zur kinetischen analyse mit hilfe der formalen...

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. KINETISCHE ANALYSE MIT FORMALER INTEGRATION 203 Zur kinetischen Analyse mit Hilfe der formalen Integration Die theoretischen Grundlagen und ihre Anwendung auf die spektralphotometrische Untersuchung der Photoisomerisation von Azobenzol 1 Kinetical Analysis by Formal Integration Theoretical Principles and their Applications to Spectrophotometric Studies of Photoisomerization of Azobenzene HEINZ MAUSER und U TE HEZEL Institut für Physikalische Chemie der Universität Tübingen (Z. Naturforsch. 26 b, 203—208 [1971] ; eingegangen am 30. November 1970) The application of "formal integration" to general reaction kinetics is described. Its advantages are demonstrated by using photoisomerization of azobenzene. The greater significance of this kind of analysis compared with graphical methods is pointed out. A computer program was set up for numerical calculation. For photokinetical experiments a special irradiation unit had to be con- structed. Aufgabe der kinetischen Analyse ist es, zu ent- scheiden, ob die für einen angenommenen Mecha- nismus theoretisch abgeleitete Konzentrations-Zeit- Differentialgleichung mit der experimentell bestimm- ten Konzentrations-Zeit-Funktion im Rahmen der Meßgenauigkeit verträglich ist. Dazu kann man aus den Meßwerten die Differentialquotienten der Kon- zentration nach der Zeit bestimmen und mit diesen die Differentialgl. direkt überprüfen. Da sich aber bei der Differentiation die Meßfehler in schwer übersehbarer Weise vergrößern, muß man bei die- sem Verfahren große Streuungen und damit einen Verlust an Signifikanz in Kauf nehmen. Gelegent- lich können zwar die Differentialgln. geschlossen integriert werden, doch sind die Lösungsfunktionen meistens so kompliziert, daß die Frage, ob die Meß- werte den durch die Differentialgl. gegebenen funk- tionalen Zusammenhang erfüllen, nur mit „trial and error"-Verfahren oder mit Näherungsfunktionen ge- klärt werden kann. Dann belasten im allgemeinen noch zusätzliche systematische Fehler die Signifikanz. Im folgenden soll eine Methode beschrieben wer- den, welche die oben genannten Schwierigkeiten vermeidet und zudem den Vorteil bietet, daß zur Auswertung die Endkonzentrationen, die oft nur ungenau bekannt sind, nicht benötigt werden. Mathematische Grundlagen Die allgemeine Form einer kinetischen Konzen- trations-Zeit-Differentialgl. für die /'-te Reaktions- Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. H. MAUSER, Insti- tut f. Physikal. Chemie d. Univ. Tübingen, D-7400 Tübin- gen. komponente ist n 2 x ij fij de? = i = 1 . (1) n + m 1+2 *ij fij i = n + 1 Die Reaktionskonstanten x^ sind zeitunabhängig und im allgemeinen algebraische Funktionen der Ge- schwindigkeitskonstanten der einzelnen Reaktions- schritte und der eingesetzten Gesamtkonzentrationen. Bei Photoreaktionen hängen sie auch von den Ex- tinktionskoeffizienten e der photochemisch aktiven Substanzen bei der eingestrahlten Wellenlänge und von der auffallenden Intensität 7 0 , bei Elektrolysen auch von den elektrochemischen Konstanten ab. Die zeitabhängigen Größen /y sind Funktionen der Konzentrationen Ck der Reaktionspartner und gege- benenfalls der Extinktionen E' bei der eingestrahl- ten Wellenlänge oder der Stromstärke i. Die Differentialgl. (1) läßt sich umformen zu | n+m 1 n dCj 11 + 2 X H fü\ = 2 x ü fij (!') I i = n +1 J i = 1 Durch formale Integration 2 beider Seiten erhält man daraus n t Cj (t) - Cj (t0) = 2 Xij J fij dt i = 1 «o n+m Cj (t) - 2 ^j J fij dCj , (2) i = n + 1 Cj (t0) 1 Auszug aus U. HEZEL „Zur kinetischen Analyse von Photo- reaktionen mit Hilfe der formalen Integration", Disserta- tion, Universität Tübingen 1969.

