zeitschrift der bundes-arbeitsgemeinschaft der kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen...

36
Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister e.V. 1 Jahr E-Government-Gesetz Neuer Schub KATASTROPHENSCHUTZ Gemeinsam stark dank Social Media PERSONALMANAGEMENT Verwaltung als attrak- tiver Arbeitgeber MOBILE GOVERNMENT Alte Denkmuster überwinden 3 2014 www.vitako.de August

Upload: others

Post on 05-Aug-2020

8 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister e.V.

1 Jahr E-Government-Gesetz

Neuer Schub

KATASTROPHENSCHUTZ

Gemeinsam stark dank Social Media

PERSONALMANAGEMENT

Verwaltung als a ttrak-tiver Arbeitgeber

MOBILE GOVERNMENT

Alte Denkmuster überwinden

3 2014www.vitako.de

August

Page 2: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

Steuer-Kompetenz inMecklenburg-Vorpommern

Peter BäumerStaatssekretär im Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern

Page 3: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

33|2014

\ EDITORIAL

Jetzt fängt die Arbeit an!

Im Schwerpunkt dieses Heftes würdigen wir das E-Government-Gesetz des Bun-des aus unterschiedlichen Perspektiven. Alle Beiträge machen deutlich: das Bun-desgesetz ist erst der Anfang. Landesge-setze müssen her, wir müssen Normen in Bund, Ländern und Kommunen entrüm-peln, E-Services bauen, Vereinbarungen zwischen den Verwaltungsebenen über ganzheitliche elektronische Angebote treffen, Prozesse neu gestalten, Daten aus Verwaltung und Politik maschinen-lesbar zur Verfügung stellen. Die weite-re Öffnung von Verwaltung und Politik erfordert, soll das Vertrauen der Bürger und Unternehmen ins Internet nicht wei-ter gestört werden, weitere Investitionen in Informationssicherheit.

Demnach stehen viele Änderungen an. Das E-Government-Gesetz und die noch ausstehenden Rechtsanpassungen sind Impulsgeber und Beschleuniger. Jetzt heißt es umsetzen, also „anpacken“. Das bedeutet aber weit mehr als juristische Klärungen herbeiführen und organi-satorisch-technische Lösungen finden. Anpacken heißt einen tiefgreifenden Wandel initiieren, begleiten und bewäl-tigen. Denn auf den Prüfstand müssen Werte, Einstellungen und Selbstbilder von Institutionen und Menschen – mit dem Ausbau von Fähigkeiten alleine ist es nicht getan.

Letztlich geht es um Organisationskultur. Es geht darum, eingeübte Muster aufzu-brechen, Einstellungen zu überdenken, Werte neu zu gewichten. Die Vielzahl der Aufgaben der öffentlichen Verwal-tung verbietet es, einfach alles über Bord werfen. Alte Werte wie Rechtssicherheit, Ordnungsmäßigkeit und Professionalität dürfen nicht leiden, sind jedoch keines-

falls Argumente für Stillstand. Vertrauen in die Kompetenz von externen Partnern, Offenheit, Fehlertoleranz und vieles mehr müssen die Menschen in Verwal-tung und Politik einüben und verinner-lichen – sonst werden Transparenz, Kol-laboration und Beteiligung Worthülsen bleiben.

Wir alle tun uns leicht, die neue Verwal-tungskultur verbal zu beschwören. Doch wie kompetent sind besonders die Füh-rungskräfte, die Entscheider als Gestal-ter des Wandels, als Coaches der Mitar-beiter und Politiker? Selbstbewusstsein über den eigenen Standort, die eigenen Lernfelder ist eine wesentliche Voraus-setzung für eine kompetente und acht-same Begleitung und Unterstützung von Veränderungsprozessen. Eine möglichst mitreißende, doch anschlussfähige Vor-stellung vom Zielzustand, davon, wie das Gemeinwesen künftig gestaltet sein soll, erleichtert es den Menschen, mitzu-gehen und für sich einen gegebenenfalls neuen Platz zu finden.

In diesem Sinne wünschen eine gute Lektüre

Peter Kühne, Vorstandsvorsitzender, Dr. Marianne Wulff, Geschäftsführerin, Vitako – Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister.

Page 4: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

4

\ IMPRESSUM

3|2014

Herausgeber:Bundes-Arbeitsgemeinschaft derKommunalen IT-Dienstleister e. V.Markgrafenstr. 2210117 BerlinTel. 030 / 20 63 15 60E-Mail: [email protected]

V.i.S.d.P.:Dr. Marianne Wulff

Die Redaktion behält sich vor, eingesandte Berichte auch ohnevorherige Absprache zu kürzen. Der Inhalt der Beiträge gibtnicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers wieder. AlleRechte vorbehalten. Nachdruck oder elektronische Verbreitungnur mit Zustimmung des Herausgebers.

Realisation:Goergen Kommunikation GmbHLungengasse 48-5050676 Kölnwww.g-komm.de- Redaktion:

Anne Goergen, Michael Wayand, Kai Ortmann- Grafik:

Alicja Zens

Erscheinungsweise:4 Ausgaben im Jahr

Auflage:5.000

Lektorat:Ursula Barthel Grafikdesign, [email protected]

Regionalausgaben:Konzeption, Layout, Satz und LektoratUrsula Barthel Grafikdesign, [email protected]

Litho u. Druck:köhler + bracht GmbH & Co. KG, D-26180 Rastede/Wahnbek

Bildnachweise:AKDB (S. 15); b.i.t.consult (S. 29); BITKOM (S. 17); Bundesminis-terium des Innern (S. 11); citeq (S. 21); Deutsche Post (S. 19); DIHK (S. 13); FeRD (S. 31); Good Technology (S. 23); istockphoto/serts (S.20); krz (S. 9); KRZN (S: 18); Stadt München (S. 27); Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport (S. 32); Stadt Saarbrücken (S. 30); Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft (S. 25); Thinkstock: Fuse (S. 26); Thinkstock/ Digital Vision: Michael Blann (S. 6); Thinkstock/istock-photo: Andrey Popov (S. 7), martinbalo (Titel); SrdjanPov (S. 9), Toms93 (S. 10), Topp_Yimgrimm (S. 12), 1stGallery (S. 14), koo_mikko (S. 18), metinkiyak (S. 22), Robert Churchill (S. 24), Janka Dharmasena (S. 28), dolgachov (S. 31), Melinda Nagy (S. 19); Thinkstock/Photodisc: Digital Vision (S. 16); Vitako (S. 8)

Autoren dieser Ausgabe:Dirk Arendt, Good Technology GmbHDr. Thomas Böhle, Stadt MünchenDr. Andreas Coenen, Kommunales Rechenzentrum NiederrheinStefan Engel-Flechsig, Forum elektronische Rechnung DeutschlandFrank Helmer, citeq MünsterDr. Fritz Jaeckel, Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und LandwirtschaftAnnette Karstedt-Meierrieks, DIHKPeter Kühne, VitakoMichaele Lehnert, Kommunales Rechenzentrum Minden- Ravensberg/LippeHarald Lemke, Deutsche PostStephan Manke, Niedersächsisches Ministerium für Inneres und SportDr. Pablo Mentzinis, BITKOMCornelia Rogall-Grothe, Bundesministerium des InnernAlexander Schroth, AKDBHarald Schumacher, b.i.t.consultNora Wegener, Fraunhofer-Institut für offene Kommunikations- systeme (FOKUS)

Hinweis:Vitako aktuell erscheint zusätzlichmit 3 Regionalausgaben:Ausgabe krz LemgoAusgabe Lecos LeipzigAusgabe regio iTDer Vertrieb erfolgt durch das jeweilige Vitako-Mitglied.

ISSN 2194-1165

Wird innerhalb der Zeitschrift auf fremde Links oder externe Infor-mationsangebote hingewiesen, so macht sich Vitako diese Inhalte nicht zu eigen und kann für sie keine Haftung übernehmen.

ZWISCHENBILANZ E-GOVERNMENT-GESETZ

6 In Bewegung Ein Jahr nach Verabschiedung macht die Umsetzung des E-Govern-ment-Gesetzes erste, langsame Fortschritte, findet Peter Kühne, Vor-standsvorsitzender der Vitako.

9 Klares Signal Die IT-Partner sind auf die Etablierung eines landeseigenen E-Govern-ment-Gesetzes gut vorbereitet, wie Michaela Lehnert, Geschäftsbereichs-leiterin Webservices beim krz, erläutert.

10 Bereitschaft zur Veränderung Die Umsetzung des E-Government-Gesetzes schreitet voran und neben dem Bund sind jetzt auch die Länder in der Verantwortung für das weitere Fortkommen, findet Cornelia Rogall-Grothe, CIO des Bundes.

12 Akute Wachstumsstörung Für Annette Karstedt-Meierrieks vom DIHK besteht ein Jahr nach der Verabschiedung des E-Government-Gesetzes immer noch eine fatale Regelungslücke zwischen der Bundes- und der Kommunalebene.

14 Bayerische Perspektiven Der Freistaat arbeitet mit Hochdruck daran, das E-Government-Gesetz mit Leben zu erfüllen. Die Strategie und einzelne Projekte erläutert Alexander Schroth, geschäftsführender Direktor der AKDB.

16 Partner gesucht Die Wirtschaft beteiligt sich gerne an der praktischen Umsetzung des E-Government-Gesetzes, aber bislang zögert die Verwaltung, findet Dr. Pablo Mentzinis, Bereichsleiter Public Sector bei BITKOM.

18 Sicherer Rahmen Die geplanten Eckpunkte des E-Government-Gesetzes in Nordrhein-West-falen bewertet Dr. Andreas Coenen, Kreisdirektor Kreis Viersen und Ver-bandsvorsteher Kommunales Rechenzentrum Niederrhein.

19 Erlebnis E-Government Der praktische Selbstversuch, wie weit die Digitalisierung der Verwaltung tatsächlich fortgeschritten ist, gewährte Harald Lemke, Sonderbeauftrag-ter E-Government der Deutschen Post, interessante Einblicke.

INNOVATION UND KOMMUNALVERWALTUNG

20 Der Zauberwürfel Die Arbeitsgemeinschaft der Clearingstellen kümmert sich um die reibungslose Einführung von XöV-Standards. Frank Helmer von der citeq Münster beschreibt die Arbeit.

22 Entdecke die Möglichkeiten! Dirk Arendt, Director Government Affairs bei Good Technology, will Mobile Government als Ausgangspunkt von Verwaltungsmodernisierung sehen, nicht als Endpunkt.

\ IMPRESSUM \ INHALT

Page 5: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

24 Rettende Verbindung Krisenbewältigung unter tatkräftiger Mithilfe der ganzen Bevölkerung ist längst Realität. Möglich machen das Soziale Medien, wie Dr. Fritz Jaeckel, Staatssekretär im sächsischen Umweltministerium, beschreibt.

Kommunal.Intelligent.Vernetzt.

IT-Fachlösungen mit Zukunft

• KIVBF-Cloud• Schul- und Bildungs-

Cloud• Kommunale Doppik• Personalmanagement• Einwohnerwesen• Dokumenten-

management• Geo-Information• E-Government

www.kivbf.de

\ INHALT\ INHALT

53|2014

VERWALTUNG DER ZUKUNFT

26 Die Marke stärken Wie sich die bayerische Landeshauptstadt positioniert, um Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten, erklärt der Perso-nal- und Organisationschef Dr. Thomas Böhle.

28 Hindernis Authentifizierung Harald Schumacher, Geschäftsführer von b.i.t.consult, fasst die Ergebnisse einer Untersuchung der Prozess- kosteneffizienz elektronischer Bürgerdienste zusammen.

30 Web-Check: Vielfalt an der Saar Vitako aktuell nimmt im Web 2.0 Check den Internetauf-tritt der Landeshauptstadt Saarbrücken unter die Lupe.

31 Konsequent digital Die neuen einheitlichen europäischen Standards für die elektronische Rechnungsstellung müssen nun auch durchgehend angewandt werden, findet Stefan Engel-Flechsig, Leiter des Forums elektronische Rechnung Deutschland.

RUBRIKEN

32 Vitako fragt … Stefan Manke, Staatssekretär und CIO in Niedersachsen

33 Vitako antwortet … Lena-Sophie Mülller

34 Vitako Panel

34 ProVitako

35 In eigener Sache

35 Termine

35 Vorschau auf die nächste Ausgabe

Page 6: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

63|2014

\ ZWISCHENBILANZ E-GOVERNMENT-GESETZ

Ein erster Geburtstag! Da steigen Luftballons, das Auspus-ten der Kerze fällt ganz leicht, die Familie singt Kinder-lieder, das Kleinkind brabbelt und bestaunt noch schwan-

kend die Geschenke … Ein Jahr E-Government-Gesetz des Bundes: so freudig wie ein Kindergeburtstag?

Die Geschichte: Vor einem Jahr verabschiedete die Bundesregie-rung nach zähem Ringen kurz vor Ende der Legislaturperiode das E-Government-Gesetz für den Bund (EGovG Bund). Lob auf der einen Seite, dass nun endlich E-Government in ein Gesetz gegossen ist. Enttäuschung auf der anderen Seite, weil manche

Forderungen aus dem langwierigen Diskussionsprozess keinen Eingang in das dann verabschiedete Regelwerk fanden. Die Entstehungsgeschichte ist ein Paradebeispiel für die Folgen von Ressorthoheit und Föderalismus. Mehr wäre wünschenswert gewesen, aber dem Machbaren geschuldet haben die kommu-nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere Anstrengungen im E-Govern-ment, um eine durchgängig elektronische Vorgangsbearbeitung in der Verwaltung zu ermöglichen und die digitale Kommunika-tion zwischen Bürgern und Behörden zu vereinfachen.

OrientierungshilfeDas Bundesgesetz gibt Argumentationsunterstützung auch dort, wo es für Kommunen nicht bindend ist. Der Ersatz von Schriftform durch die Online-Ausweisfunktion des Personalaus-weises und De-Mail – ein echter Fortschritt, nachdem die quali-fizierte elektronische Signatur seit langem ein trauriges Dasein fristete. Zahlreiche Projekte im kommunalen Bereich zeigen, dass beide Verfahren in ihrer neuen Qualität als Schriftformer-satz an Fahrt gewinnen. Die Verpflichtung zur E-Akte in der Bundesverwaltung – ein Schub für das seit langem diskutierte

Es war und ist ein umstrittenes Gesetzeswerk,

aber ein Jahr nach Inkrafttreten des EGovG sind

die damit gewollten Weiterentwicklungen der

elektronischen Verwaltung in Gang gekommen

– wenn auch nicht überall gleich schnell.

Das E-Government-Gesetz bringt Dynamik in die Prozesse

In Bewegung

Start: Das E-Government-Gesetz brauchte lange, um endlich flügge zu werden, jetzt sind Länder und Kommunen am Zug

Page 7: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

73|2014

\ ZWISCHENBILANZ E-GOVERNMENT-GESETZ

Thema von elektronischer Akte und vor allem elektronischer Vorgangsbearbeitung auch im kommunalen Bereich. Alleror-ten sprießen entsprechende Projekte aus dem Boden. Auch wenn das Gesetz nicht unmittelbarer Auslöser war, bekommen die Akteure Rückenwind durch die Regelungen für den Bund. Dies freut auch die IT-Dienstleister, die seit Jahren für den Nutzen von E-Akte und E-Vorgangsbearbeitung werben, aber nicht immer auf offene Ohren bei ihren Kunden stießen. Jetzt kommt Bewegung in dies seit langem überfällige Thema. Die Regelungen zu Open Data sind ein deutliches Zeichen dafür, dass Deutschland sich Offenheit und Transparenz staatlichen Handelns auf die Fahnen schreiben will. Und die Open- Data-Community sieht sich durch die expliziten Vorschriften im Bundesgesetz bestätigt. Die Verpflichtung zur elektronischen Erreichbarkeit, die Möglichkeit zum ersetzenden Scannen sind Voraussetzungen für „echtes“ E-Government.

Länder am ZugAll diese Paragrafen sind ein Fortschritt, weil sie für E-Govern-ment-Lösungen rechtliche Verbindlichkeit schaffen, auch wenn dies nur in Teilen für Länder und Kommunen gilt. Jetzt kommt es darauf an, dass die Länder mit eigenen Gesetzen nachziehen. Der Freistaat Sachsen hat es als erstes Bundesland vorgemacht, in anderen Ländern sind Entwürfe oder zumindest Eckpunkte-papiere vorhanden. Wenn einige Länder meinen, ein E-Gover-nment-Gesetz sei nicht erforderlich, ist dies für IT-Dienstleister, die auch überregional tätig sind, dagegen keine gute Botschaft. Denn sie werden ihre Lösungen an jeweils unterschiedliche Rahmenbedingungen anpassen müssen: Was in einem Bundes-land rechtlich zulässig ist, bleibt gegebenenfalls in einem ande-ren in der juristischen Grauzone oder ist gar unzulässig. Auch Landesregelungen, die sich stark von den Inhalten des Bundes-gesetzes unterscheiden, wären mit Aufwand verbunden, und der Flickenteppich im E-Government wäre prognostizierbar. Daher plädieren die kommunalen IT-Dienstleister an die Län-der, dafür Sorge zu tragen, dass flächendeckend möglichst ähn-liche Regelungen zu E-Government entstehen. Nur so gibt es Handlungssicherheit für die IT-Dienstleister, aber auch für regi-onal oder national tätige Unternehmen, die kaum erträumen, sich in immer anderen Rechtsräumen bewegen zu müssen.

