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Z6. Jilhrgilng Nr.Z J uni 19% K20729F Zeilschrifl fUr krilische Sozialwissenschafl Yom Gelde ROBERT GUTTMANN Die Trilnsformation des Finilnzkilpitil ls MICHAEL HEINE HANSJORG HERR Money Makes the World Go Round Uber die Verselbstiindigung der Geldsphiire und andere MiSverstandnlsse RAUL ROJAS Elektronisches Geld im giobalen Datennetz ELMARALTVATER Globale finanzinnovatlonen. privates CompUlergeld und sorlallslerte S<:hulden THOMAS ACHIM WERNER Geldwiische - die 5konomische Dimension unbekannter Gefahren WOLF-DIETER NARR ROLAND ROTH Wider die verhiingnisvolle neue Bescheiden- heit: KapitallsmusohneAlternative (TeiIZ) aber: HaDen w ir sozialistischen Theoretiker etwasaufder Pf,lnne? WESTFALISCHES DAMPFBOOT PROKLA103

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Z6. Jilhrgilng Nr.Z Juni 19% K20729F

Zeilschrifl fUr krilische

Sozialwissenschafl

Yom Gelde

ROBERT GUTTMANN Die Trilnsformation des Finilnzkilpitil ls

MICHAEL HEINE HANSJORG HERR Money Makes the World Go Round Uber die Verselbstiindigung der Geldsphiire und andere MiSverstandnlsse

RAUL ROJAS Elektronisches Geld im giobalen Datennetz

ELMARALTVATER Globale finanzinnovatlonen. privates CompUlergeld und sorlallslerte S<:hulden

THOMAS ACHIM WERNER Geldwiische - die 5konomische Dimension unbekannter Gefahren

WOLF-DIETER NARR ROLAND ROTH Wider die verhiingnisvolle neue Bescheiden­heit : KapitallsmusohneAlternative (TeiIZ)

aber: HaDen w ir sozialistischen Theoret iker etwasaufder Pf,lnne?

WESTFALISCHES DAMPFBOOT

PROKLA103

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PROKLA Heft 103 - 26. Jahrgang 1996, Nr. 2

PROKLA ZeitschriJt fur kritische Sozialwissenschajt

Die PROKLA wird herausgegeben von der »Vereinigung zur Kritik def politischen Okonomie e.V.«, die jahrlieh in ihrer Vollversammlung die Redaktion der Zeitschrift wahlt.

Redaktion: Elmar Altvater, Heiner Ganjlmann, Michael Heinrich (geschiifi~fiihrend), Kurt Hiibner, Sabine Kriiger, Birgit Mahnkopf (presserechtlich verantwOltlich), Margit Mayer, Klaus Maller, lmme Scholz

In der Zeitschrift PROKLA werden seit 1971 Themen aus den Bereichen der Politisehen Okonomie, der Politik, Sozialgeschichte, Soziologie und Philosophie bearbeitet. 1m Zentrum stehen dabei gesell­schaftliche Machtverhiiltnisse, Polarisierungen im internationalen System, das gesellschaftliche Natur­verhaltnis und die Transformation der osteuropaischen Gesellschaften. Die Hefte werden jeweils nach thematischen Schwerpunkten zusammengestellt.

Der Inhalt der letzten Hefte ist auf den letzten Seiten aufgelistet. Die Sehwerpunkte der naehsten Num­mern (vgl. Kasten im Innem dieser Ausgabe) sind:

PROKLA 104 September PROKLA 105 Dezember

1996: Universittit 1996: Staatsbiirgersehaft

Die Redaktion ladt zur Einsendung von Manuskripten ein. Eine Haftung kann nieht iibernommen wer­den. Die Beitrage sollten sich in einem Umfang von 15-25 Seiten (ca. 50.000 Zeiehen) halten (ameri­kanische Zitierweise, Bibliographie am Ende des Texts). Wir bitten, die Manuskripte in zweifacher Ausfertigung und stets aueh auf Diskette einzusenden. Die Disketten sollten fiir IBM-kompatible PC's lesbar (MS-DOS) und mit Word oder Winword besehrieben sein. Bitte Riickporto beilegen. Manuskripte und Zusehriften nur an die Redaktion (Postfaeh) adressieren.

Die PROKLA erseheint regelmaBig mit vier Nummern im Jahr mit einem Gesamtumfang von minde­stens 640 Seiten. Jedes Heft kostet im Jahresabonnement DM 14,50, im Einzelverkauf DM 18.-. Abon­nements erhalten Sie iiber eine Buehhandlung oder iiber den Verlag (Postkmte im Innern des Hefts). Wenn Sie iiber den Verlag abonnieren, erhalten Sie von einer Versandbuehhandlung, die mit dem Verlag kooperiert, eine Vorausreehnung fiir die naehsten Hefte (58.- plus Porto). Naeh Bezahlung er­halten Sie die Hefte jeweils naeh Erseheinen sofort zugesehickt.

Postanschrift: PROKLA-Redaktion, Postfach 100529, D-10565 Berlin Tel.: 0301 336 41 42, Biirozeiten: Mi. 15-17 Uhr; Telefon auBerhalb der Biirozeiten: 0301 395 66 22; e-mail: [email protected] Verlagsadresse: Verlag Westftilisches Dampfboot, Dorotheenstr. 26a, 48145 Miinster, Telefon 0251/6086080, FAX 0251/6086020

Copyright 1996 Verlag Westftilisches Dampfboot. AlIe Reehte, auch das der Ubersetzung vorbehalten. Druck und Bindung: Druckwerkstatt Miinster.

ISBN 3-929586-13-4

Beilagenhinweis: Dieser Ausgabe liegen Prospekte des Kirsehkern Buchversandes bei.

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PROKLA 103

Vom Gelde

Inhaltsverzeichnis

PROKLA-Redaktion: Editorial ............................................................... 162

Robert Guttmann: Die Transformation des Finanzkapitals .................... 165

Michael Heine, Hansjorg Herr: Money Makes the World Go Round Uber die Verselbstandigung der Geldsphare und andere MiBverstandnisse ........................................................................ 197

Raul Rojas: Elektronisches Geld im globalen Datennetz ....................... 227

Elmar Altvater: Globale Finanzinnovationen, privates Computergeld und sozialisierte Schulden .............................................. 241

Thomas Achim Werner: Geldwasche - die okonomische Dimension unbekannter Gefahren ............................................................................ 259

Wolf-Dieter Narr, Roland Roth: Wider die verhiingnisvolle neue Bescheidenheit: Kapitalismus ohne Alternative (Teil 2) ... aber: Raben wir sozialistischen Theoretiker etwas auf der Pfanne? ....................................................................................... 283

Summaries .............................................................................................. 313

Zu den Autoren ....................................................................................... 314

Themenfriiherer Hefte ........................................................................... 315

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PROKLA-Redaktion

Vom Gelde

Dnter dem unscheinbaren Titel » V om Gelde« erschien im Jahre 1931 (ein J ahr nach dem englischen Original) das erste »groBe« Werk von Keynes, in dem er die orthodo­xe Auffassung des Geldes kritisier­teo Davon ausgehend legte er dann 1936 seine »General Theory« vor, die zu dem vielleicht einfluBreich­sten wirtschaftstheoretischen Werk dieses Jahrhunderts wurde, was aber nicht verhinderte, daB sie yom gegenwartigen neoklassischen Mainstream als im wesentlichen tiberholt betrachtet wird. Nicht viel anders erging es einem anderen Autor, der gut 70 Jahre vor Keynes auch zunachst eine Schrift veroffentlichte, die die vorherr­schenden Geldtheorien (und zwar sowohl der »btirgerlichen« Oko­nomen als auch der sozialistischen Autoren seiner Zeit) kritisierte und einige Jahre spater mit einer breit angelegten Analyse und Kritik kapitalistischer Produktionsver­hllitnisse an die Offentlichkeit trat: die Rede ist nattirlich von Karl Marx und seiner 1859 erschienen Schrift »Zur Kritik der politischen Okonomie« und dem 1867 folgen­den ersten Band des »Kapital«.

DaB Marx und Keynes - die groBen Haretiker der okonomischen Theo­rie - die beiden einzigen relevanten Alternativen zur klassisch-neoklas­sischen Verharmlosung der okono­mischen Bedeutung des Geldes entwickelten, wurde auch schon im Editorial der PROKLA 63 festge­halten, die vor 10 Jahren mit dem schlichten Titel »Geld« erschien. Inzwischen ist aber durch die tat­sachliche okonomische Entwick­lung vielleicht noch deutlicher ge­worden, daB gilt: »money matters«. 1m ProzeB der deutschen Vereini­gung spielte die Wahrungsunion si­cher eine wichtigere Rolle als die politische Vereinigung. Was die ED angeht, so ist auch hier die ge­plante Wahrungsunion zu dem Thema schlechthin geworden, das alles andere in den Schatten stellt. Die Krisen des Europaischen Wah­rungsssystems 1992 und 1992, die zum Ausstieg von England und Italien fUhrten, gehorten ebenso wie die Krise des mexikanischen Pesos 1994/95 zu den wichtigsten weltwirtschaftlichen Ereignissen der letzten Jahre. Ware Geld tat­sachlich nur »numeraire« und blo­Bes »Schmiermittel« fUr die

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Editorial

»realen« Transaktionen - wie es die neoklassische Orthodoxie will - so HeBe sich die ganze kaum verstehen. Aber in welcher Weise kommt es

daB »money matters«? In welcher stehen »reale« und »monetare« Mit dieser

setzen sich die beiden Artikel von Robert Guttmann und von Mi-chael Heine und Herr auseinander. Wahrend Guttmann der These von der realer und monetarer Akkumulation

einer des Zerfalls fordistischer des Fi-

von Heine und Herr vehement kritisiert. Dabei reicht ih­re Kritik bis zur Marxschen Theo-

der sie ihrer matischen Struktur die einer modern en monetarer Phanomene

Hier sollte

163

Zukunft wahrscheinlich eine er­zukommen

sich die Aufsat­ze von Raul und Elmar Alt­vater. Dabei stehen in dem Artikel von die technischen dieser neuen Form des Geldes im

wahrend Altvater das im Rahmen

Finanzinnovationen betrachtet und damit auch einen zur De­batte tiber das Verhaltnis von mo­netarer und realer Akkumulation leistet. Thomas Achim Werner untersucht in seinem Aufsatz die okonomi­schen Auswirkungen der Geldwa-sche, die kein begrenztes Phanomen mehr sondern Kon-sequenzen fUr die Oko-nomie eines Landes haben kann. Auf3erhalb des Schwerpunkts er­scheint die schon langer angektin­

Fortsetzung des Artikels von Narr und Roland Roth

die Diskussion sicherlich noch aus Heft 100, die damit die Dis-werden.

Mit den sich neu abzeich-nenden Formen des des elektronischen

kussion urn ein den gegenwartigen Problemen angemessenes Sozia­lismusverstandnis fortftihren.

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E!mar A!tvater, B!rgit Malmkopi

Grenzen der

Globalisierung OkQMmie, Okologh.! ulld i"Q!itik

indE;rWe!tw:~eUs<:hilft

Elmar Altvater/ Birgit Mahnkopf Grenzen der Globalisierung Okonomie, Okologie und Politik in der Weltgesellschaft 1996 - ca. 400 S. - ca. OM 48,00 OS 355 - SFR 48,00 ISBN 3-929586-75-4

Michael Bruch/ Hans-Peter Krebs (Hrsg.) Unternehmen Globus Facetten nachfordistischer Regulation 1996 - 255 S. - ca. OM 39,80 - OS 295 - SFR 39,80 - ISBN 3-929586-69-X

Josef Esser/ Boy LOthje/ Ronald Noppe (Hrsg.) Europaische Telekommunikation im Zeitalter der Deregulierung Infrastruktur im Umbruch 1996 - ca. 260 S. - ca. OM 39,80 OS 295 - SFR 39,80 ISBN 3-929586-70-3

WESTFAuSCHES DAMPFBOOT t Oorotheenstr. 26a . 48145 MOnster· Tel. 02 51 /6086080

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Robert Guttmann

Artikel beschiiJtigt sich mit neueren im die inzwischen das soziookonomische Umfeld unseres Le­

bens beherrschen. Diese Entwicklungen, ob sie nun als hohe u",un,s"" oder launische LV""U'HJ'AHH,,""

gen zur kommen, setzen unser Wirtschaftssystem starken Bela-aus. Werden sie nicht unter Kontrolle gehalten, konnen sie akute

Krisen auslOsen, die staatlicherseits nur schwer einzudammen sind. Die hier vorgestellte Analyse geht davon aus, daB den Modalitaten der Re­gulierung des Geldes eine Schliisselrolle fUr die Wachstumsdynamik fort­geschrittener kapitalistischer Okonomien zukommt. Dieser Zusammenhang wurde in den friihen Arbeiten der franzosischen Regulationsschule (Aglietta 1976; 1979) deutlich herausgearbeitet. Es konnte gezeigt werden, daB es fUr den Nachkriegsboom von entscheidender Bedeutung war, daB die federftihrenden Geldinstitute wichtiger Nationalstaaten fUr ein elastisches Wahrungangebot mit niedrigen Zinssatzen sorgten und damit schuldenfinanzierte Ausgabespritzen begiinstigten, mit den en die indu­strielle Struktur, die gesellschaftlichen Konsumnormen und das institutio­nelle Anangement gestiitzt wurden: die Elemente dessen, was die Regula­tionisten alsfordistisches Akkumulationsregime bezeichnet haben. Doch wie wir im ersten Abschnitt erlautem werden, zerfiel diese wachs­tumsfOrdemde Regulation des Geldes in den 70er lahren im Veri auf einer strukturellen Krise neuen der »Stagf1ation«. Seither sind wir einer grundJegenden Transformation des Finanzkapitals, die das zentrale Thema dieses Artikels ist. 1m zweiten Abschnitt wird wie die Rolle des Geldes durch die Verbreitung neuer, Geldformen revo­lutioniert wurde, die von den monetaren Institutionen nur schwer zu steu­em sind. Diese Deregulierung des Geldes hat eine strukturelle Verande­rung des Kreditsystems ausgelOst: betrachtlich gestiegene Zinssatze fungie­ren aIs neuer Regulationsmechanismus filr die InvestitionsUitigkeit (siehe Abschnitt 3). Die daraus folgende Verletzlichkeit der Finanzmarkte hat das auBerordentlich rasche Wachs tum des sen was wir im Abschnitt als »fiktives Kapital« bezeichnen, eine Form des finanzielle Ertrage

PROKLA. Zeitschritt.tur kritische Sozialwissenschaji, Heft 103.26. Jg. 1996, Nr.2. 165-195

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prTlnm)1Plrpn zieht. Wenn wir die kumu-kommen wir Ab-

zu dem daB sie die Stabilitat unseres Wirt-und daher durch und koordiniertes po-

litisches Handeln auf andere Bahnen werden mussen. Zwar bezieht sich meine vor aHem auf die doch sind die hier erlauterten Probleme Natur und mtissen auch von anderen 1n­dustrienationen angegangen werden.

Unser dreht sich im Kern urns Geld. AIle wachstums­fbrdernden MaBnahmen erfordern die bereit Geld aus-

urn spater mehr Geld einzunehmen. Solche Investoren konnen Produzenten die Ressourcen erwerben Arbeit und Produktions-anlagen), urn Waren oder und sie mit Gewinn zu verkaufen - einen industrielles Kapital definiert. Andererseits es die .In'Ut',''\..,llH\Jvl

Investoren ihr uberschussiges Geld verleihen und damit An-auf einen Teil der Einkommen anderer des Kre-

ditnehmers) erwerben. Dieser des sen Basis der Kredit und die einkommensumverteilenden kann im Un-terschied zur Produktion und den einkommensschaffenden

als bezeichnet immer die Unterschiede im Hinblick auf

und

striellen oder als Zins und Dividende beim Schon allein aus diesem Grunde sollte offensichtlich schrittenen es un sere von Einkommen unci als wesentliche Form des beheHscht. Wir sollten uns auch dartiber im klaren daB Geld nicht etwas

wie uns cler bekannte konservative ,,",n.vuevu

Milton Friedman machen daB es vielmehr eine die historischem Wanclel

ei-ne Rolle fur clie weitere CnIWjlCKmnQ: Weil clem Geld von seiner Natur her eine Dualitat von

ist die wie es denn genau in die Funktions-

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Die Tranc'fc)rmation des Finanzkal'itais 167

mechanismen unserer Wirtschaft nie einfach zu beantwor-ten. Einerseits ist Geld offensichtlich ein Offentliches des sen lose Zirkulation und Wertstabilitat betrachtliche soziale Vorteile von deren niemand werden sollte. Andererseits besaB Geld immer schon meisten die Geschtiftsbanken

seines Wesens ist ein ment des Geldes unabdingbar: ein Argument, das (1944) tiberzeu­gend ausgeftihrt hat In den Zeiten des Goldstandards, des sen verschiedene Varianten unsere Wirtschaft tiber Jahrhunderte hinweg war die Konvertibiltat zwischen verschiedenen Ge\dsymbolen

Noten, Schecks) und Goldreserven und verlangte den wirtschaftlichen Akteuren, sogar ganzen Nationen, automatisch mone­

abo Hin und wieder machte sich diese disziplinierende Kraft geltend, etwa bei Bankenkrisen und deflationaren

gen, und dennoch hielt sie die Weltwirtschaft im 19. Jahrhundert einiger­maBen im Ais mit dem Zusammenbruch des Goldstandards 1931 schlieBlich die lange Herrschaft der zu Ende ging, ftihr­ten un sere Politiker - angefangen mit Roosevelt und seinen New Deal­Reformen im Geld- und Bankenbereich - einen viel flexibleren Geldstan-dard der auf dem

wurde. Das Ziel dieser Reformen war die des Geldes aus dem »metallenen des Goldes. Von nun an war die Geldzeichen - ob als yom Staat <<U,,>,>,,>,>\..UVU\..i>

mit - an eine im Geschaftsbanken zogen an, legten

einen Teil davon als Reserve flir beiseite und verliehen den Rest der da sowohl Einleger wie Kreditnehmer mit tiber die sie ver-

konnten. Hinzu daB die Zentralbank die Geschaftsbanken ge-gen ihre Reserven mit Mtinzen und Geldnoten versorgte, urn die

nach zu decken. Diese von Geldschop-v~Hv~<JUHcH<JH verwandelte das Geld selbst in eine Form des

a>'>'~l1't"" Leihkapital der Geschaftsbanken.

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168 Robert Guttmann

Diese Transformation des Geldes von einer elementaren Ware zu einem Kreditverhaltnis filhrte zu einem elastischen Geldangebot, das auf den je­weils herrschenden Liquiditats- und Finanzierungsbedarf in der Wirtschaft reagieren konnte. Die von Roosevelt eingefilhrten Regulationsmechanismen des Geld- und Banksystems, die ich an anderer Stelle genauer analysiert habe (Guttman 1994), gewahrleisteten ein sorgfaltig austariertes Gleichgewicht zwischen den beiden Aspekten des Geldes als Offentlichem Gut und privater Ware. An die Stelle der automatischen, vom Markt erzwungenen Regulierung des Geldes durch eine bestimmte Ware trat die auf strategischen Entscheidun­gen beruhende, staatliche Regulation. Zentralbanken wie die Federal Re­serve (»Fed«) in den Vereinigten Staaten konnten das Geldangebot direkt beeinflussen, indem sie die in Umlauf befindliche Geldmenge veranderten, oder indirekt, indem sie die geldschopfenden Aktivitaten der Banken regu­lierten. Wahrend das Giralgeld durch den neuen Geldstandard eine zentrale Bedeutung erhielt, wirkte dieser Standard zugleich der instabilen Natur profitmotivierter Geldschopfung durch die Geschaftsbanken entgegen. Dies gelang dank eines komplexen Arrangements von Regelungen, das so1che Banken von allen anderen intermediaren Finanzinstitutionen trennte und sie, im Gegensatz zu anderen Industrienationen (z.B. Frankreich, Deutschland, Japan) sogar weitgehend von den Wertpapiermarkten des Landes ausschIoB. Finanzpolitische In strumentarien , etwa Offenmarktge­schafte (Aufkauf staatlicher Schuldenobligationen) und die Preisregulie­rung von Bankeinlagen und Krediten durch die Festlegung von Maximal­werten ermoglichten es der Fed, die Zinsen im allgemeinen niedrig zu hal­ten und gleichzeitig zu gewahrleisten, daB die Banken zwischen Einlagen und Krediten noch eine eintragliche Gewinnspanne erwirtschaften konnten. Drohte den Banken die Zahlungsunfahigkeit, aktivierte der Staat verschie­dene Mechanismen der Notfallfinanzierung (z.B. Depotversicherungen, Diskontkredite der Fed) und verhiitete auf diese Weise, daB punktuelle fi­nanzielle Instabilitaten zu weiteren Schaden in der gesamten Wirtschaft fiihrten. Die monetaren Kontrollinstitutionen des Staates lieBen durch ein entspre­chendes Management des Kreditgeldes ein Bankensystem entstehen, das in der Lage war, die schuldenfinanzierten Ausgaben seiner Kunden zu tragen und diese Kredite automatisch durch weitere Liquiditatsspritzen zu stiitzen. Diese Monetarisierung neuer Schulden war ein zusatzlicher institutioneller Unterbau filr die Saulen des unvergleichlichen Nachkriegsbooms der 50er und 60er Jahre - die chronischen Budgetdefizite des »Wohlfahrtsstaates«, die Ausbreitung fordistischer Produktionstechniken und die sozialen Nor­men des Massenkonsums, die sich urn groBere Anschaffungen wie Eigen­heime oder Autos drehten. Durch verschiedene Regulationsmechanismen,

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Die Trans/cJrmation des Finanzkapitals 169

etwa selektive Kreditkontrollen und staatliche Subventionen fUr gesell­schaftlich ntitzliche Kreditverhiiltnisse Kredite flir Stu-

wurde die duktiv

daB sie pro­CU~'UVI"Mc"!-,''''',IWL der Industrie

staatlich ge~;tellerter "c"lX,u'htp. be-

gann in den 60er lahren zu als es mit den Gewinnen der amerikanischen Industrie steil bergab ging und ein Produktivitatswachstum zu einer anhaltenden schen Lohneinkommen flihrte. Obwoh! die darauf

der Industrie hatte Vidal in Form wiederholter Phasen finanzieller Instabilitat zum Ausdruck.' Diese kumulative Destabilisierung verlief im wesentlichen entlang zweier Bahnen.

Gewinne und Lahne veranlaBten Produzenten und Konsu­menten, ihre finanziellen Engpasse durch verstarkte Kreditaufnahme weU­zumachen. Die amerikanischen Banken selbst hatten dieser zunehmenden Schuldenaufnahme den Weg geebnet, als sie 1960 diverse Geldmarktin­strumente flir kurzfristige Transaktionen einfijhrten von Industrieun­ternehmen emittierte kurzfristige Schuldtitel, Rtickkaufvereinbarungen, verauBerliche Einlagenzertifikate, Eurodollars), urn ihr Kreditpotential tiber das staatlich regulierte Einlagenvolumen hinaus zu erweitern.2 Doch die verstarkte Schuldenaufnahme von Produzenten und Verbrauchern in einer Zeit rticklaufiger Einkommenszuwachse muBte deren Bilanzen schwachen und zu Problemen beim Schuldendienst filhren. - In den 70er lahren zog die Inflation allmahlich an, und auch die Arbeits-

zu. Der filr diese eher mag durchaus die

Staates in der gewesen sein, besonders seine Haushaltsdefizite seine Funktion als Notfallzahler Beides steht nattirlich

Dc Brunhoff (1 bei der Kredit-

indem sie auf aile die die nationale ten. Dieser monetare Puffer verhinderte brutal ere Schulden- und Detlati-

1m Gegensatz zu den Rezessionen im normalen Verlauf von Wirtschaftszyklen sine! strukturelle Krisen durch den Zlisammcnbruch wcsentlicher sozio-iikonomischer Gleich­gewichte, die Erosion von Institutionen, die Umgestaltung gcsellschaftlicher Verhtiltnisse lind schliel3lich die Transformation des Produktionsapparatcs gekennzeichnet.

2 1965 beliefen sich diese »geborgten« Verbindlichkciten auf 2% del' gesamten Verbind­lichkeiten und des Kapitals del' Banken. 1978 war dieses Verhtiltnis auf 21 % gestiegen.

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170 Robert Guttmann

onsanpassungen, deren massive von ein hervorstechen-des Merkmal fruherer gewesen war. Statt des sen kam es zu einer des Geldes Zwar verhin-derte dieser inflationare ProzeB eine doch fUhrte er dennoch zu

Finanz- und die zerstbrten,

In der zweiten HaIfte der 60er und im Verlauf der 70er Jahre ges die Zinsen relativ hohem Niveau zu wachsende Stuckkosten

wodurch es den Unternehmen erleichtert del'

und ihre die eine so starke Markt­genossen, daB sie uberdurchschnittliche flir ihre

Produkte durchsetzen erzielten in dieser Phase noch

nem nominellen die sich ergaben, wenn

Geld maB als die

ftihrte die Inflation auch zu ei-

Einnahmen,J del' monetaren Disziplin« Brun-

Zeit das auf Kosten des

UtJtJG.'Ulv!\., Schliel3lich setzte die Inflation zwei entgegengesetzte in Gang: steigende Produktpreise in der Industrie und, da

die nominalen Zinssatze in die Hohe getrieben wurden, sinkende Preise fUr

festverzinsliche Wertpapiere: AuBerdem beeintrachtigte die Inflation die da die Kreditnehmer ihre Schulden mit Dol-

lars bezahlen konnten unci die cler Politik des »leichten Geldes« seitens der Zentralbanken nicht durch ent-

zunehmende der immer starker ver-

3 1m Jahr 19)9 machten diesc infiationsbedingten l:luchgewinne 52% del' Gesamtgcwinne (VOl' Steuer) im amerikanischen lndustriesektor aus. Wtihrcncl sie den uDterschwelligen Niedergang cler Profitraten vercleckten, schlugcn cliese fiktiven Gewinne schliel3lich auf die Produzenten wrUck, indem sic die Managementgehiiller, DividcndenausschUttungen unci Steuern kUnstlich autbliesen.

4 Zinsstitze und vcrhalten sich aus mehreren GrUnden gegenltiufig. Wenn die Zinssiitze kUnftige Cashflows starker diskontiert, so daB ihr Wert in der Gegenwart, den Marktwelt von Wcrtpapieren bestimmt, gesenkt wird. DarUber hinalls driicken die Zinssiitze auch die Kosten fijI' jene in die Hohe, die Weltpapiere mit sogenanntcm »Effektenkredit« kaufcn, und schwachcn so die Nachfrage nach Aktien, Staatsanleihen und anderen Finanzpapiercn, Hohere Schuldendicnstkosten drlicken anch die Gewinnprognosen del' Unternehmen und flihren zur Scnkung des Borsenwcrts del' Firmen, Schliefllich werden Aktien in besonderem Mal3e durch steigende Zinssiitzc ge­troffen, da sie im Vergleich zu fcstvcrzinslichen WCltpapiercn weniger attraktiv werden.

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Die Trans/iJrmation des Finanzkapitals 171

schuldeten Kunden schneller als ihre abnehmenden Einkommens-machten sich wahrend der Kon-

1

Zunachst von Bretton Woods - der interna-

Kneg~;re:gm1es des - als die laten-

Nixon sah sich daraufhin gezwungen, im die Garantie der automatischen Konvertibilitat von Gold und Dollar zu wi­derrufen und im Mai 1973 die festen Wechselkurse Unter dem Druck eines sich rasch abschwachenden Dollars beschloB die Fed im Okto­ber 1979, nicht weiter auf Zinssatzen zu beharren und das Wachs­

v'L'UU,",vUV'0 zu bremsen." Der Ubergang von einer

der Wech­der

5 Einc hcrvorragendc Ercilterung dieser immer wiederkehrenden 1I1

cler amerikanischcn Okonomie zwischen [966 uncll982 bielet Wolfson ( 6 Die Fed gab VO!" ihre keynesi::mische zu been den, urn den Status des

Dollar als Wcltgcld zu relten. Dessen Zll diversen bedrohlichcn lnitiati-ven gefiihrt (z.B. der Plan der OPEC, cinen fUr Zahlungen einzufiihren, der IWF-Vorschlag, im Austausch fUr spezielle Zichungsrcchte ein Substitutionsguthaben fUr die Entsorgung tibcrschUssiger Dollars cinzurichten oder die Schaffung des Europai­schcn Wahrungssystems). Die Fed erkannte anch, daB zu jenem Zeitpunkt ihre Bemlihun­gen, die Zinsstitze kiinstlich nicdrig zu halten, ZlI cinern iibenniiJ3igern Wachstllm von Geld- lind Kreditaggregaten fiihrte, die wiedcrum die einheirnischc Inflation Clnheizten.

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172 Robert Guttmann

mit ernsten Folgen fUr die Wachstumsdynamik der Vereinigten Staaten und anderer Industrienationen. Ais die Zentralbanken in den 70er Jahren aufgrund der sich verscharfenden Stagflationskrise gezwungen waren, die staatliche Regulierung der Geldpreise aufzugeben, verloren sie ihr wirk­samstes Instrumentarium, das ihnen bisher erlaubt hatte, den Doppe1cha­rakter des Geldes als offentliches Gut und private Ware wachstumsfOr­dernd einzusetzen. Seither erleben wir dramatische Veranderungen im Zu­sammenspiel von Geld, Kredit und wirtschaftlicher Aktivitat, zum Nachteil von Beschaftigung und Wachstum. Die wichtigsten Krafte hinter diesem ProzeB - Deregulierung des Geldes, hohe Zinssatze als neuer Regulations­mechanismus und die Transformation von Bankkrediten in borsenfahige Wertpapiere - verdienen eine genauere Betrachtung.

2. Die Deregulierung des Kreditgeldes

Wir haben es gegenwartig mit der Entstehung zahlreicher neuer Formen des Giralgeldes zu tun, was den Zentralbanken die Aufgabe erschwert hat, eine angemessene Balance zwischen den widersprtichlichen Aspekten des Geldes als Offentlichem Gut und privater Ware herzustellen. Diese Ent­wicklung begann schon in den 60er Jahren, als die Banken, wie im vorigen Abschnitt erwahnt, »geborgte« Verbindlichkeiten einsetzen, urn Geld­schOpfung und Kreditvergabe tiber ihre staatIich regulierten Einlagen hin­aus zu finanzieren. Seither hat es weitere bedeutsame Entwicklungen in dieser Richtung gegeben: - In den 60er Jahren begann eine wachsende Zahl von Banken, die auBer­halb der Vereinigten Staaten operierten, auf Dollar lautende Konten und Kredite anzubieten, urn die sich abzeichnende globale Dollarschwemme zu absorbieren und zu recyceln. Mit dieser Innovation, dem sogenannten Eu­rodollar-Markt, wurde eine wahrhaft staatenlose und private Form des Gi­ralgeldes eingefUhrt, des sen Emission und Zirkulation innerhalb eines glo­bal integrierten Netzwerks von Banken den nationalen Bereich umging, der von den Zentralbanken kontrolliert wurde. Da nicht mit Regulationskosten verbunden,waren die Eurodollar-Depots und Kredite attraktiver als die re­gulierten einheimischen Angebote. Als sich der Euromarkt in den spaten 60er Jahren auf andere Wahrungen hin diversifizierte, wurde er ein ideales Parkett fUr Devisenspekulationen, die schlieBlich dazu beitrugen, das Sy­stem von Bretton Woods zu Fall zu bringen. AuBerdem konnten andere re­gulatorische Beschrankungen, etwa Kapitalkontrollen oder die Maximal­zinssatze der Fed fUr inlandische Depositen, von nun ab durch die Umlei­tung tiber den nichtregulierten Euromarkt vermieden werden. - Die Abschaffung von Preiskontrollen und von Produktbeschrankungen fUr US-Banken in den frtihen 80er Jahren lieB eine neue Generation von

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Die TransfiJrmation des Finanzkapitals 173

zinstragenden Geld- und geldnahen Einlageformen entstehen. In dem Ma-wie diese neuen Formen des Giralgeldes verzinsliche Kontokor-

Einlagenkonten fUr den Transaktions- und Investi-tionsinteressen haben sie eine auGerst hohe sich auf unvorhersagbare Weise auf ihren und auf ihre Umlaufgeschwindigkeit auswirkt. Diese Instabilitat hat eine akkurate Orientierung der Zentralbank an den inlandischen zahlen erschwert 1989). - Hinzu kommt, daB die einst sichere Monopolkontrolle der Zentralbank tiber den die fUr ihre zum zentra! ist, in den letzten Iahren durch die rasche Verbreitung privat betrie­bener Zahlungsverkehrssysteme bedroht wird. Die Bankenkonsortien ha­ben sich die Revolution in der Computer- und Kommunikationstechnolo­gie zunutze gemacht und automatisierte Clearingstellen eingerichtet, urn ihren Kunden eine schnell wachsende Auswahl an Dienstleistungen im Cashmanagement anbieten zu konnen. Die wichtigste davon ist das gigan­tische Clearinghouse Interbank Payments System (CHIPS) fUr den Euro­markt und andere internationale Transaktionen. Die rasche Verbreitung relativ unregulierter Geldformen und Zahlungsver­fahren hat den Warenaspekt des Geldes noch verstarkt. Nicht nur wird die globale GeJdschopfung heute viel starker yom Profitmotiv der Banken und ihrer Kreditkunden angetrieben, auch das Geld selbst unterliegt der Pro­duktentwicklung und dem technischen Fortschritt. Von besonderer Bedeu­tung ist in diesem Zusammenhang die Entwicklung des elektronischen Geldes. Seine gegenwartigen Erscheinungsformen, etwa Bankautomaten, »intelligente« Kreditkarten, Computersoftware fUr personliche Banktrans­aktionen oder sogar das in der Entwicklung befindliche System des »elektronischen Schecks« flir E-Mail sind auf die eine odeI' andere Art immer noch mit dem von der Zentralbank betriebenen Scheckverrech­nungsmechanismus verbunden. Bisher stellen sie noch keine existentielle Bedrohung flir die der Nationalstaaten zum dar. Doch diese Lage wird sich mit der anstehenden del' ersten Schuldenregelungs- und Uberweisungsverfahren im weltweiten Internet bald and ern (Business Week 1995). Die Einflihrung von Cybercash, einer neuen Stufe in der Evolution des elektronischen Geldes, wurde nicht zuletzt durch die jiingsten Fortschritte im Bereich der Verschltisselungssoftware ermoglicht, die Vertraulichkeit und Sicherheit der durch das Internet getatigten Geldtransfers gewahrlei­stet.7 Mangels einer wirksamen Offentlichen Kontrolle dieser Technologie

7 In jiingster Zeit aufgedeckte Betrugsftille zeigen, daB in Sachen Verschhisselungstechnik nach einige Probleme zu lasen sind.

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174 Robert Guttmann

werden verschliisselte Cybercash-Transaktionen die staatlichen Bemiihun­gen im Kampf gegen Steuerhinterziehung, organisiertes Verbrechen und Betrug vor vertrackte Probleme stellen. Das Zahlungsverkehrssystem wird verstiirkt privatisiert, wodurch die Fahigkeit der Zentralbanken einge­schrankt wird, Schopfung und Zirkulation des Geldes zu steuern. Dieses Problem wird besonders akut werden, falls die Cybercash-Transaktionen eines Tages durchgefUhrt \:Verden konnen, ohne daB zwischen den Banken Tranfers von Reserven stattfinden, die die Zentralbank kontrollieren konnte. Dies wiirde fUr den gegenwartigg stattfindenden Wandel der Geld­form von der Papiernote zur nichtregulierten Computereingabe einen ent­scheidenden qualitativen Sprung nach vorne bedeuten. Durch die Entwicklung des Cybercash wird die interessante Frage aufge­worfen, wie ein solches Regime des globalen elektronischen Geldes regu­liert werden wird. Ein zu hohes MaB an Privatisierung und marktformiger Regulierung des Geldes wiirde unsere Okonomien instabiler machen. Be­reits jetzt konnte man schon die Erfahrung machen, daB eine nur begrenzte Deregulierung des Geldes und der Bankentatigkeit die Instabilitat deutlich verscharft hat. Durch die EinsteIlung der PreiskontroIlen wurden die ame­rikanischen Banken gezwungen, viel aktiver urn Fonds zu konkurrieren und die Zinsen auf Einlagen in die Hohe zu treiben. Da die Finanzierungs­queIlen teurer wurden, versuchten die Banken ihre Profitmargen zu halten, indem sie die Gelder in ertragreichere, zugleich jedoch riskantere Anlagen investierten. Das Ergebnis war, wie sich anhand der hohen Verluste bei Krediten an Bautrager, Farmer, Entwicklungslander, fUr Management­Buyouts, Junk bonds und Handler in Staatstiteln zeigt, daB in den 80er Jah­ren eine ganze Reihe von Banken in Schwierigkeiten geraten sind. Auf­grund des verschiirften systematischen Risikos im Bankensektor (Aglietta 1991) sah sich die amerikanische Regierung zu NotfaIlfinanzierungen ge­notigt, urn das Problem der wachsenden Zahl und der zunehmenden GroBe der Bankzusammenbriiche einzudammen. In dem MaBe also, wie die Deregulierung des Kreditgeldes die Instabilitat des Bankensystems verstarkt, sind die Regierungen gezwungen, den Cha­rakter des Geldes als offentliches Gut zu gewahrleisten und die in Schwie­rigkeiten geratenen Banken zu retten. Ungliicklicherweise fUhren solche Notfallzahlungen zu weiterer Instabilitat. Sobald die Banker einmal begrif­fen haben, daB sie im FaIle des Scheiterns automatisch auf die Hilfe der Regierung setzen konnen, werden sie moglicherweise auf noch riskantere Strategien setzen. Dieses Problem des moral hazard allein verweist schon auf die potentieIlen geseIlschaftlichen Kosten der Bankenderegulierung, die zur notwendigen Voraussetzung hat, daB der Staat einspringt, sobald sie in Schwierigkeiten geraten. Sinn voller ware es, das Bankensystem von vornherein durch angemessene Regulierung stabiler zu halten. Die Regie-

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Die TransjiJrmation des Finllnzkapilais 175

mit einem neuen rungen werden daher fruher oder chanismus aufwarten mussen, der die des elektronischen Geldes und der transnationalen ~U.H"v""UU.F,"vH

Zinssatze als

Die zunehmend schaft

der Wirt-

von drastisch ho­die Banken selbst fUr Routinetransaktionen

ist das Geld der Geschaftsbanken viel teurer da sowohl die Zinsen auf wie auf Kredite seit ihrer 1980 be-trachtlich sind. Indem die US-Banken in Weise zu Krediten mit variablen Zinsen ist es ihnen

Teil ihres Preisrisikos auf die Kreditkunden abzuwalzen. An­von Produzenten und Konsumenten von Kredi-

die Wahrscheinlichkeit monetar wie wir sie Anfang der 90er Jahre schon erlebt ha­

war allerdings der Ubergang zu hoheren »realen« inflationsbereinigten) Zinssatzen nach der Zweifellos wurde dieses globale Phanomen durch haben und eine auBerordentlich starke die Hauptursache daftir war die

zugunsten der der die Machtbalance in den verschoben wurde. Als Kinder del' Inflation der 70er Jahre und der Kreditverluste in den 80er Jahren fordern Banken und Inhaber von Anleihen viel hohere Risiko- und fUr ihre Gelder.

Aufmerksamkeit seitens der Hetzel

die Geldbesitzer hinaus erwarten konnen.

()n,nmiPIl berechnen es, indem sie die herrschenden Inflationsraten von den nominalen

hier zhhlt sind die Inf1ation und

werden zwar sicherlich von doch ebenso auch von vielen anderen Faktoren. Die

Inf1ationsrate ist daher kein Es macht mehr den »realen« Zinssatz als einen Ausdruck fUr die Bezie-hungen von und Schuldnem zu der die kollektiv deten einer Gruppe Kreditgeber) einer unge-

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176 Robert Guttmann

wissen Zukunft widerspiegelt und deren Macht, diese Einschatzungen ei­ner anderen Gruppe (den Kreditnehmern) aufzuzwingen.8 Das hohe Zins­niveau seit 1981 kann daher als Folge der Deregulierung betrachtet wer­den, die es den Kreditgebern ermaglicht hat, standig hahere Inflations- und Risikopramien zu verlangen im Vergleich zu jener Zeit, als ihre Preisbil­dung noch staatlichen Beschrankungen unterlag. Diese Verlagerung der Marktmacht hat zu einer Umverteilung der funktio­nalen Einkommensanteile zu Lasten von Lahnen und Gewinnen und zu­gunsten der Zinseinkommen gefuhrt und zugleich die Einkommens- und Wohlstandsunterschiede zwischen Besitzern und Nichtbesitzern von Fi­nanzanlagen verscharft.9 Eine so1che Polarisierung hat zumeist negative Folgen fur das Wirtschaftswachstum und die politische Stabilitat, beson­ders wenn die Umverteilung die Besitzer produktiver Ressourcen (Ar­beitskraft, Produktionsanlagen) benachteiligt und die Kreditgeber begun­stigt, die bestenfalls indirekt zur Wertschapfung im ProduktionsprozeB beitragen. Wir magen durchaus Grund dazu haben, diese Wiederkunft der »Rentiers« als eine parasitare Tendenz des Kapitalismus zu verurteilen, die im Gegensatz zur Voraussage von Keynes (1936) nicht allzu lange unter­druckt werden kann. Ich glaube jedoch, daB ein so1ches Argument zu sehr auf der angenommenen Unproduktivitat des Zinseinkommens beruht. Ver­braucher, Produzenten und Regierungen sind starker denn je abhangig von der Fremdfinanzierung ihrer Ausgaben, und diese schuldenfinanzierten Ausgaben spiel en weiterhin eine bedeutende Rolle in der Schapfung und Realisierung von (Mehr-)Wert. Deshalb begreife ich die erhahten Zinssat­ze seit 1980 in der Tradition der Regulationstheorie als eine neue Regulati­onsform fur ein im Ubergang befindliches Akkumulationsregime, ver­gleichbar mit den brutal en Preiskriegen und Fusionswellen beim Ubergang von einem kompetitiven zu einem national-monopolistischen Akkumulati­onsregime urn die J ahrhundertwende. - Erstens spielen bestimmte Zinssatze, wie die »prime rate« (der Kredit­zinssatz fUr Vorzugskunden) oder die Renditen der Industrieschuldver­schreibungen eine wichtige Rolle bei der Bestimmung des Mindestertrags, der eine unternehmerische Investition als profitabeI erscheinen laBt. Rohe Zinsatze fUhren daher am ehesten dazu, die Investitionstatigkeit der Indu­strie zu dampfen. 1O

8 Sowohl Marx (1894) aIs auch Keynes (1936), aus meiner Sicht die beiden bedeutendsten Geldtheoretiker, haben die Auffassung vertreten, daB die Zinssiitze, und damit auch die Aufteilung der Einkommenszuwiichse in Zins und Profit, von den Machtbeziehungen zwischen den beiden Seiten des Kreditsystems abhiingen.

9 Zur dramatischen Polarisierung der Einkommen und der Reichtumsvelteilung in den Vereinigten Staaten der 80er Jahre siehe E. Wolff (1995).

10 Die hohen realen Zinssiitze der 80er und friihen 90er Jahre waren ein globales Phiinomen. Osler (1994) hat gezeigt, daB diese hohen Zinsen die Investitionstatigkeit im Privatsektor

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Die Transf(Jrmation des Finanzkapitais 177

- Hinzu daB nentiellem AusmaB diskontiert und daher

die entscheidend sein konnen. - Da hohe Zinssatze die Kosten des Schuldendienstes

se Situation ist die Ursache nehmen und den Druck auf Gehalter und in vielen amerikanischen wahrend des ietzten Jahrzehnts. - Teures Geld fordert wegen der damit verbundenen das Horten von Finanzmitteln. In diesem Sinne haben viele amerikanische Unternehmen die ihres ra­dikal verkiirzt und ihre

zu investieren. daB die hohen Zinsen die Unternehmen dazu veranlaf.lt

schen

Profite ihre auszubauen. Durch diese

wurde das

schen Wirtschaft betrachtlich verschoben. Die der unternehmerischen Produzenten

die ihre Portfolios

ment keit einer Wirtschaft von der Kosumbediirfnisse hinaus Potential von Arbeitskraften

Volumen der dies bestenfalls

zwi­in der amerikani-

ziehen sie

in allen grol3en Industrienationen abschwachte. Seinen Schiitzungen zufolge kappten die hohen realen Zinsen den in den G-7-Uindcrn (die USA nieht gercchnct) zwischen 1990 und 1993 lim etwa 2,5% 4,5% im Jahrcsdurchschnitt.

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178 Robert Guttmann

Mittel aus dem Investionen verwenden. Die U""M"Ulj,U

die zuallererst zu dieser Flucht der Unternehmen in Fi­wird dadurch nur noch verschlimmert - ein ge­

der uns ein lahrzehnt der und wachsender Armut hat.

4. Die V orherrschaft des fiktiven A"<ll"l'''"''U''

Marx hat schon vor einem Jahrhundert (1 zwischen zwei Formen des dem und

aus was er als handelbaren auf deren Wert nur die ''k''fJlLall''HA erwarteten Einkommens darstellte und nicht direkt Als wesentliche

Formen sind inzwischen noch um wichtiger geworden als zu Marx' Zeiten. Seit damals haben sich viele groBe Firmen in

und die Borse ist zu einer wesentlichen Triebkraft fUr die sion von Unternehmen und die Der Markt fUr dessen dramatische eines halben lahrhunderts wachsender Haushaltsdefizite in den meisten 1n­dustrielandern bietet den lnvestoren heute ein hochst und rela-tiv risikofreies fUr Barmittel. Zwar be-zeichnte Marx nur den Teil des der nicht durch Goldreserven solchen Geldform

war, doch heute wird ausschlief:\lich mit einer

Auf den ersten Blick mag es ein yes zu bezeichnen. Eine genauere

daB Marx durchaus recht hatte. Geld ist offensichtlich eine Form des del'

da allen Investitionen daB Geld in

Grunde

II Hayck (1939), am anderen Ende des ebcnfalls 'lIs fiktivcs Kupital (vgl. dazu

Zukunft mehr davon einzunehmen. dar. Wie schon ge-

daB Banken ihre iiber­Geld nicht aus genau diesem

nicht fiktives

Spektrums, betrachtcte dus Kreditgclcl Bmnhoff, 1990).

