass die Gemeinde selbst Anteile am Windpark erwerben kann – und dass diese an interessierte BürgerInnen aus der Region weiterverkauft werden, die somit Mitglieder einer Art „Windkraftproduktionsgemeinschaft“ werden. Dadurch werden die lokale Bevölkerung und die lokale Politik konkret an einem lokalen Vorzeigeprojekt beteiligt, das sich dem globalen Klimawandel entgegenstemmt.

Zusammen mit den übrigen geplanten Windkraftanlagen der Region lässt sich sagen, dass nach deren Inbetriebnahme und zusammen mit den vorhandenen Photovoltaikanlagen die LEADER-Region Lëtzebuerg West hinsichtlich des Haushaltsstroms annähernd energieautark sein wird.

Besuch eines Windparks im Norden Luxemburgs

Simulation der sich im Bau befindenden2 Windrader aus Sicht der Ortschaft Hivange

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Im Rahmen des regionalen Klimateams „KlimBera“ haben die Klimaberater der LEADER-Gemeinden beschlossen, auf regionaler Ebene eine „Energiekooperative“ zu gründen. Sie soll als genossenschaftliches Modell ausgelegt werden und aus BürgerInnen der Region bestehen, die die Kooperative tragen, finanzieren und neue Projekte auf den Weg bringen.

Um den praktischen Start einer solchen Kooperative zu erleichtern, wurden alle LEADER-Mitgliedsgemeinden gebeten, als „Startkapital“ ein oder mehrere Gemeindedachflächen für die Installation von PV-Modulen und die darauffolgende Ökostromproduktion für mindestens 15 Jahre bereitzustellen – und zwar kostenlos!

Alle Gemeinden haben dazu ihre grundsätzliche Bereitschaft signalisiert, es wurden mit Hilfe eines Spezialisten in allen Kommunen Untersuchungen durchgeführt, welche Gemeindegebäude verfügbar sind, einen entsprechenden baulichen und statischen Zustand haben, aus Sicht des Netzbetreibers an das vorhandene Stromnetz angeschlossen werden können und insgesamt für eine Solarstromnutzung wirtschaftlich wären. Parallel dazu wurden die Statuten für eine solche Energiekooperative im regionalen Klimateam erstellt, mehrere öffentliche Versammlungen durchgeführt und im November 2019 die Kooperative schließlich gegründet.

Die ersten beiden Dächer wurden bereits mit PV-Modulen belegt, so dass die junge Kooperative bereits jetzt Ökostrom produziert. Insgesamt wurden in allen LEADER-Gemeinde ein oder mehrere Dachflächen gefunden, die sich für eine Einbindung in die Kooperative eignen und helfen, auf lokaler und regionaler

Ebene einen weiteren Schritt in Richtung Dekarbonisierung zu gehen.

Auch die Gemeinde Garnich ist mit im Boot. Hier wurde ein Potential auf ca. 2.180m² geeigneten Gemeindedachflächen von ca. 393kWp ermittelt, das auch ausgeschöpft werden soll. Die Gemeinde geht dabei nach einem „Vier-Säulen-Modell“ vor:

• Drei (größere) Gemeindedächer werden „kommerziell“ an den Strom- und Gas-Netzbetreiber „Sudgaz“ verpachtet (die Gemeinde ist Minderheitsaktionär).

• Weitere ein bis drei größere Gemeindedächer sollen an die LEADER-Bürgerkooperative gehen.

• Die verbleibenden kleineren Dachflächen bzw. erst mittelfristig verfügbare Dächer sollen 2021 in eine noch zu gründende lokale Bürger-Energiekooperative übergehen.

• Diejenigen Dächer, die für alle drei Kooperativen aus Rentabilitätsgründen uninteressant sind, will die Gemeinde in Eigenregie (auf eigene Kosten und nach Möglichkeit für den Eigenbedarf) zur Gewinnung von Sonnenenergie nutzen (aktuell gibt es bereits drei Gemeindegebäude mit PV- Modulen sowie eines mit Thermosolar, die die Gemeinde in Eigenregie betreibt).

Die Sonne lacht in Garnich und der Region – wir nutzen das!

Eine der Anlagen welche schon letztes Jahrim Rahmen der LEADER-Kooperative errichtet wurden

Montage der Solaranlage nebendem Hauptwaasserspeicher der Region gelegen

auf dem ‘Rebierg’ in der Ortschaft Hivange

Reges Interesse bei der1. Informationsversammlung zur Gründung

einer regionalen Energiekooperative

LEADER-Bürger-Energiegenossenschaft

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 55

Die Gemeinde Garnich und die LEADER-Region Lëtzebuerg West werden alleine die weltweite Klimakrise nicht lösen. Trotzdem: Neben dem Setzen der richtigen Rahmenbedingungen durch die nationale Staatengemeinschaft sowie einem Umdenken von Wirtschaft und Industrie ist eines mittlerweile klar: Der Klimawandel ist menschengemacht, daher kann er auch nur durch ein Umstellen des Handelns der Menschen gestoppt werden. Und „Handeln“ geschieht letztlich vor allem auf der lokalen Ebene – dort, wo Menschen wohnen, arbeiten, mobil sind, sich versorgen und ihre Freizeit gestalten. Garnich und die Region sind sich dieser Aufgabe bewusst und haben begonnen zu handeln. Denn nur, wer aktiv handelt, kann mithelfen umzugestalten. Im Rahmen des Klimapaktes „kehren die Gemeinden vor der eigenen Haustür“ – das gemeindliche Handeln wird hinsichtlich der Nachhaltigkeit evaluiert, es werden Potentiale gesucht und gefunden, um durch Suffizienz (Verzicht), Effizienz (Energiesparen) und Konsistenz (Nutzung und Erzeugung regenerativer Energien) den Energieverbrauch zu drosseln, um einen lokalen Beitrag zum Erreichen der nationalen CO2-Reduktionsziele zu leisten.

Über aktive Einbeziehung und Motivation der BürgerInnen über die kommunalen Klimateams oder kommunale Klimaschutz-, Nachhaltigkeits- und Umweltkommissionen wird dieser Gedanke in die kommunalen Haushalte getragen. Über Kampagnen (Energiekooperative), Anreizsystem (kommunale Beihilfen für Privathaushalte für Energiespar- und regenerative Energieerzeugungsmaßnahmen), Information (Infoabende, Informationen im Gemeindeblatt) wird versucht, möglichst alle BürgerInnen mitzunehmen. Dies ist genauso wichtig wie die von den Gemeinden lancierten Großprojekte wie die Windparks (Garnich, Mersch), die Energiekooperativen (in Garnich gleich mehrere), Energiezentralen (Holzhackschnitzelanlage Mersch) und sonstigen „regenerativen Leuchttürme“.

Denn eines scheint gewiss – nur wenn jeder vor Ort mitmacht, haben wir eine Chance, die globale Klimakrise einzudämmen. Ob bzw. wie wir das schaffen, bleibt ungewiss. Sicher ist: Garnich und die LEADER-Region Lëtzebuerg West gehen voran.

MyEnergy InfopointInfopoint Westen (Garnich und weitere Gemeinden aus der LEADER-Region)

stellt für Private kostenlose energetische Grundberatung, Energiecheck,

Beratung zu Fördermitteln, Beratung bei Bauprojekten u.ä. zur Verfügung.

Auch persönliche und technische Hilfestellungen für Gemeinden und

Betriebe werden gegeben.

Energiezentrale MerschSeit Oktober 2019 ist die Energiezentrale

in Mersch in Betrieb. Sie versorgt 21 öffentliche und private Gebäude in der

Gemeinde mit Wärme, die vorrangig mit Landschaftspflegeholz erzeugt wird.

Solarkataster Erstellung von Solarkatastern in Garnich und anderen Gemeinden der Region,

die das Solarpotential aller Dachflächen auf dem Gemeindegebiet visualisieren

und Tools bereitstellen, den individuellen Ertrag zu berechnen.

Passivgebäude Maison Relais Garnich

Sie war eine der ersten Betreuungseinrichtungen im

Passivhaus-Standard (Baujahr 2012), bei dem ein Großteil der Energie aus regenerativen Energieträgern kommt (PV-Module, Thermosolar,

Lüftung mit Wärmerückgewinnung, geothermische Tiefenbohrungen

und Flächenkollektoren). Eine Grauwassernutzung (Toilette) ist ebenfalls

vorhanden.

Kommunaler Klimaschutz und weitere Aktivitätenals lokale Antworten

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NATUR BEWAHRENB.4.3

Wasser ist wertvoll. Doch Viele sind sich der Bedeutung von Trinkwasser heute nicht mehr bewusst. Unsere Vorfahren hingegen kannten seinen wahren Wert. Ende des 19. Jahrhunderts war Trinkwasser rar, häufig musste man sich kleiner Brunnen oder sogar am nächsten Fluss bedienen. Leider war das Wasser, trotz einer noch weitgehend intakten Umwelt, oft durch Abwässer verschmutzt, die sich ungeklärt in die Flüsse ergossen oder ins Grundwasser eindrangen. Zu diesem Qualitätsproblem kam die Entwicklung der Stahlindustrie im Süden des Landes hinzu, durch die der Wasserbedarf rapide anstieg.

Daher sprachen sich bereits im Jahre 1908 elf Gemeinden für die Gründung eines neuen Syndikats (Zweckverbandes) aus, das am 8. Juni 1908 als „Syndicat des Eaux du Sud“ (SES) als erster Gemeindeverband des Landes gegründet wurde.

Die SES ist ein Gemeindesyndikat, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Wasserbehälter der angeschlossenen Gemeinden mit Trinkwasser zu beliefern. Die Verteilung des Trinkwassers von den lokalen Wasserspeichern aus obliegt den Gemeinden.

Die Aufgaben des Syndikats, das mittlerweile 22 Mitgliedsgemeinden zählt, u.a. die Mehrheit der LEADER Lëtzebuerg West-Gemeinden, bestehen in der Schaffung, Instandhaltung und Erweiterung von Quellfassungen, Tiefbrunnen, Pumpstationen, Wasseraufbereitungsanlagen (Desinfektion), Wasserspeichern, Rohrleitungen und allen zusätzlichen technischen Anlagen, die dazu dienen, dem Kunden Trinkwasser in einwandfreier Qualität zu einem angemessenen Preis zu liefern. Des Weiteren sichert das Syndikat die direkte Trinkwasserversorgung mehrerer Industriestandorte im Süden Luxemburgs sowie einzelner Gemeinden, die nicht dem Syndikat angehören.

Das SES- Trinkwasser wird zum größten Teil aus Grundwasser der Region LEADER Lëtzebuerg West gewonnen, das sich im Luxemburger Sandstein ansammelt. Bedingt durch die natürliche Schwerkraft fließt das Wasser aus den verschiedenen Quellen in die Wasserspeicher der beiden Hauptpumpstationen in Koerich und Dondelange. Außerdem leiten die Unterstationen in Septfontaines, Leesbach und Hollenfels Wasser aus flussabwärts gelegenen Quellen zu den Hauptstationen.

Von Koerich und Dondelange aus wird das Wasser durch Druckleitungen in den Hauptspeicher Rebierg in der Gemeinde Garnich gepumpt, der 400 Meter über dem Meeresspiegel liegt und einen Vorrat von 30.000m³ Trinkwasser aufnehmen kann.

Im Hauptspeicher Rebierg wird das Wasser des nationalen Trinkwassersyndikats SEBES (rund ein Drittel des Luxemburger Trinkwassers wird aus dem Oberflächenwasser gewonnen, das aus dem Stausee von Esch-sur-Sûre stammt und in der Anlage des dafür gegründeten Syndikats SEBES aufbereitet wird) mit dem Wasser aus den verschiedenen Quellen und den drei Bohrungen gemischt.

Diese Mischung fließt gravitär und somit ohne Energieeinsatz weiter zu den lokalen Wasserspeichern und Wassertürmen der Mitgliedsgemeinden und von dort aus zu den privaten Haushalten und Industrieanlagen.

Das Wahrzeichen der Geimeinde Garnich und der Umgebung

Innenleben des Hauptwasserspeichers der Region gelegen auf dem ‘Rebierg’ in der Ortschaft Hivange

Trinkwasserverbund SES

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Arten- und Biotopschutzmaßnahmen durch SICONADer Naturschutz-Zweckverband SICONA ist in über 40 Gemeinden des Südens und Zentrums Luxemburgs aktiv und setzt sich aus den Zweckverbänden „SICONA Centre“ und „SICONA Sud-Ouest“ zusammen.

Im Laufe der Zeit hat sich aus einem Pionierprojekt eine professionelle Struktur entwickelt, die den Naturschutz in den Mitgliedsgemeinden ein gutes Stück weitergebracht hat. Heute gibt es in den SICONA-Gemeinden mehr Bäume, Hecken und Blühstreifen als vor 25 Jahren – ein Resultat des kommunalen Naturschutzes. Auch die Fläche der Feuchtgebiete und stehenden Gewässer hat sich leicht vergrößert.

Insgesamt ist der Rückgang der biologischen Vielfalt aber immer noch besorgniserregend, und die Herausforderungen werden auch in Zukunft nicht kleiner. Die Gemeinden können und müssen hier ihre Rolle spielen und sie haben durch ihr Engagement in den letzten Jahrzehnten bereits bewiesen, dass der kommunale Naturschutz einen wichtigen Beitrag zu einer Gesamtstrategie liefert, unter anderem um die Vorgaben aus den europäischen Naturschutzrichtlinien und der Wasserrahmenrichtlinie vor Ort umzusetzen.

Das Naturschutz-Zweckverband SICONA mit aktuell 54 Mitarbeitern besteht neben der Verwaltung aus vier Abteilungen, die für die Planung, Begleitung und Umsetzung der Projekte - inklusive der pädagogischen Aktivitäten - zuständig sind.

In der Gemeinde Garnich wurden durch die Mitarbeiter von SICONA und in Zusammenarbeit mit anderen Behörden Renaturierungsprojekte lanciert (Oberlauf der Mamer), Obstwiesen gepflanzt, Feuchtgebiete angelegt und vieles mehr – damit die Gemeinde wieder grüner und vor allem artenreicher wird.

’Der Tag vom Baum’ wird regelmassig organisiert

Die ‘Heckenpflanzaktion fur Schulkinder’ findet jahrlich statt

Kinder machen Apfelsaft

Arten- und Biotopschutz zum Anfassen und Mitmachen

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Umwelt spielerisch begreifen Im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung bietet SICONA der Region ein vielseitiges Programm für Schulkinder, Jugendliche und Erwachsene an, u.a. auch institutionalisierte Naturnachmittage für Kinder in den Betreuungsstrukturen der Grundschulen.

Bei den weit über 500 Naturaktivitäten, die SICONA jedes Jahr durchführt, werden die Kinder und Jugendlichen von erfahrenen Pädagogen und Naturführern begleitet. Sie werden auf eine spielerische, erlebnisorientierte Art und Weise an die Natur herangeführt, erwerben dabei viele Naturkenntnisse und erfassen ökologische Zusammenhänge. Damit wird auch die Wichtigkeit des Erhalts und des Schutzes von natürlichen Lebensräumen für Kinder und Jugendliche greifbar.

Ein gutes Beispiel dafür ist die „Aktion Apfelsaft“, bei der die Naturpädagogen von SICONA zusammen mit rund 20 Schulkindern aus Garnich Äpfel gepflückt haben. Anschließend wurde das zusammengetragene Obst detailliert untersucht und die jungen Naturdetektive erfuhren in anschaulichen Geschichten alles über Apfelkerne und die anderen wichtigen Bestandteile der Frucht. Nach so viel Köpfchenarbeit durften die knapp 20 Schulkinder ihre Muskeln spielen lassen: Mit einer manuellen Presse haben sie selbstständig literweise Apfelsaft hergestellt. Zur Belohnung für ihren Einsatz gab es für jeden ein Glas frisch gepressten „Viez“ – und einen großen Vorrat für zuhause.

Ergänzt wird das SICONA-Angebot durch Aktivitäten der lokalen Förster und Gemeindegärtner. In der Gemeinde Garnich werden so – in Zusammenarbeit mit der Schule – regelmäßige Hecken- und Baumpflanzaktionen durchgeführt, u.a. am „Tag des Baumes“.

Garnich ist eine rurale Gemeinde

Nicht nur die Klimakrise bedroht die Menschheit – das zunehmende Bienen- und Artensterben, der Verlust wertvoller natürlicher Flächen, Schädlingsplagen oder auch die Überdüngung durch die konventionelle Landwirtschaft mit verheerenden Konsequenzen für das Trinkwasservorkommen bedrohen das natürliche Gleichgewicht – durch klimarelevante Faktoren wie Dürren und Starkregenereignisse noch verstärkt. Daher ist im Bereich Natur- und Ressourcenschutz ein Umdenken angesagt.