Trotz allem: Das EGovG des Bundes hat mit seinem Ermögli-chungscharakter neue Energien für E-Government und Open Data freigesetzt, auch bei Kommunen und ihren IT-Dienstleis-tern. Wie erpicht die Städte und Gemeinden auf Information und Klarheit waren, zeigten die Regionalkonferenzen, die Vi-tako gemeinsam mit dem BMI durchgeführt hat. Insgesamt in-

formierten sich über 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer über das Gesetz und die anderen Bundesaktivitäten.

Es kommt jetzt entscheidend darauf an, dass die Verwaltungen einen langen Atem haben und akzeptieren, dass „erst investie-ren, dann kassieren“ handlungsleitend sein muss: Die Gestal-tung von medienbruchfreien Prozessen kostet Geld – bei Or-ganisation, Informationstechnik und Personal – und erfordert teils umfangreiche Verhaltensänderungen vor dem Einbringen der Rationalisierungsernte. Des Weiteren erkennen nicht alle Bürger und Betriebe sofort den Nutzen der digitalen Verwal-tung. Schließlich fehlen noch Regelungen besonders auf Lan-desebene und auch in Fachgesetzen von Bund und Ländern. Dies alles braucht seine Zeit, Geduld und Überzeugungskraft.

Gesetze überprüfenVon zentraler Bedeutung ist die Auseinandersetzung mit for-malen Anforderungen, besonders denen zum persönlichen Erscheinen und zur Schriftform. Der Bund hat ein Normenscreening ge-startet, das allein etwa 4.000 bundes-gesetzliche Regelungen auf den Prüf-stand stellt. Hoffentlich mit anderen Ergebnissen als bei gleichen Vorgang um die EG-Dienstleistungsrichtlinie, bei dem am Ende die meisten Rege-lungen weiterhin Bestand hatten. Vitako beteiligt sich, soweit die Rege-lungen die Kommunen betreffen. Mut zum Abschneiden alter Zöpfe, Fanta-sie zum Ausprobieren elektronischer Lösungen: Damit will Vitako punkten und dem Bundesministerium des In-nern sowie den Fachressorts Anregun-gen für Entbürokratisierung geben.

Diese Überprüfung auf Bundessei-te sollte für die Kommunen Vorbild sein: Denn auch die Städte und Gemeinden haben zahlreiche Vorschriften zur Schriftform in eigener Verantwortung – mit welchen Implikationen, hat Vitako mit der „Positivliste“ nach-gewiesen. Jedes Formular mit Unterschriftsfeld schafft zumin-dest ein gefühltes Schriftformerfordernis, auch wenn es da-für überhaupt keine Rechtsgrundlage gibt. Die kommunalen IT-Dienstleister sehen hier einen dringenden Reformbedarf, weil all diese selbst gemachten Regelungen Hindernisse für medienbruchfreie E-Government-Prozesse darstellen.

Klarheit: Wo ist die Schriftform im Gesetz noch vorgeschrieben?

Page 8: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

83|2014

\ ZWISCHENBILANZ E-GOVERNMENT-GESETZ

Peter Kühne ist Vorstandsvorsitzender der Vitako und Geschäftsführer der Lecos GmbH, Leipzig.

Doch die IT-Dienstleister werden nicht nur reagieren: Vitako hat das Projekt „Negativliste E-Government-Prozesse“ aufge-legt, in dem zunächst bei einigen kommunalen Leistungen eine Art Normenscreening erfolgt. Die – zunächst – Vorstudie soll E-Government-hinderliche Regelungen aufspüren und Vorschläge zur denkbaren Ausgestaltung des Rechtsrahmens machen. Zudem wird eine kleine Projektgruppe Soll-Referenz-prozesse zur Umsetzung der Leistungen als E-Government-Ser-vice beschreiben und einen Soll-Ist-Vergleich auf Prozesskos-tenbasis durchführen. Denn nur so werden die Effekte einer ernsthaften Überprüfung der Rechtsvorschriften ersichtlich. Geplant ist, die dabei entwickelte Methode auf weitere kom-munale Fachverfahren auszudehnen.

Nicht zu zentralAlso: Es gibt noch viel zu tun bei E-Government – nicht nur bei der Nutzung der neuen Rahmenbedingungen, sondern auch

bezogen auf die Definition von guten E-Government-Services für den Bürger und die Wirtschaft. Von Vertretern des Bun-des oder auch der Länder ist immer wieder zu hören, es sei im Sinne von Bürgern und Unternehmen geboten, dass diese an einer Stelle – in einem zentralen Portal – standardisierte E-Dienstleistungen abrufen können sollen. Welche - fatalen – Auswirkungen dies haben kann, zeigte das Konzept des Kraft-fahrtbundesamtes zu „iKfz“: Abmeldung eines Fahrzeuges aus-schließlich über ein zentrales Portal beim KBA, alle anderen Leistungen rund ums Fahrzeug über die dezentralen Portale der Kommunen.

Derartige Silo-Portale widersprechen dem in Kommunen seit langem realisierten Lebenslagenansatz: „rund ums Fahrzeug“, „rund um die Unternehmensgründung“, „rund um die Geburt“ – so bieten viele Verwaltungen seit Jahren ein integriertes An-gebot von E-Services an. Alles aus einer Hand an der richtigen Stelle muss die Maxime sein; nicht ein standardisiertes Silo für alle Nutzer, das aber an den Bedürfnissen der Nachfra-ger vorbeigeht. Es ist zu hoffen, dass Bund und Länder nicht einem aus kommunaler Sicht unnützen Standardisierungsge-danken nachjagen. Gelten doch für alle – auch ebenenüber-greifenden – E-Services die Aussagen des Eckpunktepapiers zur Digitalen Verwaltung 2020: „Ziele sind eine effiziente elektronische Verwaltungsarbeit im Bund und medienbruch- sowie barrierefreie digitale Verwaltungsverfahren, die sich an den Lebenslagen der Bürgerinnen und Bürger sowie dem Bedarf der Wirtschaft und nicht nur an Fachzuständigkeiten der Behörden orientieren.“ Die kommunalen IT-Dienstleister engagieren sich gemeinsam mit ihren Kunden im Interesse der Bürger und örtlichen/regionalen Betriebe für die Umsetzung dieses Gedankens. Standardisierung von Datenformaten, Ver-fahren und Prozessen ist in diesem Sinne, nicht aber eine Zen-tralisierung und Versäulung von partiellen E-Services.

Vor einem Jahr fragte Vitako im Editorial der Vitako aktuell: „Wir haben ein E-Government-Gesetz – und alle gehen hin?“ Damals war es zu hoffen, heute ist es gesichert: Auch wenn viele der Regelungen im E-Government-Gesetz des Bundes kei-

ne unmittelbare Wirksamkeit für Länder und Kommunen entfalten, ist doch ein Signal für E-Government in Deutschland gesetzt worden. Es tut sich was!

Planungen für E-Government-Gesetze auf Länderebene

1) Transparenzgesetz in Kraft2) arbeitet zunächst an Transparenzgesetz3) E-Government-Gesetz mit anderen Schwerpunkten seit 2009

Verabschiedetin Planung

in der Diskussionaktuell nicht geplant

11222 2

1)

2)

3)

Quelle: Vitako/eigene Recherche

Page 9: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

93|2014

\ ZWISCHENBILANZ E-GOVERNMENT-GESETZ

Michaela Lehnert ist Geschäftsbereichslei- terin Web Services beim Kommunalen Rechenzentrum Minden- Ravensberg/Lippe.

Grünes Licht: Ziel für die E-Government- Anstrengungen der Länder sind eigene Regelwerke

Klares Signal

Mit dem E-Government-Gesetz (EGovG) hat der Bund ein starkes Signal in Richtung ei-

ner kompletten Onlineverwaltung ge-setzt. Viele Bundesländer planen nun eigene E-Government-Gesetze auf Basis der Bundesregelungen. Auch für NRW liegt ein Eckpunktepapier vor und ist in der Beratung – unter anderem auch mit den kommunalen Spitzenverbänden auf Landesebene, die wiederum die kommu-nalen IT-Dienstleister einbeziehen.

In diesem Zusammenhang stellt das größte Bundesland auch Überlegungen an, die komplette Aktenführung bis Mit-te des kommenden Jahrzehnts zu digita-lisieren. Die Eckpunkte enthalten zudem Aussagen zu Open Data, der verbindli-chen Einführung einer elektronischen Be-zahlfunktion und der vollständigen Um-setzung der IT-Sicherheitsrichtlinie des IT-Planungsrates. „Die Daten sollen lau-fen, nicht die Bürger“ – dieser Anspruch findet sich in den Eckpunkten im Thema ‚Einrichtung von Bürgerkonten‘ wieder. In einer ersten Einschätzung formuliert Wolfgang Scherer (krz): „Der neue CIO in NRW hat eine gute Gesprächsgrundla-ge vorgelegt. Hartmut Beuß unterstreicht den Ansatz der Landesregierung, jetzt an vorderster Front bei der Umsetzung des neuen Gesetzes auf der Ebene der Länder dabei zu sein. Es gibt sicherlich noch viel Gesprächsbedarf, aber der Weg geht in die richtige Richtung.“

Intensive GesprächeDie kommunalen Spitzenverbände in Nordrhein-Westfalen und die regionalen

IT-Dienstleister haben das Angebot des Landes zum intensiven Dialog angenom-men. Die Frage der Finanzierung stand im gemeinsamen IT-Lenkungsausschuss der kommunalen Spitzenverbände in NRW nicht an erster Stelle. Vielmehr wurde das klare Signal gegeben, zu-nächst über die Einsparmöglichkeiten zu diskutieren, welche sich aus der Umset-zung des Landesgesetzes ergeben. Für die IT-Dienstleister des Landes sind ein-heitliche Standards im Datenschutz und der IT in den Rat- und Kreishäusern ein bedeutendes Thema. Denn Bürgerinnen und Bürger haben ebenso wie die lokale Wirtschaft einen Anspruch darauf, dass im öffentlichen Bereich die höchstmög-liche Verfügbarkeit mit dem höchst-möglichen Vertrauen in den korrekten Umgang mit persönlichen Daten einher-gehen. Die kommunalen IT-Dienstleister befassen sich seit Jahren mit dem The-ma E-Government. Dabei ermöglichen die bereits entwickelten Infrastrukturen den Kommunen, Prozesse im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten online ab-zuwickeln. Auch was die Anforderungen an die Informationssicherheit betrifft, sind die IT-Dienstleister gut aufgestellt. Zertifizierungen nach ISO 27001 oder BSI-Zertifizierungen nach ISO 27001 auf Basis von IT-Grundschutz sind vorhan-den oder in Arbeit.

Hindernis SchriftformStarkes Hemmnis für E-Government-An-gebote der Verwaltung ist nach wie vor die Vielzahl existierender oder gefühlter Schriftformerfordernisse. Das bis zum Inkrafttreten des E-Government-Geset-

zes des Bundes einzige elektronische Äquivalent, die qualifizierte elektroni-sche Signatur (QES), hat sich entgegen ursprünglicher Erwartungen in der Brei-te der Bevölkerung nicht durchsetzen können. Mit dem EGovG können jetzt als schriftformersetzende Instrumen-te der elektronische Personalausweis (eID-Funktion) und die De-Mail genutzt werden. Eine Reservierung der De-Mail-Domains haben bereits etliche kommu-nale IT-Dienstleister vorgenommen, so dass die Kommunen nur noch die Ein-führungsentscheidung treffen müssen.

Die weiteren Beratungen des Eckpunk-tepapiers des Landes NRW versprechen einen intensiven Dialog zwischen Kom-munen und Land. Auch der KDN als Zusammenschluss der meisten kommu-nalen IT-Dienstleister in Nordrhein-West-falen hat sich bereits grundsätzlich po-sitiv zu den Überlegungen des Landes geäußert. Es ist zu wünschen, dass Land und Kommunen in NRW bereits 2015 eine Grundlage haben, um gemeinsam zu handeln. Der Prozess der Entwick-lung eines Landes-E-Government-Geset-zes auf der Basis des Bundesgesetzes hat in NRW Fahrt aufgenommen. Die kom-munalen IT-Dienstleister werden sich ak-tiv in den Dialog einbringen.

Die Etablierung eines E-Government-Gesetzes auf Landesebene

verspricht Kommunen Kosteneinsparungen – die IT-Partner sind

vorbereitet.

Page 10: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

103|2014

\ ZWISCHENBILANZ E-GOVERNMENT-GESETZ

Knapp ein Jahr nach Inkrafttreten des E-Government-Gesetzes (EGo-vG) sind bereits einige Entwick-

lungen sichtbar: In kurzer Zeit wurden viele der gewünschten Impulse für die elektronische Verwaltung in Deutschland gesetzt. Die ersten Ergebnisse reichen von politischen Verankerungen im Bund über rechtliche Neuerungen in den Län-dern bis hin zum Anstoß neuer E-Gover-nment-Projekte im kommunalen Bereich. Aber dennoch ist an vielen Stellen wei-terhin Grundlagenarbeit erforderlich.

Neue ImpulseDie Koalitionsvereinbarung zwischen CDU, CSU und SPD enthält so viel „Di-gitales“ wie kein Koalitionsvertrag in der Geschichte der Bundesrepublik zuvor. Das erkennbare politische Mandat zeigt, dass auch E-Government kein reines Fachthema mehr ist, sondern nun dort steht, wo es hingehört: auf der politi-schen Tagesordnung. Die Umsetzung des EGovG ist fest im derzeit erarbeite-ten Regierungsprogramm „Digitale Ver-waltung 2020“ verankert und ist damit ein zentraler Baustein der Modernisie-rungsbemühungen des Bundes in dieser Legislaturperiode.

Die Aktivitäten in den Bundesländern zeigen zudem, dass die mit dem Gesetz getroffenen Richtungsentscheidungen, etwa zur elektronischen Akte oder zum Schriftformersatz, nun nach und nach ins Landesrecht umgesetzt werden. Hier ist inzwischen eine große Dynamik entstanden, so dass zahlreiche Länder, beispielsweise Sachsen, Berlin, Bayern

Neben dem politischen

Bekenntnis zum Wandel ist das

Gesetz auch eine Aufforderung

zu mehr Bereitschaft, tatsäch-

lich Veränderungen im Verwal-

tungshandeln vorzunehmen.

Bereitschaft zur VeränderungEin Jahr E-Government-Gesetz aus Sicht der Regierung

Page 11: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

113|2014

\ ZWISCHENBILANZ E-GOVERNMENT-GESETZ

Cornelia Rogall-Grothe ist Staatssekretärin im Bundesministerium des Innern und CIO des Bundes.

oder Baden-Württemberg, nicht nur die Regelungen des Verwaltungsverfahrens-rechts anpassen, sondern kurz- und mit-telfristig auch eigene Landes-E-Govern-ment-Gesetze planen.

In den Städten und Gemeinden wurden über Modellvorhaben mit Unterstützung des Bundes praktische Lösungen ange-stoßen. Dadurch ist neue Bewegung in das Themenfeld „kommunales E-Gover-nment“ gekommen. Die sieben durch-geführten Regionalkonferenzen hatten regelmäßig weit über 100 Teilnehmer. Ob Gütersloh, Cochem-Zell oder Düren: Viele Kommunen haben im vergangenen Jahr den gedanklichen Sprung vom „Ja, aber“ zum „Ja, weil“ gewagt und bieten moderne elektronische Bürgerdienste an.

BewährungsprobeSo sichtbar die Entwicklungen einerseits sind, so notwendig ist deren Fortgang in anderen Bereichen. Das politische Be-kenntnis zu E-Government steht im Bund wie in den Ländern vor einer erneuten Bewährungsprobe. Der Bund hat den Auf-trag, eine Grundlage für die anstehenden Aufgaben zu schaffen, die auch den fis-kalischen Fliehkräften des politischen All-tags standhält. Es sollte verhindert wer-den, dass Teile der im Koalitionsvertrag

als „notwendig“ bezeichneten Maßnah-men an der Realität der Haushaltskonso-lidierung und Fachegoismen zerschellen. Erfolgreiche Verwaltungsmodernisierung ist kein Wettbewerb der Worte, sondern ein fordernder Prozess, der Verände-rungsbereitschaft und eine Verabschie-dung vom Inseldenken erfordert.