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

KINETISCHE ANALYSE MIT FORMALER INTEGRATION 203

Zur kinetischen Analyse mit Hilfe der formalen Integration Die theoretischen Grundlagen und ihre Anwendung auf die spektralphotometrische

Untersuchung der Photoisomerisation von Azobenzol1

Kinetical Analysis by Formal Integration Theoretical Principles and their Applications to Spectrophotometric Studies of Photoisomerization of Azobenzene

HEINZ MAUSER und UTE HEZEL

Institut für Physikalische Chemie der Universität Tübingen

(Z. Naturforsch. 26 b, 203—208 [1971] ; eingegangen am 30. November 1970)

The application of "formal integration" to general reaction kinetics is described. Its advantages are demonstrated by using photoisomerization of azobenzene. The greater significance of this kind of analysis compared with graphical methods is pointed out. A computer program was set up for numerical calculation. For photokinetical experiments a special irradiation unit had to be con-structed.

Aufgabe der kinetischen Analyse ist es, zu ent-scheiden, ob die für einen angenommenen Mecha-nismus theoretisch abgeleitete Konzentrations-Zeit-Differentialgleichung mit der experimentell bestimm-ten Konzentrations-Zeit-Funktion im Rahmen der Meßgenauigkeit verträglich ist. Dazu kann man aus den Meßwerten die Differentialquotienten der Kon-zentration nach der Zeit bestimmen und mit diesen die Differentialgl. direkt überprüfen. Da sich aber bei der Differentiation die Meßfehler in schwer übersehbarer Weise vergrößern, muß man bei die-sem Verfahren große Streuungen und damit einen Verlust an Signifikanz in Kauf nehmen. Gelegent-lich können zwar die Differentialgln. geschlossen integriert werden, doch sind die Lösungsfunktionen meistens so kompliziert, daß die Frage, ob die Meß-werte den durch die Differentialgl. gegebenen funk-tionalen Zusammenhang erfüllen, nur mit „trial and error"-Verfahren oder mit Näherungsfunktionen ge-klärt werden kann. Dann belasten im allgemeinen noch zusätzliche systematische Fehler die Signifikanz.

Im folgenden soll eine Methode beschrieben wer-den, welche die oben genannten Schwierigkeiten vermeidet und zudem den Vorteil bietet, daß zur Auswertung die Endkonzentrationen, die oft nur ungenau bekannt sind, nicht benötigt werden.

Mathematische Grundlagen

Die allgemeine Form einer kinetischen Konzen-trations-Zeit-Differentialgl. für die /'-te Reaktions-

Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. H. MAUSER, Insti-tut f. Physikal. Chemie d. Univ. Tübingen, D-7400 Tübin-gen.

komponente ist n

2 xij fij de? = i = 1 . (1) d£ n + m

1 + 2 *ij fij i = n + 1

Die Reaktionskonstanten x^ sind zeitunabhängig und im allgemeinen algebraische Funktionen der Ge-schwindigkeitskonstanten der einzelnen Reaktions-schritte und der eingesetzten Gesamtkonzentrationen. Bei Photoreaktionen hängen sie auch von den Ex-tinktionskoeffizienten e der photochemisch aktiven Substanzen bei der eingestrahlten Wellenlänge und von der auffallenden Intensität 7 0 , bei Elektrolysen auch von den elektrochemischen Konstanten ab. Die zeitabhängigen Größen /y sind Funktionen der Konzentrationen Ck der Reaktionspartner und gege-benenfalls der Extinktionen E' bei der eingestrahl-ten Wellenlänge oder der Stromstärke i.

Die Differentialgl. (1) läßt sich umformen zu

| n+m 1 n dCj 11 + 2 XH fü\ = 2 xü fij • (!')

I i = n +1 J i = 1

Durch formale Integration2 beider Seiten erhält man daraus

n t Cj (t) - Cj (t0) = 2 Xij J fij dt

i = 1 «o

n+m Cj (t) - 2 ^j J fij dCj , (2)

i = n + 1 Cj (t0)

1 Auszug aus U. HEZEL „Zur kinetischen Analyse von Photo-reaktionen mit Hilfe der formalen Integration", Disserta-tion, Universität Tübingen 1969.