Im Bereich Trinkwasser als das Grundnahrungsmittel schlechthin ist Versorgungssicherheit und Qualitätssicherung durch Gewässer- und Grundwasserschutz gefragt – für beides steht der Trinkwasserzweckverband SES, der getreu dem Motto „gemeinsam sind wir stark“ schon vor mehr als hundert Jahren erkannt hat, dass Schutz und Förderung im Verbund besser zu stemmen sind. Denn einerseits kann nicht jede Gemeinde auf eigene Trinkwasservorräte zurückgreifen – andererseits ist die Nutzung lokaler Trinkwasservorkommen

FSC und PEFCDer Garnicher Gemeindewald ist zertifiziert, und zwar doppelt über gleich zwei international anerkannte Lables: FSC „Forest Stewadrship Council“ und PEFC

“Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes”.

Naturschutz vor Ort UND weitere Aktivitäten als lokale Antworten

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die einfachste, kostengünstigste und nachhaltigste Methode, die Bevölkerung mit gutem Leitungswasser zu versorgen, statt dieses über große Distanzen andernorts besorgen zu müssen.

Im Natur- und Artenschutz ist oft Überzeugungsarbeit nötig. Ein Grundverständnis ist zwar da, aber Bequemlichkeit, wirtschaftliche Interessen und fehlende Detailkenntnis führen trotzdem oftmals dazu, dass der Naturschutz den Kürzeren zieht. Konsequente Natur- und Umweltbildung, Sensibilisierung und Umweltmotivation können zu einem Umdenken führen. Fängt man bei den Kleinsten frühzeitig damit an, muss gar nicht umgedacht werden, sondern es geht gleich in die richtige Richtung. Die Gemeinde Garnich mit ihrem Förster und Gemeindegärtner sowie dem interkommunalen Naturschutz-Zweckverband SICONA als regionalem Partner machen beides vorbildlich – lenken und umlenken.

Garnich und nationale wie europäische

NaturschutzzonenNeben der Lage im NATURA

2000-Gebiet „Mamer- und Eischtal“ reichen die Zonen „Hautcharage/ Dahlem“ –

„Asselborner a Boufferdanger Muer“, „Fingig – Reifelswenkel“

und „Grass – Moukebrill“ in das Garnicher Territorium.

Nationale Naturschutzgebiete sind im Norden („Faascht/

Buchholzerbësch/ Dräibrécken“) und im Süden Garnichs

(„Hautcharage – Griechten“) als wertvolle Feuchtgebiete zu finden.

Transition TownsViele Initiativen, die das

gemeinschaftliche und bio-regionale Gärtnern und Kultivieren

fördern, sind in der Region vorhanden: „Transition Mersch“ und „Transition Dippach“ (mit

Garnicher Mitgliedern), Kalendula Gemeinschafts-Garten in Steinfort,

Verein „Seed“ aus Hollenfels für die Erhaltung der Sortenvielfalt.

Grenzenloser GewässerschutzDas INTERREG-Projekt „Eisch’A“ umfasst den Bau von Kläranlagen im grenzüberschreitenden Einzugsbecken der oberen Eisch. Es betrifft die Errichtung von Sammelbecken in Belgien und Luxemburg sowie den

Bau eines gemeinsamen Klärwerks mit 15.400 Einwohnergleichwerten. Damit sollen die Abwässer aller belgischer und luxemburgischer

Anrainerortschaften der oberen Eisch – auch Garnichs Ortschaft Kahler - nach neuestem Standard aufbereitet werden.

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LAND UND WIRTSCHAFTB.4.4

AntiGaspi Gemeinde Garnich in der AntiGaspi RegionEiner Studie der Welternährungsorganisation zufolge werden in Europa jährlich 280 Kilogramm Lebensmittel pro EinwohnerIn weggeworfen, obwohl häufig noch nicht einmal das Haltbarkeitsdatum erreicht worden ist. Ein Drittel aller weltweit produzierten Lebensmittel wird verschwendet oder geht verloren, in Industrieländern sogar etwa die Hälfte aller Produkte. Die luxemburgische Regierung hat angesichts dieses unannehmbaren verschwenderischen Umgangs den Kampf gegen Verschwendung zu einer ihrer Prioritäten erklärt.

Dazu wurde u.a. die Einführung eines Gemeindepaktes „contre le gaspillage alimentaire – AntiGaspi“ (gegen die Lebensmittelverschwendung), dem sich mittlerweile alle Gemeinde der LEADER-Region (in Luxemburg: 92 von 102 Gemeinden) angeschlossen haben, initiiert. Hierbei geht es darum, Aktionen auf kommunaler Ebene gegen die Lebensmittelverschwendung in die Wege zu leiten, u.a. durch die Organisation des jährlichen “Tages gegen die Lebensmittelverschwendung” mit den teilnehmenden Gemeinden (mit dem Ziel des Austausches von „Best-Practice-Beispielen“) oder der Bereitstellung einer Wanderausstellung, welche sich hauptsächlich an Grundschüler richtet und auf spielerische Art und Weise auf das Problem der Lebensmittelverschwendung aufmerksam macht.

Zum Vorzeigeprojekt in der Region hat sich der „Antigaspi-Kühlschrank“ in Tuntange entwickelt. Seit September 2019 betreibt die Jugendherberge Hollenfels (Gemeinde Helperknapp) einen „Self-Service-Kühlschrank“, der im Ortszentrum der Ortschaft Tuntange aufgestellt wurde. Hier werden für einen Preis von 3€ pro Portion diejenigen Mahlzeiten, die mittags in der Jugendherberge nicht verkauft wurden, der Öffentlichkeit angeboten. Somit landen die zu viel gekochten Menüs nicht in der Mülltonne, sondern erhalten eine zweite Chance, konsumiert zu werden. Die Interessenten erhalten somit auf kurzem Weg ein qualitativ hochwertiges Essen (zum Mitnehmen und zuhause aufwärmen), zumal die Küche der Jugendherberge Fairtrade-Produkte und weitere regionale Zutaten, die mit dem Label „Sou schmaacht Lëtzebuerg“ („So schmeckt Luxemburg“) zertifiziert sind, verwendet. Die Initiative wird umgesetzt durch die Jugendherberge Hollenfels mit Unterstützung der Gemeinde Helperknapp und dem Ministerium für Landwirtschaft, Weinbau und ländliche Entwicklung.

Der ‘Antigaspi-Kuhlschrank’ in der Ortschaft Tuntange

Lokale Produktion von und verantwortungsvoller Umgang mit Nahrungsmitteln

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Leckere Landschaft – Natur genießen Als Komplementär zur Reduktion der Lebensmittelverschwendung macht es Sinn, möglichst viel der verbleibenden benötigten Lebensmittel möglichst verantwortungsvoll anzubieten – bestenfalls vor Ort produziert und auch vor Ort einkaufbar.

Die LEADER Aktions-Gruppe (LAG) startete daher ein Projekt mit den Zielen, allen in Frage kommenden Produktions-Betrieben die Möglichkeit zu bieten, in den Bereichen „Direktvermarktung“ und „Bauernhofpädagogik“ neue Kompetenzen zu erwerben, innovative Ideen umzusetzen, ihre Konzepte zu professionalisieren und eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben.

Weiterbildungskurse, persönliches Coaching und die Besichtigung von bestehenden Projekten im In- und Ausland vermittelten das nötige Grundwissen. Marktstudien und Expertenmeinungen wurden hinzugezogen, Vermarktungskonzepte erarbeitet. Eine von LEADER erstellte Broschüre („Regional akafen“) bietet eine Übersicht über Betriebe, die lokale Produkte anbieten, und ihre Aktivitäten und fördert so die Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit.

So erkannten etliche Betriebe die Angebotslücke und bieten nun spannende und abwechslungsreiche pädagogische Aktivitäten – vom Kindergeburtstagsfest bis zur Sinnesscheune – auf ihren Höfen an.

• Als eine erste „Kampagne“ zur praktischen Umsetzung wurde ein Pädagogikprojekt gestartet. Zwölf Kinder- und Jugendgruppen aus der LEADER-Region (auch aus der Gemeinde Garnich) haben lokale Produzenten und Produkte besichtigt, haben mit den Landwirten über ihre Produkte und über aktuelle Problemlagen in der Landwirtschaft diskutiert, wurden dadurch für regionale und lokale Produkte sensibilisiert – und haben nach jedem Besuch mit den Produkten gekocht. Als eine Art Dokumentation des Projektes entstand ein Kochbuch mit 21 leckeren Rezepten, das zeigen soll, dass saisonal und regional einzukaufen ein Kinderspiel ist, dass es spannend ist, die Menschen kennen zu lernen, die für ihre Produkte einstehen - und dass es ein gutes Gefühl ist, mit Zutaten zu kochen, deren Herkunft man kennt.

• Aufgrund der erfolgreichen Kooperation zwischen Landwirten und Kindern wurde ein weiteres Projekt gestartet, das LEADER zusammen mit der Luxemburger Landjugend initiierte. Die Aufklärungskampagne „Fro-de-Bauer“ ging in die Grundschulen der Region, um Jugendliche über die Realitäten der Landwirte zu informieren, einschließlich lokaler / regionaler Produzenten von Obst, Gemüse, Getreide und Milch und Fleisch. In den angebotenen Workshops wurden die modernen und regionalen Produktionssysteme der Landwirte gezeigt, auf die Verantwortung der

Verbraucher hinsichtlich ihres Einflusses durch ihr Kaufverhalten auf den Markt aufmerksam gemacht, sowie der Respekt vor Lebensmitteln („AntiGaspi“) und damit das verantwortungsvolle Verhalten im Umgang mit den vorhandenen Ressourcen thematisiert.

Eng

Initi

ative vun de Lëtzebuerger Bauren

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LeckereLandschaft

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’Fro de Bauer’ - Workshop in den Schulen

Kochbuch mit regionalen Produkten

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• Das SICONA-Projekt „Natur genießen – wir essen bio, regional und fair“ stellt eine weitere Kooperation der Ganztagsbetreuung der Grundschulen der Region mit den lokalen Landwirten dar. Die Betriebe, die im Projekt mitmachen (aktuell 11 konventionell als auch biologisch arbeitende Landwirte und Gemüseproduzenten), müssen Kriterienkataloge erfüllen, die an die Qualität und Regionalität der Produkte und an die Bewirtschaftung der Betriebe gestellt werden. Die „Maisons Relais“ (Kindertagesstätten) können von dieser Liste Betriebe auswählen, von denen sie beliefert werden wollen. Die verpflichtenden gesamtbetrieblichen Kriterien beinhalten z.B. den Erhalt von naturnahen Flächen und Strukturelementen sowie eine nachhaltige Pflanzenschutzstrategie.

Das ganzheitlich orientierte „Natur-genéissen-Projekt“ schafft neue, regionale Absatzmärkte für lokale Produkte, umweltbewusste Betriebe der Region werden gestärkt, Transportwege verringert und es wird ein beträchtlicher Beitrag zum Erhalt der Natur geleistet. Zudem ist es wichtig, den Kindern die Verbindung zwischen einer umweltschonenden und nachhaltigen Landwirtschaft, der Erhaltung der Natur und einer gesunden Ernährung näherzubringen. Es wird den Kindertagesstätten ermöglicht, in direktem Kontakt mit dem Produzenten zu stehen und somit zu wissen, wann welches Produkt (saisonal) verfügbar ist. Kinder besuchen regionale Qualitätsproduzenten, um vor Ort zu sehen, woher ihr Essen kommt. Dies stärkt das Vertrauen und sorgt für mehr Transparenz in der Nachverfolgbarkeit der Lebensmittelproduktion.

Neben konventionell arbeitenden lokalen Produzenten sind auch Bio- und Demeter-Betriebe in der Region vorhanden, die nach und nach die Direktvermarktung als Absatzmarkt entdeckt haben. Der Biohof Jemming aus Kahler/ Garnich hat beispielsweise zum Direktvertrieb einen Kühlschrank an der Straße vor dem Hof aufgestellt, wo man frische Bio-Eier kaufen kann.

Besuch auf einem ‘Natur geneissen’ - Bauernhof

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’Fro de Bauer’ - Workshop in den Schulen

Schulkinder zu Besuch auf einem Bauernhof

Schulkinder zu Besuch auf einem Bauernhof

Selbstbedienungs-Kuhlschrank in Kahler

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Die Direktvermarktung bei den Produzenten selbst stellt einen weiteren lokalen Baustein in der Vetriebskette dar. Trotzdem wollen sich nicht alle Menschen die Zeit nehmen, von Produzent zu Produzent zu fahren, um ihre Einkäufe zu erledigen – eine zentrale Einkaufsmöglichkeit vor Ort ist doch viel bequemer, am besten noch zu Fuß oder mit dem Rad erreichbar.

Daher war nicht nur im Rahmen der Garnicher Bürger-Workshops, sondern ganz allgemein in der Gemeinde wie auch den anderen kleineren Gemeinden der Region – immer wieder der Wunsch nach einem Nahversorger im Ort zu hören – mit Schwerpunkt auf der Darbietung lokaler Produkte. Während die großen Gemeinden der Region (Mamer, Mersch, Steinfort) diese Problemlagen nicht kennen, da sie sogar mit mehr oder minder großen Einkaufszentren ausgestattet sind, fehlen in den kleinen Gemeinden oftmals Versorgungseinrichtungen für Güter des täglichen Bedarfs. Zwar hat die Gemeinde einen privat betriebenen Markt (werktags täglich) – jedoch fehlen lokal produzierte Produkte, zudem ist es „nur“ ein reiner Obst- und Gemüsemarkt, so dass die Sortimentsvielfalt fehlt.

Dem will Garnich nun aktiv entgegentreten, um im Rahmen einer PPP („Public- Private Partnership“) im Hauptort Garnich Nahversorgungseinrichtungen anbieten zu können. Die sehr konkrete Idee, die kurz vor der Unterschriftsreife steht: Ein privater Investor baut nahe der zentralen Kreuzung in Garnich einen Gebäudekomplex, in dem im Erdgeschoß Geschäftsräume vorgesehen sind. Die Gemeinde verpflichtet sich, diese für einen Fixpreis für vorerst 15 Jahre anzumieten, um diese Räumlichkeiten an einen oder mehrere Nahversorger und Dienstleister weitergeben zu können. Denkbar sind ein Tante-Emma-Laden, eine Bäckerei, eine Metzgerei und Ähnliches.

Die Gemeinde sieht die Ansiedlungschancen als sehr hoch an. Einerseits lockt die zentrale Lage (stark befahrene Nationalstraße, Transitverkehr), die einen gewissen Einzugsbereich schafft (zusätzlich zu den EinwohnerInnen). Anderseits ist die Gemeinde finanziell in der Lage, quasi als „Anschubfinanzierung“ den Gewerbetreibenden in den ersten Monaten oder Jahren die Miete zu reduzieren oder gar zu erlassen. Dies bedeutet zwar eine Investition – die Gemeinde als Hauptmieter hat aber dafür das Heft des Handelns in der Hand, um zu steuern, welche Nutzungen sich ansiedeln sollen im Sinne von welche Nutzungen einen Mehrwert für die Gemeinde bringen.

In zentraler Lage sollen demnachst Nahversorgungseinrichtungen entstehen

Dorfladen Garnich

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 65

Das in der Aufsiedlung befindliche Gewerbegebiet nahe der belgischen Grenze und der A6 ist ca. 28,1 Hektar groß. Es bietet auf 71 Parzellen Platz für Betriebe überwiegend aus den Bereichen Handwerk und Baugewerbe.

Das Gewerbegebiet weist einige Besonderheiten auf, insbesondere wurde viel Wert auf ökologische Kriterien gelegt.

• So entstand eine zentrale Grünachse mit Regenrückhaltebecken, das als Weiher angelegt wird, wobei spezielle Gräser gepflanzt wurden, die das Wasser im Becken reinigen sollen. Die Grünachse mit Spazierwegen soll als Herzstück der Gewerbezone einen Ort schaffen, wo man zum Beispiel in der Mittagsstunde verweilen kann und wo es allgemein angenehm ist zu arbeiten.

• Es wird ein zentrales Parkhaus mit ca. 390 Stellplätzen errichtet, um die Stellplätze auf den einzelnen Parzellen zu minimieren.

• Ein Fahrradweg wird gebaut, u.a. um eine Verbindung zum nahegelegenen Bahnhof in Kleinbettingen (ca. 2km Entfernung) herzustellen. Kleine Fahrradparkhäuser sind am Bahnhof wie im Gewerbegebiet vorgesehen.

Die Preise für die Gewerbeparzellen sind moderat, da sie nicht verkauft, sondern in Erbpacht (30 Jahre Laufzeit) vergeben werden.

Möglich wurde diese Investition durch den Zusammenschluss der Gemeinden Steinfort, Garnich, Hobscheid, Kehlen, Koerich und Mamer, die dafür das Gemeindesyndikat ZARO („Zone d’Activités de la Région Ouest“) gegründet haben. Dort ist eine der Besonderheiten, dass alle Gemeinden – große wie kleine – das gleiche Stimmrecht bzw. Stimmengewicht haben.