Die Bundesländer stehen bei diesem The-ma gleichermaßen in der Verantwortung. Konkret bedeutet das: Ohne eine klare Entscheidung der Landesgesetzgeber bleibt flächendeckendes E-Government nur ein Muster mit vielen Färbungen. Die Erfahrung zeigt, attraktiv und nach-gefragt werden elektronische Verfahrens-alternativen vor allem dann, wenn sie einheitlich und unkompliziert sind. Die erforderliche Standardisierung ist nur ge-meinsam mit den Ländern und Kommu-nen herzustellen. Hier gibt es nichts zu delegieren. Hier gilt es, die Herausforde-rungen gemeinsam anzugehen.

Aktuell stellt sich der Bund der Heraus-forderung, Formerfordernisse abzubau-en, um die Komplexität elektronischer Verfahren zu verringern. Verfahrensbe-stimmungen wie die Schriftform oder das persönliche Erscheinen stehen der Reali-sierbarkeit von einfachen elektronischen

Verfahren entgegen. Es sind aber gerade solche Verfahren, die E-Government für eine Vielzahl von Nutzern anziehend machen. Der Schriftformabbau ist damit eine Weichenstellung für brauchbare Lö-sungen in den nächsten Jahren.

Das E-Government-Gesetz hat in Bund, Ländern und Kommunen neue Bewe-gung angestoßen. Die Einsicht setzt sich durch, dass mehr Standardisierung und mehr Zusammenarbeit nötig sind, da-mit die Verwaltung in der digitalen Welt ankommt. Der IT-Planungsrat muss sich dabei noch mehr als bisher als strategi-sches Planungsgremium begreifen. Die ehrgeizige Zielsetzung der Bundesregie-rung mit dem Koalitionsvertrag und der digitalen Agenda ist gut. Eine angemes-sene Ressourcenausstattung muss folgen. Denn auch bei der digitalen Verwaltung gilt: Mit warmen Worten kann man keine Wohnung heizen.

abfall.app

Ein Produkt der

Damit Ihre Bürger wissen, welche Abfalltonne sie an

welchem Wochentag im Monat - als Mieter oder

Eigentümer eines Hauses - rausstellen müssen.

Für weitere Informationen, sprechen Sie uns an.

www.regioit.de/kontakt

Heute schon wissen, was morgen raus muss.

www.regioit.de

Page 12: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

121|2014

\ ZWISCHENBILANZ E-GOVERNMENT-GESETZ

Der DIHK vermisst nach wie vor die Umsetzung der

Vorgaben des Bundesgesetzes auf der Landes- und der

kommunalen Ebene – denn hier bestehen die meisten

Kontaktpunkte.

Erwartungen der Wirtschaft an die Entwicklung im E-Government

Akute Wachstumsstörung

Was ist aber so kompliziert daran, die Regelungen der Artikel 1 und 3 des EGovG in Landesrecht zu übernehmen? Nichts, aber das liebe Geld spielt auf der Landesebene die entscheidende Rolle: Hier gilt echte Konnexität. Das führt momentan sogar dazu, dass Kommunen ihre E-Government-Planungen zu-rückstellen, um an den Geldgaben der Länder zu partizipieren. Dies ist ein fataler Zustand, weil die-ser Attentismus zu erheblichen Modernisierungsver-zögerungen führt. Wenn diese Zeit genutzt würde, um über organisatorische Fragen des zukünftigen Verwaltungshandelns nachzudenken, wäre sie nicht verschwendet, denn die Digitalisierung der Ver-waltung macht allein keine moderne Verwaltung aus. Vor dem Hintergrund der demografischen Ent-wicklung der Verwaltung und der chronisch leeren Kassen der Kommunen ist über Aufgabenteilungen, Shared Services und Schwerpunktbildungen nach-zudenken. Auch das sind Folgen des E-Govern-ment-Gesetzes, auf die die Wirtschaft eine Antwort erwartet. Die Qualität der Leistungen muss Vorrang davor haben, dass jede Verwaltung sie – irgendwie – anbietet.

Positive Aussichten?Das E-Government-Gesetz ist die Basis für eine durchgängige Digitalisierung der Verwaltung. Umso mehr erstaunen Interpretationen des Gesetzes, nach denen beispielsweise die elektronische Bekanntga-be der Kontonummer bereits die Anforderungen an elektronisches Bezahlen erfüllt. Dies widerspricht dem Sinn und Zweck des Gesetzes, ja der gesamten Regelungen, die medienbruchfreie Verwaltungsab-läufe einfordern. Gemeint sind von der Information über Beantragung und Bescheidung bis zur Bezah-lung sämtliche Schritte eines Verwaltungskontaktes zwischen Unternehmen und Administration.

Daher ist zu begrüßen, dass der IT-Planungsrat im Rahmen der Digitalen Verwaltung 2020 sowohl Standards für die Verwaltungsan-wendungen setzen als auch dafür Sorge tragen will, Insellösungen beziehungsweise Eigenentwick-

Das „Kind“ E-Government-Gesetz (EGovG) des Bundes wird ein Jahr alt. Ob es aus Sicht der Wirtschaft prächtig gedeiht oder seine Ent-wicklung eher Sorgen bereitet, ist keine Ja/nein-Frage. Das E-Go-

vernment-Gesetz des Bundes steht im Folgenden als Kurzbezeichnung für die vielen Änderungen des Gesetzes „zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften“. Mit vielen Mühen wurde das Regelwerk kurz vor Ende der 17. Legislaturperiode verabschie-det und verkündet. Bis zum Schluss gab es grundlegende Bedenken. Die Bundesländer sahen sich gesetzlich zur Digitalisierung von Verwaltungs-prozessen verpflichtet und das mit relativ kurzen Übergangsfristen. Der dringende Hinweis auf Kostenübernahme wurde zwar vom Bund zurück-gewiesen, zeigt aber das generelle Problem bei weiteren Digitalisierungs-regelungen auf.

Mehr Schwung nötigAnwender und Anbieter von E-Government-Leistungen hatten sich von Beginn an positiv zu der Absicht eines Bundesgesetzes geäußert. Ist doch eine moderne Verwaltung ein wesentlicher Standortfaktor für Deutsch-lands Wirtschaft. Die Digitalisierung zwischen Unternehmen unterein-ander sowie zwischen den Firmen und ihren Kunden nimmt rapide zu. Damit steigen auch die Anforderungen von Betrieben und Bürgern an die Verwaltung, mit ihr nicht nur elektronisch zu kommunizieren, sondern auch medienbruchfrei Transaktionen durchführen zu können. Die Grund-lage hierfür liefert nun das EGovG, dabei insbesondere die Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes mit den technischen Möglichkeiten, Schriftformerfordernisse zu ersetzen.

Ist also das Kleinkind E-Government-Gesetz auf einem guten Entwick-lungsweg? Nüchtern betrachtet eher nein – es wächst nicht recht und sprechen kann es auch noch nicht. Denn dass der Bund ein solches Gesetz hat, mag positiv sein, die Unternehmen – genauso die Bürger – kommuni-zieren aber eher mit der kommunalen Ebene. Für die Digitalisierung dort benötigen wir aber Landesregelungen, die die Richtlinien des Bundesver-waltungsverfahrensgesetzes übernehmen. So ist es zwischen Bund und Ländern jahrzehntelange Tradition. Jedoch hat noch kein Bundesland ein entsprechendes Gesetz verabschiedet – Ausnahmen sind die Bundeslän-der mit dynamischer Verweisung auf das Bundesgesetz.

123|2014

Page 13: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

131|2014

\ ZWISCHENBILANZ E-GOVERNMENT-GESETZ

lungen möglichst zu verhindern. Denn hier liegt ein erhebliches Einsparpotenzial für die öffentliche Verwaltung, was die Kosten für die Digitalisierung insgesamt angeht. Die weitere Idee einer geografi-schen Auflistung der bereits in der Anwendung be-findlichen elektronischen Verwaltungsprozesse ist ebenfalls sinnvoll. Denn sowohl Unternehmen als auch Bürger sind nicht ausreichend darüber infor-miert, welche Verwaltungsleistungen sie schon „per Mausklick“ nutzen können.

Annette Karstedt-Meierrieks ist Leiterin des Referats Wirtschaftsver-waltungsrecht,Öffentliches Auftrags-wesen, Datenschutz beim DIHK.

Unterschiedliche ErwartungenIst die Wirtschaft als ein monolithischer Block zu sehen? Gibt es Unter-schiede zwischen großen, mittleren und kleineren Unternehmen? Die bis-herigen Erfahrungen zeigen, dass KMU die elektronischen Angebote der Verwaltung eher schneller nutzen als große Unternehmen. Hohe Sicher-heitsanforderungen an betriebsfremde Anwendungen und die interne organisatorische Abbildung - zum Beispiel von elektronischen Bezahlvor-gängen – bedeuten häufig Hürden für Konzerne bei der Nutzung elektro-nischer Verwaltungsprozesse. Daher ist die hier und da geäußerte Pflicht zur Rücksichtnahme auf die KMU eher ein vorgeschobenes Argument, als dass es in der Realität zutrifft.

Nächste SchritteDas im E-Government inzidenter angelegte Normenscreening zum Schrift-formerfordernis steht momentan auf der Agenda. Es ist ein weiterer wesentlicher Schritt zur Erleichterung elektronischer Prozesse mit den Unternehmen. Zu hoffen bleibt, dass das Beharrungsvermögen der Fach-verwaltungen nicht den Schwung des Gesetzes zunichte macht. Gleiches gilt für die Entlastung der Unternehmen durch vereinfachte Verfahren zur Erfüllung von Informations- und Berichtspflichten. Ob die Methode P23r oder anders heißt, ist dabei nebensächlich. Die Hauptverursacher von Bürokratiekosten, die das Statistische Bundesamt im Rahmen der Stan-dardkostenmodellmessung identifiziert hat, benötigen E-Government-Lö-sungen – im Übrigen auch zum Nutzen der Verwaltung, denn sowohl die Pünktlichkeit als auch die Datenqualität würden sich erheblich verbessern. Insgesamt muss der politische Wille deutlich werden, dass eine moderne Verwaltung für Deutschland ein unverzichtbarer Faktor ist. Die Modernität beschränkt sich aber nicht nur auf die Digitalisierung von Prozessen, sondern umfasst intelligente Lösun-gen für das Verwaltungshandeln.

13 3|2014

Page 14: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

\ ZWISCHENBILANZ E-GOVERNMENT-GESETZ

143|2014

Im Freistaat ist E-Government Chefsache

Bayerische Perspektiven

E-Government und die damit verbundene Verwaltungsmo-dernisierung hat in Bayern einen neuen Schub bekom-men. Finanzminister Dr. Markus Söder hat das Thema,

bislang bundesweit einmalig, zur Chefsache gemacht. Das er-klärte Ziel in diesem Bereich ist in den nächsten Jahren – ne-ben einer Digitalisierung Bayerns durch einen forcierten Breit-bandausbau und der Stärkung von Datenschutz und Datensicherheit – insbesondere der weitere Ausbau der landes-weiten E-Government-Infrastruktur.

Eigenes Gesetz Mit der nun anstehenden Umsetzung des E-Government-Ge-setzes in bayerisches Landesrecht und einer bayernweiten Nutzung des Bürgerkontos erfolgen aktuell grundlegende Wei-chenstellungen. Der Freistaat trifft derzeit konkrete Vorberei-tungen, allen bayerischen Kommunen Basiskomponenten für Authentifizierung, Kommunikation und elektronische Bezah-lung kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Alle Bürger können dann über ein einziges Bürgerkonto elektronische Behörden-dienste des Freistaates und der Kommunen nutzen. Auch wenn es bislang noch keine endgültigen Festlegungen gibt, soll das bayerische E-Government-Gesetz über die bundesrechtlichen Regelungen hinaus den Behörden mehr Handlungssicherheit

verschaffen. Ein Innovationsschub wird insbesondere von lan-deseinheitlichen Regelungen zur elektronischen Kommunikati-on mit der Verwaltung, dem elektronischen Bezahlen und der digitalen Authentifikation erwartet.

Unabhängig davon wird der Vorschlag von Finanzminister Söder zur elektronischen Stimmabgabe mit dem neuen Perso-nalausweis bei Bürgerbefragungen in Bayern weiter verfolgt und dürfte in der Folge auch über Bayern hinaus Bedeutung erlangen. Das federführende Finanzministerium arbeitet eng mit den Kommunen und den kommunalen Spitzenverbänden als deren Vertreter sowie der AKDB im Rahmen des bayeri-schen E-Government-Paktes zusammen, um dieses und andere Themen weiter voranzubringen.

Weniger Bürgerresonanz?Laut E-Government-Monitor 2013 finden die Onlineangebote der Ämter und Behörden derzeit in der Tat noch wenig Reso-nanz. Deshalb muss die öffentliche Verwaltung ihre elektro-nischen Dienste in der Qualität bereitstellen, die Bürger mitt-lerweile von Wirtschaftsunternehmen gewohnt sind. Dabei ist das Manko zu beobachten, dass das Angebot oftmals noch auf einzelne Dienste und punktuelle Lösungen beschränkt ist – an-stelle eines einheitlichen, übergreifenden und durchgängigen Dienstekataloges, der es Bürgern erlaubt, einfach und komfor-tabel ihre Anliegen an die Verwaltung zu richten. Dass diese bereit sind, innovative Themen aufzunehmen, zeigt beispiels-weise die Aktivierungsquote der eID-Funktion des neuen Per-sonalausweises mit über 70 Prozent in Ingolstadt: Das dortige Bürgerservice-Portal bietet einen echten Nutzen. Dem stehen nur 30 Prozent Aktivierungsquote in vielen anderen deutschen Städten gegenüber.

Einheitliche Regelungen für die Landes- und

Kommunalverwaltungen eines Bundeslandes

haben klare Vorteile, erlauben sie doch univer-

sell einsetzbare IT-Lösungen.

Page 15: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

\ ZWISCHENBILANZ E-GOVERNMENT-GESETZ

153|2014

Praxisorientierte Lösungen im EinsatzUnabhängig vom E-Government-Gesetz gibt es schon jetzt Lösungen, die den Anforderungen der Praxis und der Bürger gleichermaßen entsprechen. Das Bürgerservice-Portal aus Bay-ern setzen mittlerweile über 150 Kommunen in und außerhalb Bayerns ein, Tendenz steigend. Herausragendes Merkmal ist dabei das Bürgerkonto – der Anwender kann über einen einzi-gen Zugang die Services verschiedener Einrichtungen nutzen, ohne sich hierfür mehrfach anmelden zu müssen. Auch in der Landeshauptstadt München stehen beide Dienste zur Verfü-gung. Damit können mittlerweile über drei Millionen bayeri-sche Bürger Amtsgänge bequem und sicher online erledigen und bayernweit auch Angebote anderer Städte und Gemein-den oder des Freistaates nutzen.

Trend Cloud-Computing Das Potenzial von Cloud-Computing zeigt sich eindrucksvoll anhand der Bürgerservice-Portalplattform. Mittlerweile nutzt eine enorme Bandbreite von Behörden dieses Tool, angefan-gen von der kleinen, einige hundert Einwohner umfassenden Kommune über Kreise und kreisfreie Städte mit hunderttau-senden Einwohnern bis hin zu staatlichen Behörden, die ihre Dienste landes- und bundesweit bereitstellen. So bietet etwa das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) die Ausweisauskunft für alle Bürger in ganz Deutschland auf Grundlage des Bürgerservice-Portals an. Selbstverständlich hat dabei jede Behörde die Entscheidungsfreiheit über die Art der von ihr angebotenen fachlichen Dienste, die individuelle Gestaltung von Layout und Texten sowie die Identifizierungs- und Bezahlmöglichkeiten. Um technische und organisatori-sche Fragen in Bezug auf Ressourcen, Verfügbarkeit oder Da-tenschutz und Datensicherheit des Onlineportals muss sich die

jeweilige Verwaltung dagegen nicht mehr kümmern. Da die Verarbeitung von sensiblen Daten der öffentlichen Hand durch Dritte sehr engen rechtlichen Grenzen unterliegt und häufig nur in einem öffentlich-rechtlichen Rechenzentrum erfolgen darf, sind kommunale IT-Dienstleister hier Partner der Wahl. Eine Zertifizierung des Rechenzentrums nach ISO 27001 auf der Basis des BSI-Grundschutzes schafft darüber hinaus zu-sätzliches Vertrauen in den Datenschutz.