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Die TransjiJrmation des Finanzkal'itais 179

durch einen der bloSe ein von ihrem Emissionsort aul3erhalb des Marktes an Kreditneh­

in deren minden sie zu Geld werden. Doeh diese namlieh anzunehmen und Kredite zu ver-

n"fJ "',u 0 , insofern Geld aus schon vo[­wird. Ein

einen anderen der verliehen wird. Unter ei-vU<Ll',v,e,vo wird ein Grol3teil des

chen Akkumulation von mehr del' Charakter fiktiven Kaufe von die Geschaftsbanken mit Reserven ausgestat-tet dem Rohmaterial des der Banken. Wir haben uns so mit den Modalitaten des KreditgeJdes weil diese Form des Geldes sowohl als auch fiktives

vorfindliehe KrafteverMltnis beider Formen des Fi­des Geldes abo In den

als nieht von Geschaftsbanken und

12 In den inflationaren 70ern boom ten die die das Konsumniveau Einkommen halten und die oben erwahnten nominalen des

wahrend die Aktien- und Rentenmarkte nominaler Zinsen auf die

Abschnitt 1). Doch nach einem lahrzehnt del'

von Aktien und Anleihen gegen Ende der dazu noch ein betraehtliehes Zinssatze mit den

12 In andcrcn lnclnstrieliindern (z.B. Frankrcich, Deutschland, Japan) gab cs diese Trcnnllng nicht oder in AusmalL Dart kOl1llten die Banken allch mit staatlichcn Wertpa-picren handeln; war es ihnen sagar erlallbt, sawahl Kreditgcber als aueh An-teiiseigner van Unternchmcn zu sein. Die daralls entstehendc enge Beziehung von Ban­ken lind lndustricuntcrnehmen, die Hilferding (1985) als Fil1anzkal'ilai charakterisicrte, flihrtc Zll sHirker kallzentrielten Markten flir staatliche Anlcihen als in clen USA.

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]80 Robert Guttmann

Inflationsraten der 80er Jahre allmahlich zuriickgingen. Unter dies en Be­dingungen iiberraschte es nicht, daB die Finanzmarkte nach 1982 formlich explodierten, angeheizt durch den immer ziigiger betriebenen industriellen Strukturwandel in Gestalt von Fusionen, Aufkaufen und »feindseligen« Ubernahmeangeboten an der Borse. Wahrend GeJdanleger inzwischen eher Wertpapiere kaufen als Darlehen zu vergeben, wird zunehmend auch Unternehmen klar, daB sie sich lieber mit unpersonlichen Markten abgeben als mit naseweisen Kreditsachbearbei­tern. Die jiingsten Neuerungen, wie Junk bonds, Handel in Aktienpaketen und Privatplazierungen, haben den Zugang von Unternehmen zum Wert­papiermarkt als Finanzierungsquelle weit geoffnet. Der WertpapierhandeJ gewann auBerdem neuen Schwung durch die Revolution in der Computer­und Kommunikationstechnologie, die das InformationsmonopoJ der Ban­ken brach, indem sie die Unternehmens- und Marktdaten zuganglicher machte und die Effizienz der Finanzmarkte hinsichtlich Volumen und Transaktionsgeschwindigkeit dramatisch verbesserte. Diese Praferenzver­lagerung von den Darlehen hin zu den Wertpapieren hat die Position der Geschaftsbanken im Kreditsystem untergraben und den Finanzinstitutionen Vorteile eingebracht, die stark im Wertpapiermarkt engagiert sind, insbe­sondere Investmentfonds und Pensionskassen.

Tabelle 1: Marktanteile (in Prozent) der Finanzinstitutionen in den USA

1948

Geschaftsbanken 55,9 Investmentfonds 1,3 Pensionskassen 3,1 Wertpapiermakler/handler 1,0

1960

38,2 2,9 9,7 1,1

1970

37,9 3,5

13,0 1,2

1980

34,8 3,6

17,4 1,1

1993

25,4 14,9 24,4

3,3

Die Geschaftsbanken, mit dem rapiden Verfall ihrer Kreditvergabe an Un­ternehmen konfrontiert, beschlossen, sich diesem Trend anzuschlieBen. Ih­re Reaktion hatte viele Facetten und trug entscheidend dazu bei, die Um­wandlung von Krediten in Wertpapiere (»Verbriefung«) im VerJauf der letzten zehn Jahre zu beschleunigen. Zunachst einmal investieren die Ban­ken verstarkt in Wertpapiere. Sie packen auBerdem einen wachsenden An­teil ihrer Kredite in Wertpapiere (z.B. Pfandbriefe, auf die monatIiche Zinszahlungen erfolgen), was den doppelten VorteiI hat, daB das Risiko auf andere iibertragen und der Umschlag der verliehenen Mittel beschleu­nigt wird. Selbst in Landern, in denen sie bisher durch reguIatorische Bar­rieren daran gehindert waren, sich direkt an den Wertpapiermarkten als MakIer, Handler oder Emissionsbanken zu engagieren (z.B. in den USA), haben Geschaftsbanken indirekte Wege ausfindig gemacht, yom Boom im

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Die Trans/f)rmation des Finanzkapitals JRl

zu indem sie als von Investoren und Zwischenhandlern an dies en Markten auftreten. Gleichzeitig ist es ih­nen gelungen, die regulatorischen systematisch zu umge-

so daB heute die amerikanischen Geschaftsbanken letztlich Invest­mentfonds verwalten und das ben konnen. Diese Aktivitaten sind als sowie schwer ,uu""u",",,

lukrative Geschaftsgewinne. Wie aus Tabelle 2 ftir Geschiiftsbanken in allen Landern

sehr haben beide

zusehends an

Tabelle 2: Aktivitatswandel der Geschtiftsbanken

Banken als Geldgcber an nieht am Finanzmarkt Beteiligte Anteil der von Banken gefiihrten Investmentfonds Anteil der Nicht-Zinseinnahmen an den Gesamteinnahmen der Banken

1974 1994

35,7% 7,0%

22,6% 24,2%

21,5% 34,3% Quelle: Kaufman und Mote (1994)

Das wachsende Engagement der Geschaftsbanken in den Wertpapiermark­ten war ein entscheidender Faktor flir die Entwicklung der Vorherrschaft des fiktiven Kapitals. Denn erstens flihrte es dazu, daS gegenwartig viel Geld in die Wertpapiermarkte f1ieSt, auf dem Weg tiber revolvierende Bankkredite und Kreditlinien flir institutionelle Investoren (z.B. Invest­mentfonds, Pensionskassen), Makler, Emissionsbanken und die Emittenten selbst. Indem sie verschiedene Marktakteure mit Geldern versorgen und selbst verstarkt Wertpapiere ankaufen, machen die Banken verschiedene Finanzmarkte und damit sicherer. Ihr Geldangebot hat es auch leichter gemacht, Wertpapierkiiufe tiber Schuldenaufnahme zu finanzieren. Dieses sogenannte leveraging vervielfacht die Gewinnmoglichkeiten im Wertpapierhandel, indem es den investierten Anteil des eigenen Kapitals verringert. Schlie81ich untersttitzen die Geschiiftsbanken den Einsatz von Wertpapieren als Nebenbtirgschaft fUr Kredite, mit denen zusatzliche Wertpapierkaufe finanziert werden, ein Verfahren, das es den Investoren erlaubt, gewaltige Borsenpositionen mit sehr wenig eigenem Kapital auf­zubauen. Ein auBerst wichtiger Aspekt des Engagements der Geschaftsbanken in der Verbreitung des fiktiven Kapitals war die Entwicklung neuer Instrumente

13 Kaufman und Mote (1994) haben gezeigt, daB die zunehmende Bedeutung der Gebtih­renertrage fur die Geschaftsbanken ein globales Phanomen ist, das in anderen Ltindern (z.B. GroBbritannien, Schweiz) noch ausgepragter ist.

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182 Robert Guttmann

zur gegen die schwankende Weehselkurse den 70ern verursachten. Wir an Finanzmarkten Devi­

und andere Sorten von Derivaten. Die

und Zinssatze nach ihrer meinen hier insbesondere die

Risiken der einzelnen Portfolios UH;""'-"JLUJ

filr

deren und

das Preisverhalten wobei Gewinne bei

wurde kor-

sieh stark in Derivaten. 1m Iuli 1995 berichte-Review der New Yorker Federal Reserve daB

amerikanischen Geschaftsbanken Ende 1994 eine

amerikanischen De­filnf Investmentbanken

Diese Summe nommenen zugrundeliegenden das tat­sachliche Kreditrisiko der Handler bei diesen Transaktionen betragt nur ei­nen Bruchteil davon und bei den sieben groBten Banken zusammen­genommen bei wahrseheinlieh nieht mehr als 200 Milliarden Dollar. Den-noeh haben sieh die Derivate zu einer fur die GroBbanken in den Finanzzentren die 1994 zwischen 15% und 65% ihrer ausmaehten. Die betrachtliche Flexibilitat von Derivaten hat dazu

von einem Inflation in Boomzeiten auftrat und meist wieder ver­

wenn sich die Kurve schen Praxis entwickelt

Finanzinstitutionen und einzelne und dies ist die Sorte Investition hinter der

des fiktiven der Differenz zwischen Verkaufs- und

Kommissionen und Gebuhren Das Wachstum der drastischer als an den

als fiktives seine bisher entwickeltste Gestalt angenommen hat. Nach der Ein-

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Die Trans/()rmation des Finanzkapitals 183

flihrung der marktbestimmten (»fIexiblen«) Wechselkurse im Jahr 1973 wurden die Devisenpreise instabiler. Unternehmen und Finanzinstitutionen brauchten nicht lange, bis sie diesen wechselhaften Markt in ein Parkett flir groBdimensionierte Absicherungsoperationen und Spekulationsgeschafte verwandelt hatten, die entweder tiber Devisen-Futures oder tiber den welt­weiten Interbanken-Markt, mittels CHIPS, abgewickelt wurden. Heute be­laufen sich die Devisentransaktionen auf durchschnittlich 1400 Milliarden Dollar tliglich (!), von den en hOchstens 15% den Handel und langfristige Kapitalstrome betreffen. Der Rest ist sogenanntes hot money, kurzfristige Engagements, mit denen Portfolios gegen Preisrisiken abgeschirmt oder aus korrekt erwarteten WechselkursfIuktuationen Gewinn geschlagen wer­den soIl. Der massive Druck dieser Spekulationen hat die weItweite Ab­schaffung von Kapital- und Devisenkontrollen erzwungen, und diese Libe­ralisierung der Kapitalstrome tiber die Grenzen hinweg hat dem Handel mit diesem »heiBen Geld« wiederum deutlich stlirkeren EinfIuB auf die Ent­wicklung der WeItwirtschaft verschafft. Spekulanten, die gleichsinnig vor­gehen, konnen die fortwlihrenden Zahlungsbilanzungleichgewichte und den ansteckenden Charakter kommunizierter Meinungen und Signale in diesem sich schnell verlindernden Markt zu ihren Gunsten nutzen: Wenn sich bestimmte Kurserwartungen rasch verallgemeinern, kann die Flihig­keit der Zentralbanken, ihre Wahrungen zu verteidigen, untergraben wer­den, was wiederum zu dramatischen Anderungen in der Wirtschaftspolitik der unter Druck geratenen Regierungen flihren kann. Das Geld unter sei­nem Aspekt als private Ware bricht sich hier am gewaltsamsten Bahn (Aglietta, Orlean 1982), da Banken und Unternehmen Devisen wie Waren handeln und dabei kurzfristige Wetten auf okonomische Leistung und Wirtschaftspolitik der Nationalstaaten abschlieBen. 14

Die unwiderstehliche Anziehungskraft der Devisenspekulation und anderer Optionen, die das fiktive Kapital eroffnet, besteht darin, daB sie verhlilt­nismliBig isoliert yom Rest der Okonomie betrieben werden konnen. Das Leihkapital hangt dagegen direkt von den Gewinnen der Unternehmen und anderer Darlehensnehmer ab, da sein Zinsertrag aus diesen Gewinnen ge­speist wird. Dagegen wird fiktives Kapital, obwohl es sich von der »realen« Produktionssphare nahrt, nicht in das produktive Kapital der In­dustrie investiert. Da es nicht in dem MaBe wie Kredite im Produktionsap­parat des Industriekapitals kristallisiert und festgehaIten wird, zirkuliert das fiktive Kapital mit einem viel hOheren Freiheitsgrad und ftihrt in diesem ProzeB, wie Marx sich ausdrtickt, mehrere Leben. Seine Verbreitung ist der

14 Filr eine exzellente Darstellung der Operationweise von Devisenmarkten unter der Vor­herrschaft des »heiBen Geldes«, im Gegensatz zu den Aussagen der Standardtheorien tiber flexible Wechselkurse, siehe Plihon (1994).

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wesentliche Grund, weshalb das Verhaltnis von Finanztransaktionen zum amerikanischen Bruttoinlandsprodukt von 15:1 im Jahr 1970 auf 30:1 in 1980 und 78: 1 in 1990 angestiegen ist. Dieser Trend hat sich in den letzten Jahren noch beschleunigt, denn das Vervielfachungspotential des fiktiven Kapitals hat mit der Einftihrung der Derivate betrachtlich zugenommen. Das aus fiktivem Kapital flieBende Einkommen - ob nun Kapifalgewinne von Investoren oder Gebtihren und Kommissionen, die von den Zwischen­handlern an den Wertpapier- und Devisenmarkten erhoben werden - ist da­her weniger den Fahrnissen des Industriekapitals ausgesetzt. Heutzutage konnen Spekulanten sogar von sinkenden Wertpapier- oder Devisenpreisen profitieren, vorausgesetzt, sie haben den Niedergang vorausgesehen und die richtigen Strategien gewahlt. Doch ware es ein Fehler zu glauben, daB fiktives Kapital vollkommen im­mun sei gegen das Schicksal der tibrigen Wirtschaft. Es besitzt eine nur relative Autonomie. Die wiederholten ZinserhOhungen der Fed im Jahr 1994 zum Beispiel lasteD betrachtIiche Verluste bei Kurssicherungs- und anderen Fonds aus, die Derivate zur Spekulation auf anhaltend niedrige Zinssatze verwendeten. Und wenn die Aktienkurse in Erwartung einer Re­zession riicklaufig sind, konnen sie durch computergesteuerte Transaktio­nen mit Index-Futures durchaus noch weiter nach unten gedriickt werden. Darin Iiegt vermutlich die groBte mit dem fiktiven Kapital verbundene Ge­fahr. Sobald des sen Akteure schlechte Neuigkeiten erfahren, neigen sie zur Uberreaktion und handeln dann aIle nach derselben Logik. Ihre kollektive Flucht auf sicheres Gebiet kann fiktives Kapital durch eine massive Defla­tion der Anlagewerte so schnell zerst6ren wie es geschaffen wurde. Wenn wir eine so1che Entwertung von fiktivem Kapital beobachten, soIIten wir genau verfolgen, wie die dabei erzeugten Verluste sich auf das Kredit- und das Industriekapital ausbreiten. Angesichts der mehrfachen Uberlagerung von Kredit- und Wertpapier­transaktionen, die charakteristisch fUr die gegenwartige Form des fiktiven Kapitals ist, haben Verluste, die irgendwo in dieser spinnennetzartigen Struktur auftreten, in zwischen viel starkere Uberlauf- und Ansteckungsef­fekte. Wir mtissen uns nur an den globalen Borsenkrach yom Oktober 1987 erinnern oder an die weltweiten Folgen des Zusammenbruchs des mexikanischen Peso in jtingster Zeit (Kapitalflucht aus anderen »sich ent­wickelnden« Markten, beschleunigter Niedergang des Dollars), urn uns ein Bild von diesen Zusammenhangen zu machen. Bis jetzt wurden diese Kri­sen von den Zentralbanken wirksam bewaltigt, indem zusatzliche liquide Mittel in die Finanzmarkte gepumpt wurden, bevor die St6rungen der Kreislaufe auBer Kontrolle gerieten. Durch so1che Kriseninterventionen werden Verluste vergeseIIschaftet, indem sie tiber einen groBeren sozialen Raum verteilt oder zeitlich in die Lange gezogen werden.

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Die Tran.~f()rmati()n des Finanzkapitals 185

5. Fiir ein nenes monetares Regime

Der hier entwickelte theoretische Ansatz verleiht dem Geld und den Mo­dalWiten seiner Einbettung eine zentrale Rolle in der Analyse der Wachs­tums- und Verteilungsmuster entwickelter kapitalistischer Gesellschaften. Die Integration des Geldes in die Wirtschaft muB aufgrund seiner wider­sprtichlichen Eigenschaften als offentliches Gut und als Ware angemessen gesteuert werden. In dem MaBe, wie ein so1ches Management den Wider­spruch effektiv im Zaum halt, hat es auch eine Chance, das Bankensystem stabil zu halten und das Finanzkapital wachstumsfOrdernd zu mobilisieren. Das Problem, mit dem wir gegenwartig konfrontiert sind, besteht darin, daB das Nachkriegsregime staatlich gesteuerten Kreditgeldes wahrend der Stagflationskrise der 70er Jahre zusammenbrach und daB bis heute kein brauchbares Regime an seine Stelle getreten ist. Als die Regierungen der Deregulierung der Wechselkurse (1973) und der Zinssatze (1979/80) zu­stimmten, setzten sie machtige destabilisierende Marktkrafte frei. In ra­scher Foige entstanden neue Formen des Giralgeldes, die die Effektivitat der Geldpolitik und der Bankenregulierung untergruben. Der Warenaspekt des Geldes trat in den Vordergrund, destabilisierte das Bankensystem und lieB nur noch ein schlechteres (ex post) Management des Geldes als Of­fentliches Gut zu, namlich die Notfallfinanzierung. Die deutliche Erhohung der deregulierten Zinssatze entwickelte sich auf globaler Ebene zu einem neuen Regulationsmechanismus, der die Kapitalallokation und den indu­striellen WandlungsprozeB steuerte. SchlieBlich begtinstigte die charakte­ristische Unbestandigkeit der marktbestimmten Zinssatze und Wechselkur­se einen qualitativen Sprung in der Evolution des fiktiven Kapitals, vor al­lem in Gestalt massiver Finanzspekulationen, ein Trend, der durch die oben erwahnte Umwandlung von Krediten in Wertpapiere und die Kom­modifizierung des Geldes weiter angeheizt wurde. Diese Entwicklungen haben nachweislich das langsame Wachstum und die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit verstarkt, Probleme, von denen die mei­sten Industriestaaten seit tiber einem Jahrzehnt beherrscht werden. Mangels eines tragfiihigen monetaren Regimes stand die Regierungspolitik weitge­hend unter der Fuchtel von Finanzinstitutionen, die heute in der Lage sind, ihre Praferenzen fUr niedrige Inflation, hohe »reale« Zinssatze, die Redu­zierung der strukturellen Haushaltsdefizite und Marktderegulierung dem Rest der Gesellschaft aufzuzwingen. Ftir diese Prioritaten machen sich meist auch noch andere politisch einfluBreiche Organisationen und Grup­pen stark: unabhangige Zentralbanken, Finanzmanager von Industrieunter­nehmen, die fUr groBe Wertpapier- und Devisenportfolios verantwortlich sind, die »Babyboomer«-Generation der Nachkriegszeit, die sich allmah­lich urn ihre Rticklagen zur Alterssicherung Sorgen macht, und aufstreben-

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]86 Robert Gultmann

aus dem stabilen Bereich der der Finanzmarkte da sie nun zu

iichkeiten die einst den Reichen vorbehalten waren.1S welche die Priiferenzen dieser Koalition mi13achteten und andere

lrt:;ctmttspioljltls:che Ziele wurden durch massi ve sie zum Kurswechsel zwangen

auf eine Politik der »harten hohen Zinssatzen und fiskalischer Austeritat

mit sie die

Eine solche Politik Akkumulation des setzt die Gtiter- und Ressourcenmarkte einem starken deflationaren Druck aus, der zwar einen Umbau der Industrie mag, der

mit hoher struktureller und Einkom-men die nicht an den Finanzmarkten erkauft wird. Diese Trends werden sich noch dramatischer auswir-

sobald die Politik damit der Nach-

ren

der Technik und neuer industrieller

konnen diesem Dilemma nur wenn sie das zwischen dem Geld als offentlichem Gut und als

Ware wiederherstellen und damit das

schaftliche

der Finanzinstitutionen und und schlieBlich internationale monettire

und Ab-

15 Die letztgellullllte Gruppe ist der stmkturellcn Anderungcn am Arbeitsmarkt stark gewachsen: In den USA ist Antcil der »White collars«, (Bliroungestelltc lind Sclbstiindige) an der Gesamtzahl der Bcschaftigtcn von 19,7% in 1973 auf 27,4% (d.h. 34 Millionen) zwei Jahrzehntc spater gestiegen. Uber 40 Millionen Amerikaner besitzen hcute Anteile an Investitionsfonc\s, achtmal soviel wie 1977. Fast 40 Millionen sind an privaten, investitionsorientiertcn Altersversorgllngsfonds beteiligt, mehrere Millionen ha­ben Aktienoptionen. Fast 17 Millionen Hallshalte dekbrierten 1992 Kapitalgewinne, dreimal soviel wie 1960. Mehr als 40% dieser Investoren geh6rten der solidcn Mittelklas­se an und verdienten 30.000 bis 75.000 Dollar irn lahr.

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Die Tran,~fi)rmafi()n des Finanzkapitals 187

wicklung von Zahlungsverpflichtungen der Nationalstaaten (Guttmann 1990; 1995). Werfen wir also einen Blick auf das, was Politiker bisher ge­tan haben oder tun soli ten, urn mit der Transformation des Finanzkapitals in eine hochtechnisierte, marktgesteuerte, global integrierte und hochst unsichere Kraft umzugehen, die die Weltwirtschaft umgestaltet.

1) lnternationale monetare Reformen: Sinnvollerweise beginnen wir unse­re Diskussion angesichts der rapide fortschreitenden Globalisierung des Kapitals (Chesnais 1994) mit der internationalen Dimension. Dieser Pro­zeB umfaBt die wachsende Bedeutung des Handels fUr die nationalen Volkswirtschaften, die Expansion multinationaler Unternehmen zu welt­weiten Produktionsnetzwerken, in deren Veri auf ein Industriezweig nach dem anderen die Gestalt eines globaJen Oligopols annimmt, und die spek­takuHiren technologischen Fortschritte, die uns in die Lage versetzen, phy­sische Grenzen zu tiberschreiten. Doch nirgends hat die Tendenz zur Glo­balisierung eine solche Reife erreicht wie auf dem Feld der Finanzinstitu­tionen und -markte. Diese sind inzwischen global weitgehend integriert, eine Entwicklung, die angetrieben wurde von staatenlosem Geld in der Form von Eurodevisen, von weltweiten Cashmanagement-Diensten und Finanzierungstrategien der GroBunternehmen zur Steuerung ihrer ausge­dehnten Produktions- und Verteilungsnetze, von globalen Portfolios der Investmentfonds und Pensionskassen, in den en Ersparnisse aus den Mit­telklassen zusammenlaufen, und von der computergesteuerten internationa­len Verkntipfung der Wertpapiermarkte. Die durchschnittlich 1,4 Billionen Dollar, die - zumeist auf der Suche nach kurzfristigen Gewinnen - taglich durch die Devisenmarkte f1ieBen, lassen deutlich werden, bis zu welchem Grad sich das Finanzkapital global organisiert hat. Wahrend das Giralgeld im Grunde staatenlos geworden ist und sich auf unablassiger Suche nach besseren Ertragen urn den Globus bewegt, beruht unser internationales Wahrungssystem immer noch auf nationalen Wah­rungen, die als Weltgeld dienen. Der US-Dollar ist 25 Jahre nach dem Zu­sammenbruch des Wahrungssystems von Bretton Woods immer noch der Primus inter pares, doch sein Anteil an den internationalen Transaktionen und Reservefonds ist von 90% im Jahr 1970 kontinuierlich auf gegenwar­tig 50% zurtickgegangen. Diese Erosion ging einher mit einer nachhaltigen Abwertung des Dollars gegentiber Mark und Yen, deren Bedeutung als Weltgeld entsprechend gewachsen ist. Obwohl die Investoren einen einzi­gen internationalen Geldstandard stark bevorzugen und an einen solchen Standard daher solange wie moglich festzuhalten geneigt sind, konnte die Entwicklung durchaus zu einem Dreiwahrungssystem aus Dollar, Mark und Yen ftihren. Diese Aussicht ist durch die Bemtihungen der drei Machte wahrscheinlicher geworden, jeweils regionale »EinfluBspharen« aufzubau-

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18R Robert Guttmann

die einnimmt: die JUUil VIU'"

Nordamerikanische Freihandelsabkommmen (NAFTA) auf den

der Handels- und mit seinen asiatischen Nachbarn des Pazifikbeckens. Ein solches

wird vermutlich zu fortlaufenden sungen und Wechselkursfluktuationen Umfangs flihren, da drei BlOcke ungefiihr Starke urn den konkurrieren: ein hochst instabiler Zustand. Vor etwa einem J ahrzehnt emi ttenten aus den G-7 -Staaten

GroBbritannien und

die drei entscheidenden (USA, Japan, Deutschland, Frankreich,

sich auf ein kommendes, starken Schwankungen unterliegendes Mehrwahrungssystem vorzubereiten. Be­deutsam ist vor aHem, daB die G-7-Lander sich im Louvre-Abkommen von 1987 auf abgestimmte Devisenmarktinterventionen ihrer Zentralbanken einigten, um die Einhaltung von Zielkorridoren in Gestalt von 20%­Margen urn die Wechselkurse zu gewahrleisten, die in regelmaBigen Kon­sultationen festgelegt und angepaBt werden. Die Umsetzung dieses Ab­kommens wurde durch die Tatsache beeintrachtigt, daB keine der drei flih­renden Nationen in entscheidenden Phasen bereit war, politisch schwierige und schmerzhafte MaBnahmen einzuleiten, die zu einer besseren politi­schen Abstimmung der G-7-Lander geflihrt und damit ihre Zielkorridore glaubhafter gemacht hatten. GewiB sind die Zentralbanken mit ihren ge­meinsamen Wahrungsmarktinterventionen effizenter geworden, was zeitli­che Abstimmung, Kommunikation und RessourcenzusammenfUhrung an­geht, doch derart begrenzte MaBnahmen haben nur ein kurzlebiges Stabili­sierungspotential, da es an adaquater politischer Koordination und Uber­einstimmung bei den okonomischen Schliisselindikatoren mangelt. SoJan­ge die G-7-Uinder an die Verteidigung ihrer nationalen Souveranitat ge­bunden bleiben - eine Vorstellung, die angesichts der heutigen globaJen Geldstrome Gefahr sich zu iiberleben - werden sie ihre Wirt­

internationaler Aufsicht zu unterwerfen. Ware es wirklich moglich, an hand eines Mechanismus internationaler Po­iitikkoordination die wichtigsten Wechselkurse innerhalb bestimmter Ziel­korridore zu stabilisieren, wUrden die Wechselkursschwankungen und damit ein wichtiger Antrieb fUr die Akkumulation des fiktiven weitgehend eingedammt. 16 Die Spekulation erlahmt einfach, wenn Preise,

16 AuBerdem kiinnte die G-7 neue Restriktionen fUr das »heiGe Geld«, das zwischen Lan­dern und Wahrungen hin- und herflieBt, ausloten und zwar durch weitere Anstrengungen, den Euromarkt zu regulieren, durch Versuche mit strikt eingesetzten Kurs- und Kapital­kontrollen an beiden Enden beabsichtigter Kapitaltransaktionen, oder durch die Umset­zung von Tobins Vorschlag einer Steuer auf spekulative Finanztransaktionen.

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Die Transj(Jrmation des Finanzkapitals 189

in diesem Fall Wechselkurse und relativ stabil sind. Doch se!bst Vorhaben wie die von

auf ein ihrer Wechselkurse durch eine institu-mag am Ende nicht

wei I die nationalen Form des

im Grunde genom men eine

werden kann sHirker ihre Wechselkurse im Lauf der Zeit

nationales hervorbringen Geldbehorde ausgegeben und

IS u. 16) einen

die ein supra­das von einer internationalen

wird. Ich habe an anderer Stelle flir eine derartige Form

zwischen dem »Bancor«-Plan von flir eine internationale auf der

mit der offizielle

schen Union im Maastricht-Vertrag von 1991 Ansatz einer ein­heitlichen Ich mochte hier nicht in die Einzelheiten gehen, doch

Nebeneffekt einer solchen Reform ware die offentlichen das flir ein

17 Dieser Vorteil, den der Emittent des Weltgeldes genieSt, kristallisiert sich flonnalerwcise urn seine chronischen Zahlungsbilanzdefizite, die notig sincl, urn die Weltwirtschaft mit liquiden Mitteln Zll versorgen. Dieses bestimmte Land unterliegt somit geringerem exter­nem Druck als andere Lander. Dieser Seignorage-Vortcil, reizt zum Millbrauch, indem ausHindische Besitzer der Schllisselwahrung gczwungen werden, in liberzogenem MuSe die einheimischen Haushaltsdefizite Zll finanzieren.

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190 Robert Guttmann

kann ein

2) Zentralbanken und Finanzminister der lndu-strienationen bemtihen sich mittlerweile nach

indem sie ihre fUr ein aus-weltweiten Finanzkrise haben sie Schritte unter­

nommen, urn das Instrumentarium flir Notfallinterventionen zu erweitern: der Verantwortlichkeiten der Zentralbank in transnational en Ban-

kenkrisen 1 nach dem Zusammenbruch von des Intemationalen Wah­

Schuldenkrise del' Ent-

der Lehren aus der mexikanischen Peso-Krise. Diese intemationalen N otfallinterventionen waren Krisenformen denen die Weltwirtschaft der Deregulierung, und des tals Doch sie heben auch das oben erwahnte Problem des

da unverantwortliche oder nun davon daB sie im Notfall von del'

untersttitzt werden. Ironischerweise laufen die oben er-wahnten multilateralen Initiativen zum den Bemtihun-gen der G-7-Lander zuwider, diese SOfte von Interventionen fUr ihre Bin­nenwirtschaften zu 1m Dezember 199! etwa beschloB die ame­

hazard« im von Grof3banken um je-

das Absiche-De-

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Die Transt(Jrmation des Finanzkapitals ]91

dieser bieten die zweite Bankdirektive der Kommission von die

Bankenreform in den USA und die anstehende des krisen-

zu sein

im Mindest­

auf die sich die ftih-renden Industrienationen im Basler Abkommen von 1988 Wenn die Mindestreserven der Bank von der ihrer Aktiva ab-

werden sie vermutlich krisenfester, da sie in die-sem Fall gezwungen die Risiken ihrer

zu durchdenken und sie mit mehr Berdem werden die tiber die

Universalbanken von ihren werden sollen. Die

Krediten fUr

zu untermauern. Au­sogenannten »Brandschutz­

n<c,nnlan AktiviUiten

zu einer stark konzentrierten und universeller Banken ins Hintertreffen staatlich tiven oder von

die an den amerikanischen Aktien- und Aktien­

Grenze tiberschreiten. Die tiber die angemessene

HlC,H!iLUl b von entscheidender He:deuttm dem

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werden, etwa im Hinblick auf die Offenlegung von Information, griindli­chere Uberwachung, Notfallplanung fUr verschiedene Krisenszenarien und angemessene KapitalunterfUtterung riskanter Anlagen.

4) Geldpolitik: Seit die Fed Anfang der 80er Jahre durch einen scharfen Restriktionskurs die Inflation unter Kontrolle gebracht hat, scheint sie eine deutlich nuanciertere Geldpolitik zu betreiben. Zwar verfolgt die amerika­nische Zentralbank eine Hochzinspolitik, urn die Inflationserwartungen im Zaum zu halten, doch ist sie bereit, die Ziigel zu lockern, sobald sich die wirtschaftliche Dynamik abschwacht. In entscheidenen Phasen, etwa als die globalen Giitermarkte 1985 einbrachen, nach dem Borsenkrach von 1987 und wahrend der durch Finanzknappheit verscharften Rezession von 1990191, als der amerikanische Bankensektor zum ersten Mal seit 60 Jah­ren vor einer akuten, systembedingten Krise stand, gelang es der Fed, po­tentiell gefahrliche Verschuldungs-Deflations-Spiralen abzuwenden, in dem sie die Zinsen aggressiv nach unten driickte. 1m Gegensatz zu Deutschland und Japan, den beiden anderen Schliisselwahrungslandern, deren auBenhandelsabhangige Okonomien das Wechselkursmanagement noch viel wichtiger machen, sind die Vereinigten Staaten recht unbekiim­mert, was die Fluktuationen des Dollars anbelangt. Der lange, stetige Nie­dergang des Dollars gegeniiber Mark und Yen nach 1985 ging einher mit seiner Aufwertung gegeniiber den anderen amerikanischen Wahrungen und den Wahrungen wichtiger Handelspartner, was auf eine Konsolidierung des Dollars in den weitreichenden »EinfluBspharen« der USA schlieBen laBt. Der Wechselkurs wird erst dann wirklich beachtet, wenn sich der Ver­fall des Dollars gegeniiber den beiden anderen Schliisselwahrungen allzu sehr beschleunigt (z.B. 1987, 1994/95) und/oder die auslandischen Kapi­taleinfuhren, die zur Finanzierung der riesigen amerikanischen Budget­und Handelsdefizite benotigt werden, rapide zuriickgehen (z.B. 1989). Zwar hat die Fed einen schwierigen Balanceakt offenbar recht effektiv be­waltigt, doch brauchen wir nur ein wenig am Lack zu kratzen urn zu sehen, daB die Geldpolitik immer noch vollig konzeptions\os ist. Das Strategie­komitee der Fed hat mit allen moglichen neuen Zielvorgaben kokettiert, vor allem was die reale Zinsstruktur oder das nominale BIP angeht. AuBer­dem haben die Werkzeuge der Geldpolitik an Wirksamkeit verloren. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die rapide schrumpfenden Mindestreser­yen unter Kontrolle der Zentralbank, den Einsatz von Diskontkrediten durch Nichtbanken, die Schwierigkeiten mit der Kontrolle von Devisen­stromen und die abnehmende Bedeutung von Bankkrediten im Vergleich zu anderen, weniger regulierten KanaIen der Kreditvergabe. Diese Schwierigkeiten spiegeln ein umfassenderes Problem wider, das durch den Ubergang zu einer neuen Geldform aufgeworfen wird. Die Ver-

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Die Transf{)rmation des Finanzkapitals 193

die Kontrolle der Zentralbank tiber das zum Geldmana-

wenn nur Kon-trollmacht tiber das sie wird sich mit der Entwick­

des stellen mtissen.

im Internet bald einer noch

durch das elektronische Geld wird man letztlich eines weltweiten ~" ....... }-,

das von einer internationalen GeldbehOrde geleitet wird. Denn an-dernfalls wird die neue Geldform in und Banknetzwerken was ein auBerst schwierig ma-chen wtirde. Ein offizielles hatte den weiteren

daB es, wie oben die Entwicklung von Kreditgeld erleichtern welches, richtig nicht die strukturel-len Mangel der als fungierenden nationalen aufwei-sen wtirde. Solange die Zentralbanken keine effektive Kontrolle tiber die

Geldtransfers austiben, wird auch die und ihrer Notfallinterventionen untergraben

werden. Durch ein international organisiertes, offizielles System des Zah-lungsverkehrs wird es moglich, mit neuen regulatorischer Be-

fUr Banken zu die dem exzessiven Wachs-tum des fiktiven Kapitals Einhalt gebieten und die weltweit hohen »realen« Zinssatze senken. Dazu konnten Kapital- und Devisenbewirtschaftungs­kontrollen auf beiden Seiten der Transaktionen gehoren, des weiteren se­lektive nach Risiko differenzierte Mindestreserve- und

\"CI~"CLIJl\.oH zu den Depotver-die schon vorgeschrieben »moral

suasion« zur von Banken und Transaktionssteuern auf »heiBe« Geldstrome. Konservative Krafte werden solche Vorschlage sicher als Rtickkehr die Zeit umfassender staatlicher wundersame Funktionieren des Marktes beruht auf der in der Standardtheorie des Geldes herrschenden fal-

namlich eine deren modus nicht allein Akteuren und ihrem Profitmotiv tiberlassen werden kann. Seine Eigenschaf­ten aJs Offentliches Gut mach en eine institutionalisierte Geldschopfung, rei-

Zirkulation und Wertstabilitat also an staatli-Angesichts des Wandels der Geldform und der sich dar-

aus ergebenden fUr die zwischen Finanz- und Industrie-soUte im Zentrum dieses staatlichen am besten ein neu-

des Zahlungsverkehrs stehen.

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Seit einem lahrzehnt beobachten wir den schrittweisen Aufbau eines neuen monetaren Regimes, und wir ntihern uns einer entscheidenden gabelung. Die Transformation des - Deregulierung, Compu-

und Globalisierung - ist nun bis zu dem Punkt gereift, an dem zwischen der sich entfaltenden elektronischen Geldform

und einem iiberholten Rahmen flir das Papiergeld einen in der politischen des Geldes und der

Banken erfordern. Die jiingsten vor aHem die europtiische von 1992/93 und die mexikanische Peso-Krise von

deutlich die die das sich entwickelnde Mehrwah-rungssystem und des sen Dominierung durch die - Instabilitaten generie­rende - Logik des heraufbeschworen. Ungliicklicherweise neigen Politiker dazu, nur dann grundlegende Reformen wenn sie durch Krisen dazu gezwungen werden, die so schwerwiegend sind, daB die vorhandenen Regulatonsmechanismen und theoretischen Glaubenssat­ze nicht mehr ausreichen, urn sie einzudammen. Angesichts der heute do­minanten Ideologie des Laissez-faire wird einiges passieren miissen, urn die Politiker zur gemeinsamen Errichtung eines neuen monetaren Regimes zu veranlassen, das die unterschiedlichen Ziige des globaJen elektronischen Geldes, seine Eigenschaften als dffentliches Gut und private ange­messen ausbalanciert.

Aus dem Amerikanischen iibersetzt von Klaus Fritz

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Soros 6konomie« setzt sich hier durch? 1st Universitii! kritischen !loch vorstellbar?

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Politisches Handeln

und ""'""""~"" gesellschaftliche Struktur

Jiirgen Ritsert

EinfUhrung in die k

der SoziaLwissenschaften

Volker WeI/honer

JOrgen Hoffmann

Politisches Handeln und gesell­schaftliche Struktur -Grundzuge deutscher Gesellschafts­geschichte Vom Feudalsystem bis zur Vereinigung der beiden deutschen Staaten 1990 1996 - 593 S. - OM 68,00 - OS 503 - SFR - 68,00 ISBN 3-929586-72-X

JOrgen Ritsert EinfUhrung in die Logik der Sozialwissenschaften 1996 - 374 S. - OM 68,00 - OS 503 - SFR 68,00

ISBN 3-929586-74-6

"Wirtschaftswunder" - Weltmarkt - Westdeutscher Fordismus Der Fall Volkswagen (Theorie und Geschichte der bOrgerlichen Gesellschaft Band 12) 1996 - geb. - 391 S. - OM 88,00 - OS 651 - SFR 88,00 - ISBN 3-929586-71-1

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Michael Herr

"'~'UL"h'A lahren kam es in der okonomischen Deutschland zu einem Trendumbruch: Die Wachs­

llaIldSprC)duKts flachten sich seither auf rund 2% im zu wenig, urn vor dem einer rasch stei­

genden Zahl des Erwerbstatigenpotentials ein hohes Beschaftigungsniveau zu halten, Die zunehmende Arbeitslosigkeit spiegeJt dies en Sachverhalt eindrucksvoll wider, Der Anfang der Jahre kann auch im monetaren Bereich als Bruch der Nachkriegsentwicklung begriffen werden, da zu diesem Zeitpunkt das seit dem Zweiten Weltkrieg bis dahin existierende Weltwahrungssystem -das System von Bretton Woods - zerbrach und gleichzeitig zunehmend Li­beralisierungen des Finanzsystems in vielen Landern und auf intemationa­ler Ebene stattfanden, Die Entwicklungen gehen weit tiber ein quantitativ starkeres Wachsen monetarer Aggregate hinaus und zeigen auch qualitati­ve Veranderungen, Diese realen und monetaren Verschiebungen, beispielsweise die Volumina der taglichen intemationalen Finanztransaktionen in Relation zum Umfang des Welthandels mit hat bei einigen Autoren die Vermutung reifen

die monetaren Transaktionen hatten sich von den realwirtschaftli-und ftihrten Be-

sanders ausgepragt scheint uns diese bei verschiedenen mar-xistischen Autoren zu sein, Aus dies em Grunde soli im zweiten Abschnitt naher auf den aus dem Marxschen Werk

mik einerseits und monetarer andererseits eingegangen wer­den, Dabei werden wir uns insbesondere mit den Arbeiten von Krtiger und Bischoff, die die sowie mit mit anderen Argumenten

auseinandersetzen, 1m dritten Abschnitt werden wir dann wel-

PROKLA. Zeitschriftfiir kritische Sozialwissenschaji, Heft 103, 26. ig, 1996, Nr,2, 197-225

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198 Michael Heine, Hansjijrg Herr

sich im Fi­diesem Zu-

mit den Verande-

2. StmktureHe

Wie nun wird die

zur duktionsmethoden stetig zu 'IP.I·IW·.S."~.'"

scher Fortschritt die ',"DCCWCUH

der die Pra-

Anteil des konstanten v ausgedehnt. Gleichzeitig steigt die Mehrwertmasse m, da nun der exogen vorgegebene Reallohn der Arbeiter - der Wert der Ware Arbeitskraft - auf-

verbesserter Techniken mit einer Stundenzahl werden kann und somit del' Anteil am taglich geschaffenen Neuwert, del' dem zuflieBt, erhoht wird. Der PrazeB der relativen Mehr­wertproduktion fiihrt zwar zu einer aber unterstellt die des Kapitals c/v steige noch schneller, sinkt die Profitrate. Wenn p' fUr die Profitrate so sich mit Marx p' = m/(c+v), bzw. p' = I (I + c/v). Es muB also zur einer fallenden Profitrate angenommen schneller steigt als m/v . Das von Marx im dritten Band des denziellen Falls der Profitrate« selbst im Rahmen des Marxschen

nur dann eine die Produktivkraft dabei entstehenden zusatzlichen Kosten fUr konstantes ziertem durch mindestens werden

daB c/v

einzelnen Unternehmens wird daher verbesserter Produktionsmethoden nieht fallen. Dann kann aber auch die Profitrate als Durehschnitt del'

in daB die Werte noch in transformiert werden mussen und

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daB unter Berticksichtigung der intersektoralen Verflechtung jeder Tech­nikwechsel von einer Veranderung des gesamten Preissystems begleitet wird, laBt sich kein Profitratenfall begrtinden, sofern sich aIle einzelnen Unternehmen an das von Marx im ersten Band behandelte »Kostenkri­terium« halten (vgl. Okishio 1961). Lediglich durch die Einftihrung neuer Technologien kann die Profitrate also niemals gesenkt werden. Eine Sen­kung der Profitrate ist im Marxschen Paradigma allerdings durch eine Er­hOhung der Reallohne moglich. Doch akzeptieren wir, daB die Profitrate - warum auch immer - tallt. Dies ist ftir sich genommen noch kein hinreichender Grund ftir eine nachlassen­de Investitionsbereitschaft, da die Unternehmen im Marxschen Paradigma keine bestimmte Profitrate beanspruchen konnen und folglich hohe Akku­mulationsraten (Investitionen im Verhiiltnis zum Gesamtkapital) sowohl bei relativ niedriger als auch bei relativ hoher Profitrate moglich sind. Aus dies em Grunde gehen Bischoff und Krtiger konsequenterweise davon aus, daB »ftir den einzelnen Kapitalisten ... die allgemeine Profitrate kein festes Datum« und »ihr Sinken ... ftir die Einzelkapitale kein relevanter Faktor« sei (Bischoff, Krtiger 1983, 140). Ganz im Gegenteil unterstellen sie, daB der Fall der Profitrate zunachst begleitet wird »von einem beschleunigten Wachstum des gesellschaftlichen Gesamtkapitals«, da nur so ein Fallen der gesellschaftlichen Mehrwertmasse verhindert werden kann (ebd., 152t). Damit grenzen sie sich eindeutig beispielsweise von Altvater ab, der den Zins als Mindestprofitrate ansieht, so daB die Investitionsbereitschaft ab­stumpft, sobald die Profitrate auf den Zinssatz gefallen ist. (Altvater 1992a, 138ff; 1992b, 120ft). Diese Annahme Altvaters ist insofern inkonsistent, als innerhalb des Marxschen Paradigmas der Zins eine aus der Verteilung des gesamtgesellschaftlichen Mehrwerts abgeleitete Kategorie ist. Dadurch beherrscht, wie Krtiger innerhalb des paradigmatischen Rahmens zurecht betont, »die aIlgemeine oder Durchschnittsprofitrate den Kapitalmarktzins­fuB« (Krtiger 1986, 661; vgl. auch 655ff, 583), so daB die Hohe des Zins­satzes durch die Profitrate bestimmt wird - und nicht umgekehrt. Die Ein­ftihrung des Zinssatzes als Mindestprofitrate wtirde eine eigenstandige mo­netare Zinsbestimmung als Vermogensmarktkategorie und damit eine ent­sprechende Geldtheorie voraussetzen, die innerhalb des Marxschen Para­digmas nicht zu leisten ist (vgl. Heine, Herr 1992). Die von Bischoff und Krtiger postulierte beschleunigte Akkumulation soil zunachst einhergehen mit gleichbleibender oder gar wachsender Beschafti­gung, so daB - trotz des Falls der Profitrate - die Mehrwertmasse steigt. Dies setzt freilich voraus, daB die Akkumulationsrate schneller steigt als die Profitrate flillt. Der Anstieg der Akkumulationsrate verscharft nun al­lerdings sukzessive die von den Autoren beobachteten Widersprtichlichkei­ten des kapitalistischen Akkumulationsprozesses: Durch die beschleunigte

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200 Michael Heine, Hansjih-g Herr

Akkumulation soIl die Hv'wv'~"m", des '''-''VlI . .:''''

sam p, .. tcnrp('hp·nri starken Fall der Profit-rate fuhren - eine nicht ableitbar ist. Dessen UH~"""'-"J"\.Jl

die Akkumulation auf soil die Mehrwertmasse nicht sinken. Das halten Die »zur weiteren

vl)~m'''''dl\~' Zusammenset-

werden ma-chen sich bemerkbar« masse erhohende Akkumulation ist ab einem bestimmten Punkt deshalb nicht mehr moglich, da der je Arbeiter permanent und damit die Mehrwert- bzw. Profitmasse nicht mehr die Be-

zu erhohen. Die sinkt und der Fall der Profit-rate geht nun mit fallender Mehrwertmasse und sinkender Be­schaftigung selbst bei steigender Mehrwertrate einher.1 Eine solche Situa­tion wird als strukturelle Uberakkumulation charakterisiert. Nach Kruger und Bischoff wurde das Stadium der strukturellen in den siebziger lahren erreicht. Sehen wir uns die Konsequenzen flir die monetare an. Ausgangs-

ist die nicht naher begrundete daB im Zuge der zunachst beschleunigten Akkumulation die Fremdkapitalquote (Kruger

986,700ff; 156), so daB die Unternehmen insge-samt mit hohen Schuldenbestanden in die Periode der strukturellen akkumulation eintreten.2 Zwar nun die Investitionen

Kredit von Unternehmen die zu er-

1m Saldo kommt es zur »chroni­was die »charakteristische Starrheit des Zins-

satzniveaus« nach unten sol! 722; Hervorh. 3 Es bleibt das Geheimnis der

Starrheit des Zinsfu13es mit der These vereinbar Profitrate die Zinsrate steuert.