Gewerbegebiet ZARO (Zone d’Activités de la Région Ouest)

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Vor nicht allzu langer Zeit prägten Bauernbetriebe das Geschehen in Dörfern wie Garnich – sie boten lokal Arbeitsplätze und stellten überwiegend die lokale Lebensmittelversorgung sicher. Das hat sich heute grundlegend geändert. Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe ist rückläufig, da die Menschen weniger in der Landwirtschaft und mehr bei Betrieben und Dienstleistern – meist außerhalb des Wohnortes - ihren Arbeitsplatz finden. Zudem leben wir mittlerweile in einer schnelllebigen, hoch technisierten Zeit, die vom passiven und verschwenderischen Konsum geprägt ist, wo wir als VerbraucherInnen fast nur im Supermarkt kaufen - den Kontakt zu den Herstellern gibt es kaum noch.

Dieser Trend scheint sich langsam umzukehren - Nachrichten über Lebensmittelskandale sowie undurchsichtige Produktions- und Vermarktungsstrukturen im Negativen oder Lebensmittelverwertungs- und „Antigaspi“-Initiativen im Positiven tun ihr Übriges dazu. Es gibt daher gute Gründe, dass immer mehr VerbraucherInnen nach „Lebensmitteln direkt vom Produzenten“ fragen. Nachvollziehbare Herkunft, Frische der Produkte, kurze Wege, persönlicher Kontakt zum Hersteller sind gewünscht. Die Menschen können zudem Ihre Einkäufe vor Ort beim Produzenten, im Dorfladen oder auf dem Markt erledigen – wodurch ein lokaler Beitrag gegen die Lebensmittelverschwendung geleistet wird, da solche Einkäufe meist überlegter und weniger „XXL“ sind.

Zudem unterstützen Sie die Entwicklung der ländlichen Regionen und tragen zur Verbesserung des Dorflebens bei. Dies gilt auch für die Schaffung von Arbeitsplätzen vor Ort, was für die Menschen Wege und Zeit spart. Das interkommunale Gewerbegebiet ZARO ist hier ein Musterbeispiel, da es in der Region durch den gleichberechtigten Zusammenschluss mehrerer Gemeinden neue Arbeitsplätze im Handwerks- und Dienstleistungssektor schafft – ökologisch orientiert obendrein.

Fairtrade-Gemeinde Garnich

„Fairtrade-Gemeinden“ setzen sich für den fairen Handel ein,

welcher auf den drei Säulen der nachhaltigen Entwicklung basiert.

Neben Garnich sind aus der Region auch Mamer, Steinfort

und Mersch als Fairtrade-Gemeinden zertifiziert.

Markt „Beim Aly“Seit einigen Jahren hat die Gemeinde einen täglichen

Obst- und Gemüsemarkt. Mit Unterstützung der Gemeinde, die ihm einen gut gelegenen

Stellplatz zur Verfügung stellte, bietet der Markt ein großes und reichhaltiges Obst- und

Gemüseangebot. Nicht alles bio, nicht alles regional – aber eben

lokal und vor Ort zu kaufen.

Land und Wirtschaft vor Ort und weitere Aktivitätenals lokale Antworten

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Regionale MärkteDer Monatsmarkt „Beringer Markt“ in Mersch, auf dem

viele lokale Produkte von lokalen Produzenten angeboten werden, geht auf eine LEADER-Initiative zurück. Der

„Umwelt-Markt“ in Steinfort, wo regionale Betriebe ihre umweltfreundlichen Produkte einem breiten Publikum

präsentieren können, wird einmal im Jahr vom dortigen Klimateam organisiert. In Mamer gibt es einen lokalen

Markt, der zweimal pro Monat stattfindet.

Lernort BauernhofIn einer von LEADER entwickelten Broschüre werden lokale und regionale Betriebe vorgestellt, die mit viel

Initiativgeist, Enthusiasmus und Energie Ihre Höfe geöffnet und zu praktischen Lernorten ausgerichtet

haben.

Ecopark „Wandhaff“Der Ecopark ist ein ökologisches Gewerbegebiet,

das ökologisch/ nachhaltig orientiert ist und gewisse Daseiensgrundfunktionen bietet (medizinische

Grundversorgung, Einkaufsmöglichkeiten, Spazierwege etc.). Das Vorzeigegebäude heißt „Solarwind“ und

nutzt viele regenerative Energiequellen, u.a. ein eigenes Horizontalwindrad.

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MULTIMOBILITÄTB.4.5

Das „Festival Elsy Jacobs“ ist eine Frauen-Radsportveranstaltung in der Gemeinde Garnich und der Region, die mittlerweile weltweites Renommee erlangt hat. Sportlerinnen aus allen Ländern der Welt kommen nach Garnich, um sich in mehreren Rennen an mehreren Tagen miteinander zu messen, u.a. da die Rennen fester Bestandteil des Rennkalenders der UCI (Union Cycliste Internationale - Dachverband von 179 nationalen und fünf kontinentalen Radsport-Verbänden) sind.

Elsy Jacobs, der die Veranstaltung gewidmet ist, wuchs in Garnich auf und begann bereits als Jugendliche mit dem Radsport. Sie konnte aber nur trainieren und durfte nicht in Luxemburg starten, da damals Frauen noch nicht an Radrennen teilnehmen durften. So fuhr sie Rennen in Belgien und Frankreich, wo ihre Lizenz anerkannt wurde. Erst 1955 änderte der Luxemburger Radsportverband seine Statuten, um Elsy Jacobs aufnehmen zu können und ihre Teilnahme an Rennen in Luxemburg zu ermöglichen.

Am 30. August 1958 siegte sie bei den ersten Straßen-Radweltmeisterschaften der Frauen, kurz danach stellte sie einen neuen Stundenweltrekord auf. Nach den Erfolgen von Jacobs wurden in Luxemburg auch Frauenrennen gefahren. Das Trikot der Landesmeisterin konnte sie von 1959 bis 1974 verteidigen.

Elsy Jacobs auf dem Hohepunkt im Jahre 1958

Festival Elsy Jacobs

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 69

Nach Streitigkeiten mit dem nationalen Verband, der sie 1974 nicht für die Weltmeisterschaft angemeldet hatte, verließ sie Luxemburg und zog nach Paris, wo sie 1998 verstarb.

Seit 2001 wird in Garnich jährlich am 1. Mai die „Randonnée Elsy Jacobs“ veranstaltet – eine Veranstaltung für Hobby-RadfahrerInnen zu Ehren von Elsy Jacobs, der bekanntesten Tochter der Gemeinde und aufgrund ihrer Geschichte auch eine der bekannten Luxemburger Frauenrechtlerinnen.

Zum 50. Jahrestag ihres Weltmeistertitels und des Stundenweltrekords wurde am 26. April 2008 in Garnich erstmals der „Grand Prix Elsy Jacobs“ als Profi-Radrennen ausgetragen, seitdem findet das Rennen, das sich zum Besuchermagneten entwickelt hat, jährlich im Rahmen des „Festival luxembourgeois du Cyclisme Féminin Elsy Jacobs“ statt – mit mittlerweile weit über 100 Teilnehmerinnen aus über 20 Ländern. Die Streckenführung geht – auch wegen des Engagements der LAG LEADER Lëtzebuerg West - quer durch die LEADER-Region, so dass neben den sportlichen Aspekten auch die landschaftlich und touristisch reizvolle Region den tausenden von Zuschauern nähergebracht wird.

Die Veranstaltung für „Cyclo-Touristen“ findet übrigens immer noch statt. Auf drei unterschiedlich langen bzw. schweren Strecken (100km/ 56km/ 27km) können alle den Rundkurs nach Wahl absolvieren – wovon jährlich über tausend Radbegeisterte Gebrauch machen. Somit hat sich die Veranstaltung nicht nur zum Radsportleckerbissen entwickelt, sie fördert und bewirbt auch das Fahrrad als Verkehrsmittel.

Original-Rennrad von Elsy Jacobs ausgestellt im Sportkomplex der Gemeinde Garnich

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Der Proxibus ist ein Rufbussystem, das auf Initiative der Gemeinde Garnich ins Leben gerufen wurde und zusammen mit den Nachbargemeinden Koerich und Steinfort betrieben wird. Der Proxibus ist als Komplementär zum national organisierten Regelbusverkehr zu verstehen. Als Rufbus funktioniert er „on demand“ und holt seine Passagiere vor der Haustür ab – besonders komfortabel für ältere MitbürgerInnen, die so bequem mit dem Öffentlichen Transport ihre Besorgungen erledigen können.

Der Proxibus verkehrt im Gebiet der drei Mitgliedsgemeinden und steuert die lokalen öffentlichen Einrichtungen an, die auch die Versorgungsinfrastrukturen des Regionalen Zentrums Steinfort betreffen. Da früh erkannt wurde, dass einige „Points of Interest“ auch außerhalb des Grundeinzugsbereichs liegen, wurde der Rufbus auf einige fixe Destinationen außerhalb der Gemeindeterritorien von Garnich, Steinfort und Koerich erweitert – gezielt

auf solche, die von den BürgerInnen nachgefragt werden. Diese reichen von wichtigen Bahnumsteigepunkten (Nachbargemeinden Dippach und Mamer) über kirchliche Einrichtungen (Kirche in Clemency) bis hin zu gut frequentierten Einkaufsmöglichkeiten – teils sogar über die Landesgrenze hinausgehend bis in die Stadt Arlon ins benachbarte Belgien.

Nicht nur hinsichtlich seiner Flexibilität und der möglichen Destinationen ist der Proxibus interessant. Er wird mit komfortablen 8-Sitzer Minibussen betrieben, die behindertengerecht, emissionsarm und auch für alle erschwinglich sind – eine einfache Fahrt kostet 2 Euro, egal wie weit entfernt das Ziel liegt.

Damit trägt der Proxibus zu einem Stück Flexibilität im Ländlichen Raum bei – und fördert den Umstieg vom PKW auf den klimafreundlicheren Bus.

Proxibus

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 71

Mam Vëlo am WestenGesund, umweltfreundlich und wohltuend – keine Fortbewegungsart wird aktuell mehr gepriesen als das Radfahren. Schade nur, dass, wer sich mit dem Drahtesel auf unsere Straßen begibt, häufig auch eine gehörige Portion Wagemut mitbringen muss.

Dieser Herausforderung stellten sich die LEADER-Gruppe Lëtzebuerg West zusammen mit dem benachbarten interkommunalen Syndikat „de Réidener Kanton“ und der Gemeinde Mertzig. Sie machten sich gemeinsam mit dem Fachplanungsbüro „Velosophie“ auf den Weg, ein Inventar sämtlicher fahrradgerechter Wege und Straßen der beiden Regionen zu erstellen.

Nachdem „Velosophie“ bei Wind und Wetter den Westen des Landes durchradelte, um die geeignetsten Strecken für Fahrradtourismus und sanfte Mobilität ausfindig zu machen, sprach sie bei den Partnergemeinden vor, um über die ausgewählten Wege zu diskutieren und gegebenenfalls Änderungsvorschläge anzubringen. In einem Bericht unterbreitete sie den Partnergemeinden Empfehlungen bezüglich aller Fahrradwege sowie entsprechende Verbesserungsvorschläge.

Das eigentliche Ziel des Projektes „Regional Mobil mam Vëlo am Westen“ besteht darin, die Gemeinden dazu zu ermuntern, zusätzlich zu den bestehenden

nationalen Radwegen weitere regionale Fahrradstrecken einzurichten und bestehende Wege und Straßen anzupassen, um so die Gemeinden und Ortschaften im Sinne sanfter Mobilität und Fahrradtourismus miteinander zu verbinden.

Nachdem im Sommer 2015 eine Landkarte mit Verbindungswegen sowie 3 Touren für alle Fahrradbegeisterte herausgegeben wurde, erfolgte ab Herbst 2015 eine ausführliche Beschilderung der Fahrradstrecken. In einem Folgeprojekt von LEADER wurden touristische Zusatzschilder zur Orientierung hergestellt und aufgebaut. Die Einrichtung von Rastplätzen und Fahrradleihstationen an strategisch günstigen Stellen ergänzt schließlich das Konzept der „Förderung der sanften Mobilität“.

Weg frei für die sanfte Mobilität Garnicher Rad- und WanderwegeDurch das regionale Radprojekt motiviert, kümmern sich die Garnicher Bürgervereine auch darum, das regionale Wegenetz durch ein komplementäres kommunales Netz engmaschiger werden zu lassen. Dazu wurden in den Bürgervereinen Konzepte entwickelt, wo Spazierwege (teils auch beradelbar) ausgeschildert, ausgebaut oder Lücken geschlossen werden könnten. Einige davon sind schon realisiert, andere in der Planungs- bzw. Umsetzungsphase (Verhandlungen mit den Eigentümern).

Aber auch das in der Hierarchie über den regionalen Wegen angesetzte nationale Radwegenetz wurde durch die engagierten BürgerInnen beleuchtet. Unter anderem wurde eine fehlende Querverbindung von Nord (Garnich und Mamer) nach Süd (Dippach-Bahnhof) festgestellt - und gleich in Angriff genommen: Treffen mit den beteiligten Gemeinden und den betroffenen Ministerien – Planung läuft, Vollzug wird zeitnah vermeldet werden können!

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Elektroladesäulen “Chargy”Für 2020 sieht das „Chargy-Netz“ 800 öffentliche

Ladestationen (je zwei Stromzapfsäulen für Elektro- und Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge) in Luxemburg vor. In

Garnich und der LEADER-Region sind bereits Chargy-Ladestation vorhanden.

Autofreie TageBei „Alles op de Vëlo am Mamerdall“ ist die

Straße zwischen Mamer und Mersch Radfahrern und Fußgängern vorbehalten. „Mam Velo vu

Miersch an d’Stad“ bewirbt und testet das Fahrrad als Alltagstransportmittel.

Die fortschreitende Mobilität ist Fluch und Segen zugleich. Einerseits ist sie in einer globalisierten Wirtschaftswelt unabdingbar und ein wirtschaftlicher Mehrwert – sowohl die Produktionsprozesse als auch die Arbeitskraft betreffend. Andererseits hat sie Schattenseiten, da sie CO2 und Staus verursacht.

Auf lokaler Ebene versucht die Gemeinde Garnich, durch eine entsprechende (An-) Siedlungspolitik (Fokus auf Innenentwicklung, Stärkung des Hauptortes Garnich, Bereitstellung von Einrichtungen der Daseiensgrundversorgung gerade im Hauptort, Schaffung von Arbeitsplätzen im nahegelegenen Gewerbegebiet ZARO etc.) übermäßige Wege zu vermeiden bzw. zumindest zu verkürzen.

Ein Großteil der täglichen Wege hat Längen bis zu 3km, viele davon spielen sich am Wohnort selbst ab. Durch Verkehrsberuhigungsmaßnahmen – gerade um die Schule – und das Schaffen separater Fuß- und Wanderwege wird in Garnich versucht, den Straßenraum attraktiver für Fußgänger zu machen. Kampagnen wie das „Festival Elsy Jacobs“ mit der Bereitstellung entsprechender Radinfrastrukturen – im Verbund mit „Mam Vëlo am Westen“ von LEADER oder den Nachbargemeinden („Anschieben“ eines neuen nationalen Radwegs) - fördern den Umstieg aufs Rad als Alltagsverkehrsmittel.

Für längere Distanzen hat Luxemburg ein gut ausgebautes Bus- und Bahnnetz. Aber auch hier ergänzt die Gemeinde das Angebot – ähnlich wie in den übrigen Gemeinden der Region – aus eigenen Finanzmitteln, u.a. mit einem eigenen Rufbussystem zusammen mit den Gemeinden Steinfort und Koerich.

Der PKW kommt dann ins Spiel, wenn die übrigen Verkehrsmittel nicht passen. Hier fördert die Gemeinde die Elektromobilität – infrastrukturell durch eine Ladesäule im Hauptort, finanziell durch kommunale (und staatliche) Zuschüsse beim Kauf eines Elektroautos (Verordnung in Ausarbeitung).

Somit können die Garnicher BürgerInnen - unterstützt durch die Gemeinde – für jeden Weg ihre eigene klimafreundliche Mobilitätskette gestalten, getreu dem Motto „do the right mix!“

multimobilität und weitere Aktivitätenals lokale Antworten

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Verkehrsberuhigung – Sperrung der Schulstraßen

Beide Straßen rund um die Schule werden in Garnich mit versenkbaren Pollern zu den Schulanfangs- und -schlusszeiten komplett abgesperrt. Alle anderen

Gemeindestraßen sind über ein umgesetztes Tempo 30-Konzept verkehrsberuhigt worden. Ein

Verkehrsberuhigungskonzept für Haupt- (Staats-) Straßen wurde erstellt und wird zeitnah umgesetzt.

„Der sichere Schulweg“Analyse der Schulwege (zu Fuß) im Hauptort Garnich, Erstellen einer „Schulwegskarte“ mit Kennzeichnung

der Wege im öffentlichen Raum durch Symbole auf den Fußwegen (seit 2014) als Verkehrssicherungsmaßnahme.