PerspektivenOhne Zweifel nehmen die Herausforderungen an die kommu-nale IT weiter zu. Mobilität, Virtualisierung und Vernetzung steigern einerseits die technische Komplexität, andererseits setzen die Anforderungen des Gesetzgebers, der Kommunen und der Bürger eine stetige Modernisierung voraus. Die Erfah-rungen mit dem Bürgerservice-Portal zeigen, dass eine hohe Nachfrage nach solchen Angeboten besteht, die diese Anforde-rungen in Form einer Cloud-Lösung optimal erfüllen. So müs-sen sich aktuell etwa die Kfz-Zulassungsbehörden entschei-den, ob sie zukünftig bestimmte Kfz-Online-Dienste in ihrem kommunalen Portal anbieten oder hierfür ein zentrales Portal des Kraftfahrt-Bundesamtes nutzen möchten. Notwendig sind dabei unter anderem eine elektronische Bezahlfunktion sowie eine sichere elektronische Authentifizierung. Ein Bürgerser-

vice-Portal wie das dargestellte ist hier eine schnelle und einfache Lösung.

Alexander Schroth ist Vorstandsvorsitzender der AKDB.

Chiemsee-Idylle: Im Freistaat soll es möglichst bald die richtigen Aussichten für zukunftsfähiges E-Government geben

Page 16: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

\ ZWISCHENBILANZ E-GOVERNMENT-GESETZ

163|2014

Die Bundesregierung will sich im Sommer selbst eine Digitale Agenda verordnen. Ziel: Deutschland endgültig in das Zeitalter der

Informationsgesellschaft zu führen. Die drei zustän-digen Ministerien – das Bundesinnenministerium, das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundes-ministerium für Verkehr und Infrastruktur – arbeiten bereits an entsprechenden Konzepten. Bundesin-nenminister Thomas de Maizière will zudem bereits im Sommer einen Entwurf für ein Regierungspro-gramm „Digitale Verwaltung 2020“ vorlegen.

Ende März diesen Jahres hat der Branchenverband BITKOM für die IT-Wirtschaft eine Position im öf-fentlichen Diskurs zur Informationstechnologie formuliert. Die Strategie konzentriert sich auf drei Fragestellungen:

Wie lassen sich Innovationen „Made in Germany“ besser als bisher fördern? Wie lassen sich Vertrauen und Sicherheit dauer-haft gewährleisten? Welche Infrastrukturen braucht Deutschland zum Aufbau von intelligenten Netzen für Verwaltung, Gesundheit, Bildung, Verkehr und Energie?

Die NSA-Affäre bleibt für den öffentlichen IT-Markt nicht folgenlos und hat in Deutschland die Verga-beverfahren erreicht. Ende April hat das Bundesin-

Das neue Regierungsprogramm Digita-

le Verwaltung 2020 muss die mit dem

E-Government-Gesetz geschaffenen

Grundlagen für Kooperationen zwi-

schen Unternehmen und Verwaltung

weiterentwickeln.

nenministerium eine innerdienstliche Weisung an alle nachgeordneten Behörden veröffentlicht, die Ausschreibungen durchführen. Die soge-nannte „No-Spy-Garantie“ sieht vor, bei allen sicherheitsrelevanten öf-fentlichen Aufträgen von den Unternehmen eine Erklärung zu verlangen, dass sie zur Herausgabe vertraulicher Daten an Dritte nicht gesetzlich oder vertraglich verpflichtet sind. Zudem sollen die Anbieter auch zusi-chern, dass sie rechtlich und tatsächlich in der Lage sind, die Vertraulich-keit der Daten zu schützen.

Es ist gut und richtig, dass die öffentliche Verwaltung weiterdenkt und die Anbieter in die Pflicht nimmt. Nur so ist das Vertrauen der Bevölkerung in einen effektiven und nachhaltigen Datenschutz durch die Behörden und sonstigen Einrichtungen der öffentlichen Hand aufrecht zu erhalten. Deutsche Ämter haben einen guten Ruf, was die Datensicherheit betrifft, und das soll und muss so bleiben. Somit ist klar, dass die Bundesregierung ein Höchstmaß an Sicherheit für ihre IT- und Kommunikationssysteme zu garantieren hat. Aber im Detail könnte es passieren, dass zu viele Unter-nehmen bei bestimmten Ausschreibungen außen vor bleiben, jedenfalls dann, wenn die Erklärungen zu pauschal und zu weitreichend sind. Denn nach aktueller Lesart sind alle Unternehmen betroffen, die verbundene Töchter- oder Mutterunternehmen im Ausland haben. Zudem kann im internationalen IT-Geschäft kaum ein Unternehmen umfassend für alle Komponenten, die eingesetzt werden, einstehen. Die Diskussion zur Si-cherheitslücke bei dem Open-Source-Standard Open SSL hat das vor zwei Monaten überdeutlich gemacht. Und noch eins muss klar sein: Eine pauschale Erklärung alleine reicht nicht aus. Mindestens genauso wichtig ist, dass sich Auftraggeber darüber klar sind, wie viel Sicherheit in der konkreten Ausschreibung angemessen und erforderlich ist. So verstanden kann eine Eigenerklärung weiterhelfen, das Vertrauen in die Sicherheit

Partner gesuchtWirtschaft bereit zu intensiver Zusammenarbeit

Page 17: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

\ ZWISCHENBILANZ E-GOVERNMENT-GESETZ

173|2014

Dr. Pablo Mentzinis ist Bereichsleiter Public Sector beim Branchenverband BITKOM.

unserer Verwaltungs-IT zu gewährleisten. Hieran sollten alle Beteiligten gemeinsam arbeiten. Die BITKOM-Geschäftsstelle hat erste Schritte un-ternommen, einen Dialog mit Ministerium und Auftraggebern zu starten.

Stagnierende NutzungBeim Intelligenten Verwaltungsnetz ist das Angebot digitaler Bürger-dienste umfangreicher und besser geworden. Seit letztem Jahr besteht mit dem E-Government-Gesetz des Bundes und den nun anstehenden E-Government-Gesetzen in den Ländern eine solide Grundlage. Dennoch stagniert in Deutschland die Nutzung digitaler Verwaltungsangebote. 2013 luden sich 49 Prozent aller Bundesbürger über das Internet amtli-che Formulare herunter, schickten Anträge an Behörden oder baten um Auskunft. Das sind nicht mehr und nicht weniger als 2009. E-Government tritt damit trotz steigender Anwendungszahlen seit vier Jahren auf der Stelle. Nach Angaben der EU-Statistikbehörde Eurostat liegt Deutschland bei der Nutzung von E-Government-Angeboten gerade einmal auf Rang 9 aller EU-Mitglieder. Spitzenreiter ist Dänemark. Dort verwenden mitt-lerweile 85 Prozent der Einwohner solche Dienste, es gab eine deutliche Steigerung innerhalb weniger Jahre. Der Trend ist also an der Hälfte der Bevölkerung vorbei gegangen.

Ressortübergreifend denkenWas ist zu tun? Das neue Regierungsprogramm Digitale Verwaltung 2020 muss die Rahmenbedingungen weiterentwickeln. Das wurde schon im Ko-alitionsvertrag vereinbart. Ganz vorne auf der Liste stehen die Schriftfor-merfordernisse. Und das ist nicht gerade eine leichte Aufgabe. Allein auf Bundesebene bestehen 3.500 Regelungen, die eine Schriftform anordnen. Hier muss nun im Einzelnen geprüft werden, ob zu Beweiszwecken, zur Warnzwecken oder aus anderen Gründen die Unterschrift auch weiterhin

zwingend erforderlich ist oder ob nicht Onlinefor-mulare ausreichen. Aber wichtig ist vor allem: Ne-ben dem federführenden BMI müssen sich auch alle anderen fachlich zuständigen Ressorts mit Rat und Tat beteiligen, da auch zahlreiche Fachgesetze ent-sprechende Vorschriften enthalten. Hierauf sollten sich die anderen Ressorts im Regierungsprogramm Digitale Verwaltung gemeinsam verständigen. Die im Koalitionsvertrag bereits vereinbarten Moder-nisierungsansätze wie Behördenrufnummer D 115 oder Top-100-Verwaltungsdienstleistungen online sollten enthalten sein. Und es ist nicht zu vermei-den, hier auch einmal über Geld zu sprechen.

Finanzielle AusstattungDas E-Government-Gesetz des Bundes plant schließ-lich die Einführung elektronischer Akten in der Bundesverwaltung. Aber bisher stehen beim BMI keine nennenswerten Haushaltsmittel zur Einfüh-rung der elektronischen Akte bereit. Um die Einspa-reffekte durch Dokumentenmanagement-Systeme und elektronische Vorgangsbearbeitung zu errei-chen, sind Investitionen für den gesamten Bund in Höhe von etwa 250 Millionen Euro erforderlich. Mit dem bisher geplanten einstelligen Millionenbetrag lässt sich das Ziel nicht realisieren. Zudem gilt es zu vermeiden, dass jedes Ressort seine eigene Akte aufbaut. Denn das wird teuer und schafft neue In-teroperabilitätsprobleme. Um eine ressortübergrei-fende Koordinierung zu schaffen ist zu empfehlen, die Haushaltsmittel der einzelnen Ressorts für das Projekt in einem übergreifenden Fonds zu bün-deln. Falls das – aus welchen Gründen auch immer – nicht geht, wäre vielleicht eine strategische Part-nerschaft mit der IT-Wirtschaft sinnvoll. In der Ver-gangenheit haben IT-Unternehmen immer wieder belegt, dass wirtschaftliche Lösungen zum Beispiel in Form eines Betreibermodells möglich sind. Diese Chancen wurden aber in Deutschland in letzter Zeit

vernachlässigt.

Bereit: Die Wirtschaft hat bereits Lösungen auf Basis des E-Government-Gesetzes erarbeitet, die Verwaltung ist am Zug

Page 18: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

183|2014

\ ZWISCHENBILANZ E-GOVERNMENT-GESETZ

Dr. Andreas Coenen ist Kreisdirektor des Kreises Viersen und Verbandsvor-steher Kommunales Re-chenzentrum Niederrhein.

Sicherer Rahmen

Das einwohnerstärkste

Bundesland ist dabei,

mit einem eigenen

E-Government- Gesetz die

Verwaltungsmodernisie-

rung weiter voranzutreiben

und für die Kommunen

einfacher zu gestalten.

Auch nach über 40 Jahren IT-Einsatz in der öffentlichen Verwaltung ist eine Intensivierung der elektroni-

schen Abwicklung von Dienstleistungen der größte Hebel, um die Leistungserstel-lung weiter zu optimieren. Dabei ist das Streben nach mehr Effektivität und Effi-zienz im Verwaltungshandeln weiterhin durch die angespannte Situation öffentli-cher Haushalte getrieben. Immer spürba-rer sind auch die Auswirkungen des demo-grafischen Wandels, die innerhalb weniger Jahre zu einer Verringerung des Perso-nalkörpers der öffentlichen Hand führen. Eine zu erwartende weitere Steigerung der Komplexität der zu erledigenden Auf-gaben bei gleichbleibend hohen Erwartun-gen an Qualität für Bürger und Wirtschaft verschärft die Herausforderung zusätzlich.

Beachtlich ist der IT-Einsatz in der kom-munalen Verwaltung allerdings bereits heute: Praktisch jede Aufgabe in jeder Kommune in Nordrhein-Westfalen wird mit der Unterstützung einer IT-Lösung erledigt. Weitere Optimierungen sind von dieser Basis aus insbesondere durch drei Handlungsfelder möglich:

eine fachbereichs- und meist auch fach-verfahrensübergreifende Integration von Softwarelösungen, die aus Medienbrü-chen resultierende Effizienz- und Quali-tätsverluste minimiert; eine körperschaftsübergreifende Bünde-lung der Leistungserstellung insbesonde-re in der IT, um Skaleneffekte zu nutzen und fachliche Spezialisierung effektiv zu ermöglichen; eine verstärkte, unmittelbare und me-dienbruchfreie Einbeziehung externer Beteiligter der Verwaltungsdienstleistun-gen analog zu Entwicklungen in anderen Branchen.

Ein zukunftsgerichtetes E-Government- Gesetz für NRW sollte den vorgenannten Handlungsfeldern einen sicheren rechtli-chen Rahmen geben. In diesem Sinne sind folgende Eckpunkte des in NRW geplan-ten E-Government-Gesetzes als besonders zielführend zu bewerten:

eine Novellierung des Verwaltungsver-fahrensgesetzes NRW im Sinne einer Ablösung des Schriftformerfordernisses durch De-Mail beziehungsweise eine elektronische Identifizierungsmöglich-keit. Das erleichtert die medienbruch-freie Einbeziehung Dritter;

die Verpflichtung zu elektronischer Aktenführung unterstützt die Imple-mentierung fachverfahrens- und kör-perschaftsübergreifender medienbruch-freier Workflows; ein kommunal-staatlicher Kooperati-onsrat zur Abstimmung einer ebenen-übergreifenden Zusammenarbeit schafft durch die Verabredung von Interopera-bilitätsstandards neue Möglichkeiten für wechselseitige Verfahrensintegrationen.

Dass eine kommunal-staatliche Koope-ration im Bereich E-Government in NRW gelingen kann, zeigen zahlreiche erfolgrei-che Projekte im Land. Beispielhaft zu nen-nen sind das Meldeportal für Behörden, das gemeinsame Digitale Archiv und die vorgesehene Zusammenarbeit im Bereich der Schul-IT im Projekt Logineo NRW. Das gewachsene Vertrauen ist zudem eine Vo-raussetzung dafür, dass Eingriffe in die kommunale Selbstverwaltung nicht er-forderlich sind. So ist eine Optimierung der kommunalen Arbeitsabläufe bereits heute gängige Praxis. Die Entscheidungen über eine Implementierung von elektro-nischen Prozessen werden besser durch die Kommune unter Berücksichtigung der Gegebenheiten vor Ort als durch ein NRW-weites Gesetz geregelt. Das Land ist also – insbesondere dank der Initiative des neuen CIOs – auf einem vielversprechen-den Weg, ein zukunftsweisendes E-Gover-nment-Gesetz in guter Zusammenarbeit von Land und Kommunen zu entwickeln und konstruktiv umzusetzen.

Umfangreich: Landesgesetze zu E-Government müssen viele Bereiche abdecken

Page 19: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

193|2014

\ ZWISCHENBILANZ E-GOVERNMENT-GESETZ

Harald Lemke ist Sonderbeauftragter E-Government bei der Deutschen Post.

Erlebnis E-Government

Wie schnell die hehren Zielvorstellungen von der elektronischen

Verwaltung an ihre Grenzen stoßen, zeigt ein – unfreiwilliger –

Praxistest.

Dieser Text ist keine Glosse. Er schil-dert erlebte Realität aus dem Juni 2014, im Zeitalter von E-Govern-

ment. Der Kenner weiß: E-Government beinhaltet die Vereinfachung von Prozes-sen zur Kommunikation und Transaktion zwischen Behörden und Bürgern durch digitale Techniken. Theoretisch …

Schöner Hintergrund: Meine jüngste Tochter, in Neuseeland ansässig, hat ge-heiratet, ein Enkelsohn komplettiert das Glück. Das soll bei uns gefeiert werden. Ein Familienfest, auch mit den Eltern und Geschwistern des Schwiegersohns. Hier muss ich einfügen, dass sie Südaf-rikaner sind, in Kapstadt leben. Deshalb brauchen sie ein Visum. Und daher mein E-Government-Erlebnis.

Die Webseite www.hamburg.de infor-mierte mich über Besonderheiten bei der Einladung von Südafrikanern. Man müsse gegenüber der Behörde förmlich erklären, alle Kosten zu tragen, die sich aus Unterkunft, Verpflegung, etwaiger Krankenbehandlung und eventueller Abschiebung ergeben könnten. Hierfür sind Einkünfte nachzuweisen. Vorsorg-lich werde ich belehrt: Hartz IV- und BAföG-Empfänger dürfen keine Gäste einladen. Gestärkt durch so viel neues Wissen ging es mit E-Government weiter: Auf der Webseite ließ sich ein Termin mit dem Bezirksamt vereinbaren. Mitzubrin-gen seien Personalausweis, Gehaltsnach-weis und die Daten der Einzuladenden. Dieser hoheitliche Akt wird nur nach Vo-ranmeldung und persönlich ausgeführt! Hier war also Feierabend mit E-Govern-ment. Ich erschien minutengenau. Eine Amtsdame klärte mich auf, dass nur drei

kostenpflichtige „Verpflichtungserklärun-gen“ notwendig seien: eine für die Eltern und je eine für Bruder und Schwester des Schwiegersohns. Immerhin – die Eltern nicht einzeln und das Visum des Schwie-gersohns bleibt anerkannt. Sorgfältig prüfte die Dame meine Gehaltsabrech-nungen. Die Bonität reichte, weshalb sie drei doppelseitige Urkundenformulare hervor zauberte. Vieles wurde abgefragt, ich musste alles ausfüllen. Auch Name, Wohnort, Passnummer, Geburtsdatum und Geburtsort der angedachten Gäste. Geburtsort? Das stand nicht auf der Web-seite. Egal. Sie war unerbittlich: kein Ge-burtsort, keine Verpflichtungserklärung, keine Visa, keine Familienfeier. Ich: „Darf ich in Südafrika anrufen?“ Sie: „Wenn es schnell geht. Telefonieren ist hier nicht erlaubt!“ In Südafrika hob keiner ab. Die Dame: „Dann müssen Sie sich neu an-melden und wiederkommen.“ Ich: „Ich probiere es in Neuseeland.“ Die Dame: „Jetzt muss es aber wirklich schnell ge-hen. Ich kann den Vorgang in unserem System nicht offenhalten.“

Also den Schwiegersohn in Neuseeland aus dem Schlaf gerissen, Geburtsorte ab-gefragt, zurück an den Schalter, Formu-lare ausgefüllt. Die Dame nickte gnädig, fügte gefühlte hundert Stempel dazu und überreichte mir die jetzt behördlich abgesegneten „Verpflichtungsermäch-tigungen“. Ich: „Was soll ich damit?“ Dame: „Die schicken Sie per Post nach Südafrika. Die Eingeladenen können dann in der Botschaft das Visum bean-tragen.“ Ich (fassungslos): „Warum sen-det das Amt die Unterlagen nicht gleich zur Botschaft? Oder noch besser, warum läuft das innerhalb der Verwaltung nicht

elektronisch, E-Government sozusagen?“ Dame: „?!?“ Stattdessen wollte sie noch eine Unterschrift: Ich musste abzeich-nen, dass ich wegen dieser Einladung in der elektronischen (!) Visa-Warndatei gespeichert werde. Offensichtlich hat E-Government dann Priorität, wenn es um Überwachung der Bürger geht.