Del' »Eklat bricht aus, wenn ... die vorhandene Masse an Mchrwert unzureichcnd wird fUr die Produktion cines vergrol.\erten Mchrwerts in del' nachsten Runde« (KrUger 1986, 230f).

2 Die Setzung cineI' stcigendcn Fremdkapitalquote stimmt im librigen auch nicht mit den empirischen Befunden del' ietzten Jahre iibercin (vgl. Bundesbank 1992,34).

3 Auch diese Schluflfolgerung findet keine Bestatigung durch die Empiric. Tatsachlich wei­sen die Zinssiitze starke Schwankungen auf

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urn ihren laufenden Ver-

sueht sich alternative oft genug dubiosen Geschaften Diese Form der einer chronischen

klassisch-marxistischen methodisch hier und langfristige Dimensionen der verwechselt werden. sind ohne Zweifel ein

rei-zur

aufgrund der hohen Unsieherheit die »Vorsichtskasse« an, so daB es zur Geldhortung und unzureiehender Kreditvergabe kommt. All diese Phanomene hat Marx - allerdings unverbunden mit den Gesetzen der »Wertebene« - im dritten Band des beschrieben. Wird aller-dings die langfristige der Akkumulation modelliert, so ist die Vorstellung einer chronischen nicht tragfahig. Selbst wenn akzeptiert wird, daB die Fremdkapitalquote kontinuierlich steigt, gibt es - wenn von Phasen abgesehen wird - im Marxschen Pa-

keinen warum die Geldkapitalisten ihre Zinseinnahmen den Unternehmen nicht wieder aJs Kredite zur Verftigung stell en sollten.5

Woher eine chronische im Sektor dann kommen bleibt sehleierhaft. Wir haben gegen die

seit Mitte der Bedenken. Zunachst

der krisenhaften okonomischen Entwick-Autoren weitere

warum die Investitionsbe-reitschaft der Unternehmen mit sinkender Mehrwertmasse nachlassen und warum es zum Aut"bau von kommen sollte. Auch hier werden offensichtlich Tendenzen der

4 »AIs Mittel der Finanzspekulation dient das Uberakkmnuliclte oder Plethora-Kupital, wel­ches innerhalb des reproduktiven Zirkels des Reproduktiollsprozesses keine rCllditetrach­tige Anlage rnehr besitzt«, so dall sich auch das Paradoxon liist, »nach dem die Uberak­kurnulation von Kapital zugleich ein Zuviel und ein Zuwenig von Geldkapital hervor-bring!« 1986, 729). Ahnlich argumentiert auch Stanger (1988, 447): »Kchrseite cler Akkurnulationskrise seit Mitte cler 70er Jahre ist, ahnlich wie in jccler zyklischen Krise, del' Aufbau einer 'Plethora von Kapita!' ... , welches aufgnmd der Erwar­tung einer unzureichenden Rendite keine produktive Anlage erfahlt.«

5 Unterschiedliche Konsurnquotcn von Gelclvermiigensbesitzem lind Kapitalisten werden nieht berUcksichtigt, da mit solchen Verhaltenshypothcsen allgemeine Theorien nieht hin­reichend zu bcgriinden sincl uncl KrUger und Bischoff dieses Argument aueh nieht anflih­reno

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talakkumulation Krise ist es aus der Sicht des Unternehmens

da die H.vUHC"'A

Investitionen Werte zweifelhaft ist. Da

aber in der - wie Kruger und Bischoff zurecht betont haben - innerhalb des Marxschen keine te ableitbar die Investitionsbereitschaft erst bei einer Mehrwert­masse und Profitrate von Null. Dies ist im Kontext des Marxschen Ent-wurfs auch deshalb weil die Unternehmen nur tiber eine

Akkumulationsbereitschaft ihre kbnnen. Daher brachte Marx seine tiber den

zur Akkumulation mit »Akkumuliert, Akkumuliert! Das ist Moses und die auf den Punkt 1867, 62 Als Resultat einer sinkenden

uu""" •. ,vH Kontext eine nach-lassende einschliel3lich der entsprechenden Kon­sequenzen filr den Arbeitsmarkt erkHirt nicht aber der Aufbau von Geldvermogen als Erscheinungsform fehlender Akkumulation. Insgesamt kann die Argumentation der strukturellen Uberakkumulation und der daraus abgeleiteten monetaren Entkopplung nicht tiberzeugen. Nimmt man das Marxsche ernst, dann lassen Kapitalisten nur im Faile einer Profitrate von Null ihr Geld einfach Nur in diesem Fall ware von einem steigenden Geldvermogen bei stagnierender Produktion auszugehen. Aus der These einer schrumpfenden Profitmasse folgt keine »Plethora« an Geldkapital. Entsteht nicht durch die sinkende Mehrwert- und Profitmasse und damit einem sinkenden Akkumulations-fonds eine zunehmende an Kapital? Ein der marxistischen besteht in der An­nahme eines Akkumulationsfonds. Dessen Umfang wird durch die GroBe der gesamten del' Mittel fUr den individuellen Konsum der bestimmt.° Es sich somit im Kern ei-ne Sukzession von exogen Reallohnen tiber Profite als dem den Unternehmen verbleibenden Rest der hin zur Investitions-

Sieht man von den der Arbeiterhaushalte ab, so steht den Unternehmen Investitionszwecke zur was sie sparen. Die saldenmechanisch Identitat zwischen Investitionen und

wird so daB sich die Investitionen

6 Marxistische Alltoren haben verschiedentlich versucht, allch Ersparnisse der Hallshalte als QueUe des AkkmTIlIlationsfonds in die Analyse einzufiihren. Bezogen auf die Ersparnisse der Haushaltc hat die gcsamte Klassik, einschliefllich Marx, kein Kalkiil entwickelt, wie­vie! die Untcrnehmcr- und Arbeiterhausha!te sparen. Bei den Arbeiterhaushalten wurde in aller Regel unterstcllt, daB sie den gesamten Lohn konsnmieren. Werden bei den Arbei­tcrhaushalten Ersparnisse angenommen, so kommt zudern die exogene Setzung des Welts del' Ware Arbeitskraft ins Wanken, da bei der Existenz von El'sparnissen die Rcallohnc nicht mchr durch die Reproduktionskostcl1 alkin bestimrnt werden konnen.

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dureh die :,n},nlPr<->.l

und Investitionen simultan aus Zeitpr.aJe'renzth,;oorie und

der der Investitionen letztl ieh

Nun wissen wir aber nieht zuletzt dank der Marxsehen Kreislaufformel des G ~ W ... P ... W' ~ G' G fUr den W fUr die

W' fUr die Waren und daB die Unternehmen flir investive Ziele Geld -

zesse nicht tiber sondern tiber die Profitmasse muB Geld im Kern neutral sein. Aus diesem Grunde Geld nur eine abgeleitete des Sektors sei.7 Welche wird einer modernen Zentralbank zugestanden, die Noten ohne jegliche Goldbindung emittiert? Bei - und das ist zm

seines Ansatzes zwingend notwendig und auch der Marxschen Logik - wird das gesamte einschliel3lich der okonomischen der Zentralbank als »nm ein Phanomen« gefaBt, und aus dem der Zentralbank« ergeben sich »keine allgemeinen fUr die gesamtwirt-schaftliche Geldversorgung in dem Sinne, daB die Zentralbank imstande ware, die Geldmenge zu (Krtiger 1986 663f). Eine Ausdeh-nung der Geldmenge ftihrt - sieht man von ab - le-diglich zu einer ErhOhung der absoluten zm Inflation. Dieser Auf-

Iiegt die daB ein bestimmter mit dem eine bestimmte Anzahl Arbeitskrafte

der lCll~LU'Gl\. nichts andern. Sie erreicht Jedig-

einzelne Schein real exakt der def theoretischen

von der Neutralitat des Geldes. Bischoff unci hier unmittelbar den von der an diesem Punkt

wiederum Ricarclo unci Smith

7 In del' »bngfristigen Dimension tritt del' abgeleitete Charakter des Kreditwcsens gegen­libel' der reproduktiven Kapitalakkumulation scharfer heraus ... Das Angebol an ieihbarcm Geldkapital isl in langeI' Fris( als abhiingige Variable des Anteils des Gelclkapilals am gc­sellschaftlichcn Gcsamtkapital bestimmt.« Es »speist sich ... ans den Geldal11ortisations­unci Gelclakkul11ulationsfonds des reproduktiven Gesal11tkapitais« (KrUger 1986, 660).

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Unserer Auffassung nach lassen sich so die wesentlichen Strukturen einer Okonomie yom Typ der Bundesrepublik Deutschland nicht adaquat erfas­sen. Eine alternative Geldtheorie liefert das keynesianische Paradigma, das die Neutralitat des Geldes entschieden bestreitet. Innerhalb dieses para­digmatischen Rahmens erhalt die Zentralbank eine herausragende Stellung. Sie diktiert das Zinsniveau gegenuber den Geschaftsbanken und beeinfluBt damit die Bedingungen, zu denen sich Unternehmen Geld fUr Investitionen Ieihen konnen. Gerade in dieser Potenz der Zentralbank kommt zum Aus­druck, daB Geld ein gesellschaftIiches Verhaltnis ist. Weder ist Geld an ein bestimmtes Material wie etwa Gold gebunden, noch bildet es den Reflex produktiver Anstrengungen in der Vergangenheit. Die Gesellschaft schOpft es qua Notenbank aus dem Nichts. Dank dieser Stellung ist die Zentralbank durchaus in der Lage, die Akku­mulationsdynamik massiv zu beeinflussen. Will die Zentralbank beispiels­weise das investive Engagement drosseln, urn den Wert ihres Geldes zu verteidigen, so erhoht sie fUr die Geschiiftsbanken die Refinanzierungs­zinssatze. Dies fUhrt zu einer Anhebung des Zinsniveaus, da die Ge­schiiftsbanken ihre gestiegenen Kosten an die Kreditnehmer weitergeben. Letztlich kann eine Zentralbank durch ZinssatzerhOhungen die Investiti­onstatigkeit immer drosseln oder gar zum Verschwinden bringen. Es zeigt sich, daB Geld fUr okonomische Prozesse alles andere als neutral ist. 8 Zin­sen stellen fUr Unternehmen einen Kostenfaktor dar, der, urn den Schul­dendienst leisten zu konnen, liingerfristig auf die Preise abgewiilzt werden muB. Unter Gleichgewichtsbedingungen entspricht die Zinsrate der Profit­rate. Langerfristig steigende Zinssatze mussen daher zu hoheren Profitraten fUhren, urn den Schuldendienst leisten zu konnen und nicht zu sinkenden, wie etwa Bischoff und Kruger vermuten. Zudem gibt es langerfristig keine eindeutige Beziehung zwischen Zins- und Profitrate einerseits sowie dem Wachs tum einer Okonomie andererseits. 1m Rahmen eines keynesianischen Paradigm as muB die Idee eines Akkumu­lationsfonds fallen gelassen werden. Denn unter keynesianischen Bedin­gungen konnen sich Unternehmen auch ohne realisierte Mehrwertmassen qua Kredit produktive Ressourcen aneignen und Produktionsprozesse starten. Als Dual zur Produktion entstehen Einkommen - einschlieBlich der Einkommen der Kapitalisten. Einkommensbildung ist somit das Resultat und keinesfalls die Voraussetzung fur Produktionsprozesse. Investitionen sind der Einkom­mens- und Ersparnisbildung vor- und nicht, wie neoklassische und marxisti-

8 Weniger potent sind Zentralbanken bei einer beabsichtigten Geldmengenexpansion - zu­mindest wenn wertstabiles Geld als zentrale Funktionsbedingung einer kapitalistischen Okonomie unterstellt wird und Geld nur liber Kredite an Banken in Umlauf gebracht wird. Dann ntimlich sind Zentralbanken nachfrageseitig abhtingig von den Kalklilen der Banken und den Investitionsentscheidungen der Unternehmen.

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Es existiert somit ein Kredit­der die Akkumulation steuert und

letztlieh dureh die Profitmasse gegeben ist und die Akkumulation Kommen wir zu bei dem die These yom FaIl der Profitrate eine naehgelagerte Rolle zesse der Wertebene gen innerhalb der

Altvater setzt unmittelbar an Entwieklun-an, wobei er einen ganzen StrauB an Ar-

Eine besonders wiehtige Rolle die »Wenn die internationalen Geld- und

Ibsen sie sieh von den realen Entwieklungen.« Als Ursaehe dafUr sieht er sieh wandelnde Geldfunktionen auf internationaler die nieht zuletzt mit dem Zusammenbrueh des Systems von Bretton Woods (vgl. unten) aufgetreten sind.9 Weitere Elemente der Entkopplung werden in der Zunahme von konsumtiven Krediten gesehen, wobei aueh Umschuldungen von Staaten und Kredite an Offentliche Haushalte als konsumtiv einge­schatzt werden, da mit solchen Kreditvergaben keine ver­bun den ist. lO Durch die Entkopplung der monetaren von der realen Akku­mulation werden »Iiquide Mittel aus den investierbaren Fonds in den 'Ca­sino-Kapitalismus' der Finanzwelt abgezogen« (Altvater 1992b, 157; auch Altvater 1995 und 1992a). In vielen Punkten kann Altvater bei der Darstellung der Entwicklungslini­en und Instabilitatsfaktoren in der Weltwirtschaft gefolgt werden. Es soil allerdings ein Punkt herausgegriffen der wenig Uberzeugend ist. Auch Altvater geht davon aus, daB durch die der Finanzsphare Mittel fUr Investitionszweeke abgezogen werden. Was kann damit gemeint sein? Nicht sein daB Gelder in der wie Materie in schwarzen Lochem verschwinden. Selbst wenn es einen gegebenen

9 »Urspriinglich waren die Geldfunktionen (als Zirkulationsmittel) an die des Welthandels gekoppelt ... Mit Geldkapital wurden reale Prozesse (Handel Investitio-nen) finanziert ... Allerdings bildet sich mit der Internationalisierung des Warenkapitals und mit der Globalisierung des produktiven Kapitals allch das globale Kreditsystem her­aus, das keineswegs nur den Handel finanziert. Wenn die internationalen Geld- und Kapi­talf1iisse im wesentlichen als Finanzanlagen erfolgen, losen sie sich von den realen Ent­wicklnngen. Dies ist aufgrund des Ubergewiehts der Funktion des Geldes als Zahillngs­mittel gegeniiber seiner Funktion als Zirkulationsmittel moglich geworden« (Altvater 1992b,146f).

10 »Kredite konnen aber <Iuch fUr die Umschllldungen verwendet werden (dies is! heute in der Dritten Welt die Regel) oder fUr die private oder staatliche Konsumtion aufgebracht werden. In diesem Fal! konnen natiirlich die Zinsen nieht aus der Rendite von lnvesti­tonsprojekten sondern nur aus laufenden Einkommen (der Haushalte) lind Einnahmen (des Staates) finanziert werden. Kredite (unci deren Kehrseite: die Schulclen) haben in clie­scm Fall wenig oder gar nichts mit dem realen AkkumulationsprozeB Zll tun; das Finanz­system 'entkoppeJt' sich tatsachlich von der Akkumlliation« (Altvater 1992b, 157).

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Mitteln nicht , da was ein fen ankommt Es ware allenfalls UIC.llhiJaI

transaktionen eine hohere Transaktionskasse der Akteure oder das Volumen der

Mittel und bei einem gegebe-der Zinssatz

bel unveranderter die Investitionen reduziert etc. Nun ist die Annahme investierbarer Fonds unbe-

zudem flir eine Zentralbank Impulse Abzug

einschliel3lich der Zentralbank bel als

gehen davon aus, daB die Effekte der Entwicklung des Finanz-in den letzten beiden Jahrzehnten in keiner Weise in einer Ver-

investierbarer Mittel Iiegen. Vielmehr die Probleme in ei-ner Erhohung der Volatilitat nomineller GraBen, dem der Unsicherheit und dem Abbau von staatlichen und

die Sicherheit produzieren von einzelnen sich bei Altvater folgender

Eindruck auf: Obwohl monetare Phanomene ohne Zweifel zutreffend be-schrieben werden, fehlt jegliche mit der Marxschen Werttheo-rie. Damit aber entsteht der val-lig fUr die

sich zwar nicht auf's »Glatteis« einer doch ist der Preis daB seine These monetarer theore-tisch von der Wertebene ist. Un seres Erachtens steckt hinter den

das im Marxschen schen Wert- und Preisebene, Es wundert dann wenn auf der »Er-

von marxistischen Autoren unterschiedliche Theoriever­satzstUcke vor allem dem Marxschen

Die lLa,

sich somit bei ntiherem Hinsehen auf den nationalen und intematio­

J ahren zu sie hat je-

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Money Makes the World Go Round

3. P:roblematische nnd nnpnlblemlatiscfle anf den Fimmzma:rkten

Zwar kann die marxistische bleibt daB sieh auf Finanzmarkten ab den

und

207

auf das okonomi­dessen Instabili-

gen innerhalb des sind Veranderun­

auf Produktion und auswirken Dieser Saehverhalt sich im

so daB von einer Hierarchie der Markte ausgegangen wird, an deren der der den Gtiter- und den Arbeitsmarkt dominiert lungen zu einer Destabilisierung des dann wirkt dies negativ auf Wachstum und Beschaftigung. Es handelt sieh dabei jedoeh urn eine strikte Kopplung zwischen Prozessen auf dem Ver-

und den vom beherrschten Markten.

3.1 Facetten der Entwicklung im

Betrachtet man die Dynamik des nationalen und internationalen stems ab den siebziger dann zunachst quantitative Ent-wicklungen ins Auge. " Das Verhaltnis von Finanztransaktionen zum ist in der gesamten westliehen Welt In den USA dieses Ver-hiiltnis von 15: I 971 auf 30: I im Jahre 1980 und

1990

ler druckenden Wachstumsraten monetarer konnen harmlose Grtin-

und ein solches Wachstum ist nicht per se zu beurteilen Zudem muB bedacht daB sich ohne

des Auslandes das auf Null

immer Zinseinnahmen vWC0OJ'v',Uv

gen in einer kann unter anderem dadurch steigen, daB der Un­ternehmenssektor durch eine charakterisiert ist. Aber auch dieser Saehverhalt ist fur sich genom men nicht

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208 Michael Heine, Hansjijrg Herr

• Internationale Finanztransaktionen betragen ein Vielfaches von jenen monetaren Transaktionen, die durch Leistungsbilanztransaktionen bedingt sind. Schon Ende der achtziger Iahre wurde das aggregierte Umsatzvolu­men auf den Devisenmarkten auf das Zwanzigfache des Werts der WeJt­importe- bzw. WeJtexporte geschiitzt (vgJ. Schulmeister 1987, Dornbusch, Frankel 1988). Guttmann (1996) gibt an, daB im Durchschnitt bei einem taglichen Transaktionsvolumen auf Devisenmarkten von 1400 Mrd. US$ nur 15% auf Handel und langfristigen Kapitalverkehr entfallen. Auch hier gilt, daB eine Zunahme des internationalen finanziellen Transaktionsvolu­mens nicht automatisch als unerwtinscht fUr die okonomische Entwicklung eingeschatzt werden muB (vgl. unten). Neben dem verstarkten Wachstum monetarer Aggregate ist seit den siebzi­ger Iahren eine erhOhte Volatilitiit aller nomineller Variablen zu beobach­ten. Dies gilt in erster Linie fUr die Bewegung der nominellen Wechselkur­se seit dem endgiiltigen Zusammenbruch des Systems von Bretton Woods 1973. Iedoch auch die nominellen Zinssatze sind seit den siebziger Iahren starkeren Schwankungen unterworfen (vgl. Heri 1989). Das gleiche gilt fUr die Bewegung von Effektenkursen, was nicht unwesentlich mit der gestie­genen Volatilitat der Zinssatze zu tun hat. SchlieBlich sind die Finanzmarkte ab den siebziger Iahren durch teilweise Jundamentale Innovationen gepragt. • Erstens lauft ein ausgepragter »VerbriefungsprozeB« abo Damit ist ge­meint, daB die Kreditaufnahme von Wirtschaftssubjekten zu einem wach­senden Anteil tiber die Emission von Wertpapieren und nicht mehr tiber Bankkredite verlauft. Die Anleiheemissionen haben sich in den OECD­Landern und auf den Euro-Markten von 6,5 Billionen DM Ende 1980 auf 46,5 Billionen DM Ende 1993 fast versechsfacht. Die Relation der Anlei­heverschuldung zum Sozialprodukt der OECD-Lander stieg im gleichen Zeitraum von etwas weniger als 50% auf rund 100% (Bundesbank 1995a). Mit der Verbriefung von Kreditbeziehungen geht eine sogenannte Disin­termediation einher, also das Ausschalten der Banken bei der Kreditverga­be, da ein groBerer Anteil der Kreditaufnahme der Unternehmen und des Staates tiber die Emission von Wertpapieren abgewickelt wird. Auch bei der Intermediation des Bankensystems gibt es Verbriefungstendenzen, da sich auch Banken verstarkt durch die Emission von Schuldverschreibungen refinanzieren. 1m Rahmen der Verbriefungstendenz ist eine wachsende Bedeutung von Investmentfonds festzustellen, die sowohl von Haushalten und Unternehmen als auch von Pensionsfonds oder der Rentenversiche­rung zur Geldvermogensbildung benutzt werden (Bundesbank 1994a). • Zweitens verschwimmt der Unterschied zwischen dem traditionellen Kapitalmarkt - vor allem festverzinsliche Wertpapiere als langerfristige oder auch spekulative Anlage - und dem traditionellen Geldmarkt - bei-

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Money Makes the World Go Round 209

Einerseits sind im Laufzeit fUr Private zu Substitu-

111 Drittens entwickelten sich nieren immer zumindest fUr einen der ger des Preises von

Finanzderivate. ll Derivate elimi­ne""rtnc'r das Risiko zuktinfti-

Sie dienen damit der Handelbarkeit von del' unterschiedlichen Arten von Derivaten ein Geschiift auf das spe-

zifische Bedtirfnis der werden Der der ausstehenden auf DM-Basis belief

sich Mitte 1994 auf 5 00 Mrd. DM. Seit Ende 1990 wuchs das Geschaft mit Derivaten DM urn durchschnittlich 53% einem Zuwachs beim Geschaftsvolumen der Banken von 8%. Weltweit ist ab den

lahren eine enorme beobachten Bundesbank 111 Viertens bewirken die zunehmende

Summe von mehr Transaktionen uw, !'.C.'U.'VJ

(ohne Kassenbestande der tiber 3% des

der Geschafte mit Derivaten zu

in Frankreich so sank der Wert

Jahre auf linter 4%. In GroBbritannien fiel der Wert im raum von 8% auf rund 3%. In der Deutschland laBt sich ein solcher Trend nicht UClUUi:t1;1l

von rund 7% 1960 auf etwa 5% dann wieder auf derzeit tiber 6%

diesen Verlauf ist darin zu daB DM-Barbesttinde in hohem Ausland werden. Ende 1994 dieser Anteil nach ""h~'~7"n~.~r der Bundesbank 30%-40% der DM-Barbestande. Auch die

kriminellen Sektor diirfte Teil der relativ hohen

11 Bei DeriYaten Yom Forward- une! Futllres-Typ wird hellte ein GcschMt libel' Menge und Preis eines in der Zllkunft zu kaufcne!cn bzw. zu ycrkaufcne!en Vermogcl1sobjcktes (Wiihrungen, Anleihcn, Aktien, Weizen, Kupfer etc.) abgeschlosscn. Das Geschtift muG zllm yereinbmien erflillt werden, so dall sich - wenn der im Vertrag yercinbartc Preis nicht dem Preis entspricht - spiegelbildlich fUr die Veliragspartner VcrIu-sle lind Gewinllc crgeben. Bei diesen Derivaten handelt es sich im Kern lIlll Terminge­schafte, die schon seit lahrzchnten in der Form von Waren- oder Deyisentermingeschaf­ten existieren. Nell sind Derivate yom Options-Typo Hier siehert sich der Options-Kaufer gegen ein Preisrisiko ab, wobei es in seiner Entscheidung iiegt, ob er zum vereinbarten Zeitpunkt die Vertragserflillung Yom in Anspmch nimmt. Somit tragI allsschliel3lich der Options-Verkiillfer Risiko, das cr sich durch eine Optionspriimie vergliten Hi.llt, die der Options-Kaufer auf aile FaIle zu bezahlen hat.

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210 Michael Heine, Hansjijrg Herr

kJaren. Wird die der DM im Ausland dann sich auch in Deutschland ein sinkender relativer

In Deutschland sind im zu anderen entwickelten IndustrieHin-dern die Innovationen relativ schwach Die zunehmende Konkurrenz von ausHindischen Banken und Finanzdienst-

laSt vermuten, daB sich auch in Deutschland Finanzinnovationen durchsetzen werden. So wuchsen die Derivate aufDM-Basis die letzten Jahre weltweit am schnellsten.

3.2 der Finanzintermediation

Eine del' finanziellen Intermediation des hoht das moneUire Transaktionsvolumen und das Volumen des Ur'nH","pl

Effekte sind von einer sol chen nicht zu erwarten. 1m die Effizienz des im Sinne einer besseren Kreditallokation und einer von Transaktionskosten kann durch eine verbesserte Finanzintermediation werden. So sich keine wenn auf dem bankeninternen Geldmarkt Mittel vor der an das Publikum mehrmals zwi-schen Banken verliehen werden und damit das Geldvolumen

Ebenso Haushalte Unternehmen

es ob sich die Intermediation des erhoht odeI' nicht.

es eine Form del' Intermediation des Banken-die die internationalen Transaktionen erhtiht und in keiner Weise

zur Effizienz des Gemeint sind die Euromarkte. Flir Deutschland bei den Euromarkten nur der Euro-DM-Markt eine

da tiber 90% aller dem Euromarkt seitens deutscher Nichtbanken in DM diesen und den

Bundesbank I 1995 die von deutschen Nichtbanken auf dem Euromarkt 13% des inHindischen Li-

M3. 13 sind in Deutschland zu Substituten

12 Das in Deutschland beobachtbarc Phanomen betriCft aile Anlagewiihrungen. Die Bargclcl­haItung in inltindischer Wahrung pro Einwohner lag 1993 in Deutschland bei 1579 US$, in den USA bci 127! US$, in bei 2944 US$ und in del' Schweiz bei 3060 US$. Bci-

IJIC""'C;l>,t,; lag del' Wert in nm bei 746 US$, in Polen bei 143 US$ oder in bei 607 US$ (vgl. zu den Zahlen Bundesbank 1995c).

13 M3 umfal.\( die Bargeldhaltung des Publikullls plus Bankcinlagcn inltincli-scher bis zu einer Klindigungsfrist von unter vier lahrcn plus Spareinlagen inbndischer Nichtbanken mit cineI' Klindigungsfrist von bis Zli drci Monatcn.

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Money Makes the World Go Round 211

fUr inlandische Rund ein Drittel aIler Termin-Deutschland werden auf dem Euromarkt Bei den

dominieren die die 1995 tiber 80% der Euroeinla-gen inlandischer deutscher Nichtbanken hielten, Hinter den Euro-Markten steckt niehts Geheimnisvolles und schon gar nicht etwas Geftlhrliches, 14 Auf Euromarkten werden GescMfte in nationa­ler Ausland werden DM­

und DM-Kredite auf dem Euro-DM-Markt in oder London Der Euro-DM-Markt ist somit nichts anderes als ein im Ausland existierendes des der DM, 1m

sind Euromarkte makrookonomisch so harmlos wie inHindische Eurobanken erhalten zu

von Geschaftsbanken in DM, Ftir Eurobanken und stellt sich dies so daB sie auf ihrem Girokonto bei einer inHindischen

DM bekommen, Die Eurobank wie

einem inltindischen einen Dem Unternehmen wird dann von del' Eurobank

bei der inHindischen Bank weiter-Die Transaktion hat ohne Wechselkursrisiko

und hatte im und ganzen mit dem okonomi-schen Effekt auch im Inland stattfinden konnen, In der Statistik werden doch solche Transaktionen als und

gung prozesse die Deutschland

Eu-

steJlen EuromLirkte keine relevante BeeintrLichti­auf den Euromiirkten ist tiber

inlandischen dem Euro-DM-Markt

auf dem Euro-DM-Markt die inHindi-

14 Guttmann (1996) belll'teiit dies aufgnmd del' fehlcnden Kontrolle diesel' Markte dUl'ch die nationalen Zentralbanken anders,

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212 Michael Heine, Hansjihx Herr

schen Verleihzinsen der Banken sie ihr Geld auf dem Euro-DM-Markt an. Es existiert somit ein enger sogenannter der die der Zinsen auf dem Euro-DM-Markt von den in­Iandischen Geldmarktzinssatzen Als In-

der Geschaftsbanken zur die Euromarkte in keiner Weise eingeschrankt, da Zentralbanken die

tiber den Zinssatz behalten. Oder es etwa del' Bundesbank in Deutschland oder der FED in den USA die Zinsen zu erhahen und eine tiber die '-''''lU~)VIJlU induzierte Krise zu

3.3 Volatilitiit nomineller Risikoabsicherungsgeschafte und

Die Volatilitat nomineller GraBen sowie die Unsicherheit beztiglich deren hat sich seit den siebziger J ahren zweifelsfrei er­

daftir kann in erster Linie der Zusammenbruch des von Bretton Woods im Jahre 1973 und der Ubergang zu

f1exiblen Wechselkursen zwischen den Weltanlagewahrungen US-Dollar, Yen und DM bei Liberalisierung del' Finanz-markte werden. Das System von Bretton Woods harte als Leit-

den US-Dollar und war bis Ende der sechziger Jahre durch weit­Wechselkursstabilitat gekennzeichnet. Zwar waren in dem System

der Leitkurse bei fundamentalen auBenwirtschaftlichen Un-maglich, nur selten

Seit Jahre gibt es eine Schaukel-zwischen den wobei

von DM und Yen ein­es

Jahre bis Mitte del'

stUrzen. 1987 war del' Fall des Dollar mit einem weltweiten Barsenkrach del' starkere Kurseinbri.iche als del' »Schwarze im

Oktober 1929 brachte. Aus dem Zusammenbruch des Bretton-Woods­ein US-Dollar-Block mit clem Kanadischen Dollar und einer

Vielzahl von der Dritten Welt lind ein mit einer GroBzahl

die des Europtii-in den Jain-en 1992 llnd 1993, die zum und aus dem und zu ei-

der Bandbreiten um die Leitkurse auf±15% flihrten.

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Money Makes the World Go Round 213

U"'''Y''F.,m haben Effekte auf andere nominelle GraBen, insbesondere auf das Preisniveau. Jede der Starke der und der Preisniveauschub. Reagieren Gewerkschaften auf den Preisniveauschub mit Geldlohnerhohungen, entsteht eine abwertungsbedingte Preis-Lohn­

die den erhofften Wettbewerbsvorteil der Abwertung verpuf-fen unter Umstiinden zu einer erneuten und eine Abwertungs-Lohn-Preis-Abwertungs-Spirale in Gang setzt. sind somit fijr ein Land nur tragbar, wenn durch

Reallohnverzicht die inflationiiren Effekte einer zu-mindest abgemildert werden. Die siebziger und achtziger Jahre Jieferten eine groBe Zahl von Abwertungs-Lohn-Preis-Abwertungs-Spiralen, die Lander in kumulative Inflationsprozesse flihrten und zu harten Stabilisie­rungskrisen mit Hochzinspolitik, Zusammenbruch der InvestitionsUitigkeit und Arbeitslosigkeit zwangen. Ab Mitte der achtziger Jahre haben sich die Moglichkeiten flir erfolgreiche Abwertungen in der westliche Welt verbes­sert, da das hohe Niveau der Arbeitslosigkeit die Hinnahme von Reallohn­senkungen wahrscheinlicher macht. Hinter Wechselkursturbulenzen stecken internationale Kapitalbewegungen. Sie sind der entscheidende Faktor, wenn eine Abwertungs-Lohn-Preis­Abwertungs-Spirale in eine Situation filhrt, die nieht mehr aufrechterhalten werden kann. An einem gewissen Punkt des Inflationsprozesses bricht niimlich das Vertrauen in die zuktinftige Stabilittit des Wechselkurses zu­sammen und die einsetzende Kapitalflucht filhrt zu einer Wiihrungskrise, die eine Stabilisierungspolitik erzwingt. Die Verlagerung von Vermagen oder die Weigerung neue Kredite zu vergeben kann auch Lander in Wiih­rungskrisen sttirzen, die nieht von Inflationsprozessen betroffen sind. 1m

kann jeder Faktor, der das Vertrauen in die akonomi-eines Landes triibt - hohe Leistungsbilanzdefizite bis hin

zu politischen Veranderungen -, zu Kapitaiumschichtungen und einer ftihren. Flir Zentralbanken sind das

entscheidende Instrument zur von Wahrungskrisen und der Stabilisierung des Wechselkurses. Trotz flexibler Wechselkurse bleiben Zentralbanken dem Primat externer Stabilisierung unterworfen (vgJ. Riese 1986), sie mtissen den Wechselkurs gegenliber anderen Wahrungen stabilisieren, urn Kapitalfluchten zu vermeiden. Der Ubergang zu flexiblen Wechselkursen hat das Niveau der Unsicherheit in der Weltwirtschaft entscheidend erhOht. Davon sind aile okonomischen Agenten betroffen: Unternehmen, die international handelbare GUter pro­duzieren, konnen nicht sicher sein, wie sich ihre Wettbewerbsfahigkeit verandert; Vermogende (Unternehmen und Haushalte) konnen bei ihrer Geldvermogenshaltung nicht ausschlieBen, daB Wechselkursveriinderun-

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214 Michael Heine, Hansjiirg Herr

gen den Wert ihrer Portfolios tiber Nacht drastisch reduzieren; Regierun­gen und Zentralbanken wissen nicht, ob unerwartete Kapitalumschichtun­gen die inHindische Okonomie destabilisieren und die Wirtschaftspolitik in MiBkredit bringen. In einem solchen Umfeld ist es fUr aile okonomischen Agenten rational, vorsichtig zu agieren: Unternehmen sind bei ihren In­vestitionsvorhaben zurtickhaltender; Vermbgende sind immer auf der Hut, im Zweifelsfall zum Zweck der Vermbgenssicherung schnell aus einer Wahrung auszusteigen; Zentralbanken und Regierungen verfolgen unter Umstanden in tibertriebener Weise restriktive Politi ken, urn sich vor desta­bilisierenden Kapitalbewegungen zu schtitzen. Es ist hier nicht der Raum, den Zusammenbruch des Systems von Bretton Woods im Detail zu analysieren (vgl. dazu Herr 1992). Deshalb nur einige kurze Bemerkungen. Das Wahrungssystem zerbrach in erster Linie, wei I der US-Dollar als Leitwahrung aufgrund einer inflationaren US-amerikani­schen Politik - der Krieg in Vietnam und der »Krieg« gegen Armut in den USA - entknappt wurde und sich die nachfolgenden Lander der Wahrungs­hierarchie - trotz Stabilitatsbemtihungen der USA - nicht der US-Politik unterwarfen. Das Bretton-Woods-System scheiterte somit an einer dys­funktionalen Wirtschaftspolitik des Leitwahrungslandes und fehlender wirtschaftspolitischer Kooperation der bkonomisch ftihrenden westlichen Lander. Untersttitzt, jedoch keinesfalls verursacht, wurde der Zusammen­bruch des Wahrungssystems der Nachkriegszeit durch die schrittweise Li­beralisierung des internationalen Kapitalverkehrs wahrend der fiinfziger und sechziger Jahre, die Wahrungsspekulationen erleichterte. Die siebziger Jahre kbnnen als Versuch bezeichnet werden, nationale Politiken ohne die Fesseln des Weltmarktes durchzuftihren - untersttitzt von theoretischen Lehrmeinungen, die flexible Wechselkurse nicht als »second best-Lbsung« angesichts einer Nicht-Kooperation von Landern ansahen, sondern als »first best-Lbsung«, die nationale wirtschaftspolitische Autonomie gewahr­lei stet. Die IIIusionen, die man damals tiber flexible Wechselkurse hatte, platzten an den Wahrungskrisen der siebziger Jahre. Betrachtet man die Entwicklung vom Zweiten Weltkrieg bis heute, dann laBt sich eine deutliche Reduzierung der Vormachtstellung der USA inner­halb der westlichen Welt auf nahezu allen Gebieten feststellen. Langfristig ergibt sich somit ein Ubergang von einer hegemonialen Struktur der (westlichen) Weltwirtschaft zu einer Weltwirtschaft mit mehreren Polen -den USA, Europa und Japan - und in wenigen Dekaden mbglicherweise mit China und RuBland. In einer multipolaren Weltwirtschaft wird es keine Leitwahrung geben, die ihre Stellung aufgrund der Hegemonialstellung des Leitwahrungslandes einnehmen kann. Vielmehr wird es mehrere Wahrun­gen geben, die potentiell die Leitwahrungsfunktion tibernehmen kbnnen und gegeneinander von bkonomischen Agenten in Konkurrenz gesetzt

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Money Makes the World Go Round 215

werden. Es wiire uberzogen, den Zusammenbruch des Bretton-Woods­Systems mit der Erosion der Hegemonie der USA zu erkliiren, jedoch entwickelt sich die Weltwirtschaft ill eine Richtung, die das Entstehen ei­nes hegemonialen Wiihrungssystems wie des Systems von Bretton Woods nahezu ausschlieBt. Wahrscheinlich ist vielmehr, daB sich der gegenwiirti­ge Multiwiihrungsstandard mit der Konkurrenz zwischen mehreren poten­tiellen Leitwiihrungen fortsetzt oder gar verstiirkt. Da der Zinssatz fur Zentralbanken das entscheidende Instrument zur Be­kiimpfung von Wechselkursturbulenzen ist, liefert der Ubergang zu flexi­bIen Wechselkursen mit den damit verbundenen kumulativen Inflations­prozessen und Wiihrungskrisen die Erkliirung fUr die Zunahme nomineller Zinssatzschwankungen seit den siebziger Jahren. Da sich der Kurs umlau­fender Wertpapiere invers zur Zinssatzentwicklung veriindert l5 - also ein steigender Zinssatz mit sinkenden Kurswerten einhergeht -, sind mit stiir­keren Zinssatzschwankungen auch stiirkere Schwankungen der Borsenkur­se verbunden. Zudem wurden durch den Bruch in den siebziger Jahren die Erwartungen destabilisiert, was zu stiirkeren Portfolioumstrukturierungen und Kursausschliigen fUhrt. Fassen wir zusammen: Insbesondere weltwirtschaftliche Entwicklungen ha­ben zu teilweise heftigen Schwankungen bei Wechselkursen, Zinssiitzen, Borsenkursen, Rohstoffen etc. gefuhrt und das Niveau der Unsicherheit er­hoht. Als Reaktion auf diese neuen Unsicherheiten haben sich Instrumente entwickelt, die Wirtschaftssubjekte vor diesen Unsicherheiten schutzen. Die Produktion von Sicherheit uber politisch gesetzte Institutionen beispielsweise in der Form des Systems von Bretton Woods wurde von Marktinstrumenten partiell ubernommen. Das enorme Wachstum traditioneller Terminmiirkte und das Entstehen sogenannter Derivate ist somit Reflex der Veriinderungen in der Okonomie. Soweit solche Derivate Risiken handelbar machen, wirken sie positiv auf die Okonomie zuruck. Denn es besteht aufgrund von Risiko­absicherungsgeschiiften fur okonomische Agenten, die die Unsicherheit re­duzieren wollen, die Moglichkeit, dies zu tun, da es andere gibt, die bereit sind, Risiken zu ubernehmen. So kann beispielsweise das Niveau der Unsi­cherheit von Importeuren und Exporteuren reduziert werden; Wertpapierhal­ter konnen sich vor Kursverlusten schiitzen und damit den Liquiditiitscharak­ter von Wertpapieren erhohen; Farmer konnen ihre Produkte schon beim Sii­en zu bekannten Preisen verkaufen etc. Die ErhOhung monetiirer Aggregate aufgrund von Absicherungsgeschiiften ist somit - im Unterschied zu den ih­nen zugrunde liegenden Ursachen - als unproblematisch zu beurteilen. Auf die negativen Seiten von Absicherungsgeschiiften wird unten eingegangen.

15 Dies liegt daran, daB ftir einen Kaufer eines alten Wertpapiers die effektive Verzinsung des alten Papiers der Verzinsung neu ausgegebener Wertpapiere entsprechen muB.

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216

Eine

Michael Heine, Hansjiirg Herr

internationaler Bei einem

eine deutsche Bank heute die Dollars in den USA fUr drei Monate

selkursrisiko beim Rticktausch der Dollar in DM in drei Monaten zu eli-wird die Bank bei einem den von US-

verkauf'en. Die Bank ist somit vollsUin­auf dem oben beschriebenen

in den USA einschlieBlich Wech-In

rechnen sich Banken und andere bkonomische somit aus, ob sich ihr Vermogen im Inland oder im Ausland besser verwertet - ein Wechselkursrisiko sie nicht ein. Devisenarbitragegeschiifte sind in erster Linie ein Phtinomen flexibler Wechselkurse, da bei festen Wechselkursen und engen Bandbreiten Ter­min- und Kassakurs nicht stark differieren konnen. Devisenarbitragege­schiifte sind trotz ihres Volumens keine genuine Quelle hbherer Instabilita­ten, sondem eine Erscheinungsform von veranderlichen Wechselkursen.

3.4 Verbriefungstendenzen und Modifikation der Anreizstrukturen

Die insbesondere im angelsachsischen Raum beobachtbaren Verbriefungs­tendenzen bewirken eine Schwachung des Bankensystems und eine Reduzie­rung der Rolle des Bankiers als »Ephor del' Volkswirtschaft« (Schumpeter 1926, 317). Die enge Beziehung von Unternehmen zu ihrer Hausbank wire! durch eine lose Beziehung der Unternehmen zu einer grbBeren Anzahl von Gliiubigern - Privatpersonen, Investmentfonds etc. - ersetzt, die Obligationen des Unternehmens halten. Soweit eine tiber die Emission neuer Aktien erfoJgt, erhbht sich unter Umstanden die Anzah! der wobei mit zunehmender Aktienstreuung die Macht der Eigenttimer gegentiber dem

von Informationsvorteilen des letzteren sinkt. Bei der eines Unternehmens tiber Effekten entfiillt die laufende

wachung sowie die professionelle Prtifung von Investitionsvorhaben durch den was eine risikoreichere Unternehmenspolitik bewirken und ne­gative Entwicklungen von Unternehmen erst spat offenbaren kann. 16 Wieweit

16 Diesel' Auffassung folgt auch die Bundesbank (l995a, 27): »Die (feste) Kreditbeziehul1g zu Banken kann - trolz eklatanter Mangel in Einzelfallcn - im ganzen betrachtet insbeson­dere deshalb effizient scin, weil sic fijI' die Bank Anrcizc zur laufcnden Beobachtung des Schuldners sehafft, die bei einem breit gestrcllten Wertpapierbesitz fUr den einzelnen Glaubiger nieht unbedingt bestchcn. Gleiehzeitig wird del' InformationsfluB zwischen Banken lind Schuldnern kanalisiert und bleibl damit sowohl vall den Kosten als auch mit Blick auf die Publizittit iiberschaubar.«

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Money Makes the World Go Round 217

als

im Ver-

das Volumen umstrukturierbaren Durch den beschriebenen Effekt besteht die Gefahr einer »Kurz­atmigkeit« der Finanzmarkte. 17 Dies daB mit der Zunahme der

, ________ von Vermbgen der Zeithorizont von Wirtschaftssubjekten ver-kilrzt wird. Besteht ein Teil des Vermbgens aus dann wird ein groBerer Teil des Vermbgens invers zu Zinssatz- und Erwar­tungsanderungen schwanken. Durch solche potentiell starken Schwankungen, werden sich Wirtschaftssubjekte unter UmsUinden wei­gem, langfristige Wertpapiere zu kaufen, da diese starkeren Schwankun­gen ausgesetzt sind als kurzfristige. Gleichzeitig steigt das Bedilrfnis nach Risikoabsicherungsgeschaften, was wiederum zu einer Stimulierung mit Derivatsgeschaften filhrt. SchlieBlich besteht die Gefahr, daB sich die Kreditportefeuilles der Banken verschlechtern, da finanzstarke und eta­blierte Untemehmen einen einf"acheren Zugang zum Kapitalmarkt haben als Unternehmen, die flir Glaubiger ein grOBeres Risiko beherbergen.

FUr verschiedene Autoren 1992b, 4. Kapitel; Schubert 1985) sind zunehmende Verschuldungsquoten von Konsumenten, U nternehmen und vor all em von offentlichen Haushalten und Staaten ein Ausdruck fUr die relative Verselbstandigung monetarer Prozesse und den dawus abgeleiteten Instabilitaten der Wir teilen die daB hohe

""'''V'_vH unter bestimmten Umstanden die Fragilitaten einer Volkswiltschaft erhohen konnen. Grundsatzlich sind hohe Verschuldungs-

von Unternehmen, und Offentlichen Haushalten oder von ganzen Staaten alleine betrachtet kein beunruhigendes Zeichen. Besonders deutlich ist dies beim Unternehmenssektor. Eine hohe Fremdkapitalquote der Unternehmen driickt zunachst nur aus, daB sie eine hohe AuBenfinan­zierung haben. So kann eine steigende Fremdkapitalquote Aus-

17 Nach Angaben der Bundesbank (l995a, 30) hat das Verhiiltnis zwischen dem Umsatz an deutschen Borsen und dem Kursweli umlaufender Welipapiere - die Umschlaghaufigkeit von inlandischen Rentenwelien - von 1990 bis 1994 um 50% zugenommen.