„Radare“ mit DatenloggernAlle Gemeinden verfügen über Geschwindigkeitsmesseinheiten, die via Bildschirm die individuelle Geschwindigkeit anzeigen. Zudem werden

Geschwindigkeitsprofile aufgenommen, ausgewertet, periodisch publiziert und – anonymisiert – der Polizei zur Verfügung gestellt, damit

diese an neuralgischen Punkten Kontrollen durchführen kann.

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BILDUNG UND SOZIALE EINRICHTUNGEN IM KONTEXT DES DEMOGRAPHISCHEN WANDELSB.4.6

Neue Medien halten immer stärker Einzug in unseren Alltag. Begreift man die neuen Techniken richtig, können sie einen wertvollen Beitrag leisten, das Menschen besser am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können bzw. einfacheren Zugang zu Bildungs- und Sozialleistungen haben.

• Das digitale Rathaus hat in allen Gemeinden der Region mehr oder minder Einzug erhalten. Für viele Behördengänge muss man nicht mehr persönlich zum Rathaus, sondern kann sie über den „virtuellen Bürgerdienst – guichet citoyen“, den alle Gemeinden zusammen mit dem Staat im Rahmen des „e-Government“ bereitstellen, erledigen. Dieser Dienst ist über die Internetseiten aller Gemeinden einfach, bequem und standardisiert verfügbar.

• Die Gemeinde Garnich – wie auch andere Gemeinden der Region – treiben die Digitalisierung in der Grundschule voran. In Garnich wurde bereits im Schuljahr 2017/ 2018 ein Pilotprojekt gestartet, wo in einigen Klassen IPads für die SchülerInnen in Kombination mit einer digitalen Tafel zum Einsatz kamen. 2018/ 2019 wurde beschlossen, nach und nach mehrere komplette Klassenräume mit IPads (Kostenübernahme durch die Gemeinde) auszustatten. Dies geschah aus der Überzeugung heraus, dass man um den Einsatz der neuen Medien bereits kurzfristig nicht herumkommt, so dass es Sinn macht, die SchülerInnen bereits frühzeitig mit den neuen Technologien vertraut zu machen und somit das Thema „Medienerziehung“ in den Lehrplan zu integrieren. Den Kindern wird somit vermittelt, wie die neuen Medien alltagstauglich und sinnvoll eingesetzt werden können und wie man als SchülerIn respektvoll damit umgeht.

• Der „Gemengebuet“ (Gemeindeblatt) als Printmedium ist als flankierendes Instrument zu sehen, da es periodisch erscheint (4x pro Jahr) und daher auch nur bedingt aktuelle Informationen oder Änderungen darbieten kann. Trotzdem kann es genutzt werden, Hintergrundinformationen zu verschiedensten lokalen Themen zu liefern und gewisse Basisinformationen darzustellen – zumal in der Gemeinde Garnich der „Buet“ sehr regelmäßig und pünktlich jedes Quartal erscheint.

• Ähnliches gilt für das LEADER Regionalmagazin, das zweimal pro Jahr erscheint und sich jeweils – neben Aktualitäten – verschiedenen Hauptthemen von regionaler Bedeutung widmet, zu denen Informationen und Reportagen angeboten werden.

• Der „Petit Fûté Garnichois – ein praktisches Handbuch für ein gutes Leben in der Gemeinde Garnich“ ist eine Informationsbroschüre, die sich sowohl an Alteingesessene als auch NeubürgerInnen richtet. Hier werden für unterschiedliche Themenbereiche Tipps und Hinweise gegeben, die speziell für die Gemeinde von Relevanz sind, wie Informationen zur Garnicher Schule, Mobilität, Vereinsleben und Feste, soziale und medizinische Einrichtungen, wichtige Adressen – und auch Hintergründe und interessante Details zur lokalen Geschichte.

• „sms2citizen“ ist ein Kurznachrichtendienst, der von verschiedenen Gemeinden des Landes angeboten wird. Er kann genutzt werden, um über aktuellste Neuigkeiten (Staus, Busausfälle etc.) zu informieren. In Garnich sind aktuell über 250 Haushalte für diese Dienstleistung angemeldet.

• Die Facebookseite der Gemeinde ist als Komplementär zur offiziellen Homepage zu sehen. Sie ist dafür gedacht, lokale Events anzukündigen und darüber zu berichten, wobei die Seite nicht thematisch, sondern nach Aktualität geordnet ist.

N U M . 0 4

2019

G A R N I C H | D U E L E M | H É I W E N G | K O L E R

I N F O R M A T I O U N S B L A T V U N D E R G E M E N G G A R N I C H

De GEMENGEBUET

S C H É I N T N E I T J O E R

Politik,Verwaltung

a Prozeduren

Geschichtvun der Gemeng

Gebaier, Monumentera Pläng vunden Dierfer

Jugend,Schoulwiesen

a Fräizäit

Zesumme liewen: kommunal

Reglementer

Mobilitéitan der Gemeng

Naturan Ëmwelt

Gesondheeta medezinesch

Déngschter

Festera Manifestatiounen Veräinsliewen

2019 - 2020

d’praktescht Handbuchfir e gutt Liewenan der Gemeng

Garnich

SMS citizenNOUVEAU SERVICE CITOYEN GRATUIT

Recevez les informations urgentesrelatives à l’enseignement sur votre portable.

SERVICEGRATUIT

Digitalisierung und Kommunikation in allen Altersklassen

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JugendhäuserIn der LEADER-Region Lëtzebuerg West haben die meisten Gemeinden – teils eigenständig, teils als interkommunale Kooperation – Jungendhäuser mit von Pädagogen betreuten Jugendtreffs eingerichtet. Das Jugendhaus „Henri Trauffler“ der Gemeinden Mamer und Garnich bietet Animationen, Begegnungen zwischen jungen Menschen, Projekte und Veranstaltungen. Die Aktivitäten können sportlicher, kultureller oder interkultureller, sozialer oder pädagogischer Natur sein, vieles ist möglich.

Jugendhäuser wie die in Mamer-Garnich, Steinfort-Koerich, Habscht oder Mersch sollen aber nicht nur Orte zum „abhängen“ und „chillen“ sein. Ihre Absicht ist es, den Jugendlichen zu ermöglichen, selbstständig und verantwortungsbewusst zu werden, und das in einem angenehmen Umfeld gemeinsam mit anderen jungen Menschen. Die Entwicklung der persönlichen und sozialen Stärken soll einen geglückten Übergang in die Erwachsenenwelt ermöglichen und die Jugendlichen zu einem kritischen und aktiven Bürger heranwachsen lassen.

In diesen Kontext passt auch das Photovoltaikprojekt, welches das Jugendhaus 2019 durchgeführt hat. Statt den Jugendlichen die Vorteile der solaren Stromgewinnung nur theoretisch zu vermitteln, durften sie praktisch Hand anlegen und haben im Rahmen einer Art „Mitmachbaustelle“ die PV-Module – geführt von einer Fachfirma – selbst auf dem Dach des Jugendhauses montiert. Somit haben die Kinder einen intensiveren Bezug zur regenerativen Stromerzeugung allgemein und zu dieser PV-Anlage im Speziellen gewonnen – schließlich ist es ja „ihre eigene Anlage“.

Street-Art-Graffiti-SchulprojektNeben institutionalisierten Angeboten werden in der Gemeinde auch andere Aktivitäten angeboten, die Kindern und Jugendlichen Spaß machen, ihnen eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung bieten und unterschwellig einen pädagogischen Zweck verfolgen. Das Graffiti-Projekt des Street-Art-Künstlers Alain Welter, der aus der Garnicher Ortschaft Kahler stammt, fördert zusätzlich – neben dem Zusammengehörigkeitsgefühl der TeilnehmerInnen – auch die Verbundenheit mit Ortschaft, Gemeinde und Heimat.

In einem ersten pädagogischen Testlauf wurde die Betonrückwand des großen Unterstandes auf dem Schulhof der Garnicher Grundschule mit einem „Graffiti“ von Alain und einer Gruppe von SchülerInnen aufgewertet. Da sowohl das Ergebnis als auch das gemeinsame Arbeiten von allen Beteiligten als voller Erfolg angesehen wird, ist vorgesehen, dass diese Graffit-Workshops nun jährlich-regelmäßig durchgeführt werden – zusammen mit den jeweiligen Abschlussklassen der Garnicher Grundschule.

Für Sommer 2020 ist vorgesehen, im Rahmen dieses Aktionszyklus eine weitere Betonmauer auf dem Garnicher Grundschulcampus zu verschönern.

Aktivitaten des Jugendhauses Mamer-Garnich

Centre de jeunesse Marienthal

Graffiti-Workshop

Jugendaktivitäten

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Kinderhorte/ „Crèches“ Die Gemeinden versuchen, möglichst

flächendeckend Kinderhorte/ „Crèches“ (0-2 bzw. 0-3 Jahre) anzubieten. In

Garnich geschieht dies als Kooperation aus (inter-)kommunalen (gemeinsame

kommunale „Crèche“ mit Dippach) und privatwirtschaftlichen Initiativen (mehrere

kleinere Einrichtungen).

SpezialschulenIn den 50er Jahren wurde die

Europaschule Luxemburg gegründet, um Kindern der EU- Bediensteten

einen mehrsprachigen Unterricht zu ermöglichen. Mittlerweile wurde ein 2. Standort in der Region (Mamer)

geschaffen.

Die „Schule der 2. Chance“, die neben der Europaschule in Mamer gebaut

werden wird, hat die soziale und berufliche (Wieder-) Eingliederung junger

Erwachsener ohne Qualifikation und festen Job zum Ziel.

3. Alter

Da die Bevölkerung immer älter wird, stehen RentnerInnen („Personen

des 3. Alters“) immer mehr im Fokus der Daseinsgrundversorgung.

Daher haben sich in der Region einige Strukturen etabliert, die ältere

Menschen gesundheitlich unterstützen und gesellschaftlich integrieren/ vor dem Ausschluss aus der Gesellschaft

bewahren wollen.

Ganztagsbetreuung „Maison Relais“

In der ganzen Region sind kommunale Einrichtungen zur freiwilligen

Ganztagsbetreuung vorhanden, die die SchülerInnen vor Schulbeginn, in der Mittagspause (mit Mittagessen)

und nachmittags bis spät in die Abendstunden nutzen können. In der

Garnicher Einrichtung wird selbst, frisch und bio-regional gekocht, das

pädagogische Konzept basiert auf dem „offenen Welt-Prinzip“, indem die Kinder

auf möglichst viel Selbständigkeit hin betreut werden.

Bildung, soziale Einrichtungen und weitere Aktivitäten als lokale Antworten„Bildung ist der Schlüssel zur Welt, Bildung schafft das Fundament für ein selbstbestimmtes Leben“, so die Ministerpräsidentin Malu Dreyer in einem Interview.

Der Grundstein der Bildung wird - in Luxemburg wie in anderen europäischen Staaten - in jungen Jahren lokal in der Grundschule gelegt. Die Grundschulzeit in Luxemburg ist dabei länger als in vielen anderen Nachbarstaaten, da hier die Kinder aufgrund des Mehrsprachenschulsystems zwischen dem 4. und 12. Lebensjahr grundschulpflichtig sind (freiwillig sogar ab dem 3. Lebensjahr). Aufgrund dieser langen Grundschulzeit, für die die Gemeinden infrastrukturell verantwortlich sind, ist der lokale Bildungsauftrag der Gemeinden noch höher einzustufen als z.B. in Deutschland („nur“ vier Jahre verpflichtende Grundschule).

Die Gemeinde Garnich ist sich dieser Stärke bewusst und versucht, baulich (hochmoderne Ganztags-Betreuungseinrichtung „Maison Relais“) wie infrastrukturell (Digitalisierung der Art des Lehrens und Lernens mit IPad-Klassen statt Schulheft und Digiboard statt Kreidetafel) möglichst optimale Voraussetzungen für ein gutes Lernen zu schaffen. Die digitalen Klassen ergänzen dabei die analogen Lernmethoden, sie ersetzen diese nicht. Gerade das Einführen von digitalen Klassenräumen ist dabei – auch in Luxemburg – nicht selbstverständlich, geht rein auf die Initiative der Gemeinde zurück – die auch im vollen Umfang für die Kosten der Umrüstung und das Anschaffen der Geräte aufkommen muss.

Auch die folgenden Bildungsabschnitte (weiterführende Schulen, Universität, Erwachsenenbildung, „Life-Long-Learning”) stehen den Garnicher BürgerInnen durch nahegelegene moderne Bildungseinrichtungen offen – der zentrale Campus der Universität Luxemburg“ – Campus Belval nur 10km Luftlinie von der Gemeinde entfernt (und mit Bus/ Bahn bestens erreichbar!)

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 77

KULTUR UND IDENTITÄTB.4.7

Die Idee für das Kino, das den Namen KINOLER trägt, ging aus einem Bürgerbeteiligungsprozess in der Ortschaft Kahler hervor, der zum Ziel hatte, Maßnahmen zu finden, die das Dorf wieder mehr mit Leben füllen können. In den Diskussionen entstand dann die Idee, neben dem „Duerfzenter Koler“, das in der alten Schule des Dorfes entstand, auch einen kleinen, aber modernen Kinosaal zu bauen – natürlich nicht nur für die EinwohnerInnen Kahlers, sondern auch für die BürgerInnen der Gesamtgemeinde Garnich und der Region.

Der Kinosaal bietet Platz für 46 Personen. Dabei sind die Sitze besonders gemütlich und mit Leder bezogen. Der 9x9 Meter große Saal ist mit fast so vielen Lautsprechern, immerhin 36, ausgestattet. Denn in Kahler steht erst der dritte Saal der luxemburgischen Kinolandschaft, der mit dem Soundsystem „Dolby Atmos“ ausgestattet ist. Für das Bild sorgt der Projektor des alten Kinos in Diekirch. Dieser wurde überholt und hat entsprechend des Abstands zur Leinwand ein neues Objektiv erhalten. Wie es sich für ein Kino gehört, gibt es an der Kasse neben Getränken auch Popcorn und andere Süßigkeiten.

Was das Programm des Kinos betrifft, so werden meist aktuelle Filme gezeigt, und zwar in verschiedenen Fassungen, also in synchronisierter und Originalfassung. Aber das Lichtspielhaus hat ab und zu auch den Charakter eines Programmkinos, gerade wenn alte Filme oder Stummfilme - mit einer musikalischen Live-Begleitung eines Pianisten unterlegt - gezeigt werden.

Hervorzuheben ist dabei, dass das Kino von den Mitgliedern des Vereins „Koler Bierger“ in ihrer Freizeit und rein ehrenamtlich betrieben wird. Nach dem ersten Betriebsjahr arbeitet es dank mehr als 10.000 BesucherInnen kostendeckend. Der Bürgerverein erhält 20% des Überschusses – und investiert diesen in den Kinobetrieb und andere Gemeinwohlprojekte für die Ortschaft, wie z.B. das Wiederauflebenlassen der „Koler Kirmes“. Mittlerweile hat sich eine verschworene Gemeinschaft von ca. 18 ehrenamtlichen HelferInnen aus der Ortschaft Kahler, der Gemeinde Garnich und der Region gefunden, die die sechs Regelvorstellungen pro Woche in ihrer Freizeit und unentgeltlich stemmen – zuzüglich der Sonderveranstaltungen.

Denn das Kino kann auch für Spezialveranstaltungen gebucht werden. Gerade Schulklassen, Jugendhäuser und Seniorenclubs aus der ganzen Region machen häufig davon Gebrauch – zumal sie für solche Veranstaltungen den Film selbst auswählen können. Auch Firmen, regionale und nationale Vereine sowie

Behörden nutzen das Kino für Produktpräsentationen, Pressekonferenzen (Ministerien, Radsportverband) und Informationsversammlungen – auch weil das angegliederte „Duerfzenter“ als Begegnungsraum mitgebucht werden kann.

„Als kleine Gemeinde profitieren unsere EinwohnerInnen oft von den Kultur- und Freizeitinfrastrukturen unserer Nachbargemeinden“, so der Garnicher Bürgermeister, „mit dem Kino geben wir nun der gesamten Region etwas zurück“.

Voller Erfolg! Im 1.Jahr kamen über 10000 Besucher aus der Region und darüber hinaus

kinoler

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78 | Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich

„Ich bin in Kahler daheim“, sagt Alain Welter nicht ohne Stolz, „aber das Leben auf dem Dorf ist für junge Menschen nicht immer aufregend“. Um dem ein Stückweit entgegenzutreten, beschloss er, im Rahmen seiner Abschlussarbeit an der Uni Berlin seinem Heimatdorf eine Prise urbanen Flair einzuhauchen.

Herausgekommen ist das Projekt „Make Koler Kooler“, das dem Dorf Kahler (auf Luxemburgisch „Koler“), das mit seinen ca. 240 EinwohnerInnen die zweitkleinste Ortschaft der Gemeinde Garnich ist, in der Tat einen urbanen Touch verleiht und es in ein langsam, aber stetig wachsendes „Urban Art Museum“ verwandelt.

