zum tode mario ridolofls: faschismus, populismus, und die

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ARCIT-ZEITUNG Am 12. November 1984 ertränkte sich, im Alter von 80 Jahren und fast erblindet der Architekt Mario Ridolfi, nahe seiner Wohnung in Terni. Wer das war? Vielleicht ist es ungerecht, aber um mit einem Wort zu antworten, genügt ein Stichwort: Quartiere Tiburtino, Rom, 1949- 1956. Seine Bedeutung für Italien geht nicht auf in dieser einen Sied- lung. Seine Architektur war viel- mehr seit den dreißiger Jahren ein Knotenpunkt unterschiedlichster Tendenzen. Er begann als Vertreter der jungen Garde des „Raziolismo" im faschistischen Rom, heute gilt er für bestimmte Kreise als Vorläufer der Post-Moderne. Interessant ist aber auch, daß sein Werk wichtige Bezugspunkte zur gleichzeitigen Entwicklung in Deutschland auf- weist. £ eine Arbeiten nach 1945 sind eine klassische Auseinandersetzung mit der Architektur des italieni- schen Faschismus. In dieser Eigen- schaft sind sie zugleich, von heute aus gesehen, ein Regionalismus von links. Seine Jugendgeschichte folgt einem mythologischen Muster. Er kam aus armen Verhältnissen (in Rom geboren 1904) und arbeitete zunächst als Sohn eines Restaura- tors mit dem Vater zusammen, um nach der Arbeit zur Abendschule zu gehen. 6 Jahre, von 1918 bis 1924, hat er dann als Zeichner in einem Inge- nieurbüro gearbeitet; sein Chef bezahlt die weitere Abendausbil- dung in Mittelschule, Technische Fachschule und am Kunstgewerbe- museum von Rom. „5 Jahre kam ich um 23 Uhr nach Hause, natürlich zu Fuß, und aß mein Essen kalt." (Ridolfi über sich selbst, 1943). Ab 1924 besucht er die Hochschule, wo er Adalberto Libera kennenlernt. Diese drei Ausbildungen, Hand- werk, technischer Zeichner und aka- demisches Studium, müssen sich zunächst wie drei nicht miteinander verbundene Schichten übereinan- dergelegt haben. Sie treten sein Leben lang immer wieder unabhän- gig miteinander in Beziehung: als entwaffnend sinnliches Verhältnis zum Material, als technischer Detailfetischismus, als entwurzeltes Studium der reinen bürgerlichen Formen. Es ist leicht zu denken, daß seine Architektur deshalb so wichtig geworden ist, weil er diese drei Schichten vielleicht nie ganz inte- griert, aber auch nie verraten hat. 1926 bis 1931 arbeitet er häufig mit Libera zusammen und probiertalles aus: Neue Sachlichkeit, De Stijl, die russischen Funktionalisten, aber auch den steifsten Neoklassizismus. 1928 entwirft er einen Turm aus gegeneinander verschobenen Schei- ben für die erste „Esposizione ita- liana di Architettura Razionaie", der ganz deutlich den Agip-Hotelturm von 1968 vorwegnimmt. Insgesamt beobachtet man ein opportunisti- sches Verhältnis zur Form. Bis zur Auflösung der römischen Gruppe des MIAR (Movimento ita- liano per l'architettura razionaie) nahm er auch an der Verteidigung des MIAR gegen den Angriff Pia- centinis Teil, mit dem üblichen Argument, wie in Frankreich, Deut- schland, Russland usw., müsse die neue Gesellschaft des Faschismus mit den überlebten ästhetischen Tradtitionen der Demokratie bre- chen. 1933 macht er eine Studien- reise nach Deutschland und in die Schweiz. Der Kontakt wird in den Zum Tode Mario Ridolofls: Faschismus, Populismus, und die Liebe zu den Steinen. folgenden Jahren intensiver, durch Architekten, die nach Italien über- wechseln: Wolfgang Frankl und Konrad Wachsmann. Dadurch lernt er die technologischen Ansätze der Stuttgarter Schule kennen. Mit Frankl beginnt eine jahrzehntelange Zusammenarbeit (in den Kriegsjah- ren allerdings unterbrochen). Das Hauptwerk in diesen Jahren ist das Postamt an der Piazza Bologna in Rom (1933), wo er einen freischwin- genden, überall gerundeten Körper realisiert. Die Technologie ist modern, Stahlbetonskelett, Grund- riss und schwebendes Dach sind „organisch", die Fassaden monu- mentalistisch. Ähnlich ist sein Pro- jekt für den Wettbewerb für den Palazzo Littorio e della Mostra della Rivoluzione Fascista, 1934: Dieser Entwurf beruft sich auf die Pefersko- Ionnaden von Bernini, sieht aber aus wie der Leninplatz in Ost-Berlin. 1940 wendet er sich zum ersten- mal der ländlichen Architektur zu, mit einem Projekt für ein landwirt- schaftliches Gehöft in S. Elia Fiume- rapido, Lazio. Dieses Projekt ent- spricht dem anderen Gesicht des italienischen Faschismus: Reagrari- sierung. Es ist interessant zu sehen, daß gerade in diesen Jahren in Film und Literatur der Neo-Realismus beginnt, der nach dem Fall des Faschismus zur Ideologie der Bewältigung des Faschismus wird. Ridolfi versucht mit diesem Land- projekt erstmals eine anonyme Architektur, d. h. die Volkstradition macht die Architektur, der bürger- liche Architekt verschwindet aus seiner verantwortlichen Rolle. Mit Kriegsende beginnt die er- folgreichste Phase seiner Tätigkeit. Ridolfi ist für die neue Situation voll vorbereitet: in den letzten Jahren des Faschismus hat er sich nicht nur mit der „anonymen" Architektur auseinandergesetzt, sondern zu- gleich eine technologische Basis für sie erarbeitet. Das macht ihn in der Nachkriegssituation relativ konkur- renzlos. Sein Vorhaben ist eine Typisierung und Vereinheitlichung des Wohnungsbaues auf handwerk- licher Ebene. Es handelt sich also nicht um eine Typisierung im Sinne der deutschen Diskussion der 20er Jahre. Ridolfi schlägt eine „tecnolo- gia povera" vor, indem er sich an den Erfordernissen einer einfachen Bau- stelle orientiert, die durch Mangel an technischem Gerät und ein Über- angebot an Arbeitskräften gekenn- zeichnet ist. Die Bausteine für diese handwerkliche Vorfertigung sind zum Teil schon in den 30er Jahren Blatt für Blatt und Detail für Detail von Ridolfi und Frankl gezeichnet Mario Ridolfi worden. Bei der Zusammenfassung orientierte sich Ridolfi an den Baufi- beln des Deutschen NS, aber zitiert graphisch auch ein deutsches Nach- kriegsprodukt, Völckers „Wohnbau- fibel". 1946 erscheint das „Manuale dell'architetto". Es will die zwei gegenläufigen historischen Tenden- zen zusammenbringen: Vereinheit- lichung und regionales Bauen. Die unüberbietbar bissige Kritik Tafuris trifft angesichts der letztlichen Unmöglichkeit dieser Einheit sicher nicht daneben: „...das Manuale... ist Frucht eines gegen Intellektualis- mus durchaus nicht immunen Durchschnitts regionaler Kultur: das regionale Esperanto (esperanto vernacolare), das in ihm technolo- gische Form annimmt, verbinde! sich zu einer Verherrlichung de^ Regionalismus im „folk"-Kostüm. das eine der ideologischen Ingre- dienzen des New Deal's war." Der Hinweis auf das New Deal verrät aber auch, worin Tafuri dem Manuale unrecht tut: er wirft ihm quasi vor, in der damaligen politi- schen Situation erfolgreich gewesen zu sein. Die Situation war eben auch die, daß Schichten für kurze Zeil zum Thema der Politik aufstiegen, um die sich bis dahin niemand wirk- lich gekümmert hatte: das Volk, eine damals in Italien noch vorhandene Mehrheit von Handwerkern, Bauern und land- und arbeitslosen Kleinbürgern. Und ist so schwer vor- stellbar, daß eine kommunistische Kooperative auf dem Dorf sich des Manuale bedienen könnte? Ver- drängt ist auch ein drittes Element in Tafuris Kritik der Baufibel: „eine aus dem Bauch kommende Liebe zum Handwerk" (G. Muratore) und zum Material. Die Akkuratesse des Handwerks ist nicht regionalistisch. sondern international, und die Liebe zu den Steinen ist noch immer gesamtmediterran. Ridolfi verbreitet ab 1945 seine Ideen in Vorträgen und Artikeln, unterstützt von der Zeitschrift „Metron", die Bruno Zev/zusammen mit ihm gegründet hat. Bruno Zevi begann damals, Frank Lloyd Wright und die organische Architektur Nordeuropas in Italien bekannt zu machen. Dieser Einfluß Zevis war nicht unwichtig angesichts der Not- wendigkeit für Ridolfi, sich glaub- haft von seiner rationalistischen Architektur der faschistischen Ära abzusetzen. Wie für die anderen rationalistischen Architekten Ita- liens geht es für Ridolfi darum, in einer Veränderung seiner Form- sprache gleichsam Buße zu tun für seine Anpassung an das „Regime". Große Teile der italienischen In- telligenz haben ähnliche Probleme und sie lösen sie durch die Bewe- gung des Neo-Realismus. Der Neo- Realismus ist der vorübergehende Versuch, das Volk zum Subjekt der Kultur zu machen. Das Volk ist die neue Jungfräuliche" (Asor Rosa) politische Größe, die sich in der Resistenza herausgebildet hat. Auf diese neue Größe projezierten Künstler und Architekten alle ihre neue Absichten: „Die instinktive Hinwendung ... zur Gestalt des Vol- kes ... stellt das Ergebnis dieser spontanen Projektion nach außen dar, des Intellektuellen auf Suche nach einer erneuerten sozialen Be- glaubigung ... seiner eigenen Funk- tion" (Asor Rosa). Anders als in Deutschland, kommt es dabei zu überraschenden Dichotomien: auf

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Page 1: Zum Tode Mario Ridolofls: Faschismus, Populismus, und die

ARCIT-ZEITUNGAm 12. November 1984 ertränktesich, im Alter von 80 Jahren und fasterblindet der Architekt MarioRidolfi, nahe seiner Wohnung inTerni. Wer das war? Vielleicht ist esungerecht, aber um mit einem Wortzu antworten, genügt ein Stichwort:Quartiere Tiburtino, Rom, 1949-1956. Seine Bedeutung für Italiengeht nicht auf in dieser einen Sied-lung. Seine Architektur war viel-mehr seit den dreißiger Jahren einKnotenpunkt unterschiedlichsterTendenzen. Er begann als Vertreterder jungen Garde des „Raziolismo"im faschistischen Rom, heute gilt erfür bestimmte Kreise als Vorläuferder Post-Moderne. Interessant istaber auch, daß sein Werk wichtigeBezugspunkte zur gleichzeitigenEntwicklung in Deutschland auf-weist. £ eine Arbeiten nach 1945 sindeine klassische Auseinandersetzungmit der Architektur des italieni-schen Faschismus. In dieser Eigen-schaft sind sie zugleich, von heuteaus gesehen, ein Regionalismus vonlinks.

Seine Jugendgeschichte folgteinem mythologischen Muster. Erkam aus armen Verhältnissen (inRom geboren 1904) und arbeitetezunächst als Sohn eines Restaura-tors mit dem Vater zusammen, umnach der Arbeit zur Abendschule zugehen. 6 Jahre, von 1918 bis 1924, hater dann als Zeichner in einem Inge-nieurbüro gearbeitet; sein Chefbezahlt die weitere Abendausbil-dung in Mittelschule, TechnischeFachschule und am Kunstgewerbe-museum von Rom. „5 Jahre kam ichum 23 Uhr nach Hause, natürlich zuFuß, und aß mein Essen kalt."(Ridolfi über sich selbst, 1943). Ab1924 besucht er die Hochschule, woer Adalberto Libera kennenlernt.Diese drei Ausbildungen, Hand-werk, technischer Zeichner und aka-demisches Studium, müssen sichzunächst wie drei nicht miteinanderverbundene Schichten übereinan-dergelegt haben. Sie treten seinLeben lang immer wieder unabhän-gig miteinander in Beziehung: alsentwaffnend sinnliches Verhältniszum Material, als technischerDetailfetischismus, als entwurzeltesStudium der reinen bürgerlichenFormen. Es ist leicht zu denken, daßseine Architektur deshalb so wichtiggeworden ist, weil er diese dreiSchichten vielleicht nie ganz inte-griert, aber auch nie verraten hat.

1926 bis 1931 arbeitet er häufig mitLibera zusammen und probiertallesaus: Neue Sachlichkeit, De Stijl, dierussischen Funktionalisten, aberauch den steifsten Neoklassizismus.1928 entwirft er einen Turm ausgegeneinander verschobenen Schei-ben für die erste „Esposizione ita-liana di Architettura Razionaie", derganz deutlich den Agip-Hotelturmvon 1968 vorwegnimmt. Insgesamtbeobachtet man ein opportunisti-sches Verhältnis zur Form.

Bis zur Auflösung der römischenGruppe des MIAR (Movimento ita-liano per l'architettura razionaie)nahm er auch an der Verteidigungdes MIAR gegen den Angriff Pia-centinis Teil, mit dem üblichenArgument, wie in Frankreich, Deut-schland, Russland usw., müsse dieneue Gesellschaft des Faschismusmit den überlebten ästhetischenTradtitionen der Demokratie bre-chen. 1933 macht er eine Studien-reise nach Deutschland und in dieSchweiz. Der Kontakt wird in den

Zum Tode Mario Ridolofls:Faschismus, Populismus, und die Liebe

zu den Steinen.

folgenden Jahren intensiver, durchArchitekten, die nach Italien über-wechseln: Wolfgang Frankl undKonrad Wachsmann. Dadurch lernter die technologischen Ansätze derStuttgarter Schule kennen. MitFrankl beginnt eine jahrzehntelangeZusammenarbeit (in den Kriegsjah-ren allerdings unterbrochen). DasHauptwerk in diesen Jahren ist dasPostamt an der Piazza Bologna inRom (1933), wo er einen freischwin-genden, überall gerundeten Körperrealisiert. Die Technologie istmodern, Stahlbetonskelett, Grund-riss und schwebendes Dach sind„organisch", die Fassaden monu-mentalistisch. Ähnlich ist sein Pro-jekt für den Wettbewerb für denPalazzo Littorio e della Mostra dellaRivoluzione Fascista, 1934: DieserEntwurf beruft sich auf die Pefersko-Ionnaden von Bernini, sieht aber auswie der Leninplatz in Ost-Berlin.

1940 wendet er sich zum ersten-mal der ländlichen Architektur zu,mit einem Projekt für ein landwirt-schaftliches Gehöft in S. Elia Fiume-rapido, Lazio. Dieses Projekt ent-spricht dem anderen Gesicht desitalienischen Faschismus: Reagrari-sierung. Es ist interessant zu sehen,daß gerade in diesen Jahren in Filmund Literatur der Neo-Realismusbeginnt, der nach dem Fall des

Faschismus zur Ideologie derBewältigung des Faschismus wird.Ridolfi versucht mit diesem Land-projekt erstmals eine anonymeArchitektur, d. h. die Volkstraditionmacht die Architektur, der bürger-liche Architekt verschwindet ausseiner verantwortlichen Rolle.

Mit Kriegsende beginnt die er-folgreichste Phase seiner Tätigkeit.Ridolfi ist für die neue Situation vollvorbereitet: in den letzten Jahrendes Faschismus hat er sich nicht nurmit der „anonymen" Architekturauseinandergesetzt, sondern zu-gleich eine technologische Basis fürsie erarbeitet. Das macht ihn in derNachkriegssituation relativ konkur-renzlos. Sein Vorhaben ist eineTypisierung und Vereinheitlichungdes Wohnungsbaues auf handwerk-licher Ebene. Es handelt sich alsonicht um eine Typisierung im Sinneder deutschen Diskussion der 20erJahre. Ridolfi schlägt eine „tecnolo-gia povera" vor, indem er sich an denErfordernissen einer einfachen Bau-stelle orientiert, die durch Mangelan technischem Gerät und ein Über-angebot an Arbeitskräften gekenn-zeichnet ist. Die Bausteine für diesehandwerkliche Vorfertigung sindzum Teil schon in den 30er JahrenBlatt für Blatt und Detail für Detailvon Ridolfi und Frankl gezeichnet

Mario Ridolfi

worden. Bei der Zusammenfassungorientierte sich Ridolfi an den Baufi-beln des Deutschen NS, aber zitiertgraphisch auch ein deutsches Nach-kriegsprodukt, Völckers „Wohnbau-fibel". 1946 erscheint das „Manualedell'architetto". Es will die zweigegenläufigen historischen Tenden-zen zusammenbringen: Vereinheit-lichung und regionales Bauen. Dieunüberbietbar bissige Kritik Tafuristrifft angesichts der letztlichenUnmöglichkeit dieser Einheit sichernicht daneben: „...das Manuale... istFrucht eines gegen Intellektualis-mus durchaus nicht immunenDurchschnitts regionaler Kultur:das regionale Esperanto (esperantovernacolare), das in ihm technolo-gische Form annimmt, verbinde!sich zu einer Verherrlichung de^Regionalismus im „folk"-Kostüm.das eine der ideologischen Ingre-dienzen des New Deal's war."

Der Hinweis auf das New Dealverrät aber auch, worin Tafuri demManuale unrecht tut: er wirft ihmquasi vor, in der damaligen politi-schen Situation erfolgreich gewesenzu sein. Die Situation war eben auchdie, daß Schichten für kurze Zeilzum Thema der Politik aufstiegen,um die sich bis dahin niemand wirk-lich gekümmert hatte: das Volk, einedamals in Italien noch vorhandeneMehrheit von Handwerkern,Bauern und land- und arbeitslosenKleinbürgern. Und ist so schwer vor-stellbar, daß eine kommunistischeKooperative auf dem Dorf sich desManuale bedienen könnte? Ver-drängt ist auch ein drittes Elementin Tafuris Kritik der Baufibel: „eineaus dem Bauch kommende Liebezum Handwerk" (G. Muratore) undzum Material. Die Akkuratesse desHandwerks ist nicht regionalistisch.sondern international, und dieLiebe zu den Steinen ist noch immergesamtmediterran.

Ridolfi verbreitet ab 1945 seineIdeen in Vorträgen und Artikeln,unterstützt von der Zeitschrift„Metron", die Bruno Zev/zusammenmit ihm gegründet hat. Bruno Zevibegann damals, Frank Lloyd Wrightund die organische ArchitekturNordeuropas in Italien bekannt zumachen. Dieser Einfluß Zevis warnicht unwichtig angesichts der Not-wendigkeit für Ridolfi, sich glaub-haft von seiner rationalistischenArchitektur der faschistischen Äraabzusetzen. Wie für die anderenrationalistischen Architekten Ita-liens geht es für Ridolfi darum, ineiner Veränderung seiner Form-sprache gleichsam Buße zu tun fürseine Anpassung an das „Regime".