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218 Michael Heine, Hansj6rg Herr

druck einer starken und anhaltenden Investitionstatigkeit sein. Unter Gleichgewichtsbedingungen vermag eine hohe Fremdkapitalquote die Ge­winne schon gar nicht zu belasten, da im Gleichgewicht die Verwertung von Eigenkapital der von Fremdkapital entsprechen muB. Unterscheiden sich deren Verwertungsraten ergeben sich Portfolioumstrukturierungen, die zu einer Anpassung der Verwertungsraten fUhren. Bei einer Fremdkapital­quote von hundert Prozent muB letztlich die Verwertungsrate von Prod uk­tivkapital ebenso hoch sein wie bei einer Fremdkapitalquote von Null. lR

Werden anstelle einer Gleichgewichtsanalyse dynamische Prozesse unter­sucht, so mussen hohe und steigende Verschuldungsquoten nicht wirkungs­los bleiben, da sie den negativen Effekt eines steigenden Schuldner- und GIaubigerrisikos beinhalten. Fur Schuldner wird bei einer steigenden Ver­schuldungsquote das Cash-Flow-Management bei konjunkturellen oder strukturellen Storungen schwieriger. So kommen Unternehmen mit hoher Verschuldungsquote bei UmsatzeinbuBen schneller in Liquiditatsprobleme als jene mit niedriger; private Haushalte, die mit Kredit Immobilien kau­fen, werden beispielsweise durch Zinssatzerhohungen bei hoher Verschul­dung schneller zahlungsunfahig als bei geringer; offentliche Haushalte konnen bei Zinssatzsteigerungen und hoher Verschuldung in endogen stei­gende Budgetdefizite gedrangt werden; Lander, die hoch in auslandischer Wahrung verschuldet sind, werden bei ausfallenden Umschuldungen oder zusammenbrechenden Exporteinnahmen zahlungsunfahig etc. Das GIaubi­gerrisiko steigt, weil mit steigender Verschuldungsquote das (verptandete) Sicherungsvermogen fUr den Glaubiger relativ abnimmt. Glaubiger werden bei ansonsten unveranderten Bedingungen bei steigender Verschuldungs­quote bei ihrer Kreditvergabe vorsichtiger. Ein hohes Niveau der Verschuldung lOst zwar selbst keine krisenhafte Entwicklung aus, wird die okonomische Entwicklung jedoch, aus welchen Grunden auch immer, krisenhaft, verstarkt es die Instabilitat der Okono­mie. Insgesamt nimmt die Fragilitat der Okonomie bei steigenden Ver­schuldungsquoten aufgrund leichter und starker auftretender Liquiditats­probleme zu (Minsky 1990).

18 Dessen ungeachtet kann zumindest in del' Bundesrepublik von einer steigenden Fremd­kapitalquote des Unternehmenssektors wiihrend des letzten lahrzehnts nicht ausgegangen werden. Nach Berechnungen del' Bundesbank (1992, 34) hat sich von 1978 bis 1989 del' Anteil del' Eigenmittel an del' Bilanzsumme im Unternehmenssektor sagar von 25,0% auf 25,6% erhOht. Bei Kleinunternehmen und bei mittleren Unternehmen konnte jedoch eine Verschlechterung des AnteiIs del' Eigenmittel an del' Bilanzsumme festgestellt werden. Der Wert sank zwischen 1978 und 1989 bei Kleinunternehmen von 21,9% auf 17,5% und bei mittleren Unternehmen von 20,9% auf 17,7%.

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Money Makes the World Co Round 219

und

Mehrere im verstarken die okonomische Insta-die in dem Zusammenbrueh eines stabilen

der Konkurrenz der Weltreservew~lh-rungen seit dieser Zeit und def wirtschaftliche der ftih-renden westlichen Lander ihre hat. Durch die Einfuh-rung t1exibler Wechselkurse und dem Entstehen von Finanzderivaten ent-standen neue Medien der Zudem hat sich dureh tendenzen del' Anteij des def bei Zinssatz- und/oder

ausgesetzt ist. Portfolioum-konnen in massiverem vorgenommen werden als fru-

her und zu Turbulenzen auf nationalen und internationalen Markten fUhren. Flexible Wechselkurse und eine markte schaften fundamental ersehuttern konnen. Wenn z. B. erwar-tet in Milliardenhohe die ernsthafte aber aueh Reservewiih-

sind starken Weehselkursturbulenzen Ausgangs-konnen im Zweifelsfall oder okonomische Er-

die flir sich genommen eine Volkswirtsehaft kaum belasten wUrden. Diese Konstellation flihrt daB Staaten naeh Kraften

eines Vertrauensverlustes in die eigene verhindern mUs-sen. Die nationale muG mit aller Harte dem Primat der »exter-nen Stabilitat« unterworfen werden. Eine entsehlossene

die den Weehselkurs zu eine solche

Investitio-

Die von Derivaten hat zwar auf der einen Seite Risiken hand-habbarer auf der anderen Seite neue Instabilitaten ge-schaffen. Insbesondere die mit Derivaten kann destabilisierend

in der Gegen-ihrer

der

in eine Situation geraten, die sie fi­nanziell iiberfordert und okonomiseh zusammenbrechen laBt.I~ Man denke

19 »Zu dcnkcn ist hier etwa an die Gefahr, dall ein bewuflter Risikoaufbuu (aus spckulaliven GrUnden) und/oder eine Konzentration von Marklpreisrisiken bei wenigen Markttcilneh-

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220 Michael Heine, Hansjijrg Herr

an das der britischen tionen mit Derivaten untergegangen ist

konnen kumulative Prozesse erzeugen, bei denen sich spe-kulative Blasen die dann eines in alief sen Die des nationalen und internationa-len eines breiteren fUr

die Finanzmarkte wurden einem »Kasino« gleichen, teilen wir allerdings nicht. unterstellt das lismus daB »Fundamentals«

keine Rolle spiel en. Die Spekulation erfahrt dann einen da sie sich ausschliel:\lich auf sich selbst bezieht. In Ge­gensatz zu dieser gehen wir davon aus, daB Wirtschaftssubjek­te gezwungen sind, auf Basis einer ungewissen Zukunft gegenwartig zu handeln. Vermogenssicherung - also die Verhinderung von Vermogensver­lusten und die Erhohung des Vermogens nur im Rahmen eines subjektiv akzeptierbaren Risikos - muB fUr die meisten okonomischen Agenten als weitaus relevantere Verhaltensannahme gelten als der Wunsch nach Speku­lation in einem Kasino. Dies aber impliziert, daB Fundamentals ins oko­nomische Kalkiil einbezogen werden. Durch die skizzierten Veranderungen ist das systemische Risiko im Finanz­system gewachsen. Damit ist gemeint, daB die Gefahr des Zusammenbru­ches von Schuldnern mit der Konsequenz des ReiBens von Kreditketten und kumulativen Prozessen gestiegen ist. Man denke an den weltweiten Borsenkrach im Herbst 1987 und den - oben schon angesprochenen - durch Spekulation mit Derivaten bedingten Zusammenbruch der Baring Bank; man denke an die sich tiber Jahre hinziehende Sparkassenkrise in den USA in den Jahren der massenhaften von Immobilienkaufern (insbesondere und dem Ver­fall der Immobilienpreise; eine ahnliche Entwicklung - allerdings verstarkt durch ein hohes Uberangebot an Btiroflachen - belastet das japanische

mit hohen bis man von Schwellenlandern - ein besonders

instruktives Beispiel ist hier das sowohl Mitte 1982 als auch Ende 1994 durch Zahlungsbilanzkrisen die entwickelte Welt zu massiver finan­zieller Hilfe zwang.

mern eine Finanzmarktkrise mit systemgeftihrdenden Dimensionen zu Folge hat« (Bundesbank 1994b, 46).

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Money Makes the World Go Round 221

4.

4. J Veranderte an die

markten auf den Finanz­

Dies betrifft

Funktion der Zentralbank als Lender of Last Resort muS in einem umfas­also nicht

durch eine "'ntc,...n·,~h,'n

des Privatsektors aufrechterhalt. Eine solehe Politik seitens der flihrenden Zentralbanken der Welt war das entscheidende den Borsenkrach von 1987 in seinen In

durch Interventionen In den USA mu/3ten die Steuerzahler Milliarden Dollar autbringen, um die kassenkrise zu IOsen. 1m Gefolge der Mexikos im Jah-re 1994 schni.irte die internationale und internationale Institutionen ein von (Brand, Rohm Un-seres Erachtens haben Zentralbanken internationale sationen und ihre neue umfassende Rolle als Lender of Last Resort mittlerweile angenommen. Auf nationaler Ebene haben Zentralban-ken immer die Finanzkrisen zu Auf internationaler Ebene existiert keine Weltzentralbank Zwar wurde der Internationale als Teil des von Bretton Woods um unter anderem als in-

besteht die Ge-eines flihrenden Landes wie die USA

oder durch diese Funktion auf internationaler Ebene nicht ausreichend wird. Eine der finanziellen Potenz des Internationalen oder anderer international render Institutionen konnte das Problem miJdern. Durch bricht das rung zusammen. In etlichen Landern ist die

daG die von der Bundesbank noch verwendeten gate, auch das ihre verI oren haben. \A/"rh'~n mit Laufzeit haben in der Tat eines entwickelten Sekundtirmarktes eine Generell ist mit den

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222 Michael Heine, Herr

des Sekundarmarktes

Instrument C;TC'<T'>'e>" wie M3 von sekunda­

die in sei­

Kurswert schwanken laSt. Durch diesen Effekt ist zu erwarten, daS national und international verstarkte Portfolioum­

die einerseits die Wirksamkeit der Geld­wenn durch

Zinssatze zu von Landern mit

einem starkeren MaDe die wird durch die Verklir­

Macht def Zentralbank ge-

werden durch Innovationen immer In einer Wirt-

schaft wlirde die Macht der Zentralbank verschwinden. Nun ist eine solehe Wirtschaft ein theoretisches Konstrukt. Selbst wenn die des Pllblikllms auf Null

die Existenz von die damit in der

20 Mit del" Vcrbrieflll1g »einher ging die Erosion Zllvor stabiler Relationen zwischen cien Kredit- llnd Einlagebestanden del' Bankcn lind den claraus abgelcitetcn Gelclvoiumensgro-Bell eincrseits und der Entwicklung des PreisniveaLls zmdererseits. Notenbunkcn muBten dcshnlb das Konzept einer geldmengenorienticlten Poiitik (Bundes-bank i995a, 21). Die Bundesbank hat auf die Entwicklung so reagier!, daB sie ucben M3 ein Aggl'egat »M3 erweitelt« eingeflihlt hal, clas die Anlagen bci Auslandsfilialen unci -Wchtel'll deutschcr Banken und Anlagen in Gcldmarktfoncls bel'licksiciltigt.

2 I Sei! del' Einflihnmg cler im Jahre 1973 erziclte die Bundesbank ei-ne Trefferquotc von nur etwa Andere Lander - etwa die USA - haben nach eincr kurzen Tcstphase eine Gcldmengensteuenmg allfgegcbcn.

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Money Makes the World Go Round 223

und einer etabliert werden sollten. Um die WettbewerbsvOlteile von Banken auf den Euro-Markten zu

von finanziellen Transaktionen auf anderem sanktioniert werden.

4.2

Der Bruch der okonomischen daB unsicherheitsreduzierende

von Bretton Woods und die danach tionale Politi ken ohne zen durchzuflihren. Die Rtickkehr zu einem weltweiten Wechselkurse zwischen den relevanten der Welt wurde einen

Bereich der

von

sen Staaten ein solches wtire als erster Schritt die Ruckkehr zum

der Weltwirt-

Staaten zwischen die­

Vor diesem

mit engen Bandbreiten allen EU-Landern wunschenswert Die Chancen fur das Entstehen eines weltweiten kurse sind Zeit minimal. Erstens

willens und von ihrer okonomischen und auch gegen WidersUinde durchzusetzen.

zu einer verstarkt Welt eine Stabilisic-rung weltwirtschaftlicher Prozesse durch eine

immer unwahrscheinlicher. Somit verbleibt als nationale Aber auch hier ist stem fester Wechselkurse ein AusmaB an

unter weltwirtschaftliche finden ist Somit erscheint als wahrscheinlichste

absehbarer Zeit durch flexible

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224 Michael Heine, Hansjijrg Herr

verbleibt die daB bei kumulativen bisher - die ftihrenden Lander

mildem Autoren mit Hilfe del' soge-

nannten Tobinsteuer fUr mehr Sicherheit und Stabilitat zu sorgen zur Diskussion Kulessa Tobin hat von interna-tionalen und insbesondere del' eine Steuer auf aile Devisentransaktionen Eine solche Steuer wurde si-cherlich die wenn ein erwartet

wird. Werden trotz der Steuer erwartet, werden internationale nicht

unterbunden. Bei flexiblen Wechselkursen ist - sieht man von einem sehr der

letztere Fall wahrscheinlich. - der auch die Form

kann - durch eine Devisentransaktionssteuer in keiner Weise Nehmen wir als die Mexikos Mexikobaute in den lahren VOl' der Krise die im wesentlichen durch Portfolioinvestitionen finanziert wurden. Durch ein

von urn fast Solche Wechselkursturbulenzen lassen

sich durch eine Devisenumsatzsteuer in keiner Weise verhindern. SchLld­Iich ist die einer Tobinsteuer der hier diskutierten

doch dUffle ihr fiskalischer Charakter - falls ei-ne die Steuer einfiihrt und sie damit administrativ handhabbar wird - zur

von internationalen

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22 In der Umuheprovinz Chiapas sollte ein Gouverneur eingesetzt werden, del' von den Za­patisten abgeJehnt wurde; gJeichzeitig wurcle clem nellen Fiuanzminister Jaime Serra we­nig Vertrauen entgegengebraeht (vgl. Brand, Rohm 1995).

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Money Makes the World Go Round 225

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" I EUROpAISCHE REVUE

Heft 11

Leggewie Die 8ger - Generation ohne Eigenschaften?

Shmuel Eisenstadt Generationsbewul3stsein und Modeme

Der Generationenvertrag

1m Ausland derVofstadte Generatianspartei FIDESZ

Dariusz Gawin Generation ahne Gesicht

Heinz Bude Bilder vom Osten HUge Landweer Generatianen in der Frauenbewegung

Gerald Knaus Beatrjx

Obrisl

Sebastian Reinleldl Aleksander Smolar

Generation X in Czernowitz

Gruppe Rater Bbrsenkrach Interview mit Gerwald Rn,,,kp",,,,h,,,

X is dead

Kwasniewskis Polen Osterreich in Europa

Herausgeber: Krzysztof Michalski !nstitut fOr die Wissenschaften vom Menschen Spittelauer Lande 3 A - 1090 Wien

Verlag neue kritik Kettenhofweg 53 D - 60325 Frankfurt/Main Tei. (+49 69) 72 75 76 Fax (+49 69) 72 65 85

Preis: Abonnement DM 36,-/6S 281,­Einzelheft DM 20,-/6S 156,-

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Internet

Das erstaunlich rasche Wachstum des Internets hat zu einem neuen Pha-das nur fUr die

ist zum Medium fUr den

in tel vorhanden ist. Es Internet h~cC"'hC~'

tiber die im vor allem wei I tiber das Netz meistens

nUf werden

wirkliche Transaktionen Obwohl der neue virtuelle

zu den vorhandenen reellen

konnte. Die Firmen Visa und Mastercard schatzen daB die des elektronischen Kommerzes bereits an einem »kritischen

ist Mastercard entsteht fruher oder Geld - das

tierte Austauschmittel. Das ist der Fall im wo innerhalb von Monaten eine Lawine von verschiedenen elektronischen Geldva-

rianten entstanden ist. Die ahnelt del' des stems in wahrend der Bildflache

auf der Mtinzen ersetzten. So wie

italienische ihr Geld selbst Nord-amerika achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert Finanziers die Lticke fUllten. die keine einzunehmen so kon-kurrieren heute verschiedene Ansatze die Vorherrschaft auf dem Ge-biet der elektronischen Bennahum (I sieht darin eine ahnelt - auf dem ste-hen Milliardenumsatze und die virtuellen Bankiers def Neuzeit als Vermittler einstreichen konnten. Die Teilnehmer reichen von etablierten Finanzinstitutionen wie Visa oder bis hin zu unbekannten die bei dieser Pilze aus dem Boden sind. Es

PROKLA. Zeitschrififlir krilische Sozialwissel1schafi. Heji 103, 26. Jg. 1996, Nr. 2, 227-240

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228 Raul Rojas

den im Jahr 2000 25% der Rechnungen der HaushaIte in den USA iiber das globale Datennetz bezahlt, wiirde sich dies auf 310 Mrd. US-Dollar im Jahr aufaddieren. Gerechnet wird auch mit groBen Einsparungen, falls es gelingt, Miinzen und Bargeld zu ersetzen. Drei Viertel aller Zahlungen werden gewohnlich mit Bargeld beglichen. Die Kosten fiir Handel und Banken, die sich aus der VerwaItung des Bargeldes ergeben, sind fiir Eu­ropa auf 45 Mrd. US-Dollar geschatzt worden. Kaufer, die statt Miinzen Chipkarten verwenden, konnten zur Entstehung des reibungslosen Kapita­lismus (Gates) beitragen. Die groBe Frage bei dieser ganzen Entwicklung ist, wie die notwendigen Standards und die Interoperabilitat der verschiedenen elektronischen Markte garantiert wird. Dies ist keine einfach zu lOsende Aufgabe, weil das Internet die nationalen Grenzen iiberschreitet. Es ist der Markt, der iiberall und doch nirgends ist. Wer soll Steuern auf die Transaktionen erheben? Wo werden die Geldfliisse letztendlich zum Ausgleich gebracht? Wer wird die Ausgabe des elektronischen Geldes iiberwachen? In welcher Wahrung werden die Transaktionen berechnet? Die Beauftragte des Biiros fiir Tech­nologieabschatzung in den USA, Linda Garcia, hatte sicherlich recht, als sie bei einem Hearing im Amerikanischen KongreB sagte, daB elektroni­sches Handeln »Raum und Zeit zwingt«. Es entsteht ein babylonischer Turm der Geldsysteme, der das prazise und iiber viele Jahre ausgearbeitete regulatorische Geflecht des internationalen Finanzsystems in einiger Zeit an unbekannte Ufer bringen wird. Diese Problematik wollen wir in diesem Beitrag analysieren. Wir mochten aber zuerst erlautern, welche technischen Mittel sich hinter den vorge­schlagenen Methoden verbergen, urn dann im letzten Teil des Aufsatzes auf die sozialen Konsequenzen zuriickzukommen.

Der elektronische Marktplatz

Bis vor kurzem gab es keine sicheren demoskopischen Zahlen iiber das Internet und iiber sein Potential als zukiinftiger Markt fUr Waren und Dienstleistungen. Vorhanden war nur eine Reihe von Netzumfragen und viele anekdotische Hinweise darauf, daB das Internet im Begriff war, zu einem echten Markt zu werden. Netzumfragen (d.h. solche, bei denen die Formulare iiber das Netz verschickt werden) haben jedoch den NachteiI, daB sie wenig reprasentativ fUr die Gesamtbevolkerung sein konnen. Neue­re Erhebungen, die von einem Konsortium von amerikanischen Firmen fi­nanziert wurden, zeigen jedoch, daB das Internet bereits zu einem interes­santen Marktplatz geworden ist. Die von CommerceNet und Nielsen Media Research durchgefUhrte HaushaItsumfrage kam zu foIgenden Ergebnissen (bezogen auf die USA und Kanada):

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Elektronisches Geld im g/obalen Dalennetz 229

17% ca. 37 der Personen tiber sechzehn Jah-re haben auf Internet

I % (ca. 24 der Personen tiber sechzehn Jahre benutzten das Internet in den letzten drei

etwa 8% 18 der Personen tiber sechzehn Jahre benutz­ten das World-Wide-Web in den letzten drei

Internet-Benutzer sind im Durchschnitt 5 Stunden und 28 Minuten pro Woche im Internet (die meisten jedoch weniger als eine

Manner stellen 66% der Internet-Benutzer und verbrauchen 77% der

etwa 14% (ca. der WWW-Benutzer haben bereits Waren oder Dienstleistungen tiber das Internet gekauft. Diese Ergebnisse (die in den USA teilweise skeptisch aufgenommen wur­den) lassen sich nattirlich nicht ohne weiteres auf und andere Lan­der tibertragen, aber durch das explosive Wachstum des Internets werden die demoskopischen Zahlen fUr Europa in wenigen Monaten auch ahnlich aussehen. Die RealiUit wird sicherlich die jetzige Statistik tiberholen. Jetzt stellt sich nattirlich die Frage nach der Zahlungsmethode, wenn diese breite Masse von Internet-Benutzern bereits Waren elektronisch bestellen kann. Das einfachste Schema besteht darin, die schon vorhandene Infra­struktur des Kredikartenverkehrs zu verwenden. Die traditionellen Kredi­kartenfirmen haben aber lange Zeit gezogert in den Internet-Markt einzu­steigen. Der Grund liegt auf der Hand: Anders als die Geldautomaten oder die Point-of-sale-Gerate, die in dem Netz der Banken integriert sind, besteht das Internet aus sehr verschiedenen Teilnetzen mit unter­schiedlichen technischen Standards. Das Internet ist aber vor aHem ein of­fenes Netz. Typische Internet-Ubertragungen stell en ein nicht zu unter­schatzendes da eine elektronische Botschaft im Durchschnitt liber 10 Rechner lauft und somit ohne graBen Aufwand hart und kopiert werden kann. Das Internet ist in dieser Hinsicht unsicherer als ein der nur Kaufer und Verkaufer verbindet setzt, die lauscht Dies hat die des ersten Internet -basierten

1995 Offnete die nicht verhindert: im

First Network Bank ihre deren Konten von den US-BundesbehOrden versichert sind. Inzwischen ist im Internet eine neue Art del' finanziellen Vermittlung zwi­schen Kunden und Kreditkartenfirmen entstanden. Kleine finanzielle Vermittler libernehmen die Funktion der sicheren der Kredit­kartennummer. Die einfachste Methode dafUr ist die von First Virtual Holdings entwickelte, die im Oktober 1994 an den Markt Netz) ging (Borenstein et al. 1995). K~iufer und Verkaufer eine Registrie-rungsnummer bei First Virtual - der Kaufer seine Kredit-

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230 Rml! Rojas

kartennummer, der Verkaufer eine Kontonummer fUr Del' Kaufer bestellt per elektroniseher Post oder mittels des WWW's und del' Verkaufer die an First Virtual diese den Kaufer

ob werden soli

daB keine Kreditkartennummer, sondern nur der vereinbar­te PIN tiber das Netz flieBt. Die finanziellen Vermittler sind eine Art ver-

Arm del' Kreditkartenfirmen und zur def Trans-aktionskosten bei. In diesem Fall wollen wir nicht von elektronischem Geld da nur die tiblichen Kreditmechanismen verwendet werden.

wie z.B. verschltisseln die Kreditkartennum-mer des Kunden und lei ten diese Information an die Kreditkartenfirmen. Der Kaufer und def Verkaufer U~t'Vl'h""H Software von Cash elektronische Kommu-

umsetzt. Der Verkaufer kann die Kreditkarten-Daten des Kunden nieht sondern leitet sie an das die ent­zifferten Daten in das Netz def Banken und Kreditkartenfirmen bringt. Die

fUr eine Transaktion sollte 15 bis 20 Sekunden dauern. Sicherlich ist diese Art der finanziellen Vermittlung in dann, wenn Mastercard und Visa selbst ins Internet vall aber def Markt in diese Richtung erkennt man aus den Erfahrungen von First die mit ihrer Low-Tech-Lasung im Jahre 1995 aile sechs Wochen eine der Kundenbasis erlebte. Die Funktion der Vermittler konnte jedoch in der Zukunft darin firmen vor Internet und seinen technischen abzuschotten. Die

Andere haben tales Geld darstellen und die nicht an das

einer Tochter der Nat-

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Elektronisches Geld im giobalen Datennetz. 231

West Bank in wird. b) On-fine-Geld da-gegen wird interaktiv zwischen Kunden und Banken line-Geld der Verkaufer bei der ob das

echt ist. Dies setzt voraus, daB aile Transaktionen innerhalb des Netzes verlaufen. On-line-Geld kann des weiteren anonym bzw. teil-weise anonym werden.

Geld soli dieselben Funktionen wie traditionelles Geld iiberneh-men. Nach Okamoto und Ohta 1) soil Geld fol-

besitzen. Es sollte a) ein sicheres Austauschmittel c) d) un-

sein zu einem Zentralrechner auszugeben). AuBerdem sollte es ein­

fach zu benutzen sein und in verschiedenen Denominationen existieren. Geld ist aber nicht mehr an etwas Materielles gebunden, wie ein

der schwierig zu falschen sondern es ist eine reine eine Folge von Nullen und Einsen. Zahlen sind unbegrenzt haltbar und

sie existieren ja nur »virtuell«. Sie konnen aber nur allgemein als wenn es geIingt zu verhindern, daB sie nach Belie­

ben erzeugt werden. Hier ist die Stelle, wo die moderne Kunst der Ver­schliisselung geheimer Botschaften zum Zuge kommt. Wir miissen tiber

reden, um das digitale Bargeld verstehen zu konnen.

bildet die Grundlage eines jeden sicheren nanzielle Transaktionen bedeutet auf

Methoden erlauben Information auf solche Weise zu

aus dem chiffrierten den Text zu rekonstruieren. Kreditkar-tennummer, sollten auf offentlichen Datennet-zen, wie dem nicht im Klartext sondern nUf chiffriert werden. Es sollte verhindert daB Handler oder Dritte Kreditkar-tennummern aus dem Netz lesen und urn damit

Transaktionen zu initiieren. soli ten offentliche Datennetze damit einen hoheren der erreichen konnen. Dies ist da ein ein-

die Sicherheit von Tausen­den von Bankkonten in Frage stellen konnte. Moderne Methoden arbeiten mit einem Schliissel, der ei­ne eindeutige Chiffrierung der N achricht erlaubt. Besteht die N achricht z.B. aus 1000 Nullen und so kann der Sender mit dem

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232 Raul Rojas

Empfiinger (Bob) vorher einen Schltissel austauschen, der aus 1000 zufaI­Jig gewahlten Bits besteht. Der Schliissel darf keinem anderen bekannt sein. Alice chiffriert die Nachricht Bit filr Bit dann so, daB, wenn das Schltisselbit 1 ist, das Komplement des Nachrichtenbits tibertragen wird (l statt 0, oder 0 statt 1) und wenn das Schltisselbit 0 ist, das unveranderte Nachrichtenbit tibertragen wird. Ein mogJicher Angreifer sieht tiber die Leitung nur eine Zufallsfolge von Nullen und Einsen und kann die Nach­richt nicht rekonstruieren. Der Empfiinger, also Bob, weiB jedoch, we1che Bits vertauscht und we1che ohne Anderungen tibertragen wurden (da er den Schliissel kennt) und kann die Nachricht ohne wei teres reproduzieren. Dieses Verfahren bietet absolute Sicherheit, hat aber den Nachteil, daB je­desmal ein neuer Schliissel generiert und ausgetauscht werden muB. Soli der Schltissel tiber ein Kommunikationsnetz tibertragen werden, befinden wir uns wieder beim Anfangsproblem der sicheren Dateniibertragung. Dieses Grundproblem hat zu der Entwicklung von Chiffriermethoden ge­ftihrt, die mit einem kiirzeren Schliissel arbeiten, die wiederholt filr einzel­ne Blocke der Nachricht verwendet werden. Es gibt symmetrische und asymmetrische Methoden. Symmetrische Verfahren arbeiten mit einem einzigen Schltissel, der sowohI dem Sender als auch dem Empfiinger be­kannt sein muB. Der Schltissel, mit dem die Nachricht chiffriert wird, ist auch der Schliissel mit dem die Nachricht dechiffriert wird. 1m Juli 1977 hat das National Bureau of Standards der USA nach langen Beratungen mit der National Security Agency das DES-Verfahren (Data Encryption Stan­dard) zur offiziellen kryptographischen Methode filr unklassifizierte binare Daten erklart. DES wurde somit in die Rolle des de-facto-Standards filr kommerzielle Datensicherheit erhoben. Eine 64-Bit-Nachricht wird mit DES in eine 64-Bit-Chiffre verwandelt. In sechzehn aufeinanderfolgende Stufen werden die ursprtinglichen Bits der Nachricht permutiert und ersetzt. Der Schliissel, der die genaue Form der Permutationen und Ersetzungen festlegt, besteht aus 64 Bits, wobei nur 56 effektiv ftir die Chiffrierung verwendet werden. Die von DES erzeugte Chiffre kann mit einem Kasten verglichen werden, der die Daten verbirgt. Der vereinbarte Schliissel kann den Kasten schlieBen und nur dieser Schltissel kann den Kasten wieder aufmachen. Der Empfanger der Nachricht ist nach der Dekodierung sicher, daB nur der ande­re Besitzer der Schliissel die Daten hat chiffrieren konnen, wahrend der Sen­der sicher ist, daB nur der Empfanger den Kasten aufmachen kann. DES wird heutzutage ftir die Verschliisselung von kommerziellen Daten und auch filr die Ubertragung finanzieller Transaktionen verwendet. Spe­zielle, von dem National Bureau of Standards iiberprtifte Schaltungen, konnen in Echtzeit mehrere Millionen Bits pro Sekunde chiffrieren. Der groBe Nachteil von Systemen, die einen einzigen Schltissel verwen­den, ist erstens, daB der Schltissel ausgetauscht werden muB und zweitens,

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Elektronisches Geld im globalen Datennetz 233

daB fUr die sichere Kommunikation von einer Person mit 100 anderen Per­sonen 100 Schliissel ausgetauscht werden miissen. Will man z.B. die Kommunikation zwischen Kaufer und Verkaufer chiffrieren, miiBte jeder Kaufer mit jedem Verkaufer einen pers6nlichen Schliissel vereinbaren, ein offensichtlich aussichtsloses Unterfangen. Hier kommen kryptographische asymmetrische Verfahren mit zwei Schliisseln zum Zuge. Sie wurden Mitte der siebziger Jahre eingefUhrt und haben das gesamte Gebiet der Kryptographie revolutioniert. Die sogenannte »Public Key«-Kryptographie verwendet fUr die Chiffrie­rung und Dechiffrierung zwei unterschiedliche Schliissel. Wesentlich dabei ist, daB die Nachricht in einem Kasten verborgen werden kann und daB er mit jedem der beiden Schliissel zugeschlossen werden kann. Der Kasten kann aber nur mit dem jeweils anderen Schliissel wieder aufgemacht wer­den. Bob kann z.B. Kopien des einen Schliissels an jede andere Person ge­ben (dieser Schliissel wird dann als »public«, also Offentlich bezeichnet). Jeder kann etwas fUr Bob chiffrieren. Aber nur Bob kann den geschlosse­nen Kasten (d.h. die Chiffre) wieder aufmachen und zwar mit dem ande­ren, seinem »privaten« Schliissel. Auf diese Weise braucht jede Person nur zwei Schliissel. Der Offentliche Schliissel wird wie im Telefonbuch allge­mein zuganglich gemacht, der private Schliissel wird dagegen geheim ge­halten. Das sogenannte RSA-Chiffriersystem (Rivest et al. 1978) arbeitet mit zwei Schliisseln A und B. Kern des Verfahrens ist die Exponentiation des Da­tenblocks auf eine sehr hohe Potenz und das Durchfiihren einer sogenann­ten Modulo-Operation. Der 6ffentliche Schliissel Adient als Exponent fUr die Chiffrierung. Das RSA-Verfahren hat sich in den letzten Jahren (in ver­schiedenen Auspragungen) zum Standard auf dem Gebiet der Public-Key­Kryptographie entwickelt. Eine interessante Anwendung der asymmetrischen Kryptographie sind di­gitale Signaturen. Wenn man heute ein Dokument unterschreibt, kann die Unterschift bei einer digital en Ubertragung (z.B. per Fax) retuschiert oder verfaIscht werden. Eine digitale Signatur ist aber viel schwieriger zu fal­schen. Dabei wird folgende Methode verwendet: Nehmen wir an, daB Ali­ce ein Dokument iibertragen und unterschreiben will. Nach dem Dokument sendet sie einen Klartext, z.B. ihren Namen N, und den chiffrierten dazu­geh6rigen Text A(N). Alice verschliisselt N mit ihrem privaten Schliissel A. Bob entschliisselt A(N) mit Hilfe des Offentlichen Schliissels B von Ali­ce (den er kennt). Falls das Resultat identisch mit N ist, kann er sicher sein, daB Alice diese Information erzeugt hat, da nur sie iiber den zum 6ffentli­chen Schliissel B komplementaren privaten Schliissel A verfUgt. Kann der Chiffrieralgorithmus nicht geknackt werden, kann auch die digitale Unter­schrift nicht verfalscht werden. Normalerweise wird der Text N eine enge

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234 Raul Rojas

zum unterschriebenen Dokument so daB die Unterschrift nicht und mit einem anderen Dokument tiber-tragen werden kann.

mit den

bietet deshalb eine einfache Methode fUr Nachrichten zwischen Netzteilnehmern. Das

die Schltissel sind. Der Nachteil der Be-

mit einem ~W'F,~Uwu,v konnen sehr schnell mit dem DES-Verfahren

Karten der sogenannten dritten Genera-Prozessor fUr die RSA-Berech-

einen Schritt weiter Ein Nachteil des kehrs auf der Basis von Schecks oder Bankkarten daB die Banken oder Kreditkartenfirmen die der Individuen beobachten konnen. Die bei kommerziellen Transaktionen geht veri oren. Es ware aber den so zu

daB nicht mal die Informationen liber bestimmte Personen sammeln konnten. Dies bedeutet, daB die traditionellen asymme­trischen Verfahren erweitert werden mlissen. Chaum ist es von Transformationen zu der kommutativ mit dem Chiffrierverfahren ist. Bevor wir dies weiter stellen wir Chaums Idee des Falls Alice bei Bob etwas fijr 100 DM kaufen Scheck mit diesem dokumentiert. Alice kann den Scheck chiffrieren und beides an Bob ben: den Klartext und die Chiffre. Die Chiffl'e ist in diesem Fall ihre Ie . Diese kann von Bob oder von der Bank anhand des offentli-chen SchlUssels von Alice werden. Die kann aber die Bank hat die Transaktion beobachtet. Die Transaktion kann ge-schUtzt wenn Alice sie inf"ormiert die

daB sie einen Scheck Uber 100 DM will. Die Nummer x fUr eine Zahl von z.B. 100 wiihlt sie seIber mit def Hilfe

Unterschrift von der wobei die Bank liber verschie-

Unterschriften je eine fUr Transaktionen liber zum 1, 5, 10 oder 100 DM. Bevor Alice aber den Scheck an die Bank

sie dessen Nummer in einem D.h.

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Elektronisches Geld im globalen Datennetz 235

die Daten des Schecks werden so verandert, daB die Bank den Scheck nicht lesen kann. Die Bank unterschreibt mit der 100-DM-Signatur (Verschliis­selung mit dem privaten Schliissel der Bank fUr 100 DM), belastet Alices Konto mit 100 DM und gibt das ResuItat der Berechnung zuriick an Alice. Diese entfernt den digitalen Umschlag und hat jetzt einen Scheck, der iiberall akzeptiert wird, weil er, versehen mit der Unterschrift der Bank, aquivalent zum Bargeld geworden ist. Chaum nennt dieses Verfahren »blinde« Signaturen, da die Bank nicht weiB, was sich in dem digitalen Umschlag verbirgt. Mathematisch gesehen ist das, was Alice an die Bank gibt, nicht der Klartext x, sondern eine Vari­ante g(x). Die Bank antwortet mit dem chiffrierten Textf(g(x)). Dafund g

kommutativ sind, entspricht dies g(f(x)). Alice kann die Operation g inver­tieren, so daB sie ohne weiteres fix) berechnen kann. Die Funktion g kann eine Multiplikation mit einer ZufaIlszahl und die Inverse von g die Divisi­on mit derselben Zahl sein. Die Bank hat x mit ihrem privaten Schliissel chiffriert, ohne x zu kennen. Darin Iiegt der Kern der Methode. Alice kann x und f(x) an den Verkaufer weitergeben. Mit dem bffentlichen Schliissel der Bank kann der Verkaufer f(x) dechiffrieren, das Resultat mit x verglei­chen und tiberprtifen, ob die Bank tatsachlich unterschrieben hat. Der Ver­kaufer muB aber sofort (tiber das Netz) das Geld bei der Bank deponieren, da sonst die Gefahr besteht, daB Alice das Geld zweimal ausgibt. Die Bank ftihrt eine Datenbank tiber aIle in Zahlung gegebenen digitalen Schecks (in dies em Fall wahre digitale Banknoten) und verhindert auf diese Weise die doppeJte Ausgabe des digitalen Bargeldes. Das erzeugte digitale Geld ist also auf jedem Fall On-line-Geld. Es ist anzumerken, daB die Bank weiB, welche Noten an wen bezahlt wurden, nicht aber, wer sie ausgegeben hat. Fiir David Chaum ist Anonymitat des Zahlungsverkehrs ein sehr wichtiger Bestandteil der btirgerlichen Rechte. Dostojewski drtickte einen ahnlichen Gedanken aus, als er schrieb: »Geld ist vermtinzte Freiheit«. Deswegen sucht Chaum nach Lbsungen fUr das komplizierteste Problem: die Verwal­tung der Banknoten in der Zirkulation. Eine mbgliche Alternative ware, Alice mit einer elektronischen Brieftasche auszustatten, die vertrauens­wtirdig in dem Sinne ist, daB sie keine Doppelausgabe der generierten No­ten erlaubt. Daftir muB die Elektronik fUr den Benutzer unzuganglich sein, sie muB sich sogar selbst zerstbren, falls jemand versucht, Daten abzu­zweigen oder die Elektronik zu verandern. Die Produktion solcher unan­greifbarer Chips wird Z.Z. eifrig untersucht. Das System von Mondex ist in diesem Sinne weniger raffiniert als das von Chaum und seiner Firma Digi­cash, da in den elektronischen Brieftaschen Geld geladen wird, das von der Bank generiert wurde. Beim Digicash-System entscheidet der Benutzer tiber die Seriennummer seiner »Mtinzen«. Jede Brieftasche wird damit zur Notenpresse und die Bank tiberwacht nur die Transaktionen. Beide Syste-

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236 Raul Rojas

flir die effiziente von solche

von ist sehr ahnlich zum von Chaum. Der wesentliche Unterschied ist daB beide Autoren die Kommunikation zwischen den »currency servers« weiter haben. 1m arbeiten mehrere solche Server und emittieren unterschiedliche Arten elektronischen Geldes. Der Wechsel von einer elektronischen in die andere wird liber die Server was bestimmte zusatzliche die Protokolle stellt. Das »verteilte Techniken wie verteilte

Wachstnm nnd ..... "'1; ... ," .. '''''' des elektronischen

Der konservative NationalOkonom F. A. von hat sein Leben lang flir eine der does not have to be created legal tender government: like Jaw, language and morals it can emerge spontaneously, Such private money has often been preferred to go­vernment money, but government has usually suppressed it« 1978). Hayek wlirde sicherlieh elektronisehes Geld als einen erneuten Be­weis seiner Thesen ansehen. Jeder kann E-Geld produzieren und es ent­scheidet sehlieBlich der ob das Geld als Zahlungsmittel anerkannt wird oder nieht. Die Geldausgabe ist ein von der Zentralbank strikt regulierter ProzeB. In fru­heren Zeiten konnten d.h. nur zu dem Betrag emit-tieli den die vorhandenen Goldreserven erlaubten. Es aber der Natur des daB diese nicht notwendig ist. Eine Banknote kann die Bank als Kredit fUr Alice verlassen und zurtickkeh­ren als von der bestimmte Waren verkauft hat. So

der Hin- und RtickfluB der Banknoten dieser so lange die Kette der so braucht die Goldreserve nicht

zu werden und die Goldreserve kann rein fiktiv sein. Die Zentral-bank daB die nicht indem sie Geld

darf einen bestimmten konstanten Faktor in auf ihre Reserven nicht Dieser Faktor wird von der Zentralbank resIgeleg er wird in Zeiten der Inflation

um Geld aus der Wirtschaft zu entziehen und in Zeiten der De-um die okonomische Aktivitat mit einer

stimulieren, Die Zentralbank beobachtet die anderer Indikatoren und entscheidet dann tiber ihre eigene

zu sowie eine Reihe

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Elektronisches Geld im globalen Datennetz 237

Stellen wir uns aber jetzt vor, daB digitales Geld in einem offentlichen Netz erzeugt wird. Dies wurde im Fall von Digicash in einem weltweiten Ver­such gemacht, bei dem es darum ging, die Sicherheit des Systems zu te­sten. Es handelte sich nattirlich urn ktinstliches Geld, das nicht fUr echte Transaktionen verwendet wurde. Der Versuch hat aber bewiesen, daB das System funktioniert. Solange die Wirtschaft ein Zahlungsmittel akzeptiert, interessiert nicht, ob dieses Zahlungsmittel aus reinen Zahlen oder aus aufwendig gedruckten Scheinen besteht: beides ist Geld. Die Umlaufge­schwindigkeit des digitalen Geldes kann aber die Umlaufgeschwindigkeit der Banknoten urn ein Vielfaches tibersteigen. Digitales On-line-Geld kann sich in wenigen Millisekunden in Bewegung setzen. Tausende von Erzeu­gungs-Vernichtungs-Zyklen konnen in wenigen Minuten durchlaufen sein. Die traditionellen Uberwachungsinstrumente der Zentralbanken scheitern an dieser Stelle, da die wochentliche Uberwachung der Geldmenge nicht mehr ausreicht. Weitere Probleme sind die Souveranitat der Geldausgabe und die grenz­tiberschreitenden Finanzfltisse. Die DM-Emission wird von der Bundes­bank reguliert. Eine private Bank in Singapur kann aber entscheiden, Fi­nanzinstrumente, die in DM notiert werden, zu emittieren, d.h. wahre elektronische Mark auszugeben. Die Bundesbank wtirde die Kontrolle tiber die Geldmenge verlieren, wenn viele auslandische Banken denselben Weg beschreiten wtirden. Das Problem wird aber zuerst die amerikanischen Fi­nanzbehorden treffen, da der US-Dollar als Weltgeld eine privilegierte Stellung einnimmt und sein elektronischer Schatten tiberall zu finden sein wird. Bleibt das Problem der unkontrollierten Finanzfltisse. Wenn elektro­nisches Geld anonym tiber offentliche Netze transferiert werden kann, dann gibt es eigentlich keinen Grund mehr, das eigene Konto nicht in dem Land zu halten, das die besten Zinsen zahlt. Steuern auf Zinsen konnten ganz vermieden werden, wenn nur das Geld auf der richtigen elektroni­schen Oase plaziert wird. Okonomen haben auch davor gewarnt, den vom Internet-Handel auf die Staatsfinanzen ausgehenden Effekt zu unterschatzen. In den USA sind Firmen, die Waren von einem Staat in einen anderen tiber Katalog verkau­fen, von der Verkaufssteuer befreit. Den Staatsfinanzen entgehen auf diese Weise jedes Jahr Steuereinnahmen in Hohe von tiber 3,3 Mrd. US-Dollar. Es wird daftir pladiert, auch den Internet-Handel von der Steuer zu befrei­en, was zu einem weiteren »okonomischen Kannibalismus« zwischen den Bundesstaaten fUhren konnte (CCER 1995). Es ist sowieso nicht klar, wie im global en Datennetz tiberhaupt Steuern erhoben werden konnen.

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23R Rmil RI~jas

vadis Geld?

Gerade die die das Internet am als ein nettes, aber versuchen heute schlieBlich uninteressantes belachelt

mit aller die verlorene Zeit wieder wettzumachen, Zwei interessan-te Allianzen sind Laufe der Jahre 1994 und 1995 entstanden: Visa ent-schied sich filr die ei nes beit mit Microsoft Transaction

wahrend Mastercard dasselbe

Electronic Transaction-Protokoll ange-und fUr Kommentare SET arbeitet mit dem Public-

Verfahren und benutzt unterschiedlich SchlUsseL Die SchlUssel werden von einer Hierarchie von Behorden mit einem

Der Teil des Protokolls behandelt die von Zertifikaten,

Das SET-Protokoll von Visa und Mastercard ist im Laufe seiner Entwick-zu einem sehr Dokument Beide Firmen

sind zentrale Akteure auf dem internationalen Finanzmarkt: zusammen ha­ben sie etwa 800 Millionen Karten in Umlauf die Umstitze libel' 700 Mrd, US-Dollar im Jahr 1995 generiert haben, Beide liber ein

Netz von die auch im neuen Protokoll worden sind, In dem in dem das Doku-

ment verabschiedet wird es liber Nacht zum Standard fUr Kreditkar­tentransaktionen tiber offentliche Datennetze, Die Softwareindustrie mlil3te dann mit Produkten Ein Problem ist

in ]8 Monaten zu berechnen, Mit einer Investition von 10 Millionen Dollar fUr Hardware ware es den DES-SchlUssel in 6 Minuten zu berechnen, des SchlUssels bereits heute bis auf 75 Bits zu erweitern, Ein fUr die nachsten 20 Jahre sicheres

sollte sogar 90-Bit-SchlUssel verwenden, Die von der amerikani-fUr den die mit 40-Bit-bietet deshalb mehr,

als zwei Studenten im Sommer 1995 die 40-Bit-

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Elektronisches Geld im Rlobalen Darennetz 239

Sehltissel von von Workstations knaeken ist bereits fur Sehltissel von bis zu

1994 wurden 600 ver-um einen solchen Sehliissel

Bits so!lten bereits 10 bis 15 Jahre bereehnen. Sehltissel mit bis zu 5 2

um zu werden. Gewohnlieh werden heute 512, 768 oder 1024 Bits flir den Sehltissel verwendet.

U'F,""''-'0 Geldes

aktionen von der Kundenseite bekommen. Sonst konnte Software die Tasta-

der Kunden beobaehten und Kartennummer oder SehlUssel beiseite sehaffen.

Eine Variante fUr ist die von dem amerikanischen Financial Services

studierte Infrastruktur fur elektronische ist das das seit Jahren effizient

alief sicherheitsrelevanten Geschtifte zu verwenden und das offentliehe Netz nur filr die von und Bestati-gungen zu d.h. das Internet wird als eine Art sehnelleres Fax be-nutzt. Kaufer und Verkaufer unterhalten sieh mit ihren Banken und diese bearbeiten den finanziellen Teil. Eine weitere Reihe von konnen aber zu diesem noch nieht beantwortet werden. Wird direkt von den Banken

sich so weit daB es zum echten Konkurrenten der Kredikarten wird? Wird sieh die Off-line- oder die On-line-Variante des

die

ben werden umstandlich mit Kreditkarten zu

erhbhen

Viele noch Antworten - wir befinden uns erst am des Entstehens des elektronischen der Zukunft. Welche Formen dieses annehmen konnen wir noch nieht mit Sieherheit sa-gen. Interessanterweise konnen es die traditionellen klassisehe Finanzinstitutionen aueh nieht. Die des internationalen Datennetzes ist mit den

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240 Rmil Rojas

des Die Geschichte kennt kein einer solchen Kollision.

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Entwurf flir Kommentare, Februar.

~CHTn~'nl'and the Reconstruktion af Pastcammunist Societies Edited E. Hanson and Willfried sn,nn,n

Introduction Daniel Chirot

Seattle und London 995 - 238 So - $ 1 - ISBN 0-295-97461-3

die die neu entste­zwischen Deutschland und

in historischer und theoretischer Per-

Daniel M.