Später habe ich den Vorgang bei einem Kongress Mitgliedern des IT-Planungsra-tes erzählt. Deren Reaktion hat mich am meisten entsetzt. Kein Gedanke in Rich-tung Problemlösung. Kein „Das geht na-türlich überhaupt nicht, das ändern wir.“ Dafür musste ich hören: „Bedauerliche Einzelfälle, leider unabänderlich.“ Sagen die, die es ändern könnten und wenden sich lieber den großen Strategien zu. E-Government tritt bei uns seit 2009 auf der Stelle, wie BITKOM festgestellt hat. Mich wundert das nicht mehr, wenn un-sere vortreffliche Verwaltung den Bürger unverändert als Bittsteller und Briefträger für ihre eigenen Dokumente missbraucht und das nicht einmal als Problem versteht.

Nachtrag: Zur Vorlage bei der deutschen Botschaft in Kapstadt musste ich den neuen Verwandten noch eine Kopie mei-nes Personalausweises hinterherschicken (per E-Mail). Die musste zusätzlich zu den drei übersandten Prachtstücken ho-heitlicher Aufgabenwahrnehmung prä-

sentiert werden – sicher ist sicher ...

Page 20: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

203|2014

\ INNOVATION UND KOMMUNALVERWALTUNG

Die XöV-Standards definieren die fachliche Datenübertragung in der öffentlichen Verwaltung. OSCI-Transport, DVDV und Interme-diärskonzepte beschreiben die Übertragungsinfrastruktur. Jede

dieser Komponenten wird von Gremien unter dem Dach des IT-Planungs-rates oder einer Fachministerkonferenz verantwortet und begleitet. Aber wer kümmert sich darum, diese unterschiedlichen Ebenen in der Kom-munikation und praktischen Umsetzung zu verknüpfen? Wer spiegelt Er-fahrungen aus der Praxis an die verantwortlichen Gremien, damit dort Prozesse oder Strukturen optimiert werden können? Hier wirkt die Ar-beitsgemeinschaft der Clearingstellenbetreiber, kurz AG CSB.

Betrieb und Nutzung von OSCI basieren immer auf einem Zusammen-spiel von Recht, Organisation, Technik und Standards. 2005 verstärkte sich der Eindruck, dass die zum 1. Januar 2007 geplante Einführung der OSCI-Kommunikation im Meldewesen als erste Anwendung in diesem Kontext zwar intensiv jeweils innerhalb dieser Ebenen geplant und vor-bereitet wurde. Aber man erkannte – nicht zuletzt mangels eines ent-sprechenden Auftrags – keine praxisbezogene und übergreifende Abstim-

Der ZauberwürfelArbeitsgemeinschaft der Clearingstellen- betreiber kümmert sich um XöV

mung. Für das Zusammenspiel der verschiedenen Vorgaben und Festlegungen aus den einzelnen Be-reichen drängte sich zum damaligen Zeitpunkt eher das Bild eines starren Gordischen Knotens als die Beweglichkeit eines Zauberwürfels auf.

Aus diesen Überlegungen heraus gründeten Initia-toren aus Baden-Württemberg und Nordrhein-West-falen im November 2005 die AG CSB. Zielsetzungen waren und sind Wissensaustausch und gegenseitige Unterstützung im OSCI-Umfeld. Die AG CSB ist von Beginn an an offen für alle Betreiber einer entspre-chenden Infrastruktur auf Seiten der öffentlichen Hand und – eine in den Jahren immer wieder wahr-genommene Besonderheit – verfügt dabei über kein operatives Mandat.

Heute bildet die AG CSB mit derzeit rund 35 Mit-gliedsorganisationen die differenzierteste Aus-tauschplattform zu OSCI-Themen über alle föde-ralen und geografischen Ebenen hinweg. In ihr sind kommunale Rechenzentren und landesweite IT-Dienstleister genauso vertreten wie zentral auf-gestellte OSCI-Datenempfänger auf Bundesebene oder standardsetzende Einheiten. Die Arbeitsge-meinschaft bündelt Wissen, sammelt Erfahrungen, vermittelt Erkenntnisse und führt neue Prozessbe-teiligte in die komplexe Infrastruktur ein. Weiter-entwicklungen und neue Standards profitieren per-spektivisch von den Beratungen.

Es funktioniert!Die AG CSB treibt in Zusammenarbeit mit der KoSIT und den fachlichen Experten die Einführung und den Betrieb der XöV-Standards voran, so dass man heute gemeinsam auf deren Erfolgsgeschichte in der Innenverwaltung blicken kann. Ein typisches Vorge-hen zur Begleitung bei der Etablierung eines neuen OSCI-Dienstes besteht oft aus sieben Schritten:

Ohne operatives Mandat koordiniert ein loser Zusammen-

schluss verschiedenster Organisationen die praktische

Verknüpfung von Datenstandards und Übertragungs-

infrastruktur in der Verwaltung.

Erfolgsfaktoren der AG CSB

frühzeitige T hematisierung

Klärung der Zusammenhänge

pragmatischer Ansatz

unmittelbarer Nutzen

für Anwender

Praxisbezug Vielschichtigkeit

Wissenstransfer Vertrauen

kritisch, konstruktiv

offene diskussion

verschiedene technische

Szenarien

Sammeln und Weitergeben

von Informationen

aktives Hinzuziehen neuer

OSCI-Teilnehmer

Zusammenarbeit

keine Konkurrenz

keine finanziellen

Abhängigkeiten

Page 21: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

21

\ INNOVATION UND KOMMUNALVERWALTUNG

3|2014

1. Das neue Szenario wird identifiziert – sei es durch eine entsprechende rechtliche Grundlage oder auch schlicht durch Hörensagen. Hier bietet die Vielschichtigkeit der AG CSB eine hervorragende Wissensplattform. Sie ist in zahlreichen Gremien des IT-Planungsrates und der Innenverwaltung vernetzt.

2. Es wird ein erster Kontakt zum Dienstanbieter aufgenommen. Im besten Fall nimmt er an einer Sitzung teil.

3. Die Mitglieder bieten ihre Erfahrungen aus den verschiedenen OSCI-Rollen an.

4. Es entsteht ein Vertrauensverhältnis zwischen dem Dienstanbieter und der Arbeitsgemeinschaft.

5. Im Zuge der OSCI-Diensteinführung arbeiten die AG CSB und der Anbieter zusammen und tau-schen sich über ihr Vorgehen aus.

6. Der neue Dienst startet.7. Nach einer Qualitätssicherung erfolgt eine konti-

nuierliche Begleitung des Betriebs.

Große und kleine SchritteDie AG CSB kann für sich in Anspruch nehmen, zur reibungslosen und termingerechten Inbetrieb-nahme und Fortschreibung der Dienste in den

Frank Helmer arbeitet bei der citeq Münster im Stab der Betriebs-leitung und ist Stellvertretender Sprecher der AG CSB.

XöV-Standards der Innenverwaltung sowie bei zentralen Empfängern beigetragen zu haben. Das betrifft aber nicht nur das „große Ganze“ mit dem Betrieb für über 5.000 Städte, Gemeinden und Kreise sowie für die zentralen OSCI-Datenempfänger wie Deutsche Rente oder Bundesdrucke-rei, sondern auch kleine Schritte der Unterstützung: So gibt die AG CSB im laufenden Geschäft praktische Hinweise zu Verwendbarkeit und Ent-wicklung. Beispiele für diese unterstützende Funktion sind die Veröffent-lichung einer Checkliste insbesondere für die Kommunen zu den regel-mäßigen Zertifikatswechseln, die Anregung zur Festlegung der Fristen bei den Versionswechseln zweimal im Jahr und der Umgang mit technischen Besonderheiten wie beispielsweise den Signaturniveaus. Des Weiteren trägt die Arbeitsgemeinschaft dazu bei, die Vorteile und Synergien einer OSCI-Verwendung auch außerhalb der Innenverwaltung wahrzunehmen. Die Mitglieder nutzen die sich bietenden Gelegenheiten, die pragmati-schen Vorteile der Anwendung in anderen Ressorts oder regionalen Um-setzungen einzubringen. So trägt die AG CSB im achten Jahr der pro-duktiven OSCI-Nutzung dazu bei, dass die Inbetriebnahme eines neuen

Szenarios doch eher als Spiel mit dem Zauberwürfel denn als Kampf mit dem Gordischen Knoten gesehen werden kann.

www.bechtle.com Wer die besonderen Anforderungen öffentlicher Auftrag- geber erfüllen will, muss sie verstehen. Dazu gehört die Fähigkeit, über den eigenen Horizont hinauszublicken. Bechtle handelt vernetzt, mit klarem Fokus auf die Ziel-gruppe – und ist als anerkannter Partner öffentlicher Auf-traggeber etabliert. Europaweit.  

Die IT-Landschaft befindet sich im Wandel: Technologie verändert sich und mit ihr die Ansprüche der Kunden. Um hohe Ziele zu erreichen, brauchen öffentliche Auftraggeber einen starken IT-Partner, der herstellerunabhängig moderne, sichere und effiziente Lösungen anbietet. Und nie den Blick fürs Ganze verliert.

Geschäftsbereich Öffentliche AuftraggeberKarl-Heinz HeithausBranchenmanager [email protected]

Es geht immer ums Ganze.

SYHXXXX_ANZ_ÖA_Schwarm_180x122_01_2014.indd 1 10.01.14 15:47

Page 22: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

\ INNOVATION UND KOMMUNALVERWALTUNG

223|2014

Als Dr. Martin Lawrence Cooper im April 1973 auf der Sixth Avenue in New York mit einem Prototypen seines Arbeitgebers Motorola das erste Gespräch via Mobiltelefon führte, konnte er wohl kaum

ahnen, was aus dem 1,2 Kilogramm schweren „Knochen“ einmal werden würde. Seither hat sich nicht nur das Gewicht von Mobiltelefonen dra-matisch verändert: Die Vielfalt mobiler Endgeräte und deren Funktions-umfang sind exponentiell gewachsen, genauso wie die Übertragungsge-schwindigkeit und die Zahl der Nutzer. Nach einer Umfrage der Initiative D21 aus dem Jahr 2013 surfen 53 Prozent der Befragten mobil im Internet – Tendenz stark steigend. Der Zugang zum World Wide Web ist jederzeit und von jedem Ort aus möglich. Niemand ist mehr an den privaten oder dienstlichen PC gebunden.

Die Gründe dafür sind so vielfältig wie die Möglichkeiten: Menschen ver-netzen sich mit Freunden, Ideen und Inhalten; sie informieren und enga-gieren sich; sie kaufen ein und bringen Know-how zusammen. Aber sie set-zen es auch ein, um ihre Arbeitsprozesse zu verbessern, sich fortzubilden, Termine zu verwalten und Behördengänge zu ersetzen.

Mobile Government?Je alltäglicher die Nutzung der Smartphones im privaten Bereich ist, desto häufiger stellt sich auch die Frage nach einer Verwendung im beruflichen Umfeld. Während Unternehmen der Privatwirtschaft hier häufig schon Re-gelungen getroffen haben, tut sich die öffentliche Verwaltung noch schwer. Mobile Government ist daher zurzeit eher ein Schlagwort. Doch um was genau geht es dabei eigentlich? Eine besondere Form der mobilen Ver-waltung gab es bereits im Jahr 2003 in Berlin. Damals startete dort das preisgekrönte Projekt der Mobilen Bürgerdienste: Die Einwohner sollten nicht mehr zum Amt kommen, sondern das Amt kam mit einem Koffer zum Bürger. In diesem waren Notebook, Drucker, Chipkartenleser, Bezahl-terminal und Formulare, um etwa einen Wohnsitz umzumelden. Den Kof-fer gibt es in verschiedenen Ausprägungen noch heute – beispielsweise in Sachsen – doch seit 2003 hat sich die Technik weiterentwickelt. Wofür damals noch ein Koffer zum Transport nötig war, genügt heute eine kleine Tasche für einen Tablet-Computer. Für Behörden bieten diese Geräte eine große Chance auf dem Weg zur Verwaltung 2.0. Zum einen ermöglichen sie dem Bürger einen größeren Service, da seine Akten künftig jederzeit und von jedem Ort aus bearbeitet werden können. Darüber hinaus bleibt

Entdecke die Möglichkeiten!Mobile Government verlangt neue Denkmuster

In den Mittelpunkt neuer Prozessansätze gestellt, kann

mobiles Arbeiten eine zentrale Rolle bei der Verwaltungs-

modernisierung einnehmen.

Unabhängig: Arbeiten geht heute auch problemlos im Stadtpark

Page 23: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

\ INNOVATION UND KOMMUNALVERWALTUNG

233|2014

die Verwaltung so ein attraktiver Arbeit-geber mit flexiblen Arbeitsplatz- und Arbeitszeitmodellen. In Zeiten des de-mografischen Wandels und des Fachkräf-temangels ein absolutes Muss.

Doch geht es nicht nur darum, ob mo-bile Endgeräte genutzt werden. Es geht auch um das Wie und Womit. Immer mehr Menschen wollen am Arbeitsplatz das gleiche Gerät nutzen wie in ihrem privaten Alltag. Wer täglich privat sein Smartphone verwendet, möchte diese Vorzüge auch im Beruf haben und sich nicht umgewöhnen müssen. In der Wirt-schaft bereits vielfach Usus, macht dieser Trend unter dem Schlagwort Bring your own device (BYOD) zukünftig wohl auch vor der Verwaltung nicht Halt.

Neue HerausforderungenAber: Private Endgeräte im Beruf brin-gen auch einen höheren Administra-tions- und Sicherheitsaufwand mit sich. Wenn zum Beispiel Soldaten der Bundes-wehr im Auslandseinsatz oder Polizisten per WhatsApp oder ähnlichen Diensten chatten, können diese Daten auf frem-den Servern landen. Zudem können sich berufliche mit privaten Kontaktdaten mi-schen. Schulung und Aufklärung der Mit-arbeiter über die Verwendung von pri-vaten Geräten in der Verwaltungsarbeit sind daher unerlässlich. Die Lösung liegt in einem Mobile Device Management (MDM), das private und Unternehmens-daten sinnvoll trennt. Viele Anbieter haben speziell dafür verschlüsselte Con-tainersysteme entwickelt, bei denen alle betrieblichen Informationen separat auf dem Privatgerät gespeichert sind: Das umfasst beispielsweise ein eigenes Tele-fonbuch, einen eigenen E-Mail- Client für geschäftliche Nachrichten sowie einen eigenen Browser.

Mit den neuen Geräten kann sich das Verhältnis zwischen Verwaltung auf der einen Seite sowie Wirtschaft und Bür-gern auf der anderen Seite grundlegend ändern. Transparente Daten und effizi-ente Abläufe, am Nutzen von Bürgern und Unternehmen orientiert, stärken die gesellschaftliche Teilhabe. Gerade finan-

ziell unter Druck stehende Kommunen werden künftig darauf angewiesen sein, dass Bürger öffentliche Dienstleistungen er-bringen. Die daraus entstehenden datenschutz- und allgemein-rechtlichen Fragen gilt es bereits jetzt zu beantworten.

EinsatzgebieteZunächst liegt der Schwerpunkt von Mobile Government im Außendienst. Beispiele dafür sind das Ordnungs-, Umwelt- und Bauamt, aber auch der bereits erwähnte mobile Bürgerservice. In Kombination mit standortbezogenen Diensten sind darüber hinaus auch andere Wirkungsgebiete denkbar, etwa die Koordi-nation von Rettungsdiensten im Katastrophenfall.

