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18 BayernTurner 18 BayernTurner In „draufgeschaut“ schreiben Fachleute aus dem weiten Feld des Sports - von Bayern bis in die Welt - sie be- richten, kommentieren und gewähren Einblicke. Zukunftsorientierte Sport- und Vereinsentwicklung – Herausforderungen, Trends, Perspektiven von Andreas Klages Ganztagsschule, demographischer Wandel, Krise kommunaler Finanzen – die Liste gesellschaftspolitischer Herausforderungen scheint immer länger zu werden und unser Leben sowie unsere Sportvereine vor Ort zu prägen. Vielfach werden diese Entwicklun- gen als bedrohlich wahrgenommen. Sie beinhalten jedoch auch viele Chancen der Weiterentwicklung des Vereinssports, der seine Zukunft auf ein breites und gewachsenes Fundament aufbauen kann. Ein Blick zurück: Vom kompakten Verbandssystem zum „Sport für alle“ Bevor man sich der Zukunft zuwendet, sollte man sich daran er- innern, wo man herkommt. Der Sport in Deutschland kann seit 1945 auf eine sehr positive Mitgliederentwicklung zurückblicken. Unterstützt durch eine gesellschaftliche Modernisierung haben sich die Sportorganisationen seit den 1960er Jahren im westlichen Teil Deutschlands immer neuen Zielgruppen geöffnet und ihr An- gebotsspektrum erweitert. Waren es 1960 noch 5,2 Mio. Mitglied- schaften in 29.486 Vereinen, so bilanzierte der Deutsche Olympi- sche Sportbund im Jahr 2010, 20 Jahre nach der Integration des reaktivierten Vereinssports Ostdeutschlands, über 27,6 Mio. Mit- gliedschaften in 91.148 Vereinen. Ein kompaktes Verbandssystem mit dem Schwerpunkt „Wettkampfsport für Jüngere“ hat sich in rund 40 Jahren zu einer vielfältigen Organisation für „Sport für Alle“ entwickelt – eine quantitativ und qualitativ beeindruckende Bilanz des Vereinssports in Deutschland. Gesellschaftspolitische Herausforderungen Die Rahmenbedingungen der Vereine sind in den letzten Jahren komplexer geworden und die gesellschaftliche Dynamik hat zu- genommen. Es bedarf daher einer Analyse der gesellschaftspoliti- schen Herausforderungen, die für Sportvereine besonders bedeut- sam sind: - Demographischer Wandel: Seit Mitte der 2000er Jahre geht die Bevölkerung in Deutschland zurück und wird im Jahr 2060 voraus- sichtlich zwischen 65 und 70 Mio. (2009: 81,8 Mio.) betragen. Der Bevölkerungsrückgang ist verbunden mit einer Verschiebung der Altersstruktur: Die Zahl der Kinder und der Menschen im Erwerbsalter geht zurück, während der Anteil der über 65-Jährigen sowie der Hochaltrigen zunimmt. Bereits heute hat rund ein Fünftel der Bevöl- kerung Deutschlands einen Migrationshintergrund – dieser Anteil wird voraussichtlich zunehmen. Diese Entwicklungstendenzen sind regional unterschiedlich ausgeprägt: Boom- und Schwundregio- nen werden nebeneinander existieren, wobei es kaum eine Kom- mune in Deutschland geben wird, die nicht altert. - Bildungspolitische Veränderungen: Durch die zunehmende Eta- blierung der Ganztagsschule, die Verkürzung des Abiturs auf zwölf Jahre und die Forderung nach kürzeren Studienzeiten, wird sich die Jugend beschleunigen und die „freie Zeit“ verdichten. - Wertewandel: Neben der Zunahme virtueller Realitäten werden sich die