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Elmar Altvater

Globale Finanzinnovationen, privates Computergeld und sozialisierte Schulden

1. Einleitung

Kreditkarten und ahnliche Vehikel der »Entmaterialisierung« des Geldes sind Bestandteil des Btindels von Finanzinnovationen, die in den vergan­genen Jahren zu heftigen Kontroversen tiber die mit ihnen verbundenen Moglichkeiten und Risiken AnlaB gegeben haben. Das »Cybermoney« in der »electronic purse« ist nicht mehr sinnlich wie Onkel Dagoberts Gold­haufen oder die dicke geldscheingeftillte Brieftasche; es ist so erotisch wie der Chip auf der Telefonkarte, die ja bezeichnenderweise nicht des Chips sondern der funktionell unerheblichen Grafik wegen von Sammlern be­gehrt wird. Beim Scheck oder Wechsel muBte wenigstens noch mit der ei­genen Unterschrift ein personliches Insignium hinterlassen werden. Das ist bei der elektronischen Geldborse anders, deren Identifizierung mit Hilfe des Pin-Codes erfolgt. Mit ihr verfltichtigt sich, gerade indem in ihr das Geld als soziales Abstraktum auf den (Real)begriff gebracht wird, die Ma­teriatur der gesellschaftlichen Interaktion. Man konnte sagen: »Die Ge­schichte des Geldes ist die seines Verschwindens« (Thomas Jahn in: Die Zeit, 1.12.95, S. 29). Damit wird eine Tendenz gesttitzt, die auch in ande­ren gesellschaftlichen Bereichen Bindungen auflost. Die Entwicklung des Computergeldes folgt also einer Tendenz der Losung von den materiellen Fesseln einer Geldware, dem Gold. An die Stelle des Goldes sind im Geschiiftsverkehr schon sehr frtih Papiere (Schecks, Wech­sel, Banknoten) getreten. Die Frage war immer die nach der Wertfundie­rung des Geldes, nach der Bindung von Geldwert und Realwert, nach dem Verhaltnis von monetarer und realer Wirtschaft. Sie war leicht und eindeu­tig unter dem Goldstandard zu beantworten; letztlich bestimmte der Me­tallwert des Goldes den Geldwert. Nach Aufuebung des Goldstandards im Verlauf des Ersten Weltkriegs und - nachdem er von GroBbritannien kurz­fristig wiederhergestellt worden war - endgtiltig in der Weltwirtschaftskrise 1931, und nach der Aufgabe der Goldfundierung der Weltwahrung US­Dollar im Jahre 1971 ist die Wertfundierung des Geldes in der Zentralbank institutionalisiert: sie muB das Geld institutionell knapphalten, urn den Wert nach innen und auBen (in der Wahrungskonkurrenz) zu sichern. Das

PROKLA. Zeitschrijlfiir krifische Soziaiwissenscha/f, Heft 103,26. Jg. 1996, Nr. 2, 241-258

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242

genug, da nach dem das den Goldanker

Elmur Altvater

von die

und -finanzmarkte so sehr worden daB die Macht selbst der graBen und starken Zentralbanken zur institutionellen

hochst ist.

Schulden.

Geddes ist die seines Verschwindel1s"

odeI' Nicht-Zahlen: Das die

Das Geld ist nicht nur Tausch- und Zirkulationsmittel von an die Waren kommt

zum Ausdruck

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Globale Finanzinnovationen, privates Complltergeld lind sozialisierte Schlllden 243

genauso bei Marx einige lahrzehnte zuvor zu finden ist): Die Geldmenge ergibt sich aus Warenumsatz, Preisniveau und Umlaufsgeschwindigkeit. DaB es sich dabei urn keine Kausalbeziehung handelt, sei nur erwahnt. Doch in seiner Funktion des Zahlungsmittels (des Kredits) wird Geld yom Kreditgeber vorgestreckt, urn nach Ablauf einer Leihfrist mehr Geld (urn die Zinsen vermehrt) zurtickzuerhalten. Geld miBt sich mit dem Zins nur noch an sich selbst. Es ist nicht mehr an die tatsachlich produzierten Werte der gehandelten Waren gebunden. Es begrtindet neue soziale Beziehungen, namlich die zwischen Glaubigern und Schuldnern. So ktinnen tikonomi­sche Beziehungen vie! flexibler gestaltet werden, als wenn erst real gelei­stet werden mtiBte, urn tiber Geld verftigen zu ktinnen. Doch Schuldner mtissen der Logik des Geldes gehorchen und k6nnen sich nicht mehr auf die des Tausches oder der Warenzirkulation verlassen: Ware gegen Geld und Geld gegen Ware, oder gar: Ware gegen Ware l . Die Zinsen erzwingen erwerbswirtschaftliches Verhalten und die entsprechende »erwerbswirt­schaftliche Rationalitat«, die mitverantwortlich fUr die enorme kapitalisti­sche Dynamik ist. Freilich kann das erwerbswirtschaftliche Streben an den realen Verhaltnissen scheitern, zum Beispiel wenn sich Schuldner nicht in gehtirigen Fristen entschulden k6nnen. Geldverm6gen werden dadurch entwertet oder die Substanz von Schuldnern wird im Schuldendienst auf­gezehrt. Wie sehr Geld als Geld tiber die real en Lebensbedingungen herrscht, zeigt nicht zuletzt die Schuldenkrise, in die eine Reihe von Lan­dern der Dritten Welt in den 80er lahren geraten ist. So wie das Geld in der nationalen Gesellschaft das »wahre Gemeinwesen« ist, so projiziert das Weltgeld die Standards der alltagsweltlichen Normali­tat (unterstiitzt von den modernen Massenkommunikationsmedien) und die Normen, denen Produktion, Reproduktion, Regulation in Regionen und Nationen entsprechen mtissen, in aile Weltgegenden. Der Zwang zur Ver­einheitlichung auf dem modern en Weltmarkt wird in vielen Theorietradi­tionen festgestellt. »Gesellschaft ist heute eindeutig Weltgesellschaft« (Luhmann 1984: 585). Doch als Kehrseite der Vereinheitlichung, die dem Geld schon eigen ist, wei! es unterschiedliche Qualitaten von Waren auf die einzige des Geldes zu bringen vermag, die sich dann nur noch quanti­tativ von sich selbst unterscheidet, erzwingt das Geld im nationalen Rah­men eben so wie im globalen System die soziale und realOkonomische Dif­ferenzierung. Schon deshalb kommt es zur »Entkopplung« von monetarer

Dies ist die Illusion der »Tauschringe«, die an verschiedenen Olten den Versuch darstel­len, eine »lokale Okonomie« zu konstituieren. Sobald das Geld als Zahlungsmittel (Kredit und Schulden) ins Spiel kommt, ist es mit dem Tauschring aus. Wir werden noch sehen, daB Computergeld immer schon als Zahlungsmittel fungiert. Dall die globalen Finanz­markte und die dart geflochtenen Finanznetzwerke jeden lokalen Tauschring sprengen, geben sagar die eifrigsten Verfechter zu.

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244 Elmar Altvater

und realer Del' monetaren eine real-okonomische Ohne Geld konnte es die als Kennzeichen der Moderne verstandene »funktionel1e

in der es undenkbar oh-ne die Waren mischen Prozessen ja Luhmann klammert angesichts der

okonomischer Kommunikation durch Geldzahlungen alle Stoff-aus del' Okonomie als aus: »Immer wenn ... Geld

involviert ist Wirtschaft nicht beim del' aus dem Boden holt...« 1986: ] 01). Okonomie wird also auf die monetare Zirkulation beschrankt. Dabei wird nieht mehr gesehen, daB der auch die materielle Produktion durchlaufen muS, wenn del' Wert des Geldes real fundiert bleiben und nicht inflationar werden soil. Die erfolgt also durch Arbeit

geldvermittelt im monetar ge-steuerten kapitalistische Gesellschaft ist mithin januskopfig. Sie ist und Geldgesellschaft. So wie im Arbeitsprozel3 technische und organisatorische Innovationen statt­finden, so auch in der Geldzirkulation. Geld als Vermittlungsform und sei­ne Funktionen andern sich dabei nicht, wahl aber die Art und wie sie ausgetibt werden.

3. Moneiare Innovationen: Geld in

In dies em Kontext ist auch die Kreditkarte und die mehrere Funktionen vereinende Multicard ZlI und daher off line. Es handelt sich bei der »electronic purse« erstens nicht urn eine traditionelle mit der ein Kunde tiber eine Kreditlinie bei der Institution

die ihrerseits das Konto des Kunden bei seiner Bank belastet. An-ders als bei der sind bei der electronic purse zweitens die die

nieht identisch. Die elektronische Geldborse wird

2 Was die Verselbsttindigung des Geldes als Geld eigentlich bedeutet, erschliel3t sich in def FOitflihnmg des Luhmann'schen Diskmses: »Ein Wirtschaftssystem (besteht) aus Zah­lungen ... Denn Zahlungen sind eben ein Dappeltes: Herstellung van Zahlungsftihigkeit beim Empftinger und HersteJlung von Zahlungsunfiihigkeit beim Zahlenden. Solchc Ein­zelcreignisse sind nm moglich in einem dynamischen System - das heiSt nur uuter del' Varaussetzung, dall Zahlungsflihigkcit und Zahlungsunftihigkeit weitergeleitet bzw. ab­gewtilzt werden konnel1 ... « (Luhmann 1986: 110). DaB Luhmann hier noch das Geld OIls Zirkulationsmitte! vor Augen hat, belegt sein Verweis auf die Kreislauf-Mctaphel' und darauf, daB »der Kreditmechanismus ... einen gewissen SpieJraum mit del' Moglichkeit (schaffe), Zahlul1gsftihigkeit zu erzeugen auch dart, wo sie sich nieht aus der Zirkulatian von selbst ergibt« (Luhmann 1986: Ill).

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G/obale Finanzinl1()valiol1en, privates Computergeld und sozialisierte Sc'/udden 245

vielmehr im Voraus mit Kaufkraft die im Geschaftsverkehr d.h. abgebucht werden kann. Der Ladevor-gang kann am Bankschalter, an »automatic Teller Machines« oder an daftir ausgertisteten Telefonen gegen eine des Kun-denkontos bei der die Karte ausstellenden Institution oder gegen Einzah-

also von erfolgen. Sofern Sicherheiten vorliegen, erOffnet sie in der von »issuers« und Nutzern die

der Lasung von den real-okonomischen Verhaltnissen. Die ausgebende Institution verdient an den Umsatzen mit der Die Geschafte, die die Karte mtissen nicht mehr mit umgehen, sparen daher Kosten und finden Kunden vor, die wegen der Entsinnlichung des Geldes ehef von der »Geldillusion« befallen sind, die die Okonomen wegen der Schwierigkeit der Menschen, zwischen Real­und Nominalwert des Geldes zu unterscheiden, beschiiftigt. Die Konsu­menten ihrerseits sptiren die Budgetrestriktionen des Geldes nicht sofort und sind obendrein in der Lage, ihre Transaktionskosten zu senken: sie mtissen nicht immer zur Bank laufen, um von einem Konto Zentralbank­geld ftir die kleinen Kiiufe abzuheben. Raub und Diebstahlsgefiihrdungen sind verringert, die Zeitersparnis kann fUr aIle Beteiligten enorm sein. Das Verbreitungspotential des elektronischen Geldes (in Form der Multi-Card off-line und des eletronic cash on-line) ist daher groB, sofern es erstens ge­lingt, die Gebtihren fUr die Nutzung gering zu halten, zweitens Kompensa­tionen fUr Verlust oder Fehlfunktionen der Karte zu finden, drittens die technischen Moglichkeiten des Umgangs mit ihr weiter zu vereinfachen und sie viertens gegen jeden MiBbrauch abzusichern. Dies alles vorausge­setzt, konnte die »eletronic purse« den Umlauf von Zentralbanknoten und Mtinzen in der Zukunft zu einem TeiJ ersetzen. Damit sind aber eine Reihe von neuen Problemen verbunden. Mit der Er­

des Zahlungsverkehrs und des kurzfristigen Kredits wird fUr die privaten Kreditnehmer die Budgetrestriktion des Geldes vortibergehend und technisch gemindert. Der Konsumentenkredit, eine Innovati­on des »Fordismus« zur Verstetigung und Steigerung der Massennachfra­ge, hat schon dazu beigetragen, daB die privaten Haushalte ihre Verschul­dung fUr Konsum in den vergangenen Jahren in allen Uindern erhaht ha­ben. ledent'alls gibt es gentigend Evidenzen fUr die Uberschuldung von Haushalten, wei! die Kreditkarte, Uberziehungs- und Konsumentenkredite die »harte Budgetrestriktion« des Geldes verstiBen. 1991 betrug die Ver­schuldung fUr Konsum in Frankreich 20%, in GroBbritannien 3 I %, in Ja­pan 20%, in den USA 24%, in Deutschland 17% des verfUgbaren Ein­kommens (Deutsche Bundesbank, Monatsberichte, April 1993: 29). In den USA ist del' Anteil der »revolving credits«, d.h. der Kredite zur Finanzie­rung aufgenommener Kredite der Haushalte von 22% im Jahre 1984 auf

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246 Elmar Allvater

36% im Jahre 1993 1995: Die Kreditkarten auf-Schulden sind inzwischen »the most common form of financial

liabilities. A of now have credit card debts than have home car loans 1%), and other

kinds of debt« Das Erwachen kann bitter durch den Bankrott oder - bei nen deutschem - die »eidesstattliche Schulden sind Ausdruck eines finanziellen genom men werden Medium des Geldes insbesondere werden. Es von den Einkommen

vom materialen sie elektronisch vernetzt

nicht durch die Zins- und in der Zukunft ftihrt Daran wird auch das nichts andern. Es kann von den realen Einkommenst1Ussen letztlich nicht auch wenn aile Tendenzen dahin schafte machen lassen. Zwar wird die card vom Konto des Benut-

Aber sofern dieses mit einem Uberziehungs­kredit erleichtert die Multicard das »RausschmeiBen« von Geld. Problematisch ist dabei daB dies im Interesse der die Karten aus­gebenden Institutionen sein kann. 1m Falle der Kreditkarten sich von der card wenn auch nicht unbedingt monetar unter-

wird von Ritzer das eines Kreditkartennutzers dem es geJang 1300 Karten zu erhalten mit einer Kreditlinie von insgesamt 1,7 Mia 1995: 69).

ist daher eine vor sondern in erster Linie eine okonomische und soziale.

Denn Konten konnen zwar weil Hacker Zu-gang finden - eine die durch technische MaBnahmen der Ver-

werden

ist. mUssen Sicher­

entwickelt werden. An der technischen Sicherheit arbeiten na-tlirlich die »elektronischen die mit hOchster Intensitat. Sie sind dabei nicht nur an der Sicherheit der Karte fUr die Kun-

sondern an ihrer Sicherheit gegen Karten und da-her an der Solvenz der Kunden interessiert. Dies ist ein Anreiz fUr elektronische der . Doch gegen diese konnen Barrieren errichtet werden. Diese liegen

der Nutzer - im Interesse der card-issuer, des elektronischen Geldes erhoht werden kann.

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Giobaie Finanzinnovationen, privates CO!i1l'utergeid lind sozilllisierte Schulden 247

Ftir die okonomische Sicherheit aber sind die Zentralbanken die Dazu ein dem

(Tp,,,,,'pn erstens .uU5ct1l5''''''5'-''

und unter welchen Sicherheiten und was ein issuer Bankrott anmelden muB? Zweitens muB die beantwortet

welche Rolle die Bankenaufsicht elektronischen Ban-die Karten transnational ge­

der Rechtssicherheit bei einschlieB-

schen werden und wann sie erloschen. Entgegen der lockeren Rede von der »Virtualisierung« und der von Raum und Zeit erfordern auch elektronische Angaben tiber wech-

in einem zeitlich-raumlichen der "\/'OTP,rY)P

wenn von einem System ins andere noch kein einheitlicher Standard vereinbart worden ist. Noch fUr die der Zentralbank ist aber der Sachverhalt, daB Computergeld - gJeichgUitig ob on-line oder off-line -Zentralbankgeld substituiert. Damit verandern sich erstens Zahlungsge­wohnheiten. Der Geldautomat, an dem gegen Scheckkarte oder Kreditkarte Bargeld abgeholt wird, sofern das Konto und der einger~iumte Uberzie­hungskredit dies zulassen, dtiffte durch die ATM (Automatic Teller Ma­chine) abgelost werden, an der die Multicard aufgeladen wird. Das ist noch technisch aber technische (Fehlbuchun-

auf die Zirkulation des daher auch der Waren. Zweitens konnte sich das

money« aus der Kontrolle der Zentralbank tiber die entwinden. Die ist schwerer zu steuern, wenn wegen der radikal reduzier-ten Transaktionskosten die des Geldes lind obendrein die Zentralbank das an Insti-

zwei Effekte. Erstens vermindert sich so der der Zentralbank bei der be von , wenn immer mehr in den Umlauf

Dieser Effekt ist derzeit nicht bedeutend, da trotz der Zu-nahme des Geschaftsverkehrs der der

- namlich von Mrd DM im Jahre 1990 auf I Mrd DM Ende November urn 41 %. RlInd ein Drittel des Bargeldum-

3 Ocr Seignorage-Gewinn is! die Differenz zwischen den Herstellungskosteu des Gclcles lind clem Nominalwelt, zu dem es ausgegebcl1 wird.

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laufs freilieh in der 1000 so daB vermutet werden daB sieh dahinter zu einem »Gesehiifte am Finanzamt

vorbei« 1000 DM-Seheine lassen sieh eben Ieichter ais 5 DM-StUcke in die »tax heavens« Der des ~""h'~'~ laufs hat aber sicherlieh auch damit zu tun, daB die DM nicht nur

sondern mit ihr zu einem Teil der den in den

Mit der Zunahme des vermindern die Banken ihren Refi­

der sich bisher sowohl aus der von Bargeld ftir die Kunden als auch aus der

der Mindestreserve Die Bilanz der Zentralbank verktirzt sich (wogegen sich die der Kartenherausgeber die Zinseinnahmen der Bundesbank und der Zentralbankgewinn sin­ken (Friederich 1996: 26). Die Moglichkeiten, tiber den Diskontsatz die

und daher die Geldmenge zu werden auf die-se Weise unterlaufen. Ob statt dessen die Mindestreserven angehoben wer­den konnen, ist dann fraglich, wenn Banken sich leicht auf internationalen Markten refinanzieren konnen. Kurz: Der schon im Zuge der Globalisie­rung beklagte »Verlust der ZinssouveraniUit« wird noch gesteigert, sollte sich das Computer-Geld ausbreiten. Insofern ordnet sich die Erzeugung von Computergeld in die generellen Tendenzen der Finanzinnovationen, der Dematerialisierung des Geldes auf dem Weltmarkt ein. Die Money Card kbnnte ein zur endlichen Realisierung der Hayek'schen Uta­pie eines Verschwindens des offentlichen Geldes und der Konkurrenz vie-ler Geld-Issuer urn das »beste Geld« sein 1978). Diese Tendenz nun paBt sich nahtlas in jene der finanziellen ein: in eine die als bezeichnet werden kann.

Auch ist zunachst einmal Geld und dadurch seinen Stellenwert. Es muB »knappgehalten« werden und darf entgegen den Wunschvorstellungen so mancher Kreditkartenbesitzer nicht seinen Cha­rakter als »harte Budgetrestriktion« verlieren. werden durch Geld gesteuert, gJeichgtiltig in welcher Gestalt es umlauft - metallisch schwer oder mit elektronischer Tarnkappe. Es ist wie »the drink which stimulates the to activity« 1936: Warum das so ist? Geld ist eine also ein Vermogenswert, dem auf der anderen Seite Verpflichtungen, also Schulden gegentiberstehen. Wachsen die Geld­vermogen in der Welt, mtissen logischerweise auch die Schulden zuneh-

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Globaie Finanzinnovationen, privates Computergeld und sozialisierte Sclutlden 249

men - und Wer sich tiber Schulden wundert oder

Transfer von Masse scheitert. Schulden zu streichen ist immer

beider Seiten der monetaren Bilanz. Die Bilanzver­auch auf beiden Seiten: bei den Krediten und bei den

Und diese hat auf internationaler Ebene mit atemberaubender stattgefunden. Das Geld kann im nationalen Rahmen zu real6konomischer »activity« stimulieren. 1m Raum stimuliert es zunachst zu Finanzinnovationen. Nach Kalkulationen von Huffschmid haben sich die Welthandelsum­satze von 1979 bis 1994 etwa die Devisenmarktumsatze aber mehr als verachtfacht (Huffschmid 1995). Del' Umfang del' Finanztransak­tionen auf den internationalen Geld-, Devisen- und Kapitalm~i.rkten ist also enorm. Er tibersteigt zu Beginn del' 90er Jahren taglich 1000 Mrd. US$, wahrend ftir die Zirkulation des Welthandels bei einem jahrlichen Volu­men (Weltexporte 1993) von 3680 Mrd US$ taglich rund 10 Mrd US$ aus­reichen wurden. Die Finanztransaktionen haben also nur noch sehr wenig mit dem Welthandel zu tun, das Geld fungiert nur noch - wenn man es quantitativ ausdrucken mochte - zu 1% als Zirkulationsmittel, zu 99% als

als Kredit. Doch damit nicht genug. Von den »erster Ordnung« sind derivate Finanzinstrumente »n-ter Ordnung« abgeleitet worden. Der Be-stand an zinsbezogenen Optionen und betrug Ende 1993 an die 14000 Mrd. nach nur 1300 Mrd Ende 1987. Dies sind die bel weitem beliebtesten derivativen Finanzinstrumente. Allein in der Bun­desrepublik hat sich der Bestand nicht bilanzwirksamer Finanzinstrumente von Ende 1986 bis ] 994 von 875 Mrd DM auf 8267 Mrd DM fast verzehnfacht Seit Ende 1990 wuchs das Geschaft mit Finanzde­rivaten im Durchschnitt um 53% gegenuber einem Zuwachs von 8% beim gesamten Geschaftsvolumen. Bilanzunwirksam sind ein GroBteil dieser wei I die Banken nicht mehr als Intermediare zwischen

und und Investor auftreten. Sie vermit-sind aber weder Schuldner des Spareinle­

gers noch Glaubiger des Kreditnehmers, zahlen also keine Einlagenzinsen und kassieren keine Kreditzinsen, sondern verdienen an den Gebtihren flir die Vermittlung oder, sofern sie ein Risiko ubernehmen (Wechselkurs­oder Zinsrisiko), an den dafur falligen Pramien. Diese Risiken konnen

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250 ElmoI' Altvater

der Finanzderivate einer LlllLl\c'JIJIJIULHF; der monettiren von der realen Akku-

werden konnen. Dann ist eine Ket-

Warum aber diese riskanten Innovationen? Es gibt eine Reihe von Gri.in­den. Erstens kann mit ihnen die Flexibilittit der und -nehmer in

tive einer der realen okonomischen und sozialen Verhaltnisse unter das Die allen Ltindern »Standortdebatte« ist dafUr ein beredter Ausdruck. Die Risiken zu ver-

aber auch - dies ist die unvermeidbare - zur Fiskalkrise der Nationalstaaten Damit sind soziale Probleme deren schwer werden da die noch zu neu ist. Die Akteure in dies em Finanznetz sind del' Ausdruck des noch einmaJ des GeJdes aus den M~lrkten 4. sie haben sich aus der Gemeinschaft der

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Globale Finanzinnovationen, privates Computergeld und sozialisierte Schulden 251

schiedet, brauchen auch die Solidarieistungen eines Sozialstaats in der Re­gel nicht, da sie sich diese privat kaufen konnen, Sie bewohnen abge­schirmte Ghettos, sind aus der Gemeinschaft selbstentbunden und statt des­sen mit ihresgleichen verclubt. Sie haben als Geldvermogensbesitzer, wie Edward Lutwak (1994), Robert Reich (1993) fUr die USA oder Jens Peter­sen (1995) ftir Italien beklagen, groBes Interesse an stabilem Geld - denn davon hangt der Realwert ihrer Vermogen ab -, aber fast kein Interesse an staatlichen Leistungen zur Sicherung der Infrastruktur und der sozialen Stabilitat durch sozialstaatliche Ausgaben fUr Zwecke, die nicht der kurz­fristigen Geldwert- und Wechselkursstabiliserung dienen. 1m Gegenteil, sie sind heftig dagegen, da durch (sozial)staatliche Leistungen entweder die Geldwertstabilitat gefahrdet wird, wenn Schulden gemacht werden, oder die Steuerbelastung der Geldvermogensbesitzer steigt. Dieser Plage kon­nen sie sich zwar durch Flucht in die Steueroasen dieser Erde entziehen, doch wird dabei auch ihr Aktionsraum unangenehm eingeschrankt. So kommt es, daB Steuerflucht und offentliche Schulden weitgehend korrelie­ren, wie eine Studie tiber die OEeD-Lander zeigt (II Mondo, 4111.9.1995, S. 25). Auf diese Weise wird ein sozialer und politi scher Boden bereitet, auf dem die im vorangegangenen Abschnitt beschriebene Tendenz einer Privatisierung des Geldes reibungslos ablaufen kann. Geld hat auf dem Markt einen Preis, den Zinssatz. Schuldner haben den Preis des Geldes an die Geldvermogensbesitzer zu entrichten. Das ist nor­mal. Nicht normal ist eine soziale Lage, in der kein Stellenwechsel zwi­schen Schuldnern und Geldvermogensbesitzern stattfindet und dann eine einseitige soziale und okonomische Beziehung entsteht, die durch standige Zinsfltisse von Schuldnern zu Geldvermogensbesitzern reproduziert wird, es sei denn, die Schuldner sind Unternehmen, die in der Lage sind, aus dem produktiv eingesetzten Kapital einen die Zinsen abdeckenden Profit herauszuholen. Dennoch kann eine Situation eintreten, in der die Zinsen zu hoch fUr die Rentabilitat produktiver Investitionen oder die durch Arbeit zu erzielenden Einkommen sind. Geld ist zwar ein stimulierendes Getrank, doch mtissen wir, so Keynes, gewahr sein »that there may be several slips between the cup and the lip« (Keynes 1936: 173), vor allem wenn die GeJdnachfrage infolge hoher Liquiditatspraferenz nicht sinkt und daher hohe Zinsen auch durch eine Zunahme der Geldmenge nicht abgesenkt werden konnen (»Liquiditatsfalle«), oder wei I die Rentabilitat produktiver Investitionen den Vergleich mit Zinsen auf Finanzanlagen nicht aushalt, oder wei I infolge niedriger Konsumneigung die effektive Nachfrage unzu­reichend ist, urn die Beschaftigung zu erhohen. Die Bemerkungen Keynes tiber die »slips between the cup and the lip« wa­ren heute urn die leichten Ausweichmoglichkeiten von liquidem Geldkapi­tal tiber die Grenzen des Nationalstaats innerhalb des Netzes globaler Fi-

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auf die In­und die Einkommen minderno Es ist

und damit haben wir einen zweiten die Globalisierung, die den von Zinsrate und von monetarer und realer okonomischer auflost Die »stimulierende Wirkung« des Geldes ftihrt also nicht zu mehr Beschaftigung und wenn erst einmal die von Hindernisse behoben worden sondern zur monetaren Diese ist keine bloBe transnationale

des nationalstaatlichen Verhaltnisses zwischen monetarer und realer so wie es von Geldes und die harte

worden ist Der Preis des nicht mehr die Produkti-

on eines wachsenden richten sich auf globaJen insbesondere wenn offentliche Institutionen involviert sind, an den bereits UberschuB, sie gehen in vielen Fallen an die Substanz von Sehuldnemo So ist es erklariieh, daB im »verlorenen Jahr­zehnt« der Schuldenkrise die Realeinkommen pro Kopf gesunken sindo Freilich brauchen die Geldvermogensbesitzer, die sich des im global en (Wahrungs)raum Uberschusses monetar bemachtigen, bei diesem Unterfangen die nationalen Staateno Diese haben daflir zu sorgen, daB das in dem die Geldvermogen und daher die Ansprliche an Teile des globaJen Mehrwerts denominiert sind, wertvoll ist und bleibt, Iiehst aufgewertet wird und den Geldvermogensbesitzern einen Zuwachs beschert Die monetdre Konkurrenz der privaten Geldvermogensbesitzer transfonniert sich daher in die Konkurrenz von Wdhnmgen der National­staaten So erhalt die okonomische Weltmarktkonkurrenz eine politische Dimensiono Gleichzeitig eroffnen sich dadureh neue Moglichkeiten fUr

privater Geldvermogensbesitzer, die erwarteten Verande­rungen von Wechselkursen auszunutzeno Freilich zeigt sich auch, wie wi­dersprlichlich der ProzeB der Entmaterialisierung des Geldes verlauft In der Wahrungskonkurrenz wird die Zentralbank als machtiger regulierender Akteur zur Fundierung des Werts der Wahrung benotigt, deren Bedeutung zugleich mit der Ausgabe elektronischen Geldes durch private Institutionen unterminiert wirdo Der Ubergang zum »Cybermoney«, sollte er die Priva­tisierung des Geldes starken, ist also in der Wahrungskonkurrenz nieht oh­ne Gefahreno Es handelt sich bei der »Entmaterialisierung« des Geldes urn eine FOliset­zung und des von Karl Polanyi so bezeiehneten Prozesses des »disembedding«, der die globaJen Finanzbeziehungen als auBere »Sach­zwange« aufbaut, die die Regulation des Geldes durch politische Instanzen erschwereno Der Hayek'sche Traum scheint wahr zu werden: eine Aufhe­bung der politischen Kontrollen und daher eine Privatisierung des Geldeso Doch auch wenn es durch private Institutionen ausgegeben wird, es muB in

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Globale Finanzinl1ovationen, privates Computergeld und sozialisierte Schulden 253

einer denominiert werden. Diese kann zwar im al-so vom Nationalstaat sein. Es ist Weise die Geldfunktionen werden

ihres Ablaufs an hoheitliehe und des Staates der Kontrakter-

50 Die Smdalisierun Schulden

sieh auf die monettire einer realOko-nomiseh Situation zu verlassen. Das hat bereits die Sehulden-krise der 80er Jahre Aueh die Krise des Peso in Mexiko Ende 1994 und zu des lahres 1995 ist ein auBerordentlieh klm"es fUr die Folgen der Zunahme

invadiert einen wenn der Weehselkurs stabil seheint und die Sieherheit der

nieht zuletzt wegen der engen okonomisehen an die USA im Rahmen der hoeh wird. Doeh sobald die

entwiekeln Revolte oder der Mord an dem Priisidentsehaftskandidaten

IM)'UIIIUC mit hoheren das und zwar aufgrund seiner

die in Makro-Irrationalitat

urn zu binden lind erneut zu attrahieren. Aueh die Institutionen wie WeJtbank und IWF oder von Drittstaaten dies em Fall die

fordern als Saehwalter der okonomisehen moneWre Strukturan-zur Fur reale

sungen fehlt unter dem unmittelbaren Druck der Finanzmarkte die Zeit. Aber die der auf die soziale und die

sind dennoeh betraehtlieh. Denn hohe Re-alzinsen und eine sind nur dureh eine des Reallohnniveaus zu arr'a'r.ho,ft die Produktivitat nieht erhoht werden kann.

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254 Elmar Altvater

Man ktinnte mit Phantasie dieses real Makro-Szenario Kreditkartenbesitzer in der Mikro-Welt der kleinen GeschLlfte

einen Seite ist anderen Seite. Dadurch sind die sozialen Verhaltnisse in der

finanziert worden sind - del' Schuldendienst in harter daB auch lokale Schuldner den des haben. Es macht einen

che oder Handel

wenn die Schulden tiberhand ge-den Bankrott von Schuldnem oder den SchuI-

Der Bankrott oder der SchuldenerlaB sind sozusagen das des Zinsverbots unci die im

des Geldes Die Globa-erfordert daher auch eine

4 Schuldcl1 erzwingcll eine den Zinsverpflichtungen angemcssenc RcntabiliWt und daher die entsprechel1cle crwerbswiltschaftlieh-mlionale Gestaltung des Praduktionsprazesses. also die Ubcmahmc tlml Vcrvoilkommmmg der »Kapitalrechnung« (Max Weber 1976: 48ff), die adiiquate Tcchnikwahl und eine Verteitung zwischen Uihnen lind Profiten, die die Autbringung del' crmoglici1t. Dcr Schuldcndienst del' Geldokonomie cr-zwingt somit die okonomische und zwar mikrookollomisch ebcl1so wie makrookol1omisch. Daraus von Aristoteles am »Kapitalerwcrbs-wescn«. Geld ist »Element Grcl1ze des Tauschverkehrs. Unci unbegrenzi ist also die-ser ReichtulI1 ... nlle Gesch~iftcll1achcr... wollen ins Unbegrenzte hinein ihr Geld vcrmeh­ren ... weil aber .ienes Begehren ins Grenzenlose geht, so bcgehrell sic auch unbegrenzte Moglichkeiten, dies ZlI bcwerkslclligen« (Arisloleles, Polilik, erstes Buch, 1257b, 1258a). Grund flir ciiese Gesinl1ung, so Aristotcles »ist die ernsige Bernlihung urn das Leben, c10ch niehl um das gute Lehen« (1257b). Hier stehen sieh. wic Max Weber interpretierl, »ethische und okonomische Rationalisierung« gegcnUber (Weber 1976: 352) Zinsen auf gelichencs Geld, das nieht vorn Schulclncr als Kapital ZUI' Produktion cincs Mehrwerts cingesetzt wercien knnn, sind tals1ichlich cin sozialcr uno l1konomischer Frcmdkorper, del' folglich in allen graBen Weltreligioncn gcachtct,.ia perhorrcsziert wire!. Der clem Schuldner ausgesetzt werden, kanl1 so gewaltig scin, dal.l ihre Vennogen und ihrc Existel1z zerslort werden: daher (las isbmischc, clas kanonischc, cbs aristo(elische Zinsvcrbot.

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Globale Finanzinnovationen, privates CompLltergeld LInd sozialisierte SchLllden 255

globale Regelung des Bankrotts, von souveranen eben so wie von privaten Schuldnern. Diese Regelung jedoch existiert heute nicht: dies ist ein ein­deutiges Regulationsdefizit auf deregulierten Markten, das noch groBer wird, wenn die Moglichkeiten in Rechnung gestellt werden, die das elek­tranische Geld eroffnet. Rechnen wir die globalen Schulden grab zusammen, urn einen Uberblick zu erhalten. Zunachst erblicken wir den alles liberragenden Schuldenberg der Dritten Welt. Trotz des Transfers des Schuldendienstes ist der Berg un­aufhorlich von 658 Mrd US$ 1980 bis Ende 1993 aufrund 1770 Mrd. US$ angestiegen (World Debt Tables 1993-94). Die Gruppe der 7 Industrielan­der ist Ende 1993 netto, d.h. wenn man Guthaben im und Verpflichtungen gegenliber dem Ausland saldiert, mit 177 Mrd. US$ extern verschuldet. Der niedrige Wert kommt zustande, weil den hohen NettoauBenschulden der USA (658 Mrd US$) oder Kanadas (237 Mrd US$) hohe Nettogutha­ben Japans (610 Mrd US$) oder der BRD (221 Mrd US$) gegenliberste­hen. Die USA sind also das am hOchsten extern verschuldete Land auf Er­denS. Auch die osteuropaischen Lander sind hochverschuldet. Sie weisen externe Nettoschulden in der GroBenordnung von rund 200 Mrd. US$ auf. Die Welt ist also ausnahmslos netto verschuldet. Zwar soli ten sich Forde­rungen und Schulden innerhalb des Finanzsystems zu +/- Null saldieren. Doch summieren sich die extern en Nettoschulden in der Weltwirtschaft zu einer betrachtlichen GroBenordnung, zu insgesamt rund 2100 Mrd US$. Wahrscheinlich entspricht der Betrag nicht deklarierten und daher in den Statistiken nicht auftauchenden Geldvermogen in der Welt. Flir den Schuldendienst sind natlirlich die Schuldner verantwortlich. Die Frage ist nur, wer die Schuldner letzten Endes sind. Wenn private Schuld­ner nicht in der Lage sein sollten, Zinsen und Amortisationen aufzubrin­gen, konnte die offentliche Hand gefordert sein. Entweder tritt ein »norma­ler« Blirgschaftsfall ein, oder die Drahung eines finanziellen Krachs erfor­dert das offentliche Eingreifen, urn die negativen Begleiterscheinungen zu vermeiden. So kommt es, daB in Argentinien der Anteil der offentlichen Schulden an der gesamten AuBenverschuldung von 1980 bis 1989 von

5 Dies ist aus drei Grunden anders zu bewelien als hohe externe Schulden anderer Lander: Erstens sind die USA ein groBes Land, das daher auch hohe Schulden leichter verkraften kann als kleinere Lander. Dennoch is! der Anteil der (externen) Schlliden am Bruttoin­landsprodukt mit 10,4% (1993) betrachtlich, zumal wenn die Dynamik beachtet wird. Noch 1985 betrugen die Guthaben [% des Sozialprodukts. Zweitem sind die USA in Dollar, also in der eigenen Wahrung verschuldet. Sie sind daher nicht dem Transferpro­blem allsgesetzt, das alle jene Lander zu lOsen haben, die erst Devisen dllrch ExpOliilber­schilsse oder KapitalimpOlie (neue Schulden) erwerben mlissen, wenn der Schuldendienst geleistet werden soll. Drittens sind die Guthabenzinsen der USA z.T. hiiher als ihre Soll­zinsen, da viele Schuldner der USA einen hiiheren Risikoaufschlag zahlen mlissen als die USA, wenn sie sich verschlliden.

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rer

nicht

Verlustes aussetzen mtissen, wird im del' Druck auf die offentlichen Haushalte nicht abnehmen. So es sich aber, daB der

des GeJdes eine tendenzielle 0U'LCHUlC,HA

des Geldes (als

6. ,n·""" .... "

Wenn die tiber das Geld und nieht mehr dureh »vita lost

sieh die Gesellschaft als eine tendenziell in verclubte communities und der Sozialhilfe oder der Caritas an-

heimfallende exkludierte Ghettos auf. Diese hier beschriebene Tendenz sieh auf der Mikroebene des elektronischen Geldes. Da-fUr es mehrere Grtinde: Erstens wird nieht nicht aile die

Konto sind einer Vielzahl von inzwischen

zivilisatorischen Selbstverstandlichkeiten einen zu Geld maeht alle und scheidet sie doeh wieder in

ne, die danjber die es nieht haben. Dies ist im Faile des elektronisehen Geldes im nieht anders als der inzwi-

Welt des Geld»seheins«. Diskriminierender erweist mit del' elektronisehen Karte bestimmte Nutzer

von bestimmten auszusehliel3en und auf ganz bestimmte bote zu beschranken. Dies mit def money card fUr SozialhiJ-

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Globale Finanz.innovationen, privates Computergeld und sozialisierte Schulden 257

anstatt daB sie im aU!',,,,,\..-lHU wlirden. Die Multicard und andere Formen von

von

konnen zweitens .u ... ",\..-w"",!', fUr die »finaneial instabilities«

del' betraehtet werden. Flir sieh genommen sind

des Geldverkehrs Mittel zur von Transaktionskosten. Sie erleichtern den renumsatz. Sie senken die traditionellen Risiken

aueh wenn neue entstehen elektronisehes von Konten Doeh heben sie nieht die im Geld angelegte striktion die im maeht. Dieser Saehverhalt wird dureh keine Finanzinnovation wie die Krisen und Pleiten der vergangenen Jahre sehr eindrtieklich gezeigt haben. Aueh wenn die Zentralbanken del' von Zinsen und Weehselkursen auf den internationalen Finanzmarkten ihre »Souveranitat«

und sie daher nur einen geringen EinfluB auf die Konditionen der Kreditgesehtifte haben sie doeh drittens eine wieh-tige Aufgabe bei der der Rahmenbedingungen: etwa bei der Festlegung von Sieherheiten, bei der Kontrolle der Gesehafte und bei der

von Konkursen. Diese sind in Zukunft htiufiger zu erwarten als in den vergangenen da ja die (privaten und Sehulden inzwischen erreicht »Sehuldenautomatismus« schon zu einer weiteren von Sehul­den und Schuldendienst flihren kann - im Bereich del' Konsumentenver-

ebenso wie auf den wo sieh die »GroBen« tummeln. Bis wann? Eine konkrete Antwort ist nieht

Sichel' ist nul', daB die Tendenz nieht fortge-setzt werden kann. In diesem nieht nur freundliehen Rahmen entwickeln sich die elektroni­schen Formen des Geldes. Die neuen on line- und off line Kreationen soll­ten also nieht dartiber daB sie die Geldform und die Geld­funktionen nieht aufheben und daher den Restriktionen unterlie­gen wie das traditionelle Geld vom Groschen und dem Goldbarren bis zmn Tausendmarkschein oder dem Girokonto. Sie sind - und damit wird eine dem Geld als abstraktem Medium Tendenz Ausdruek del' und del' des Geldes (der Geldvermogen). Dabei stellt sich die gleiche Frage wie bei Wahrung auch: die nach der des tiber das Geldvermogens­besitzer und das Sehuldner zu zahlen haben. Wenn Schuldner

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nicht zahlen konnen, wird die Schuldverpflichtung sozialisiert; die Privati­sierungstendenz des Geldes beschrankt sich also auf die Aktivseite der Bi­lanz. Sie gilt nicht fur deren Passivseite. Die Probleme der elektronischen Sicherheit sind nur ein Aspekt, ein anderer ist die okonomische Sicherheit. Sie hat etwas, und damit verlassen wir den virtuellen Raum, mit den real en Moglichkeiten von Schuldnern zu tun, Zahlungen aus Einkommensstro­men zu leisten. Eine Okonomie besteht auch heute nicht nur aus »Zahlen« und »Nicht-Zahlen«. Sie ist ein Raum des rentablen Produzierens und da­her ein art der Stoff- und Energietransformation. Wenn rentable Produkti­on nicht moglich sein sollte, konnen auch Geldbeziehungen scheitern, gleichgultig wie innovativ sie organisiert sind. Ein Vorteil der Globalisie­rung und des »Cybermoney« allerdings liegt darin, daB die FlexibiliHit der Reaktion auf reale okonomische Vorgange enorm angestiegen ist.

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Thomas Achim Werner

Geldwasche - die okonomische Dimension unbekannter Gefahren

1. Geldwasche nnd Organisierte Kriminalitat

Die Behandlung der Thematik »Geldwasche« in Medien und Fachliteratur konzentriert sich meist auf die konkreten gesetzlichen MaBnahmen der Geldwaschebekampfung wie das deutsche Geldwaschegesetz oder auf spektakulare Zahlen oder Falle. Kaum untersucht sind hingegen die oko­nomischen Zusammenhange und Wirkungsmechanismen, in denen Geld­wasche stattfindet. Wie hier gezeigt werden soIl, ist Geldwasche gleichzei­tig Folge und Voraussetzung Organisierter Kriminalitat, denn sie sichert den Kriminellen die Verfiigbarkeit der illegalen Gewinne zur Integration in die legale Wirtschaft ebenso wie zur Begehung neuer Straftaten. Die Mog­lichkeit, illegale Gewinne per Geldwasche zu legalisieren, ist damit nicht nur ein eigener Tatanreiz, sondern stellt auch notwendige Ressourcen zur erneuten verbrecherischen Gewinnerzielung bereit. 1

Eine grundlegende Definition von Geldwasche bietet die US-amerikani­sche Arbeitsdefinition der »President's Commission on Organized Crime« von 1984. Danach versteht man unter Geldwasche einen ProzeB, mit dem die Existenz, die rechtswidrige Quelle oder die rechtswidrige Verwendung von Einkommen verborgen wird, urn diese Einkommen anschlieBend als legal erworben erscheinen zu lassen. Anders gesagt ist Geldwasche die Riickfiihrung illegal erworbener Vermogensgegenstande in den legalen Fi­nanzkreislauf, mit dem Ziel, die illegale Herkunft zu verschleiern und so die Werte den Zugriffsmoglichkeiten der StrafverfolgungsbehOrden zu entziehen. Zugleich soIl damit die mogliche Strafverfolgung derjenigen Personen verhindert werden, we1che die kriminellen Vortaten begangen haben. Bereits erzielte illegale Gewinne und Vermogen, sog. »schmutzige Gelder«, sollen zur Sicherung, Werterhaltung, Gewinnerbringung und teilweise auch zur Machtausiibung in die ordentliche, legale Geschaftswelt

Dieser Artikel ist eine Kurzfassung eines unver6ffentlichten Manuskriptes mit dem Titel: »Geldwasche - MaBnahmen zur Analyse des Problems und MaBnahmen der Bektimp­fung«, entstanden an der Fachhochschule fijr Wittschaft Berlin (derzeit nur direkt iiber den Autor zu beziehen).

PROKLA. Zeitschriftfiir krifische Sozialwissenscha/t, Heft 103,26. Jg. ]996, Nr.2, 259-28]

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stufenweise integriert werden, um sie als rechtmaBig erworbenes und lega­les Vermogen erscheinen zu lassen. Die gebrauchlichen Begriffe Geldwasche (in der Schweiz Geldwascherei) und »Geld waschen«, ebenso wie »blanchisement d'argent« und »money laundering« sind vermutlich auf einen US-amerikanischen Ursprung zu­rtickzuftihren. Demnach » .. .investierten die Erfinder des Systems in 'laundromats' ... - also auch in automatische Autowaschanlagen« (CouvratIPless 1993, 171). Das »Waschen« kann folglich sowohl in der herkommlichen Weise verstanden werden als auch im tibertragenen Sinne, denn die »schmutzigen« Gelder sollen ja von ihrem deliktischen Ursprung (als »Schmutz«) gereinigt werden.2

Da Geldwasche meist in Zusammenhang mit Organisierter Kriminalitat (OK) stattfindet, ist es fUr das Verstandnis wichtig, dies en Begriff etwas genauer zu betrachten. OK bezeichnet ein »arbeitsteiliges, bewuBt und ge­wollt, auf Dauer angelegtes Zusammenwirken mehrerer Personen zur Be­gehung strafbarer Handlungen - hiiufig unter Ausnutzung der modernen In­frastrukturen - mit dem Ziel, moglichst schnell hohe Gewinne zu erzielen.« (Eisenberg/Ohder 1990, 575). Die Begehung von Straftaten ist dabei nicht Ziel, sondern Mittel zur Erzielung der Gewinne. Okonomisch signifikant ist, daB oftmals nicht mehr der Tater, sondern der Kunde bzw. der Markt die Tat bestimmt, wie z.B. bei dem Diebstahl von Automobilen der Ober­klasse (Kaiser 1989, 215). Die Erlangung von gesellschaftlicher und politi­scher Macht wird als ein weiteres Ziel der OK angesehen, jedoch nicht in erster Linie der Macht selbst wegen, sondern zum umfassenden Schutz der eigenen Interessen. Zur Risikominimierung und Profitmaximierung werden Gesetzgebung, Behorden, Rechtsprechung und Strafverfolgung korrum­piert und bedroht, Monopole werden errungen und neue Markte erschlos­sen. Mit konspirativem Verhalten ergreift die OK gezielte MaBnahmen, urn eine Strafverfolgung zu vereiteln. Zur Imagepflege versuchen mafiose Gruppen, der Bevolkerung direkt oder indirekt tiber die Medien ein positi­ves Bild zu vermitteln, urn ein besseres Ansehen zu gewinnen (Dorm ann et.al. 1990, nff).3 Eine der OK zuzurechnende Gruppe weist organisatorisch und strukturell groBe Ahnlichkeit mit einer legalen Unternehmung auf. Sie kann sozusa­gen als illegale Unternehmung verstanden werden, die auf legale und ilJe-

2 Endeckt wurde diese Geldwasche von Steuerfahndern bei der Uberprtifung einer Kette von Autowaschanlagen. Sie wunderten sich, wie dort angebJich 200 Wagen je Anlage am Tag gewaschen werden konnten, wo doch ein Schneesturm den gesamten Verkehr der Region flir Tage lahmgelegt hatte (Couvrat/Pless 1993, 171).