Politik in der PflichtBei der Lektüre des neuen Koalitionsvertrages von CDU/CSU und SPD wird schnell deutlich: Der Vertrag bietet unter dem Stichwort „Digitale Agenda“ eine Menge richtiger Ansätze – auch zum Thema E-Government. Klar ist aber auch: Dem Ko-alitionsvertrag fehlt es am Weitsicht, wenn es um die Zukunft des Internet geht. Denn die ist vor allem eine mobile. Diesem Trend zum Trotz und obwohl Deutschland schon heute zu den Ländern mit der geringsten Nutzung der Möglichkeiten des Mobile Government zählt, findet sich im Koalitionsvertrag dazu keinerlei Strategie. Dabei lohnt es sich, über andere oder neue Prozesse nachzudenken, die durch den Einsatz von portablen Endgeräte entstehen. Andere Staaten haben es mit dem Credo „mobile first“ vorgemacht oder denken über Ansätze wie „mo-bile by default“ nach. Bei ihnen ist Mobile Government nicht die letzte Stufe einer Entwicklung, die beim Papierdokument beginnt, sondern der Ausgangspunkt aller Überlegungen. Pro-zesse werden aus Sicht mobiler Möglichkeiten neu gedacht – der Nutzer steht mit seinem Anliegen im Vordergrund.

Mobile Government wird daher der Antrieb für das klassische E-Government. Es geht um die Anerkennung der Möglichkei-ten, die sich durch den Einsatz portabler Geräte und deren Nut-zung für die Modernisierung der Verwaltung ergeben. Das ist durchaus als Aufforderung zu verstehen, über neue Prozesse nachzudenken und zu überlegen, wo mobiler Einsatz sinnvoll und zweckreich ist.

Mobile Government bietet den öffentlichen Einrichtungen zahlreiche Chancen auf dem Weg zur digital vernetzen Verwal-tung. So lassen sich für Bürger, die Wirtschaft und vor allem für die Behörden selbst einfache und dadurch nutzerfreundliche, sichere sowie effiziente Prozesse gestalten. Dies scheint mit

Blick auf die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen mehr als notwendig. Nun muss es daran gehen, die Potenzia-le zu heben und mit viel Kreativität neue und bessere Prozesse zu realisieren.

Dirk Arendt ist Director Government Affairs bei der Good Technology GmbH.

Page 24: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

\ INNOVATION UND KOMMUNALVERWALTUNG

3|2014

Katastrophen begegnet Deutschland seit jeher professionell. Routiniert er-stellen staatliche und karitative Orga-

nisationen Lagebilder, leiten Hilfsmaßnah-men ein und disponieren die Einsatzkräfte.

Verwaltungsstäbe und hauptamtliche Helfer machen indes zunehmend die Erfahrung, dass

Soziale Medien tausende Freiwillige mobili-sieren und damit das Katastrophenmanage-ment vor völlig neue und bislang wenig beachtete Herausforderungen stellen. So ge-

schehen im Verlauf des Junihochwassers 2013, währenddessen tausende Freiwillige mit Ent-

schlossenheit und Selbstverständlichkeit in den stark von Hochwasser- und Flutereignissen betroffenen Ländern – in

Sachsen-Anhalt, Bayern und Sachsen – spontane Unterstüt-zung leisteten. Diese Hilfseinsätze sind nicht Teil der „offiziellen

Dienstvorschriften zum Management von Katastrophenfällen“ und sie stehen – noch – in keinem Lehrbuch zum Katastrophenmanagement. Dennoch sind sie auf dem Weg, als Massenphänomen aller Wahrscheinlichkeit nach bedeutsame Innovationen in der Krisenbewältigung anzuregen.

Neue InformationsquellenBei großen Schadensfällen hieß es früher „Radio an!“, um aktuelle Informationen und Verhaltenshinweise zu erhalten. Dem Radio haben sich mittlerweile mit den Sozialen Medien Kanäle hinzugesellt, die durch ihre impliziten Möglichkeiten im Begriff sind, die klassischen Medien in relativ klar bestimmbaren Zielgruppen abzu-lösen. Gerade in Katastrophenfällen mit sich häufig ändernden Lagebildern spielen mobile Informations- und Kommunikationsgeräte ihren großen Vorteil aus: Daten und Fakten sind jederzeit und überall abzurufen, sind sofort verfügbar und sind einer unbegrenzt großen Anzahl von Nutzern über die Sozialen Medien bereitzustellen.

Wahrscheinlich waren bei der Hochwasserkatastrophe im Sommer 2013 so viele Smartphones „im Einsatz“ wie nie zuvor in einem vergleichbaren Ereignis. Dabei ging es den Bürgerinnen und Bürgern in erster Linie darum, „up to date“ zu sein und die aktuelle Entwicklung mitzuverfolgen. Besonders deutlich wurde das anhand der Zugriffszahlen auf die Informationsseiten zur Hochwasserlage des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft. Zu Spitzenzeiten wurden deren Inhalte bis zu 4,4 Millionen Mal innerhalb einer Stunde aufgerufen. Ein Fünftel der Besuche entfiel allein auf die Pegelseiten des Landeshochwasserzentrums.

Zudem führt das Internet aber auch zu einer völlig neuen Art des zivilgesellschaftli-chen Engagements. Das „Web 2.0“ wird nicht umsonst das „Mitmach-Netz“ genannt. So haben sich Tausende spontan im Netz zu Hilfsaktionen verabredet. Die Ursache für dieses Phänomen ist schnell ergründet: Jüngst verbreiteten sich Smartphones und Ta-blets fast explosionsartig. Die Anzahl der verkauften Smartphones in Deutschland stieg von 10,4 Millionen im Jahr 2010 auf 26,4 Millionen verkaufter Geräte im Jahr 2013.

Rettende VerbindungDie Nutzung Sozialer Medien im Katastrophenfall

Schutz und Hilfe bei Naturka-

tastrophen sind Kernelemente

staatlicher Daseinsvorsorge –

aber auch die Zivilgesellschaft

kann helfen, wie sich beim

Hochwasser 2013 in Sachsen

gezeigt hat.

24

Page 25: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

25

\ INNOVATION UND KOMMUNALVERWALTUNG

3|2014

Dr. Fritz Jaeckel ist Staatssekretär im Säch-sischen Staatsministe-rium für Umwelt und Landwirtschaft.

Parallel dazu nimmt die Nutzung Sozialer Medien zu. Dabei ist Facebook in Deutsch-land als Spitzenreiter nach wie vor ungeschlagen: 25 Millionen monatliche Nutzer, von denen 19 Millionen sogar täglich aktiv sind, zählte das Netzwerk Ende 2013.

Enormes PotenzialWährend des Junihochwassers 2013 waren die Solidarität unter den Menschen und der Wille zu helfen beeindruckend. Allein in Sachsen wurden mehr als 15 Face-book-Seiten aus privatem Engagement gegründet. Innerhalb von vier Tagen haben sich auf einigen dieser Seiten mehr als 50.000 „Fans“ beteiligt, um Unterstützungs-angebote und -gesuche zu koordinieren. Hoch im Kurs standen bei den Freiwilligen Verabredungen zum Sandsackbefüllen und Deich bauen, aber auch Verpflegung, Un-terkünfte und Kinderbetreuung wurden im Netz organisiert. Das Engagement von mehreren tausend spontanen Helfern war getragen von großer Solidarität und dem ehrlichen Wunsch, etwas tun zu wollen. Das ist angesichts vieler kritischer Äußerun-gen zum zurückgehenden zivilgesellschaftlichen Engagement eine sehr interessante Entwicklung. Im Katastrophenfall müssen sich staatliche Stellen auf dieses Phäno-men einstellen – nur wie?

Gefragt: Neue KonzepteNach der Arbeitshypothese, dass der Schlüssel zur erfolgreichen Krisenbewältigung in vergleichbaren Sachlagen nur in einem gemeinsamen, koordinierten Vorgehen liegt, gilt es zunächst vier Schwerpunkte vertiefter zu untersuchen. Zuerst ist die Motivation der spontanen Helfer zu ermitteln. Sodann sind die geeigneten Plattfor-men und ihre Leistungsfähigkeit für die gestellte Aufgabe zu identifizieren. Letztlich ist gemeinsam mit den Netzaktivisten eine virtuelle oder reale Institutionalisierung von Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten zu diskutieren und zu ent-scheiden. Ziel muss dabei immer das zur Katastrophenbewältigung notwendige Min-destmaß an Koordination sein. Es empfiehlt sich eine Verständigung und Erprobung vor einer Katastrophe. Doch damit sind die Möglichkeiten noch längst nicht ausge-schöpft. Die Erfahrungen aus weltweiten Katastrophen lehren, dass vor allem das „Crisis Mapping“ erheblich zur Lagebilderstellung beitragen kann. Die sogenannten „Crisis Mapper“ tragen über kurze Nachrichten oder Bilder Informationen zur aktu-ellen Situation zusammen. Eine interaktive Landkarte lokalisiert diese Angaben und bildet sie ab. Dabei ergeben sich durch die Nutzung von Volunteered Geographic Information (VGI) in Verbindung mit sofort übermittelten Fotos unverzichtbare Lag-einformationen für die Experten des Krisenmanagements in Staat und Kommunen.

Zentrale Aufgabe muss es daher sein, proaktiv mit Netzakteuren und ihren Plattfor-men umzugehen, ihre Logik und ihren Einfluss im Katastrophenfall zu verstehen. Zudem sollten Staat und Kommunen technikflexibel bleiben. War im Junihochwas-ser 2013 noch Facebook die Plattform Nr. 1 bei der Koordination der Hilfe, kann sich schon in kurzer Zeit ein „Social-Media-Start-Up“ zum führenden Instrument entwickeln.

Notwendiges BeziehungsmanagementSoziale Medien verändern das Katastrophenmanagement nachhaltig. Es kommt nicht mehr nur darauf an, die Menschen über das zu infor-

mieren, was Politik und Verwaltung im Katastrophenfall tun. In Zukunft muss es – schon aus Gründen der Effektivität der Hilfeleistungen – auch Aufgabe des Staa-tes sein, das Potenzial an Helfern aus der Zivilgesellschaft aktiv einzubeziehen, ohne das in Sozialen Medien verankerte Grundanliegen nach Staatsferne zu ver-letzen. Dieses (scheinbare?) Dilemma kann nur über ein noch näher zu unter-suchendes und auszudifferenzierendes Beziehungsmanagement zwischen Staat und Sozialen Netzwerken bewältigt wer-den. Staatliches Katastrophenmanage-ment sollte das Social Web als wichtige Ergänzung zur Aufgabenstellung und deren Bewältigung anerkennen. Wenn dies gelingt, lässt sich in einem wichti-gen Bereich öffentlicher Daseinsvorsorge ein oft übertrieben empfundener Anta-gonismus – der Staat hier, sein Bürger dort – überwinden.

Page 26: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

263|2014

\ VERWALTUNG DER ZUKUNFT

MarketingZum einen hat die Stadt ihr Personalmarketing stark erweitert und setzt zum Beispiel auf eine anspre-chende Marke, die das Verständnis der Verwaltung von ihrer Arbeitgeberrolle darstellt. Im Mittelpunkt stehen Werte wie ein verlässliches Miteinander, Ein-satzbereitschaft und eine auf Offenheit und gegen-seitigem Verständnis aufbauende Unternehmens-kultur. Im Gegenzug wird aber auch deutlich, wie wichtig der Stadt die Bedürfnisse der Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter sind – insbesondere was die Arbeitsplatzsicherheit, Weiterbildung, Vereinbarkeit von Beruf und Privatem sowie möglichst gesund-heitsfördernde Arbeitsbedingungen betrifft. Anzei-genkampagnen und die Präsenz bei zahlreichen Personal- und Ausbildungsmessen unterstreichen das kommunale Selbstbewusstsein, eine moderne Verwaltung mit den vielfältigsten Karrierechancen zu sein. Dazu kommt selbstverständlich die Nutzung der Sozialen Medien und weiterer, in Zusammen-arbeit mit Fachleuten maßgeschneiderter, innova-tiver Marketinginstrumente. Als einer der größten kommunalen Ausbildungsbetriebe Deutschlands sorgt die Stadt München durch ein breites Angebot an Ausbildungs- und Studienrichtungen für eine gleichbleibend hohe Anzahl an Nachwuchskräften. So wurde zuletzt in Kooperation mit der Hochschule FOM der duale Studiengang Bachelor of Laws (BoL) eingerichtet. Dies ist bereits die dritte Kooperation in Sachen neue duale Bachelor-Studiengänge. Die Bewerbungszahlen zeigen, dass dafür ein großes Interesse besteht. Auf 15 freie Plätze für den BoL be-warben sich ohne große Werbeaktivitäten rund 340 Nachwuchskräfte. Aufgrund der Qualität der Be-werberinnen und Bewerber entschied die Stadt, das Studienplatzangebot auf 40 Plätze aufzustocken.

MitarbeitergewinnungWerbung in lokalen Ethno-Medien und im euro-päischen Ausland zielt auf die Erschließung neuer Bewerberpotenziale. Bei den Marketingaktivitäten präsentiert die Landeshauptstadt ihre besonderen Stärken als Arbeitgeberin, wie beispielsweise eine Vielzahl von Angeboten zur Work-Life-Balance, die Vielfalt der Aufgabenfelder sowie die umfassen-de Förderung und Entwicklung der Potenziale der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Verwaltung geht den bundesweiten Wettbewerb mit anderen Arbeitgebern offensiv an und hat daher auch als erste Kommune bei „Great Place to Work – Deutsch-

Der beginnende Fachkräftemangel trifft auch die Städte

und Gemeinden, so dass eine strategische Betrachtung

des Personalmanagements wie in der Stadt München

unausweichlich ist.

Diskussionen um den demografischen Wandel drehen sich häufig vor allem um den Geburtenrückgang. Für München gilt dies nicht. Die Landeshauptstadt nimmt bei der demografischen Entwicklung

eine Sonderrolle ein: Die Geburtenraten steigen, die Schülerzahlen auch. Der Anteil der über 60-Jährigen steigt marginal. Die Bevölkerung nimmt zu und für die kommenden zehn Jahre wird weiteres Wachstum prognos-tiziert. Rund 1,4 Millionen Menschen leben in dieser Stadt. 2030 werden es mehr als 1,65 Millionen sein.

Die Verwaltung ist eines der größten Dienstleistungsunternehmen in der Stadt. Die Altersstruktur der Belegschaft ist in den meisten Bereichen aus-gewogen, das Durchschnittsalter liegt bei 44 Jahren. In Zeiten des Fach-kräftemangels wird es gleichwohl auch für die Stadtverwaltung immer schwerer, gutes Personal zu gewinnen und qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten. Karrierechancen bieten sich gerade für diesen Personenkreis an allen Ecken und Enden. Als vorausschauend planende Arbeitgeberin erkannte die Landeshauptstadt schon früh die Notwendig-keit, sowohl aktiv durch zielorientierte Personalplanung und -gewinnung für ausreichend Nachwuchs zu sorgen, als auch die bestehende Beleg-schaft gezielt zu qualifizieren, zu erhalten und zu entwickeln.

Kommunen im Wettbewerb um die besten Arbeitskräfte

Die Marke stärken

Reizüberflutung: Die Wahrnehmung wird vor allem von starken Marken beherrscht, das gilt auch für den Arbeitsmarkt

Page 27: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

273|2014

\ VERWALTUNG DER ZUKUNFT

lands beste Arbeitgeber“ mit einer stadtweiten Voll-befragung teilgenommen. Der Audit bescheinigte München insbesondere Stärken in den Bereichen Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten, flexible Arbeitszeiten, eigenverantwortliches Arbei-ten und beim Work Ability Index – der Kennzahl über die Erhaltung der Arbeitsfähigkeit.

MitarbeiterbindungAuch um die vorhandenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmert sich die Landeshauptstadt in-tensiv. Gegenwärtig entsteht ein Kompetenzmanage-ment mit dem Ziel, das richtige Personal zu gewinnen und das Bestehende zu entwickeln, zu binden und zu erhalten. Es dient der Transparenz, der Eröffnung von Perspektiven und der passgenauen Übereinstim-mung von Aufgaben und eingesetzten Mitarbeitern. Zudem geht es um eine intensivere Vernetzung der vorhandenen Personalentwicklungsinstrumente. Ein noch umfassenderes betriebliches Gesundheitsma-nagement dient dem körperlichen und geistigen Wohlergehen der Beschäftigten. Das Monitoring er-folgt über eine laufende Austrittsbefragung.

Dr. Thomas Böhle ist Personal- und Organisationschef der Landeshauptstadt München.