Große Teile der italienischen In-telligenz haben ähnliche Problemeund sie lösen sie durch die Bewe-gung des Neo-Realismus. Der Neo-Realismus ist der vorübergehendeVersuch, das Volk zum Subjekt derKultur zu machen. Das Volk ist dieneue Jungfräuliche" (Asor Rosa)politische Größe, die sich in derResistenza herausgebildet hat. Aufdiese neue Größe projeziertenKünstler und Architekten alle ihreneue Absichten: „Die instinktiveHinwendung ... zur Gestalt des Vol-kes ... stellt das Ergebnis dieserspontanen Projektion nach außendar, des Intellektuellen auf Suchenach einer erneuerten sozialen Be-glaubigung ... seiner eigenen Funk-tion" (Asor Rosa). Anders als inDeutschland, kommt es dabei zuüberraschenden Dichotomien: auf

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ARCI-T -ZEITUNGder faschistischen Seite der Ästheti-zismus des bürgerlichen Subjekts,auf der neuen Seite die Kultur desVolkes, auf der alten Seite die Ver-herrlichung der Vernunft, auf derdemokratischen Seite die Gefühle,das Regionale, das lebendige„Ambiente", das Organische in derForm. Kennzeichnend für dieseStimmung sind z. B. Carlo LevisRoman „Christus kam nur bisEboli" (1945) und die Filme DeSicas, „Roma cittä aperta", (1945),„Fahrraddiebe" (1948), „Miracolo aMilano" (1951).

Ridolfis Ansatz entspricht abernicht nur genau einer kulturpoliti-schen Wende, sondern auch einerentsprechenden politischen Situa-tion, und insbesondere dem Popu-lismus der damaligen DemocraziaCristiana. Seine Vorstellungengehen in einer unglaublichen Voll-ständigkeit, die bis in die Wortwahlreicht, in die „Legge Fanfani" von1949 ein. In diesem Gesetz desdamaligen Ministers werden die kul-turellen Impulse des Neo-Realis-mus für eine Beschäftigungspolitikbenutzt, die den Massen Arbeit gibt,ohne sie zu industrialisieren. Tafuriweist mit Recht daraufhin, daß diesim Gegensatz steht zur norditalieni-schen Architektursituation, wo dieMassen industrialisiert und beschäf-tigt sind, aber Häuser brauchen. ImMezzogiorno ist das Haus Mittel derBeschäftigungspolitik, und die „tec-nologia povera" bietet die Chance,mit den örtlichen handwerklichenMitteln Arbeit zu schaffen. Auf die-sem Hintergrund werden die IdeenRidolfis nicht nur zum Credo derrömischen Schule, sondern folge-richtig auch staatlich institutionali-siert. Der neo-realistische, „kultu-relle" Einfluß auf die Politik der DCzeigt sich vor allem in der Betonungdes „Ambiente", der regionalenUmwelt: „Das Haus soll zur.Bildungeiner städtischen Umwelt beitragen,indem es die geistigen und materiel-len Bedürfnisse des Menschen ver-gegenwärtigt, des wirklichen Men-schen und keines abstraktenWesens: des Menschen also, der dieunendlichen und monotonen Wie-derholungen desselben Wohnungs-typs, wo er seine eigene Wohnungnur durch eine Nummer unterschei-det, weder liebt noch versteht. Erlehnt die Schachbrettplanung ab'und bevorzugt Umgebungen, diezugleich gesammelt und bewegtsind. Es werden also die Bedingun-gen des Geländes .sein, die Beson-nung, die Landschaft, die Vegeta-tion, die vorhandene Umwelt, dieLokalfarbe, die die planmäßigeKomposition verdeutlichen werden,damit die Bewohner der neuen städ-tischen Zentren den Eindruckhaben, daß darin auch etwas Sponta-nes, Genuines ist, etwas, was unlös-lich mit dem Boden verschmolzenist, auf dem diese Zentren entste-hen." Das geht so weit, daß sogar imGesetz gefordert wird, „ausdrück-lich zu versuchen, eine Umwelt(Ambiente) zu schaffen, wenn derOrt von Natur aus keine aufweist."(Legge Fanfani vom 28. 2. 1949).

Geht man, diesen Text im Kopf,ins Quartiere Tiburtino in Rom, fin-det man die Legge Fanfani in gebau-ter Form wieder. Über die Reich-weite der Architektur bei der Ver-besserung der Welt mag man den-ken wie man will, eines ist hier voll-kommen überzeugend: wie sehr der„ambientale" Ansatz hier tatsäch-

LageplanQuartier Tiburtino in Rom, 1950

Architekten:Gruppe Quaroni und Ridolfi(Aymonino, Chiarini, Fiorentino, Gorio, Lama, Lenci, Lugli, Melagrani, Menichetti,Quaroni, Ridolfi, Valori.)

fr?

Heutiger Zustand

lieh geglückt ist. Man sieht das ander Differenz zwischen Gesamtplanund konkreter Situation. Der Plan istbanal und könnte irgendwo inEuropa realisiert worden sein. Manmuß hingehen, dann verschwindetder Eindruck von Geplantheit, esscheint, als hätten die Häuser immerschon da gestanden. Man hat denEindruck einer gewachsenen anony-men Architektur und traditionellerRäume. Dabei ist gerade diesesQuartiere nicht von Ridolfi alleingeplant worden, sondern gleichbe-rechtigt mit einem so unterschiedli-chen Architekten wie LudovicoQuaroni und einer ganzen Gruppeanderer, junger, verheissungsvollerArchitekten (u. a. Carlo Aymonino).

Die Wirkung des Quartiers hängtkeineswegs an den folkloristischenDetails, den offenen Trockenbödenaus der Landarchitektur, den unre-gelmäßigen Dachformen der mit-telalterlichen Stadtbilder. Vielmehrentwickelt sich der populistischeEindruck durchaus aus der Woh-nungspologie. Es ist natürlich keinZiel gewesen, die stringente Pla-nung der Wohnungen und Haus-teile nach außen erscheinen zu las-sen. Es stehen aber sowieso nichtnur populistische Erscheinung undfunktionalistische Wohnungstypo-logie gegeneinander, so leicht kannman sich die Polemik keineswegsmachen. Sieht man sich z. B. diePunkthäuser an, so ist die Typologiedurchaus mehrdimensional. Einer-seits wird ein mediterraner Agglo-merationstyp neu formuliert, ande-rerseits geschieht dies mit der funk-tionalen Eindeutigkeit eines Drei-spänners auf der Berliner Interbau1957. Deswegen wirken die folklori-stischen Zitate nicht angehängt,sondern wie genau an ihrem Orte,und sie sind nicht nur Eigenschaf-ten, Design, einzelner Häuser, son-dern eingebaut in eine raumbil-dende Beziehung zwischen denHäusern. Sehr schön sagt GiovanniAstengo (1951): „...wer dort wohnt,erkennt mühelos die Weitungenund verliebt sich in seine Ecke."

Das Quartiere Tiburtino stehtnicht allein, sondern es ist Teil einesüber ein Jahrzehnt reichendes,umfangreichen Bauprogrammes derINA-CASA, der zur Verwirklichungder Legge Fanfani geschaffenen staat-lichen Wohnungsbaugesellschart.Im Verlauf der 50er Jahre realisierteRidolfi eine ganze Anzahl weitererSiedlungen. Alle haben einen eherbescheidenen Umfang und liegenaus Kostengründen weit ausserhalbder Städte. Das neo-realistischeExperiment einer anonymen Archi-tektur geht aber wesentlich schnel-ler zu Ende als das Bauprogramm.Bereits in der zweiten Hälfte der50er Jahre schafft das Wirtschafts-wunder neue Bedingungen, und dieArchitektur paßt sich dem an.

Ridolfi hat aber auch schongleichzeitig mit dem QuartiereTiburtino eine andere Form desMassenwohnungsbaus entwickelt,z. B. im Quartiere INA-Casa in Ceri-gnola, Foggia (1950), wo er einestrenge, aber personen- und nichtortsgebundene Formsprache an-wendet. Das gilt noch mehr für dengroßstädtischen Wohnungsbau inViale Etiopia in Rom (1951-54), wodie Spekulation die Ausnutzung dik-tiert. Die Volkskultur zieht sich hierauf eine zweite Schicht von hand-werklichen ornamentalen Eingrif-fen innerhalb des strengen Betonra-

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ARCH+-ZEITUNG:

Skizzen,

Eigenes Haus, gen. „Casa Lina", Marmore(Terni), 1966

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ARCH+-ZEITUNGsters zurück (und über das neunteStockwerk baute damals Ridolfi zumerstenmal jene Pseudo-Satteldä-cher, die in der heutigen DeutschenSpekulationsarchitektur so beliebtsind.)

Für den ganzen späteren Woh-nungsbau Ridolfis mag der Hinweisauf den Quartiere San Liberale inTreviso, 1957-58, ausreichen.Obwohl es keine Spur des neo-reali-stischen Vokabulars mehr gibt, sinddie öffentlichen Räume ähnlich wieim Quartiere Tiburtino. Wie dortgibt es zwei Häusertypen: Turm undReihenhaus. An die Stelle scheinbaranonymer Unregelmäßigkeiten istdie vollständige architektonischeDurcharbeitung der sichtbarenForm getreten. Beide Typen sindeinfache geschlossene Baukörper,wobei die Reihenhäuser ländlicheZüge haben (Vorgarten und Ziegel-dach), die Türme eher klassischgeformte Stadtpalazzi sind, mitSockelgeschoß und Zinnen. Deröffentliche Raum ist kein kollektiverGesamtraum mehr wie in Rom, son-dern zerfällt zwiebelartig in öffent-liche, halböffentliche und privateSchichten, die sich um die Häuserherumlegen. Noch heute grenzenWiesen und Äcker an die Siedlungan. Erstaunlicherweise gilt für beideSiedlungen gleich, daß sie unge-heuer zeitgemäß aussehen.

Ridolfis Spätwerk konzentriertsich fast ausschließlich in Apulien,in Terni. Dort hat er zusammen mitFrankl nicht nur den Generalplander Stadt aufgestellt, sondern auchin der kriegsbeschädigten Altstadtvon Terni gewichtige Eingriffe vor-genommen, eine große Schule,Wohnungen, Geschäftshäuser. Da-bei zeigt sich, daß Ridolfi kein„behutsamer" Architekt gewesenist, sondern für seine Neubauten dasgleiche Gewicht und von Fall zu Fallein mehr an Kubatur beansprucht

Ansicht,

wie die historischen Bauten. InTerni hat Ridolfi 1966 auch sein eige-nes Haus gebaut, das er „Casa Lina"genannt hat (Umkehrung vonL'INA-Casa). 1976 hat er sich hierendgültig zurückgezogen. Diese„Casa Lina" ist typisch für seine letz-ten Arbeiten, einige wenige Haus-umbauten und Einfamilienhäuser.Nach den gewaltigen Siedlungsmas-sen der 50er Jahre und Mammut-projekten wie dem Knast vonNuoro, konzentriert er sich gezwun-genermaßen auf den allerkleinstenMaßstab. Auch jetzt wird er nichtrural, der kleine Maßstab läßt dasMaterial vielmehr hervortreten aberdas Schema ist dasselbe wie in derViale Etiopia in Rom, ein techni-sches Gerüst, ein rationalistischesGesamtdesign und eine von dertechnischen Struktur gerahmte,aber irgendwie unabhängige Sinn-lichkeit des Materials.

Wenn es jemanden gibt, der inden letzten zehn Jahren sich umRidolfi gekümmert hat, ist das PaoloPortoghesi. Ohne ihn gäbe es wenigMaterial über Ridolfi. PortoghesisInteresse an Ridolfi ist erklärlich: erfindet in ihm einen Vater für seineeigenen ornamentalen Abweichun-gen, und über den Mythos von derhandwerklichen Herkunft ein Bin-deglied zwischen ihm und demUrvater Francesco Borromini. Por-toghesis These, daß Ridolfi einer derVäter der Post-Moderne sei, wäreaber kein ausreichender Grund umsich mit ihm zu befassen. Wir sam-meln im folgenden noch einmal diePunkte, wo uns Ridolfi heute span-nend zu sein scheint.

Die erste, allgemeinere Fragen-ebene betrifft die „anonyme" Archi-tektur. Es fällt auf, daß Ridolfi nurwenige Male damit ernst macht, ammeisten beim Quartiere Tiburtino.Die erfahrbare Annehmlichkeiteiner anonymen Architektur ist ja

gegeben sowohl in alten Städten wieauch in Neubauvierteln wie demQuartiere Tiburtino oder neuerenVersuchen (meinen Kroll, RalphErskine), daß die Decke des Neo-Realismus - und jedes anderenPopulismus - zu kurz ist. Man kannnicht jahrzehntelang und millionen-fach „Ambiente" produzieren. Derspringende Punkt liegt aber woanders, nämlich weniger in der Echt-heit des Ambiente, als in der unein-gelösten Utopie, eines Verschwin-den des Architekten. Davon hatRidolfi sicherlich geträumt, aber daseinzige Werkzeug, das er zur Ver-fügung hatte, war die Ideologie desHandwerkers, der in der Qualitätseiner Arbeit und seiner Werkstoffeerscheint. Das bürgerliche Ver-schwinden aus der Form hat Ridolfinie geschafft, auch kein anderer.Sein manisches Zeichnen ist einKommentar dazu: eine Art Bußedafür, daß er als Handwerker garnicht mehr arbeitete. Stattdessenhat er alles immer wieder neu zuzeichnen. Je mehr er zeichnet, destomehr Formen produziert er, destoschärfer stellt er sich als Architektden wirklichen Handwerkern oderArbeitern gegenüber, die in derRegel wissen, wie man einen Steinschneidet oder wie man ein Fenstermacht oder ein Gitter biegt. SeinBündnis mit den Steinen, und denNaturformen hilft ihm dabei nichtviel. Wie alle Architekten, ist er letzt-lich mit den schönen Steinen einiggegen die Menschen. Aber er hältdie wichtigsten Wünsche seinerArbeit exemplarisch offen: Versöh-nung mit dem Material, Anpassungan einfache Arbeitsbedingungen,Verschwinden des Architekten ausder Form.

Dann die „politischere" Ebene:Wir haben den biographischenBezug Ridolfis zum Deutschlandder 30er Jahre schon angedeutet.

Dieser Einfluß reicht aber weiter alshier ausgeführt werden konnte.Spannend für den Vergleich mitDeutschland ist aber, wie ähnliche,oder fast gleiche, Motive in politischganz unterschiedliche Situationeneingebettet sind, und zwar in Deut-schland in der Vorphase des NS undteils auch in den NS selbst, in Italienin die Phase der Bewältigung desFaschismus nach dem Krieg, durcheine aus der Resistenza hervorge-hende Kulturbewegung. Das gilt fürdie verschiedenen Ebenen desarchitektonischen Herangehens: z.B. wenn Ridolfi sich in seiner Zei-chenweise oder in seinen Reihen-haustypen ausdrücklich auf Tesenowberuft, so steht das in Italien ineinem ganz anderen Kontext.Ebenso sind die Formspekulatio-nen, die Ableitung von Formen ausdem Kristall oder aus der Blattstruk-tur, von denen eines Kükelhausnicht weit entfernt, und bringendoch eine ganz andere Sozialitätzum Tragen. Sowohl in der Phasedes Neo-Realismus wie in der Wirt-schaftswunderphase wird das Aus-drucksverlangen des Architekten ineine soziale Richtung geschickt,während in Deutschland geradeformmüde oder formschwacheArchitekten von den staatlichenAusdrucksbedürfnissen des NSangezogen wurden.

Entsprechend stand in Deut-schland 1945 nicht der Populismusauf dem Programm, sondern dieRückkehr zur reinen und politi-schen Architektur, deren Spaltungund Repolitisierung erst in den letz-ten Jahren auf der Ebene der Formdurchgeschlagen ist: auf der einenSeite postmoderne Stadtpaläste, aufder anderen Seite eine neue „archi-tettura povera".

Dieter Hoffmann-Axthelm,Ludovica Scarpa

Literatur:

G. Astengo, Nuovi Quartier! in Italia,Urbanistica, 1951, n. 1, S. 9-25.V. Gregotti, Alcune recenti opere diRidolfi, Casabella, 1956, giugno, n. 210.Controspazio, 1974, n. 1 (Monographieüber Ridolfi).A. Asor Rosa, Storia d'ltalia. Vol. IV0,Dall'Unit ad oggi, Bd. 2, La cultura,Torino, 1975 (Insb. Fl Neorealismo,S. 1604-1615).S. Danesi, L. Patetta (Hrsg.) 11 Raziona-lismo e l'architettura in Italia durante ilFascismo, Venezia, 1976.M. Ceniiamo (Hrsg.), Materiali perl'Analisi dell'architettura moderna, ilMIAR, Napoii, 1976.Comune di Terni, Le Architetture diRidolfi e Frankl, Catalogo della Mostra, acura di F. Ceilini, C. D'Amato, E. Vale-riani, Terni, 1979.F. Cellini, C. D'Amato, 11 mestiere diMario Ridolfi. in: La Presenza de! Passa-to, 1° Mostra Internazionale di Archi-tettura, La Biennale di Venezia, Venezia,1980, S. 68-76.M. Tafuri, Architettura italiana, 1944-1981, in Storia delPArte Italiana, Parte11°, Vol. 3°, II Novecento, Torino, 1982,S. 425-550.Paolo Portoghesi, Ridolfi, quandoParchitettura e poesia, in:La Repubblica, Milano, 14.11. 1984.

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archithcse 4Das Thema „Ort", Schwerpunkt vonarchithese 3-84 (vgl. 78 ARCht, S.8) ragt in das 4. Heft und findetscheinbar (hoffentlich nicht endgül-tig) seinen Abschluß im 5. Heft desJahrgangs '84; leider liegt mir zumRedaktionsschluß die letzte archi-these '84 noch nicht vor. Fortset-zung wird es durch Aufsätze zuhistorischen Formen der „interpre-tation du 'locus'" (Malfroy), bei-spielhaft festgemacht an der VillaSerego von Palladio (Malfroy,„Architecture de villa et interpreta-tion du 'locus'"), an der „Antiken-konstruktion in der Havellandschaftdes Berliner Klassizismus" (Pieper,„Der Ort des Humanismus") und ander Landschaftsmalerei C. D. Fried-richs (Grütter, „Die Landschaft alsIdentifikationsort") (archithese 4-84). Colli („Der Verlust des Ortes")setzt sich mit den philosophischenGrundlagen des Norberg-Schulz'-schen „genius loci" auseinander. Sieweist daraufhin, daß sich der „städ-tische Ort... mehr und mehr zu einerstädtischen Auswirkung' wand-le"; man müsse erkennen, „daß

der Tod des ,genius loci' in derkollektiven Erinnerung schon einge-treten" sei. Das Ignorieren des Ver-schwindens des „genius loci" begün-stige nicht die „Möglichkeit einerWiedergeburt, sondern vielmehrdiejenige eines neuerlichen Verken-nens" (archithese 5-84). Die Fragen,die sich m. E. in diesem Zusammen-hang stellen, sind die, ob es jemals inder Geschichte von Klassengesell-schaften eine solche „kollektiveErinnerung" an einen „genius loci"gegeben hat und inwieweit in unse-rer Gesellschaftsformation an eine„Möglichkeit einer Wiedergeburt"eines sog. „genius loci" überhauptgedacht werden kann.