3 Beispielsweise hat die japanische Yakuza im Januar 1995 in Kobe/Japan zu diesem Zweck Lebensmittel und Hilfsgtiter an die Erdbebenopfer verteilt (vgl. Der Tagesspiegel yom 22.01.95 »Unterwelt verteilt Essen an Bedtirftige in Kobe«.)

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gale Weise fast ausschlieBlich iIIegale oder verbotene Giiter wie Drogen, radioaktive Brennstoffe oder Waffen produziert bzw. damit handelt oder iIIegale Dienstleistungen wie Brandstiftung, Erpressung, Mord u.a. aus­fiihrt. Oftmals tarnen sich Gruppen der OK durch Scheinfirmen oder sogar legale Unternehmen, in die sie sich mit gewaschenen Geldern eingekauft haben. Ihre Vorgehensweise ist durch differenzierte Arbeitsteilung, hierar­chische Ordnung innerhalb der Gruppe, kriminellen Professionalismus und zumeist okonomisch rationales Verhalten gekennzeichnet. WesentIiche Strategien sind Internationalisierung und Diversifikation. Als bekannteste Vereinigung der OK und quasi als Vorbild gilt die sizilianische Mafia, de­ren Aktivitaten sich als »besonders qualifizierte Form der Straftatbege­hung« erwiesen haben und noch immer erweisen (Eisenberg/Ohder 1990, 575). Ihr erklartes Ziel ist es, einen 'Staat im Staate' zu bilden. Nach der Mafia werden kriminelle Vereinigungen immer wieder als 'mafios' be­zeichnet, obgleich kaum eine andere Vereinigung derart etabliert ist wie die italienische Mafia in Sizilien. Da nach obiger Definition die OK aus Gewinnerzielungsabsicht handelt, bereiten die Werte und Normen der marktwirtschaftlich gepragten Gesell­schaften ihr gleichsam den Nahrboden. Es entspricht »der systemimmanen­ten Logik der Wettbewerbsgesellschaft« (Roth 1993, 11), auf jede erdenk­liche Art und Weise fiir die personliche Bereicherung zu sorgen. Die OK benutzt dazu neben den iiblichen Mitteln und Methoden vor allem auch Gewalt und deren Androhung. Sie bietet alle verbotenen Waren an, fUr die es einen Markt und eine Nachfrage gibt. Einerseits handelt die OK nach Marktgesetzen, andererseits werden diese in besonderen Fallen, z.B. durch Korruption und Bestechung zu Gunsten der OK, auBer Kraft gesetzt. Urn Geldwasche okonomisch erfassen und beschreiben zu konnen, muB bei den sog. Vortaten begonnen werden. Vortaten sind diejenigen kriminel­len Handlungen, die zeitlich vor der Geldwasche stattgefunden und zu der Entstehung iIlegaler Gewinne gefUhrt haben.4 Einen wesentlichen Anteil der Vortaten stellt der iIIegale Drogenhandel dar. Nach unterschiedlichen Schatzungen stammen 50 - 80% der iIIegalen Gewinne daraus. Die Umsatze werden weltweit auf 500 - 800 Mrd. US-$ geschatzt (Schuster 1994, 6; WerthebachIDroste-Lehnen 1994, 58). Die il­legalen Gewinne hieraus schatzt das BKA auf bis zu 500 Mrd. US-$ (Zachert 1993, 63). Auch unter Beriicksichtigung weiterer Zahlen und

4 Nicht aile ilIegalen Gewinne werden gewaschen. Beispielsweise werden die relativ klei­nen Gewinne der Drogen-Endverkaufer hauptsachlich »ungewaschen« fUr den Lebensun­terhalt, eigenen Drogenkonsum etc. ausgegeben. Ein anderer Teil der ilIegalen Gewinne verbleibt in der Unterwelt und wird dart verbraucht, z.B. fiir ilIegales Gliicksspiel. Nach Schtitzungen der »Financial Action Task Force on Money Laundering« werden ca. 50 -70% der illegalen Gewinne gewaschen (FATF 1990. Annex A, 12f)

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die in den Medien und Publikationen um-laufen und verifizierbar sind wie die bleibt das Gewicht des iIlegalen

stelJt das weltweit dar wie Heroin und Kokain werden von

den Kleinhandlern gegen auf der StraBe verkauft. Bei den zuvor Umsatzen fallen derart enorme an Banknoten an, daB

diese von den GroBhandlern teilweise schon nicht mehr sondern werden I Forthauser I

der Anzahl der Banknoten mtissen die Erl6se tiberfiihrt werden, urn sie ftir die Tater nutzbar zu

machen. des dieser Stelle ein Hinweis auf die fehlen, denn diese ist wiederum Vortat des Weitere nennenswerte Vortaten sind

Handel mit Tierarten und

nalitat in Ausiibung des Berufs, Kreditkartenkriminalitat,

und vieles mehr6

Wie z.B. bei der Rotlichtkriminalitat zu Delikte wie i1Jegales Glticksspiel,

Drogen, Kinder-, Gewalt- und

Krimi­Betrug, Scheck- und

Kreditwucher, Steuerhinter-

etc. anzutreffen eine Art von Unterwelt mit ihren Gesetzen und einer

Geldwasche findet dart statt, wo und Verhal-ten wenn die OK Immobilien erwirbt. Von sog. welche immer kriminellen sind sag. schwarze Gelder zu die durch zwar

aber nicht deklarierte und versteuerte Verkaufe entstehen. Das Mo-tiv ist die bzw. Die schwarzen Gelder werden meist ebenso flir steuerfreie an die

5 Aile verOffentlichten Zahlen beruhcn auf Schatzungen des Anbauvolumens, Schtitzungen der Konsumentenzahl, Schiitzungen der Absatzmenge und -preise, Schiitzungcn der Ko­sten und Vorleistungen usw. Es werden also mehrere unsichere Faktoren miteinandcr multipliziert, was zu einer hohen Fehlerwahrscheinlichkeit fiihrt.

6 Detaillieltere Allsfiihrungen Zll den Vortaten unter Einbeziehung der Zusammenhiingc mit Geldwiische sind in der diescm Aufsatz zugrunde liegenden Studic des Autors zu rinden.

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Geldwasche - die (jkonomische Dimension unbekannter Ge/ahren 263

oder Schmiergeldzahlungen usw. Oft flihren Betriebe solche »schwarzen Kassen« neben der offiziellen (Couvratl Pless 1993, 1 35f) Gewaschen werden mtiBten solehe schwarzen Gelder erst, wenn sie wieder in den offiziellen und de­

werden soIlen. Hille von Geldwasche und zur

wurden in den letzten lahren verschiedene der Geldwasche entworfen' Die US­Zallbehorde hat das inzwischen bekannteste das sag. Drei-Phasen-Modell der Geldwasche entwickelt Ackermann lich diente es del' Erfassung der Wasche von dern, aber es laBt sich auch zur anderer Falle benutzen. Es unter-scheidet drei Ph as en der Geldwasche: In del' ersten Phase, dem Placement (Plazierung, Unterbringung), werden illegal erwirtschaftete Gewinne durch Einbringung in den JegaJen Finanz­bzw. Wirtschaftskreislauf erstmalig physisch umgewandelt Die einfachste Form des Placement ist die bei Banken, urn Bargeld, welches direkt aus dem Drogenhandel stammt, in Buchgeld umzuwandeln. Durch die Mal3nahmen zur Geldwaschebekampfung bestehen in vielen Landern Identifikations-, Dokumentations- oder Meldepflichten ab bestimmten Schwellenwerten (z.B. in den USA ab 10.000 Dollar). Daher mtissen die

entweder auf viele Banken und Konten verteilt werden, was »Structuring« oder »Smurfing«7 genannt wird, oder es wer­den Moglichkeiten gesucht, diese Kontrollmechanismen zu umgehen, z.B. durch den Erwerb von leicht transferierbaren Wertgegenstanden wie Edel­metallen, Edelsteinen bzw. den Kauf von Schecks oder an­

Anlageformen. Ein fur die Banken unauffalliges Place­der Kontrollmechanismen kann auch durch die Ver-

mit Einnahmen aus Unternehmen die zur Geld-wasche mil3braucht werden. Solche »Frontbetriebe« (Forthauser 9,

sind z.B. Gastronomie und

ist ein Verkauf von Eintrittskar­

ten kann aus dem i1JegaJen Verkauf von del' Bank gegen­tiber als Kasseneinnahme deklariert werden. Uberprtifungsmoglichkeiten bestehen nicht. Teppichverkaufe z.B. zusatzlich tiber eine erscheinende Rtickflihnmg

7 Oder auch »Ameisensystem«. In ennitteltcn Fiillen wurden bis zu 700 Boten (Runners) eingesetzt, urn Drogengelder in kleiner Sttickelul1g bei amerikanischen Banken einzuzah­len (Ackermann 1992, 2lf, FATF 1990, Annex B, 2ff).

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der Gelder in die Lander der Die ermittelten Hille be-weisen eine hohe Kreativitat der Geldwascher.

von der markt tiber. An dieser Schnittstelle

Finanz­fUr die

Gewinne noch erkennbar wei! sie einen unmittelbaren zu ihrer delikti-schen Herkunft haben. Flir die Geldwascher besteht hier das entdeckt zu werden. In der zweiten dem Transaktionen im nationalen und vor allem im internationalen Bereich statt, urn die Herkunft bzw. den Eigentlimer der

Plazierte Gewinne werden meist im 70"0t,a~ .... h-.~t-,., liberwiesen und verschoben.

konnen zusatzlich Spuren verwischt wer-den. Sinn des Layering ist, die der Gelder zu unterbrechen

1990a, Annex C, Iff). Neben den JegaJen Banken sowie den Off­Shore-Instituten werden fUr das Layering auch Untergrundbanken wie z.B. sag. »Hawalla« oder »Hundi«-Banken benutzt, die Transaktionen zumeist tiber Kompensationsgeschiifte auf internationaler Ebene abwickeln worth-Davies/Saltmarsh 1994, 74ft} In der dritten Phase, der Integration, werden die scheinlegalisierten Ver­mogensgegenstande, deren deliktische Herkunft nun nicht mehr nachweis-bar durch Investition oder Konsum in den Wirtschafts- und Fi-nanzkreislauf kann sowohl auf den Fi-

Meist werden mittel - und

Gewinne steuerunschadlich nutzbar zu von Treuhandkrediten. Dabei werden anonym

zur von Krediten genommen. Die Kredite konnen ben und steuermindernd verwendet werden

zur Schiffsreederei. Urn auszunutzen, investiert die OK ei-nerseits in die ihrer kriminellen Infrastruktur zur weite-rer Straftaten wie Immobilien oder Drucke-reien. Andererseits investiert sie in urn die Geldwasche zu

oder in andere die eben falls ihrer Infrastruktur dienen, wie etwa Chemie- und Pharmaunternehmen zur Produktion syn-thetischer oder Kreditinstitute. dient die

Wirtschaftsunternehmen den der OK einen legal und ehren-

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Geldwiische - die i;kol1omische Dimel1sion unbekannfer Gefahren 265

haft erscheinenden Deckmantel sowie ein Einkommen zu verschaf­fen und ihnen neben ihrer kriminellen Macht zusatzlich okonomische Macht und Ansehen zu beschaffen.

Geldwasche im makrookonomischen ZutsamInenhan

erfal3t wer­zu diesem

okonomischer Zusam­hat nach Recherchen des Autors

bisher nur der in Mailand an der Universita Bocconi lehrende italienische Makrookonom Donato Masciandaro 1994). Kern dieser

durch Konsum, wird die

einer in welchem das Volkseinkommen im Gleichgewicht

Investitionen und Staatsausgaben bestimmt wird. Darin als - ahnlich

wie ein Ausland - implementiert, der einerseits Gliter der legalen Wirt­schaft und andererseits dieser ilJegale Gliter, wie z.B. Drogen, Waffen oder Prostitution anbietet. Zie] der Untersuchung ist die qualitative

der der legalen Wirtschaft durch die OK und auf den Staatsausgabenmultiplikator sowie die Ver­

der Bekampfung von Kriminalitat all-gemein und von Geldwasche im auf das Volkseinkommen. 8

Das Einkommen der OK setzt sich zusammen aus dem Ahsatz vall illegalen Giitern und oder

d.h. sondern nur

Einkommen wie etwa Diebstahl oder Raub. Masciandaro bezeichnet diese Redistribution ironisch auch als eine Art kriminelle Besteue­rung, durch welche der Wirtschaft Ressourcen werden

Masciandaro

wird bestimmt Mal3nahmen zur der Kriminalitat per Ge-

und durch den Anteil bzw. Grad der Unterwande­Wirtschaft durch die OK. Der Absatz der OK ist bestimmt

der Wirtschaft nach Glitern der die da eine sehr

arme Volkswirtschaft nur Volkseinkommen Gliter der OK

8 Diese Untersuchung kann hier nur extrem verkiirzt und vereinfacht dargestellt werden. Der interessierte Leser sei auf die Originalquelle in italienischer Sprache oder das unvcr­Offcntlicbte Manuskript des Autors verwicsen.

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Verwendet wird das halb der OK und fUr die

inner­Wirt-

sehaft. Dieser Erwerb von Outem der Wirtsehaft ist das Mittel der die Wirtsehaft zu unterwandern. Steuerbar ist diese Intensitat

der dureh die Effizienz der 1st diese Effizienz nieht kbnnen aile Oewinne der OK in vollem Um-

um in die Wirtsehaft und Guter zu erwerben. Bei theoretisch vollkommener Effizienz hatte die OK keiner­lei der mehr. Die der legalen Wirtschaft

Basierend auf diesen Annahmen untersucht Masciandaro an einer Volks-die er nennt, wie ab einem bestimmten Grad der

noeh die OK von einer Erhohung der sieh

auf einen Wert < 1, d.h. die investiert wird, schafft nur noch zu einem Bruehteil legales Volkseinkommen. Solche erhbhen vielmehr das Einkommen der kriminellen Wirtsehaft. Eine Volks­wirtsehaft im Sinne dieser muG dabei nieht ein ganzer Staat sein. Ebenso kbnnen derartige Zustande aueh in einzelnen

oder Haushalten auftreten. Einzelfalle mit »criminopolisehen« Verhaltnissen hat es wahrscheinlieh nieht nur in Italien gegeben, sondern

auch in vor all em im offentlichen Bausektor. Innerhalb diesel' Multiplikatoranalyse bewirkt eine Erhohung der Wirk-samkeit der allgemeinen eine Erhohung des Volkseinkommens. Das ist tihnlich wie bei einer der

Der Grad der wird hingegen nicht beein-wtirde sie sieh viel geringfUgiger auswirken aIs in ei­

unterwanderten Volkswirtschaft. und effektiven Geld-

der Geldwasche das der OK in die legale Wirt-Effekt stellt in besonderer Weise

der Geldwasche unabdingbar ein nicht entstehen zu lassen. In »Criminopoli« ware die

9 Normalerweise ist dieser Multiplikator > I, d.h. jede investielte Geldeinhcit schafft ein Volkseinkommen, welches die investierte Summe Ubersteigt.

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effiziente um die kriminelle

von daB zu einer effizienten Geldw~ische das Bankwesen benutzt werden erfaBt Masciandaro in einer weiteren Ana-

die Ressourcen mit den Kosten. Die Ko-sten unterteilt er in technische die durch die Beschaffenheit der durchzuftihrenden Uberweisungen, Aktien­

die der OK durch die MaBnahmen der

von Nach erfolg­ter Wasche verbleiben der OK damit die um diese Kosten Ge-winne zur Reinvestition im oder Bereich. Die Reinvestition der Gelder soli in Masciandaro's anhand der Portfolio-Theorie einem Rendite- und Risikokalktil im Jegalen und illegaJen Bereich stattfinden. Die Rendite von illegaJen Aktivitaten wird nach diesen Untersuchungen hoher veranschlagt als im Bereich Callcin schon we-gen der fehlenden Besteuerung), auch bei hoherem Risiko. nom men wird, daB auch Investitionen im illegalen Bereich GeI-del' erfordern, um das Entdeckungsrisiko zu Aus diesen Faktoren entwickeIt Masciandaro den sog. Geldwaschemulti­plikator als Vermehrungsfaktor der im Jegalen Finanzmarkt illegaJen Mittel. Er stellt eine Art »Netto-Rendite« oder Nutzenfaktor die­ser Mittel dar und kann auch als Unterwanderungsfaktor verstanden wer­den. Wesentliche GraBen zur Steuerung dieses sind die Ko­sten der Geldwasche, die erwarteten Renditen im legalen und iIlegalen Be-reich und die Risiken. Del' ist um so , je

die Kosten der Geldwtische insbesondere bestimmt durch die und je die der Investitionen

im nicht allzu hohem Risiko fUr die is!. Wahrend sich MaBnahmen zur Beldimpfung der KriminaJiWt vor allem auf das Risiko und die erwartete Rendite im Bereich

bewirkt die eine erwirt­schafteten Gewinne werden so bereits in del' Phase des Placement um diese Kosten und konnen nur weiterverwendet werden. Ein solcher EUekt kann auch der in Deutschland installierten Geldwasche-

der EG-Richtlinie von 1991 werden

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3. Okonomische Auswirkungen der Geldwasche

Auswirkungen auf die Geldmenge

Thomas Achim Werner

Explizite Untersuchungen der Auswirkungen von Geldwasche auf die Geldmenge Jiegen im deutschsprachigen Raum bis heute nicht vor. Da die Auswirkungen zudem in jedem Land aufgrund unterschiedlicher Kapital­zu- und -abflusse anders sein werden, soli hier versucht werden, mogliche Auswirkungen am Beispiel Deutschland zu analysieren. Ausgangspunkt ist die Vermutung, daB durch Geldwasche groBere Summen an Devisen zur Integration nach Deutschland flieBen, als fUr Faktoreinkommen aus diesen Investitionen an auslandische Investoren sowie fur im Ausland zu integrie­rende Gelder abflieBen. Schatzungen gehen von 50 bis 80 Milliarden DM aus, die jahrlich in Deutschland gewaschen werden (WerthebachlDroste-Lehnen 1994, 58). Interessant ist ein ZusammenfUhren der geschatzten Zahlen aus verschie­denen Bereichen und Quellen: unter der vorsichtigen Annahme, daB 80%, d.h. 40 Mrd. DM der zu waschenden Gelder aus dem Drogenhandel stam­men, in Deutschland aber »nur« ein Drogenumsatz von maximal 5 Milliar­den DM (Steinke 1993, 85) geschatzt wird, ergibt sich daraus, daB mogli­cherweise Gewinne aus dem illegalem Drogenhandel in Hohe von minde­stens 35 Milliarden DM aus dem Ausland nach Deutschland flieBen lO.

Dieses Zahlenspiel bestatigt die quantitativ nicht belegte Annahme des BKA, daB Deutschland in erster Linie von der Integration gewaschener Gelder in den legal en Finanzkreislauf betroffen ist l I. Schatzungen folgend sollen bis 1992 bereits 72 Milliarden DM alleine in den fUnf neuen Bun­desIandern investiert worden sein (Santino/La Fiura 1994, 219). Akkumu­lierte Hochrechnungen aus dem Jahre 1994 gehen von insgesamt bis zu 170 Milliarden DM aus (Raith 1994a, 43, unter Berufung auf Hochrech­nungen des Bundeskriminalamtes). ZuflieBende Devisen werden von den Geschaftsbanken an die Bundesbank weitergeleitet. Diese Devisenankaufe der Bundesbank bertihren in vollem Umfang die Bankliquiditat, eben so wie sie sich in vollem Umfang expan­siv auf die Geldmenge auswirken. Wahrend der EinfluB auf die Bankli­quiditat durch die liquiditatspolitischen MaBnahmen der Zentralbank neu­tralisierbar ist, gelingt die Neutralisierung des expansiven Geldmengenef­fektes kaum. Einen unmittelbar expansiven EinfluB auf die Geldmenge hat auch der Zugang von Auslandsgeldern bei Nichtbanken, weil dadurch die

10 Geht man davon aus, daB 50% der zu waschenden Gelder aus dem Drogenhandel stam­men, bliebe bei anteiliger Rechnung ein KapitalzufluB von 20 Milliarden DM tibrig.

11 Bestatigt werden diese Berechnungen auch durch Aussagen des Vorsitzenden der italieni­schen Anti-Mafia-Kommission Violante (1993, 26t) tiber das Investitionsverhalten der italienischen Mafia, sowie durch Vermutungen des BKA (1993, 3ft).

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was sich direkt und indi­der Geschti.ttsbanken auswirken

kann. Werden Devisen an die Bundesbank entsteht der che Effekt wie zuvor beschrieben. Ein weiterer Ef-fekt kann auch durch auf den die an Geldwasche Einlagen wirken sich eben so wie inlandische ~HuUloV

aus, was zu einer der kann (Deutsche Bundesbank 1993, 25f). Auf dieser Basis kann vermutet daB Geldwasche ceteris Deutschland einen expansiven EinfluB auf die Geldmenge mit chenden auf die Inflation hat. Diesem Effekt steuert die Bundesbank durch ihre gezielt entgegen, unter anderem durch ihre stetige Hochzinspolitik. Das hohe Zinsniveau hat besonders in den letzten Jahren zunehmend legale und Gelder ilJegaJen Ur­sprungs nach Deutschland geJockt. Diese erh6hte Nachfrage nach DM hat wiederum zu einer Stabilitat der Wechselkurse gegenuber anderen europai­schen und der US-Wahrung geftihrt. So kann die Folgerung gezogen wer­den, daB der ZufluB ausHindischer Gelder nach Deutschland einerseits die Geldmenge erhOht und andererseits die DM international stabilisiert. Da die Bundesbank insgesamt an Kapitalimporten u.a. zur Deckung der hohen Staatsverschuldung interessiert mliBte sie theoretisch den ZuflUssen durch Geldwasche positiv gegeniiberstehen. Die Hohe dieser Effekte ist jedoch nicht abschatzbar, weil nicht zu klaren

welche Anteile der »schmutzigen« Gelder bereits in Statistiken erfa13t sind und welche noch nicht. Aufgrund obiger Hypothesen vermute ich dennoch insgesamt einen positiven Eint1uB durch den ZufluB scheinlegaJer Gelder auf die Stabilitat der DM im internationalen Bereich.

auf Borsen- und Wechselkurs

Durch Geldwasche es der immense im Bereich zu akkumulieren. Einerseits soli en diese gewaschenen Gelder ge­winnbringend, sicher und legal integriert werden, andererseits konnen sie als Spekulationskapital gezielt als okonomisches und politisches Druckmit­tel eingesetzt werden. Durch die absichtliche Beeinflussung bestimmter Borsenkurse, Kapitalmarktzinsen und Wechselkurse konnen sowohl eigene Gewinne optimiert als auch politische Krafte im Sinne der OK werden. Schon 1990 soli alleine die italienische Mafia liber »f1lissiges Kapital in Hohe von umgerechnet rund hundert Milliarden Mark« (Leyen­decker et.a!. 1992, 119) verfligt haben. Solche Aussagen verdeutlichen das Macht- und Bedrohungspotentiai gewaschener Vermogen. Eine Macht, die

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ogJIICllerwelse ganze Volkswirtschaften willentlich in ein Chaos sttirzen kann (ZieglerlMtihlhoff in Italien haben daB die Mafia mehrmals gezielt mit Inhaberschatzanwei­sungen und Staatsanleihen um den in die Hohe zu treiben. Die damit erreichten hoheren Zinsen haben einerseits die

wei I diese ihr in in angelegt hat und der Staat

somit effektiv bei der Mafia verschuldet ist 33). Ande-rerseits wurde der Staatshaushalt durch den h6heren Kapitalmarktzins noch weiter denn um das Haushaltsdefizit per Kreditaufnahme zu dek-

muGten hohere Zinsen werden et.a!. 1992, 118ff; Raith 1994b, Eine konkrete politische EinfluGnahme kann ebenfalls am Italiens gezeigt werden. Nach Informationen des Raith sol! zumin­dest einigen Mitgliedern der italienischen Regierung die potentielle Bedro-

durch die Unterwelt bekannt gewesen sein. Raith zitiert regierungsin­terne Aussagen von Finanzminister Guido Carli aus dem Jahre 1991, als dieser vor der Verabschiedung eines Anti-Geldwasche-Gesetzes warnte, wei I » ... wir hier im Land umgerechnet mehrere hundert Milliarden Dollar Spekulationsgeld im Geldkreislauf das zu einem guten Teil aus ille­galen Geschaften stammt, und wenn diese abflieGen, sttirzt die Lira senk­recht ab« zit. n. Raith 1994b, 242). Als das Gesetz auf internationa­len Druck im Sommer 1992 dennoch verabschiedet wurde (vgl. dazu Delle Femmine 1 sttirzte die Lira tatsachlich derart ab, daB Italien im September 1992 aus dem EWS austreten obwohl die volkswirtschaftliche Grund filr einen der-

100 Milliarden US-Dollar unter anderem auch nach et.a!' I Die

pntpmhpr 1992) ei-

Warentermin- und andere die

faktisch von einem einer Person oder einer beherrscht als Methode der Geldwasche dienen. Entwickelt sich der Kurs wie

erwartet, konnen die Gewinne aus diesen Geschaften schein bar legal trans­feriert werden. Entwickelt sich der Kurs entgegen den wird von clem kein Gebrauch gemacht und das Geschaft nicht allS-

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Geldwiische - die iikonomische Dimension unbekannter Gefclhren 271

Auch der als Mittel der Geldwasche

nach Peru werden.

von Bauern verwendet die Dollar-Noten zu den Wechsel-

stuben, wo selbst die Notenbank in Lima einen Teil ihres Devisenbedarfs deckt. Daraus wiederum kann ein rung der sich u.a. auswirkt. Die der legaJen Wirtschaft durch die Akkumulation scheinle-galisierter Verbrechensgewinne besteht demnach nicht nur, wie oftmals vermutet in der einzelwirtschaftlichen dern ebenso in der Einf1uBnahme auf rr?"o~rnh,,,,

und Wechselkurse. So konnen gewaschene Gelder zu einer Gefahr fUr die Stabilitat ganzer Volkswirtschaften werden.

Auswirkungen Banken- und

Banken haben in marktwirtschaftlichen die fUr eine optimale intertemporale Allokation der Ressourcen zu sorgen. Genau da­von profitiert aber nicht nur die legale, sondern auch die illegaJe Wirt­schaft. Freier Kapitalverkehr und Bankgeheimnis wecken nieht nur das Vertrauen legaler wirtschaftlicher Akteure, sondern auch das der OK und der Geldwtischer, die besonders in der Verschleierungsphase grol3e Geld­mengen zu transferieren und zu transformieren haben. Finanziell gesehen werden die Banken fUr ihre Leistung angemessen entlohnt, d.h. die Profite del' Banken werden gesichert. Somit tragt die Geldwasche vordergrUndig betrachtet zu der Stabilitat del' Banken und damit zu der Stabilitat del' ge­samten Volkswirtschaft bei. Da es sich bei Geldwasche urn konnen die Banken erheblich dabei verdienen. Z.E. hat die BCCI bei allen

0% als Provision einbehalten haben 1993, 15).

In ihrer Funktion als und Intermediare des Zah-sind Banken in besonderem MaBe zur Geldwasche

Der Verdienst del' Banken bei der Geldwasche stellt fUr die OK Kosten der Geldwasche dar. Zusatzlich besitzen Banken umt"assende In­formationen Uber aile ihre Kunden. So liegt es aus mehreren GrUnden im Interesse der selbst die Macht Uber Banken zu zu libernehmen. Durch die enorme reale Gefahr, daB einzelne kleinere Bankhauser in ihre Hande fallen kon-

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272 Thomas Achim Werner

nen. Dies kann durch die der wie z.B. im FaIle der italienischen Banco Ambrosiano 1991, 8 oder durch die von Aktien oder Gesellschaftsantei-len oder auch durch die von Banken und sellschaften unter Zuhilfenahme von Strohman-nem oder in den verschiedenen Offshore-Zentren. Banken stehen schon relevanten Funk-

zeigt. Durch »ihr als miSbraucht werden

zu konnen« 9) stehen sie im Zentrum der der Geldwaschebekampfung. Das Problem ist die des Bank-

fur kriminelle Zwecke wie und Stabilitat der Banken wird und zum ande-

ren der Staat zur von MaBnahmen gezwungen welche die Souveranitat der Banken unterlaufen. Die der Geldwasche behindert damit den gesamten Geldverkehr und mindert die Funktionsfa-higkeit der was sich wiederum lahmend auf das auswirken kann. AuBerdem besteht die Gefahr einer Flucht der AU"OJ"""'_"

leger ins Ausland oder in Nichtbanken. Eine hat wiederum negative auf die betroffene Volkswirtschaft. Bei bisher umgesetzten MaBnahmen der Geldwaschebekampfung werden die Banken zu einem verHingerten Arm der Ermittlungsbehorden gemacht. Diese tiber Melde- und Dokumentationspflichten die Banken als urn Bankkunden zu ermit-teln. Vermutlich ist es im Interesse keiner den Ruf zu be-sanders hart und effektiv gegen Geldwasche Kantakt zu den zu denn damit schreckt sie nicht nur Geldwascher ab, sondem wahrscheinlich auch andere »halb­legale« Spekulanten, Kleinkriminelle und Steuerhinter­zieher. Der Verlust dieser konnte erhebliche Gewinneinbu­Ben bedeuten. Die

von Sanktionen oder zu erreichen. Problematisch daB die Banken bei einer an der

teilweise gegen ihre eigenen Interessen verstoBen. Daher ist zu vermuten, daB die Angst, Kunden und damit unmittelbar Gewinne zu sie eher zu einer mit den Behorden und einer

wird 238f). Geht man davon aus, daB auch die Banken als Kosten-Nutzen-Analysen um ihren Einsatz bei der GeJdwaschebekampfung zu ermitteln, stellt man fest, daB die bisher inter­national umgesetzten MaBnahmen hauptsachlich die Kosten erhohen und

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Geldwiische - die bkonomische Dimension unbekannter Getclizren 273

den Nutzen senken. Dokumentation und verursachen Sach- unci Gewinne und Kunden senken

den Nutzen clef Banken. Urn dennoch eine def Banken zu werden Strafen filr die Banken und deren Mitarbeiter ange­

droht. Ein okonomisch orientiertes Modell sollte daher das Ziel den Banken ihre aktive im gegen die Geldwasche auch

Anreize zu vermitteln. So konnte eine »belohnt« wer-den dUfch welche clie einer Bank verbessern oder durch finanzielle Anreize. Eine direkte Pramie z.E. flir Verdachtsmeldun­

mindestens die Ho-Provision wodurch wiederum dem Staat erheb­

liche Kosten entstlinden. In diesem der ehemalige von Banken­

und Geldwasche-aufsicht

Urn auf def internationalen Ebene Fortschritte zu einer internationalen Finanzgemeinschaft vor, del'

die eine effiziente in nachdem sie eine ge­

der MaBnahmen liberstanden ha­sollte del' Finanzverkehr el'heblich

erschwert und sogar versteuert werden 3 ). Damit konnte ein schwerer Druck insbesondere auf die Offsho-

re-Zentren def letztendlich daw die Offshore-Zentren w MaBnahmen gegen die Geldwasche zu Das Bankwesen del' Sektor der der am meisten in

direkt durch die OK und indirekt

die Banken vor einer Gefahr zu an del' sie - obertlLichlich betrachtet - unmittelbar erst einmal verdienen.

Allokation der Ressourcen und den Wettbewerb

In Marktwirtschaften ist die Allokation der Ressourcen durch den Markt­mechanismus und den Wettbewerb bestimmt. Eine essentielle Funktion er-flillt dabei das Banken- und Durch eine Konkur-renz auf den Markten f1ieBen die Ressourcen wo sie -akonomisch betrachtet - am effizientesten werden kannen. Ge-

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274 Thomas Achim Werner

waschene Gelder als Ressourcen werden in ihrer oftmals dach nicht von diesem der Allokation geleitet. Die Mittel werden absichtlich nicht nach angelegt, sondern urn

zugunsten der OK zu bewirken, Bei involvierten Banken konnen sich auch die Kriterien del' nach der OK verschieben,

den Gesetzen des

die haben neben

auszuschalten, Da sie nicht auf das ~n,AJp'rl"nn'n

weil sie tiber grol3ere finanzielle Polster verfligen, die aus den ilIega-len Quellen konnen sie liber

Zeitr~iume ihre Gtiter und Dienstleistungen unterhalb del' anbieten und damit die Konkurrenz in den Ruin treiben, Aut'

diese Art werden die als Grundlagen unseres Wirt-Die Geldwasch-Betriebe als Instrumen­

te del' OK fonnen sich so monopolistische Marktpositionen und konnen anschliel3end ihre Preise nach Belieben (Zachert Dini 1992, 10ft) Betriebe mit so1chen illegal en verfligen liber finan-zielle del' und Bestechung, die ein legaler Be­

nur im Ausland als sog, »ntitzliche Aufwendungen« steuerlich absetzbar und kbnnen legal der Fir-menkasse mit werden, Normalerweise setzen inlandi-sche voraus, da sie in def Finanzbuch-

be au13erdem tiber ausreichende ler denn clie wie die nicht per Dadurch entstehen mehrfache

werden jahrlich 50 def deutsche

ne unter del' Marktmechanismen, und in ist

auch eine Form der da die Herkunft solcher Gelder nicht le-die Rtickf1tisse erscheinenden

Der ruinbse Wettbewerb client del' OK ebenso zur Un-der Wirtschaft wie zur wirtschaftlicher

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Geldwiisclze die bkonomische Dimension unbekannter Gefilhren 275

Macht. Durch die Kombination von Einf1u13 erheblich 10 Das teilweise

der OK unterwanderten Betriebe kann tiber die und selbst auf bisher

zu verhalten und auf oder

des Wettbewerbs sich verandern konnen.

Die Schadlichkeit del." Geldwasche

def die durch Geldwasche verursacht in erster Linie von dem Ansatz der ab. Versteht man

Geldwasche als eine abstrakte und von den Vortaten und der Gelder sind finanziell bemeBbare Seh~i-

den dureh die Geldwasehe selbst ehef zu denn die meisten bestehen aus del' und meist auch

Somit siehert die GelclwHsehe sagar nicht unci erhebliehe Gewinne im Bankwesen. Mit dieser

claB die schaffe und cler Volkswirtsehaft diene.

Das Bundeskriminalamt bemerkt clazu kurz und »Durch Gelclwii­sche selbst wird kein direkter neuer materieller Schaden verursacht.«

3; kritisch dazu See Wie der ist eine solche von Geld-wasche als nicht den Saehverhalt seiner Gesamtheit zu erfassen. steht Geldwasehe

zu den kriminellen Vortaten. ein wesentlieher Bestandteil des Tat­

vol kswirtsehaftli­erseheinen-

zwi­schen Schaden durch die OK und Sehaden durch Geldwasehe resultieren

KriminalitHt. Gewinne mit dem Lebensblut der dann sind die Kantile der Geldwa-sehe die welche einen Blutkreislauf erst

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276 Thomas Achim Werner

Ebenso wie zu einer des Volumens der Geldwa­sche keine wirklich zuverlassigen Schatzungen es auch zu einer ihrer okonomischen Schaden keine zuverlassi-gen quantitativen Daher sollen an dieser Stelle die okonomi-schen Schaden zusammenfassend beschrieben werden: Uber die kriminellen Vortaten der Geldwasche werden der Wirt­schaft Ressourcen in entzogen, sei es durch die »krimi­nelle Einkommensumverteilung« oder den ilJegalen Absatz von Konsum-

wie werden auf der wiederum dUTch die sogo teils aus »krimineller Geldwasche wird ein schaft

diese sich noch zu entrichtender

Steuern und Abgaben in den Frontbetriebeno Die Integration gewaschener Gelder bewirkt eine Rtickftihrung der Ressourcen in die legale jedoch sind diese Ressourcen nun eng verbunden mit der legal erscheinen­den okonomischen Macht der OK Neben den »ex-ante legalen« Wirt-schaftssektoren bilden sich so »ex-post Wirtschaftssektoren (Hetz-ke et aL 1994,144), deren durch Geldwasche erst mog-lich wirdo Diese ex-post legaJen Wirtschaftssektoren sind zwar faktisch der iIlegalen Wirtschaft jedoch ist diese Zuordnung dank der Geldwasche nicht mehr nachweisbaL Effektiv dient die Geldwasche damit der zur Starkung der Macht der OK

der Wirtschaft durch die

tial noch weiter erhOheno fUr Bauunternehmen zu tiberhohten Preisen zoR erschlie-Ben der OK die offentlichen Haushalte als zusiitzliche lender Ressourcen. Ein

umzuvertei­Offentli­

so daB soziale

Schaden der Konsumenten verursachen erhebliche

Kosten fUr die offentlichen Haushalteo MaBnahmen der Geldwaschebe­kampfung verursachen Kosten, die neben den offentlichen Haushalten auch Banken und Unternehmen belasteno Besonders Vor­schriften verbunden mit einer zunehmenden BUrokratisierung konnten das individuelle Verhalten ganzer von Wirtschaftssubjekten vertin-

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Geldwiische - die (jkonomische Dimension unbekannter G~tahren 277

dern und z.E. zu einer hoheren Kassenhaltung urn den Bankver­kehr zu vermeiden. So1che Gelder stehen dann einer gesamten Volkswirt­schaft nicht mehr zur Verfligung (Dini 1994, Diese Auswirkungen ziihlen indirekt auch zu den Schiiden durch Geldwasche. Neben den okonomischen Schiiden durch die Geldwasche auch soziale und

sich in den moralischen Schiiden durch Wirtschaftskriminalitat bis hin zu den Toten an den Kriegsfronten als Folge des ilIegalen Waffenhan­dels et al. 1990, 65ff, 91; BKA 1993, 3). Erhebliche Schiiden

Gesellschaft entstehen durch Sucht der Konsumenten ille­galer Drogen. Diese liegen vor aHem in den Bereiehen Gesundheit, offent­liehe Sicherheit und aber aueh in Produktionsausfallen sowle den MaBnahmen zur Vorbeugung und Bekampfung. Der DrogenhandeJ ist jedoeh nieht nur eine Vortat der Geldwiisehe. Bei­spielsweise weist die Schweiz relativ zur Einwohnerzahl im europuischen Vergleich die hochsten Quoten von Drogentoten, nach dem Betaubungs­mittelgesetz Verurteilten und Tatverdachtigen auf (Kaiser 1989, 338). Die­ses Faktum ist ein deutliches Indiz dafiir, daB dem schmutzigen Geld auch die Organisierte Kriminalitiit mit allen Auswirkungen folgt. Korruption von Regierung und Behorden konnen demokratisch und rechtsstaatlich angelegte Systeme in groBem Umfang schiidigen, wie bei­spielhaft in Italien zu beobachten ist. Eine Zunahme von Kriminalitut all­gemein und OK im speziellen sind Gift fUr den sozialen Frieden und das Vertrauen in die Rechtsordnung und die Demokratie (Diiubler-Gmelin 1994, 21ft). Von der OK unterwanderte legal erscheinende Unternehmen konnen die Werte, Normen und Verhaltensregeln der gesamten Wirtschaft verandern. Diese immateriellen Schuden beeintrachtigen die offentliche Si­cherheit, das Ansehen eines Wirtschaftssystems als Standortfaktor und damit aueh das Investitionsverhalten der in- und ausIandischen Jegalen Kapitalanleger. Letztendlich wirken sich so aile gesellschaftlichen und so­zialen Verschlechterungen, die erst einmal immateriell sind, mittel- und langfristig auch finanziell negativ auf eine Volkswirtschaft aus. Eine unzureichende Strafverfolgung der OK, korrumpierter Entscheidungs­trager und Behorden gefiihrdet in besonderem MaBe rechtsstaatliche Prin­zipien. »Dem Wegfall ethisch-moralischer Leitbilder folgt die innere Ab­lehnung demokratisch legitimierter Staatsautoritut und damit die Abkehr von der durch aile GesellschaftsmitgJieder getragenen gemeinsamen Uber­zeugung von der Unverbrtichlichkeit des Rechts« (Schaupensteiner 1994, 524). Auf der anderen Seite warnt der Politologe See vor der Gefahr eines politisch motivierten tibermaBigen Ausbaus staatlicher Autoritat, ange­strebt von rechtsradikalen Gruppierungeo, die vor aHem Nicht-Deutsche als Verursacher von DrogenhandeJ und OK betrachten. »Sie bauschen die

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278 Thom.as Achim Werner

Gefahren indem sie die 'Mafia' zur der schwachen Demokratie um so ihre Wunschtraume yom starken Ftihrerstaat zu konnen.« Das MaB der stellt eine dar.

von Geldwasche und OK zu fUr alle rechtsstaatlichen Demokratien

5. Neue uu . .,~.,,~ GeIdwasche

in Deutschland und international MaBnahmen der beschranken sich im wesentlichen auf Dokumen­

im Banken- und Sanktionsmechanismen sowie auf rechtliche Ie Gewinne einzuziehen. Hinzu kommt die Ermittlungs- und 12

Da die konkrete einer direkten del' Geldw~ische stets problematisch muB Geldwasche auch indirekt bekampft werden, indem die Entstehung ilIegaler Gewinne verhindert wird. Wahrend Juristen und Strafverfolger dazu vorrangig Verbote und Sanktionen vorschlagen, ergibt sich aus okonomisch-rationaler Sicht ein anderes Vorgehen: Die Substitution der Produkte der die sie an die legale Wirtschaft verau-

durch Produkte. Eine solche Substitution kann natlirlich nicht Dienstleistungen wie Waffenschmuggel oder Morde substituieren, zumin­dest aber ZigarettenschmuggeJ, Drogenhandel und z.B. Prostitution. Ge­schmuggeJte Zigaretten z.B. konnen direkt durch legale iert werden. Dies konnte u.a. durch eine bessere rung erreicht die verdeutlichen daB del' Kauf der

nicht nur verboten ist und zu Steuerausftillen sondern vor Wachstum der OK bewirkt.

zeichnen sich gegeniiber anderen Mtirkten dadurch aus, daB durch Prohibition versucht sie zu unterbinden und daB sich die Nach-

- durch ihre verursacht - nicht ra-tional verhalten. Auf del' Anbieterseite wird diese Rationalitat

wie bei anderen Mtirkten angenommen. mit Prohi-bition haben gezeigt, daB durch Prohibition der Konsum verbotener Gilter nicht unterbunden werden sondern nur tiberhbhte Preise

Ohne das Faktum del' angenommen was

die Prohibition zwar den hohen Drogenpreis sichert, sich aber gleichzeitig in der Art auswirkt, daB die und damit del'

12 Eine detaillierte Darstellung del' Gcldwaschcbekampfung ist hier nicht bcabsichtigt, vgl. dazu Carl/Klos (1994), Folbier! Aepfelbach (1994), Bosworth-Davies!Saltmarsh (1994).

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Geldwiische - die ijkonomische Dimension unbekannter G~fahren 279

konsum verringert wtirde. Bei Heroin, jedoch auch bei Cannabis und Ko­kain, konnte dieser Effekt empirisch nicht nachgewiesen werden (Becchil Turvani 1993, 305ft). Bei einer so1chen unelastischen Nachfrage aufgrund von Drogenabhangigkeit erhtiht die Bekampfung des Angebotes lediglich den Gleichgewichtspreis und die Gewinne der OK. Solange eine durch Re­pression erreichte Kostenerhtihung fUr die OK durch einen ebenfalls htihe­ren Nutzen in Form htiherer Preise kompensiert werden kann, bleibt die Motivation zu illegalem Drogenhandel bestehen. So wird durch die re­pressive Drogenpolitik indirekt der permanente Nachschub zu waschender ilIegaler Gewinne gesichert und sogar gesteigert. Positive Effekte hingegen bestehen in der Erhtihung der Einstiegshtirden fUr Erst- und Gelegenheits­konsumenten auf der Nachfrageseite. Betrachtet man z.B. den Heroinkon­sum in Haftanstalten, ktinnen die Erfolge einer repressiven Drogenpolitik ebenfalls als gering bezeichnet werden (Maul-Backer et.a!' 1994, lIft). Schon diese kurzen ErHiuterungen deuten auf die Problematik der Drogen­politik hin. Aus tikonomischer Sicht ist daher ein Nach- und Umdenken dringend erforderlich. 13

Banken sind ein wesentlicher Ort der Geldwasche. Ihre engagierte Koope­ration ist bei der direkten Bekampfung unerlaBlich. Diese Kooperation liegt jedoch nicht im primaren Interesse der Banken. Ein Schwachpunkt der bisherigen BekampfungsmaBnahmen ist, daB bisher noch nicht ver­sucht worden ist, die Motivation der Banken durch positive Anreize zu verstarken, sondern nur auf Sanktionen und deren Androhung gesetzt wur­de. Solche Anreizmodelle sind jedoch bis heute nicht einmal bis zu einer Qualitat als schltissiges Rohkonzept entwickelt worden. M. E. liegt hier ein entscheidendes Potential der BekampfungsmaBnahmen brach. Eine Ursa­che dafUr kann darin gesehen werden, daB die derzeitigen MaBnahmen fast ausschlieBlich von Juristen entwickelt wurden, deren tibliche Instrumente zur Verhaltensbeeinflussung nun einmal Vorschriften und Sanktionen sind. Denkbar fUr ein so1ches Anreizmodell ware eine Verkntipfung der Geld­waschebekampfung mit der Bankenaufsicht und der bankpolitischen Steue­rung durch die Zentralbank. Problematisch ist dabei, wonach die Effizienz und das MaB der Beteiligung der Banken bemessen werden sol!. Nahme man beispielsweise die Zahl der Verdachtsmeldungen als Anhaltspunkt, waren Banken, in denen tatsachlich keine verdachtigen Transaktionen durchgefUhrt werden, erheblich benachteiligt. Ein Ansatzpunkt fUr eine Evaluation der Banken ktinnte mtiglicherweise darin bestehen, Banken re­gelmaBig einer Art »Radarkontrolle« durch verdeckte Ermittler zu unter­ziehen. Diese Ermittler ktinnten Banken gezieJt tiberprtifen, indem sie Transaktionen vortauschten, die der Geldwasche dienen sollen. Diese

13 V gJ ausfiihrlicher zur Drogenproblematik Hardinghaus (1995); Adams (1993).

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280 Thomas Achim Werner

Evaluationsmethode wtirde eine Wachsamkeit da eine Bank nicht ob nun echte Geldwascher oder verdeckte Ermittler ihre Gelder bei ihnen waschen wollen. Anhand des Verhaltens der Banken konnten so die zu entwickelnden Anreize bemessen werden. Eine der Banken konnte in der Umsetzung zwar

was dennoch kein sein neue und Methoden in diesem Bereich zu erf"orschen.