AusgezeichnetDie Bemühungen um ein demografieorientiertes Personalmanagement spiegeln sich auch in zahlreichen Preisen und Siegeln wider. Im April 2013 wurde die Landeshauptstadt München mit dem „Deutschen Bildungspreis“ ausgezeichnet und hat sich damit in der Kategorie „Großunternehmen“ unter anderem gegen namhafte Dax-Konzerne durchgesetzt. Im Dezem-ber 2013 folgte der „Deutsche Unternehmenspreis Gesundheit“ in der Kategorie „Familienorientierung“. Die Stadt liegt damit im Trend. Denn: Früher ging es vorwiegend um Einkommen. Heute bedeutet Geld nicht mehr alles. Die entscheidende Frage, die sich Bewerberinnen und Bewer-ber stellen, lautet nach den Erfahrungen des Personalmanagement: „Bei wem will ich meine Arbeitskraft einsetzen?“ Da entscheidet sich schon manchmal ein Informatiker für die Verwaltung, weil die Stadt München ihm garantieren kann, dass er sein Kind vom Kindergarten abholen oder auch am Abend die Gutenachtgeschichte vorlesen kann. Das ist der

Münchner Weg.

Weitere Informationen erhalten Sie unter

www.computacenter.de/e-akte

oder gerne persönlich von Dr. Carsten Jürgens

E-Mail: [email protected]

Die E-Akte in der Öffentlichen Verwaltung: zeitgemäßes, modernes und mobiles Arbeiten für Behörden.

E-Akte_VitakoAktuell_180 x122_4c.indd 1 25.03.2014 10:28:40

Page 28: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

283|2014

\ VERWALTUNG DER ZUKUNFT

Das E-Government-Gesetz des Bundes verpflichtet Kommunen unter anderem zur Eröffnung ei-

nes elektronischen Zugangs zu Dienst-leistungen, die sie auf bundesrechtlicher Grundlage erbringen. Bei den zu erwar-tenden Landesregelungen in diesem Bereich dürfte sich aber kein deutsch-landweit einheitlicher Rahmen für das zukünftige kommunale E-Government etablieren. Insofern haben Kommunen auch zukünftig einen erheblichen Spiel-raum bei der Gestaltung ihres E-Ser-vice-Angebots für Bürger und Wirtschaft. Vor diesem Hintergrund sind unter an-derem Kosten-Nutzen-Überlegungen der Kommune zur Frage „Was tun bei E-Bür-gerdiensten?“ nach wie vor aktuell.

Um diese Frage zu beantworten, hatten die benachbarten Städte Bergheim und Frechen gemeinsam mit ihrem IT-Dienst-leister KDVZ Rhein-Erft-Rur bereits 2013 ein Projekt zur Geschäftsprozessoptimie-rung (GPO) gestartet. Die Untersuchung prüfte, ob ein gemeinsam ausgewähltes Kernportfolio von acht Bürgerdiensten interkommunal standardisierbar ist, um auf der Grundlage abgestimmter Prozes-se und IT-Anforderungen ein einheitli-ches E-Service-Angebot zu entwickeln.

Typisierung der BürgerdiensteZunächst wurden die Ist-Prozesse der beteiligten Bürgerservicebüros model-liert und durch eine Arbeitsgruppe ver-glichen und optimiert. Im Fokus standen die Erfüllung gesetzlicher Anforderungen sowie die Effizienz der Prozessdurchfüh-rung. Auf der Grundlage der so angepass-ten Soll-Prozesse entwickelte man an-schließend für jeden Offline-Sollprozess Lösungsvorschläge für seine Realisierung als E-Bürgerservice. Dabei wurden E-Bür-gerdienste in drei Kategorien typisiert:

In der Kategorie A finden sich alle E-Services, die vollständig automati-

sierbar sind. Dies trifft zum Beispiel auf die Erteilung einer einfachen E-Melderegisterauskunft zu.

Die Kategorie B umfasst Vorgänge, de-ren Bearbeitung für die Verwaltung mit einem manuellen Restaufwand verbun-den ist. Sind seitens des Antragstellers zum Beispiel Nachweise zu erbringen, wie etwa bei der erweiterten E-Melde-registerauskunft an Privatleute, ist vor der maschinellen Erstellung und elek-tronischen Zustellung der Daten eine manuelle Prüfung erforderlich. Der Kategorie C sind jene E-Services zugeordnet, die nach wie vor eine per-sönliche Vorsprache des Bürgers erfor-dern. Dies ist etwa bei der elektroni-schen An- und Ummeldung der Fall, da zum Beispiel die Anschrift auf dem neuen Personalausweis des Bürgers durch die Verwaltung physisch geän-dert werden muss.

Unterschiedliche WirksamkeitDie Unterschiede in puncto Bearbeitungs-kosten liegen auf der Hand. Während bei den voll automatisierten E-Services des Typs A mit jeder E-Service-Nutzung 100 Prozent der Stückkosten wegfallen, liegt die Ersparnis in der Kategorie B bei 80 bis 95 Prozent und beim letzten Typus ledig-lich bei 20 bis 30 Prozent. Die Zuordnung eines Bürgerservices zu einem der drei E-Service-Typen ergibt sich grundsätzlich aus den mit ihm verknüpften Former-fordernissen auf der Eingangs- und der Ausgangsseite. Dazu zählen neben dem Identitätsnachweis beziehungsweise dem sogenannten Schriftformerfordernis auch vielfältige einzureichende Dokumente oder Daten. Deren Umfang und Art defi-nieren grundsätzlich das Automationspo-tenzial der E-Service-Prozesse: Je höher die Formerfordernisse, desto geringer die Stückkosteneffizienz. Maßgeblich für

Elektronische Serviceangebote

von Kommunalverwaltungen

leben nicht zuletzt von ihrer

Akzeptanz, und die sinkt mit

steigenden Hürden für die Nut-

zer, wie Berechnungen zeigen.

Schriftformerfordernis steht E-Bürgerdiensten vielfach im Weg

Hindernis Authentifizierung

Identität: Behörden müssen wissen, mit wem sie es zu tun haben – aber immer schwarz auf weiß?

Page 29: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

\ VERWALTUNG DER ZUKUNFT

293|2014

Harald Schumacher ist Geschäftsführer der b.i.t.consult GmbH.

die Wirtschaftlichkeit elektronischer Bür-gerdienste insgesamt sind aber nicht die Stückkosten, sondern ihre Prozesskoste-neffizienz. Diese ergibt sich aus den im E-Service-Fall eingesparten Stückkosten und dessen Nutzungshäufigkeit.

Begrenzte ReichweiteSchriftformerfordernisse begrenzen die Reichweite eines E-Services ganz erheb-lich: Während ein solcher ohne Authen-tisierungserfordernis derzeit grundsätz-lich mindestens die Hälfte der Bürger erreicht, liegt die Reichweite mit Authen-tisierungserfordernis zurzeit vermutlich im einstelligen Prozentbereich, da nicht alle nPA-Besitzer mit „eingeschalteter eID“ auch über einen Kartenleser verfü-gen und die De-Mail bisher wenig Reso-nanz gefunden hat. Formerfordernisse beeinträchtigen die Wirtschaftlichkeit

der E-Bürgerdienste also in doppelter Weise: sie reduzieren Einsparpotenziale bei den Stückkosten und zusätzlich die Reichweite und Akzeptanz von Seiten der Bürger. Sie begrenzen dadurch ganz erheblich die erreichbaren Nutzerzahlen und damit mögliche Prozesskosteneffek-te der Verwaltung.

Auf Basis der in Bergheim und Frechen erhobenen Prozessdaten lässt sich fest-stellen, dass „gefühlte“ und gesetzliche Nachweis- und Schriftformerfordernis-se die mögliche Wirtschaftlichkeit der E-Bürgerdienste mindestens um den Faktor Drei reduzieren. Damit sind vie-le E-Services, zumindest aus betriebs-wirtschaftlicher Sicht, von vornherein obsolet. Die erarbeiteten Projektergeb-nisse machen deutlich, dass ein „Nor-menscreening“ mit dem Ziel, Formerfor-

dernisse aller Art drastisch zu reduzieren und Bürgerdienstprozesse automations-fähig zu gestalten, eine notwendige Vo-raussetzung dafür ist, die elektronischen Verwaltungsangebote zu einer Erfolgs-geschichte zu machen. Es mag paradox erscheinen, aber auch nach dem E-Go-vernment-Gesetz scheint der Königsweg zum kommunalen E-Bürgerdienst darin zu bestehen, den normativen und organi-satorischen Rahmen so zu gestalten, das elektronischer Personalausweis, eID und Co. gar nicht nötig sind.

www.lecos-gmbh.de

Lecos GmbH · Prager Straße 8 · 04103 LeipzigTel.: +49 341 2538-700 · E-Mail: [email protected]

Lecos GmbH · Prager Straße 8 · 04103 LeipzigTel.: +49 341 2538-700 · E-Mail: [email protected]

Perfekter AusDRUCK für bleibenden EinDRUCK!

Wir sind Ihr Partner für behördlichen Massendruckvon der Datenaufbereitung bis zum Versand!

Page 30: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

\ VERWALTUNG DER ZUKUNFT

3|2014

Vielfalt an der Saar

www.saarbruecken.de

Saarbrücken als Landeshauptstadt des kleinsten deutschen Flächenlandes präsentiert sich auf seiner Webseite unter www.saarbruecken.de als wirt-schaftliches Zentrum vor den Toren Frankreichs. Die Stadt an der Saar ist nicht nur Kongress-, Messe- und Universitätsstadt, sondern zugleich auch bedeutender Kulturplatz und attraktiver Wohnort, der Touristen, Unter-nehmen und nicht zuletzt seine Bürgerinnen und Bürger durch ein breites Angebot an Webtechnologien erreichen will.

E-GovernmentDie Stadt wirbt mit dem Slogan „Saarbrücken – unglaublich vielfältig“. Diese Vielfalt spiegelt sich auch in einer Fülle an Onlinebürgerservices wider, die es den Einwohnern ermöglicht, bequem von zu Hause Verwal-tungsleistungen anzustoßen und abzuwickeln. Neben den gängigen On-lineleistungen, wie Personenstandsurkunde, Kfz-Wunschkennzeichen und Terminbuchung, ist es unter anderem möglich, online Feinstaub- oder Bewohnerparkplaketten zu beantragen. Einen schnellen Überblick über die Angebote und Zuständigkeiten geben der Behördenwegweiser „Was erledige ich wo?“ sowie die Kategorisierung nach Lebenslagen.

Open Government und Social MediaVor dem Hintergrund der Transparenz von Politik und Verwaltung gibt die Saarmetropole über das Ratsinformationssystem Auskunft über die Aktivitäten des Stadtrates sowie der Bezirksräte. Darüber hinaus kön-nen der Webseite auch diverse statistische Daten entnommen werden. Das Geographische Kommunale Informations-System (GEO KIS) ermög-licht es zudem, digitale Karten und Pläne der Stadt einzusehen. Im Soci-al-Media-Bereich nimmt Saarbrücken eine Vorreiterrolle ein. Besonders hervorzuheben ist die bereits von Vitako als bundesweit beste Kommu-nalanwendung ausgezeichneten iPhone-App. Diese bietet beispielsweise die Möglichkeit, unabhängig von Terminen eine eigene Stadtführung mit dem Mobiltelefon zu unternehmen. Zudem können mithilfe des integ-rierten „Mängelreporters“ Nutzer unkompliziert von unterwegs defekte Mülleimer oder Straßenbeläge direkt ins Rathaus melden. Entwicklungs-potenzial dieser App besteht allerdings noch bei der Bereitstellung für andere Smartphone-Betriebssysteme.

FazitMit ihrem Internetauftritt untermauert die Stadt Saarbrücken ihr Engage-ment im E-Government-Bereich. So bietet die Stadt bereits viele Möglich-keiten zur Information, Kommunikation und Transaktion. Darüber hinaus zeigt die kostenlose iPhone-App mit Daten zu aktuellen Veranstaltungen, Baustellen und vieles andere mehr, dass Saarbrücken IuK-Technologien gezielt nutzt, um Serviceangebote modern zu gestalten. Dies lässt darauf hoffen, dass die Stadt zukünftig verstärkt von ihren Potenzialen beim Aus-bau von Kollaborationsmöglichkeiten Gebrauch macht.

Struktur & Usability +

Übersichtlichkeit +

Suchfunktionalität +

Nutzerführung +

Mehrsprachigkeit •

Verständlichkeit der Informationen (Sprache) +

E-Government +

Wegweiser-Informationen +

Informationen zu Rechten und Pflichten +

Kontaktvorbereitungsinformationen (Formulare) +

Kontaktinformationen (Ansprechpartner) +

Informationen zur Vorgangsbearbeitung (Ablauf) •

Zielgruppenorientierung +

Multikanal-Kommunikationsmöglichkeiten +

E-Services für Transaktionen +

Authentifikationsmechanismen –

Open Government •

Transparenzfördernde Elemente (u. a. Open Data) •

Partizipationsmöglichkeiten •

Kollaborationsmöglichkeiten –

Social Media/Web 2.0 +

Social-Media-Angebote (Facebook, Twitter, etc.) +

Pflege dieser Angebote (Aktualität/Kontinuität) +

Datenschutz-Sensibilisierung •

+     = positiv     – = negativ     • = neutral

Nora Wegener ist Mitarbeiterin am Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme (FOKUS) und beschäftigt sich mit der Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien in und durch Kommunen. Fraunhofer FOKUS nimmt für Vitako Aktuell kommunale Websites unter die Lupe. Soll Nora Wegener auch Ihre kommunale Webseite checken? Bewerben Sie sich unter [email protected]

Vielfältig: Die Stadt Saarbrücken ist rege im Netz unterwegs

30

Page 31: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

\ VERWALTUNG DER ZUKUNFT

313|2014

Konsequent digital

Die am 26. Mai 2014 in Kraft ge-tretene EU-Richtlinie 2014/55/EU über die elektronische Rech-

nungsstellung bei öffentlichen Aufträgen soll einen europäischen Standard für die Kernelemente einer elektronischen Rechnung schaffen. Die Union legt da-mit die Grundlage für ein einheitliches Rechnungsformat in den öffentlichen Verwaltungen fest. Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass öffentliche Auftraggeber elektronische Rechnungen empfangen und verarbeiten können, die dem entsprechen.

Vor allem soll der neue Standard die Ein-richtung zweckmäßiger, benutzerfreund-licher, flexibler und kosteneffizienter Systeme zur elektronischen Rechnungs-stellung ermöglichen. Das berücksichtigt die speziellen Bedürfnisse von kleinen und mittleren Unternehmen sowie von subzentralen öffentlichen Auftraggebern. Darüber hinaus eignen sich derartige Programme auch für die Verwendung im Geschäftsverkehr zwischen Unterneh-men. Für die öffentliche Verwaltung in Bund, Ländern und Kommunen ergibt sich durch die Einführung elektronischer Rechnungsprozesse ein erhebliches Ein-sparpotenzial. Mit der elektronischen Rechnung wird der Weg für ein durchgän-giges E-Government in Deutschland frei.

Einheitliches FormatDamit kleinen und mittleren Unterneh-men sowie der öffentlichen Verwaltung die Vorzüge der E-Rechnung zugute kommen, hat das Forum elektronische Rechnung Deutschland (FeRD) unter dem Namen ZUGFeRD – Zentraler User Guide des Forums elektronische Rech-nung Deutschland – ein einheitliches Datenformat entwickelt. Es soll aber keine Ablösung der etablierten EDI- und Branchenstandards sein, sondern eine Ergänzung um eine einfache und kostengünstige Lösung für den struk-turierten Datenaustausch. Das Format richtet sich insbesondere an die IT- und Softwarebranche. Es ist seit dem 25. Juni 2014 als Version 1.0 einschließlich einer umfangreichen Spezifikation kostenfrei auf der Website von FeRD verfügbar.

Echter MehrwertDamit ist der schnelle, komfortable und einfache Austausch von Rechnungen zwischen Unternehmen untereinander sowie zwischen Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung möglich. Mehr noch: Das Datenformat senkt nicht nur die Kosten der Rechnungsstellung, zum Beispiel weil Material- und Portokosten wegfallen; auf Grund des durchgän-gigen elektronischen Prozesses wird auch das Rechnungswesen in Zukunft

Die EU forciert die Einführung der elektronischen Rechnungsstel-

lung für öffentliche Aufträge – in Deutschland existiert bereits

ein passendes Standard-Datenformat.

Rechtsanwalt Stefan Engel-Flechsig ist Leiter des Forums elek-tronische Rechnung in Deutschland (FeRD).

wesentlich effizienter. Der tatsächliche Mehrwert ergibt sich aus der automati-sierten Verarbeitung des strukturierten Rechnungsinhalts. Das ZUGFeRD-For-mat erfüllt bereits heute die Anforderun-gen an die jetzt von der EU-Richtlinie geforderte europäische Norm für elekt-ronische Rechnungen. In ersten Einrich-tungen der öffentlichen Verwaltung wie beispielsweise BVA oder THW laufen bereits Pilotprojekte in der praktischen Anwendung.