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204 H. MAUSER UND U. HEZEL

wobei t0 und t zu zwei beliebigen Meßpunkten der Meßreihe gehören. Als Meßgrößen sind die Funk-tionen Chit) (k = 1, ... j . . . K, K = Anzahl der Reaktionskomponenten) und gegebenenfalls noch E' (t) bzw. i(t) bekannt. Damit können die und die Integrale numerisch oder graphisch berechnet werden. Für die N = n + m Reaktionskonstanten er-hält man ein lineares Gleichungssystem, welches bei Z Meßpunkten aus Z —1 Bestimmungsgin. besteht:

2 Xij Wi,r=WN + 1 , r r = I , . . . , Z - l ; = l

w fadt i=1> n mit W i<r = , . _

(J fijdcj i = n + l , , n + m = N

WrN + i,r= Cj(t) -Cj(t0) (2')

Dieses Gleichungssystem ist (Z — 1 — N) -fach über-bestimmt. Mit der linearen Ausgleichsrechnung 3 für N = n + m Unbekannten lassen sich die Reaktions-konstanten xij mit ihren Standardabweichungen be-rechnen. Letztere sind ein Maß dafür, wie gut die hypothetische Ausgangsdifferentialgleichung (1) den funktionalen Zusammenhang zwischen den einzel-nen Konzentrationen c& und der Reaktionszeit t be-schreibt. Ist die Differentialgl. erfüllt, so müssen die Standardabweichungen in die Größenordnung der Streuung der Meßwerte fallen.

Oft kann man die Differentialgl. (2) in eine Dif-ferentialgl. für die unmittelbaren Meßwerte umfor-men. So ist es z. B. bei spektroskopischen Unter-suchungen möglich, mit Hilfe des L a m b e r t -B e e r sehen Gesetzes eine Extinktions-Zeit-Differen-tialgl. aufzustellen. Diese Darstellung hat den Vor-teil, daß zur Auswertung nur die direkt gemessenen Extinktionen und Bestrahlungszeiten notwendig sind. Die Extinktionskoeffizienten der Reaktionspart-ner müssen nicht bekannt sein. Dies ist besonders dann vorteilhaft, wenn wegen präparativer Schwie-rigkeiten die Extinktionskoeffizienten nur ungenau oder überhaupt nicht bestimmbar sind.

2 H . MAUSER, Z . Natur forsdi . 1 9 a, 7 6 7 [ 1 9 6 4 ] . 3 E. HARDTWIG, Fehler- und Ausgleichsrechnung, 1. Aufl.,

Mannheim 1968. 4A H . MAUSER, U . HEZEL U. B . NICKEL, Z . physik . C h e m . N F

54, 196 [1967]. 4b U. HEZEL, Diplomarbeit, Universität Tübingen 1966. 5A H . MAUSER. B . NICKEL, U . SPROESSER U. V . BIHL, Z . Na-

turforsdi. 22 b, 903 [1967]. 5b V. BIHL, Dissertation, Universität Tübingen 1969. 6A H. MAUSER U. H. BOKRANZ, Ber. Bunsenges. phys. Chem.

7 2 , 2 7 1 [ 1 9 6 8 ] . 6B H. BOKRANZ, Dissertation, Universität Tübingen 1969.

7 S. MALKIN U. E. FISCHER, J. physic. Chem. 66, 2482 [1968].

Anwendungs b eis piele

Bisher wurde die Methode der formalen Integra-tion erfolgreich zur spektroskopischen Untersuchung der elektrochemischen Erzeugung sterisch stabilisier-ter Phenoxyle aus Phenolen herangezogen. Dabei war es möglich, neben Elektrolysenvorgängen auch die Dimerisation und den Zerfall der Phenoxyle zu untersuchen4a' 4b. Sie trug ferner zur Klärung des Reaktionsmechanismus der Photoreduktion des Benzophenons bei 5a' 5b. Der Zerfall des Oxazirans wurde mit ihrer Hilfe ebenfalls studiert6a' 6b . Im fol-genden soll die Methode auf die Photoisomerisation von Azobenzol angewandt werden, um an dieser Mo-dellreaktion zu zeigen, daß die formale Integration wesentlich empfindlicher ist als die bisherigen kine-tischen Untersuchungsverfahren.