Thematisch betrachtet, knüpft imweiteren Sinne der Themenschwer-punkt der archithese 4-84 an diesenFragestellungen an: „Bereiche vonÖffentlichkeit". Er beginnt miteinem einleitenden „Gespnäch überden städtischen Raum" („Bereichevon Öffentlichkeit"), das MartinSteinmann, der Redakteur der archi-these mit den Architekten Hoesli,Marbach und Rüege, dem Stadtpla-ner Wanner und mit dem Architek-turhistoriker v. Moos führte. Beinäherer Lektüre erscheint diesesGespräch eher als thematischesGelenk zwischen den Schwerpunk-ten „Ort" und „Öffentlichkeit". Das,was den städtischen „Ort" aus-mache, die Stadt als Form (Wanner),als Bilderwelt (Steinmann), fürderen Gestaltung die „Grammatikdes städtischen Raumes" anhandvon geschichtlichen Beispielen erstwieder gelernt werden müsse (Stein-mann), stehen eigentlich im Mittel-punkt des Gesprächs. Abgesehenvon der m. E. unzulässigen Reduk-tion der Begriffe Öffentlichkeit undPrivatheit auf ausschließlich räum-liche Kategorien scheint es fürsolche Gespräche unter „Fachge-nossen" charakteristisch zu sein,analog der umstrittenen phänome-nologischen Auffassung des Begriffs„Ort" (vgl. 78 ARCH+) auf der phä-nomenologischen Ebene und imanschaulichen Denken zu verhar-ren. Eine kritische Auseinanderset-zung mit den Begriffen „Ort" und„Öffentlichkeit" und mit der Bedeu-tungshaftigkeit des städtischen Rau-mes fand nicht statt, obwohl Stein-mann, v. Moos und Wanner Ansatz-

ARCH+-ZEITUNG

Zeitschriflenschau

archithese 4-84 archithese 5-84

Bereiche von

^ Öffentiichkeit/OrtllDomaines pubfics/lieu M

punkte hierfür lieferten.Castex's Beitrag („Eine Stadt

lesen: Versailles") beschäftigt sichmit dem Zusammenhang zwischendem Dualismus von Öffentlichkeitund Privatheit und dem Stadtraum;dieser Dualismus ist jedoch nur einAspekt seiner „architektonischenGeschichte der Stadt". In seinemVersuch, die typologische unjl mor-phologische Methode mit der„anthropo-soziologischen Metho-de" zu verbinden, begreift er dieBegriffe Öffentlichkeit und Pri-vatheit auch in ihren sozialenDimensionen (Repräsentation undKontrolle vs. Aneignung, Verände-rung und Markierung). Seiner Artvon Geschichtsschreibung, in der ervorrangig von den Bestandteilen derStadt, Gebäudetypen und Gebäude-block, auf das Gesamte der Stadtschließt, ist kritisch anzumerken:Die Stadt, vor allem von ihren sozial-räumlichen und symbolischenInhalten her gesehen, ist mehr alsdie einfache Summe ihrer Teile. DieMarkierung von städtischen Räu-men durch Kunst und Alltags-Ästhetik und ihre öffentliche Funk-tion sind die Themen der Aufsätzevon Kesser („Plätze-Zeichen derGemeinschaft"), Cattaneo („Kritze-leien von Kindern - oder die Erobe-rung des gebauten Raumes") undvon Holz („Zur Öffentlichkeitsfunk-tion von Kunst"). Den Kunstwerkenseien - so Holz - im architektoni-schen und städtebaulichen Kontext„die Chancen zur Objektivierunggegeben - Gestaltung kollektiverFunktion und nicht bloß Ausdruckvon Subjektivität zu sein". Wenndavon ausgegangen wird, die Kunstkönne „ein wichtiges Moment derBewußtseinsbildung, des kollekti-ven Selbstverständnisses werden"(Holz), so stellen sich m. E. zwangs-läufig die Fragen nach der Wahrneh-mungskompetenz der Perzeptien-ten von Kunstwerken, nach denpraktischen und psychischen Aneig-nungsmöglichkeiten von Kunst undnach der Existenz des vermeintli-chen „Kollektivs" bzw. einer einheit-lichen Öffentlichkeit in der bürgerli-chen Gesellschaft. Cattaneo wider-legt - wenn auch nur indirekt - dieAuffassung über die Existenz einer

Aufbau / Wiederaufbau / Reconstmction

einheitlichen bürgerlichen Öffent-lichkeit; sie setzt der Erwachsenen-gesellschaft die „Kindergesellschaft"gegenüber. Sensibel für die Alltags-Ästhetik spürt sie die Spuren (Krit-zeleien, Linien und Markierungen)der „Kindergesellschaft" in gebau-ten Räumen und unfertigen räumli-chen Situationen auf, die nicht nurauf die reale und symbolische Er-oberungen und Besetzungen vonOrten durch Kinder verweisen, son-dern zugleich in das kindliche„Kommunikationssystem" und zuihrer Gruppenkultur gehören.

Es gibt also eine gruppenspezi-fisch segmentierte, vermutlich aucheine sozial segmentierte Öffentlich-keit. Hierum kreist der Beitrag vonFühr und Stemmrich („Inhalte vonÖffentlichkeit"). Sie definierenÖffentlichkeit als einen sozialenSachverhalt, als „Vergemeinschaf-tung von Handlungen und Erfah-rungen", d. h. „als bestimmtes sozia-les Verhalten, das sich ausdifferen-zieren und unterschiedliche Inhaltehaben" kann. Anhand von Beispie-len zeigen sie, daß es verschiedeneArten und Formen von Öffentlich-keit gibt. Öffentlichkeit sei eine„Dimension des sozialen Handelns"und nicht eine „Eigenschaft mehroder weniger offener, bloß architek-tonischer Volumen". Gegen diegegenwärtige Stadtraumdiskussiongewendet, formulieren sie dieThese, daß die ästhetische Fassungvon Architektur und Stadtraumallein nichts ermögliche; die mate-rielle Umwelt setze nur gewisseBedingungen bei der Konstitutionvon Öffentlichkeit. „Nur durchbestimmte soziale Handlungsreizeund -anlasse (werde) eine je spezi-fische Öffentlichkeit erreicht"(Führ/Stemmrich). Erst auf derBasis der Erkenntnis, daß in unsererGesellschaftsformation Öffentlich-keit wie Privatheit nur als gruppen-spezifisch und sozial segmentiertebegriffen werden und Architekturund Stadtraum nur als Mediensozialen Verhaltens und Handelnssein können, wird m. E. eine adä-quatere Diskussion über denZusammenhang von Öffentlichkeit/Privatheit und dem SozialraumStadt möglich.

archithese 5-84ist schwerpunktmäßig den Sied-lungs- und Wiederaufbaumaßnah-men in unterentwickelten Regionenin Europa und in der sog. „DrittenWelt" und der ersten Wiederaufbau-phase nach dem Kriege gewidmet.In der ersten „Abteilung" werdender Wiederaufbau von Bauernhöfenin der Campania („Wiederaufbauvon Bauernhöfen in Castelnuovo diConza/Campania"), experimentelleHäuser in Peru („Maisons experi-mentales Previ, Lima, Perou"),„Häuser in Man, Elfenbeinküste"und Wiederaufbaumaßnahmen inerdbebengeschädigten GebietenGuatemalas („Wiederaufbau inGuatemala") vorgestellt - alles„schweizerische" Projekte. Abge-schlossen wird dieser Teil von einemBeitrag von Löpfe „zum Problemdes Ethnozentrismus im Umgangmit der 3. Welt" („Das Eigene unddas Fremde").

Die zweite „Abteilung" beginntmit dem sehr informativen Aufsatzvon Meili und Peter über die erstenRaumplanungsvorschläge, die er-sten Anstrengungen zur Industriali-sierung der Bauproduktion, überden praktischen Wiederaufbau undden staatlich gelenkten, sozialenMassenwohnungsbau in Frankreichnach 1944 („Bauen in Frankreich(nach 1944)"). Frank beschäftigt sichmit dem deutschen „Neuanfang"nach dem Kriege im Stadtbau, Woh-nungswesen und in der Architektur(„ ... Rettung der Seele durchGestalt"). Um eine besondere bau-liche Erscheinungsform des Wieder-aufbaus im britischen Besatzungs-gebiet, die „Nissen-Hütten", undihre Nutzung dreht sich der Beitragvon Hohns („Wer einmal unter'mBlechdach saß"). Eine „verpaßteGelegenheit" beim Nachkriegswie-deraufbau in Wien, dem erst im 19.Jh. bebauten Glacis am Donauka-nal, erörtert Birkner („DieGeschichte korregieren?"). DenWiederaufbau Mailands und dieihm zugrundeliegenden „reflexionssur les catastrophes et la dynamiqueurbaine" beschreibt Vitale („Lamemoire et les pierres"). Preusler'sBeitrag zu Schwagenscheidts städte-baulicher Tätigkeit in der UdSSR inden 30er Jahren fällt etwas aus demRahmen des Heftschwerpunktes(,„Ich gehe von dem wirklichenLeben aus...'"). Er behandelt ein inder „Fachöffentlichkeit" noch wenigbekanntes, m. E. aber bedeutsamesKapitel deutscher Architekten- undPlanergeschichte. Preusler gelingtes, einige der Ursachen der Ernüch-terung der „modernen" Planer unddes Scheiterns der „Expedition desNeuen Bauens" unter den gesell-schaftlichen, materiellen und ideo-logischen Bedingungen des sich imAufbau befindenden sozialistischenStaates aufzuzeigen.

Nach fast einem Jahrgang archi-these, der einige Einblicke inaktuelle Diskussionen um Architek-tur und Städtebau gewährte, kannman gespannt dem neuen Jahrgangdes Periodikas entgegensehen.

Erich Konter

Housing ReviewNr. 6, Nov./Dez. 1984Kaum Grund zum jubeln konsta-tiert Housing Review zum Ende desJubiläumsjahres 1984 einleitend.(Not Yet Much Cause for Jubilation,S. 225)

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ARCH -ZEITUNG• Der Wohnungsbestand verfällt

schneller als er instandgesetztbzw. erneuert werden kann.

• Die in Systembauweise errich-teten Hochhäuser (tower blocks)verschlingen astronomischeSummen an Reparaturkosten.

• Auch Ende 1984 besteht weit-gehende Unsicherheit darüberwie die begrenzten Mittel ameffektivsten eingesetzt werdenkönnten, um den vorhandenenWohnungsbestand zu sichern.

• Das System der Wohnkosten-zuschüsse (kaum novelliert) wirdals uneffektiv und ungerechtempfunden.

• die Wohngeldzahlungen explo-dieren, etc. etc.

Bei steigendem Problemdruck wer-den die Mittel im Wohnungs- u.Städtebau, auch im Haushaltsjahr85/86, weiterhin zusammengestri-chen. Trotz dieser ungünstigen Aus-gangslage macht Housing ReviewTür 1985 auch „glimmers of hope"aus. Statistisch gesehen gibt es kei-nen erheblichen Mangel mehr zwi-schen der Anzahl an Haushaltenund den vorhandenen Wohnungen.Aber was nützt der Überhang anWohnungen in Meyerside, wennwegen einer möglichen Beschäfti-gung in Inner London dort intensivaber vergeblich nach einer Woh-nung gesucht wird.Besonders im kommunalen Woh-nungsbestand ist es mit erheblichenSchwierigkeiten verbunden, eineWohnung zu finden oder bei einemWohnungswechsel in einen ande-ren Bezirk wiederum eine gemein-deeigene Wohnung zu erhalten.Immerhin bemerkt Housing Revieweinen gewissen Erfolg des „NationalMobility Scheme" der die Vermitt-lung oder den Tausch von Wohnun-gen seit Anfang 1984 organisierte.

Erfreulich sei auch die Entwik-klung dezentraler Wohnungsver-waltung durch Mieterinitiativen undhousing cooperatives. Die erwiese-nermaßen wirkungsvollen Ansätzemüßten auch in Zukunft weiterent-wickelt werden. Als nicht überra-schend, weil gehätscheltes Kind derkonservativen Thatcherregierungwerden besonders Erfolge bei derBereitstellung von Hilfe zum Woh-nungseigentum oder Teileigentumvermeldet. So nützlich diese Pro-gramme teilweise seien, denjenigendie aus vielerlei Gründen keinEigentum bezahlen können oderwollen nützen sie nicht. Der Miet-wohnungssektor, so HousingReview, bleibt auch 1985 Stiefkindder Londoner Zentralregierung. Für1985 sieht Housing Review Anzei-chen für eine verbesserte Zusam-menarbeit zwischen den am Woh-nungsbau beteiligten Institutionen,insbesondere bei Bausparkassen,Kommunen und Housing Associa-tions (Wohnungsbaugesellschaf-ten). Housing Review will sich auch1985 für eine Umverteilung der zurVerfügung stehenden Mittel zugun-sten derjenigen einsetzen, dereneigenes Einkommen nicht aus-reicht, sich eine menschenwürdigeWohnung leisten zu können.

Mietrückstände haben im vergan-genen Jahr einen zentralen Stellen-wert in der wohnungspolitischenDiskussion eingenommen. Natio-nalweit sind die Mietrückstände(rent arrears) zwischen 1972/73 von13 Mio. auf 139 Mio. L. 1980/81angewachsen. Dementsprechendhäufig wird zu entsprechendem

Thema publiziert. Wissen wir über-haupt wovon wir reden, fragt dieYorkshire Region Research Groupund kritisiert die völlig unterschied-lichen Begriffsbestimmungen vondenen verschiedene Autoren beimThema „rent arrears" ausgehen.(Look at Our Arrears Figures, Chair-man! or How to Massage Facts andFigures, S. 233) Diese Definitions-unschärfe verhindert sowohl dieVergleichbarkeit der erhobenenDaten, als auch die zufriedenstel-lende Diskussion, die auf eine Ver-besserung der herrschenden Praxisgerichtet sein sollte. Um diesenMangel zu beheben, machen dieAutoren den Versuch einer Begriffs-bestimmung von Mietrückständen,die die bestehenden Ungleichheitenbei diesen benennt und diesezugunsten einer einheitlichenBetrachtungsweise auf einen akzep-tablen Nenner reduziert. Mit die-sem Beitrag erhoffen die Autoren,könne sich die Diskussion zumThema Mietrückstände versachli-chen und die vorhandenen Untersu-chungen können miteinander ver-glichen werden.

Die Situation des öffentlichen(kommunalen) Wohnungsbaus inLiverpool beleuchtet/ Ash in ihremBeitrag Liverpool Public Housing;Present and Future (S. 238). Denhöchsten Anteil an kommunalenMietwohnungen in Hochhäusern(tower blocks) verglichen mit allenanderen britischen Metropolen ver-zeichnet Liverpool. Die Qualität desin Liverpool vorhandenen Woh-nungsbestandes ist extrem unter-schiedlich. Während einerseits sehrgefragte, im Landhausstil errichteteWohnhäuser vorhanden sind,wurde der kommunale Wohnungs-bau seit den späten 50er Jahren fastausschließlich in Form von Hoch-häusern realisiert. Eben diese Woh-nungen, in inzwischen oft stigmati-sierten Wohnanlagen, sind heutekaum mehr zu vermieten. VieleWohnungen stehen leer, sind aus-gebrannt und verwüstet (mehr als1000) und das Wohnumfeld präsen-tiert in oft traurigem Zustand. Nichtweniger als ein Siebtel aller 70 000Gemeindewohnungsmieter stehenauf einer Warteliste, um irgendwanneine bessere Wohnung zu erhalten.Inzwischen wurden 17 Stadterneue-rungsgebiete (priority areas) aus-gewiesen mit dem Ziel, sowohl diephysischen Mängel in den Wohnun-gen und im Wohnumfeld zu beseiti-gen als auch ein Netz sozialer BeziShungen zu schaffen, welches in derLage ist, entstandene Nachbarschaf-ten zu pflegen und auszubauen.Mittlerweile sind einige housing co-operatives entstanden, in denen sich

housingreview

Mieter kommunaler Wohnungenzusammengefunden haben, um ihreWohnungen in eigener Regie demo-kratisch zu verwalten. In sogenann-ten management agreements mitden Kommunen, bestimmen sie Artund Umfang der von ihnen über-nommenen Tätigkeiten, für die sievon der zuständigen Kommune dieerforderlichen Mittel erhalten. Alsbesonders beeindruckend empfandAsh eine housing co-operative, dievorwiegend von alten Menschen ineinem 15 stöckigen Hochhaus ge-gründet wurde. Die Erkenntnis, daßWohnungsqualität nicht ausschließ-lich auf die physische Bauqualitätzurückzuführen ist, sondern imwesentlichen auch auf das solida-rische Verhältnis der Mieter unter-einander, trägt wesentlich zu derenjetzigem Wohlbefinden bei.

Massive Erneuerungsstrategien,die ausschließlich auf die physischeWiederherstellung von Wohnungensetzen ohne parallel auf die Schaf-fung sozialer Akzeptanz zu achtenmüssen als gescheitert angesehenwerden. Diese Erkenntnis, so Ash,scheint Eingang in die LiverpoolerStadtverwaltung gefunden zuhaben, in der die Wohnungsmana-ger gelernt haben, die Mieter nichtlänger als „bunch of rough" (Row-dies) zu betrachten.

Zum Abschluß bringt HousingReview zehn Seiten Seminar- undExkursionsberichte zur Stadter-neuerung und ganz hinten im Heftein Index über die in Heft 1-6,1984veröffentlichten Beiträge.

Thomas Rolf

CasabeUa Nr. 506/Oktober 1984Bahnt sich in Italien eine neueDebatte über die formalen Aspekteder Architektur an? Und zwar eineDebatte mit umgekehrten Vorzei-chen, vielleicht eine Tendenzwen-de? Diese Frage erhebt sich bei derLektüre des Editoriais von VittorioGregotti. Unter dem Titel Less isLesserweist es sich als eine herbe Kritikan dem formalen Rigorismus bis hinzum Schematismus der italieni-schen Architekturproduktion derletzten fünfzehn Jahre. Rossi, Grassisowie deren Schüler und Epigonensind die nicht namentlich genann-ten Adressaten der Anklage. IhrenWerken wird mangelnde Aus-druckslahigkeit und ein allzu großerPessimismus vorgeworfen. Soschreibt Gregotti: „Die schwarzenLöcher der Fensteröffnungen in denZeichnungen weisen nicht nur aufeine Mißachtung des Details als et-was Unwesentliches hin, sondernzeugen auch von einer Mißachtungdes gesamten Inneren des Gebäu-

CASABEI.I.Ä

des als Organismus." Man darf ge-spannt sein auf die Reaktionen zudiesen Äußerungen.

Das Berichtsjahr 1984 der IBAbietet den Anlaß zu einem ausführli-chen Beitrag über Entstehungsge-schichte, Hintergründe, VorläuferAbsichten und Konzeptionen sowieVerfahrensweisen der Internationa-len Bauausstellung. Die Kritik, diedabei von italienischer Seite vorge-bracht wird, läßt sich wie folgt zu-sammenfassen: Es sei schon Etli-ches realisiert worden, und Vieleswerde im Laufe der nächsten Jahrenoch realisiert werden, aber demGanzen mangele es an einer tragen-den, Zusammenhänge erzeugendenIdee und Vorstellung, da die Bau-flächen einerseits wie die Inhalteund Aufgaben andererseits allzuparzelliert und zerstückelt wordenseien, in dem Bestreben, allen ge-recht zu werden, alle gleichmäßig zubeteiligen, jedem mehr oder weni-ger renommierten Architekten sein„Stückchen IBA" zu geben.