Jetzt kommt es vor allem auf die Umset-zung der Verpflichtung der öffentlichen Verwaltung zum Empfang und zur Ver-arbeitung elektronischer Rechnungen in Deutschland an: Gibt es ein einheitliches Vorgehen hinsichtlich der gesetzlichen Umsetzung bei Bund und Ländern? Ist die öffentliche Verwaltung grundsätzlich in der Lage, elektronische Rechnungs-prozesse aufzunehmen und zu integrie-ren? Sind Bund, Länder und Kommunen in der Lage, die erforderliche Integration des europäischen Standards in vorhan-dene Rechnungsprozesse fristgerecht umzusetzen?

Die Zeit ist in jedem Falle knapp bemes-sen: Die Mitgliedstaaten müssen die er-forderlichen Rechts- und Verwaltungs-vorschriften bis spätestens 27. November 2018 erlassen; die Umsetzung des euro-päischen Standards für die elektronische Rechnung hat bis 2020 zu erfolgen.

Weitere Informationen:www.ferd-net.dehttp://eur-lex.europa.eu

Virtuell: Der elektronische Datenaustausch macht physische Dokumente überflüssig

Page 32: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

323|2014

\ RUBRIKEN

fragt …

Stephan Manke

Stephan Manke studierte Jura und arbeitete zunächst als Rechtsanwalt, dann als Persönlicher Referent des niedersächsischen Ministerpräsiden-ten. Auf die anschließende Tätigkeit als Dezernent Wasserwirtschaft und Wasserrecht bei der Bezirksregierung Braunschweig folgten sieben Jahre als Landrat des Landkreises Goslar. Seit Februar 2013 ist Stephan Manke Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport und CIO des Landes Niedersachsen.

Wenn wir mehr Zeit hätten – wobei könnten wir Sie noch besser kennen lernen als durch diesen Fragebogen?Bei der Gartenarbeit; die Antworten in diesem Fragebogen dürften aber hoffentlich auch schon sehr aufschlussreich sein, so dass ein Besuch in meinem Garten nicht zwingend erforderlich sein dürfte.

Welches Buch lesen Sie gerade?Aktuell Marc Elsberg: „ZERO“. Ein unglaublich spannender Cyberthriller.

Ihre derzeitige Lieblingsmusik?Ich habe mich von der WM anstecken lassen und schalte das Radio nicht automatisch aus, wenn Andreas Bourani und Helene Fischer laufen …

Wofür hätten Sie gerne mehr Zeit?Klare Antwort: Für meine Familie!

Welche Persönlichkeit – egal ob noch lebend oder schon „Geschichte“ – würden Sie gerne kennen lernen?Ich habe das Glück, in meinem Job ohnehin laufend auf inte-ressante Menschen treffen zu dürfen – darum stellt sich die Frage für mich eigentlich nicht.

Wie kann man Sie am besten ärgern?Das sollten sie lieber meine Kinder oder aber die Kollegen im Ministerbüro fragen …

Und wie macht man Ihnen am besten eine ganz besondere Freude?Hier gilt das gleiche wie bei Frage 6!

Womit haben Sie Ihr erstes eigenes Geld verdient?Als Schüler habe ich Werbeprospekte ausgetragen und als Student mir als Taxifahrer etwas dazuverdient.

Ihr Berufswunsch als Kind?Feuerwehrmann. Da dem Niedersächsischen Innenminis-terium auch der Bereich Brand- und Katastrophenschutz zugeordnet ist, habe ich jetzt also geradezu meinen Traum-job gefunden.

Welches „Arbeitsgerät“ ist in Ihrem Arbeitsalltag für Sie absolut unverzichtbar?Realtiv unspektakulär: meine Brille.

IT in der öffentlichen Verwaltung muss unbedingt …… die tägliche Arbeit und deren wachsende Komplexität spürbar leichter bewältigen helfen.

IT in der öffentlichen Verwaltung darf auf keinen Fall …… ein strukturelles Sicherheitsproblem darstellen.

Behörden werden in 20 Jahren ….… ihre Geschäftsprozesse und Arbeitsabläufe von der analo-gen in die digitale Welt überführt haben, dabei weitgehend mobile Arbeitsplätze vorhalten und elektronisch gestützt die direkte Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern pflegen.

Sie arbeiten in Hannover – haben Sie einen Tipp an unsere Leser, was diese sich bei einem Besuch dort auf keinen Fall entgehen lassen sollten?Mittags: ein Besuch in der Markthalle und abends ein Spiel von Hannover 96

Wir haben Ihnen nun viele Fragen gestellt – gibt es eine Frage, die Sie Vitako stellen möchten? (Wir werden Ihnen in der nächsten Ausgabe der Vitako aktuell antworten!)Worin sieht Vitako die größten Herausforderungen infol-ge der technischen Verschmelzung von Sprach-, Bild- und Datenkommunikation am Verwaltungsarbeitsplatz?

Page 33: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

antwortet …Lena-Sophie MüllerFür jede Ausgabe der Vitako aktuell bitten wir eine bekannte Persönlichkeit, unseren Fragebogen auszufüllen. Damit die Fragen nicht nur einseitig gestellt werden, darf eine Frage auch an uns gerichtet werden. Lena-Sophie Müller, Geschäftsführerin des Vereins Initiative D21 e.V., fragte uns in der April-Ausgabe 2014:

Bei welchen Themen des Koalitionsvertrages sehen Sie für die Kommu-nen die größten Herausforderungen, wo die größten Chancen?

für die Kommunen (und die Länder) ist es, wie sie sich in den Diskussions- und Umsetzungsprozess einbringen sollen. Und die Aussagen zum modernen Staat und zur modernen Verwaltung kön-nen Richtschnur auch für kommunales Handeln sein. Die Digitale Verwaltung 2020 beinhaltet etliche Themen – wie E-Akte und E-Vorgangsbearbeitung, die große Anstrengungen mit sich bringen, aber auch Riesenchancen für mehr Kun-denorientierung und Rationalisierung bedeuten. Die größte Herausforderung sind jedoch verstärkte Bürgerbeteiligung und Transparenz. Denn hier wird das Wertegefüge von Verwaltung und Politik auf den Kopf gestellt. Es wird seine Zeit brauchen, bis die Menschen die impli-zierte Kultur auch „leben“ können und das Miteinander aller wichtigen Akteure gelingt.

Sehr geehrte Frau Müller,zahlreiche Abschnitte im Koalitionsvertrag sind für Kommunen von vitalem Inter-esse: solide Finanzen, steuerrechtliche Behandlung interkommunaler Zusammenar-beit, Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung, Energiewende, Gesundheitsversor-gung. Konzentrieren wir uns auf die Aussagen zum digitalen Wandel.Zunächst: soviel Digitales war nie! Der Breitbandausbau hat besonders für Kommu-nen im ländlichen Raum große Bedeutung. Leider sagt der Koalitionsvertrag wenig zur Finanzierung. Auf Synergieeffekte und Investitionsanreize für Telekommunikati-onsunternehmen zu setzen, reicht nicht aus. Hier braucht es finanzielles Engagement von Bund, Ländern und Kommunen. Sonst werden wir in vier Jahren feststellen, dass es leider noch große Lücken in der digitalen Infrastruktur gibt. Eine digitale Agenda für Deutschland will die Koalition noch in diesem Sommer für alle Ressorts vorlegen. Die Umsetzung soll von zahlreichen Stakeholdern begleitet werden. Herausforderung

Page 34: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

343|2014

\ RUBRIKEN

Am 1. August 2013 hatte das langjährige Ringen um ein E-Government-Gesetz auf Bundesebene mit dem Inkrafttreten der Norm ein Ende. Keineswegs beendet ist aber die Debatte um die Inhalte, deren Sinnhaftigkeit und vor allem: um die föderale Komponen-te des in weiten Teilen nur auf Bundesbehörden zugeschnittenen Gesetzes. Einige Länder schaffen eigene Gesetze, die teils über die Bundesregelungen hinausgehen, andere verzichten darauf und wieder andere wollen das Bundesgesetz lediglich per Verord-nung präzisieren. Welche Auswirkungen das für die Kommunen, die Verwaltungszusammenarbeit und die öffentlichen IT-Dienst-leister hat, ist schwer abzusehen.

Vitako-Panel Umfrage unter den 53 Vitako-Mitgliedern (Entscheiderebene)

Thema Umsetzung E-Government-Gesetz des Bundes: Zwischenbilanz nach einem Jahr

1. Welche Punkte im E-Government-Gesetz des Bundes sind nach Ihrer Meinung unzureichend gelöst?*

3. Hat sich das E-Government-Gesetz des Bundes nach einem Jahr bereits spürbar auf Ihre Arbeit ausgewirkt?*

2. Sollte der IT-Planungsrat mehr Kompetenzen bekommen, um eine zu starke Zersplitterung der Rahmenbedingun-gen zwischen den Ländern zu unterbinden?

„Das E-Government-Gesetz des Bundes hat geholfen, das Thema auf kommunaler Ebene ‚zu verkaufen‘. Aus der Kür wird Pflicht, und diese Nachricht ist endlich angekommen. Leider sind die Verpflichtungen aus dem Bundesgesetz für Kommunen noch sehr gering. Hier wird eine Regelung auf Landesebene Klarheit schaffen. Man sollte jedoch nicht

nur regelungsgläubig sein, sondern zum Teil auch auf reelle Entwicklungen setzen. Denn einiges, was seitens des Bundes in guter Absicht normiert wurde, hat sich nicht als Erfolgsmodell erwiesen – wie zum Beispiel die qualifizierte elektronische Signatur.“ Ralf Sagroll, Leiter der Stabstelle E-Government beim Magistrat der Stadt Frankfurft/Main.

Erfreuliche Entwicklungen

Die erste ProVitako-Generalversammlung im Mai 2014 kreis-te um Jahresabschlüsse, Prüfberichte, Geschäftsordnungen – also um Themen aus einer Genossenschaft im eingeschwun-genen Betrieb. Erfreulich für die Mitglieder ist vor allem, dass diese Gemeinschaft nun schwarze Zahlen schreibt. Nach Jah-ren der Knappheit können die „Genossen“ nun neue Themen in Angriff nehmen. Neue Beschaffungsprojekte, Marketingak-tivitäten für die GovCloud, weitere Professionalisierung des

Internetauftritts, Werben um neue Mitglieder – all dies kann die nicht mehr vollständig virtuelle Geschäftsstelle in Sieg-burg nun vorantreiben. Die Mitglieder von ProVitako können vor dem Hintergrund dieser Entwicklung mit Fug und Recht konstatieren, dass die Teilhabe sich lohnt und mit relativ geringem Ressourcenein-satz der einzelnen Häuser in der Gemeinschaft positive Effekte für alle erreicht werden.

Geltungsbereich (nur Bundesbehörden)

De-Mail

E-Akte

Regelung zur Schriftformerfordernis

Sonstiges

47 %

87 %

27 %

13 %

7 %

keine Meinung

nein

ja

60 %33 %

7 %

6 %ja, aber nur marginal

nein

ja, sehr stark

33 %

14 %

53 %

*Mehrfachnennungen möglich

Page 35: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

\ RUBRIKEN

Lernen durch Mitmachen und mit Vergnügen: Vitako beim Zukunftskongress 2014

Am 1. und 2. Juli 2014 trafen sich über 1.000 Verwaltungsmo-dernisierer und E-Government-Anhänger im Berliner Con-gress Center. In zahlreichen Veranstaltungen diskutierten sie aktuelle und künftige Fragen der Modernisierung von Staat und Verwaltung. Hochkarätige Referentinnen und Referenten diskutierten mit den Teilnehmenden, Fachleute stellten nach-ahmenswerte Projekte vor, Preise wurden verteilt. Vitako war auch in diesem Jahr Partner des Kongresses: als Mitgestalter des Programms, als Standbetreiber mit den schon berühmten alkoholfreien Cocktails – und in diesem Jahr unter dem Motto „Mit kommunalen IT-Dienstleistern sicher in die Zukunft“. Innerhalb des Kongressprogramms hat Vitako eigene Veran-

In eigener Sache staltungen zu den Themen elektronische Akte, Changema-nagement und IT-Sicherheit durchgeführt – etwas anders als „normale“ Kongresssequenzen. Vitako hat darauf gesetzt, dass nachhaltiges Lernen Eigenaktivität voraussetzt. Wir haben ge-meinsam mit interessierten „Sportlern“ einen Hürdenlauf zur E-Akte durchgeführt. Wir haben ein Preisausschreiben zu IT-Si-cherheit gemacht, wobei die Teilnehmenden die Antworten in unserer Werkstatt zum Thema kennenlernen konnten. Und wir haben denen, die uns in unserem Improvisationstheater zum Changemanagement besucht haben, die einmalige Gelegen-heit gegeben, in den Spiegel zu schauen und als Regisseure Verhaltensänderungen bei den Schauspielern zu bestellen. In der dann wiederholten Szene konnten sie dann betrachten, wie man Kulturwandel auch anders befördern kann. Ein Teil-nehmer: „Ich musste ja in den Spiegel schauen, aber es war wichtig, dabei zu sein“. Viel gelernt und viel gelacht, war das Fazit der Teilnehmer.Lernen durch Mitmachen und mit Vergnügen – dieses Ziel wird Vitako auch am 23./24. Juni 2015 verfolgen.

Vitako aktuell erscheint im Oktober 2014. Schwerpunktthema: Prozessgestaltung digital: einfach, medienbruchfrei, effizient Sie möchten Vitako aktuell regelmäßig kostenlos lesen?

Dann schicken Sie bitte eine E-Mail an [email protected]

… die nächste 2014 Veranstaltungen und Kongresse

30.09./01.10.2014Zukunft Kommune \ Karlsruhe \

www.zukunft-kommune.de

11./12.09.2014Vitako Mitgliederversammlung + Fachtagung \

Berlin \ www.vitako.de

17.-19.09.2014 KGSt-Forum \ Dresden \ www.kgst.de

Mehr Termine und Informationen: www.itkalender.de

Kommunalforum

Digitale Verwaltung –innovativ und bürgernah03.11.2014 · München · MVG-Museum

Innovativ. Kraftvoll. Partnerschaftlich.

Software, die dem Menschen dient!

egov

Das Bürgerservice-Portal ist die eGovernment-Plattform für ganzheitliche, bis in die Fachverfahren integrierte Online-Verwaltungsdienstleistungen. Mit Bürgerkonto, Postkorb und ePayment bietet es die derzeit beste Umsetzung sicherer und medien-bruchfreier Online-Angebote – zum Beispiel aus dem Melde-, Personenstands- und Kfz-Zulassungswesen. Das bedeutet mehr Komfort für den Bürger und gleichzeitig weniger Aufwand für die Verwaltung.

Sprechen Sie mit uns und unseren Partnern. www.akdb.de

Michael Diepold, Leiter des Geschäftsfelds eGovernment der AKDB

Vormerken!

Echtes eGovernment beginnt mit dem Bürgerservice-Portal der AKDB

140722_vitako_03_bsp_kommunalforum.indd 1 22.07.2014 14:09:19

Page 36: Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen ... aktuell 3-2014.pdf · nalen IT-Dienstleister am Ende das Gesetz begrüßt. Gibt es nun doch einen Rahmen für weitere

G E S A M TA B S C H L U S S .Immer mehr Kommunen setzen für ihren Gesamtabschluss

auf die kommunale Konsolidierungslösung Doppik al dente!®.

Einfach anfangen.Die Software kommt arbeitsfertig zu Ihnen – einschließlich Positi-

onenplan und aller für den Gesamtabschluss benötigten Regeln.

Mit unserem Transformationswerkzeug haben Sie die Jahresab-

schlussdaten der Betriebe schnell importiert.

Einfach abstimmen.Entlang unserer Belegstruktur werden Sie – auch ohne Spezial-

kenntnisse der Konzernkonsolidierung – sicher durch den ge-

samten Prozess geleitet.

Die Buchungslogik („Melde-Buchhaltung“ und „Delta-Buch-

führung“) folgt dem gewohnten buchhalterischen Denken.

Einfach abschließen.Die Konsolidierungsrechnung mit all ihren Sonderfällen wird

durch das Programm automatisch per Knopfdruck erledigt.

Im Konzernbericht können Sie das Rechenwerk in allen Einzel-

heiten nachvollziehen.

...und es wirklich selbst schaffen.

hallobtf! gmbh · Sie kennen unseren Kai („Kai kann alles inventarisieren“®)

www.doppik-al-dente.de

Kommunaler

Konsolidierungs-

Arbeitsplatz

ab € 3.800,–zzgl. USt.

KOSTENFREIES SEMINAR IN

KÖLN

03./04. S

eptember

21./22. O

ktober |

10./11. D

ezember

JETZT ANMELDEN!