P h o t o c h e m i s c h e trans-cis - I s o m e r i s a -t i o n d e s A z o b e n z o l s

Methanolische Lösungen von trans-Azobenzol wurden bei 20 ° C mit Licht der Wellenlänge 3 1 3 nm bestrahlt. Die Extinktionen wurden bei 8 Wellenlän-gen für 40 — 60 Bestrahlungsintervalle gemessen. Die Gesamtbestrahlungsdauer betrug ca. 2 5 Min. Insgesamt wurden drei Meßreihen aufgenommen. In Abb. 1 wird das in der neueren Literatur 7 - 1 2 disku-tierte J a b 1 o n s k i - Termschema für die photo-metrische Zrans-cw-Isomerisation dargestellt. Mit dem in 1. c . 1 4 beschriebenen Matrizenschema erhält man daraus für die Konzentrations-Zeit-Abhängig-keit des frans-Azobenzols, da die Dunkelrückreak-tion unter den Versuchsbedingungen vernachlässigt werden kann:

de,, , 1 - 1 0 - E ' =7o——(acA + b)

<* =-(<PA€ A +<Paz'B)

b = < P A ^ B c 0- (3)

8 D . GEGIOU, K . A . MUSKAT U. E . FISCHER, J. A m e r . chem. Soc. 90, 12 [1968].

9 G . ZIMMERMAN, L . - Y . CHOW U. U . -J . PAIK, J. A m e r . chem. Soc. 80, 3528 [1958].

1 0 P . P. BIRNBAUM U. D . W . G . STYLE, Trans . F a r a d a y Soc. 50,1192 [1954].

11 G. S. HAMMOND et al., J. Amer. chem. Soc. 86, 3197 [1964].

1 2 J. SALTIEL, O . C . ZAFIRIOU, E . D . MEGARITY U. A . A . LAMOLA, J. Amer. chem. Soc. 90, 4759 [1968].

13 A. H. COOK, J. chem. Soc. [London] 1938, 876. 14 H. MAUSER, Z. Naturforsdi. 23 b, 1021 [1968].

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KINETISCHE ANALYSE MIT FORMALER INTEGRATION 205

A" (jtjt*)

A! (DJz*)

X =313 nm

* TA'

• X — ! ! M X ,

I / I 's

Triplett

X=313nm

Singulett frans-Isomeres

Singulett

eis-Isomeres

Abb. 1. J a b l o n s k i - Termschema für die photochemische tra/is-dsTsomerisation des Azobenzols nach 1. c. 7 — 1 2 .

£ A , £ B = Extinktionskoeffizienten der Isomeren bei der eingestrahlten Wellenlänge. E' = Extinktion bei der eingestrahlten Wellenlänge. 70 = eingestrahlte Intensität des monochromatischen Lichtes (Lichtquan-ten pro Zeit- und Flächeneinheit). <p\ , <pf = par-tielle Quantenausbeute in bezug auf die Änderung der Konzentration des Isomeren A durch die Absorption von A bzw. B. c0 = ca + cb — Gesamtkonzentration der Isomeren.

Nach dem L a m b e r t - B e e r sehen Gesetz gilt für die Extinktion bei einer beliebigen Wellenlänge

mit Ea = Qa CA + Pa

Qa — £A — i Pa = EB C0

(A = trans, B = eis). Damit gibt Gl. (3)

d;

(4)

E' + x2 Ea) (5)

Zi= (b qa-apa)I0

x2 = a I0 .

(Berücksichtigt man noch die Vielfachreflexion inner-halb der Küvette, so erhält man die Differentialgl.

dEg _ 1 - 1 0 - E ' l dt E' 1-R-10-E — F' (X1 x2 Ea) 5

wobei R der Reflexionskoeffizient an der Grenz-schicht Küvette/Luft ist.)