Begonnen hat es 2017 mit seinem Erstlingswerk „Howdy-Farm“ als ein Werk der Abschlussarbeit seines Kunst- und Designstudiums in Berlin, das auf dem kompletten Beton-Giebel einer großen Scheune zu sehen ist. Es folgten weitere Werke mit Bezug zu seinem Heimatdorf – das Portrait des ehemaligen Bürgermeisters (der aus Kahler stammte), ein Graffiti-Ortsplan oder der „radelnde Frosch“. Aber auch alltäglich Nützliches hat er in seine Kunstwerke verpackt. An einer Hauswand an einer unübersichtlichen Kurve an der Hauptstraße ist eine Schnecke zu sehen, die statt Schneckenhaus einen Automotor trägt – verziert mit der Aufschrift „macht langsam !“. Mittlerweile ist das „Freilichtmuseum“ in Kahler auf über 15 Exemplare angewachsen und wächst Schritt für Schritt weiter, u.a. wurde auch der Eingangsbereich des neuen regionalen Kinos mit einem Street-Art-Graffiti von Alain Welter verziert.

Damit kommt der Künstler seinem Ziel immer näher, die ganze Ortschaft mit farbenfroher „Streetart“ auszuschmücken, die mittlerweile immer mehr Hausfassaden, Brücken und Scheunen in Szene setzt. Diese Art von Kunst in den Straßen von Kahler ist einfach, offen und kostenlos zugänglich für alle.

Auch außerhalb Kahlers sind Kunstwerke von ihm im öffentlichen Raum zu finden. In einem pädagogischen Projekt wurde die Betonrückwand auf dem Gelände der Garnicher Grundschule mit einem „Graffiti“ von Alain und einer Gruppe von SchülerInnen verziert – weitere „bunte“ Wände in der Gemeinde werden folgen.

Schlussendlich kann man mit Fug und Recht behaupten, dass Alain Welter mit seinen Street-Art-Graffitis dem gemütlichen und etwas eingestaubten Dörfchen Kahler eine Art Jugendkur verpasst hat.

Der Kunstler Alain Welter vor einem seiner Kunstwerke

Kahler goes Hollywood

„Make Koler Kooler“

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 79

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80 | Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich

HistoSchoolDer Westen Luxemburgs besitzt eine wertvolle geschichtliche Vergangenheit. Diese Geschichte ist jedoch nur noch den wenigsten in der Region bekannt, da sie bis heute nicht für ein breites Publikum aufbereitet wurde. Die Geschichte einer Region gründet allgemein auf bedeutenden Geschehnissen, auf politischen, wirtschaftlichen oder sportlichen Ereignissen. Daneben gibt es zahlreiche kleine persönliche Geschichten, die Teil der Geschichte einer Region sind oder diese sogar geprägt haben, jedoch nie erzählt oder aufgeschrieben wurden.

Ziel des Projektes „HistoSchool“ ist es, in direkter Zusammenarbeit mit den Grundschulen der Region (auch Garnich nimmt teil), den verantwortlichen Verwaltungseinrichtungen und Experten neuartiges Unterrichtsmaterial für Grundschulen mit konkretem Ortsbezug zu erarbeiten. Ergänzend dazu sollen thematisch passende Aktivitäten in der Region in Zusammenarbeit mit regionalen Akteuren (Vereinen, Gemeinden, Freiwilligen, ...) ausgearbeitet werden.

Denn auch in den Schulen wird vorrangig die Geschichte des Landes, jedoch mit wenig Bezug zu den einzelnen Regionen vermittelt. Dabei ist die Kenntnis über die (eigene Herkunfts-) Region eine wichtige Voraussetzung, um die Vorzüge des eigenen Wohn- oder Herkunftsortes zu schätzen und alte Geschichten, Orte und Traditionen zu bewahren.

„Geschicht vum Duerf“Im Rahmen des Projekts „Geschicht vum Duerf“ sollen Zeitzeugenberichte und persönliche Erinnerungen von BewohnerInnen der Region zusammengetragen und ihre Bedeutung herausgestellt werden. Es werden Treffen mit den Zeitzeugen organisiert, bei denen diese Berichte als Audioaufnahme, schriftlich und als Video (falls gewünscht) aufgezeichnet werden.

Durch die Zusammenstellung von Informationen, die Interviews, alte und neuere Fotos usw. umfassen, kann ein Inventar erstellt werden. Darüber hinaus können damit Themen, geschichtliche Abschnitte oder auch ein roter Faden herausgearbeitet werden, auf die man sich bei der Ausarbeitung und Umsetzung der künftigen Dokumentation konzentrieren kann (z.B. für eine Ausstellung, eine Broschüre, einen Dokumentarfilm, eine thematische Wanderung ...). Nach Festlegung des Themas / der Themen wird ein Konzept zur Aufarbeitung und Umsetzung entwickelt, bei dem es darum geht, die historischen Dokumente und Zeitzeugenberichte in angemessener Form zu präsentieren (Broschüre, Audio-CD/ Podcast, Ausstellung, thematische Wanderung, Film usw.).

Das spielerische Kennenlernen und die Beschäftigung mit der Geschichte der Region stellt nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der sehr aktuellen Themen Zuwanderung und Integration von Flüchtlingen in die hiesige Gesellschaft, eine Möglichkeit dar, um z.B. bereits Kindern den Einstieg in die neue (Sprach-) Kultur zu erleichtern und gleichzeitig einen Bezug zum neuen Wohnort herzustellen.

ImpressumKonzept : LEADER Lëtzebuerg WestAutoren : René Hulten, Céline LannersIllustrator : Mischa BernauerFoto: Ad. communale de SteinfortAusgabe : Januar 2020Auflage : 600 StückDruck: Imprimerie Schlimé

© LEADER Lëtzebuerg West, Tüntingen, 2019.Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des Nachdrucks und der Übersetzung sind vorbehalten.

Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes: Hier investiert Europa in die ländlichen Gebiete

Dieser Flyer wurde entwickelt im Rahmen des Projektes HistoSchool der LEADER Region Lëtzebuerg West.

Schmelz ChronikSchmelz Chronik1846 De Guillaume Pescator baut e Schmelzuewen zu Stengefort.1855 D’Anne Marie Collart-Laval keeft d’Héichuewenanlag an de Steebroch Schwarzenhaff. De Jules Collart iwwerhëlt d’Schmelz.1857 Moderniséierung: Koks amplaz vun Holzkuelen an eng Dampmaschinn amplaz vu Waasserkraaft.1858 D’Minette gëtt am Süde vum Land néi entdeckt.1874 Uschloss vun der Schmelz un d’Prënz Heinrich Bunn déi vu Péiteng op Stengefort fiert. D’Collartschlass ass fäerdeg.1876 De Sydney Thomas entwéckelt d’Thomasverfahre fir phosphorräicht Eisenäerz hierzestellen.1877 D’Minett fir d’Schmelz kënnt aus der Escher Géigend.1879 2 modern Héichiewe sinn zu Stengefort am Betrib.1880 De leschten Deel vun der Atertlinn geet a Betrib.1900 Stëftung vum Stengeforter Spidol duerch d’Bridder Collart.1906 Den 3. Héichuewen an eng elektresch Zentral ginn a Betrib.1910 De Charel Collart stierft.1911 D’Firma Felten & Guillaume keeft d’Schmelz a wëllt vergréisseren.1913 De Bau vun engem Thomas Elektro-Wierk a vun engem Walzwierk gëtt beschloss.1914 1. Weltkrich1917 De Jules Collart stierft.1918 Héichpunkt vun der Produktioun.1920 D’Firma Athus - Grivegné iwwerhëlt d’Schmelz.1923 Eng Zement- an Zillefabréck gëtt gebaut.1925 Bau vun der Staumauer fir de Killweier.1926 D’Stauanlag gëtt fäerdeg.

1929 E neit Thomasstoolwierk gëtt a Betrib geholl. 1 Héichuewen ausser Betrib.1930 2 Héichiewen ausser Betrib.1931 Wéinst finanzielle Schwieregkeete gi Minière verkaf. Aarbechter a Beamte gëtt gekënnegt. Den 3. Héichuewe gëtt geläscht.1932 Definitift Enn vun der Stengeforter Schmelz.1934 D’Zementswierk an d’Zillefabréck halen op mat schaffen.1940 2. Weltkrich1946 E Phenolwierk entsteet um Site vum Walzwierk.1964 D’Phenolwierk hält op.1965 D’Uniroyal iwwerhëlt de Site.

Das Projekt ‘Geschichte vum Duerf’ - Zeitzeugen berichten

HistoSchool Kaart Garnech & HistoSchool Steinfort

Geschichten vom Dorf

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 81

Als ein weiterer Nachteil der Globalisierung wird der zunehmende Verlust des Bezugs zur Heimat und deren kulturhistorischen Identität verstanden. Daher sind Projekte und Einrichtungen, die die Integration fördern und zusätzlich den Bezug zur Heimat pflegen und bewahren, immer wichtiger. Es geht dabei nicht um „Garnich first“ oder ähnliche nationalistische Ansätze, sondern ein Bekennen zum europäischen Miteinander unter Wahrung und Achtung der Wurzeln – oder wie der Luxemburger sagt: „Mir wëlle bleiwe wat mir sinn“ (wir wollen bleiben, was wir sind).

Die Wurzeln sind dabei meist auf der kleinsten geographischen Ebene zu finden – der Ortschaft, aber natürlich auch auf Ebene der Gemeinde, der Pfarrei, des Landstrichs oder der Region. Dort setzen auch viele der LEADER-Projekte an, an denen meist auch die Gemeinde Garnich beteiligt ist. „Geschicht vum Duerf“ trägt sie sogar im Namen, andere wie „HistoSchool“ sprechen als Zielgruppe bewusst die Jüngeren an – und verwenden auch deshalb bewusst „neue Medien” (u.a. Podcasts) und digitale Techniken (ArMob mit „Virtual Reality”).

Aber Heimat ist nicht nur historisierend zu sehen – auch die Schaffung neuer Bezüge zu den Wurzeln können identitätsstiftend und integrierend wirken. Die Entwicklung eines Street-Art-Graffiti-Kunstwerks hin zu einem Street-Art-Graffiti-Dorf in Kahler ist ein Beispiel, das mittlerweile im ganzen Land und darüber hinaus bekannt ist. „Make Koler Kooler“ ist das Motto und holt ein Stück Hollywood in die kleine Ortschaft der Gemeinde Garnich – nicht nur wegen der überdimensionalen Lettern „Koler“, die – angelehnt an die Hollywood Hills – am Ortseingang von Kahler auf einer Wiese stehen.

Das regionale Kino stellt – zusammen mit den größeren regionalen und kleineren lokalen Kulturhäusern – einen weiteren lokalen Veranstaltungsort da, um ein adäquates kulturelles Angebot vor Ort bereitzustellen. Auch dies schafft Identität, wenn das modernste Kino des Landes in der eigenen Gemeinde steht – und trotzdem und auch wegen des Betriebs durch lokale Freiwillige ein großes Stück Familiarität und Geborgenheit ausstrahlt.

Kulturzentren in GarnichDie Gemeinde Garnich hat einen größeren (im Hauptort) und zwei

kleinere Kultursäle (Dahlem, Kahler), die neben den lokalen

Vereinen auch für öffentlich zugängliche Kulturveranstaltungen

zur Verfügung stehen (u.a. Garnicher Kleinkunstfestival,

Jazzkonzerte etc.)

Kulturzentren in der Region

Bei den größeren Kulturzentren stechen

das „Merscher Kulturhaus“ (Theater, Tanz,

Ausstellungen, Ateliers, Konzerte) sowie der

„Mamer Kinneksbond“ (u.a. verstärkte

Unterstützung von NachwuchskünstlerInnen

sowie Angebot von speziellen Projekten

für Kinder und Heranwachsende) heraus.

ArMobDas LEADER-Projekt „ARmob - Antike Realität mobil erleben“ hat

zum Ziel, unter Verwendung der neuen Medien die Lokalgeschichte erlebbarer zu machen – sowohl mit touristischem Hintergrund als auch

für die lokale Bevölkerung, um sich ihr kulturelles Erbe ansprechend aufbereitet in Erinnerung rufen zu können.

Mit Hilfe einer innovativen Visualisierungstechnik (Augmented Reality) kann den Besuchern vor Ort eine realitätsgetreue Rekonstruktion

archäologischer Objekte gezeigt werden, indem die App rekonstruierte archäologische Denkmäler lagegetreu und vom Standort des Betrachters

unabhängig in die natürliche Umwelt einblendet und dem Besucher archäologischer Stätten realitätsgetreu präsentiert.

Das ‘Mierscher Kulturhaus’

Das Kulturzentrum ‘Kinneksbond’ in Mamer

Konzert im Vereinsaal in Dahlem

Kultur und Identität und weitere Aktivitätenals lokale Antworten

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82 | Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich

NEUES LEBEN IN ALTEN MAUERNB.4.8

Rathaus GarnichDas Garnicher Rathaus, das sich zentral im Hauptort Garnich befindet, war ursprünglich ein traditionelles Bauernhaus mit Gastwirtschaft und angebauter Scheune.

Ein Bürger vermachte sein Anwesen 2003 der Gemeinde, die umgehend ein Architekturbüro mit der Aufgabe betraute, den vorhandenen Gebäudekomplex in ein Gemeindezentrum umzugestalten.

Das Wohngebäude blieb in seinen Grundstrukturen und seinem äußeren Erscheinungsbild praktisch unverändert. Die Fenster, die Eingangstüren, der Putz und der Anstrich wurden erneuert, das Dach erhielt eine thermische Isolierung und eine neue Dachdeckung in Naturschiefer. Innen blieben die einzelnen Wände soweit wie möglich bestehen, sogar der vorhandene hölzerne Fußboden konnte größtenteils erhalten werden.

Der Scheunentrakt wurde aus statischen und sicherheitstechnischen Gründen abgetragen. Der „Neubau“ wurde teilweise unterkellert, um eine Fluchtverbindung zum bestehenden und restaurierten Gewölbekeller unter dem Wohnhaus herzustellen.

Beim Wiederaufbau des Bereichs der Scheune wurde die ursprüngliche Formensprache aufgegriffen, ohne „historisierend“ zu wirken. Die Wände aus Stahlbeton oder Mauerwerk, die außen ein thermisches Putzsystem erhielten, sowie das Dach aus Holz mit zwischenliegender thermischer Isolierung und einer Naturschieferdeckung wurden entsprechend dem Bestand errichtet, so dass die ursprünglichen äußeren Abmessungen und das Volumen weitestgehend unverändert blieben. Ein Lift wurde installiert, um das öffentliche Gebäude behindertengerecht zu gestalten.

Zwei Doppelfenster an der Vorderfassade und das Scheunentor an der Rückfassade wurden wieder mit ihren original Fenstersteinumrandungen eingebaut. Das Scheunentor wurde komplett verglast. In der Fassade mussten für die veränderte Nutzung neue Fensteröffnungen hinzugefügt werden. Die Umrandungen für die neuen Fensteröffnungen wurden dabei in Beton oder Holz ausgeführt, die weit über die Fassadenfläche hinausragen und das Thema „Fenstersteine“ neu interpretieren.

Vom großen Gemeindesaal („Hochzeitssaal“) im Erdgeschoß aus führt eine großzügige Terrasse in den Außenbereich im Süden. Eine raumhohe Verglasung, die im Sommer aufklappbar ist, verbindet optisch den Innen- mit dem Außenraum. Die Außenanlagen sind begrünt, es wurde versucht, den existierenden Baumbestand soweit wie möglich zu erhalten.

Revitalisierung alter Bausubstanzin der Gemeinde Garnich

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 83

Dorfzentrum KahlerDas neue Dorfzentrum in der Ortschaft Kahler war schon seit jeher in Besitz der Gemeinde, da das Gebäude früher die Dorfschule beherbergte.

Im Zuge des Umbaus konnte die äußere Hülle weitestgehend erhalten werden. Die Fassadeneinschnitte für Fenster und Türen an den Giebelseiten und der Straßenfassade blieben unverändert, Fenstergewände und Gesims konnten saniert werden. Die Fenster wurden aus energetischen Gründen durch eine Dreifachverglasung ersetzt. Die ursprünglich vorhandene Dreiteilung wurde aufgegriffen, jedoch modern interpretiert (zurückhaltende Farbe, asymmetrische Teilung). Auch das Dach wurde erneuert, bei der Dacheindeckung aber wieder die ortstypische Schiefereindeckung gewählt.

Im rückwärtigen Bereich mussten dort, wo das „Duerfzenter“ mit dem neuen Kino durch einen kleinen verglasten Querbau als neuer gemeinsamer Eingangsbereich verbunden wurde, die Fassadengliederung geringfügig angepasst werden.

Im Erdgeschoss findet man jetzt einen großen Festsaal mit Tresen, in dem die Klubs des Dorfs Veranstaltungen organisieren können, der aber auch von BürgerInnen genutzt werden kann. Darüber hinaus verfügt das Zentrum auch über eine moderne und große Küche. Im ersten Stock befindet sich der Raum des „Jugendclubs Kahler“.