Wertevorstellungen und Einstellungsmuster weiter verän- dern – die Menschen werden „eigenwilliger“. Darüber hinaus wird die ausgewogene Bevölkerungsstruktur, insbesondere in den Städ- ten, instabiler – die Gesellschaft wird sich weiter ausdifferenzieren und die auch und gerade für die Funktionsfähigkeit der Vereine wichtige Mittelschicht gerät zunehmend unter Druck. - Gesundheitspolitische Herausforderungen: Phänomene des Über- gewichts und der Adipositas (auch im Kinder- und Jugendalter), lebensstilbedingte chronisch-degenerative Erkrankungen sowie das zunehmende Durchschnittsalter der Bevölkerung stellen die Gesundheits- und Präventionspolitik vor große Herausforderungen. - Krise kommunaler Finanzen: Die strukturelle Unterfinanzierung kommunaler Haushalte führt zu einem erheblichen Investitions- und Sanierungsstau bei der öffentlichen Infrastruktur vor Ort, der bun- desweit mit über 700 Mrd. EUR beziffert wird. Die Zahl der Kommu- nen in Haushaltsnotlagen hat zugenommen und viele Städte und Gemeinden in Deutschland können die Aufgaben der kommu- nalen Selbstverwaltung, darunter auch die Sportförderung, immer schlechter wahrnehmen. Konsequenzen für Sportvereine Der Umfang dieser und weiterer Herausforderungen hat zugenom- men. Vor diesem Hintergrund ist verständlich, dass die Mitglieder- zahlen langsamer wachsen, in einigen Bereichen sogar rückläufig sind. Trotz der unverändert sehr hohen Attraktivität der Sportvereine für Kinder und Jugendliche fällt die Nachwuchsgewinnung schwe- rer und auch die Rekrutierung des ehrenamtlichen Personals ist komplizierter geworden. Vereine bilden Spielgemeinschaften und fusionieren und sie sind einem höheren Wettbewerbsdruck ausge- setzt, da sich neue Konkurrenzen, z.B. privaten Sportanbieter, eta- bliert haben. Die kommunale Sportförderung, rund 80% der gesamten Sportför- derung in Deutschland, kommt nicht mehr in dem bisherigen Um- fang im Sport und bei den Vereinen an. Allein der Sanierungsstau im Sportstättenbereich beträgt bundesweit mind. 42 Mrd. EUR. Als Konsequenz hieraus übertragen Kommunen Verantwortung für und Eigentum an Sportstätten mit zunehmender Tendenz daher auf Sportvereine, die zum Facility Manager werden (müssen). Politikfähigkeit des Sports Trotz dieses gesellschaftspolitischen Umfeldes waren die Chancen und Potenziale für eine zukunftsorientierte Sport- und Vereinsent- wicklung noch nie so groß wie heute: Der Sport in Deutschland kann auf ein flächendeckendes System von Sportvereinen mit ei - ner sehr positiven Angebots- und Mitgliederentwicklung sowie eine umfassende Beratungs- und Interessenvertretungsstruktur von der örtlichen bis zur europäischen Ebene aufbauen. Sport in der Ge- meinschaft des Vereins kann viele Antworten auf die gesellschafts- politischen Herausforderungen geben. Sport im Verein ermöglicht soziale Kontakte und bietet vielfältige Erfahrungsräume. Hier sind Menschen freiwillig, öffentlich wirksam und mit einer besonderen Motivation engagiert. Der Sportverein bildet den Kitt unserer aus- einanderdriftenden Gesellschaft. Er ist ein zentraler Faktor der Inte- gration von Jung und Alt, In- und Ausländern und von Menschen draufgeschaut