In "der Rubrik „Argomenti/-Nachrichten" werden u. a. der Ent-wurf von Ignazio Gardella für einenvollkommenen Umbau des Mailän-der Bahnhofs Lambrate, das Projekteiner Studentengruppe aus Venedigfür eine Neugestaltung des Berei-ches der Kaiserforen in Rom sowiedie Einfügung eines zweigeschossi-gen Lesesaals - ein Werk vonCostantino Dardi: eine kristallin-transparente Struktur aus weißlak-kierten Metallprofilen und Glas - indas alte Gebäude der Architekturfa-kultät in Rom vorgestellt.

Eine architekturhistorische Do-kumentation befaßt sich mit demBoundary Street Estate, einem Sanie-rungsprojekt des London CountyCouncil aus den Jahren 1893 bis1900: An der Stelle des zuvor abge-brochenen, als Slum verrufenenOld-Nichol-Quartiers wurde ein völ-lig neuer Stadtteil errichtet, mit vier-bis fünfgeschossigen Wohnhäusernsowie einem bewußt gestaltetenStadtgrundriß mit einem zentralenSchmuckplatz, Circus, von dem ausdie Quartiersstraßen ausstrahlen.Als gleichsam symbolische Gestedes Sieges über die Vergangenheitwurde dieser zentrale Platz mit sei-nem erhöhten mittleren Bereichüber dem zusammengetragenenBauschutt der abgebrochenen Häu-ser angelegt.

Schließlich ist in dieser Ausgabevon Casabella noch der Bericht überdie Arbeiten von Luigi Snozzi imZentrum des kleinen StädtchensMonte Carasso bei Bellinzona imTessin zu erwähnen. Snozzi hat hierseit 1978 die einmalige Gelegenheiterhalten, nicht nur einen Plan für dieFortentwicklung des Ortskerns ins-gesamt ausarbeiten, sondern auchnach und nach die von ihm vorge-schlagenen Einzelmaßnahmen rea-lisieren zu dürfen: Bislang sind esdrei Verwirklichungen - eine Bank,eine Sporthalle, ein Wohnhaus, ineiner Architektursprache, die sichnicht an traditionalistische Vorbil-der anpaßt, sondern eher nach der„heroischen", monumentalen Gestesucht -, weitere (eine Schule, einKindergarten, Wohnhäuser) sollendemnächst folgen, so daß das neueOrtsbild schließlich in seinen Bezie-hungen und Zusammenhängenweitgehend von den Vorstellungeneines einzigen Architekten be-stimmt sein wird.

Michael Peterek

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ARCH+-ZEITUNGWer in der Schwer* Architektur stu-dieren will, hat die Möglichkeit, zwi-schen drei Hochschulen zu wählen.Die Universität Genf, vom Kantongetragen, betreibt eine Architektur-abteilung, die beiden anderen, tech-nischen Hochschulen, unterstehender Schweizer Regierung: die EPF(Ecole Polytechnique Federale)Lausanne und die ETH (Eidgenös-sische Technische Hochschule)Zürich. Die durch eine große Zahlbekannter Entwurfslehrer wie Gott-fried Semper und Carl Moser tradi-tionsreiche Zürcher Architekturab-teilung ist die einzige Studienmög-lichkeit für Architektur in der deut-schen Schweiz, aber auch der größteTeil der italienisch-schweizer Archi-tekturstudenten tummelt sich aufdem Hönggerberg, dem in den 70-er-Jahren aus der Innenstadt aus-gelagerten Teil der ETH, funktionalperfekt und vollklimatisiert, wohinman auch die Architekten verfrach-tet hat

Der Architekturunterricht ist invier „Jahreskurse" mit je zwei Seme-stern aufgeteilt, ein Jahr praktischerArbeit ist obligatorisch, zum Schlußzehn Wochen Diplomarbeit undeine Anzahl Prüfungen, deren Wer-tung im Rahmen der Diplomnote -im Vergleich zu deutschen TU's -relativ gering ist, wie auch währenddes gesamten Studiums von Beno-tung und Zeitaufwand her der Ent-wurf eine sehr hohe Wertungerfährt. So wundert es auch nicht,wenn die Vorlesungszeiten für die„Nebenfacher" wie Konstruktion,Statik, Bauphysik, und später Pla-nung, Bauabwicklung, technischerAusbau, Denkmalpflege u. a. nurallzu oft der intensiven Arbeit amEntwurf geopfert werden. Der Ent-wurf hat vom ersten Jahr an zentra-les Gewicht.

EntwurfsklassenWie anderswo auch, wird die Lehrevon der Auseinandersetzung um dieNach-Moderne geprägt. Bis zueinem gewissen Grad, bei Bestehenauf Eigenständigkeit gibt es Lehrer,die sich in der Nachfolge derModerne (bishin zum Gegensatzzwischen Massiv-und Montagebau)oder Nach-Moderne verstehen; Stu-denten, die ihnen hierin fast jünger-haft folgen, andere, die unsichersind, aber kaum jemanden, der sichauf den bloßen Erwerb des„Diploms" beschränkt Damit seiauch die Haltung der Mehrheit derStudenten umrissen: Konstruktionund Bauökonomie spielen nur eineRolle am Rande; daß die Konstruk-tion stimmt, erachtet man als Selbst-verständlichkeit, sozusagen als Ver-pflichtung, ehe man überhaupt überArchitektur zu diskutieren beginnt.Um im Entwurfsprozeß zu mög-lichst reinen Erkenntnissen zugelangen, werden bisweilen auchBauordnungen negiert, entwirftman sozusagen im „bindungsfreienRaum".

Zu Zeiten, als die Ideale derModernen Architektur noch unbe-stritten galten, waren Le Corbusier,Frank Lloyd Wright und Mies vander Rohe der Dreh- und Angelpunktder Lehre, die unumstößlichen Fix-punkte. Man suchte einen gemein-samen Nenner der Konzeptionendieser Architekten und fand dieseGemeinsamkeit in der Vorstellungvom kontinuierlichen Raum. GroßeVerdienste erwarb sich hierbei derim letzten Sommer verstorbeneBernhard Hoesli, der mit seinem

Franz Oswald in derHaupthalle der ETH von Gottfried Semper

* . . : ,

Studienarbeit aus dem 3. Semester:Raumkonzeption mit Rampe

Architekturausbildungan der

ETH ZürichEntwurfskurs für das erste Semester20 Jahre lang eine ganze Architek-tengeneration geprägt hat Einegenaue Analyse der Bauten er-brachte die Grundlage für den Ent-wurf, sodaß immer ein Grundriß inirgendeiner Form für den EntwurfPate stand. Auch heute gilt dieseRegel. Der Rückbezug auf einenanerkannten Architekten bzw. aufein bereits vorhandenes Projektoder bestehendes Gebäude, dieReferenz legitimiert den neuen Ent-wurf.

Neben dem Element des „Refe-renzsystems*, an fast allen Lehr-stühlen mehr oder weniger starkTeil des architektonischen Denkens,tritt als ebenso wichtige Kompo-nente die Beschäftigung mit derArchitekturtheorie hervor. Vomersten Semester an werden Vor-lesungen über Architektur (alsName des Unterrichtsfaches) undüber Architektur- und Gestaltungs-theorie (in der Oberstufe) starkbesucht. Sie. garantieren den Stu-denten den Überblick über das zeit-genössische Geschehen, und es gibtkaum einen bekannteren Architek-ten, von dem man nicht "schongehört hätte. Auch im 12-monatigenPraktikum, obligatorischer Teil desStudiums, verschlägt es viele ETH-ler in die Büros angesehener oderzur Avantgarde gehörender Archi-tekten. Die Ausrichtung auf Theorieund architektonische Grundlagen-forschung zeigt sich auch am Vor-handensein von Einrichtungen wiedem gta (Institut für Geschichte undTheorie der Architektur), das immeidann ins öffentliche Bewußtseintritt, wenn eine Ausstellung eröffnetoder ein neues, von der ETH heraus-gegebenes Buch publiziert wird, wievor kurzem zum Beispiel „CollageCity" von Colin Rowe und FredKoetter. Collage City will als Über-denken des überkommenen Städte-baus und als ein neues „Vers unearchitecture" verstanden sein.

Ein Meilenstein in der jüngerenGeschichte der Architekturabtei-lung war die Gastdozentur von AldoRossi, der mit seinen Theorien von

der „monumentalen Stadt" nachMailand auch Zürich in Spannungzu versetzen vermochte. Dem Bildvon der funktionalistischen Stadtsetzte er eine Stadt entgegen, dieihre eigenen Monumente wieder-entdeckt, die sich innerhalb der vor-handenen Formen den immerneuen Bedürfnissen anzupassenimstande ist. Stadttopographie,Lehre von den Gebäudetypen undArchitekturgeschichte gaben Richt-linien für das neu zu Bauende undlösten so die Lehren der alten Vor-bilder für viele ab.

Rossis Gedankengut wird inabgeänderter Form von einigenLehrstühlen weitergetragen, zumTeil rein, zum Teil verbunden mitGedanken der Moderne oder desenergiebewußten Bauens (Solarnut-zung etc.), doch gibt es auch Lehr-stühle, die ihm ideologisch wider-sprechen. So kann man häufigZeuge heftig geführter Architektur-Diskussionen werden, wenn mansich zwischen den Vorlesungs- undVortragsterminen derer bewegt, dieim Brennpunkt der Kontroversenstehen. Rossis Einfluß hat somitseine unübersehbaren Spuren hin-terlassen - der „Willkür" und „Spon-taneität" des Architekten, der amZeichenbrett auf den großen schöp-ferischen Wurf wartet, wird eineAlternative vorgestellt, deren Über-denken und bewußtes Handhabendie unsinnigen Auswüchse der ver-gangenen Jahrzehnte verhindernund bessere Lösungen bringen soll:„Vorbilder aus - wählen und Vorbil-der durch Verfremdung zum Heuti-gen aktualisieren". (Semesterpro-gramm des Tessiner GastdozentenFabio Reinhart, 1984/85) Der Archi-tekt wendet dabei fast die Methodikeines Forschers an, er schließtbewußt einen Teil der außerarchi-tektonischen Einflüsse aus, um ineinem begrenzten Umfeld zuErkenntnissen und Aussagen zugelangen.

Der Vorzug dieser Haltung zeigtsich auch als ihr Nachteil. Architek-tur gewinnt wieder mehr Bedeutungals Gestalt denn als Summe teils

ungeordneter, teils widersprüchli-cher Bedürfnissejunge Architektenwerden mit Idealen vertraut, die siein eine Praxis einbringen sollen, diemehr an Aufwand - Ertrags-Relatio-nen orientiert ist als an anderen Fra-gen; die Gefahr dabei ist die immergrößer werdende Lücke zwischenAnspruch der Schule und Realitätder gebauten Umwelt, gerade in derSchweiz." An den Schweizer Archi-tekturhochschulen hat ein Rückzugaus der Öffentlichkeit in die engeFachwelt der Baukunst, eine Abkap-selung in isolierte Studierzellenstattgefunden." (Ernst Hubeli inWerk, Bauen + Wohnen, Heft 3/83,Seite 21).

Ein zur Zeit lautender Ausstel-lungszyklus, veranstaltet vom gta,möchte den Kontakt zur Öffentlich-keit bewahren. Nicht am abgelege-nen Hönggerberg, sondern in Gott-fried Sempers Haupthalle des Zen-tralgebäudes der ETH, mitten in derStadt, fand bereits letzten Sommerdie erste Ausstellung über den Tes-siner Architekten und ETH-Profes-sor Dolf Schnebli statt; die zweiteAusstellung, stellte den BernerArchitekten Franz Oswald und sei-nen Lehrstuhl vor. Ausstellungenüber Bernhard Hoesli und HerbertKramel sollen folgen, also über vierLehrer, die das Spektrum der Schulerepräsentieren.

Bei der Eröffnung der Ausstel-lung über Franz Oswald sprach derLausanner ArchitekturprofessorGuebler vom Ausverkauf derModerne, dem Bankrott der 60erJahre, stellte die Frage nach der eige-nen Identität und Geschichte derZürcher Schule und versuchte, dieAbgrenzung zwischen Erneuerungund Revision der Schule innerhalbder Tradition der Moderne gegen-über der rein postmodernen Hal-tung herauszustellen.

Der Lehrstuhl Oswald ist eine derdrei Wahlmöglichkeiten für denEntwurfsunterricht im zweiten Jah-reskurs. Dieser beginnt mit demanalytischen Zerlegen von Wohn-hausentwürfen der Architekten LeCorbusier, F. L. Wright, Mies vander Rohe sowie neuerer Architektenwie Richard Meier. Diese werdenuntersucht nach „Beziehung zwi-schen Raumbegrenzung und Räu-men, zwischen Körper und Hohl-form", „Formstücken," ..." die dasGefüge der Räume des Hausesbestimmen und prägen", betrachtetnach Raumfolgen, Weg- und Ruhe-räumen, und „Inszenierungen" vonWegen und Plätzen eines Hauses,angelegt wie eine Stadt. „In verschie-denen Zeichnungen werden Er-schließungsstrukturen eines Hau-ses und Figuren von Bewegungen,Choreographien ähnlich, darge-stellt". Im folgenden wird in fest vor-gegebenen Raumkörpern einebeschränkte Anzahl der durch dieAnalyse gewonnenen Elemente zueinem Neuen zusammengefügt, dasden Gesetzmäßigkeiten der Vorlagefolgen soll. Dabei geht es nicht pri-mär um Reproduktion, sondern um„Entdecken, Ausprobieren undErfinden" (zitiert aus Texten in derAusstellung). Zentrale Bedeutunghat dabei die Analogie des Theaters,die nicht nur im Wortschatz, son-dern auch oft in irgendeiner Formals Entwurfsaufgabe im zweiten Teildes Kurses auftritt, wie im Sommer1984, als es galt, eine „Studiobühne"in den Park einer Villa des 19. Jahr-hunderts zu integrieren. Architektur

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ARCH + -ZEITUNGist jedoch auch dort nicht verstan-den als gebaute Funktion, sondernin erster Linie als Beziehungsge-flecht, als sprechendes Gebautes, alsMaterialisierung des Ausdruckswil-lens.

An deutschen Hochschulen wirdim zweiten Studienjahr weitausmehr materialbezogen entworfen,die Formaussage und Ausdrucksab-sicht ist nicht so sehr das zentraleThema, eher eine mögliche Betrach-tungsebene. An deutschen TU's

gibt es auch kaum die Möglichkeit,das Arbeiten mit Referenzsystemenzu erlernen. Diese Perspektive eröff-net der Architektur neue Räume,dem Studenten, wenn er sie nichtverabsolutiert, sondern kritischüberprüft und verbunden mit ande-ren Ansätzen annimmt, eine blei-bende geistige Grundhaltung fürden Beruf und einen Halt in der Rea-lität.

Jürgen Rauch

VermischtesAus:

Ökologie und Bauen -Die Situation der Lehre an

den Hochschulen und Fachhochschulen

Die Berücksichtigung ökologischerBelange bei der Gestaltung derUmwelt hat sich nach den Erfahrun-gen der letzten Jahre als notwendigerwiesen. Für Architekten/innen istes nicht länger vertretbar ökolo-gische Grundlagen in der Planungzu ignorieren. Die Hochschulenhaben diese Entwicklung offenbarnoch nicht erkannt, denn sie berück-sichtigen sie in der Ausbildungnicht. An vielen Hochschulen undFachhochschulen versuchen daherStudenten/innen der Architektursich ökologisches Grundlagenwis-sen selbst zu erarbeiten; so entstan-den studentische Arbeitsgemein-schaften; Vortragsreihen undWorkshops wurden organisiert.Diese Aktivitäten sind völlig vomEngagement der Studenten/innenund einiger Assistenten/innenabhängig. Vor allem reichen die soerarbeiteten Kenntnisse nicht fürdie zukünftige Berufspraxis aus,auch kann eine studentischeArbeitsgruppe die Wissensvermitt-lung an die breite Studentenschaftnicht leisten.

In der offiziellen Lehre werdenökologische Gesichtspunkte aber in

Grundlagenfächern wie Baustoff-kunde, Technischer Ausbau usw.nicht berücksichtigt. FachkundigeBetreuung von Studienarbeiten mitökologischem Hintergrund ist nichtgewährleistet. Schließlich fehltmeist die Bereitschaft der Professo-ren, sich mit der Thematik auseinan-derzusetzen. Wenn die Hochschu-len und Fachhochschulen ihrenLehrauftrag ernstnehmen, dannmüssen sie endlich die Ökologie zueiner Grundlage ihrer Lehremachen.

Die nachfolgend unterzeichnen-den Studentenvertretungen desFachbereichs Architektur der Hoch-schulen und Fachhochschulen inder Bundesrepublik Deutschlandund Berlin-West unterstützen die-ses auf der Bundesfachschaftenkon-ferenz vom 21. 11. bis 24.11.1984 inDarmstadt ausgearbeitete Papier.

Darmstadt, 23. November 1984

FH Konstanz, FH Hildesheim/Holzminden, FH Lippe/Abt. Det-mold, TU Braunschweig, TH Darm-stadt, RWTH Aachen, U Stuttgart,FH Bochum, U Hannover, U Karls-ruhe, U Dortmund, TU Berlin

-04.01.

09.02.-14.04.

18.03.-29.03.teilweisegleichzeitig26.04.-24.05.

06.06.-15.09.

Ausstellungsprogrammdes Deutschen

ArchitekturmuseumsFrankfurtt am Main

1985

Hessen vermessenBau, Steine,Scherben ...Bilder für FrankfurtDas Museum fürModerne Kunst zuGast im DAMFrankfurt - NewYork-Ein StadtspielNeue Museumsbau-ten in der Bundes-republik

Bauen heute -Architektur derGegenwart in derBundesrepublik

03.10.-24.11. Ben Willikens:RäumeFrank LloydWright undEliel Saarinen

14.12.85- Fortsetzung derAnfang 1986 ModerneHinweis: Zwischen den Aus-stellungsterminen ist das Museumwegen Umbau geschlossen.

Anschrift:Deutsches Architekturmuseum,Schaumainkai 43,6000 Frankfurt 70,Tel. 0 69-2 12 84 71 oder 2 12 88 44

Praktikum im UmweltschutzStudenten der Landespflege, Land-schaftsplanung, Raumplanung,Umwelttechnik Wasserwirtschaft,Verkehrsplanung, Verfahrenstech-nik, Jura, Landwirtschaft und Forst-wirtschaft aufgepaßt. Im Umwelt-schutzzentrum Hannover könnt ihrab sofort oder in den Semesterferieneuer Praktikum ableisten. Wir bie-ten Einblick in die Arbeit von Bür-gerinitiativen und Umweltschutz-verbänden. Wir erwarten: eigen-ständiges Arbeiten. Geld: max. 150DM/Monat können wir uns leisten.Trotzdem noch Interesse?