Gl. (5) kann auf verschiedene Weise auf die zu (2) analoge Form gebracht werden. Zur Auswer-tung wurden die Gin.

r ,r r 1-10-E' . 1-10-2' . J dEa = xl J — dt + x2$ Ea p 7 — dt (6)

E'

und

J E' dEa = Xj J ( l - 1 0 - £ ' ) d f + a:2 j £ a ( l - 1 0 - £ ' ) d t (7)

benützt. Die Integrale wurden

a) für je zwei aufeinander folgende Meßpunkte berechnet ( ( Z — 1) Gin.),

b) von Meßpunkt 1 bis Meßpunkt 2, 1 bis 3, . . . 1 bis Z erstreckt ( ( Z — 1) Gin),

c) wie bei b) jedoch zusätzlich auch von Z bis Z - l , Z bis Z — 2, . . . , Z bis 1 gebildet (2 ( Z - l ) Gin).

Zum Vergleich wurden außerdem die Werte dEjdt durch Ausgleichsrechnung bestimmt und die Kon-stanten x1 und x2 aus Gl. (5) direkt ermittelt (Dif-ferentiationsmethode) . Insgesamt wurden somit sie-ben verschiedene Verfahren geprüft.

Als Kriterium dafür, ob die Meßwerte die Diffe-rentialgl. (5) erfüllen, dienten

1. die mittleren Fehler der Konstanten in Prozent,

2. die Übereinstimmung der nach den verschiedenen Methoden bestimmten Konstanten,

3. die Übereinstimmung der bei verschiedenen Wel-lenlängen bestimmten Werte von x2 (x2 ist von der Wellenlänge unabhängig),

4. der Vergleich der gemessenen Extinktionen im photostationären Zustand Eaoo mit den berechne-ten Werten: Eaoo = — xjx2 .

Letztere Beziehung folgt unmittelbar aus der Diffe-rentialgl. (5) für dEjdt = 0.

Die Auswertung zeigt, daß die Meßwerte die Dif-ferentialgl. (5) gut erfüllen. Die mittleren Fehler der berechneten Konstanten sind erwartungsgemäß bei den einzelnen Verfahren sehr verschieden. Bei der Differentiationsmethode und der Integration nach a) liegt er in der Größenordnung von 10%, bei den Integrationen nach b) und c) in der Größen-ordnung von 1 Prozent. Der mittlere Fehler der Mittelwerte der nach den sieben Methoden berechne-ten Konstanten liegt unter 1 Prozent. x2 bleibt in-nerhalb der Streuung konstant. Beim Vergleich der berechneten photostationären Extinktionen Eamit den experimentellen Werten erkennt man jedoch einen geringen systematischen Gang.

Als Beispiel gibt die Tab. 1 die Ergebnisse der Integrationsmethode c) für eine Lösung der Aus-gangskonzentration c0 = 6 , 4 - 1 0 ~ 5 Molfl wieder.

Um die Signifikanz der Methode zu prüfen, wur-den weitere Differentialgleichungen für Alternativ-mechanismen aufgestellt. Berücksichtigt man bio-

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206 H. MAUSER UND U. HEZEL

Aa Axt — x» Ax2 -xjx2 : Eaoo AEaoo

[nm] [10-"] [%] [ io - 3 ] [%] exp.

250 6,139 0,1 1,287 0,2 0,477 0,497 — 0,020 280 4,671 0,7 1,310 0,6 0,357 0,358 — 0,001 290 5,289 0,5 1,307 0,3 0,405 0,400 0,005 300 5,545 0,4 1,306 0,2 0,425 0,419 0,006 310 5,587 0,4 1,325 0,2 0,422 0,403 0,019 313 5,418 0,5 1,318 0,2 0,411 0,394 0,017 320 5,037 0,6 1,328 0,2 0,379 0,355 0,024 330 4,003 0,4 1,314 0,1 0,305 0,285 0,020

Tab. 1. Kinetische Konstanten und Endextinktionen als Funk-tion der Wellenlänge, berechnet für eine Lösung der Konzen-

tration 6 , 4 - 1 0 - 5 Molß.