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Page 1: Zukunftsorientierte Sport- und Vereinsentwicklung – … · Herausforderungen, Trends, Perspektiven von Andreas Klages Ganztagsschule, demographischer Wandel, Krise kommunaler Finanzen

18 BayernTurner18 BayernTurner

In „draufgeschaut“ schreiben Fachleute aus dem weiten Feld des

Sports - von Bayern bis in die Welt - sie be-richten, kommentieren und gewähren Einblicke.

Zukunftsorientierte Sport- und Vereinsentwicklung – Herausforderungen, Trends, Perspektiven

von Andreas Klages

Ganztagsschule, demographischer Wandel, Krise kommunaler Finanzen – die Liste gesellschaftspolitischer Herausforderungen scheint immer länger zu werden und unser Leben sowie unsere Sportvereine vor Ort zu prägen. Vielfach werden diese Entwicklun-gen als bedrohlich wahrgenommen. Sie beinhalten jedoch auch viele Chancen der Weiterentwicklung des Vereinssports, der seine Zukunft auf ein breites und gewachsenes Fundament aufbauen kann.

Ein Blick zurück: Vom kompakten Verbandssystem zum „Sport für alle“

Bevor man sich der Zukunft zuwendet, sollte man sich daran er-innern, wo man herkommt. Der Sport in Deutschland kann seit 1945 auf eine sehr positive Mitgliederentwicklung zurückblicken. Unterstützt durch eine gesellschaftliche Modernisierung haben sich die Sportorganisationen seit den 1960er Jahren im westlichen Teil Deutschlands immer neuen Zielgruppen geöffnet und ihr An-gebotsspektrum erweitert. Waren es 1960 noch 5,2 Mio. Mitglied-schaften in 29.486 Vereinen, so bilanzierte der Deutsche Olympi-sche Sportbund im Jahr 2010, 20 Jahre nach der Integration des reaktivierten Vereinssports Ostdeutschlands, über 27,6 Mio. Mit-gliedschaften in 91.148 Vereinen. Ein kompaktes Verbandssystem mit dem Schwerpunkt „Wettkampfsport für Jüngere“ hat sich in rund 40 Jahren zu einer vielfältigen Organisation für „Sport für Alle“ entwickelt – eine quantitativ und qualitativ beeindruckende Bilanz des Vereinssports in Deutschland.

Gesellschaftspolitische Herausforderungen

Die Rahmenbedingungen der Vereine sind in den letzten Jahren komplexer geworden und die gesellschaftliche Dynamik hat zu-genommen. Es bedarf daher einer Analyse der gesellschaftspoliti-schen Herausforderungen, die für Sportvereine besonders bedeut-sam sind:

- Demographischer Wandel: Seit Mitte der 2000er Jahre geht die Bevölkerung in Deutschland zurück und wird im Jahr 2060 voraus-sichtlich zwischen 65 und 70 Mio. (2009: 81,8 Mio.) betragen. Der Bevölkerungsrückgang ist verbunden mit einer Verschiebung der Altersstruktur: Die Zahl der Kinder und der Menschen im Erwerbsalter geht zurück, während der Anteil der über 65-Jährigen sowie der Hochaltrigen zunimmt. Bereits heute hat rund ein Fünftel der Bevöl-kerung Deutschlands einen Migrationshintergrund – dieser Anteil wird voraussichtlich zunehmen. Diese Entwicklungstendenzen sind regional unterschiedlich ausgeprägt: Boom- und Schwundregio-nen werden nebeneinander existieren, wobei es kaum eine Kom-mune in Deutschland geben wird, die nicht altert.

- Bildungspolitische Veränderungen: Durch die zunehmende Eta-blierung der Ganztagsschule, die Verkürzung des Abiturs auf zwölf Jahre und die Forderung nach kürzeren Studienzeiten, wird sich die Jugend beschleunigen und die „freie Zeit“ verdichten.

- Wertewandel: Neben der Zunahme virtueller Realitäten werden sich die Wertevorstellungen und Einstellungsmuster weiter verän-dern – die Menschen werden „eigenwilliger“. Darüber hinaus wird die ausgewogene Bevölkerungsstruktur, insbesondere in den Städ-ten, instabiler – die Gesellschaft wird sich weiter ausdifferenzieren und die auch und gerade für die Funktionsfähigkeit der Vereine wichtige Mittelschicht gerät zunehmend unter Druck.

- Gesundheitspolitische Herausforderungen: Phänomene des Über-gewichts und der Adipositas (auch im Kinder- und Jugendalter), lebensstilbedingte chronisch-degenerative Erkrankungen sowie das zunehmende Durchschnittsalter der Bevölkerung stellen die Gesundheits- und Präventionspolitik vor große Herausforderungen.

- Krise kommunaler Finanzen: Die strukturelle Unterfinanzierung kommunaler Haushalte führt zu einem erheblichen Investitions- und Sanierungsstau bei der öffentlichen Infrastruktur vor Ort, der bun-desweit mit über 700 Mrd. EUR beziffert wird. Die Zahl der Kommu-nen in Haushaltsnotlagen hat zugenommen und viele Städte und Gemeinden in Deutschland können die Aufgaben der kommu-nalen Selbstverwaltung, darunter auch die Sportförderung, immer schlechter wahrnehmen.

Konsequenzen für Sportvereine

Der Umfang dieser und weiterer Herausforderungen hat zugenom-men. Vor diesem Hintergrund ist verständlich, dass die Mitglieder-zahlen langsamer wachsen, in einigen Bereichen sogar rückläufig sind. Trotz der unverändert sehr hohen Attraktivität der Sportvereine für Kinder und Jugendliche fällt die Nachwuchsgewinnung schwe-rer und auch die Rekrutierung des ehrenamtlichen Personals ist komplizierter geworden. Vereine bilden Spielgemeinschaften und fusionieren und sie sind einem höheren Wettbewerbsdruck ausge-setzt, da sich neue Konkurrenzen, z.B. privaten Sportanbieter, eta-bliert haben. Die kommunale Sportförderung, rund 80% der gesamten Sportför-derung in Deutschland, kommt nicht mehr in dem bisherigen Um-fang im Sport und bei den Vereinen an. Allein der Sanierungsstau im Sportstättenbereich beträgt bundesweit mind. 42 Mrd. EUR. Als Konsequenz hieraus übertragen Kommunen Verantwortung für und Eigentum an Sportstätten mit zunehmender Tendenz daher auf Sportvereine, die zum Facility Manager werden (müssen).