Kontakt: Manfred Weyer, Umwelt-schutzzentrumHinüberstraße 18, 3000 Hannover 1Tel. 0511-34 30 23,dt. 14.00-21.00 Uhr

Info-Dienst Verkehr Nr. 16erschienenNoch vor Weihnachten erschienenist das neueste Heft des Rundbriefesder Bürgerinitiativen im Verkehrs-bereich. Folgende Themen bietetdieses 84seitige Heft: Fußgänger,Fahrrad, Verkehrsüberwachung,Tempo 30/80/100, Öffentlicher

Nahverkehr, Bahn, Straßenbau,Flugverkehr, Lärm, Bl-Verkehrs-kongreß, bundesweite Aktivitätenu. a. Außerdem liegt dem Heft alsAnlage das Verkehrs-Sicherheitspa-ket bei, welches über 130 Einzel-maßnahmen zur drastischen Redu-zierung der Verkehrsunfälle fordertDer IDV 16 ohne Verkehrs-Sicher-heits-Paket ist für 4 DM in Briefmar-ken und mit Verkehrs-Sicherheits-Paket für 7,50 DM in Briefmarken(einschließlich Porto und Verpak-kung) erhältlich.

Kontakt: AK Verkehr im BBU,Cheruskerstr. 10, 1000 Berlin 62

Flugblatt Tempolimit Warum?Gerade erschienen ist beim BBUein 6seitiges Flugblatt, daß sich mitder Frage beschäftigt, warum einTempolimit auf Autobahnen undBundesstrassen notwendig ist. DasFlugblatt, vom Tutorium Umwelt-schutz in Heidelberg erstellt, kostet30 Pfennig, bei größeren Stückzah-len gibt es Rabatte.

Bezug: BBU-Faltblatt C 6BBU-Geschäftsstelle,Friedrich-Ebert-Allee 120,5300 Bonn 1

A R ( H 1 - T f T E S

Zeichnung von Louis Heil-mann, Architectural Review

Hans Blumenfeld,Kanada, (vgl. 74 ARCH\ S. 4), hatden U.I.A. Preis für Städtebau, denPatrick Abercrombie Preis, 1984,zusammen mit Lucio Costa, Brasi-lien, erhalten; außerdem wurde Blu-menfeld zum „Ehren-Vize-Präsi-denten" des Welt-Friedens-Rates"ernannt.Den U.I.A. Preis für Architekturkri-tik erhielt Julius Posener.

ARCH* sucht Architektur- undStädtebauzeitschriften,insbesondere zur Zwischenkriegs-zeit (Bauwelt, Baumeister, Was-muths Monatshefte für Baukunst,Städtebau etc.) und Nachkriegszeit(Baukunst und Werkform, Baumei-ster, Die Neue Stadt etc.)

Des weiteren suchen wir Architek-turfotos.

Volker Röscher Tel. 02 41/50 47 95

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Page 9: Zum Tode Mario Ridolofls: Faschismus, Populismus, und die

ARCH+-ZEITUNG

CAD-JOURNAL 2

Das Archimedes-System mit dem CD-PEN im Einsatz (obere Preisklasse)

2. Kieler Bau-EDV-Seminar(7.-9. 2.1985)Die Stadt der Veranstaltung seltsamkalt, von geordnetem und trotzdemungeordnetem Wiederaufbau ge-prägt. Das Hotel „Maritim" mit sei-nem „Salon Flensburg" bis „SalonSchleswig". Der Tagungsort.

Anwesend waren ungefähr 250,zumeist 40-50-jährige Architektenund Bauingenieure (50/50), meistkleine Büros aus Schleswig-Hol-stein. Das ist insofern repräsentativ,als von 17000 Architekturbüros inder Bundesrepublik 80% auf Fami-lienbetriebe mit 1-3 Personen, 15%auf Büros mit unter 20 und 5% aufBüros mit mehr als 20 Mitarbeiternentfallen. Der Rückgang im Einfa-milienhaus macht vor allem diesenkleinen Büros zu schaffen.

Der Mythos und seine Demon-tageSo strömten sie getrieben von demtäglich wachsenden Konkurrenz-druck und der Furcht, eine nur ent-scheidende technische Entwicklungzu verschlafen nach Kiel und hofftendurch den „Einsatz des Computers"alle Schwierigkeiten mit einemSchlag loszuwerden. So einfach istdas leider nicht. Das vermitteltensehr schnell die anwesenden Anbie-ter (Vgl. Tabelle) und die Referen-ten D. Ladwig (Organisator im Auf-trag des BDB), K. Sträub, L. Schnei-der, E. Tamm und J. Guthoff.

Herauszuheben sind vor allemdie Vorträge von Sträub und Tamm,die den Anwesenden sehr eindring-lich klar machten, daß sie zuallererstihre Arbeitsorganisation in denBüros und ihr Investitutionsverhal-ten zu ändern hätten, um die EDVüberhaupt einsetzen zu können.Sträub unterstrich, daß zunächst dieInformationsstruktur der Architek-turbüros, die Ermittlung und Ord-nung der Daten so umzustellen sei,daß sie überhaupt mittels der EDVbearbeitet werden können. Das be-trifft und verändert die kleinerenund mittleren Architekturbüros insehr entscheidender Weise, sind siedoch zunehmend gezwungen mitformalisiertem und vorstrukturier-tem Instrumentarium zu arbeiten,wie Standardleistungsbuch, -aus-schreibungsblättern, -vor bzw. -

nachkalkulationen, Auftragslei-stungsverzeichnissen etc. Für sehrviele der Anwesenden schienenschon diese Grundlagen fremd zusein. Noch mehr desillusioniert ha-ben mag sie der Vortrag von Tamm,der versuchte die Amortisationspro-bleme einer „kleinen", ca. 50 000,-DM teuren, z. B. alpha-numeri-schen (Eingabe von Daten und Be-fehlen mittels einer Tastatur) EDV-Anlage in den Griff zu bekommen.Wer denkt schon daran, daß sie imDurchschnitt nur etwa 1 Std/Tagausgelastet sein wird. Auch bei einerteuren Anlage, die etwa CAD-fähigist und so um die 250.000,- DM ko-sten dürfte, steigt die Auslastungnur auf 2 Std/Tag. Die Finanzie-rungskosten aber belaufen sich aufimmerhin ca. 1400,- DM/Monat beider ersten und auf ca. 6300,- DM/Monat bei der zweiten Variante(ohne Berücksichtigung der steuer-lichen Abschreibungsmöglichkei-ten).Klar daß einem sofort die Idee einer„gemeinschaftlich" genutzten EDV-Anlage aufstößt. Sie scheint aber aufmanigfaltige Schwierigkeiten zu sto-ßen.Der soziale Aspekt dieser Entwik-klungsschiene wurde von allenReferenten gesehen. Die Hälfte allerjetzt bestehenden Architektur-büros, ganz zu schweigen von denneu zuströmenden jungen Archi-tekten werden die nächsten Jahrenicht überstehen. (Nach dem But-terberg nun der Architekten ...) DerFeind sei jedoch nicht etwa der kon-kurrierende Kollege, sondern derin die Jagdgründe eingefalleneFachingenieur, der Bau- und Fin-nanzträger. Die Fronten sind abge-steckt, die Feinde benannt, die Auf-rüstung kann beginnen. Fatalerwei-se sind es aber gerade die Großen,die über ein beeindruckendes Inve-stitutionspotential verfügen und'soscheint der Krieg schon verloren zusein, bevor er überhaupt begonnenhat.

Die ProduktpaletteDer zweite Informationsschwer-punkt war die Produktpräsentation.Die Vorträge waren von dem Bemü-hen geprägt, einer nicht ausreichendinformierten und verstörten Archi-

tektenschaft die Berührungsängstevor dem „elektronischen Automa-ten" zu nehmen, was aber nur be-dingt gelang. Denn schließlich ver-schwand doch der eine oder andereKopf im Sand der Bildzeitung (Aus-gabe Schleswig): „Zuviel geschüt-telt! Prinz Philipps Hände krank!"

Die Strategie der Anbieter be-zeugte stattdessen ihr propagandi-stisches Eigenlob: alle verwendensie „natürlich" nur fortschrittlicheHardware - schnell, preiswert, be-triebssicher - und empfehlen sieihre Software als anwendungsge-recht, tolerant gegen Bedienungs-fehler und ausgestattet mit selbster-klärenden Benutzerdialogen. Siehtman auf die Hard- und Software-wirklichkeit, so lassen sich allerdingsdeutliche Unterschiede feststellenund mehrfach Gruppenbildungeninnerhalb der Produktpalette vor-nehmen: Einteilung in Preisklassen,in Aufgabengruppen, nach Benut-zerfreundlichkeit und Einfachheitder Bedienung. Selbstverständlichbeinhaltet jede Gruppeneinteilungeine Distinktion, die es so scharf garnicht gibt; selbstverständlich lassensich die verschiedenen Einteilungs-systeme nur sehr bedingt miteinan-der überlagern; trotzdem sei es ver-sucht in einer Weise, in der die Preis-klassen als oberste Ordnungsscha-blone gelten mögen:

Preisklasse I: 30.000,- bis50.000,- DMZu dieser Preisklasse findet manausschließlich Personal-Computer(PC) Systeme angeboten, mit denenbegrenzte Aufgabenbereiche iso-liert bearbeitet werden können:zum Beispiel AVA, Bauphysik, Sta-tikaufgaben, Grundrißzeichnung.Sie können aber nur solcherart bear-beitet werden, daß jedes Programmeine eigene Datenneueingabe ver-langt: bei der Erstellung von AVA-Unterlagen eingegebene Gebäude-maße stehen dem Programmpaketfür die Bauphysik nicht zur Verfü-gung, weil keine Programmvernet-zung über ein gemeinsame Daten-bank existiert. Die existierendenProgramme stellen „Insellösungen"dar.

Darüberhinaus werden in dieserKlasse auch Entwurfssysteme

(CAD) angeboten - auch als Insellö-sungen -, die die Entwurfsarbeitendurch schnelle Erstellung von drei-dimensionalen Abbildungen unter-stützen können. Die Dialogabwik-klung mit Programmen für die erst-genannte Aufgabengruppe ge-schieht hauptsächlich durch alpha-numerische Eingaben an der Tasta-tur (manchmal-gerade bei älterenSystemen - sehr unübersichtlichdurch Mehrfachbelegung und wech-selnde Regelung von Tasten) odermit einem Digitizer. Dagegen liegenden Entwurfssystemen neue undmeistens sehr übersichtliche Bedie-nungskonzepte zugrunde: die Neu-heit dieser Produkte wirkt sich imBereich der Benutzerfreundlichkeitals Vorsprung aus.

Preisklasse II: 50.000,- bis100.000- DMFür die in dieser Preisklasse angebo-tenen Systeme gelten die oben be-schriebenen Eigenschaften in sehrähnlicher Weise: zum Beispiel er-reicht die Kombination einer „Insel-lösung" für AVA, Raumbucherstel-lung und Grundrißzeichensystem -also immer noch ohne Einrichtungeiner gemeinsamen Datenbank -leicht einen Preis von 70.000,- bis80.000,- DM. Auch die Hardware indieser Preisklasse erwies sich als nurbedingt leistungsfähiger als in derniedrigeren Klasse - ausgenommendie besseren Plotter und z. T. dieFarbdisplays, die allerdings keinehochauflösende Grafik erlauben.

Preisklasse III: 100.000,- bis300.000,- DMIn dieser Preisklasse ereignet sichder Sprung in die leistungsfähigereHardware: man findet Mikrocompu-ter von HP, die Digital PDP 11-Fami-lie oder das Calcomp-System, aberauch PC mit ausgebautem Arbeits-spreicher; man findet hochauflösen-de Farbbildschirme mit z. T. hervor-ragender Bildqualität für denGebäudeentwurf, aber auch nocheinfachere Farbdisplays mit grobemBildpunktraster; und man findetgroße Trommelplotter für tadelloseZeichnungen bis hin zum FormatA0.

Die angebotene Software erlaubtteilweise die Darstellung kompli-

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ARCH+-ZEITUNG:

zierterer räumlicher Körper wie Ke-gel oder Kugel. Und doch verratengerade manche der teureren CAD-Systeme, daß ihre Software ur-sprünglich Tür den Maschinenbauentwickelt wurde. Die Adaption fürdie Architektur erfolgte dann ohneBereitstellung einer geeignetenZentraldatenbank und einer ange-messenen Programmumgebung inden schon weiter oben aufgezähltenLeistungsbereichen. Außerdemgeht mit zunehmendem Preis zu-mindest tendenziell eine wachsendeKomplexität der Bedienung einher:die Zahl der Bedienungseinheitennimmt zu (Tastatur, Joystick zumZoomen und Verschieben des Bild-schirmfensters, intuelle Tastatur aufeinem Grafiktablett, elektronischer„Zeichenstift"); für die Vollendungeiner Dateneingabe sind mehrereBedienungen, z. T. auf verschiede-nen Einheiten, auszuführen. Damitwächst die Einarbeitungszeit be-trächtlich: solche Systeme verlan-gen Bedienexperten und fördernArbeitsteilungseffekte im Architek-turbüro.

Wie gehts weiter im CAD- Journal?Für die folgenden /IÄC//+-Ausga-ben und zwei Berichtsschwerpunktevorgesehen:1. Vorstellung von Informationszen-tren über EDV-Anwendungen inder Architektur: Hinweise auf Mög-lichkeiten zur Selbstinformierungvon interessierten Architekten.

2. Produktinformation durch detail-lierte Beschreibung einzelner Syste-me; hier werden zunächst die Pro-dukte aus der Preisklasse 1 beschrie-ben werden, weil - wir wiederholenuns - die meisten Architekturbürosziemlich klein sind und ihre Kapital-decke wahrscheinlich auch.

CSf, ein CAD-fähiges EDV-System, das ursprünglich für den Maschinenbau entwickelt wurde.

Beteiligte Aussteller

C&AComputer und Architektur

Gregor WesselsKay Friedrichs

Firma, Adresse

abacus Computer GmbH, Weilimdorfer Str . 47,7015 Korntal-M. 1

Assmann GmbH, Hamburger Chaussee 34,2300 Kiel 1

BOG, Suchskrug 7,2300 Kiel 1

BOTT Gmb'H, Schimborner Str . 62,8759 Hösbach-Feldkahl

CalComp GmbH, Werftstr. 37,4000 Düsseldorf 11

K.-P. Cintius, Hoheluftchaussee 120b,2000 Hamburg 20

Control Data GmbH, Hexikoring 23,2000 Hamburg 60

CSI GmbH, Hamburger Str. 55,4600 Dortmund

CSK GmbH, Suchskiug 7,2300 Kiel 1

A. Dörr, Eckernförder Str . 85,2300 Kiel 1

dsv GmbH, Altonaer Poststr. 15,2000 Hamburg 50

Nixdorf Computer AG, Postfach 3406,2300 Kiel 1

Petersen + Partner, Ochsenzoller Str . 28b,2000 Norderstedt

POD, Aufeldstr. 17a,6478 N1dda 19

RIB/RZB GmbH, Postfach 807080,7000 Stuttgart 80

Siemens AG, Wittland 2 ,2300 Kiel

softtMSe haltern, Annabergstr. 3,4358 J1»Uern

Solar-Conputer, Itzehoer Chaussee 6,2375 Jevenstedt

0. Vogelsang, Haydnstr. 7,4010 Hilden

EDV-CAD-Serv icecenter

HCC Micro Computer C h r i s t , Drs lsckaplatz 72300 K l g l 1

Hardware

Digital Rainbow 100»

Triumph-Adler alphatronic PcP 40 * P SO

Ericsson Pc

IBM Pc XT M*P -Hewlett-Packard Sott -

CalComp System 25

Digital LSI 11

CD-Pen

Digital POP U / 2 3 . 11/73 und Pc 350

apple 2e, 2c IMT -Macintosh IMT -Lisa-apple 2/10 SSG -

Ol ive t t i H 24 und -M 10

Sirius und IBM Pc XT

Nixdorf 8870

Hang 22OO/-PC und Hewlett-Packard kb -Serie 200 kb -

Point 4

IBM Pc XT und CAD-Domain (Apollo)

Siemens Pc 16-11

Siemens Pc-D

RAIR

NCR, Nixdorf, HP 150, IBM Pc,Digital (Rainbow 100t)

Hang 2200

A u s s t e l l u n g s l e i t u n g

Aprleot PC 512 kByts

abacus

Solar

Bau-KompleOpen AccesSuper CalcUnikomnerzARCHITEKTOasBaupaket

ADPFDHA

Bauphys

Archimedes

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PS-Softw.Nemetschek

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AVA-plusISPLA

RibconBaustatikStrass.Bau

WordstarMICROPLANFIBUWORD

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CPM/MS-DOS

CPM/MS-DOS

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Es gibt ein Wohnen vor der Tür

Hof Garten

Die Abstufung von gemeinschaftli-chen zu individuellen Innenräumenkehrt wieder in der Abstufung vonöffentlichen zu privaten Außenräu-men.Einige Abschnitte aus dieser Raum-folge sollen am Weg von der Straßein die Wohnung dargestellt werden.Daten zum Projekt:

von der Straße, unter der Kastanie, über die Freitreppe ...

. oder aufsteigend im Turm zum Ausblick ... . über den Hof unter den Kirschbäumen-

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ARCFT-ZEITUNG

oder der Grundriß beginnt an der Straße

Standort:Baujahr:Bauträger:Nutzung:

Architekt:Mitarbeiter

Köln-Bickendorf1983/84Klaus Doetsch24 WE, 60-120 qmfreifinanziertbaulust S.E. GoernerMarciniak, Post,Kraus, Hadler

... in der Eingangshalle hinauf zum ... durch den Laubengang in die Wohnung ...Laubengang...

unter dem Vordach ... in die Wohnung... ... durch die Wohnung in den Garten ...

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Page 13: Zum Tode Mario Ridolofls: Faschismus, Populismus, und die

ARCH+-ZEITUNG:

BETRACHTUNGEN UM) BILDER DES ARCHITEKTEN VlAX TAIT

„ Von Mietskasernen ...zu behaglichen Wohnstätten

Zum 100. Geburtstag von Max Taut

Max Taut - der „Architekt undProfessor" (Günther Kühne) im„Schatten des Bruders" (ManfredSack) - wurde vor 100 Jahren ge-boren. Die unausbleiblichen Ge-denkartikel wie die Gedenkaus-stellung in der Akademie der Kün-ste Berlin, deren Gründungsmit-glied und langjähriger Direktor derAbteilung Baukunst Max Tautwar, schreiben das Bild einesArchitekten fort, das die rationali-stische Baugeschichte vorgezeich-net hat: Sein Bruder Bruno war„der Utopist, der Anstifter, derunternehmende Praktiker, ein ori-gineller Planer und ein guterArchitekt" (M. Sack),.Max Tautdagegen war der „bessere Archi-tekt" (M. Sack), der Meister des„Eisenbeton-Rahmenbaus" (G.Kühne). Mit anderen Worten: Erwar der schlechtere Utopist undAnstifter, der weniger originellePlaner. Max Taut wird als rationa-listischer Architekt inszeniert, dersich „mit ein paar Bauten ... seinenPlatz in der Baugeschichte - nichtnur Berlins! - gesichert (hat)" (G.Kühne). Ohne dieser Bewertungunbedingt widersprechen zu wol-len, bleibt doch die Frage, ob MaxTaut nicht noch anderes zu bietenhat. Z. B. zum Thema Stadter-neuerung. Der Umgang mit dervorhandenen Stadt - ein Thema,das die traditionelle wie moderneBaugeschichte immer mit Desin-teresse gestraft hat - ist auch einBestandteil des Werkes von MaxTaut.