„Hier wohnte zuvor eine ältere Dame, die jetzt in eine unserer neuen Sozialwohnungen direkt nebenan umgezogen ist“, erklärt der Bürgermeister.

Der neue Dorftreff mit angrenzendem Kino in der Ortschaft Kahler

Der Festsaal im Dorftreff

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Ärztehaus DahlemEin sehr gelungenes Beispiel für eine privat initiierte sensible Umnutzung alter Bausubstanz stellt der „Hof Muller“ zu einem Ärztehaus in der Ortschaft Dahlem dar.

Am Standort des jetzigen Gebäudes war bereits bei der Erstellung des Urkatasters von ca. 1822 ein Bauernhaus zu finden. Um 1873 wurden das Wohnhaus und die Stallungen samt Scheune neu errichtet. Anfang der 1920er Jahre kam ein Anbau an der Gartenseite dazu. Ab 1959 wurde ein Großteil des Wohnhauses neu errichtet. Bis ungefähr 1990 waren Wohnhaus mit Bauernbetrieb der Familie Muller in dem Gebäude untergebracht. Nach der Betriebsaufgabe wurden die Stallungen bis 2000 von einem anderen Betrieb mitgenutzt, danach standen sie leer. Der Wohntrakt war bis 2011 Wohnsitz von Mutter und Tante Muller, die bis zu ihrem Tod dort lebten.

Nach einer kurzen Zeit des Leerstands überlegte Sohn Muller eine mögliche Folgenutzung für den großen Gebäudetrakt. Er entschied sich dafür, die Gebäude weder zu verkaufen noch abzureißen, sondern beschloss, sein persönliches bauliches Erbe behutsam zu sanieren, technisch auf Stand zu bringen und für eine sinnvolle Folgenutzung umzugestalten: Ein Ärztehaus sollte entstehen.

Ab 2012-2013 begannen parallel das Ausräumen und die Planungsphase, ab 2014 kamen die Handwerker: Die Gebäudehülle wurde fast vollständig erhalten, lediglich ein kleiner Teil an der Gartenseite wurde abgerissen und nicht mehr aufgebaut. Bei der Scheune und den Stallungen blieben die Außenwände stehen; innen musste komplett entkernt werden. Auch das Wohnhaus erhielt innen eine neue Raumaufteilung. Somit konnte das äußere Erscheinungsbild gehalten

werden, indem die Fassadeneinschnitte, die baulich-strukturellen Bauelemente (Fenstergewände, Torbogen, …) und die Dachform mit Dacheindeckung bewahrt und renoviert wurden.

Die technische Instandsetzung wurde „unauffällig“ umgesetzt. Scheune und Stallungen erhielten eine Isolierung der neuen Bodenplatte, das Wohnhaus eine Isolierung der Kellerdecke. Das Dach wurde für den kompletten Komplex gedämmt. Bei der Fassade erfolgte an den Sichtseiten eine aufwändige Innenisolierung, die übrigen Fassaden konnten mit einer Außendämmung versehen werden. Zusammen mit der Dreifachverglasung der Fenster konnte immerhin Energieklasse C erzielt werden.

Hinsichtlich der Nutzung konnte eine kleinräumliche Nutzungsmischung realisiert werden, die aufgrund der medizinischen Dienstleister (ambulanter Pflegedienst, Labor, 2 Physiotherapeuten, 2 Hausärzte, 2 Zahnärzte und 2 Wohneinheiten) einen Gewinn für die Daseinsgrundversorgung der Ortschaft wie der Gemeinde darstellen.

Das Arztehaus in Dahlem nach der Renovation

Im Jahre 1920

Im Jahre 2012

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 85

Im „Tal der sieben Schlösser“ gibt es eine Reihe baulicher Zeitzeugen der Luxemburger Geschichte zu entdecken, die teils oder vollständig restauriert und erhalten sind. Die Überreste der meisten Bauwerke gehen zurück auf die Zeit zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert. Einige Burgen und Schlösser sind in Privatbesitz, können aber teilweise punktuell besichtigt werden. Weitere Gebäude befinden sich im Besitz der Öffentlichen Hand und stehen somit touristischen und sonstigen Nutzungen zur Verfügung.

Das Tal der sieben Schlösser erstreckt sich auf einer Länge von ca. 25km von Koerich bis nach Mersch entlang des Flusses Eisch im Herzen der LEADER-Region Lëtzebuerg West.

• Auch im Merscher Schloss wurde die Devise „neues Leben in alten Mauern“ umgesetzt, da hier schon seit Jahrzehnten die Gemeindeverwaltung und ein kleines Schlossmuseum untergebracht sind.

• Der Bergfried des Schlosses in Schoenfels wird gerade renoviert. Das Turmgebäude wird in Zukunft ein Forstmuseum beherbergen und für geführte Besichtigungen zugänglich sein. Die anliegende englische Gartenanlage von 1820 wird momentan restauriert.

• Die Innenräume des neuen Ansemburger Schlosses erhalten aktuell dank minutiöser Handarbeit ihren ehemaligen Glanz zurück. Nach Fertigstellung werden diese Räume für verschiedene Veranstaltungen genutzt werden können. Die sehenswerten, terrassenförmig angelegten, historischen Gärten und Skulpturen können jederzeit (bis auf wenige Ausnahmen im Jahr) entdeckt werden. In den ehemaligen Pferdeställen befinden sich punktuell Kunstaustellungen. Im Rahmen des beliebten jährlichen Schlossfestes wird ein abwechslungsreiches kulturelles, musikalisches und kulinarisches Programm geboten.

Burg Ansemburg

Schloss Mersch

Burg Hollenfels

Tal der 7 Schlösser mit „Gréiweschlass“

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• Die Burg in Hollenfels wurde schon vor einigen Jahrzehnten restauriert. In der dort integrierten Jugendherberge kann man „Geschichte live“ erleben, weitere Jugendaktivitäten durch den „nationalen Jugenddienst - Standort Hollenfels“ werden auch für nicht Beherbergungsgäste (d.h. die lokale und regionale Jugend) angeboten. Geführte Besichtigungen sind auf Anfrage möglich.

• Die „Ansembourg”, ist eine Höhenburg im Ortsteil Ansemburg der Gemeinde Helperknapp. Die Burg wurde vermutlich in der Mitte 12. Jahrhunderts für die Herren von Ansembourg errichtet. Sie ist heute im Besitz des Grafen Gaston d’Ansembourg und wird teilweise als Privatwohnsitz genutzt. Daneben befindet sich ein Privathotel.

• Die Burg in Septfontaines ragt hoch über dem gleichnamigen pittoresken Dorf. Da sie aktuell in Privatbesitz ist, kann sie nicht besichtigt werden.

• Die Schlossruine in Koerich wurde unter der Federführung des Luxemburger Staats in mühevoller Detailarbeit restauriert

Letztgenannte Schlossruine in Koerich, das sogenannte „Gréiweschlass“, ist für die lokale Bevölkerung von besonderer Bedeutung, da sie seit Abschluss der Restaurationsarbeiten (unter Mitwirkung des Bürgervereins „Koericher Schlossfreunde“) seit September 2019 für die Öffentlichkeit zugänglich ist und auch durch vielfältige öffentliche Veranstaltungen genutzt wird.

Bei der Burganlage von Koerich handelt es sich um eine Niederungsburg mit heute größtenteils verfüllten Wassergräben.

Bei der Restaurierung wurde größter Wert auf den Erhalt des Ruinencharakters gelegt durch eine Aufwertung der historischen Bausubstanz mittels zurückhaltender, funktionaler und zeitgenössischer Architekturelemente.

Da das Schloss für Ältere, für Menschen mit eingeschränkter Mobilität oder mit Kinderwagen zugänglicher gemacht werden sollte, wurde ein Rundweg durch die Schlossanlage geschaffen, der die verschiedenen Bereiche miteinander verbindet und die gleichzeitig als „kleine“ Bühnen für kulturelle Veranstaltungen genutzt werden kann.

Im nordwestlichen Teil des Geländes wurde ein verglaster Pavillon errichtet mit technischen und Sanitärräumen, einer behindertengerechten Toilette sowie einem kleinen Mehrzweckraum.

Burg Septfontaines

Schloss Ansemburg

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 87

Ein besonderer Reiz des Koericher Schlosses besteht darin, dass im erhöhten Bereich des früheren Wohntraktes Konzerte, Aufführungen und andere Veranstaltungen stattfinden können. Um diese witterungsunabhängig durchführen zu können, erhielt die Bühne eine filigrane und leichte Überdachung, die sich in das architektonische Konzept einfügt und die bestehende Bausubstanz intakt lässt. Denn ein weiteres wichtiges Ziel bei der Gesamtplanung war es, so in die bestehenden Strukturen einzugreifen, dass eines Tages die Einbauten entfernt werden können, ohne Spuren zu hinterlassen.

Das Beleuchtungskonzept, das das architektonische Projekt auf verschiedenen Ebenen unterstützt, kann als herausragend für Luxemburg und darüber hinaus betrachtet werden. Durch eine weiche objektorientierte Beleuchtung mit Warmlicht-Scheinwerfen konnte das Schloss im Raum „verankert“ werden, gleichzeitig aber auf unnötige Lichtverschmutzung verzichtet werden.

Parkanlage Schloss Ansemburg

Schloss & Parkanalge Ansemburg „Greiweschlass” in KoerichBurgfried Schoenfels

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Alle Gemeinden und Ortschaften haben eine Geschichte. Viele BürgerInnen empfinden es als wertvoll, wenn diese mithilfe des Denkmalschutzes weitergeschrieben wird, wenn dabei so viel wie möglich an Wertvollem integriert wird. Dass eine Kommune immer auf die eigenen Wurzeln zurückblicken kann, auch in der Diskussion, wie sie künftig weiterkommen will, ist ein großer Vorteil für jeden Ort.

Der bloße Erhalt alter Bausubstanz – in Luxemburg weniger wegen Leerstand und Verfall, sondern eher wegen Abriss und Neubau aufgrund hoher Baulandpreise – reicht dabei nicht aus, die Hülle muss auch mit Leben gefüllt werden. In den Altortlagen ist diese „Füllung“ doppelt wichtig, da hier eine angepasste Revitalisierung durch Nicht-Wohnnutzungen das Ortszentrum belebt und attraktiver macht, indem dort weitere Einrichtungen zur Daseiensgrundversorgung geschaffen werden – was wiederum Wege für Besorgungen außerhalb der Gemeinde einspart und dem Trend der Schlafdörfer entgegensteuert.

Die Gemeinde Garnich geht mit gutem Beispiel voran: Mehrere Gebäude wurden erhalten, adaptiert saniert und öffentlichen Nutzungen zugeführt, wie z.B. der Umbau eines Bauernhauses in Garnich zum Rathaus, der alten Einraumschule in Kahler zum Dorfgemeinschaftshaus, der ehemaligen Spielschule in Hivange zum Vereinssaal oder dem ehemaligen Pfarrhaus in Garnich zum Kindergarten. Weitere alte Gebäude wurden von der Gemeinde erworben und für sozialen Wohnungsbau umgenutzt (ehemalige Schule in Dahlem, zwei Privathäuser in Dahlem und eines in Garnich) oder wurden Flüchtlingen zur Verfügung gestellt (altes Kleinbauernhaus in Garnich). Aber auch Privatleute in der Gemeinde bewahren ihr ganz persönliches baukulturelles Erbe, indem sie ihrem Heimathaus neues Leben einhauchen – wie der Umbau des Hofes Muller zum Ärztehaus in Dahlem vorbildlich zeigt.

In Kahler wurde vor kurzem ein großer geschichtsträchtiger Bauernhof mit Zustimmung des Eigentümers sogar unter nationalen Denkmalschutz gestellt.

Dass Erhalt und Umnutzung alter Bausubstanz noch eine weit größere Tragweite haben können, zeigen die regional und national bedeutsamen „alten Mauern“ im Tal der 7 Schlösser, die eine regionale Geschichte erzählen, die so spannend ist, dass sie – als touristische Attraktionen belebt – nicht nur für die Einheimischen, sondern sogar national und international interessant sind. Dies stärkt die lokale Identität umso mehr – und schafft obendrein lokale Arbeitsplätze vor Ort.

Kommunaler Denkmalschutz im PAG

Im neuen Flächennutzungsplan der Gemeinde Garnich werden – zusätzlich zum nationalen Denkmalschutz – über 100 weitere Objekte unter kommunalen Denkmalschutz

gestellt (mehr als 10% des gesamten Gebäudebestands). Auch alle anderen Gemeinden der Region haben mittlerweile einen rechtskräftigen kommunalen Denkmalschutz bzw. sind auf dem Weg dahin.

Neues Leben in alten Mauern und weitere Aktivitätenals lokale Antworten

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 89

Soziale Projekte in alten Mauern

Die Gemeinde Garnich versucht verstärkt, Bestandsgebäude in der Gemeinde aufzukaufen, diese

zu erhalten und für soziale Zwecke zur Verfügung zu stellen. Mittlerweile können bereits zwei Wohnhäuser

in Kahler (vier Wohneinheiten), eines in Dahlem (1 Wohneinheit) und eines in Garnich als Sozialwohnungen

für Bedürftige angeboten werden, eine weitere in Garnich wird syrischen Flüchtlingen zur Verfügung

gestellt.

Konversionsprojekt „Quartier de l’Alzette“ Mersch

Auf einer 53 Hektar großen Konversionsfläche in Mersch soll ein neues, lebendiges, hochwertiges Quartier entstehen, welches den Anforderungen des nachhaltigen Städtebaus gerecht wird und ein Höchstmaß an Vernetzung mit dem Umfeld gewährleistet. Wohnen, Arbeiten, Freizeit sollen

gleichermaßen nebeneinander bestehen.

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90 | Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich

GEMEINSAM AUF ALLEN EBENENB.4.9

Im Zentrum des Dorfes Dahlem in der Gemeinde Garnich plant die Gemeinde ein Mehrgenerationenhaus. Auf dem freien Gelände neben der Schule entstehen 20 Wohnungen zwischen 40m² und 70m² Wohnfläche. Vorgesehen sind zusätzlich eine gemeinschaftliche Küche, Ess- und Wohnraum sowie ein Pflegeraum.

Das Zielpublikum sind EinwohnerInnen aus der Gemeinde und der Region, die bedingt durch ihre Lebensumstände keine Unterkunft auf dem freien Wohnmarkt finden oder alters- oder gesundheitsbedingt eine Wohnung mit Betreuung suchen.

Geplant ist ein intergenerationelles Projekt – nicht nur für „Alte/ RentnerInnen“, sondern für Menschen aller Altersklassen. Auch eine soziale Mischung ist angestrebt durch den Plan, die Mieten einerseits von der Wohnungsgröße (m² Wohnfläche) und andererseits von der Höhe des Einkommens/ der Rente abhängig zu machen – womit sich Interessenten aller Altersschichten und Einkommen ein Zimmer leisten können.

Möglich wird dies dadurch, dass die Gemeinde selbst den Bau und die Trägerschaft des Projektes übernimmt und nicht „an den Markt abgibt“. Auch wenn eine Gemeinde wirtschaftliche Faktoren berücksichtigen muss, ist das Kostendeckungsprinzip nicht die oberste Prämisse – so dass die soziale Komponente stärker zum Tragen kommen kann. Da die Wohnungen nicht verkauft, sondern ausschließlich vermietet werden, hat die Gemeinde die Garantie, dass die Grundidee auch nach einem Bewohnerwechsel eingehalten wird – die Gemeinde hält das Heft des Handelns in der Hand.

Das Projekt begrenzt sich zudem nicht auf ein „nebeneinander wohnen“, sondern soll bewusst ein Miteinander fördern. Menschen verschiedenen Alters, Herkunft, Nationalität sollen hier ein Zuhause finden. „Inhouse“ sollen Aktivitäten angeboten werden, die die BewohnerInnen motivieren, Zeit in der Gemeinschaft zu verbringen. Dazu soll eine Anlaufstelle geschaffen werden, die den Leuten als Ansprechpartner dient, aber auch gemeinsame Aktivitäten organisiert.

Nicht nur „inhouse“ soll eine hohe Durchmischung erfolgen, auch im örtlichen/ gemeindlichen Kontext soll bei bzw. mit der „Dorf-WG“ einer „Ghettoisierung“ entgegengewirkt werden im Sinne einer aktiven Verzahnung mit der Dorfbevölkerung. Dazu ist geplant, dass der Bürgerverein „Duelemer Leit“ einen aktiven Austausch federführend begleitet – so könnten die Gemeinschaftsräume des Wohnprojektes auch vom Dorfverein genutzt werden, der dort Aktivitäten für alle – BürgerInnen und BewohnerInnen – anbietet. Umgekehrt können die BewohnerInnen den Dorftreff (direkt nebenan) nutzen, um an den mittlerweile regelmäßigen Aktivitäten des Dorfvereins teilzunehmen.

Ein öffentlicher Park soll im Umfeld geschaffen werden – sowohl für das Wohnprojekt als auch für die SchülerInnen der direkt angrenzenden Schule und die Dorfbevölkerung insgesamt.