Politikfähigkeit des Sports

Trotz dieses gesellschaftspolitischen Umfeldes waren die Chancen und Potenziale für eine zukunftsorientierte Sport- und Vereinsent-wicklung noch nie so groß wie heute: Der Sport in Deutschland kann auf ein flächendeckendes System von Sportvereinen mit ei-ner sehr positiven Angebots- und Mitgliederentwicklung sowie eine umfassende Beratungs- und Interessenvertretungsstruktur von der örtlichen bis zur europäischen Ebene aufbauen. Sport in der Ge-meinschaft des Vereins kann viele Antworten auf die gesellschafts-politischen Herausforderungen geben. Sport im Verein ermöglicht soziale Kontakte und bietet vielfältige Erfahrungsräume. Hier sind Menschen freiwillig, öffentlich wirksam und mit einer besonderen Motivation engagiert. Der Sportverein bildet den Kitt unserer aus-einanderdriftenden Gesellschaft. Er ist ein zentraler Faktor der Inte-gration von Jung und Alt, In- und Ausländern und von Menschen

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ohne und mit Beeinträchtigungen. Der Sport im Verein ist ein idea-les Medium für gesundheitliche Prävention und zur Förderung eines gesunden Lebensstils. In vielen Regionen Deutschlands sind Verei-ne zudem mittlerweile der Knotenpunkt kommunaler Zusammen-arbeit und des örtlichen Lebens sowie Kooperationspartner von Ganztagsschulen, Seniorenbüros, Kindergärten etc. geworden. Sportvereine stellen die von ihnen benötigte Sportinfrastruktur zu-nehmend selbst zur Verfügung.Kurz: Der Sport unter dem Dach des DOSB ist ein bedeutsames Poli-tikfeld – vor Ort, auf Landes- und auf Bundesebene. Er ist nicht mehr (nur) die schönste Nebensache der Welt und kann mit gutem Ge-wissen auf sein Leistungsspektrum und gegenüber den politischen Verantwortungsträgern auf die Notwendigkeit eines sportfreundli-chen Unterstützungsumfeldes hinweisen. Sportvereine sollten daher politikfähiger werden, ihre gesellschaftlich bedeutsamen Funktio-nen und Potenziale vor Ort deutlicher artikulieren. Zugleich müssen sie ihre häufig noch dominierende Binnensicht ergänzen durch eine „Außensicht“: Welche konkreten Beiträge kann ich als Verein für eine lebenswerte Kommune leisten? Wo kann ich meine Stärken im Stadtteil einbringen? Welche Erwartungen haben andere Akteure vor Ort an mich? Diese Fragen müssen zunehmend durch Vereine beantwortet werden. Vereine sollten aktiv neue Kooperationspart-ner und -formen – von der Ganztagschule zum Naturschutzverein und vom Gesundheitsamt zum Migrationsbeirat - suchen. Dadurch erweitern sich die Handlungsmöglichkeiten der Vereine.

Zukunftsfaktor: Strategiefähige Vereine

Es gibt keinen „Königsweg“ für eine zukunftsorientierte Vereinsent-wicklung, jedoch viele richtige Wege für Vereine, ihre Ziele zu errei-chen. „Vereine von morgen“ sollten zunächst die Entwicklung in ihrem Umfeld analysieren, Erwartungshaltungen ihrer (zukünftigen) Mitglieder und Handlungs- sowie Kooperationsmöglichkeiten auf-arbeiten und ein klares Vereinsprofil und eine verbindliche Strate-gie entwickeln. Viele Vereine benötigen hierbei Unterstützung und Beratung – hier sind die Verbände gefordert, die Vereine entspre-chend zu begleiten.