Die urbanistische Antwort derModerne auf die Mietskasernen-stadt war'gezwungenermaßen dieneue Siedlung an der städtischenPeripherie. Die vielbeschworene„neue Stadt" der Weimarer Zeitwar ein Mythos, sie existierte nurals Appendix an die alte Stadt, dieallenfalls in den Bildbänden dermodernen Architektur ver-schwunden zu sein schien. Dieideologische Exkommunikationder alten Stadt konnte sich nicht inpraktische Destruktion verwan-

deln; politische, kulturelle undökonomische Fesseln schütztendie Stadt des späten 19. Jahrhun-derts. Die wenigen Versuche vonArchitekten, sich auf das Glatteisdes 19-Jahrhundert Bestands zubegeben, blieben bis heute wenigbeachtet.

Mit zwei Fotos von Umbautender „Malerhütte in Berlin-Mitte,Landsberger Allee", und der„'Bauernbank' in Berlin" des Jah-res 1927 zeigt die Ausstellung inder Akademie der Künste den Ver-such Max Tauts, den Gebäudenaus der Kaiserzeit ein neues De-sign zu geben. Die Bilder stellenmodernisierte Fassaden dar, die -ohne Stuck und Skulpturen -durch helle Streifen waagrechtgegliedert sind und das Erdge-schoß separieren. Beide Fotos wer-den weder auf der Ausstellungnoch im Katalog näher erläutert,im Katalog auch nicht abgebildet.Selbst der Beitrag von Max Tautzur INTERBAU 1957 im neuenHansaviertel Berlins, der bedeu-tendsten Demonstration desUmgangs mit der Mietskasernen-stadt in den 50er Jahren, wird imKatalog etwas lieblos behandelt:Das 1956/57 geplante dreigeschos-sige Wohnhaus am Hanseatenwegin unmittelbarer Nähe der Akade-mie der Künste wird zwar durchein Foto dokumentiert, der Abbil-dungstext ist aber vergessen wor-den. Der wichtigste Beitrag MaxTauts zum Thema „Umgang mitder Stadt des 19. Jahrhunderts"sind keine realisierten Bauwerke,sondern seine „utopischen" 1946veröffentlichten „Betrachtungenund Bilder" zum Aufbau des zer-störten Berlins.

Mit emphatischen, von derungeheuren Lebenskraft einesneuen Aufbaus voll überzeugtenZeichnungen präsentiert MaxTaut, in der Nachkriegszeit Leiterder Architekturabteilung der Aka-demie der Künste, seine Vorstel-lungen des neuen Berlins. „Es sollein anderes Berlin entstehen, nicht

mehr eine Stadt der Mietskaser-nen, Hinterhäuser, Kellerwohnun-gen. Unter entsetzlichen Qualenund bitterster Not sind wir das Ge-bilde einer stark verbauten Stadtlosgeworden, über das wir uns frü-her - teilweise mit Recht - entrü-steten. Unermüdliche Arbeit,Fleiß und gegipfelte Baukunst sol-len diese Fehler in Zukunft verhin-dern, und eine neue Stadt muß imLaufe von Generationen entste-hen, die den Bewohnern Heimemit Licht, Luft und Garten bietet."(Berlin im Aufbau, 1946) Für MaxTaut ist mit der Teilzerstörung derMietskasernenstadt der entschei-dende Augenblick gekommen,um mit der Unstadt der Gründer-zeit endlich umfassend abzurech-nen, was ihn auch zu einer Über-treibung des wirklichen Zerstö-rungsgrades bewegt haben mag.„Die gesamte innere Stadt Berlinkann als zerstört angesehen wer-den. Ein Ring von Vororten undStadtteilen der Peripherie istübriggeblieben ... Die Ringbahndurchschneidet und verbindetheute diese mehr oder wenigererhaltene Stadtteile, dagegen gehtdie Diagonale der Stadtbahn durchein riesiges Trümmerfeld. Cityund Innenstadt sind bis auf kleineOasen in der Trümmerwüste ver-schwunden. Die übriggebliebenenRuinen sind ein Hindernis für denAufbau. Um neues Bauland zuschaffen, müßten sie beseitigt odereingeebnet werden." (Berlin imAufbau, 1946) In der Forderungnach Einebnung des teilzerstörtensteinernen Berlins gewinnt dieTaut'sche Konzeption des städte-baulichen Bruchs mit der elendenVergangenheit ihren präzisestenAusdruck. „In Zukunft darf es einsolches Wohnungselend nichtmehr geben. Nicht Mietskaser-nen-Höhlen, sondern Heimstättensollen entstehen; in ein-oder zwei-geschossigen Häusern, umgebenvon einer ansehnlichen Gartenflä-che. Diese Häuser müssen zwar anGrundriß und Bauweise beschei-

den sein; sie können jedoch reich-lich Licht und Luft geben undallen hygienischen Ansprüchengenügen." (Der Bauhelfer 2/1946,S. 9)

Bescheidene, durchgrünte Heim-stättenwohngebiete, die Wieder-gewinnung der Landschaft imStadtbild, eine polyzentrale Auflö-sung der alten City im Sinne einer„Sternstadt" und die Staffelung derGebäudehöhen vom Stadtkern(„acht und mehr, aber besser nichtüber elf Geschosse" zum Stadt-rand („einstöckiger Flachbau")kennzeichnen das neue Berlin vonMax Taut. Anknüpfungspunkt andas alte Berlin sind im wesentli-chen nur mehr die Hauptstraßenmit ihrer stadttechnischen Infra-struktur:

„Die erfreulicherweise überaushochprozentige Erhaltung derunterirdischen Bauten Berlins wieUntergrundbahnen, Kanalisation,Wasserleitung, Gasleitung, Post-leitungen sowie elektrische Kabelaller Art usw, ergibt ... die besteBasis für die Lebensfähigkeit derGroßstadt Berlin und damit ihrerAufbaufähigkeit. Sie sind dasgroße Plus. Sie zwingen aber auchandererseits, bei jeder Planung ge-bührend berücksichtigt zu wer-den, und werden somit in nichtallzu seltenen Fällen mitbestim-mend für jede neue Planung. Zwarwird so manche Nebenstraße nichtmehr unbedingt notwendig seinund daher im künftigen Stadtbildverschwinden; die Hauptstraßenaber erleichtern uns den Wieder-aufbau ganz außerordentlich. Siebilden das Skelett des neuen le-benden Stadtkörpers oder die Kri-stallisationsfäden, an denen allesneue Leben ansetzt und sich zuneuen Stadtgebilden entwickelt,ergänzt und "immer weiter aus-baut." Der Bauhelfer 2/1946, S. 3)Daß für die Planung des neuenBerlins die alte Ordnung des priva-ten Grundeigentums verschwin-den muß, ist für Max Taut selbst-verständlich. Seine Vorstellungen

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Page 14: Zum Tode Mario Ridolofls: Faschismus, Populismus, und die

ARCFT-ZEITUNG

A us der Broschüre .Berlin im A ufbau". Diese Passage wurde weder auf der A us-stellung noch im Katalog dokumentiert.

Skizze des dreigeschossigen Wohnhauses von Max Taut im neuen Berliner Hansa-viertel, im Hintergrund ein Hochhaus. Der Taut'sche Bau sollte einen „städtebau-lichen Übergang" zwischen Tiergarten und Hochhäusern herstellen. „Der miets-kasernenartige Charakter", so der Kommentar des Heftes 3 der 1NTERBAV BERLIN57, „soll so weit wie möglich gemildert, und durch A uflockerung und A ufspaltung derBaumassen soll ein persönliches Wohnklima für den Bewohner geschaffen werden."

sind ohne Aufhebung der altenGrundstücksgrenzen und desalten Baurechts völlig undenkbar.„Grundstücksgrenzen im spekula-tiven Sinn erschweren jede Sanie-rung, jeden Aufbau. Grund undBoden sind aber Allgemeingutund haben der Allgemeinheit zudienen. Dem planenden Architek-ten ist die Freiheit zu geben, überdie bestehenden alten Grenzenhinweg zu planen und schließlichauch zu bauen." (Der Bauhelfer2/1946, S. 6)

Die Vorschläge von Max Tautsind Pläne eines städtebaulichinteressierten Architekten. DieStrukturierung der Gesamtstadt,die Detaillierung eines Haupt-straßennetzes und des übrigenVerkehrsnetzes, der modischeKniefall vor dem Privatautomobil,die Diskussion der ökonomischenBasis der Großstadt - zentrale Ele-mente der offiziellen Planungsdis-kussion im ersten Nachkriegsjahr- sind bei ihm von untergeordne-ter Bedeutung. Im Vordergrundsteht die städtebauliche und bauli-che Gestaltung des neuen Berlins,die etwa für die Autoren des Scha-roun'schen Kollektivplans und vorallem des Zehlendorfer Planskaum von Interesse ist. Der De-miurg des Aufbaus ist für MaxTaut der Architekt, der für seinePläne in der Öffentlichkeit wirbt.Taut selbst fungiert mit seinenAktivitäten als Vorkämpfer fürArbeitsbeschaffungsmaßnahmenunbeschäftigter Architekten, diedem Rationalismus nahestehen.Für ihn ist mit den Bauten desalten Berlins auch die konservativeBautradition untergegangen (vgl.Neue Bauwelt 9/1946, S. 8).Die ruinierte Mietskasernenstadtscheint in dieser Optik jetzt auchendlich materiell, nicht nur ideolo-gisch gestorben. Daß sie noch vol-ler Leben ist und auch an ihrerInstandsetzung fieberhaft gearbei-tet wird, steht dem Plädoyer für ra-tionalistische Utopie im Wege,wird ignoriert.

Die städtebauliche Vision MaxTauts über den Neuaufbau Berlinswird in der Ausstellung der Akade-mie der Künste wie im Katalogzweifellos angesprochen. Aller-dings ist die wichtige Passage ,VonMietskasernen ... zu behaglichenWohnstätten" leider nicht doku-mentiert. Vor dem Hintergrundder traditionellen Gedenkinsze-nierung bleibt daher vielleicht eininteressanter Bestandteil desWerks von Max Taut unbeachtet:seine historischen „Gedanken"zur Überwindung der Mietskaser-nenstadt, die auf die konsequente,aber kostensparende Realisierungder „neuen Stadt" auf der Grundla-ge des „Skeletts" der „eingeebne-ten" alten Stadt zielen. Die politi-sche, soziale und städtebaulicheUtopie Max Tauts forderte übri-gens nicht die Zerstörung derStadt des 19. Jahrhunderts, siefand sie vor - als Produkt des vomnationalsozialistischen Deutsch-land angezettelten Krieges.

Harald Bodenschatz

Literatur:

Max Taut: Berlin im Aufbau. Berlin1946

Max Taut: Betrachtungen zum AufbauBerlins. In: Der Baurielfer 2/1946

Hans Josef Zechlin: Berlin im Aufbau(Eine Darstellung der Broschüre„Berlin im Aufbau" von Max Taut).In: Neue Bauwelt 9/1946

Max Taut. Katalog der Ausstellung inder Akademie der Künste. Berlin1964

Max Taut 1884 - 1967. Zeichnungen -Bauten. Katalog der Ausstellung inder Akademie der Künste. Berlin1984

Günther Kühne: Bauen als sozialeKunst/Ausstellung Max Taut in derAkademie der Künste. Der Tages-spiegel, Berlin, 29. 6. 1984

Manfred Sack: Die Schönheit des Ge-brauchs/Der Architekt Max Taut -Eine Ausstellung zum Hundertstenin der Akademie der Künste Berlin.DIE ZEIT, 20. 7. 1984

JHLJLJ1

VON MIETSKASERNENDie bisherige enge und unhygienische Bebauung derWohnblocks - eine Folge der Bodenspekulation undder sich daraus ergebenden Bauordnung - ließ bei 5-6stöckiger Bauweise eine Überbauung von 60-70% zu!Mehrfach gestaffelte Hinterhäuser mit „schornsteinar-tigen" Höfen waren charakteristisch für die Wohnver-hältnisse in Berlin. Eine Rücksichtnahme auf Lichtein-fall war kaum spürbar. Bis in die jüngste Zeit gab eskein Abweichen von der amtlich festgesetzten Bau-fluchtlinie. Dadurch entstanden ganze Straßenzüge mitWohnungen, die kaum einen Sonnenstrahl bekamen.Die Höfe waren so eng, daß eine Durchlüftung nahezu

ausgeschlossen war. Esgab sogar in den älterenStadtteilen Kellerwoh-nungen in 5 stöckigenHäusern, die von „Höfen "mit einer 30-qm-Fläche„belichtet" wurden!

... ZU BEHAGLICHENfr WOHNSTÄTTEN

In Zukunft kein Woh-nungselend mehr, hervor-gerufen durch 4 und 5

IL stöckige „Mietskasernen "mit dunklen Höfen, son-dern Heimstätten in Häu-sern mit ein oder zwei Eta-gen, umgeben von eineransehnlichen Garien-fläche. Die Häuser sollenim Grundriß und in der

^[Bauweise zwar beschei-den sein, müssen jedochgenügend Licht und Lufthaben und allen hygieni-schen Ansprüchen genü-gen.Nach sorgfältiger Entnah-me und Verarbeitung derbrauchbaren Bestandteileder Trümmer erfolgt einegleichmäßige Einebnungdes verbliebenen Schuttes

über den ganzen Block, so daß ein Abfahren desselbensich erübrigt. Auf dem sich so ergebenden Plateau kön-nen die Gärienfür die einzelnen Wohnungen angelegtwerden. Der verbleibende Schutt, vermischt mit Humus,ergibt im Laufe der Jahre einen guten Unterboden fürdie Hausgärien.Bei der großen Breite von vorhandenen Straßen werdendie neuen Häuser im allgemeinen auf dem alten Stra-ßenterrain errichtet werden können. Der verbleibendeFahrdamm von etwa 5-6 m Breite würde genügen, umden „ Verkehr" einer solchen reinen Wohnstraße aufzu-nehmen.

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ARCH+-ZEITUNG

Ein Freiluftmuseumfiir das Neue Bauen

Die Idee von Jean Dethier, einem derAusstellungsmacher des CentrePompidou ist bestechend und ein-fach: Auf ein und derselben Flächedrei Baudenkmäler der Wohnhaus-architektur, die durch ihre künstle-rische und technologische Originali-tät Wegbereiter ihrer Epochen wur-den, zu vereinigen. Drei Beispieleaus dem 18./19. und 20. Jh. sollen aufeinem Grundstück, auf dem sichschon die Villa Savoye von Le Cor-busier befindet, die Infrastrukturzu diesem Museum bilden, gleich-zeitig aber auch vor Verfall oderAbriß gerettet werden.1) Für das 20. Jh., und fast vollstän-dig renoviert, steht die Villa Savoyeals Beispiel und Höhepunkt desNeuen Bauens. Sie wurde 1929 vonLe Corbusier und Pierre Jeanneretentworfen und fertiggestellt und1958 durch eine internationale Pro-testkampagne vor dem Abriß geret-tet. Seit 1965 unter Denkmalschutz,gehört sie heute dem Ministere de laCulture, das im Zusammenhang mitdem Centre George Pompidou die„Journees Architecturales" mitOrtsbesichtigung für Presse undArchitekten, organisiert hat SechsPhotographen stellen gleichzeitigihre verschiedenen „Ansichten" derVilla Savoye im CCI (G. Pompidou)bis zum 6. 1. 85 aus.2) Als Beispiel für das 19. Jh. stehtdas einzige noch erhaltene vorfabri-

FRÄNCOIS COINTREAV, Projet de mai-son en terre (1787)

MAISON

TERRE OTT PISEDECOREE

zierte Haus von Gustave Eiffel, dasnicht nur dem Verfall sondern auchdem Abriß ausgesetzt ist. (Es solleiner Autobahntrasse weichen). Esist eines der wenigen Beispielegelungener Vorfabrikation (Metall-plattenkonstruktion) und soll demProjekt nach auf dem anliegendenGrundstück der Villa Savoye, durcheine Baumallee visuell getrennt,neuaufgebaut werden.3) Für das 18. Jh. und als drittes Bei-spiel soll ein Haus aus Backstein,eine „Villa Bourgoise" von FrancoisCointreau, Vater des „NouveauPise", (eine moderne und zuverläs-sige Erdkonstruktion), auf demoben zitierten Terrain rekonstruiertwerden. Diese Villa würde zusam-men mit der Villa Eiffel als Galeriefür verschiedenartige Ausstellungenfunktionieren, die Villa Le Corbu-sier als Seminar- und Konferenz-möglichkeit. In den kleineren Zim-mern sollen Bureaus, Gästezimmerund eine Ausstellung der von LeCorbusier entworfenen Möbeluntergebracht werden.

Für dieses Projekt spricht, daß esverglichen mit anderen Museums-projekten kaum Kosten verursacht;dagegen, daß es sich in Poissy befin-det, 20 Minuten von Paris entfernt -eine Herausforderung für den Pari-ser Zentralismus!

Maria Luisa Müller

Vom Irren

Am 2. März wird im MünchnerHaus der Kunst Hermann Kernszweite Labyrinthe-Ausstellungeröffnet. Die erste, 1981 in Mailand,war für zwei Überraschungen gut.Das vermeintlich nur Altertumsfor-scher und Rätselfanatiker interessie-rende Thema zog rund 120 000 Be-sucher an, der (italienische) Katalogerreichte innerhalb von 5 Monatendie dritte Auflage und erschien kurzdarauf, zum Handbuch erweitert,endlich auch im eigenen Lande des„Propheten". (Hermann Kern, „La-byrinthe", München 1982. Vgl. auchDaidalos, Heft 3, März 1982). Diezweite Überraschung erlebte derBesucher bei näherer Betrachtungder Exponate: Im kretischen Laby-rinth und all seinen Variationen undKopien bis hin zur Renaissancekonnte man sich überhaupt nichtverlaufen. Sie waren „einläufig", ankeiner Stelle gab es die Möglichkeiteiner Richtungsentscheidung. Wassoll also die bekannte Geschichtevom Faden der listigen Ariadne, mitdessen Hilfe allein Theseus denMinotaurus im Labyrinth und sel-ber wieder herausgefunden habensoll? Was soll überhaupt so einLabyrinth, in dem man sich nichteinmal verlaufen kann?

Eine mögliche Erklärung läge dar-in, daß Theseus und Ariadne nichtwußten, daß der Faden zur Orientie-rung überflüssig war. Der ständigeRichtungswechsel suggerierte einVerirren, das die Anlage gar nichtzuließ. Das Verirren fand allein imKopfe statt - ein tröstliches Bild. Da-für spricht, daß das Labyrinth, ur-sprünglich keine bauliche Anlagesondern ein symbolisches Zeichenfür den Weg durch Tod und Wieder-geburt, in seiner Entstehungszeit(spätestens im 2. Jahrtausend vorChr.) Bestandteil eines Geheimwis-sens war, das nur durch ein Einwei-hungsritual enthüllt werden konnte.Der Mythos berichtet auch, daßdem Verstorbenen am Eingang zumJenseits die Hälfte einer Wegestruk-tur vorgelegt wird, welche er richtigergänzen muß, um eingelassen zuwerden. Diese Aufgabe scheintleichter, als sie tatsächlich ist. EineAhnung davon erhält jeder, der nacheinem eher flüchtigen Blick auf dieZeichnung des originären Laby-rinths dieses aus dem Gedächtnisnachzuzeichnen versucht. In einerZeit, in der gerade die ersten geome-trischen Richtungsorientierungenüberhaupt herausgearbeitet wur-den, mußte das Begreifen der dochrecht trickreichen Struktur desLabyrinths ein Maß von geistigerEntwicklung voraussetzen, überwelches eben nur eine eingeweihteMinderheit verfügte.