Da sich die Banken keine MaBnahmen lassen die nicht auch flir sie selbst sinnvoll sollte ein Anreiz auch tat-sachlich ein Anreiz sein und nicht nur eine verdeckte Sanktion.

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Christine Morgenroth

Brigitte HasenjOrgen

Die Politik von Interessen-Organisationen treibt Frauen in eine Individualisierungsfalle, die nur durch eine erneute Politisierung der Hierarchie im Geschlechterverhaltnis aufzuhe­ben ist. Das ist das Ergebnis von Christine Morgenroths Untersuchung, in der sie aus fe­ministisch-subjekttheoretischer Sicht aktuelle LebensentwOrfe und Identitatsmuster berufs­tatiger Frauen am Beispiel gewerkschaftlich organisierter Frauen aufzeigt. 1996 - 242 S. - OM 38,00 - OS 281 - SFR 38,00 ISBN 3-929586-73-8

Soziale Macht im Wissenschaftsspiel - Sozialwissenschaftlerlnnen und Frauenforscherinnen an der Hoch­schule 1996 - 309 S. - OM 39,80 - OS 295 - SFR 39,80 - ISBN 3-929586-53-3

Andrea BOhrmann

Oas authentische Geschlecht. Die Sexualitatsdebatte der Neuen Frauenbewegung und die Foucaultsche Machtanalyse 1995 - 242 S. - OM 39,80 - OS 295 - SFR 41 ,00 - ISBN 3-929586-54-1

Regina Dackweiler Ausgegrenzt und eingemeindet. Die neue Frauenbewegung im Blick der Sozialwissenschaften 1995 - 267 S. OM 44,00 - OS 326 - SFR 45,30 -ISBN 3-929586-55-X

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Wolf-Dieter Narr, Roland Roth

Wider die verhangnisvolle neue Bescheidenheit: Kapitalismus ohne Alternative (Teil 2)

... aber: Haben wir sozialistischen Theoretiker etwas auf der Pfanne?

In Prokla 100 haben wir gegen Ende unseres erneuerten »Aufrufs zum Sozialismus« versprochen, bald einen »Nachschlag« zu servieren (Narr, Roth 1995). Dieses Versprechen war von der Einsicht motiviert, daB wir dort, wo wir »positiver« werden wollten und sollten, fast nur noch dtirre Postulate prasentiert haben. Der Platz eines Aufsatzes und die Zeit, ihn zu verfassen, waren uns gleichzeitig ausgegangen. Zuvor hatten wir uns not­gedrungerweise darauf beschrankt, aus der Kritik der perspektivlosen Ge­genwart, globalen Kapitalismus' und der ihm zugeordneten, geradezu hemmungslos nachhtindelnden Staatenwelt, zu begrtinden, warum wir uns unbeschadet aller sonstigen abgrtindigen UngewiBheiten tiber eines gewiB sind: DaB die von Rosa Luxemburg u.a. formulierte Alternative: »Sozia­lismus oder Barbarei« in verandertem Sinn und Kontext nach wir vor gilt. Ja, mehr denn je. DaB es darauf ankomme, qualitativ veranderte Formen der Gesellung in weltweiter Pluralitat zu erfinden. Die Resignation vor der einen durchkapitalisierten und durchherrschten Welt ist nicht akzeptabel, solange die Idee human gestaltender Politik nicht ganzlich obsolet ist. Und das ist sie solange nicht, wie es Menschen gibt.

Kurze, uusere seiuerzeitigeu Argumeute auders praseutiereude Reka­pitulatiou uuserer Ausgaugsbediuguugeu uud Argumeutatiousbasis

1. Wir stehen, wenn wir dabei bleiben, von Sozialismus zu reden, in einer langen Tradition. In dieselbe konnen wir uns jedoch nicht selbstverstand­lich zurticklehnen. Der Begriff des Sozialismus im weitesten Sinne - nicht als hochabstrakte Formel oder als bloBes Nomen - ist neu zu fassen: - 1m Lichte der Entstellung dessen, was Anhangerinnen und Anhanger die­ses »ismus« wollten und was bis zur Unkenntlichkeit, ja, bis ins Gegenteil verkehrt worden ist (durch all das, was mit »realem Sozialismus« als Herr­schaft btirokratischen Terrorismus zu tun hatte).

PROKLA. Zeitschrijijiir kritische Sozialwissenschaji. Heft 103.26. Jg. 1996. Nr. 2. 283-312

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2R4 WolrDieter Narr, Roland Roth

- 1m Lichte der Hille falscher und im Umkreis sozialistischer Intellektueller. All die diversen Zusammenbruchs-

zeihen.

trafen nur insoweit schrecklich genug wie sie die uner-die das VOl' aHem

gepragte »Zeitalter del' Extreme« Die einaugige Kritik an

'cm;beutlln m,'-n,-", c." ist auch rtickwarts

- 1m Lichte der die die Zukunft bleiern tiberla-gem und ihr ihre nehmen. Die in del' menschlichen Geburtlichkeit liegende Chance des aber auch des kollek-tiven Neuanfangens, Hannah Arendts groSes wird durch die totbe-stimmten aktuellen Verhiiltnisse vorweg gefahrdet. Wo ware noch der »Gang ins Offene«? - Vor aHem aber gilt Walter Feststellung weit tiber die »deut­sche Arbeiterschaft« seiner Zeit mutatis mutandis hinaus: »Es gibt nichts, was die deutsche Arbeiterschaft in dem Grade korrumpiert hat wie die Meinung, sie schwimme mit dem Strom« (Benjamin 1974, 698f). Immer erneut ist es schwer zu ertragen, in minderheitliche Positionen herr­schaftlich abgedrangt und zugleich vom Anspruch erftillt zu sein, men­schenrechtlich-demokratisch notwendige radikale Reformen zu vertreten. Diese Spannung ist auszuhalten. Uber eintagsfliegige Emotionen hinaus kann sozialistische Politik heute nur dann betrieben werden, wenn diejeni­gen, die sie vertreten, urn ihre unvermeidliche MarginaJitat wissen. Diese Randstandigkeit ergibt sich aus ihrem doppelten positiven und negativen Bezug. Ihrem positiven Bezug auf die groBe Mehrheit der in sich vielfaltig gespalteten und sich wechselseitig diskriminierenden Unterdrtickten und Ausgebeuteten; diejenigen also, denen die humane ihre besten Moglichkeiten wachsend zu erleben, von Anfang an genommen, fruhzeitig beschnitten oder dauernd massiv begrenzt worden ist. Negativ bezieht sich sozialistische Politik folgerichtig auf die verschieden gefarbten Proteusge­stalten von Herrschaft. So sehr Erfolge besUindig und in brennender anzustreben sind, gerade urn der Unterdrtickten willen, deren zukunftsof­fener Teil sozialistische Politik darstellt, so ausschlaggebend ist es, urn die kargen Krumen weithin vereinzelten Erfolgs zu wissen. In dies em Sinne ist sozialistische Politik minderheitliche Politik, die sich gegen herrschaftliche SchlieBungen sperrt, die Chance substantiell anderer PoJitik offenhalt und gerade darum unablassig konzeptionell und praktisch aktiv sein muS. LaSt sich sozialistische Politik von der ewigen Sehnsucht nach Erfolg hier und heute verftihren, muS sie sich so stark auf die etabJierte, aile anderen Rau­me vernichtende Un-Politik einlassen, daB sie sich in ihren Inhalten und zuerst in ihren Formen, im Habitus derjenigen, die sie verkorpern, aufgibt.

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Wider die verhiingnisvoUe neue Bescheidenheit (Teil2)

am zugespitztesten als der sozialistischen

diesen

2. Wir konnen keinerlei GewiBheiten GewiBheit sozialistischer Zukunft. Eine onl-nnlotl

als dammere sozialistische

verschwindende Bonbons zu verteilen.

285

sondern

Zwar woran Hans Saner wieder erinnert das beste Erbe der ansonsten arg tiberforderten und in akademischer Hermeneutik herumtrak-tierten Hannah Arendt Menschen sind als Wesen nicht nur durch ihre ihre »Krankheit zum sie sind eben-so und damit in eins von ihrer Natalitat Saner von Geburt-lichkeit. Das aber heiBt. Immer neue individuelle und kollektive sind ten

taglich und kannen sich unberechenbar zu habhaf-schtirzen 11, 1

Arendt 1958). Dennoch, nimmt man Nietzsches Feststellung zur Frage der Philosophie« in breitem Philosophieverstiindnis ernst, dann dtirfen harte

Einsichten nicht um willen der schansten Hofferei ver-

»Mir scheint dagegen die wichtigste Frage aller Philosophie zu sein, wic weil die Dingc eine unabanderliche Artung lind Gestalt haben: um dann, wenn dicse Frage beantwortet ist, mit del' rticksichtslosesten Tapferkeit auf die Verbesserung del' als veriinderlich erkannten Welt los­zugehen« (Nietzsche 1980,445).

die nur einen herme-neutischen sind zuhauf mit mancherlei Mlihen er-hiiltlich. Sie bestehen u.a. in der Penetranz des ins Reich del' und der sog. sie sind zu eruieren im brutum factum del' Globalitiit mit ihrem Rattenschwanz von unausweichlichen die die signation der Kritischen Theorie ausmachen zu die die auf-habe und nicht in noch schrecklicherer Weise anders fortsetzte.

Hille von

So sehr er als »zweite Natur« das sellschaften und ihrer Individuen

in seinen

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286 Wo!rDieter Narr, Roland Roth

Ein illustrativer Hinweis mag den wir dem dem Sozialismus u. E. heute nah verwandten Pazifismus entnehmen. Nicht die aktuelle ocler er­

von Gewalt. Entscheidend daB keines der und selbstreclend

daB

Alexanderstreiche unci ihrer aufrilstenden daB die Probleme we iter akkumuliert und urn

Interessen willen verschoben werden. Zum anderen daB zur »Natur« von Mensch und Gesellschaft die kulturelle Fa­

solche

3. Was von Werner Sombart schon vor bald lOa Jahren vielen anderen vor ihm und nach ihm ahnlich heute mehr denn »die« ist unser Schicksal. Diese banale

wird dadurch zum daB sie die nach der und ihren Effekten einschlieBt.

daB die konkurrenztolle ihrerseits ohne Konkurrenz 'herrscht'. An-

talistischen enzkritel'ien konkurrieren und sie tiberholen Irrttimern Lenins und der ihn

die del' Effizi-

ihrer nicht wo sie sich

Iiberaler Demokratie

gen. Das weithin oder als (2) Die auf der Raubbauschiene erreichte Effizienz duktion ist unerhort. der Arbeit qua exzessiver

Ersatz von Arbeit Die Lust

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Wider die veriziinr;nisvolle neue Besclzeidenheil (Teil2) 287

insoweit als die neuen vor aHem die der alten aufheben sollen. SehlieBlieh wird Innovation zur

sich selbstbestimmenden der was an Gesellsehaft bzw. je und je an- und werden muS. Die sozialstaatliehen

MaBnahmen der letzten 100 Jahre haben den Rausch dieser monomanen In-novationseffizienz nm immer erneut und ihr Muster durehbroehen. (3) Gabe es nieht ein

und Habitus der Millionen und Abermillionen von und Btirgern, bene: von uns die im ProzeB der

sozialisiert nieht dauern. Unbesehadet

worden diese okonomische Form konnte

del' If""""n,?' und ihre Verhaltenserfordernisse zu

soJcherart modernen Menschen "",ur"rrlp·n

allein schon UliiSv~lIA! soJcher QuaniWten und kommunikativ brlickenbauerischen Erfordernisse versagen. Economics and of scale wie immer intern

- das ist die Devise. der massiven Wirklichkeit def attraktiven ZerstO­

formiert worden versteht sich ohnehin von selbst.

und

4. Unser Freund und Albert Scherr

mlisse die armliche

fUr den allemal

UmsUlnden bis zur herrschaftliche Unterdrlik-

mit dem ersten Teil dieses unsere ange­

und darum

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2RR

seines ein MiBverstandnis darliber auszuraumen, was ein scher Gesellschaft heute sein kann und sein darf

der sozialistischen

Wolf~Dieter Nan, Roland Roth

»Insgesamt ist meines Erachtens diskussiol1sbedlirftig, ob sozialistische TheOl-ie lind Politik gegenwiirtig nieht schlicht darauf verwiesen ist, einerseits die Tendenzen zu einer Verschlech­

der Lebensverhiiltnisse ZlI behindcrn und zu verlangsamen; andererseits das, was an gelebter Sozialitiit entsteht, zu lInterstUtzen. Wenn dazu die Idee Sozialismlls als

MaSstab cler Kritik lind des Handelns (gegen einen flachen Reformismus) wer-den solI, dann kame cs darauf an, diese Detail genaller uuszubuchstabiercn. M. daw nicht ein groSer Gesellschaftsentwurf sirmvoll, sondem eine gcnaue Sozialismus als MaSstab del' Kritik und des Handelns lmter gegenwiirtigcn den verschiedellen Ebenen und Sphth-en des Gcsellschaftlichen heiSen kann.«

Unsere erste Reaktion auf diese kritische men ZU. Es ware nicht nur vermessen, es w~ire wir daran oder von anderen Gesell-schaftsentwurf« zu fabrizieren. Ein solcher durch die Geschichte moderner seit Thomas ktime tiber einen schlechten idealischen Konstruktivismus nicht hinaus. Ohne existierende soziale auf die er orientierend setzen mliBte er vollends zur abstrakten Stellvertreterzukunft miBraten_ Und diese mtii3te konventikelhaft und lacherlich wirken. In diesem Sinne

wir Nietzsches vierter und setzen nur Stelle bescheiden-unbescheiden uns selbst:

»Die gutc Vermmft bewahre uns vor dem Glauben, daB die Menschhcit irgend walln einmal endgliltige ideale Ordnungen findell werde und class danll das GlUck mit immcr gleichem Strahle, gleich der Sonne del' Tropcnliinder, auf die solchermaflen Geordneten herniedcrbren­nen mlisse: mit einem solchen Glauben (haben wi!') Nichts Zll thun, (wir sind) kcin(e) Utopi­steen). Wenn (wir) des Glaubens an die Zukunft niehl entrathen (ktinnen), so heiSt dies gerade nm so vic!, dall (wir) an den jetzigen Mcnschen (und ihren gesellschaftliehen Formen) Eigcn­schaften (wahmehmen), wclche nicht ZUIn unveriinderlichen Charakter und Knoehenbau dcs menschlichen Wcscns gehtiren, sondcrn wanclclbar, ja vcrgiinglich sind, und class gcrade die­sel' Eigenschalien wegen (cler Sozialismus) linter ihnen ohne Heimath sein m[issc« (Nietzsche 1980, 506).

In diesem Sinne waren wir

stungen samt ihren genauen verbindlichen

odet detailliertem Iistische Gesellschaft nur einen

Albert Scherrs For­was Sozialismus als

setzen. Sozialistische Gesellschaft ist keine einfache die schwer zu machen wie Brecht meinte. Es handelt sich schon urn eine hOchst schwer

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Wider die verhdngnisyolle neue Bescheidenheit (Teil2) 2(\9

nie definitiv zu erfassende »Sache«. Sozialistische Gesellschaft versteht wenn sie ansatzweise verwirklicht

bedarf es heute mehr denn je. sozialistischer Gesellschaft als konnte

man schon vor dem Zusammenbruch des »realen Sozialismus« nur als »toller Mensch« als AuBenseiter wider den per und ohne auf starke Chancen der Wirksamkeit. Umso

heute gegen die Herrschaft des schlecht gegen das Gehause

durch

lismus sich dem ganzen Ernst zustellen. Er darf sich nicht zu Preisen nur als regulative Idee

Verhaltnisse kritisch zu im zu belassen. Als konstitutive Idee vielmehr ist er

zu aIs Verfassung der verteilten Gesellschaften dieses schlecht verfassten A-Kosmos Wir werden eine solche Verfassung i. S. politisch­okonomischer ProduktionsverhaItnisse en gros im folgenden nicht entwik­keln. Ein solehes Verlangen tiberforderte uns. Wir sind indes tiberzeugt, daB wir uns und die mit uns den ausgreifenden lismus unserer Zeit als terrible menschlicher Gesellung be-greifen, denen ob dieser gewalttrachtigen Macht angst daB wir und an­dere also uns dieser Aufgabe stellen mtissen. Uber die einer sozialistischen Gesellschaft und ihre Pro­bleme mit allem erdenklichen Aufwand nachzudenken bedeu-tet ein Idealbild zu

Rawls

Held mit einer ahnlich idealischen Technik tiber die mocracy and the new order« gehandelt Die erheblichen Diffe-renzen zwischen den idealischen wer-den. Aile sind jedoch in tiber die wahre Ge-

tiber die zu die absatzverstarkend Ideal und Wirklichkeit dauernd un-

sauber vermischen und das immaterielle dem die Kraft der Kritik mangelt, wohlfeil als aktuelle Orientierungshtilsen ausgeben. Mit soleh »mtif3iger die von aktuell schlechter Praxis zurecht kritisiert

wollen wir nichts zu tun haben.

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290 WolrDieter Nan, Roland Roth

ihr waret soziaIistische

1. Alles »Positive«, das unvermeidlich in Luft gebaut mehrfaeh riskant. Das Risiko steigt, je mehr man sich yom status quo lOst. Aueh darum ist der »Negativismus« Kritiseher Theo-rie in der Regel Insbesondere wenn die listischer Gesellschaft keine Nischen mehr IaBt Dann bleibt auBerstenfalls: Negative Dialektik. Sonst draht die U-Musik hohler Postuliererei. Wer wa­re nicht fUr Friede, Freude, Eierkuehen.

2. Wir riskieren »positiv« zu werden, nieht um »bloBe« Kritik zu kritisie­reno Welch ein unkritiseher die von Kastneriranisch persiflier­te Frage zu stellen: »Wo bleibt das Positive?« »Praxis«, so formuliert Adorno am Eingang seiner »Negativen Dialektik« triftig, »auf unabsehbare Zeit vertagt, ist nieht mehr die Einspruehsinstanz gegen selbstzufriedene Spekulation, sondern meist der Vorwand, unter dem Exekutiven den kriti­schen Gedanken als eitel abzuwlirgen, des sen verandernde Praxis bedlirf­te« (Adorno 1966, 13). Angesichts des neuen philosophischen und sozi­alwissenschaftlichen »Positivismus« kann einem nur angst und bang wer­den Cvgl. Narr 1995). Da »Datenautobahnen« den Globus verbinden und das Internet wm Ge­sellsehaftsersatz wird, herrschen Konstruktionen 'der' Wirklichkeit folgen­reich installiert mehr denn je. Ihnen ist mit aller Kraft »soziologiseher Phantasie« Cc. W. Mills 1966) entgegenzuarbeiten. Nicht indem gIeicher­weise konstruiert oder dekonstruiert wird wie im Pingpong der Postmoder­ne. Wohl aber indem die M6gliehkeiten gesellsehaftlieher Formen des Mensehen offen gehalten und soIehe Formen durchgespielt werden, die menschenrechtlieh demokratisch angemessen waren. Wei! es soIeher in­formierter Phantasie dringender denn je ist es so schlimm, daB Of­

ganisierte Wissenschaften und ihre privilegierten Kopfarbeiter nahezu vol-Jig ausfallen. Die zeitweise modisch aufgeblahten Sozialwis-senschaften haben gerade in dieser Hinsieht Auch die kritischen Geister unter ihren Vertretern sind den universitar-akademischen Formen weitgehend verhaftet gebJieben. Es ist kein Zufall, daB allenfalls aus den neuen sozialen Bewegungen eigene, meist auBeruniversittire Gegeninfor­mations- und Gegenanalysezentren mit prekarem Status entstanden sind. Und diese sind in der dauernden Gefahr zuerst materieller und danach ideeller Kooptation.

3. Der MaBstab sozialistiseher Politik ist niehts, das schon gegeben fest­steht. Der »MaBstab« besteht in der historisch-anthropologisch begrlinde­ten Annahme humaner Moglichkeit. Er ist insofern perspektivisch auf Zu-

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Wider die verhiingnisvolle neue Bescheidenheit (TeiI2) 291

kunft gerichtet. Er ist jedoch mehr als Zukunft. Er ist mehr als blaBe Uto­pie, die erst noch Topos, reeller Ort werden muE. Die Maglichkeit besser gelungener, das heiBt den Menschen gemaEerer Gesellschaft ist in den Menschen und ihren histarisch-ktinstlichen, ktinstlerischen, ihren kreativen Notwendigkeiten und Fahigkeiten angelegt. Sie blitzt historisch immer wieder auf. Sie ereignet sich. Sie wird zerstOrt. Und sie kehrt zugleich in jedem Augenblick wieder. Extrem gesprochen noch im KZ. Das macht letzteres so voll des unausstehlichen Horrors und doch nicht zum Ende schlechthin. Als ein so1ches Ende umklammert uns das KZ immer erneut als gleichfalls vorhandene Maglichkeit, die aIle Maglichkeiten des Men­schen zerstOrt. In diesem Sinne ist es, schlimmer als Ernst Bloch im »Prinzip Hoffnung« je geahnt hat, gleichfalls »unabgegolten«. Der »MaBstab« sozialistischer Politik ist durchzogen von Widersprtichen und Ambivalenzen. Er bietet kein festes narmatives Ruhekissen, mit dem man sich praktisch vertrauensvoll betten kannte. Und doch sind seine nor­mativen Annahmen nicht realpolitisch zu verwassern. An ihnen ist gerade­zu borniert gegentiber allen Behauptungen festzuhalten, die mit ganzer Sohle auf der jeweils gegenwartigen Wirklichkeit marschieren. In einer Tradition, die die rtickfallsreiche und nicht linear progressive Emanzipati­onsgeschichte im RosenOl sozialistisch erfahrenen Programms kondensiert. Und diese Emanzipationsgeschichte hebt mit allen Herr-Knecht-Magd­Verhaltnissen frtih an. In einer Tradition, die rundum innerirdisch und in dies em Sinne rundum karperlich-materialistisch zugleich darum weiB, daB die letzten Grtinde und Motive nicht ausgekltigeIt, nicht »wissenschaftIich« erwiesen werden kannen. So wie jeder Mensch ein Sttick tiber sich hin­ausweist, so gilt dies flir die ihm eigenen, die seine besten Maglichkeiten bezeichnenden Werte. Sie zielen »physisch«. Und sind dennoch im letzten meta-physisch wie alle Formen, die sich dem herrschenden status quo nicht bequemen. Also bedeutet, den krummhOlzigen mit den Kerben des auf­rechten Gangs markierten MaBstab zu benutzen, sich der eigenen Bezugs­graBen aller PoUtik immer erneut zu versichern. »Man« kammt, wir kom­men urn den erheblichen normativen »Rest« aller sozialistischen Politik nicht herum. Letzterer ist nicht »zu tragen peinlich«. 1m Versuch, sich von Normen zu emanzipieren, bestand das wissenschaftliche MiEverstandnis (und das 19. Iahrhundert-MiBverstandnis der Wissenschaft), dem der »wissenschaftliche« Sozialismus motivierender- und verhangnisvollerwei­se erlegen ist. So trefflich die Marx'sche Kritik an der doppelten Moral btirgerlicher Werte, nicht zuletzt der Menschenrechte gewesen ist, deren anamische Konzeption jeden herrschaftIichen MiBbrauch geradezu ver­langte, so szientifisch kurzsichtig bis hin zur erkenntnistheoretischen Naivitat war der eigenartig hegelsche Pasitivismus. Dieser Positivismus lieB das Programm menschlicher Freiheit in der subjekt- und handlungs-

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292 Wolf~Dieter Narr, Roland Roth

enthobenen »Real«-Dialektik der Geschichte erscheinen. Evolu-der sich zu den

zu bekennen und urn das theo-

gabe der Uicherlichkeit und ihres Wirklichkeitssinns. Nur die der die oder versaumten politischen Formen dauernd zu kritisieren und sich nicht sklerotisch in ihnen zu verstocken. Nur eine solche Gegen-

macht auch der ebenso wie gegentiber dem herrschaftsstarken den status quo zur Norm erheben.

4. Das normative Profil besitzt folgende hauptsachlichen a) Der Bezug auf die Person ist schlechterdings konstitutiv. Auf die selbst­bewu13te und handlungsfahige Person als die hochgradig vermittelte letzte Vermittlungseinheit. Die Orientierung auf die Person bildet damit zugleich den dauernden Stachel sozialistischer Politik. Letztere will die Utopie einer Welt vall von Gesellschaften, die freie Personen ermoglichen (und vice versa) zum Topos, zum Erdort zu auf dem sich solche Personen in Fleisch und Blut tummeln. Diese zentrale Orientierung an der Person und auf die Person keinem abstrakten Individuum, bildet die normative Sperre sozialistischer Politik heute entgegen allem Opferwahn, der gegen­wartige Lebensmoglichkeiten zugunsten einer besseren Zukunft preiszuge­ben bereit ist. Die sozialistische Historie ist vall dieses letztlich herr­schaftsdienlichen Opferwahns (tibrigens auch die parallele Herrschafts­und die neuerliche Kapitalismusgeschichte bis heute). Die zentrale Orien-tierung an der Person und auf die Person auf ihre und morgi-gen Bedingungen der bedeutet daB das

die besonderen Menschen, Frau und Mann, Madchen und Greisin und Greis, die Allgemeinheit sozialistischer PoJitik dar­stellt. Theoriegeschichtlich gesprochen: hier gegen Marx und sein terro­

Gattungsgerede und ftir Adorno, Lowenthal und ande­re. Urn aIle Gesellschaften dieser Welt zu einem del' Beson­derheiten werden zu lassen, sind eine Hille verbindlich allgemeiner Vor­aussetzungen zu schaffen - anders verktimmerte diese Absicht zum elitar

Liberalismus. Des letzteren Habens- und Herrschaftseliten rauben mit ihren Freiheiten (Isaiah Berlin), also mit ihren enthemmten (»deregulierten«) Interessen der Mehrheit der Menschen ihre Lebenschancen. Leo Lowenthal illustriert an Hand von Cervantes Werken das Exempel sozialer Gruppen an der Hierzu gehoren die Intel­lektuellen an erster Stelle.

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Wider die verhiingnisvolle neue Bescheidenheit (TeiI2) 293

» ... Die Stimme des Autors (Cervantes, RR/WDN) ist die Stimme des Verlierers. Der andere Aspekt, unter dem die Randfiguren betrachtet werden konnen, fiihlt uns zum Konzept der Utopie zuriick. Die Randfiguren dienen nicht nur dazu, urn die bestehende soziale Ordnung kritisch profilieren zu lassen; positiv verstanden demonstrieren sie die wahre Idee des Men­schen. Sie aile zeigen die Moglichkeiten der Utopie, woselbst jeder und jede die Freiheit be­sitzen, ihr abweichender Fall zu sein - mit dem Ergebnis, daB das Phanomen der Abweichung verschwindet »(Lowenthal 1984, 95f).

b) Wer die Person ins Zentrum ruckt, muB sich zu allererst urn deren Inte­grWit (zu deutsch: Unversehrtheit) kummern. Die Integritat der Person rangiert deswegen an der Spitze der personenbezogenen gesellschaftlichen Werteskala. Die physisch-psychisch-intellektuelle Integritat des Menschen ist nie hundertprozentig gegeben. (Deswegen nicht zuletzt sind manche gentechnischen Konstruktionen so gefahrlich. Als gabe es »den« schlech­terdings erbgesunden Menschen, der dann entsprechend, ist das menschli­che Genom einmal identifiziert, produziert werden kann. Nichts faschisti­scher, nichts terroristischer und nichts hirnverbrannt-hybrider als eine »total« gesunde Gesellschaft). Sonst wurden Menschen zu unveran­derlichen Ausstellungsstucken im luftleeren Raum. Die menschliche Inte­grittit ist dauernd unvermeidlich gefahrdet. Ihre Verletzlichkeit, ihre Fahig­keit (!), krank zu werden, ihre »Krankheit zum Tode« macht die Menschen erst zu dem, was sie sind und sein konnen. Ja mehr noch. Menschliche Un­versehrtheit wird mit guten Grunden dauernd riskiert. 1m arztlichen Ein­griff, urn eine gefahrdete Integritat soweit wie moglich wiederherzustellen. Riskiert wird menschliche Integritat anders und dauernd in der Liebe. Wenn wir lieben, greifen wir auf einmal in aIle drei Dimensionen der Inte­grittit ein. Dieses Risiko der Integritatsverletzung wird jedoch dann und dadurch aufgehoben, daB es beidseitig im »ich«, im »du« und mehrseitig »im wir« geschieht. Das Risiko wird darin zum Gluck, daB die aufhebende Sympathie, wortlich: die Zusammenleidenschaft, bejaht wird und eine ho­here, eine soziale Integritat im ersten Kern erlaubt. Langum: Indem wir Integritat, von Albert Schweitzer als Ehrfurcht vor dem Leben weit uber den engen menschlichen Kreis hinaus ubersetzt, zur hauptsachlichen menschenrechtlichen BezugsgrOBe erheben, genauer: die entsprechende Tradition unterstreichen, rucken wir eine Norm ins Zen­trum, die die normative Dauerreflexion notwendig macht. Unter diese nicht einfach zu definierende Norm, »Integritat«, die fast nur metaphorisch und in ihren Mitteln klar gemacht werden kann, lassen sich passende bzw. ab­weichende FaIle nicht umstandslos subsumieren. Ambiguitaten und Ambi­valenzen kennzeichnen sie. Von dieser Norm kann angemessenes Handeln nicht gedankenlos abgeleitet werden. Gerade darum besitzt dieser verbind­liche Wert eine erkleckliche Anzahl zusatzlicher Kriterien: - 1m Gegensatz zur Konzeption der Menschenrechte als individuelle Ab­wehrrechte ist an der Integritatsnorm zu zeigen, daB sie nur dann angemes-

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294 Wolf~Dieter Narr, Roland Rotiz

sen werden wenn sie zum einen soziallinstitutionell und wenn sie zum anderen aktiv verstanden wird, - Die modeme del' Menschenrechte faSt zwei- oder

des menschlichen

wird - entgegen allen ankert im zur sozialistischen wie sie schon von Gerard ten worden

ist heute in erweiterter Form neu zu Gefiihrdungen vor allem in Form der Neuen Technologien enorm sind, Die mittels informations- und hv'''v'~HH scher Feingriffe fordern sozial erweiterte Schutzvorkehrungen und insofern auch einen neuen, gefahrenangemessenen - Die oben skizzierte innere Ambiv£llenz des Integritatsbegriffs und die ge­fade erwahnten neuerlichen Gefahrdungen m£lchen deutlich, wie entschei­dend es ist, Integritat als aktiven Wert zu verankern, der von den Personen selbst mitwahrzunehmen ist Das heiSt, was eine Person £lIs ihre Inte­gritat versteht, muB zu allererst von ihr entschieden werden, Jede Art des »Eingriffs« wird zum Ubergriff, wird zur wenn sie ohne daB die betreffende Person bewuSt zustimmt Damit eine solche bewuSte muS und

soziaJen mit den -, daS es nicht wie im Kontext der modernen Medizin und ihrer Eingriffe der

letztlich auf der del' Person zu beharren, die den Ein-an sich vollziehen laSt Vielmehr muB schon die des Ge-

und der medizinischen Methoden so sein, daB am Ende nicht der/die einzelne angesichts des dominierenden medizinischen allen und dergleichen) hoffnungslos tiberfordert ist Die zuletzt £lngestellte Erwagung weist darauf wie sehr es letztlich - und das heiBt erneut sozialistische Politik - darauf ankommt, die zentralen Werte institutionell-prozedural in den Bedingungen und Verfahren der Gesellschaft umzusetzen,

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Wider die verhdngnisvolle neue Bescheidenheit (Teil2) 295

c) Hiermit sind wir schon bei den notwendigen Begleitnormen, beim Tan­demwert Gleichheit und Freiheit angelangt. Vieles von dem, was zur Inte-

HUC0HV""H angemerkt worden ist, gilt mit entsprechenden Anderungen fUr dies en Tandemwert gleicherweise. An dieser Stelle muB gentigen, die so­zialistische Differenz zu allen liberal en Varianten zu unterstreichen. Sie besteht vor aHem zu daB Freiheit und Gleichheit not­wendig zusammenhiingen. Und zwar urn beider Teilnormen willen. Der Freiheit ebenso wie der Gleichheit. Rosa Luxemburg hat dies en Zusam-menhang in ihrer bekannten FuBnote zum seinerzeit kri-tisch an die Adresse von Lenin und Trotzki klar formuliert:

»Freiheit nur fUr die Anhanger der Regierung, nur fUr die Mitglieder einer Partei - mogen sie noeh so zahlreich sein - ist keinc Freiheit. Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenken­den" Nicht wegen des Fanatismus der 'Gerechtigkeit', sondem weil all das Bclebcnde, Heilsa­me und Reinigende der politischen Freiheit an diescm We sen hangt und seine Wirkung vcr­sagt, wenn die 'Freiheit' zum Privilcgium wird« (Luxemburg 1918, 359).

d) Bis war »nur« von der Person die Rede, welche Kernnor-men sich aus diesem Personenbezug ergeben; auBerdem: wie und warum diese Normen gesellschaftsweit zu garantieren seien. Wenn man jedoch von Person redet, muB man, will man nicht schlecht abstrakt reden, zu­gleich von Gesellschaft reden. »Der Mensch« ist ein irreales Abstraktum; es gibt »ihn« immer nur im Plural: »der Mensch« im Zusammenhang ande­rer Menschen. In diesem Sinne spricht man auch von »Menschenrechten« nicht von »Menschrechten«. Zur Person wird man immer erst in Gesell­schaften. »Der« Mensch im Singular, »die« Person in der Einzahl ist ge­schOpflich und historisch nur im gesellschaftlichen Zusam­menhang, in der prinzipiell unaufhebbaren, nicht voluntaristisch abbrech­baren Spannung zu den sozialen Tatsachen, zur Tatsache der Gesellschaft und ihren spezifischen historischen Auspragungen moglich. In diesem Sin­ne ftihrt die moderne Iiberale Tradition in die Irre. Sie hebt mit der Kon­struktion eines vor-gesellschaftlichen Individuums an, das sich dann in di­versen Vertragsformen zusammen mit anderen ursprtinglich a-sozialen In-dividuen in einem zusammentut. werden Gesellschaft und Politik sekundar begrlindet. Wenn »der« Mensch gemaB der langen, unterschiedlich akzentuierten Tradition von Aristoteles tiber Marx bis Hannah Arendt, urn nur im Rahmen der europaischen Ge­schichte zu bleiben, von vornherein ineins mit seiner Individualitat ein so­ziales und ein politisches Wesen dann haben diese Gegebenheit und Potentialitat erhebliche Folgen. Sie besagen vor daB Menschen zu Person en nur werden konnen, wenn Gesellschaften und ihre Politik so ein­gerichtet sind, daB sie tiber entsprechende Sozialisations- (= Vergesell­schaftungs-) und Handlungsbedingungen verfUgen. Wenn Menschen im­mer schon in eine Gesellschaft hineingeboren (oder existentialistisch ge-

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werden und als Erwachsene

WolrDieter Narr, Roland Roth

einer diese

sozialen Grundtatsachen die historisch che der existentiellen daB h6chst und von Menschen strikt

Gesellschaften. Mehr noch: zu Personen im Sinne k6nnen Menschen nur hier folgen wir, ahne zu erroten, Aristoteles' wenn sie nicht nur u~'''m'5~,Dv, vielmehr wenn sie Gesellschaft also wenn sie

Wesen werden. Gesellschaft und Politik hinwiederum sind Gesellschaften zeichnen sich mit Hilfe »sozialer

wie Sanktionen macht Differenzen urns Ganze zwischen den verschiede­

nen Gesellschaften und den diversen historischen Gesellschaftsstufen aus. Normen und Sanktionen aber weisen auf Me­

chanismen hin, die von den Hirten- und Jagergesellschaften an beobachtet werden k6nnen. Sie besitzen nicht »ausdifferenzierte« Formen z. B. im Ritu-

mit deren Hilfe sie ihre allgemeinen das heil3t im ersten Defini-tionsansatz: ihre politischen) Angelegenheiten regeln von den der Gruppe (des den im- oder legitimiert. Langum erneut: So sehr sie je und je sukzessive einzugrenzen

gesprochen, ist Politik wo Gesellschaft ist. Und von der sozialistischer Politik aus gesprochen: die Art der Po-

der ihre materiellen Be-

Mit diesen

ist besserer odeI' schlechterer Kernnormen. Diese konnen

verstol3en wir erneut gegen das das die Moderne und ihre Fortschritte

wird statt vieler Michael Walzers Damit unser »VerstoB« nicht miSverstanden werde: Selbstverstandlich laSt sich aile Ar­

wie es ware, etwa der notiger checks and balances u.a.m. aufzugeben. Einem solchen reduktioni­stischen Gedankenterrorismus wir nicht an. Manche seiner Per-

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Wider die verhiingnisvolle neue Bescheidenheit (Teil2) 297

versitaten wurden, so man's anders nicht gewuBt hatte, »realsozialistisch« geniigend blutig durchexerziert. Uns geht es an dieser Stelle zunachst nicht urn wichtige institutionelle Regelungen und deren z. T. gerade sozialistisch menschenrechtlich notwendigen Leistungen. Der Denk- und Kritikansatz ziihlt zunachst. Und der besagt, daB es normativ und historisch falsch ist, sofern personale Werte im Zentrum stehen, schon in den Pramissen der Analyse und der handlungsgerichteten Konzeptionen irgendwelche Tren­nungen zu akzeptieren. Integritat, Freiheit und Gleichheit gelten quer durch aIle gesellschaftlichen Bereiche - oder sie sind gefiihrdet. Ausnahmen, Sonderformen u.a.m. bediirfen eigener Rechtfertigungen. Gleicherweise gilt es, die materiellen Bedingungen dieser praktischen Werte quer durch aile gesellschaftlichen Bereiche zu ermitteln. Ebenso trifft zu: es gibt prin­zipiell keinen un-politis chen Bereich der Gesellschaft. Das, was als poli­tisch nicht relevant behandelt wird oder das, was von aller Gemein­schaftiGesellschaft bewuBt ausgespart wird, wird seinerseits politisch ent­schieden. Es besteht sekundar und nicht primar. e) Aus unserem Personenbegriff, seiner »materialistischen« Fassung und aus unserem Begriff durchgehend politi scher Gesellschaft erwachsen vier regulative Prinzipien: Zum ersten: die argusaugig unablassig rundumblickende Herrschaftskritik. Dieselbe wird in Zeiten notiger und schwieriger zugleich, da Herrschaft nicht mehr primar personal gefasst werden kann - in Herren und ihren Sta­ben -, sondern da Herrschaft in Proteusgestalten der »Niemandsherrschaft« (Hannah Arendt) auftritt. Urn der Kritik sublim maskierter Herrschaftsfor­men willen niGht zuletzt, urn Formen der Unterdriickung aufdecken zu konnen, die in herrschenden Begriffen, konventionellen Wahrnehmungen und sozialisiertem Normal-BewuBtseinlNichtbewuBtsein bis zur Unkennt­lichkeit verkapselt sind, ist es so wichtig, daB die normativen Beziige im­mer erneut erinnert und reformuliert werden, daB die Moglichkeitssinne scharf und wach bleiben. Aile Herrschaftskritik setzt voraus, daB iiberal! dort, wo Wirkungen von Marktgesetzen behauptet werden, wo bestehende Institutionen und ihre Wirkungsweisen alternativlos prasentiert werden, wo »Sachzwange« unterstellt werden, denen geradezu schicksalsfOrmig zu folgen sei, - daB also iiberall dort einseitige Interessen ausgekundschaftet und vertane bzw. neu gegebene Moglichkeiten entdeckt werden. Ohne die dauernd prasent gehaltene Kategorie »realer Moglichkeit« sind Kritik und andere Handlungsweisen nicht moglich. Darum ist neben der funktionalen Analyse, die danach fragt, welche Wirkungszusammenhiinge zwischen bestehenden sozialen Einrichtungen aller Art bestehen, die genetische zu iiben. Letztere fragt nach den Interessen und den Umstanden, die einen sozialen Sachverhalt, der eigendynamisch zum »Sachzwang« abheben mag, bewirkt haben bzw. die dafiir sorgen, daB er bestehen bleibt.

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298 Wo(f~Dieter Narr, Roland Roth

an. Die nicht in

interessierter

deren angewandte Abstraktion morderische zeitigen kann; ihre Macht- und fen yom

ten Markt und der verflihrerisch Marktmetapher allgemein bis hin zu den in ihrer VerltiBlichkeit und theoretischen Fundiertheit meist unzureichend begrUndeten statistischen (Schein-)Daten. So auch nur ein Funke anderer aus dem herausgeschla-gen werden kann, so lange im weltweiten Beton der »Herrschaft der Sach­

Risse entdeckt und widersprUchlich treibende Kr~ifte

unter den Rissen ausgemacht werden beh~ilt systematische Herr­schaftskritik ihren Sinn. Der Mangel an solcher Kritik odeI' ihr vorzeitiger Abbruch sind das, was heute am meisten zu beklagen ist. Hier versagen auch die Sozialwissenschaften am von den ausgesproehenen Herr­schaftswissenschaften a la Okonomie oder Jurisprudenz, aueh den meisten Naturwissenschaften, die ihre okonomiseh-politische »Finalisierung« ver­leugnen, zu sehweigen. Handlungstheoretisch naiv wird meist nach wie vor an den offiziell politisch »Handelnden« angesetzt und/oder es werden gan­ze gesellschaftliche Bereiche qua angeblich hermetischer Systemrationali­tiit aus alIef Herrschaftskritik herausgenommen (gerade die g~ingigen ge­sellschaftswissensehaftliehen Makrotheorien tragen dazu Kritik zu

Dazu vor aHem das okonomisehe geblich nieht als angeblich nicht herrschaftlich im-munisiert wird. Dazu gehoren auch sog. Wissenschaft (im ideologischen

statt im allein 'realistisehen' und Deren Wissenschafts- und bleiben Stande gesellschaftlicher Unschuld. Zum zweiten: Politik, das jeweilige Allgemeine einer Gesellsehaft und die Teilhabe/Teilnahme aller an diesen diversen Allgemeinheiten ist nieht auf einen Bereich der Gesellsehaft Zll separieren: die Politik. In dieser Separie­rung stimmen merkwUrdigerweise ansonsten vollig verschiedene »Schu­len« liberein. Die liberale ebenso wie diejenige, der Politik zum human­gesellschaftliehen Zentrum wird. Mitten im Iiberalen Separee der Politik in Staatsf'orm leben wir. Es wird von den definitionsmachtigeren privaten, vor aHem den okonomischen Beiangen von Anfang an ausgegrenzt und funk­tionalisiert. Aueh aIle heute erodierenden Sozialstaatskonzeptionen sozial-

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Wider die verhiilJRnisvol/e neue Bescheidenheit (Teil 2)

schaftliche LUCW.Hv""

Herrschaftsleidensehaften

haben diese

299

Die lobenswerten Interes­sen die vor aHem materiell zielenden wurden da-gegen dem indirekten der Marktkonkurrenz tiber-

ohne je weiter danach zu ob die unverfasste Marktverfas-sung, deren rechtlichen Rahmen freilich der Staat sichern

herrschaftsfrei und Kosten funktioniere (vgL zur frUhneuzeitlichen

Hirschman I durch DoppeltUren versehlossene politiseh­

Liberalen ist bekannt. Ihm entsprechend werden und Burger nicht als politisehe, sondern als wirt­

sehaftliche »Wesen« behandelt Downs »bkonomisehe Theorie der Demokratie« ist dafUr theoretiseh wie praktisch unverandert maSgeb­lich. DaS jedoch die spaten Aristotelianer in ihrer Weise die Separierung fortsetzen, tiberraseht (nicht bei Aristoteles und seinem Polisbegriff wohl aber inmitten des 19. und 20. Bei Hannah Arendt ist diese widersprUchliche Konzeption des Politischen am besten zu fassen. Auf der einen Seite besteht im politischen Handeln die Quintessenz mensch lichen Tuns. Und prinzipielJ sallen radikaldemokratisch aile Mitgjieder einer Ge­sellsehaft an der Erorterung und Entscheidung allgemeiner gesellschaftli­chef, also Belange teilnehmen. Auf der anderen Seite hebt Han­nah Arendt politisches Handeln geradezu fundamental ab von allem son-

Tun, aller Arbeit insbesondere und sorgt auf diese Weise dafUr, daB Politik bestenfalls eine elitare Angelegenheit wird. Hannah Arendts Trennung der Gesellschaft in ein tiberaus und eher wenn nicht schon versehwundenes »Reich der Freiheit« Handelns hier und ein »Reich der im weitestens Sinne physischer Produktion

dort, hat zur weiteren Folge, daB sie den gesellschaftlichen Bereich Herstellens unkritisch ausspart und die »eigentliche« Politik nur stattfinden laSt in einer Situation schieren UberfluSes. Damit wird ihr personen- und aktionsbezogenes Politikverstandnis nieht nur un­kritisch es wird geradezu illusionar. lronischerweise teilt sie diese Illusion mit der schon bei Marx erkenntlichen, beim spaten Friedrich Engels vollends in Erseheinung tretenden Vorstellung, Sozialismus eroffne nicht nur ein »Reieh der er setze auch voraus, daB das »Reich der Notwendigkeit« verlassen werden konne und Ubert1uB herrsche. Das,

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300 WolrDieter Nan, Roland Roth

was okonomisch nOlmlf'nn bei Andre Gorz u.a. als automatisiert. del' als

Gerade weil wir Hannah Arendts im Kern teilen, scheint uns ihre in die Irre zu flihren kehrt f1acher bei

zwischen »System« und UV1UH'h~ zwischen »Staat« und

Wie immer es bestellt sein mag, menschliche Geschichte

mit den herrschaftlich definierten

geJten im nicht einfach zu trennen.

alter und neuer Art wird es immer geben Sozialistische Politik ist deshalb nur mog-

wenn und insoweit das »Reich der so gestaltet wird und werden daB es ihren demokratischen

Darum setzt die sozialistische Gestaltung von Politik i. S. von Adaquanzverhtiltnissen der anderen gesell­

schaftlichen die oben skizzierte Herrschaftskritik voraus und konzentriert sich vor aHem auf den Bereich der sog. Notwendigkeit, der demokratisch einzugemeinden und anzueignen ist. Tertium non datur. In einer zwischen flinf und sechs Milliarden Menschen pendelnden und im­mer noch wachsenden Welt auf UbertluH zu vertrauen, zeigt nicht nur eine sehr westliche solches Vertrauen unterstellt auch naiverweise die ka­pitalistische Eigenart der UberfluHproduktion, die gleichsam hinterher so­zialistisch ausgeglichen werden soil. Die sozialdemokratische Staatstau­schung wird demokratisch (zm Arendt-Kritik vgl. Russau 1995).