molekulare Löschprozesse und Energieübertragun-gen, wie sie bereits HAMMOND 11 für die photo-sensibilisierte Photoisomerisation von Stilben gefor-dert hat, so muß die Differentialgl. (5) erweitert werden. Sie kann dann allgemein auf die Form

d Ea

dt 1-10-E'

E'

2 *i E V 1 = 1

n + rn l+I xi EV

i = n + 1

(8)

gebracht werden, die für n = 2 und /n = 0 mit (5) identisch wird. Die Meßwerte wurden nach den sie-ben Methoden für die folgenden sechs Differen-tialgln., die jeweils einem bestimmten Mechanismus entsprechen, ausgewertet:

n = 2, m = 0 ; n = 3, m—1; n = 4, m = 2

n = 2, m= 1 ; n = 3, m = 2; n — 4, m — 3.

Das Ergebnis war überraschend, die Differentialgln. mit einer ungeraden Anzahl von Konstanten wurden von den Meßwerten nicht erfüllt. Die mittle-ren Fehler der Konstanten betragen bis über 100%, die Werte für die Reaktionskonstanten X[ schwan-ken innerhalb der sieben Methoden erheblich und ändern zum Teil auch ihr Vorzeichen. Die diesen Differentialgin. zugrundeliegenden Mechanismen müssen verworfen werden. Hingegen sind die Dif-ferentialgin. mit einer geraden Anzahl von Kon-stanten mit den Meßdaten ebenfalls gut verträglich.

Zur Entscheidung zwischen den drei möglichen Differentialgln. wurden weitere Kriterien heran-gezogen: Nach der einfachen Differentialgl. (5) ist die Extinktion im stationären Zustand proportional zur Gesamtkonzentration und damit auch proportio-nal zur Extinktion am isosbestischen Punkt (Index ») :

Eaoo = MaEi (9) mit

Ea C'B <PA + £ B s'A TA 1

Wie Abb. 2 zeigt, wird diese Forderung sehr gut erfüllt. Bezeichnet man mit M' die Proportionalitäts-konstante für die Bestrahlungswellenlänge, so gilt

qpi _ eaIsa'-MJM' <P*A '

(10) EBleB'—MjM'

Mit den genauer als 1% bestimmten Extinktions-koeffizienten der eis- und irans-Form kann nach (10) das Verhältnis der Quantenausbeuten bestimmt

2.0

1.5

1.0

0.5

Eaoo

t p250nm

Azobenzol / a 313 nm

J /

340nm

i i 0.5 1.0 Ei

Abb. 2. Zusammenhang zwischen der Extinktion beim isosbe-stischen Punkt und der Extinktion im stationären Zustand

bei verschiedenen Wellenlängen.

werden. Wie Tab. 2 zeigt, ist die Streuung dieser Quotienten überraschend gering.

4 <PAAI<PA la <PAA!<PA [nm] [nm]

250 0,346 310 0,348 260 0,346 320 0,348 270 0,346 330 0,344 280 0,346 340 0,349 290 0,346 350 0,343 300 0,351

Tab. 2. Quotienten der Quantenausbeuten, berechnet aus Mes-sungen bei verschiedenen Wellenlängen.

Diese beiden Ergebnisse sprechen für die einfache Differentialgl. ( 5 ) .

Andererseits findet man für die erweiterte Diffe-rentialgl. mit n = 4 und m = 2 eine etwas bessere Ubereinstimmung zwischen den experimentell be-stimmten Endextinktionen und den nach der Be-ziehung

M a = SA <PA +£'B VA

xiELJ- = 0 (III

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KINETISCHE ANALYSE MIT FORMALER INTEGRATION 207

berechneten Werten. Auch ein weiterer in 1. c . 1 an-gegebener Test spricht zugunsten dieser Differential-gleichung. Diese Diskrepanz ist folgendermaßen zu erklären:

Die Differentialgl. (8) läßt sich auch in der Form

ÖE± = 1 - 1 0 - E ' { y i + y 2 E a + R { E a ) } ( 8 ' }

schreiben, wobei yx ud y2 algebraische Funktionen der xx sind und der algebraische Ausdrude für das Restglied R(Ea) bei den berechneten Reaktionskon-stanten xx und x§ für die Isomerisation von Azo-benzol im photostationären Zustand (Ea = E ^ ) ver-nachlässigbar klein ist. Das bedeutet, daß in diesem Endzustand die komplizierte Differentialgl. (8) aus-gezeichnet durch die einfache Differentialgl. (5) ge-nähert wird. Beim Prüfen der einfachen Differen-tialgl. nach (10) über das Verhältnis der Quantenaus-beuten, werden als Meßwerte lediglich die photo-stationären Extinktionen verwendet — deswegen die ausgezeichnete Konstanz des Verhältnisses der Quantenausbeuten in Abhängigkeit von der Wellen-länge. Verwendet man dagegen für den Test auf Dif-ferentialgl. (5) die Meßwerte über einen größeren Zeitraum, so zeigen die Ergebnisse in Abhängigkeit von der Wellenlänge einen Gang (AEaoo in Tab. 1) , welcher für die komplizierte Differentialgl. (8) merklich geringer wird, bei einigen Experimenten sogar völlig verschwindet.

Zusammenfassend kann man sagen, daß bereits die einfache Differentialgl. die Meßwerte äußerst gut beschreibt, so gut sogar, daß die Abweichungen mit graphischen Testverfahren 1 (z. B. nach S. MALKIN, E. FISCHER 7 oder G. ZIMMERMAN et al . 9 ) nicht festgestellt werden können. Erst wenn man das oben beschriebene, signifikantere mathematische Prüfver-fahren heranzieht, zeigt sich, daß die komplizierte Differentialgl. (8) die Meßwerte besser beschreibt. Diese Differentialgl. berücksichtigt die bimolekula-ren Löschprozesse von zwei Triplettzuständen, welche jedoch nur zu einem ganz geringen Prozent-satz an dem Isomerisationsprozeß beteiligt sind.

Numerische Auswertung der Meßreihen

Die Meßreihen wurden wegen des großen Rechen-aufwandes an der Großrechenanlage des Tübinger Rechenzentrums ausgewertet. Die Berechnungen wur-den in FORTRAN IV für eine CDC 3 2 0 0 program-miert. Das Programm ist für alle Differentialglei-

chungen des Typs

2 K ' 1

dEa = 1-10-g' _ j = 1 dt E' n + m t 1 + 2 xiE l r

i = n + 1 bzw.

n y x • E*'1

dEa = 1 - 1 0 - g ' _ 1 it 1 ' a

dt _ E' l - i M 0 - £ ' n + m i + 2 * i£r B

i = n +1

verwendbar. Es ist samt Unterprogrammen bei U. HEZEL 1 abgedruckt.

Experimenteller Teil

a) Azobenzol

Azobenzol der Firma Merck, Darmstadt, wurde aus ra-Hexan umkristallisiert (Fp. 68 °C) . Dieses Präpa-rat enthält kaum noch cis-Azobenzol und kann für die Bestrahlungsversuche direkt eingesetzt werden.

trans - A z o b e n z o l : 8 g reines Azobenzol werden in 100 ml Petroläther ( 1 0 0 - 1 4 0 °C) im Dunkeln 1 Stde. am Rückfluß gekocht. Nach dem Abkühlen fällt reinstes tra/is-Azobenzol aus, das bei Rotlicht abgefrit-tet wird (Fp. 68 °C) . Auch in extrem starker Konzen-tration ist dünnschichtchromatographisch keine Verun-reinigung des trans-Azobenzols mehr festzustellen.

eis - A z o b e n z o l 1 3 : 1 g trans-Azobenzol wird in 50 ml Petroläther ( 5 0 - 7 0 °C) gelöst und 40 Min. mit einem HPK 125-Quecksilber-Hochdruckbrenner aus 20 cm Entfernung bestrahlt. Von jetzt ab wird nur noch bei Rotlicht gearbeitet. Die bestrahlte Lösung fil-triert man durch eine neutrale Al203^Säule, die auf 0 °C gekühlt ist. Man wäscht die Säule mit 300 ml Petroläther und eluiert dann das cis-Azobenzol mit 50 ml Äther. Diese ätherische Lösung wird 12 Stdn. bei 0 °C über Na2S04 getrocknet. Nachdem der Äther bei Eiskühlung am Rotationsverdampfer abgezogen wor-den ist, nimmt man den Rückstand mit wenig Methanol auf. Bei — 25 °C kristallisiert reines eis-Azobenzol aus (Fp. 41 °C) . Dünnschichtchromatographisch ist erst bei sehr starker Konzentration eine äußerst geringe Ver-unreinigung durch trarcs-Azobenzol nachzuweisen.