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 91

Vor einiger Zeit entstand seitens des Schöffenrates die Idee, das Garnicher „Vereinshaus“ zu sanieren. Es muss aber nicht nur die Bausubstanz im Rahmen einer energetischen Sanierung auf den neuesten Stand gebracht werden, auch die Nutzung des Multifunktionsgebäudes samt Freibereich steht auf dem Prüfstand.

In diese Planung bzw. diesen Prozess möchte der Schöffenrat in größtmöglichem Umfang die zukünftigen NutzerInnen des Gebäudes – Vereine sowie BürgerInnen – miteinbeziehen.

In ersten Workshops im Jahr 2019 hat die lokale Sektion der „Amiperas“ („Amicale des personnes retraitées, âgées et solitaires“ - Vereinigung für Rentner, Senioren und einsame Menschen) einen besonderen Impuls zur künftigen Nutzung gesetzt. Sie haben den Wunsch an die Gemeinde herangetragen, mehr „tägliches Leben“ in das Gebäude zu bringen. Sie wären dabei auch bereit, auf einen eigenen Saal zu verzichten, den sie aktuell ein bis zweimal wöchentlich „isoliert“ in Anspruch nehmen zugunsten einer gemeinschaftlich nutzbaren „Location“, die auch andere Vereine oder BürgerInnen nutzen.

Umgekehrt ergaben die bisherigen Workshops, dass im Hauptort Garnich aktuell ein Treffpunkt allgemein als auch insbesondere für junge Menschen (kein Jugendclub vorhanden) fehlt. Obwohl noch ein Café in der Gemeinde in Betrieb ist, wünschen sich viele Leute einen „neutralen“ nichtkommerziellen Treffpunkt (analog des Mehrzwecksaals in Dahlem).

Aus dieser Kombination heraus entstand die Idee, im zentralen „Veräinshaus“ einen Mehrgenerationentreff zu schaffen – eine Begegnungsstätte, in der man sich zwanglos treffen, unterhalten, und verweilen kann.

Die ersten Architektenentwürfe sehen dafür im Neubauteil bereits einen größeren Raum vor – der aufgrund des frühen Planungsstadiums noch als „Platzhalter“ zu sehen ist. Im Rahmen der neuen Workshop-Reihe (mindestens 6 Workshops plus themenbezogener Exkursionen), die für alle BürgerInnen offen ist und im ersten Halbjahr 2020 stattfindet, soll diese Idee mit Leben gefüllt werden. Dies bezieht sich auf die Architektur (Lage, Größe, Zuschnitt, Innenausbau) des geplanten Mehrgenerationensaals, aber auch auf die angestrebten zukünftigen Nutzungen und Aktivitäten. Um ein nachhaltiges Funktionieren zu sichern, soll eine Trägerstruktur geschaffen werden, die zwar seitens der Gemeinde unterstützt wird, aber prioritär auf Ehrenamtsbasis (Bürgerverein) beruhen soll – also abermals ein Projekt von BürgerInnen für BürgerInnen in der Gemeinde Garnich.

Mehrgenerationentreff Garnich

Mehrgenerationentreff Garnich

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92 | Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich

Konsultative Gemeindekommissionen beraten die politischen Organe. Sie haben jedoch keine Entscheidungsgewalt, da sie nur beratend tätig sind.

Einige Kommissionen müssen auf Basis der luxemburgischen Gesetzgebung in jeder Gemeinde installiert werden, andere sind fakultativ und werden auf Basis von Vorschlägen durch die Gemeinde-PolitikerInnen angeboten.

In einer solchen Kommission mitzumachen ist – neben der Teilnahme an Wahlen – eine Möglichkeit, aktiv am öffentlichen und politischen Leben der Gemeinde teilzunehmen. Die Kommissionen werden nach jeder Gemeindewahl neu ausgeschrieben. Melden können sich alle volljährigen EinwohnerInnen, die in der Gemeinde wohnen. Der Gemeinderat entscheidet, wer letztlich in die jeweilige Kommission aufgenommen wird.

Zwingend aufzustellen ist in jeder Gemeinde neben einer Schul- auch eine Integrationskommission. Deren Aufgabe ist es, die soziale, ökonomische, politische und kulturelle Integration aller EinwohnerInnen der Gemeinde zu fördern

und zu vereinfachen. Die konsultativen kommunalen Integrationskommissionen beraten die kommunalen Behörden und unterstützt diese gegebenenfalls, geben Stellungnahmen zu laufenden Dossiers ab und können der politischen Ebene Maßnahmen und Projekte im Bereich des gesellschaftlichen Zusammenlebens vorschlagen.

Eine Maßnahme, die in allen LEADER-Gemeinden zur Förderung der Integration durchgeführt wird, sind die alljährlich von den Kommissionen organisierten „Nachbarschaftsfeste“.

Wer Lust hat, seine Nachbarn kennenzulernen, dem wird mit dem Nachbarschaftsfest eine perfekte Möglichkeit angeboten. Für Bänke, Tische oder Stühle können die Initiatoren eines Nachbarschaftsfests auf die Unterstützung ihrer Gemeinde zurückzugreifen. Die Idee des Nachbarschaftsfestes ist 1999 in Paris entstanden. Seit 2005 wird es auch in vielen Gemeinden Luxemburgs gefeiert. Das Nachbarschaftsfest, das an einem zentralen Datum (im Jahr 2020 am 29. Mai) stattfindet, ist somit ein geselliges Fest unter Nachbarn, um Kontakte herzustellen, aktive Integration zu betreiben und die sozialen Netzwerke der BewohnerInnen auszubauen.

Das jahrliche ‘Petanque’-Turnier der Sportskommission

Integration durch Kommissionen und Aktionen

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 93

Eine Garnich-spezifische Integrationsmaßnahme war die 2019 erstmals durchgeführte „Integrationstour“ für Alt- und NeubürgerInnen. Die Gemeinde lud ihre Bevölkerung ein, an einem Samstag eine „geführte Besichtigung“ der Gemeinde mit ihren aktuellen Baustellen und Highlights mitzumachen. Es wurde eine kleine Rundreise durch alle vier Ortschaften der Gemeinde (alternativ mit einem gecharterten Elektrobus oder mit dem Rad) angeboten, bei dem die Gemeinde-PolitikerInnen die lokalen „Points of Interests“ erläuterten und für Fragen und Diskussionen zur Verfügung standen. Da an mehreren Stellen an das leibliche Wohl (u.a. mit regionalen Produkten) gedacht wurde, war ausreichend Gelegenheit gegeben, dass sich die TeilnehmerInnen untereinander kennenlernten und austauschten – NeubürgerInnen untereinander, NeubürgerInnen mit Alteingesessenen, BürgerInnen mit PolitikerInnen. Da die Resonanz mit fast 60 Anmeldungen ausgesprochen hoch war, soll im Herbst 2020 die zweite Auflage stattfinden.

Generationenubergreifende Aktivitaten in den Kindertagesstatten

Feste werden gefeiert wie sie fallen

Zahlreiche Nachbarschaftsfeste finden regelmaßig statt

Integrationstour 2019 Integrationstour 2019

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Getreu dem Motto „Zusammen ist man nicht allein“ versucht die Gemeinde Garnich in Partnerschaft mit der LEADER-Region Lëtzebuerg West Projekte zu initiieren, die gegen die allgemeinen Tendenzen der Individualisierung bei gleichzeitigem Dahinsiechen des Gemeinwesens gerichtet sind.

Gemeinsam Wohnen in der Dorf-WG soll im kleinen Kreis der Vereinsamung entgegnen, die gerade älteren Menschen u.a. nach dem Verlust des Partners droht. Da aber auch immer mehr jüngere Menschen individuell leben, da das traditionelle Familiengefüge in der heutigen Zeit nicht mehr die Rolle spielt wie früher, soll dies keine Alten-WG, sondern für unterschiedlichste Altersklassen offen sein.

Temporär zusammen sein soll der Mehrgenerationentreff ermöglichen, indem ein „Dorftreff“ geschaffen wird, bei dem ein Bürgerverein Aktivitäten für möglichste viele Generationen und Kulturen anbietet – ein Treff von BürgerInnen für BürgerInnen.

Ganz allgemein alle EinwohnerInnen besser in die Gesellschaft zu integrieren, ist Ziel verschiedener Gemeindekommissionen. Ob Integrationskommission, Kommission des 3. Alters oder Jugendkommissionen, alle verfolgen ähnliche Ziele – Rahmenbedingungen setzen und Aktionen entwickeln, die Gemeinsamkeiten schaffen und integrierend wirken. Bereits etablierte Ideen sind Jugendhäuser, Nachbarschaftsfeste und die Bereitstellung von Nachbarschaftsdiensten, bei denen ältere/ körperlich eingeschränkte Menschen durch einen durch die Gemeinde organisierten sozialen Dienst (gegen Bezahlung) bei Arbeiten an Haus und Garten unterstützt werden.

Die Gemeinde Garnich in Partnerschaft mit der LEADER-Region Lëtzebuerg West begegnet diesen fortschreitenden sozialen Ungerechtigkeiten auf lokalem bzw. regionalem Niveau in verschiedensten Facetten. Menschen mit Handicap werden in institutionalisierten regionalen Strukturen betreut und in die Normalität integriert, sowohl über Wohnprojekte als auch über Werkstätten für Autisten, Menschen mit geistigem und körperlichem Handicap oder auch Blinde.

Gemeinsam auf allen Ebenen und weitere Aktivitätenals lokale Antworten

Integration Menschen mit HandicapIn der Region gibt es mehrere Strukturen, um Menschen mit Handicap („Blindenheim“, „Stiftung Autismus“, „Multiple-

Sklerose-Gruppe“, „Ligue HMC“ für Menschen mit körperlichem und/ oder geistigem Handikap) zu betreuen

und ihnen auf ihre Fähigkeiten zugeschnittene Arbeitsplätze, Wohnstrukturen und Freizeitangebote anzubieten.

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Erstes Fest der Inklusion in Mamer

In Zusammenarbeit mit verschiedenen Vereinigungen, die sich um Menschen

mit Handicap kümmern, veranstaltete die „Mamer Kommission für soziale Inklusion“ 2019 ein Fest, das bewies, dass wir alle gar

nicht so verschieden sind.

Nachbarschaftsdienste

Nachbarschaftsdienste wie „de Hexemeeschter“ der Gemeinde Garnich

haben das Ziel, Menschen mit körperlichen

Einschränkungen/ SeniorInnen bei leichten

Arbeiten in Haus und Garten zu helfen. Die Arbeiten

werden von einem sozialen Dienst gemacht, der dadurch

Arbeitsplätze für gering qualifizierte Menschen oder Langzeitarbeitslose schafft.

Kommunaler Aktionsplan zur Gleichstellung von Frauen

und MännernZiel eines solchen Plan (in Mamer und Steinfort bereits umgesetzt)

ist es, Frauen und Männer in allen Lebensbereichen gleichgestellt und gleichwertig zu behandeln,

deren unterschiedliche Bedürfnisse wahrzunehmen

und ihnen gerecht zu werden, so dass die Gemeinde für alle

EinwohnerInnen eine lebenswerte Gemeinde ist.

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METHODEN UND STRATEGIENAls Schwäche wurde in der Vergangenheit in der Gemeinde Garnich u.a. die geringe Gemeindegröße angesehen, was zur Folge hat, dass Garnich mit einer entsprechend geringen Personaldecke große und komplizierte Projekte nur schwerlich stemmen kann. Zusammen mit der weitverbreiteten Sichtweise der EinwohnerInnen, dass sich um fast jede Problemstellung „die Gemeinde bzw. die Politik kümmern muss“, fühlten und fühlen sich viele Kommunal-PolitikerInnen allein gelassen. Gerade bei infrastrukturellen Großprojekten hat sich als Reaktion darauf die regionale Kooperation als probates Mittel erwiesen. Wurden in der Vergangenheit oft themenspezifische Kooperationen mit unterschiedlichen Akteuren gebildet (in Garnich schon seit 1908 im Trinkwasserzweckverband SES), so hat sich LEADER Lëtzebuerg West mit dem Gründungsmitglied Garnich in den letzten beiden Jahrzehnten zu einer themenoffenen Konstanten in der Region entwickelt.

Das Beispiel Garnich hat gezeigt, dass auch die Aktivierung der Basisdemokratie Wege aus dieser Krise zeigen kann. Ob bei Projekten im Klimaschutz, der Mobilität oder der Stärkung der Dorfgemeinschaft – je intensiver die BürgerInnen eingebunden wurden, umso mehr Last konnte von den Schultern der Gemeinde genommen werden. Denn wenn die BürgerInnen über eine frühzeitige und ganzheitliche Partizipation – von der Ideenfindung über Planung und Ausführung bis hin zum Betrieb – in die Verantwortung genommen werden, steigt die Akzeptanz des Projektes in der Bevölkerung.

Als Stärke und Schwäche gleichzeitig kann – je nach Problemstellung – die Konkurrenz zu anderen Gemeinden oder Regionen gesehen werden. Hier muss die Gemeinde Garnich den Spagat schaffen, einerseits etwas eigenständiges auf die Beine zu stellen, das wiederum andererseits keine Konkurrenz zu bereits bestehenden gleichen oder ähnlich gelagerten Projekten in der Region darstellt. Hier ist Komplementarität das Zauberwort, indem etwas neues geschaffen wird, das aktuell in der Region fehlt (z.B. das regionale Kino in der Gemeinde Garnich) oder bestehende Projekte inhaltlich ergänzt oder als lokale Untereinheit funktionieren, so dass beide in der Summe einen Mehrwert für Gemeinde und Region darstellen – wie die Garnicher Kulturzentren, die Dorf-WG oder der geplante Dorfladen.

Die Gemeinde Garnich prosperiert – wie die LEADER-Region und das ganze Großherzogtum. Die Frage nach dem „wieviel Wachstum brauchen wir“ ist immer häufiger zu hören. Die Gemeinde Garnich versucht, lokale Antworten auf die Frage nach „qualitativem Wachstum“ zu geben: Sie setzt im Bereich der Siedlungsentwicklung auf Qualität statt auf Quantität. Im neuen Flächennutzungsplan 2020 wird Innenentwicklung und

B.5

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Umnutzungen priorisiert. Umgekehrt wird versucht, das Wohnumfeld und die Lebensqualität durch exzellente Bildungs- (Maison Relais, Grundschule) und Nahversorgungseinrichtungen (geplanter Dorfladen, Mehrgenerationentreff, …) zu verbessern.

Auch wenn die die Gemeinde Garnich wie die meisten Gemeinden des Landes und der Region eine solide finanzielle Grundausstattung hat, bedeutet dies noch lange nicht, dass gute und richtige Projekte umgesetzt werden. Manchmal braucht es auch das Quäntchen Mut. Auch dies hat Garnich eindrucksvoll bewiesen. Zum Beispiel beim Thema Bürgerbeteiligung, wo die handelnden PolitikerInnen bereit waren, einen Teil ihres Handlungsspielraums abzugeben, um ihre EinwohnerInnen als mündige BürgerInnen zu behandeln – mittlerweile in mehr als 40 Bürgerworkshops, aus denen vier Bürgervereine mit vielen kleinen und großen Bürgerprojekten entstanden sind. Wie beim regionalen Kino KINOLER. Auch wenn Vorstudien gezeigt haben, dass sich das Kino rechnen kann, so bedarf es doch auch Mut, um letztlich die Entscheidung zu treffen, Geld und Zeit zu investieren, die Bürgeridee eines Kinosaals höchsten Standards in einem 200-Seelen-Dorf an der belgischen Grenze umzusetzen. Oder frei nach Asterix formuliert: „Die spinnen doch, die Garnicher“!

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ERGEBNISSE UND EVALUIERUNG

C.

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Für die Gemeinde Garnich ist die Partnerschaft mit der LEADER-Region Lëtzebuerg West der fehlende Baustein, um die globalen Herausforderungen auf lokaler Ebene noch besser und umfassender bewältigen zu können.

Der Grundgedanke der aktiven Partizipation, der der LEADER-Philosophie zugrunde liegt, hat die Gemeinde interessiert aufgenommen und auf ihre eigene Art interpretiert. Vier Beteiligungszyklen in allen vier Ortschaften (davon drei teils deutlich unter 500 EinwohnerInnen) mit mehreren Dutzend Workshops und einem hohen Beteiligungsgrad sprechen eine deutliche Sprache. Auch die daraus resultierenden Ergebnisse können sich sehen lassen: Gründung von vier Bürgervereinen, die sich um die Stärkung des Dorflebens kümmern, drei Dorfgemeinschafts- und Vereinssäle plus ein Mehrgenerationentreff in Planung, ein florierendes regionales Kino. Dazu mehrere kleine, aber genauso wichtige Aktionen wie Sommerfeste, Dorfplatzgestaltungen, Planung von Wanderwegen, Bau einer Bücherbox, von „Dorfmobiliar“ und vielem mehr.