Das Labyrinth als Symbol der Su-

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ARCH"1" -ZEITUNG

im Kopfe und im Gelände

ehe nach dem „richtigen Weg" ist al-so eher eine Projektion unseres Zeit-alters. Das ursprüngliche Labyrinthkannte nur einen einzigen „Schick-salsweg", der nicht die Spur einerAbweichung zuließ, aber in seinerStruktur begriffen werden wollte.Erst die Renaissance, mit der ihr ei-genen verspielten Auffassung klassi-scher und vorklassischer Strukturenund im Vorbegriff des heraufziehen-den Zeitalters der „vernünftigen"Entscheidung, führte die Qual derWahl in das eigentlich fatalistischeWeltsymbol ein. Man legte nun zu„Irrwegen" aufgebrochene Laby-rinthe als Teil von Lustgärten an, indenen das Schicksal nur noch inForm des Zufalls (oder vorher er-worbener Ortskenntnisse) darüberentschied, ob man anstelle des Ziel-punktes eine ebenfalls durch die oftmannshohen Hecken irrende Ge-spielin erwischte oder sich gar mitdem Duelldegen zurück in den Sa-lon durchschlagen mußte, weil mantatsächlich nicht mehr herausfand.Bezeichnend ist hier, wie sich dieTragik eines bei ständiger Wahlfrei-heit in seiner Kenntnis der Weltzu-sammenhänge überforderten Gei-stes abbildet in einem ornamentalzurechtgestutzten Naturmaterial,dessen Formqualität schon Baconmit „Verzierungen auf einer Torte"verglich.

Es ist das Verdienst von HermannKerns formaler Genauigkeit, zumersten Mal diesen entscheidendenStrukturwandel des Labyrinths her-ausgearbeitet zu haben. Trotzdemhat man den Eindruck, daß dieseEntdeckung irgendwie' in der Lufthängen bleibt, wenn man die imHandbuch dargestellte neuere Ent-wicklung verfolgt. Mit einer einzi-gen Ausnahme (Ugo Dossis Asso-ziationsketten, S. 453) scheint esnicht um mehr zu gehen als um eineimmer verspieltere Varietät dessel-ben Typs. Dieselbe bewunderns-werte formale Genauigkeit scheintKern daran zu hindern, daß er dieweitere Auflösung des Irrwegs im20. Jahrhundert entdeckt, die sichnicht mehr unter dem Namen desLabyrinths vollzieht. Die moderneFortentwicklung desselben Sinnge-halts findet sich in der Entschei-dungstheorie. Der „Entscheidungs-baum" - mit der Renaissance weit-läufig verwandt durch eine nicht we-niger flehentliche Bemühung einesNatursymbols - setzt die Auflosungdes Labyrinths in Wegentscheidun-gen fort, indem diese Wegentschei-dungen nur noch bewertet werdenkönnen im Hinblick auf eine Ziel-entscheidung. Wir können das ver-gleichen mit der Routensuche aufeinem Stadtplan: jede Abbiegungs-möglichkeit ist nur richtig oder

falsch, wenn man_weiß, wo manüberhaupt hin will. Die „Lösung desRätsels" wird damit aus dem Bilddes Rätsels ausgelagert: ein perfek-tes Symbol der Technokratte. Ausder Wegverknüpfung dieses moder-nen Labyrinths' selbst ist nicht dergeringste Anhaltspunkt für eineZielentscheidung abzulesen, die al-lein der Wegverknüpfung irgendei-nen Sinn geben würde. „Sage mirwohin es gehen soll, und ich findeheraus wo es langgeht", lautet dasGebet des Technokraten. Dabeiführt die immer feinere Verästelungdes „Baumes" zu nichts anderem alszu einer grundsätzlichen unendli-chen, beliebigen Varietät der Ziele.

Die Anwendung dieses Entschei-dungsmodells in der Programmie-rung von Computern führt nun inte-ressanterweise nicht zu einer weite-ren Sprengung der Horizonte, son-dern gerade zu Endlichkeit und zumRückgriff auf archaische Zähl-mo-delle. So wurde z. B. errechnet, daßalle theoretisch verfügbaren Ele-mentarteilchen unserer Welt nichtausreichen würden, um auf ihnendie nötige Informationsmenge zurSimulation aller möglichen Partie-verläufe eines Schachspiels zu spei-chern, obwohl das Schachspiel imPrinzip ein Spiel mit einer endlichenZahl von Varianten ist. Und: das „bi-näre" Entscheidungsmodell der Pro-grammierung (jede Einzelentschei-dung bietet nur zwei Möglichkeiten)ist formal identisch mit der Strukturdes ältesten noch überliefertenOrakels Chinas (I Ging). Dort bildetsich aus einer Kette von 6 binärenEntscheidungen zwischen Yin undYang eine Varietät von 64 archetypi-schen Hexagrammen.

Obwohl unsere Zeit die Methodikdes Irrens zweifellos perfektionierthat, wird die Fähigkeit des heutigenMenschen zur Zielentscheidungverstärkt angezweifelt Dies drücktsich in dem wachsenden Interessean mystischen und magischen Ge-schichten und Praktiken aus, wel-ches zum Beispiel jenem I-Ging-Orakel in Richard Wilhelms Über-tragung im 20. Jh. Weltbestauflagenbescherte und, nicht zuletzt, eineAusstellung über jenes archaische,einst entscheidungsfreie Labyrinthso attraktiv macht. Jenseits aller my-stischen Schwärmerei kann diesesInteresse dazu dienen, daß wir unsüber den Weg unseres Bewußtseinsund unseres Weltbildes klarer wer-den. Vorausgesetzt, man findet denoft verschlungenen Pfad von den al-ten Symbolen in das heutige Den-ken hinein, was Kern in seiner sonstausgezeichneten Arbeit bisher lei-der nicht zu Ende verfolgt hat.

Thomas Bandholtz

B

Irren imLabyrinthform

Konstruktion eines LabyrinthsEin Labyrinth vom kretischen Typ läßt sicham einfachsten zeichnen, wenn man voneinem zentralen Kreuz ausgeht, zwischendie Kreuzarme jeweils rechte Winkel undin diese wieder - konaxial - Punkte ein-fügt, die in der angegebenen Reihenfolgemiteinander verbunden werden (Serie A).Fügt man zwei Winkel ineinander, so ent-steht ein Labyrinth mit elf statt siebenUmgängen (Serie B). In Serie C eine Ab-folge von Labyrinthen mit unterschiedlichvielen Umgängen: drei, fünf (zwei Arten),sieben, neun (zwei Arten) und elfZeichnung: nach THORDRUP Abb. 4(Serien A, B) und nach einem Vorschlagvon Christian Löwenstein, Berlin (Serie C).

Irren im Gelände: Irrgärten des Barocks

Irren im Geiste? Wegmodell der Entscheidungstheorie („Entscheidungsbaum")

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ARCFT-ZEITUNGUfer der Procuvaiie und der Cerceh

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Grundrisse des Erdgeschosses und 1. Geschosses

Vom Besuch alter Städteeigenartig unbestimmte Bilder zu-rück. Es prägt sich ein, was auffälligist: Monumente, Plätze und Straßen-folgen -, dagegen setzt sich in tiefe-ren Bewußtseinsschichten ab, wasnur eben so nebenbei auf sich auf-merksam macht: die unauffälligeArchitektur zwischen den großenFiguren. Dabei ist es aber gerade sie,die das eigentliche Geflige der Stadtausmacht.

Im besonderen Maße trifft diesfür Venedig zu, dessen fast undurch-dringliches Gewebe von Gassenund Kanälen die Zentren von Wirt-schaft, Politik und Kirche umgibtund verbindet.

Diese „architettura minore" ausdem Dunkel ins Licht des öffentli-chen Interesses zu holen, sollte dasZiel der Ausstellung „Dietro i Palaz-zi"sein. Nach über einem Jahrdetai-lierter Nachforschungen in städti-schen Archiven, gelingt es Egle Re-nata Trincanato, der Initiatorin derAusstellung ein sehr komplexes undfast noch unbekanntes Bild des frü-hen sozialen Wohnungsbaus zuzeichnen. Mit Hilfe umfangreichenphotographischen Materials vonGrundrisszeichnungen, Isometrien,Details und alten Katasterplänenwerden die einzelnen Gebäudety-pen nach Jahrhunderten geordnetund analysiert. Ausgehend von derStadtansicht De Barbari's (1500) ver-folgen sie und ihre Mitarbeiter anHand einzelner Gebäude, beispiel-haft für andere soziale und politischeEntwicklungen bis ins 19. Jahrhun-dert. Fragen an die damaligen Be-sitz- und Mietverhältnisse, Woh-nungsformen und deren Nutzun-

Hinter den PalästenDrei Jahrhunderte architettura minore in Venedig (1492-1803)

gen, soziales Milieu der Bewohnerund deren Lebensverhältnisse, aberauch staatliche Wohnungsbau- undImmobilienpolitik im „Universumvenezianum" bleiben nicht un-beantwortet und geben weiterenAufschluß.

Daß auf Grund des begrenztenPlatzes das Problem des Wohnrau-mes in Venedig immer akut war, istnicht weiter verwunderlich. Er-staunlich aber, wie stark der Staatdiesen Raum kontrollierte und überdie Procuratien von San Marco, oderüber die großen Schulen verwaltete.Ein großer Teil dieses öffentlichenWohnungsbaues wurden Armenund Bedürftigen zur Verfügung ge-stellt, teils „per amore dei", teils zustark reduzierten Mieten. Mit diesenkaritativen Einrichtungen fiel Staatund Kirche aber auch ein Instru-ment in die Hand, mit dem sie Ein-fluß auf die soziale und familiäreOrdnung der Gruppen oder Bevöl-kerung nehmen konnten, die vonder politischen Macht ausgeschlos-sen waren. Dabei interessierten sichdie karitativen Organisationen weni-ger, welcher Personenkreis unterdem Begriff des „Sozialhilfeempfän-gers" zu verstehen sei, zumindestkam es nicht zu einer Definition des

Begriffes, oder einer statistischenErfassung. Fest steht, daß es sich umWitwen, ' einfache HandwerkerHilfsarbeiter, Matrosen, Kriegsver-sehrte, oder Ordensangehörige ge-handelt haben mußte. Einer zwarverarmten, aber durchaus noch re-spektierten Gesellschaftsschicht.

Das dieses soziale Engagementkaritativer Nächstenliebe nebendem „per amore dei" auch handfestefinanzielle Interessen verbarg, warzu vermuten. Neben dem Ankaufvon Ämtern und Titeln, stellte derErwerb von Immobilieneigentumdie sicherste alternative Investi-tionsanlage dar. Bei den großenSchulen, der Scuola San Rocco undder Scuola San Giovanni Evangeli-sta machten diese jährlichen Ein-nahmen den Löwenanteil aus. Dieentstandenen Baukosten solcher„Sozialwohnungen" betrugen etwaein Neuntel eines auch normalenBürgerhauses. Dementsprechendverheerend waren auch die räumli-chen und hygienischen Verhältnissein den dunklen und feuchten Hüt-ten.

Die Schuloberen waren darüber-hinaus bemüht, das Bewohnen die-ser Häuser abhängig zu machen voneinem ganzen Katalog von Forde-

rungen, um den Einfluß solange wiemöglich aufrechtzuerhalten. Nebenchristlicher Erziehung und gesitte-tem Benehmen wurde auch dieregelmäßige Teilnahme an Gottes-diensten und Prozessionen sowieFürbitten für den diesbezüglichenOrden gefordert. Seit 1537 bestandfür den Staat zusätzlich die Möglich-keit aus ihren Reihen im BedarfsfallRuderer für die Galeeren zu rekru-tieren. Verständlich, daß keiner derBedürftigen, nicht ohne sich ingroßen Schwierigkeiten zu befin-den, die sozialen Einrichtungen vonKommune und Kirche in Anspruchnahm.

Durch solche Einsichten in denfrühen sozialen Wohnungsbau, inseinen Formenreichtum und seineNutzungsvielfalt, in die Lebensfor-men seiner Bewohner verdichtetsich die Ausstellung zum Bild einerEpoche, die Anregung und Anstoßgibt, der architetura minore zukünf-tig mehr Beachtung zu schenken.

Egle Renata Trincanato verbindetmit dieser Ausstellung noch eineweitere Hoffnung: „Die Bedeutungdes städtischen Gewebes Venedigsliegt im Gegensatz zu anderen Städ-ten darin, daß wir überrascht vor derMöglichkeit stehen, alles zu retten,indem wir es für die Menschen unddie Ansprüche unserer Zeit nutzbarmachen. (...) Unsere Aufgabe undunser Vorschlag ist deshalb, alles inallen Teilen, auch in den auf denersten Blick unwichtigen zu unter-suchen, um die Restaurierung inrichtiger und angemessener Weisedurchführen zu können."

Reinhard Lepel

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Page 18: Zum Tode Mario Ridolofls: Faschismus, Populismus, und die

ARCH^-ZEITUNGAxonometrie des Treppensystems

Europäisches Zentrumfür Handwerker-

Fortbildung im Denkmalschutz, VenedigRoland Günter im Gespräch mit Dietrich Ebert

R. G.: Dietrich Ebert, Sie sind alsArchitekt ausgebildet, haben beimEuropa-Rat in Straßburg gearbeitet,bauten auf und leiten das Euro-päische Zentrum für Handwerker-Fortbildung im Denkmalschutz inVenedig. Ein Stichwort zur Grün-dung?D. E.: Das Zentrum ist ein Kind desDenkmalschutz-Jahres 1975 ...R. G.: ... dessen Organisator Siewaren ...D. E.: ... es wurde 1977 geboren,ohne große Vorbereitungen - ein-fach, weil es notwendig war: es gabkeine Weiterbildung von Handwer-kern. Und wir wollten das Vorurteilausräumen, der Handwerker hättenur Akkord-Lohn-Interesse undkeine Lust an Weiterbildung.R. G.: Wer kommt?D. E.: Leute, die ihren Beruf ken-nen, d. h. einen Lehrabschluß undmehrjährige Erfahrungen haben.R. G.: Was für Kurse gibt es?D. E.: Drei-Monats-Kurse. FürSteinmetze, Schreiner, Maler, Stuk-kateure und Schmiede.R. G.: Woher kommen die Leute?D. E.: Aus ganz Europa. Und darü-ber hinaus, die ersten nun auch ausder Dritten Welt.

R. G.: Wieviel Leute sind es?D. E.: Pro Kurs-Zyklus zwischen 30und 40. Bisher insgesamt über 400.Im letzten Oktober haben wir siezusammengerufen, um zu sehen,was aus ihnen geworden ist.R. G.: Wo leben die Stipendiaten inVenedig?D. E.: Auf der Insel San Servolo -zwischen Venedig und dem Lido. Ineinem der zahlreichen früherenIrrenhäusern, die 1978 aufgebenwurden - mit der Psychiatrie-Reform Basaglias.R. G.: Was geschah mit dem altenIrrenhaus, als das Zentrum dort ein-zog?D. E.: Es ist ein Beispiel für Denk-malpflege: wir haben weder Wändeversetzt noch beseitigt. Es war füruns einfach, uns anzupassen.R. G.: Das hatte Folgen für dieKosten...D. E.:... ja, wir haben eine der billig-sten Gebäude-Sanierungen ge-macht.R. G.: Kann man etwas über Zahlenerfahren?D.E.: Unsere Zahlen sind öffentlichund wir geben sie gern bekannt: weilsie extrem niedrig sind. Umbauko-sten: 850 000 Mark - für Lehrsäle,

Lehrwerkstätten und Unterkunft für45 Kurs-Teilnehmer. Allerdingssind wir sehr bescheiden.R. G.: Jahres-Etat?D. E.: Knapp eine Million DM.Damit führen wir 7 Kurse je 10 Per-sonen pro Jahr durch. Unterkunft,Essen, Reise-Kosten einbegriffen.Wir zahlen auch einen Unterhalts-beitrag, weil unser Standard-Kurs-Teilnehmer in seiner Zeit hier fürseine Familie kein Einkommen hat:Ein Verheirateter erhält zum Stipen-dium hinaus noch 1000 DM imMonat.R. G.: Wie sieht das Konzept aus?D. E.: Theorie und Praxis sollengleichberechtigt sein, sich verbin-den, trotz oft extremer Schwierigkei-ten. Fehlstellen gab es auch in derPraxis. Es war notwendig, demSteinmetzen beizubringen, wasStein ist, also Material-Kunde. Tra-ditionsgemäß ist Handwerkerausbil-dung auf ein Fach begrenzt. Wirglauben, daß Denkmalschutz nurberufsübergreifend gemacht wer-den kann. Der Schreiner muß wis-sen, was der Steinmetz kann. DerSteinmetz muß wissen, wie sichEisen verhält. Er benutzt es nichtnur, um damit zu arbeiten, sondernauch um Steine zu verbinden. Diegotische Kathedrale wäre ohneEisenklammern überhaupt nichtdenkbar. Sie würde umfallen. Wenneiner sagt, gotische Kathedralensind Steinbauten, ist das oberfläch-lich. Man muß wissen, was andereMaterialien leisten können. Undwas nicht.R. G.: Sie sind dann Restauratoren?D. E.: Nein keineswegs Handwer-ker, das ist etwas anderes. Sie sollenin ihrer eigenen, originären Arbeitentwickelter sein. Mehr Wissenüber die Bauten haben, mit denensie umgehen. Daß sie kritischer wer-den. Auch sich selbst gegenüber.Und gegen die gängigen Stadterhal-tungspolitik.R. G.:... was ist das?D. E.: Die schnelle Lösung. Die radi-kale Lösung. Das Umkrempelnhistorischer Städte.R. G.: Wo arbeiten die Leuteanschließend?D. E.: Wir raten ab von Berufs-veränderungen. Es gibt sie auchkaum. Wir sagen: Gebt eurer Arbeiteine andere Dimension.R. G.: Warum ist Denkmalpflegeattraktiv fürs Handwerk?D. E.: Weil sie interessanter ist.Höhere Anforderungen stellt. Her-ausfordert.R. G.: Trägt sich das finanziell?D. E.: Mittlerweile kann man auchim Denkmalschutz Geld verdienen.Ein guter und beim Denkmalamtgut eingeführter Handwerker kanndurchaus davon leben.R. G.: Gibt es eine Renaissance desHandwerks?D. E.: Ja. Als Alternative zurArbeitslosigkeit. Und als Alterna-tive zu uninteressanten Tätigkeiten.Wir wissen noch nicht, wohin es sichentwickelt.R. G.: Ihr Typ von Schule hat Tradi-tion. Meisterschulen des Hand-werks dann die Werkkunstschulen.In Italien hat ein großer Denker,Antonio Gramsci gesagt: Die Kulturist die Intensivierung der Intelli-genz, die in jeder Arbeit steckt. Alsokeine Abtrennung der Intelligenzvon der Arbeit. Sie arbeiten zwi-schen Praxis und Hochschule?D. E.: Wir haben einige Ideen desBauhauses. Etwa.daß Werkstatt undLehrsaal dasselbe sind. Oder sehr