S p e k t r e n (Abb. 3) : Der isosbestische Punkt für die Isomerisation liegt bei Aj = 268,2 nm. Dort ist der Extinktionskoeffizient (4330±40) / /Mol -cm. Die Konzentration der reinen Lösungen von trans- und eis-Azobenzol wird nicht aus der Einwaage, sondern aus der Extinktion am isosbestischen Punkt bestimmt.

b) Methanol

Das Rohprodukt der BASF wurde nach einem Ver-fahren von NICKEL 5a gereinigt. — 41 Methanol wer-den 20 Stdn. mit 30 ml Brom am Rückfluß gekocht. Das überschüssige Brom fälltman danach mit Natrium-

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208 KINETISCHE ANALYSE MIT FORMALER INTEGRATION 208

20000

10000

e[l/Mol-cm] - t

T Azobenzol in Methanol

trans

eis \

i

^ W \

i i 250 300 350

X[nm]-

Abb. 3. Extinktionskoeffizienten von eis- und trans-Azoben-zol als Funktion der Wellenlänge.

hydroxid aus. Die anschließende fraktionierte Destilla-tion ergibt Methanol, das spektral durchlässiger ist als Merck'sches Uvasol.

c) Apparatur für photokinetische Messungen (Abbn. 4 und 4 a)

Als Lichtquelle für die Bestrahlung dient ein Hoch-druck-Quecksilberdampf-Strahler HPK 125, Deutsche Philips GmbH. Dieser wird über eine Drossel mit einer auf 1% stabilisierten 220 Volt-Wechselspannung betrieben. Vor den Versuchen wird die Lampe jeweils 10 Stdn. eingebrannt; man erreicht damit, daß die Strahlungsintensität auf besser als \% konstant bleibt.

Um jegliches Streulicht auszuschließen, wird die Lö-sung in einer Viersichtküvette aus Quarz (Fa. Hellma, Müllheim/Baden) direkt im Küvettenhaus des Zeiss-Spektralphotometers PMQ II bestrahlt. Die Bestrah-lungsdauer kann mit einem elektronischen Photover-schluß (Compur-Werk, München) auf besser als 0,3% genau reproduziert werden. Dieser Photoverschluß wird mit einer Spannung von 4 , 0 V ± 1 % ausgelöst, welche man an einem Konstanter abgreift (T 2 1503 Gossen GmbH, Erlangen).

Abb. 4 a zeigt die Aufsicht auf den Küvettenhalter. Dieser Aluminium-Block ist an den Umlauf eines Ther-mostaten anschließbar. Unter der Meßküvette befindet sich im Block eine von einem Spielzeugmotor angetrie-

bene, rotierende Magnetplatte. Auf diese Weise kann die Lösung in der Meßküvette durch einen in Glas ein-geschmolzenen Magneten laufend gerührt werden.

Abb. 4. Schematische Darstellung der Meßapparatur. T Ther-mostat, K Küvettenhaus, M Doppelmonochromator, P Photo-empfänger mit Verstärker, L Lampe mit Versorgungsanlage, S Äluminiumspiegel, La HPK 125 mit Versorgungsanlage,

F Interferenzfilter, PV Photoverschluß, Ko Konstanter.

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Abb. 4 a. Grundriß des thermostatisierbaren Küvettenhalters: Mo Motor, M Meßküvette, V Vergleichsküvette, T Thermo-

statenanschlüsse.

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die durch Personal- und Sachbeihilfen die Untersuchungen ermög-licht hat, sind wir zu großem Dank verpflichtet.