Damit das gelingen konnte, waren Überzeugungsarbeit und weitere Schlüsselakteure nötig. Neben offenen politischen Entscheidungsträgern aus der Gemeinde Garnich eben auch die LAG LEADER Lëtzebuerg West, die den Prozess nicht nur finanziell, sondern auch mit ihrem Know-How begleiteten. Gleiches gilt für das Landwirtschaftsministerium als zuständige Instanz des Dorfentwicklungsplans, mit dem alles begann. Und nicht zuletzt müssen auch die Garnicher BürgerInnen mitmachen wollen und eine Vertrauensbasis zu ihren PolitikerInnen aufbauen, dass Partizipation nicht als Pseudo-Werbekampagne lanciert, sondern aus Überzeugung und mit der Aussicht auf Projektrealisierung als sinnvolles Werkzeug angewendet wird. Nur dann sind die BürgerInnen bereit, genau wie die PolitikerInnen so viel Zeit und Hirnschmalz zu verwenden und ihre Freizeit für Gemeinwohlprojekte zu nutzen – was in Garnich bis dato ausgesprochen gut funktioniert.

Von diesen Erfahrungen kann wiederum LEADER profitieren. Das Erfolgsmodell Garnich hat sich herumgesprochen, andere Gemeinden interessieren sich plötzlich für basisdemokratische Ansätze, einige davon schon sehr konkret, wie die neueren Projektanträge („Entdeckungspad Koerich“, „Jugendbeteiligung Mamer/ Helperknapp/ Steinfort“) zeigen.

Auch wenn LEADER eine freiwillige Gemeinschaft ist, kann sie komplementär zu den diversen Zweckverbänden, die themenbezogen für „harte“ Aufgabenstellungen gegründet werden, gesehen werden. Gerade für die Aktivierung der „Soft Skills“ in den kleinen Mitgliedsgemeinden wie Garnich und der Region als Ganzem hat sich LEADER seit fast zwei Jahrzehnten bewährt, nicht zuletzt, weil LEADER aktiv versucht, das Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken – ein Gefühl, das vielerorts nach und nach verloren zu gehen scheint, jedoch schmerzlich vermisst wird.

Unterm Strich lässt sich sagen, dass LEADER eine wichtige verbindende Funktion übernimmt, u.a. da im Mamer- und Eischtal neben der Gemeindeautonomie und dem Staat keine institutionalisierte Mittelinstanz vorhanden ist, die gemeinsame Initiativen fördert. Anders als in anderen Regionen, wo Naturparke oder andere themenoffene Gemeindesyndikate diese Rolle übernehmen, haben die Gemeinde Garnich und die übrigen Kommunen der Region „nur“ LEADER – was die Bedeutung der Gruppe noch größer macht. Und gerade für die bevölkerungsschwachen Gemeinden mit dünner Personaldecke – wie auch Garnich – stellt dies eine wichtige und willkommene Hilfestellung dar, wenn die Garnicher Kreativschmiede wieder aktiv wird.

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ZUKÜNFTIGE PRIORITÄTEN UND PROJEKTE

D.

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 101

Die Gemeinde Garnich setzt weiterhin auf „qualitatives Wachstum“. Eine Verbesserung der Bürgerdienste und ein sukzessives Weiterentwickeln des Wohnumfelds im engeren (Natur und Landschaft) und weiteren Sinne (Schaffung von Versorgungseinrichtungen gegen die Entwicklung von Schlafdörfern) in Kooperation mit Bürgerideen stehen an oberster Stelle. Alle künftigen lokalen Aktionen müssen nachhaltig orientiert sein zum Wohle des globalen Klimaschutzes.

Der Klimapakt allgemein sowie Maßnahmen zur regenerativen Energieproduktion, -einsparung und -optimierung stellen große Herausforderungen dar. Auch wenn Garnich bereits EEA-zertifiziert ist (77,1%), sind weitere lokale Anstrengungen zur Lösung der globalen Klimakrise notwendig. Eine enge Abstimmung mit den kommunalen Kommissionen, den Bürgervereinen und der Bürgerschaft allgemein hilft, dass dazu notwenige Projekte – wie der in Bau befindliche Garnicher Windpark, die bestehenden Energiegenossenschaften oder der nachhaltige Bau und Betrieb von Gemeindegebäuden unter Nachhaltigkeitsaspekten - eine möglichst breite Akzeptanz erhalten.

Sanfter Qualitätstourismus bewahrt natürliche Ressourcen, spart Wege und schafft Arbeitsplätze vor Ort. Die junge regionale Tourismusagentur „ORT Guttland“ wird hier zusammen mit LEADER Lëtzebuerg West und der Gemeinde Garnich eine wichtige Rolle spielen. Gemeinsame Anknüpfungspunkte zu Natur- und Ressourcenschutz und lokaler landwirtschaftlicher Produktion sind gegeben. Gerade hierfür steht LEADER, indem auch neuere Ansätze eines nachhaltigeren Lebens und Produzierens, wie z.B. Gemeinschaftsgärten, Permakultur, Transition Towns u.ä., gefördert werden.

Ansätze für integrationsfördernde Projekte sind im ländlichen Raum Luxemburgs doppelt wichtig – sowohl um allgemein NeubürgerInnen als auch AusländerInnen - also Menschen aus anderen Kulturen mit anderen Sprachen – besser zu integrieren. Lokale Aktivitäten wie Nachbarschaftsfeste, „Integrationstour“ à la Garnich oder interkulturelle LEADER-Projekte können hier wichtige Beiträge leisten. Strukturen für Menschen mit Handicap sind in der Region gut etabliert (Stiftung „Autismus“, „Ligue HMC“ u.a.) – hier gilt es, die betroffenen Menschen noch stärker ins tägliche Leben einzubinden.

Garnich und LEADER Lëtzebuerg West als Kultur- und Bildungsregion greifen das vorhandene Potential auf und versuchen, es über verschiedene Projekte den BürgerInnen bestmöglich aufzubereiten und darzubieten. Dies stärkt die Lebensqualität, bewahrt das historische Erbe und macht es auch den jüngeren Generationen zugänglich. Durch eine aktive Einbindung von Kindern und Jugendlichen bei Natur- und Geschichtsprojekten unter Einsatz der neuen Medien entstehen auch im kulturellen Bereich „Bottom-up“ Projekte.

Die Gemeinde Garnich und weite Teile der Region sind und bleiben Wohnstandorte. Um diese Attraktivität zu erhalten, müssen die „weichen“ Standortfaktoren weiter gestärkt werden. Ein gutes Mobilitätsangebot ist wichtig – weniger individuell-fossil hin zu mehr gemeinschaftlich-regenerativ. Hier betreiben alle Gemeinden auch zukünftig einen hohen Aufwand, um das staatliche Bahn- und Busangebot durch Eigeninitiativen (Proxibus, Bummelbus o.ä.) zu ergänzen. Gleiches gilt für Rad- und Fußinfrastrukturen, um kurze Wege verstärkt über die „sanfte Mobilität“ abwickeln zu können. Auch Verkehrsberuhigung – mit Bürgerbeteiligung – bleibt Thema in einer Transitgemeinde wie Garnich. Wohnen soll zudem für alle Altersklassen möglich sein. Neben bestehenden Strukturen wie Altersheimen, Geriatrie, Seniorenvereinen und Jugendhäusern will Garnich neue Wege gehen hin zu individuelleren Konzepten wie der geplanten Dorf-WG und des Mehrgenerationentreffs.

Eine aktive Bürgerpartizipation ist nicht als Projekt, sondern als Methodik zu sehen, die bei allen zukünftigen Maßnahmen in mehr oder minderem Umfang zum Einsatz kommen soll und muss. Bei den Projekten selbst wie auch bei der Art der Beteiligung kann Digitalisierung einen wichtigen Beitrag leisten, auf effiziente Art und Weise bestmögliche Information und Partizipation zu garantieren.

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102 | Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich

ZUSAMMENFASSUNG UND PROJEKTMATRIX

E.

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Europäischer Dorferneuerungspreis 2020 - Garnich | 103

Als sich 2003 der Vorläufer der heutigen LAG LEADER Lëtzebuerg West gründete, war die Gemeinde Garnich gleich mit dabei. Man erkannte direkt, dass ein regionaler Zusammenschluss Vorteile bringt, um auf wachsende globale Herausforderungen lokale und auch regionale Antworten zu finden.

Denn während größere Gemeinden der Region wie Mamer, Mersch und Steinfort in vielen Bereichen eigenständig zurechtkommen, haben kleine Gemeinden wie Garnich aufgrund der in Luxemburg fehlenden Gemeindeverwaltungsreform einen schwereren Stand, auf eigene Faust die Wohn- und Lebensqualität auf ihrem Territorium auf einen qualitativ guten Stand zu bringen.

Wie viele andere Gemeinden in Luxemburg und der Region hat Garnich weniger das Problem, dass die Gemeinde nicht attraktiv für Zuzüge wäre. Aufgrund der geographischen (Lage nahe der Hauptstadt, angrenzend an zwei Gewerbegebiete), verkehrsgünstigen (Autobahnanschluss, Nähe zu drei Bahnhöfen, gute Busverbindungen) und naturräumlichen Lage (ländliche Struktur im Grünen) ist Garnich attraktiv als Wohnstandort. Die Gemeinde ist bemüht, die räumliche kommunale Entwicklung sinnvoll über den neuen Flächennutzungsplan zu steuern, der den Fokus auf Innenentwicklung mit wenigen behutsamen Arrondierungen des Siedlungsgefüges legt im Sinne eines qualitativen Wachstums.

Aufgrund der geringen Größe von weniger als 2.200 EinwohnerInnen verteilt auf vier Ortschaften ist es schwierig, dass sich Versorger ansiedeln bzw. allgemein ausreichend Einrichtungen der Daseiensgrundversorgung anbieten zu können - die Tendenzen hin zur Schlafgemeinde sind unverkennbar.

Die politische Ebene hat erkannt, dass gegengesteuert werden muss – gemeinsam mit den BürgerInnen. Beginnend mit Workshops auf Ortschaftsebene wurden im Rahmen des Gemeindeentwicklungsplans mit den BürgerInnen nicht nur Stärken-Schwächen-Analysen für Ortschafts- und Gesamtgemeinde durchgeführt, es wurden Ideen entwickelt und auf große Plakate geklebt, wie das Dorfleben zu stärken ist – sowohl infrastrukturell (welche Versorger/ Dienstleister/ Einrichtungen fehlen) als auch soziokulturell (Integration, Zusammenleben, gemeinsam mit anpacken).

Soweit so gut. Papier ist geduldig – der Bürgermeister nicht. Die wichtigsten von den BürgerInnen erarbeiteten Gemeinwohlideen sollten direkt durchgeplant und umgesetzt werden – wieder mit aktiver Bürgerbeteiligung. Und mit tatkräftiger Unterstützung der LEADER-Gruppe, die nicht nur finanziell, sondern mit Know-How, Networking, Wissenstransfers und der Stärke der Region unterstützte.

Die Ergebnisse können sich sehen lassen: Vier Bürgervereine zur Stärkung des Dorflebens wurden gegründet, größere (regionales Kino, Dorftreff Kahler, Dorftreff Dahlem, Vereinssaal Hivange, in Planung befindlicher Mehrgenerationentreff Garnich) wie kleinere (Bücherbox, Umgestaltung Dorfplatz, Reaktivierung von Kirmes und Sommerfesten) wurden umgesetzt – weitere werden folgen.

Mittlerweile ist das „die Bürgerwünsche aufgreifen und sie aktiv in Planung, Ausführung und Betrieb einbinden“ quasi Standard. Auch beim geplanten Dorfladen, der Dorf-WG, dem Umbau des Dorfgemeinschaftshauses in Garnich, der Verkehrsberuhigung vor der Schule, dem Schaffen von Fuß-, Wander- und Radwegen wurden die BürgerInnen aktiv eingebunden – mal in größeren Planungsworkshops, mal kleiner in Brainstormings oder Infoabenden – eigentlich immer bezugnehmend auf die vielfältigen Ergebnisse, die in den Dorfentwicklungsworkshops herausgearbeitet wurden.

Die Gemeinde und die LAG LEADER Lëtzebuerg West befruchten sich dabei gegenseitig. Ohne die Unterstützung von LEADER in der regionalen Kooperation wären viele Leuchtturmprojekte in der vorliegenden Form wohl kaum zustande gekommen. Umgekehrt strahlen die Garnicher Leuchttürme als „Success-Stories“ bis weit über die Regionsgrenzen hinaus und motivieren so auch die anderen LAG-Gemeinden, mit Hilfe von LEADER lokale Partizipationsprozesse zu stärken bzw. selbst zu initiieren.

Garnich hat also verstanden, lokale Antworten auf globale Herausforderungen zu finden. Nicht Garnich allein – Garnich in der LEADER-Region Lëtzebuerg West.

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PROJEKTMATRIXGEMEINDE GARNICH

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Wëllkomm - Bienvenue - Willkommen

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Projektstatus

Detailbeschreibung der Maßnahme im Teilnahmeformular ab Seite 46 47 48 50 52

A) STRATEGIEN :

Zielkonformität

Kongruenz und Ganzheitlichkeit

Nachhaltigkeit

B) METHODIK DER ZIELE, PROJEKTE U. MASSNAHMEN :

Information und Kommunkation zwischen Bürgerinnen, Politik un Verwaltung

Eigeninitiative un BürgerInnenbeteiligung

Interkommunale und interrergionale Kooperationen, Public-Private-Partnerships und Netzwerke

Planung, Beratung und Prozessbegleitung

Bewertung und Nutzung der Digitalisierung

C) THEMATISCHE INHALTE :

1 - Stärkung einer umweltgerechten Land- u. Forstwirtschaft unter Berücksichtigung der Kulturlandschaft x x x 1

2 - Verantwortungsvoller und umweltverträglicher Umgang mit den natürlichen Ressourcen und Nutzung erneuerbarer Rohstoffe x x x 23 - Aktivitäten im Sinne der Gewährleistung der Mobilität der Bürgerinnen sowie von Nahversorgung und standort-gemäßen Erwerbsmöglichkeiten mit Blick auf regionale Wertschöpfungsketten 3 3 3

4 - Räumliche Entwicklung gemäß ökonoischer, ökologischer, kulturräumlicher und gesellschaftlicher Erfordernisse x x x 4

5 - Revitalisierung von schützenswerter alter und Schaffung von quälitatsvoller neuer/zeitgemäßer Bausubstanz x x x

6 - Schaffung zeitgemäßer sozialer Einrichtungen und soziokultureller Qualitäten 6 6 6 67 - Stärkung der Identität und des Selbstbewussteins der Bevoälkerung 7 7 7 7 x

8 - Förderung der Befähigung und der Motivation der DorfbewohnerInnen zum gesellschaftlichen Engagement 8 8 8 8 8

9 - Forcierung der Teilhabe aller Generationen, Geschlechter, Nationalitäten und Minderheiten am wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Leben 9 9 9 9 x

D) MOTTOGERECHTIGKEIT “LOKALE ANTWORTEN AUF GLOBALE HERAUSFORDERUNGEN” :

sich trauen, neue Wege zu gehen

möglichst viele Beteiligte aller sozialen, Bildungs- und Altersschichten in einem basisdemokratischen Prozess mitzunehmen

Eigenverantwortung der Bürgerinnen stärken/ aktivieren - von der Planung über Umsetzung bis hin zum nachhaltigen Betrieb

offensives Einbeziehen neuer “Wekzeuge” im Kontext der Digitalisierung in die Prozesse

Eigeninitiative an den Tag legen statt zu warten, dass jemand anderes sich um die drängenden Fragen unserer Zeit kümmert

BEURTEILUNGS-KRITERIEN :

2 31

2

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3

x

1

x

Leuchtturmprojekt zum Kriterium

Starke thematische Prägung zum Kriterium

Weitere thematische Prägung zum Kriterium

Zeichenerklärung

besondere Entsprechung

Entsprechung des Kriteriums

realisiert

in Umsetzung

in Planung

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Leuchturmprojekte und weitere Projekte der Gemeinde Garnich im Partenariat mit der LEADER-Region Letzebuerg West

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Administrationcommunale de Garnich

Georges Fohl, Bürgermeister

François Meisch, Gemeindesekretariat

LEADER Lëtzebuerg WestSarah Mathieu, Geschäftsführerin

Ministère de l’Agriculture,de la Viticulture et

du Développement rural (Ministerium für Landwirtschaft, Weinbau und

Entwicklung des Ländlichen Raumes)

CO3 s.à r.l. Concept Conseil Communication en urbanisme,

aménagement du territoireet environnementThomas Schlicher

Uta TruffnerCindy Rabe

INHALT UND KONZEPT DOSSIER

JH communicationJérémie Heriaud

layout dossIer und poster

©All rights reservedGemeinde Garnich

LEADER Lëtzebuerg WestAlain Welter

Jean-Michel Richardwww.pexels.comwww.freepik.com

fotoS / ILLUSTRATIONEN

LEADERLëtzebuerg West

Wëllkomm - Bienvenue - Willkommen

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