nahe benachbart. Die Verbindungvon Intelligenz und Handeln, vonKopf und Hand ist unlösbar. Nacheiniger Zeit des Zögerns und derUnsicherheit entdecken unsereKurs-Teilnehmer das sehr gern.Die ständige Begleitung der Hand-arbeit durch den Kopf ist einegroße Herausforderung - und soetwas macht Spaß.R. G.: Kann ein reiner Schreibtisch-Mensch bei Ihnen zusteigen?D. E.: Nein, wir wollen es nicht ver-mischen. Aber sie sollen sich tref-fen. Architekten und Kunsthistori-ker sind als Besuch, zur Diskussionsehr willkommen, aber sie könnenunsere Kurse nicht mitmachen.R. G.: Arbeitsteilung?D. E.: Wir wollen nicht, daß derDenkmalpfleger Steine bearbeitet.Genauso wenig wie der Steinmetzeine chemische Analyse machensoll. Jeder soll seiner Ausbildungfolgen - aber sie sollen sich verste-hen. Wissen, was jeder einzelnekann. Was er erwarten darf. Auchwissen, daß sie keine unseriösen,unanständigen Forderungen an denanderen stellen. Miteinander Pro-bleme lösen.R. G.: Warum werden die Leute ausder eigenen Kultur nach Venediggelockt?D. E.: Europa entstand durch wan-dernde Handwerker. Wir könnenihre Wege und ihr Erbe verfolgen.Straßburg, Como, Lucca. Wir müs-sen die wandernden Handwerkerwieder schaffen, die ihr Wissen wei-tergeben, hinterlassen ...R. G.: Arbeitsgenehmigungen?D. E.: Das Mittelalter war viel wei-ter. Da war es egal, woher einer kam.Heute behindern die Bürokratien.R. G.: Wissen erweitern ...D. E.: ... geht einerseits nicht ohnedas Opfer, mal weniger Geld zu ver-dienen, aber man hat etwas davon.Viele bringen es gern - ich sehe das.Steinmetze werden wieder neugie--rig.R. G.: Kritik an der Denkmalpflege?D.E.: Sie gibt noch zuviele Aufträgean größere Firmen und nicht an ein-zelne Handwerker. Auch weil dieHandwerker nicht organisiert sind.Daher entwickeln sich nun Genos-senschaften vor allem in Italien.R. G.: Wie geht das vor sich?D. E.: In Italien hat sich herauskri-stalliert, daß man nur pro Projekt,während der Laufzeit zusammenar-beitet. Das ist tragfahiger, vernünfti-ger. Es entspricht mehr der Hand-werker-Mentalität, die deutlich aufEinzelarbeit gerichtet ist.R. G.: Italienisches Denken? LieberFlexibilität als Ideologisierung. Wofindet die entwickeltste Tätigkeit derDenkmalpflege statt?D. E.: Schwer zu sagen. Am ehestenin Italien. Wo sie Priorität hat, machtsie keine Kompromisse und ist sehrsauber.R. G.: In Deutschland?Ein übermächtiger Baumarkt.Orientierung des Handwerks aufschnellen Umsatz. Unterwerfungdes denkmalpflegerischen Konzep-tes unter Termine, sei es der Finan-zierung, sei es der zukünftigen Nut-zung. In Italien wird nichts fertig,wenn es fertig werden sollte. DasDenkmal profitiert davon. Es wirdlangsamer und besser gearbeitet.Wenn in Deutschland ein Problemauftaucht, wird es oft beseitigt -damit der Fahrplan nicht in Gefahrkommt. Oft verstärkt die Mentalitätdes Handwerkers das noch: wenn ersagt, es sei ihm ja alles vorgegeben.

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ARCir-ZEITUNGWenn's daneben geht, sagt er: DenTerminplan haben die ja gemacht.Oder: der Denkmalpfleger hats mirvorgeschrieben.R. G.: Denkmalpflege ist sehr kom-plex ...D. E.: ... wir versuchen daraus dieKonsequenz zu ziehen: daß sieTeam-Arbeit erfordert. Das istschwer durchzusetzen. Mißtrauen.Sprachlosigkeit zwischen den Leu-ten. Sie reden meilenweit voneinan-der entfernt. Am Ende muß es derHandwerker ausbaden. Und der sagtdann: Na gut, wenns daneben geht -ich bins nicht gewesen. Ich mache,was die VOB mir vorschreibt. Unddie deckt keinen Denkmalschutz ab.R. G.: Und das ...D. E.: ... versuchen wir abzubauen.Ein Jahrhundertwerk.R. G.: Und der Spaß?D. E.: Weil das moderne Bauenimmer langweiliger wird, zieht derDenkmalschutz mit seinem vielenUnbekannten an. Auch die Zusam-menarbeit mit anderen. Man kann

sich vor seine Arbeiten stellen, wiefrüher der alte Handwerker undstolz sagen: Das hab ich gemacht.R. G.: Erweiterung des Horizontes?D. E.: Weltweit. Und dann: Denk-malschutz als Herausforderung andas ganze Bauen - etwa an die Quali-tät des sozialen Wohnungsbaues.R. G.: Perspektiven darüber hinaus?D. E.: Denkmalschutz als Hilfe fürdie Dritte Welt. Lebendig erhaltender dortigen eigenen Handwerker-Tradition. Andere Experten dorthinschicken: nicht kontaktlose Impor-teure europäischer Technologien,sondern verständnisvolle Men-schen, die die lokalen Möglichkei-ten sehen - und ihnen einen ver-nünftigen Zusammenhang mitindustrieller Technologie ermögli-chen. Das italienische Außenmini-sterium hat jetzt die ersten Schrittegemacht.R. G.: Zu den Anerkennungen fürIhre Arbeit zählt ein Kultur-Preis...?D. E.: ... der KulturpolitischenGesellschaft 1980 ...

Arsenale und Städte von Bysanz bisAmsterdam

Unter diesem Thema versammeltensich vom 5. bis 7. November 198417 Historiker aus fünf Ländern zueinem internationalen Kolloqium inVenedig. Eingeladen hatte das Insti-tuto di Architettura der Abteilungfür Architektur der UniversitätVenedig.

Bewertung des Neuen unter städ-tischen Aspekten und den Institu-tionen der Stadt, Untersuchung derKultur des 16. Jährhunderts - dassind meiner Meinung nach die inte-ressantesten Punkte, die währendder Diskussion über die Arsenaleder großen europäischen und medi-teranen Städte zur Sprache kamen.Gemäß diesen Zielsetzungen mußdie Aufgabe der Architekturge-schichte, ohne „Neuheiten" zukreieren heute heißen: Denkmal-pflege und Technikgeschichte. Dieheute selbstverständliche Bezie-hung zwischen Technik und Stadt-zerstörung ist nämlich durchausnicht natürlich, sondern stellt einPhänomen dar, das studiert werdenmuß und dessen Ursprünge nochidentifiziert werden müssen.

Die Politik der Republik Venedigzeichnete sich durch „Vorsicht" aus.Jenseits dessen muß man sich vorAugen führen, daß die Zusammen-fassung der Vernunft zu bestimmtenInstitutionen im 16. Jahrhundertnoch direkt den traditionellen politi-schen Institutionen Venedigs wider-sprach.

Ziel des Kolloqiums war es, dasvenezianische Arsenal mit anderenzu vergleichen. Wie D. Ellmers,Direktor des Bremer Schiffahrtsmu-seums ausführte, bestand der größteUnterschied zwischen den Arsena-len von Bremen und Venedig: ImFall von Bremen gab es keine kom-plexen Hafenstrukturen wie inVenedig. Im Gegenteil, die hansea-tische „Lastadia" sind einfacheaußerstädtische Orte des Schiffbaus.

Sie verfügen über keine komplexenund architektonischen Formen.

Die Vorsicht der venezianischenKommune war sprichwörtlich: Einfranzösischer Ingenieur kommen-tierte z. B.: den Grad der Ver-wüstung der venezianischen Hafen-anlagen nicht ohne zu betonen, daßdie Angst der Venezianer vor derZukunft größer sei als ihr Genius.Heute, nachdem der Fortschritts-mythos zusammengebrochen ist,gewinnt auch das unbegrenzte Ver-trauen in die Zukunft, wie es nochdas 19. Jahrhundert kannte, neueBedeutung. Die Hafenbehördestellte damals klar, daß die Mün-dung des Hafens von Malamocco(dem Zugang zur Lagune) nicht fürmoderne Schiffe geeignet sei, aberauch nicht verändert werden dürfe,weil jeder Eingriff in die Lagunedem natürlichen Gleichgewichtschadete.

Es war somit ein Kolloqium überArsenale, das sich in Wirklichkeitmit der Bedeutung von Wissen-schaft und Technik und deren Ver-pfiechtungen mit den städtischenOrganisationen und mit der Stadtselbst beschäftigte.

Ludvica Scarpa

Ton-Plastiken

Mich beim Gehen wahrnehmen,spüren, daß gleich der Weg eineWendung nimmt, oder ein erwarte-tes Stück fehlt, ich in einen dunklenRaum hineingehe und noch nichtweiß, wie ich mich darin befindenwerde. Wie ich wieder herauskom-me und wie ich dann bin. Voraus-sehen, daß der Weg aufwärts da einEnde hat, wie abgeschnitten. Fra-gen, wie ich an dieser Stelle stehenwerde, was mich danach erwartet.

Das etwa sind die „Funktionen"dieser Plastiken. Ihre Requisitensind überwiegend von Häusernübernommen, daher zuerst eineÄhnlichkeit mit Architektur-Model-len. Da ist die schmale Treppe, dasPodest, die Türöffnung, der Raum,Wände, Stützen, auch Schutt-haufen. Ihre Folge bezeichnet denWeg eines Menschen, man kann ihnsehen, auch -wenn er nicht inErscheinung tritt. Material sind ver-schiedene Tonarten, vom Trocknenund Brennen verzogen, auch einge-rissen, ziemlich zerbrechlich. DieOberflächen sind zum Teil mitAcrylfarbe bemalt.

Horst Küsgen

A useinander-Setzung

Plan des Arsenals von G. Casoni, 1829

Man ist mit der Wirklichkeit so engverbunden, daß es eine unnötigeAnstrengung wäre, sich mit ihr aus-einanderzusetzen. Selbst Tiere mei-den den zusätzlichen Aufwand:setzte der Fisch sich mit dem Meerauseinander, säße er auf dem Trok-kenen.

Es besteht aber auch wirklich keinAnlaß, sich dadurch verzehrendeEinsamkeit einzuhandeln, daß mansich aus dem All-ein-sein der Wirk-lichkeit herauslöst. Nicht auszuden-ken wären die Folgen, wenn manseine Bedeutungslosigkeit leugnenund die Vergänglichkeit aus denAugen verlieren würde; man müßtedann Begierden entwickeln, dieeinen aufblähen, und Aggressioneneinüben, die mit Paranoia genährtwürden.

Was würde es für eine Kraft ko-sten, die lange Weile der Wirklich-

keit zu meiden: harter Einsatz an derKonsumfront und auf den Unterhal-tungsfeldern, zermürbenderBeschäftigungszwang! Und manmüßte dauernd Urteile abgeben, be-werten, abgrenzen, Informationensammeln, Beziehungen aufdeckenund Zustände analysieren, verließeman den Raum, in dem alles gleich-gültig ist.

Aber malen wir uns doch nichtaus, wie die Welt aussehen würde,wenn wir mit unserer Intelligenzund unseren Fähigkeiten tiefer alsdie Tiere fielen; freuen wir uns lie-ber darüber, daß wir die einfachenÜbungen der Wirklichkeit beherr-schen und dann mit den überreich-lich verbleibenden Energien denendlosen Weg der wunderbarenÜberraschungen gehen können.

Michael Zimmermann

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Page 20: Zum Tode Mario Ridolofls: Faschismus, Populismus, und die

Literaturwiese

1•nee

Die Alternative zur Alternative?oder

Das Geheimnis der WalnisseDiese und andere Zeichnungen aus der ARCH* und der Bauwelt hat Cord Machensunter dem Titel „Unseriöse Veduten-Zeichnungen zur Architektur"zu einem Buch zusam-

mengefaßt. Quadrato Verlag, Braunschweig.

Wir wollen unseren Service für nichtso leicht zugängliche Fachliteratur(Produkte von Selb st Verlagen, klei-nen Verlagen, Universitätspubli-kationen usw.) verbessern. Bitteschickt uns jeweils ein (kostenloses)Probeexemplar entsprechender Ver-öffentlichungen zu! Wichtig ist auchdie Angabe der Bestelladresse unddes Preises! Wir garantieren, daßjedes uns zugestellte Probeexemplarkostenlos in unserer LITERATUR-WIESE aufgeführt wird, behaltenuns allerdings das Recht vor, aucheinmal einen Kurzkommentar anzu-hängen. Sendungen unter demKennwort LITERATUR-WIESE bittean Harald Bodenschatz, PariserStr. 52,1000 Berlin 15.

IBA '84 '87. Projektübersicht. StandSeptember 1984. 310 Seiten. 15 DM.Dokumentation der IBA-Projekte(Stadtneubau und Stadterneue-rung).

IDEE PROZESS ERGEBNIS. Die Re-paratur und Rekonstruktion derStadt. Berlin 1984. 384 Seiten. Kata-log der zentralen A usstellung zum Be-richtsjahr der IBA im Martin-Gro-pius-Bau (15. 9. - 16.12.1984). Preisin der Ausstellung: 32 DM.

Internationale Bauausstellung Berlin1984. Modelle für eine Stadt. Die Neu-baugebiete. Dokumente-Projekte 1.Siedler Verlag. Berlin 1984. 271 Sei-ten. 48 DM.

R. Autzen/H. Becker/H. Boden-schatz/H. Claussen/D. Radicke/H.Stimmann/M. Taeger. Stadterneue-rung in Berlin. Sanierung und Zerstö-rung vor und neben der IBA. VerlagÄsthetik und Kommunikation. Berlin1984, 64 Seiten. 9,80 DM.Illustrierte Geschichte der BerlinerStadterneuerung der letzten 100Jahre, einschließlich Ost-Berlin undder „Erneuerungsgebiete der Zu-kunft" (Nachkriegssiedlungen).Kontrast- und Ergänzungsveröffent-lichung zum IBA-Rummel („Kreuz-berg ist nicht Berlin!").

Verein Kooperatives Planen, Bauenund Leben. Zwischenräume. NishenVerlag. Berlin 1984. 191 Seiten.20 DM.Publikation im Rahmen der IBA zurgleichnamigen Ausstellung

Siedlungen der zwanziger Jahre -Heute. Vier Berliner Großsiedlungen1924-1984. Katalog der Ausstellungvom 24.10.1984 - 7.1.1985 im bau-haus-archiv, Berlin. PublicaVerlagsgesellschafl. Berlin 1984. 240Seiten.Publikation über die Hufeisensied-lung Britz, Waldsiedlung Zehlen-dorf „Onkel Toms Hütte" Großsied-lung Siemensstadt und Weiße Stadtmit hervorragendem Abbildungs-material.

Hans G. Helms. Auf dem Weg zumSchrottplatz. Zum Städtebau in denUSA und in Canada. Verlag Pahl-Rugenstein. Köln 1984. 244 Seiten.16,80 DM.„In den rund 10 Jahren, in denen diehier versammelten Features und Es-says recherchiert und geschriebenwurden, habe ich mich hauptsäch-lich bemüht, die grundlegendenVeränderungen zum Einen durchdie monopolitische multi- undtransnationale Kapitalkonzentra-tion, zum Anderen durch die auf Mi-kroelektronik fußende progressiveAutomation zu untersuchen."

Leonardo Benevolo. La Citta elÄrchitetto. Editori Laterza. Bari1984. 191 Seiten. 13.000 Lire.Interessante Aufsatzsammlung, da-runter „Lo sviluppo della cittä mo-derna" und „La conservazione dellacittä antica".Berlin. Außen und Innen. 53 Filmeaus 90 Jahren. Eine Dokumentationim Rahmen des Berichtsjahres derIBA. 115 Seiten. 10 DM.Berlin um 1900. Katalog der Ausstel-lung der Berlinischen Galerie in Ver-bindung mit der Akademie der Künstezu den Berliner Festwochen 1984 (9.September bis 28. Oktober). 522 Sei-ten. Preis in der Ausstellung: 34 DM.

Gerald R. BlomeyerlBarbara Tietze.Die andere Bauarbeit. Zur Praxis vonSelbsthilfe und kooperativem Bauen.Deutsche ürlags-Anstalt. Stuttgart1984. 160 Seiten. 58 DM.Publikation im Zusammenhang derAusstellung Kooperatives Bauen inder Berlinischen Galerie zum Be-richtsjahr der IBA.

Bürgerinitiative SO 36. InternationaleBluffaktion - IBA. Berlin, September1984. 7 Seiten. 1 DM. Erhältlich beiderBISO 36, z. Zt. Dresdener Str. 12,1000 Berlin 36.Dokumentation der Senats-Angriffeauf die behutsame Stadterneuerungin Kreuzberg.

Pier Luigi Cervellati. La Citta Post-Industriale. Societä editrice HMulino.Bologna 1984. 222 Seiten. 12.000 Li-re.„Dieses Buch prangert die negati-ven Aspekte der gegenwärtigenStadt an und versucht, Lösungenund Themen anzusprechen, die zurRealisierung einer alternativen Wie-derbegründung unserer Städte not-wendig sind."

Rainer WErnst (Hg.). Stadt in Afrika,Asien und Lateinamerika. Collo-quium Verlag. Berlin 1984.190 Seiten.29.80 DMPublikation im Rahmen der IBA zurgleichnamigen Ausstellung in derHochschule derKünste (16.9.-11.11.1984)

R. Fisch/I. Maass/K. Rating. Der Grü-ne Hof. Grundlagen und Anforderun-gen an die Hof begrünung in der Stadi-erneuerung. Verlag C. F. MüllerGmbH. Karlsruhe 1984. 76 Seiten.24,80 DM„Dieses Buch will aufzeigen, wieGrün in der Innenstadt erhalten, ge-schützt und verbessert werdenkann."

Tony Garnier, da Roma a Hone. Ras-segna, marzo 1984. 20.000 Lire.Reich bebilderte Monographie desEntwerfers der „Cite industrielle".

Friedrich Gilly 1772-1800 und die Pri-vatgesellschaft Junger Architekten.Verlag Willmuth Arenhövel. Berlin1984.263 Seiten. Katalog der Ausstel-lung im Berlin Museum (21. 9. - 4.11.1984). Preis in der Ausstellung:34 DM)

Karl Homuth. Statik PotemkinscherDörfer. „Behutsame Stadterneue-rung'' und gesellschaftliche Macht inBerlin-Kreuzberg. Verlag Ökotopia.Berljn 1984.124 Seiten. 13,80 DM.„Meine Kritik richtet sich nicht ge-gen die Akteure „behutsamer Stadt-erneuerung" als einzelne Personen;sie beabsichtigt, die Strukturen ge-sellschaftlicher Macht aufzudecken,die sie durch ihre Praxis erneuertund gefestigt haben."