UbertluB-

zwischen Gesellschaften voraussetzte. Der zentrale krete Person, setzt das Besondere und setzt den Konflikt zwischen del'

und Gesellschaf-ten scharen. Weil aIle Individuen als griffen sind strukturelle

daB aile immer erneut die Chancen lichen. Das aber heiHt: Auf der einen Seite sind rungen daflir zu daB die stets nachwachsenden Konf1ikte friedlich

werden konnen und keine neuen daraus entstehen. Auf der anderen Seite sind strukturelle Ungleichheiten in den Gesellschaften und zwischen denselben auszugleichen und daran zu

sich neu zu bilden. Die Herrschafts- und Ungleichheitstendenz, »Begierde zum Haben und auch zum Herrschen« ist nicht zu

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Wider die verhiingnisvolle neue Bescheidenheit (Teil 2) 30]

nur dann intern und extern wenn erneut herrschaftskritisch mehrfache <<U0n'~L"'U'~L werden und -zwang. Das erste Gebot alief staatlichen Herrschaft: ich bin der dein du sollst keine andere neben mir ist abzuschaf-fen. Erst eine Pluralitat der Ge-sellschaften so daB nicht nur werden sondern auch die unvermeidliche »soziale gesellschaftliche Eigenart ohne den anderen auszugrenzen und zum Feind zu Zum vierten: Wir mUssen nun kaum noch weiter warum 80-

zialistische Politik ebenso stark an herausgehobenen Normen sich tisch und orientieren muB, wie sie entsprechend diesen Normen die jeweiligen Formen (Institutionen, Instrumente) sorgfaltig zu beachten hat, die das normativ Vorgestellte allmahlich verwirklichen sollen. In die­sem Sinne siedelt sozialistische Politik jenseits der viel miBverstandenen lind viel miBbrallchten unzureichenden Unterscheidung zwischen »Gesin­nungsethik« lind »Verantwortungsethik«. Das Formelement alief Form­elemente besteht in der (demokratischen) Partizipation als dem Erstgeburtsrecht. Nur wenn dasselbe urbi et orbi wahrgenom­men besteht eine Chance, den sich verstarkenden und besta­tigenden HerrschaftszirkeI zu durchbrechen.

Von diesen normativen !-'p,rc,.,,,,lrh

folgenden skizzierten Bereiche IrAn?,,,,ti,,

1\11 enschenrechte neu Lind !leu vermessen

u.a. die im neu aufzuforsten

Menschenrechte sind in Mode Auch unter Linken. DafUr es dafUr es gllte GrUnde. Ein Grund besteht daB Menschenrechte (weithin im Huckepack auch von Marx llnd der auf ihn Tradition nicht oder nur ernst genommen worden sind und diese Einseitigkeit nun i.iberwunden wird. Marx hat die Menschenrechte, wie sie im Verlaufe der Franzosischen Revolution ver­kUndet worden schon 50 Jahre nach ihrer zweiten »AlIflage« von 1793 in der veranderten Tricolore Gleichheit, Sicherheit« weit-hin trefflich in: »Zur Judenfrage« von 1843. was er zum

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302 Wo!t:Dieter Narr, Roland Roth

Titelproblem ausftihrte, ist ganzlich unzureichend; ja es war gefahrlich; wenngleich es keinen jtidischen Antisemitismus auBerte, wie Marx haufig unterstellt worden ist (Jean-Paul Sartre hat tiber 100 Jahre spater diesen Fehler aufgehoben - 1945). Das, was Marx an der franzasischen Men­schenrechtserklarung kritisierte, an ihrem halbierten und gesellschaftlich nicht fundierten Allgemeinheitsanspruch, ist heute noch weithin giiltig. Nicht nur an die Adresse der seinerzeit erklarten Menschenrechte gerichtet, sondern an die Adresse der Grund- und Menschenrechte gewandt, die bei­spielsweise in der Bundesrepublik Deutschland als »unmittelbar gel ten des Recht« grundgesetzlich statuiert worden sind (Art. 1 III GG). Dennoch: Marx erJag der Gefahr, die Menschenrechte als »biirgerlich« klassenspe­zifisch ideologisch wegzuputzen, statt sie hegelisch aufzuheben, also gleichzeitig stark zu korrigieren und zu bewahren (vgl. auch die einschla­gigen Passagen in den »Grundrissen«). Hinzu kam die lange geltende, oben schon erwahnte Schwache, den eigenen normativen Bezug explizit zu benennen und zu begrtinden, emphatisch menschenrechtlich durchaus, wie er allerdings nur implizit gegolten hat (man lese in dieser Hinsicht nur einmal erneut das »Kommunistische Manifest«). Daran hinderten der szientifische »historisch (dialektische) Materialismus« und der in ihn eingelassene Glaube an den Fortschritt - »Die Geschichte ist mit uns!« -, ein Glaube, der die So­zialisten/Kommunisten in abnehmenden Wellen getragen hat und sie auch tiber viele Untiefen, Strudel und Angrtinde hinwegbugsierte. Heute besteht allerdings fast die umgekehrte Gefahr. Menschenrechte und Demokratie werden geradezu als Sozialismus-Ersatz entdeckt. Die kapita­listische WeltOkonomie wird mehr oder minder knurrig als Pramisse hin­genommen, die »realistisch« nicht in Frage gestellt werden kanne. In die­ser Hinsicht folgen viele dem Trendsetter Fukuyama (siehe Erik Olin Wright 1995). Uber der richtigen 'linken' Entdeckung von Menschenrech­ten und (liberaler) Demokratie droht jedoch verges sen zu werden, wie ra­dikal eben Menschenrechte und Demokratie durch die Dynamik der Weltakonomie gefahrdet werden und wie notwendig es auBerdem ist, Menschenrechte und Demokratie angesichts der heutigen Probleme und Tendenzen neu zu bestimmen. Recht verstanden gilt heute mehr denn je zuvor: Kein Sozialismus ohne Demokratie und Menschenrechte. Indes umgekehrt genauso verbindlich: Keine Menschenrechte und keine Demo­kratie ohne Sozialismus. Die eng verschrankte Triade ist ingesamt neu zu konzipieren, indem die Tradition kritisch berticksichtigt wird. Zu herabge­setzten Preisen sind aIle drei Werte- und Formenverbtinde nicht zu haben. Angesichts der gegebenen Probleme (als eine Art historische Summe siehe Hobsbawms »Zeitalter der Extreme«, knapp das Problemresumee des ein­leitenden Kapitels) muB eine neue Konzipierung der Menschenrechte fol­gende Fragen berticksichtigen:

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Wider die verhiinf{nisvolle neue Bescheidenheit (TeiI2) 303

Zum ersten: Die modern en Menschenrechte sind individualistisch kon­zipiert. Wie von Marx bis Carole Pateman zurecht kritisiert setzen sie ein bestimmtes westliches und Individuum voraus, ohne sich um die materiellen zu die angeblich universellen Rechte tatsachlich universell wahrnehmen zu las-sen. Wie mtil3ten diese heute welche

mtil3ten gezogen werden? Zum zweiten: Die modernen Menschenrechte, wie sie in der Virginia Bill of (1776) und in der der Menschen- und der Franzosischen Revolution lauthals verktindet worden als individuelle Abwehrechte gegentiber dem Staat worden. Diese Art, Menschenrechte zu verstehen, dominiert unbeschadet mancher nacher­fundenen »sozialen Rechte« nach wie vor in Theorie und Praxis. Hierbei wird nicht nur das (btirgerlich-mannliche) Individuum vorausgesetzt; das­selbe wird auch, soweit seine Menschenrechte gemeint sind, passiv gesetzt und nur gegentiber potentiellen Eingriffen des Staates geschiHzt. Aus die­ser Eigenart ergeben sich vier Fragen: (a) Mtissen Menschenrechte, auch wenn nm die »klassischen« gemeint sind - a la Meinungsfreiheit oder Inte­gritatsschutz -, nicht von vornherein als Aktivrechte verstanden werden, die konsequenterweise demokratische Formen voraussetzen bzw. zur Folge haben mtissen? Die »Aktivitat«, die sie als Abwehrrechte zulassen, sind solche juristischer Natur. Derjenige, der sich in seinen Menschenrech­ten verletzt fUhlt, kann den Klageweg beschreiten. (b) Reicht es aus, daB Menschenrechte nur gegentiber potentiellen staatlichen Verletzungen aus­gerichtet sind; bedtirfte es nicht auch eines menschenrechtli­chen Zauns formell privaten Ubergriffen? c) Menschenrechte

als normativer Schutzwall nur gegentiber dem Staat. Letzterer ist in-die Schutzinstanz. Welcher

bedurfte es, um den schiitzenden Gefahrder der Menschen­fechte, den Staat, zusatzlich menschenrechtlich zu Erneut kommt das ins Wenn der Nationalstaat ZLI-gleich der »Menschenrechts«-Staat wie kann die Dichoto-mie zwischen besser geschiitzten Staatsbiirgern und schlechter

die sich nur im Staat liberwunden werden? Wie ist es moglich den Zustand eines Rechtsstatus alief die das existentielle Bleibe- LInd Teilnahmerecht nicht wenn nicht aufzuheben? Zum dritten: Menschenrechte haben einen universellen An­spruch. Unbeschadet des nicht restlos losbaren BegriindungsprobJems (es sei denn, man rekurriere auf eine religiose oder ontologische wie verhalten sich die Menschenrechte zu ihrem zusatzlichen allge-mein fUr je besondere Personen zu Da eine Person »aus Fleisch

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304 WolrDieter Narr, Roland Roth

und Blut« nur in einem besonderen soziohistorischen Zeit und einem be­sonderen soziohistorischen Raum leben kann leben bedeutet der

menschen­J",vIlU.>;'-'II, oder anders: wie kann die Dialektik Uni­

versalitat-Besonderheit angemessen institutionalisiert werden? Zum vierten: Menschenrechte beziehen sich auf Personen. Diese

ist Sie sind mal

Personen sind indes Wesen. minder bestimmter Ku]turen. Men~

Teil und Ausdruck diverser sozialer Kollektive. Rechte zu kollekti-

ven? Indem einem worden ist er seiner nur im Rahmen dieser Kultur und ihrer verstandlichen Person beraubt worden. Das modern abstrakte Individuum bleibt allenfalls und foJgen-reich wrUck. Wie ist also dem kollektiven zu gentigen, der im human angemessenen historisch-materialistischen der Menschen-rechte steckt? Der Gefahr, daB ein Kollektiv eine ihm histo­risch zugehorige oder als wgehi:irig empfundene Person sich zuschlagen ist leichter zu begegnen. 1m Zweifelsfalls gel ten die per-sonalen Rechte Indes: auch die hier ankernden Probleme von Min-derheitenrechten und Rechten von Minderheiten in den Minderheiten ste-hen WI' wenigstens an. Zum fUnften: Die (historischen) Menschenrechte sind westlich

Genese ist breiter sind ineins mit der stisch-etatistischer Art ihrerseits zu Rechten Das aber heiBt: urn als Menschenrechte wahrhaft zu mUssen sie das kulturell Besondere in sich bzw. an dasselbe angepaGt werden. Die Menschenrechte mtissen in diesem Sinne »entwestlicht« werden konnen. Wieweit kann bzw. muG diese Wie vHHVH~. bzw.

universellen

Zum sechsten: Wenn Menschenrechte mehr darstellen sollen als verhim­melte und daher abstrakt allgemein formulierte sind jeweils per­sonen- und gesellschaftsspezifische Formen vonnoten, die diese Normen vermitteln lassen. Diese vermittelnden Formen mtissen gerade urn des uni-

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Wider die verhiinWlisvolie neue Bescheidenheit (TeiI2)

versellen willen personen- bzw. setzen und von konkret-unten zu universell-oben

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sich solche Verfahren den ken und im konfliktuellen Mit- und der lokaler, nationaler und transnationaler Institutionen Zum siebten: Weil Menschenreehte als terielle und

fassen. Das ist eine andere chen der Mensehenreehte als individuelle Abwehrreehte. Men-

von So Mensehenrechte mlis-

Gesellsehaft und Politik ihnen sein. Wie mUSte die von Gesellschaft und Politik aus­dort wlirden die Mensehenreehte

Zum aehten: Mensehenrechte Menschenreehte dlirfen diesem

universell und nicht nationalstaatlieh

»territorialisiert« wie dies seit ihrem verktindeten Val' tiber 200 Jahren weithin der Fall gewesen ist. Insofem scheint die weltokonomi­sehe wo sie Grenzen den mensehenreehtliehen

sie bedtirfen aueh ihrer sozialen Zeit. Was mit einer die kein allgemein fltig­ges a-soziales und a-historisehes Individuum darstellt, wenn sie ohne sozialen art und ohne eigene das heiSt auch ohne ohne eigenbe-stimmte Kunst def allein einer aus-

wtirde? Letzteres droht heute del' Fall zu werden. Wenn eher statische soziale Faktoren eine Gesellschaft in ihrer diversen Ei-

dann drohen heute Gesellschaften und ihre Personen sich aut'zu-

wHren die und Sucht nach ethnozentristisehen Identifikationen und vorurteilshaften Ab­grenzungen als Pseudo balance entsehwindender Wirklichkei-ten. Die lautet entsprectlend: bedarf es in def genossenen Werten werden zu ohne GlobaliUit und Mobilitat regres-siv oder gar einsehranken zu wollen?

Demokratie verandern, erneuern

Eine def wirksamsten der herrschenden westlicher Gesellschaften besteht zu

vor allem »wir« lebten in

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306 Wolf~Dieter NWT, Roland Roth

»realexistierenden« Iiberalen Demokratien mit lal3lichen Macken. Nir-ist der so massiv. ist er so ge-

fahrlich. Der liberaldemokratische Zirkus mit seinen das Lachen erstickenden Clownerien tauscht unbeschadet aller mehr oder

und »Politikverdrossenheit« liber den eklatan-

Das gelreiche bevor die verLlnderte sierung und GlobaliUit

dassel be vollends in

miihsam wenn sie und die

retikern, den distanzlosen Politikwissenschaftlern zumal, wurde nicht dar-liber es bedurft um das liberaldemokratische nicht unter die Probleme def die Globalitat neue

heute nur erhalten

witre. da und die Globalisierung die ge­

als zuvor, kann was an erhaltenswert ist - ihr men­

er auch gewesen ist unci ihr sehr Charakter -,

Formen wird. Dazu "al,m-on

a) 1m Unterschied zum liberal en nalisieren sind aile erheblichen reich demokratisch zu verfassen

Zu diesen

zulassig war und welche Folgen diese Annahme mag da-

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Wider die verhiingnisvolle neue Bescheidenheit (Teil2)

bleiben.

einem Wort beantwortet werden:

307

sind in alief was an Gesell-

als sic die rechtlichen und gegen Gewalt sichernden Rahmenbedin-Wirtschaftens mit Hilfe ihres Instru-

der machtvol­len Konzentrationen und blirokratischen besteht Hingst kei­ne individualisierte Marktwirtschaft mehr, deren unternehmerisch handelnde Akteure einem sozial neutralen setz w~iren - so sie es je haben sollte. »Mixed Eco-nomy« - lautet seit lahrzehnten das machtvollen (jkonomischen Akteure

als eine Will man also fUr demokratisehe Politik aueh nur ein Sttick Land

der del' nomie denn je dann muG Politisehe buchstabiert werden. Demokratisehe Politik

je naeh de­einer Politisehen

dessen Marsehroute zuerst def Karte

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308 WolrDieter Narr, Roland Roth

entnommen wird, dann dominiert ein politisches, nicht ein okonomisches RationaliUitskalktil. Letzteres kommt in unterschiedlicher Weise zur Geltung, da die komplexe Politik und die komplexe Okonomie heute jede einheitlich zentrale Regelung oder Steuerung, welch letztere rasch btirokratisch erstickt, allenfalls kontraproduktiv moglich machen, Zu den Hebeln einer anderen Politischen Okonomie, die nichts mit der okonomistischen Hybriderschei­nung der sog. Neuen Politischen Okonomie zu tun hat, gehOrte u.a. in den Spuren Karl Polanyi's, daB eine Reihe okonomisierter Bereiche repolitisiert werden. Zum Beispiel die Wohnungspolitik. Zu dies en Hebeln gehorte ein neuer, recht verstanden ein erster Versuch demokratischer, nicht staatsbtiro­kratischer Rahmenplanung. Damit letztere tiberhaupt eine Chance erOffnen konnte, mtiBten selbstredend zahlreiche bestehende Gesetzeskomplexe ein­schlieBlich der Unternehmensverfassung grtindlich reformiert werden. Aus­schlaggebend ware allerdings durchgehend, daB in Richtung »Politische Okonomie« Politik und Okonomie grtindlich reformiert wtirden. Sonst ware nicht anderes als schlechter Btirokratismus die Polge. Sonst konnte die de­mokratische Ressource, auf die alles ankommt, nicht genutzt werden. Wir versagen es uns, detaillierter zu werden. Nicht wei! es unmoglich wa­re, unser Konzept spezifischer zu differenzieren. Wir scheu en jedoch vor noch so schOnen Glasperlenspielen zurtick. Zunachst geht es darum: sich tiber die Wegrichtung und deren Bedingungen der Moglichkeit klarzuwer­den, nicht die einzelnen Schritte pseudokonkret vorwegzugehen und in ih­rer Lange auszumessen. Ohne eine neue Politische Okonomie ist jedenfalls auch alles, was Demokratisierung heiBt und die damit verbundene Ver­wirklichung von Menschenrechten tiber kurz vergebens. Anzuheben ist selbstredend mit der Demokratisierung im engeren politischen Bezirk. Auch urn Motivationen fUr weitere Demokratisierung freizumachen. Der Weg zu einer politisch demokratischen Durchdringung und »Eingemein­dung« der Okonomie ist indes klar vorgezeichnet - so man Demokratie und Menschenrechte ihres instrumentell-symbolischen und alles in allem be­stenfalls randstandig elitaren Werts verallgemeinend entkleiden will.

Eine politisch demokratische Verfassung der Globalitiit und der weiteren Globalisierung ist notwendig

Je dynamischer und »globaler« Okonomie, Politik und andere gesell­schaftlichen Vorgange aktiv und passiv werden, des to mehr pragen die Gleichzeitigkeiten des Ungleichzeitigen und die Gleichraumlichkeiten des Ungleichraumlichen. Sprich aller globalen Dynamik und ihren nivellieren­den Effekten zum Trotz, die weltweite Coca Cola-Btichse als Symptom, die Ungleichheiten unter den Menschen und die Ungleichheiten zwischen Regionen, in denen Menschen wohnen, nehmen nicht abo Sie nehmen zu.

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Wider die verhiingnisvolle neue Bescheidenheit (TeiI2) 309

Zu diesen wachsenden demokratische

geMrt, daB das aIte sozialistisch heute tantalushaft nah und tantalushaft unef-

reichbar fern erscheint Auf der einen Seite triumphiert von Menschen ge­machte Kultur alief Orten. Menschen sind und bleiben »Natur«-Wesen. Sie werden geboren. Sie sterben. Sie sind verletzlich. Sie milssen essen. Sie sind materiell abhangig. Sie erstrecken sich Sie bedilrfen also ortlicher Grundlagen und zeitliche Ihre Fahigkeit, Informatio-nen aufzunehmen und zu verarbeiten, ist begrenzt. Ebenso sind es ihre

zugleich an mehreren Orten und Zeiten zu sein. Und doch scheinen die Konstruktionen, die von Menschen und menschen­gemachten Apparaturen alief Art ausgehen, die nattirlich gegebenen Gren­zen zu ilbersteigen. Noch vor kurzem noch vor lahrzehnten un­vorstellbar. Die Menschen in ihrer Fahigkeit, sich technisch/technologisch im weitesten Sinne zu helfen, zu entwickeln, zu rekonstruieren, ja zu kon­struieren, haben seit kurzem, wie es scheint, eine neue Staustufe ihrer Entwicklung erreicht. Frei nach Walter Benjamin: »Der Mensch im Zeital­tef seiner technischen Reproduzierbarkeit.« Nein, nicht ganz. Eine ent­scheidende Distanz davon entfernt. Und doch die cartesianisch vorgegebe­ne Richtung weist zu diesem Annaherungswert. Kaum verwunderlich, daB ein »Chefwissenschaftler«, der Prasident der Max-Planck-Gesellschaft, der Biologe Hubert Markl in einem »Spiegel-Essay« von der »Pflicht zur Wi­dernatilrlichkeit« schwadroniert und eine gentechnisch hergestellte globaJe Welt in neuer moderner Utopie vorstellt. (Fast) alles scheint, wenn nicht heute, so doch morgen, mach bar. Insofern konnten die Menschen mitsamt ihren technischen Errungenschaften aus dem Stadium ertragenen Schick­sals heraustreten und, wie Marx verhie13, »ihre Geschichte selbst machen.« Eine andere Seite steht solcher, vielleicht auch hybristrachtigen Hoffnung entgegen. Die »zweite Natur« von Menschen gemachter Einrich­tungen, von Menschen (letztlich) in Gang gesetzter Entwicklungen, von Menschen (Ietztlich) hergestellter Techniken hat Menschen in vielfacher Weise frei-gesetzt. Mobilitat laurel das multidimensionale Schreckwort dort, wo es Flucht und erzwungene Freisetzung und der fortgesetzten Befriedigung neu geschaffener Bedilrfnisse korrespondieren jedoch neue Ohnmachtigkeiten. Das in der Demokratie, den Menschenrechten und in aller Politik ein stilckweit enthaltene Verlangen in­dividuell und kollektiv selbst zu bestimmen, Schmerzen und Leiden, Un­gleichheiten und Unfreiheiten zurUckzudrangen - die Chancen, diesem Ver­langen zu entsprechen, entfernen sich wenigstens eben so geschwind, wie sich die »zweite Natur« zuungunsten der »ersten« ausdehnt - von der »Rache« der letzteren einmal zu schweigen, den okologischen Gefahren. Diese strukturell dynamische, namlich sich verscharfende Inkongruenz der Moderne, die nun globale AusmaBe mitsamt ihren »normal accidents«

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310 Woit~Dieter Narr, Roland Roth

(Charles Perrow) erreicht hat, bringt sozialistische Politik in die groBten Note. Nicht nur wei! die Art der kapitalistisch-technologischen Produktion der »zweiten Natur« den eigenen einstmaligen Hoffnungen widerspricht. Vielmehr weil das, was sozialistische Politik sein wollte, sein konnte, sein mtiBte, angesichts der tiberall greifbaren Inkongruenzen, grtindlich neu be­dacht werden muB. Und so1ches dieses Mal nicht infolge des - wie wir heute spatestens wissen - notwendigen Scheiterns des »realen Sozialis­mus«. Das Neudenken des Sozialismus wird vor allem durch die Verfas­sungs- und Handlungskatastrophe(n) des verwirklichten »freien« Kapita­lismus notwendig. Was immer man von den Wonnen des ausgreifenden globalen Kapitalismus samt seiner Parallelbewegungen halten mag, ein­deutig ist, daB der Raum menschlichen Handelns nicht zunimmt; eindeutig ist gleicherweise, daB die Art, wie mit der »ersten Natur« verfahren wird, langst die notwendig kulturell tiberformte Natur des Menschen gefahrdet. Okologie ist nicht primar eine Sache des Urwalds als Urwald oder gefahr­deter Pflanzen- und Tierarten. Das aber heiBt unter anderem: Sozialistische Politik muB am selbstbestimmten verantwortlichen Handeln als ihrem Ver­sprechen festhalten; sie muB jedoch noch klarer, als dies das »realsozia­listische« Scheitern lehrte, begreifen, daB aIle gigantomanen Vorstellungen permanenten Wachstums menschliches Handeln allenfalls kurzfristig und eli tar bereichern. In diesem Sinne ist eine menschenrechtlich demokratisch radikale Kehre, die allein auch okologisch angemessen ist, der sozialen Okologie men schlicher Gesellung gleichermaBen in der Tat notwendig. Weil die menschliche Emanzipation, ein anderer Aspekt der Dialektik der Aufklarung, nicht nur aus herrschenden Handen, aus allzu schicksalseng »natiirlichen« gleicherweise befreit, sondern menschliche Gesellschaft und ihre mogliche Autonomie tiberwindet, kommt es vor allem darauf an, neue Verfassungsformen zu finden. So1che Verfassungen gegengewichtig am art anhebend, mtissen darauf ausgehen, die globaJen Inkongruenzen zu tiberbrticken. Zuerst damit die enormen humanen Kosten und der kraftig befOrderte Stau von Aggressionen abgebaut werden konnen. Mittel- und langerfristig vor allem aber, damit endlich Kants schon im ersten Teil er­wahntes Konzept des »Ewigen Friedens« eine bessere Chance erhalte. Darum bedarf es selbstverstandlich tiberregionaler, ja globaler Einrichtun­gen, die notige Leistungen der Koordination, des Austauschs und nicht zuletzt des Ausgleichs erbringen. Aile translokalen und transnationalen Einrichtungen sind indes nur dann im menschenrechtlich demokratischen Sinne effektiv, wenn es gelingt pyramidal von unten nach oben zu demo­kratisieren; wenn die tiberregionalen Institutionen Offentlich kontrollierba­re Prozeduren wahlen; wenn es gelingt, den weltweiten Kapitalismus de­mokratisch - im wortlichen Sinne - zu domestizieren. Nur dann kann urn anderer men schlicher Werte willen der Wachstumswahn gebremst werden.

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Wider die verhiingnisvoile neue Bescheidenheit (Teil2) 311

Sonst ist der teilt werden genauer eine

des nieht aufzuhalten. Dieser ein die den Lebensraum des Mensehen ausmachte.

beur-

Die Liste unserer ist Vor allem und immer erneut, wo waren die Tragerinnen und sozialistischer Politik am Horizont und inmitten der und Konflikte zu erkennen? DaB solehe nicht auszumaehen darf indes nicht dazu ftihren, begriffs- und das heiBt kritiklos zu werden. Zu diesen Verlegenheiten weniger Es ware bei-spielsweise nieht allzu schwer, wenngleich genauer darzustel-

wie lokale, regionale und weltweite Institutionen verantwortlieh mit-einander werden konnten. ware es aueh, genauer tiber die Art der von politisehen und okonomisehen Institutionen zu reden - vorausgesetzt der Ubergang aus den gegenwartigen Herrsehafts­bedingungen hefaus ware ein Sttickweit gelungen, und es ware moglieh geworden, das breitbandige Spektrum men schlicher Interessen entgegen der kapitalistiseh teehnisehen Engftihrung lebendiger werden zu lassen. Uns kam es vor allem darauf an, den normativ-institutionellen Bezug so-zialistiseher die wir deutlicher zu maehen. Denn so ent-seheidend es andere Moglichkeiten so genau wie moglieh zu durehden-

so wichtig ist es zugleich, allen Gesamtplanen, allen GroBprojekten Letztere haben die Naehrichten noeh nieht erhalten, die uns das

Seheitern moderner Planutopien tibermittelt. Zu denselben gehort trotz al­lem trotz alief Untibersichtlichkeit und trotz allen Veffleeh­

weltweit sich verdichtender Art auch und Obwoh! nieht die

Hermetik zu so scheint uns, begrifflieh ist ohne IIIusionen an al­festzuhalten. Und um Kritik zu er-

zu verwassern, kann auf eine »fundamentale« nieht verzichten. die nieht letztlich

ist, wird zum akademischen Theoretiker jedoch, die der des entsagen und um rasehe Erfolge haben

ihre Aufgabe vertan. In diesem Sinne hoffen auch und gerade um no-anderer Praxis die Tilr nicht-wunschdenkerischer anderer ge-

sellschaftlieher Moglichkeit, die den Moglichkeiten der Menschen u. E. naher kommt, einen Spaltweit mit offen zu halten.

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312 WolrDieter Narr, Roland Roth

Literatur

Adorno, Theodor W. (1966): Negative Dialektik, Frankfurt/Main. Adorno, Theodor W. (1961): Uber Statik und als soziologischc Kategorien, in: ders.

Gesammcltc Schriften 8, Frankfurt/Main S. 217 -237. Altvater, Elmar/Mahnkopf, (1996): Grcnzcn del' Arendt, Hannah (1958): Vita oder Vom tiitigen Leben,

MUnster. 1981.

Benjamin, Walter (1974): Uber den Begriff del' Geschichte, in: del's., Gesammelte Schriften, Band 1.2, S. 691-704.

Clastres, Pierre (1976): Staatsfeinde. Studien WI' polilischen Anthropologie, Frankfurt/Main. Cohen, Joshua/Rogers, Joel (Hg.) (1995): Associations and Democracy, London-New York. Hirsch, Fred (1978): Die sozialen Grenzen des Wachstllms, Reinbek. Hirschman, Albert O. (1980): Leidenschaften und Intcressen, Frankfurt/Main. Hobsbawm, Eric 1. (1995): Zeitaltcr del' Extreme, Mlinchcn. Levi-Strauss, Claude (1995): Brasilianisches Album, Mlinchcn. Lowenthal, Leo (1984): Literatursoziologie im Rlickblick, in: deI's.: Schriften 4, Frankfllli/

Main, S. 88-105. Luxemburg, Rosa (1918): Zur russischcn Revolution, in: dies., Gcsammelte Werke Bd. 4,

Berlin 1974, S. 332-365. Mills, C. Wright (1966): Sociological Imagination. NalT, Wolf-Dieter, Roth, Roland (1995): Wider die verhtingnisvollc neue Bescheidcnl1cit:

Kapitalismns ohne Alternative. Am Ende aller Utopie gilt: Demokratic und Sozialismus, in: PROKLA 100, S. 431-455.

Nietzsche, Friedrich (1980): UnzeitgemaBe Betrachtungen, in: deI's., Kritische Studienausgabe Bd.1 hg. von G. Colli und M. Montinari, MUnchen.

Russau, Christian (1995): unveroff. Dipl.-Arbcit, FU Berlin. Saner, Hans (1995): Geburt und Phantasie. Von del' natlirlichen Dissidenz cles Kindes, Basel. Sartre, lean-Paul (1945): Betrachtungen zur Judenfragc, in: deI's., Drei Essays, Frankfurt!

Main-Berlin 1966, S. 108-190. Walzer, Michael (1992): Spharen del' Gereciltigkeit, Frankfurt/Main-New York. Wright, Erik Olin (1995): Preface und Introduction, in: Cohen/Rogers, S. lX-3.

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Robert Guttmann: Tile Transformation of Financial Capital. Money seems to be both: public good and commodity. This contradictory nature of money necessitates its care-ful management. on these the recent developements concerning money and

States, are described.and analysed as the disinlegra­Fordist monetary regime. As a result of this process the private-commodity aspect

was intensified. It generated new private forms of money which triggered acute cri­rnnriit""" at financial markets. To counteract these effects it is necessary to establish a

new international monetary regime.

Michael Heine, Hansjiirg Herr: Money makes the World Go The m1icle critizises the marxist thesis, that the mouetary system has been broken free from the real economic sphere. But the authors agree that there moe and qualitative new developments in the financial markets, since the has collapsed. These deve-lopments are and analysed. It is discussed, if these changes threaten the stability of the economic system. The article concludes with some proposals for a new monetary policy.

Raul Rojas: Digital cash in the Global Data Network. The paper discusses the different ty­pes of digital money which have been developed in the last years. The problem with electronic payments is that arc traceable and their can be compromised. We review some of the strategies been implemented in to transform electronic checks in real digital cash, i.e., an anonymous vehicle for all kind of financial transactions. The last section discusses some of the social and economic consequences of the introduction of digital pay­ments.

Elmar Altvater: Global Financial Innovations, Private Computerized Money and Natio­nalized Debt The m1icle does not deal with the security problems or the practicability of electronic money but with the economic problems it raises.They are analysed at first by the example of »pre-paid«-cards (off-line-money), especially regarding debtors, capital owners and the central bank's control possibilities. Secondly, the problems are seen in the broader framework of the globalisation of financial relations and in the context of the formation of a »derivative capitalism« and as an expression of a »privatization« of money. The conclusion is that neither derivates nor electronic money can avoid a real consolidation of value. This shows the limits of the »virtualisation« of (electronic) money.

Thomas Achim Werner: Money Laundering - the Dimensions of Unknown Dangers. Or­ganized Crime manages to recycle ist immense earnings into the legal economy by using va­rious techniques of money laundering. The laundered money can undermine the legal eco­nomy. This process is analysed in a macroeconomic model in order to show the qualitative interrclationsship between organized crime, money laundering, and the legal action taken against it. The influence on money stock and exchange rates is shown, as well as the negative consequences for fair competition and resource allocation.

Wolf-Dieter Nan, Roland Roth: Against the Fatal New Modesty: temative (Part 2) .. ,but: Do we Socialist Theorists have anything in a continua­tion of their article in PROKLA 100, the authors specify the normative foundations of a socia­list alternative which focusses on democracy and human rights. To turn it into politics, not only normative leading ideas are necessary, but also institutional creativity. Therefore, the outlines of a new Political Economy are sketched and the institutional cornerstones of a radi­cal democracy are shown, which leads beyond the »Separee of liberal democracy« and seeks a political answer to the changing conditions of increasing globalisation.

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Zu den Autoren

Elmar Altvater lehrt am Fachbereich Politische Wissenschaft der FU Ber­lin, Ihnestr 21, 14195 Berlin.

Robert Guttmannn lehrt Okonomie an der Hosstra University, Economics Department, Hempstead, New York 11557.

Michael Heine lehrt Volkswirtschaftslehre an der FHTW Berlin, Treskow­allee 8, 10318 Berlin.

Hansjorg Herr lehrt Volkswirtschaftslehre an der FHW Berlin, Badensche Str. 50, 10825 Berlin.

Wolf-Dieter Narr lehrt am Fachbereich Politische Wissenschaft der FU Berlin, Ihnestr 21, 14195 Berlin.

Raul Rojas lehrt Informatik an der Universitat Halle, FB Mathematik und Informatik, Kurt-Mothes-Str. 1,06120 Halle.

Roland Roth lehrt Politikwissenschaft an der Fachhochschule Magdeburg und lebt in Fronhoferstr. 3, 12165 Berlin

Thomas Achim Werner ist Betriebswirt, arbeitet zur Zeit bei einer Bank und lebt in Gustav-Freytag-Str. 6, 10827 Berlin.

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Themen friiherer Hefte

PROKLA 102 * Zur politischen Okonomie des Wassers (Marz 1996) Albrecht Krieg urn Wasser? * Biermann Mensch und Meer * Guy/Marvin Privatisierung der Wasserversorgung in England * Dom­browsky/GottschalkiMazouz Wasserverteilungskonflikte im Jordanbecken * Ziebura Globalisierter Kapitalismus: chancenlose Linke? * HopfEthnozentrismus und Okozentrismus * Bode Der franzosi­sche Herbst und die Krise del' Linken

PROKLA 101 * Kapitalistische Kulturen (Dez.1995) Eisenstadt Japan und die Vielfalt kultureller Programme der Moderne * Lee Singapur: ein »konfuzianischer Kapitalismus«? * Hopfmann Transfor­mation und Weltmarktintegration Osteuropas * Radice GroBbritannien: Niedergang der Nation, Erfolg des Kapitalismus? * Kijssler Tradition und Reproduktion * Hornbostel/Hausmann Neue Volkspolizi­sten oder Schandi zum Anfassen? * Gijrg Replik auf Scherrer (in Nr. 100) * Autorenregister Nr. 1-100

PROKLA 100 * Ortsbestimmung (Sept.1995) Lorek 25 Jahre PROKLA * Zeuner »Probleme des Klassenkampfs« im Betrieb * O'Connor Kapital, Arbeit und Biirokratie im Zeitalter des Nationalismus * Ingrao/Rossanda Die neuen Widerspriiche * Narr/Roth Demokratie und Sozialismus * Scherrer Dis­kursanalytische Kritik der Regulationstheorie * Maller-Plantenberg Vom Soziologen zum Staatsprasi­denten: F.H.Cardoso

PROKLA 99 * Verteilungsfragen (Juni 1995) Vesper Steuern, Staatsausgaben, Umverteilung * Schijmann Alters- u. geschlechtsspezifische Verteilung der Arbeitseinkommen * GanJ3manniMcArthur Arbeitslosigkeit und Einkommensverteilung * Wahl Geschlecht und Arbeitsmarkt * Barrry 1st soziale Gerechtigkeit eine Illusion? * Gordon Die Mainstream-Okonomie und die Wirtschaftspolitik * Schmidt Von del' Standortkonkurrenz zur internationalen Regulation? * Boris Das Scheitern neoliberaler Politik in Mexiko (1982-1994)

PROKLA 98 * Italienische Verhaltnisse (Marz 1995) Ginsborg Die italienische Krise * Piantini Forza Italia und PDS * D'Amato/Schieder Lega Nord * Violante Mafia * Cazzola Von del' ersten zur zweiten Republik * Rieser Italienische Gewerkschaften * Sales Norden und Siiden * Kammerer Paso­lini und die italienische Krise * Przeworski Transformation in Osteuropa

PROKLA 97 * Netzwerke zwischen Staat und Markt (Dez. 1994) Altvater Operationsfeld Welt­markt * Lechner Marktgesellschaft und die Veranderung von Politikmustern * Messner Fallstricke und Grenzen del' Netzwerksteuerung * Zaschke Internationale Sozialpolitik als Netzwerkpolitik? * Walk; Brunnengriiber Nicht-Regierungsorganisationen und Netzwerke * Lang Geschlechterforschung, Post­moderne und die Wissenschaft von der Politik

PROKLA 96 * Fundamentalismus und neue Religiositlit (Sept. 1994) Schmidt Die Sehnsucht nach Identitat * Niethammer Konjunkturen und Konkurrenzen kollektiver Identitat * Thiessen Kapitalismus als Religion * Elkins Rent-Seeking. Die politische Theorie des neoklassischen Fundamentalismus * Patterson Der neue Puritanismus * Lukes Fiinf Fabeln iiber Menschenrechte * Avineri Die Riickkehr zum Islam * Lohauj3 Fundamentalismus und moderne Identitat * Wellhiiner Wirtschaftliche Sach­zwlinge der Weimarer Republik

PROKLA 95 * Internationale Institutionen 50 Jahre nach Bretton Woods (Juni 1994) Altvater Die Ordnung rationaler Weltbeherrschung * Bruckmaier Nichtstaatliche Umweltorganisationen * Al­brecht Weltordnung und Vereinte Nationen * Hugler Sicherheitsstrukturen nach dem Ende des Ost­WestKonfliktes * Aguirre Die Politik del' Militlirintervention * Giibel Irak, Somalia, Jugoslawien * Scherrer Kritik am neorealistischen Paradigma internationaler Beziehungen * Narr Zur Rechtstheorie von Habermas und Luhmann (Teil II)

PROKLA 94 * Politik in Deutschland (Marz 1994) Habner Zur politischen Okonomie des doppelten Deutschland * Fischer Zuwanderung und Sozialstaat * Young Asynchronitaten der deutsch-deutschen Frauenbewegung * Berlit (K)eine Verfassung fiir Deutschland? * Narr Zur Rechtstheorie von Haber­mas und Luhmanu (Teil I) * Hahn Allgemeine Gleichgewichtstheorie und die Transformation zentral geplanter Wirtschaften * Stark Rekombinieltes Eigentum im osteuropaischen Kapitalismus * Schabak­ker Zur Aktualitat Sraffas

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PROKLA 93 * Frauen in del' Okonomie (DezemIJer 1(93) Elson Fcministische Elltwicklungsoko­nomic * Maier Gcschlechtsspezifische Konstruktion der Wirtschaftswissenschaft * Hickel Joan Robin­son * Schmidt Mechanisierung lind Geschlechterverhaltnis " Schwarzkopf Soziale Konstruktion der Qualifikatiol1 * Pfau-Efl/nger Gcschlechteremanzipation und Arbeitsmarktintegration * Wehling Postindustrialismus als okologische Utopie?

PROKLA 92 * Die Linke in Europa (September 19(3) DeniteII Lemen aus Jugoslawiens Tod '" U-pietz Politische Okologie und * RossandalNatoli Was ist los in Italien? '" M Mayer Die deutsche Neue Linke im Spiegel der '" Amin Aul3enansicht del' europaischen Linken * Schun-ter-Kleemann Geschlechterdifferenz in del' Debatte zur europaischen Union? '" Rijftger EG-metropoli­tane Integration * Demirovic Intellektuelle und kritische Gesellschaftstheorie heLlte,

PROKLA 91 '" »Neues Deutschland« (Julli 19(3) Gariflmann Einigung als Angleichung? * Sozialstrukturelle Umbruchsdynamiken '" Herz Politische Kultur im neuen Staat * Muller Ocr yom faulen Ossi * Schlegelmilch Deutsche Lebensalter * Kadritzke Ein neucr Expertcntyp? '" Bonderl RiWgerlZiebura VereinheitJichung und Fraktionierung in del' Weltgesellschaft

PROKLA 90 '" Regiollalisierung des WeUmarkts (Man 1(93) Holloway Globales Kapital und na­tionaler Staat * Piccioto Krise des intemalionalen Staats * iiilmer Migration - Asyl - Ausltinderfeind­lichkeit * Knieper Staat und Nationalstaat '" Smith Neoliberalismus in Slidamerika '" Dieter Asiatisch­pazifischer Wirtschaftsraum '" Dussel Peters Jr, Zur NAFTA

PROKLA 89 '" Ostcilropaische Metamorphosel1 (Dezember 1992) BurawoylKrotow Ubergang yom Sozialismus zmn Kapitalismus in del' frliheren Sowjetunioll '" Hubner Okonomische Theorie und ost­europtiische Transformation * Wittkowky Altemativen zu Schocktherapie llnd Verschuldung '" Tilten­brun Del' polnische Weg zum Kapitalismus * Ganjimann Ocr nationale Sozialstaat und die deutsch­dcutsche Solidaritat * Bergmann Modernes Mcnschenopfer * Hermann Del' FOtus von Erlangen,

PROKLA 88 * Chaos ulld Selbstorgallisation (September 1992) MUller: »Katastrophen«, »Chaos« und »Selbstorganisation« * Rojas Chaos ais naturwissenschaftliches Paradigma '" Mirowski Die Bedeu­tung eincs Dollars'" Gill Metaphem del' Gentechnologie " BeckerlJahn/Wehling KOllzepttransfer und Wissenschaftsdynamik * Lohauji Toulmins »Kosmopolis« '" O'Connor Die Okonomie del' 90er Jahre * Keil RepJik auf O'Connor * Ibrahim lslamistischer Fundamentalismus,

PROKLA 87 * Nationalismlls am Ende des 20. Jahrhundcrts (Juni 1(92): Kadritzke Wiederkehr des Nationalismus * Lodovico Konstruktion des Nationalcn * Janigro Scheitem des »Jugoslawismus« " Sfijlting Angst, Agression und nationale Denkform * Gellner Nationalismus in Osteuropa * Magas Erwiderung auf Gellner * Hqj'erkamp Giddens Thcorie des Nationalstaats * MouffelWalzer »Communitarians« " Narr Communitarians: Zahnlose Kritik '" Ottow »Freundschaft« in del' biirgerli­chen Gesellschaft * Mayer Aufstand in Los Angeles,

PROKLA 86 * und Elltwicklung (Marz 1992): Miiller, Peter Demokratischer Okosozia­lismus '" Hennicke, Seilried Stabilisierung des Klimas * Marmora »Sustainable Development« * Bek­ker Okologische Modernisicrung der Entwicklungspolitik? * Beckenbach Okologisch-iikonomische Verteilungskonfliktc * Przewo!'ski Wird del' »Osten« zum »Sliden«? * ENrich Neotraditionalistischer Staatssozialismus * Buchstein Kritische Demokratietheorie * Hofjinan Neuer Produktivitatstyp - alte Vertretungstrukturen?

PROKLA 85 "Kriminalisiemng und Zivilisationsvcrlust (Dezember 19(1): Hohmann Japan-Blues '" Janigro Jugoslawiell - Krieg del' Banden * Uesseler Mafia und Politik in Italien * Busch Orogen und Politik in Kolumbien '" Olowu Korruption in Nigeria" van Krieken Elias und Foucault * Hilder Ma­chiavellisrnus '" Liithje Post-Fordistische Telekommunikation in den USA

Erhiiltl, beim Verlag Westf. Dampjboot, Dorotheenstr, 26a, 48145 Munster, Tel .. ' 0251 - 6086080

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Del.ltsch·lsraelischer Arbeitskreis fur Frieden

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zwischen Palastinensern und Israelis DafOr setzt sich der Deutsch-Israelische Arbeitskreis fOr Frieden in Nahost seit Jahrzehnten ein.

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Dies ist die Geschichte eines ju­dischen Kommunisten - Elieser Feiler. In Dusseldorf geboren, wurde er 1938 aus Hitler-Deut­schland vertrieben und ist ins bri­tische Mandatsgebiet eingewan­dert. Bis zu seinem Tad im Kib­buz Yad Hanna trat er fOr politi­sche Vernunft beider Volker, fOr Koexistenz zwischen Israel und der PLO ein. - Sein Leben, eine spannende Geschichte, aus der pOlitisch viel zu lernen ist.

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Bundnis fur Arbeit?

1st in dieser Gesellschaft die laufende Entsolidarisierung umzukehren? Oder ist selbst die BUndnis· Idee nur das Obliche Geschwatz, dem keinerlei Taten folgen? Oiesen Fragen gehen die Autoren (Otto Konig [IGMl. Gisbert Schlemmer [GHKl. Nikolaus Schmidt

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[IGMl. Heinz Bierbaum [IGMl. Klaus Peter Kisker, Horst Schmitthenner [IGMl. Michael Wendl, [OTVl. Joachim Bischoff, Oetlef Hensche [IG Medien]) des vom FORUM GEWERKSCHAFTEN herausgegebenen Sozialismus extra nacho 37 Seiten, OM 5,-

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Page 162: Zeilschrifl Sozialwissenschafl · PDF fileZ6. Jilhrgilng Nr.Z Juni 19% K20729F Zeilschrifl fUr krilische Sozialwissenschafl Yom Gelde ROBERT GUTTMANN Die Trilnsformation des Finilnzkilpitills

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