Angebots- und Mitgliederentwicklung

Die Themen der Angebots- und Mitgliederentwicklung sind be-kannt: Im Kinderbereich sollte die motorische Grundausbildung und weniger die frühe Spezialisierung im Vordergrund stehen. Bei Jugendlichen sollten die alterstypischen Lebensstile in höherem Maße in die Angebote und in das Vereinsleben integriert werden. Dies setzt entsprechend qualifizierte Übungsleiterinnen und Trainer voraus. Überhaupt sollten Vereine den Themen Qualifizierung so-wie Personalgewinnung und -führung einen noch größeren Stellen-wert beimessen.Im mittleren Erwachsenenalter verändern sich häufig Sportmotive und es entstehen erweiterte Qualitätsansprüche – das Gesund-heits- und Fitnessmotiv, aber auch Wellness- und Ausdauer- sowie Gemeinschaftsmotive, werden ab 40 Jahre zunehmend relevant und sollten sich im Angebotsspektrum für eine alternde Bevölke-rung niederschlagen.

Sporträume – ein unterschätzter Faktor der VereinsentwicklungNeben dem Ehrenamt und den Finanzen sind die Sporträume die wichtigste Ressource der Vereine. Sportstätten in Deutschland sind mit einem hohen Modernisierungsbedarf sowie einem milliar-denschweren Sanierungsstau konfrontiert und sind zu einem Eng-passfaktor der Vereinsentwicklung geworden. Da gleichzeitig die Handlungsfähigkeit der Kommunen im Sportinfrastrukturbereich abnimmt, bleibt den Vereinen keine andere Wahl, als ihre Verant-

wortung für die von ihnen genutzten Sportanlagen auszubauen. Zudem führt eine Ausweitung gesundheits- und fitnessorientierter Angebote zu einem Mehrbedarf an kleinen Räumen. Mit attrakti-ven Sportstätten, die eine hohe Aufenthaltsqualität und Funktiona-lität besitzen, können Vereine punkten!Stichwort Natursport: Je älter Sportaktive werden, je mehr fragen sie den „Sportraum Natur“ nach. Angebote des Sports auf, im und unter Wasser, in der Luft, an Land und im Wald, die den Breitensport mit Gesundheitsmotiven und dem Mehrwert der Naturerfahrung verbinden, haben daher vielfältigen Perspektiven. Zudem spielen Aspekte des Umwelt- und Klimaschutzes in Zukunft eine größere Rolle. Umweltschutz im Sportverein schont Ressourcen, Umwelt und spart Geld!

Zielgruppenorientierung

In vielen Vereinen sind Frauen und Mädchen in allen Altersgruppen unterrepräsentiert – hier bestehen ebenso vielfältige Mitgliederpo-tenziale wie im Bereich der Männer ab dem mittleren Erwachse-nenalter. Zwar gelingt es dem Sport von allen gesellschaftlichen Organisationen (wie z.B. Parteien, Feuerwehren und Wohlfahrtsor-ganisationen) mit weitem Abstand am besten, Menschen mit Mig-rationshintergrund zu integrieren, doch steht diese Aufgabe auch zukünftig auf der Tagesordnung der Vereine, die die spezifischen Sport- und Vereinszugänge dieser Zielgruppe beachten sollten.

„So viele Probleme gab es noch nie“ meinen viele Ver-einsvorstände, denn die Liste der Herausforderungen ist lang. Dennoch: Strategie- und de-mographiesensiblen Vereinen, denen es gelingt, ihre Politikfä-higkeit auszubauen, die Ange-botsentwicklung und Zielgrup-penorientierung zu schärfen und die hierbei „strategische Partnerschaften“ nicht scheu-en, haben viele Perspektiven. Der qualitativ hochwertige Sport in der Gemeinschaft des Vereins hat eine große Zukunft vor sich.

Andreas Klages

Der Autor ist stv. Direktor Sportentwicklung des Deutschen Olym-pischen Sportbundes.

Klages, Jg. 1968, hat Politik, Rechts- und Medienwissenschaften in Marburg/L. studiert und ist Diplom-Politologe. Er war Mitarbei-ter an der Universität Marburg/L., Institut für Politikwissenschaft, sowie Generalsekretär des Deutschen Baseball und Softball Ver-bandes. Seit 2001 ist Klages beim Deutschen Olympischer Sport-bund und dort stellvertretender Direktor Sportentwicklung und Ressortleiter Breitensport/Sporträume. Zu seinen Arbeitsschwer-punkten zählen Sportstättenentwicklung, Sport und Umwelt sowie Strategie- und Grundsatzfragen der Sportentwicklung. Zu seinen Hobbys zählt vor allem das ehrenamtliche Engagement im Sportverein.