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Aus der Klinik für Wirbelsäulenchirurgie, orthopädische Chirurgie und Neurotraumatolgie des SRH Waldklinikum Gera, der Klinik für Orthopädie,
Wirbelsäulenchirurgie und Querschnittgelähmte der Zentralklinik Bad Berka und der Orthopädischen Universitätsklinik der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke-
Universität Magdeburg
Zur Reduktion des operativen Zugangstraumas bei dorsalen Wirbelsäuleneingriffen
- Die mikroskopisch assistierte perkutane Zugangstechnik -
Habilitationsschrift
zur Erlangung des akademischen Grades
Dr. med. habil. (doctor medicinae habilitatus)
an der Medizinischen Fakultät
der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
vorgelegt von Ralph Greiner-Perth aus Gera Magdeburg 2007
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Seite
Einleitung 1
Zielsetzung 3
1. Vorbetrachtung 4
1.1. Historie der lumbalen Bandscheibenerkrankung 5
1.2. Entwicklung der modernen lumbalen Bandscheibenchirurgie
und Stand der Technik 6
1.3. Überlegungen zur Pathophysiologie des traumatisch bedingten
muskulären Rückenschmerzes und seiner Chronifizierung 11
2. Klinische Vorstudien 13
2.1. Eigene Vorarbeiten 14
2.1.1. Prinzip der mikroskopisch assistierten perkutanen Zugangstechnik 14
2.1.2. Retrospektive Vergleichsstudie zwischen der mikroskopisch assistierten
perkutanen Nukleotomie und der mikrochirurgischen Technik bei lumbalen
Bandscheibenvorfällen 15
2.2. Weitere klinische Anwendungen der mikroskopisch assistierten perkutanen
Zugangstechnik 17
2.2.1. Der mikroskopisch assistierte perkutane Zugang zum lateralen
Bandscheibenvorfall an der Lendenwirbelsäule 17
2.2.1.1. Einleitung 17
2.2.1.2. Patienten und Methode 19
2.2.1.3. Ergebnisse 21
2.2.1.4. Diskussion 22
2.2.2. Der mikroskopisch assistierte perkutane Zugang zur operativen
Behandlung von Lumbalkanalstenosen 24
2.2.2.1. Einleitung 24
2.2.2.2. Patienten und Methode 24
2.2.2.3. Ergebnisse 26
Inhaltsverzeichnis
2.2.2.4. Diskussion 27
2.2.2.5. Schlussfolgerungen 28
2.2.3. Ein neuer minimalinvasiver Zugang zur operativen Behandlung
von zervikalen Radikulopathien und Myelopathien 29
2.2.3.1. Einleitung 29
2.2.3.2. Patienten und Methode 30
2.2.3.3. Ergebnisse 33
2.2.3.4. Diskussion 35
2.2.3.5. Schlussfolgerungen 36
2.2.4. Die mikroskopisch assistierte perkutane Exstirpation von
symptomatischen lumbalen Synovialzysten 36
2.2.4.1. Einleitung 36
2.2.4.2. Patienten und Methode 37
2.2.4.3. Ergebnisse 38
2.2.4.4. Fallillustration 39
2.2.4.5. Diskussion 39
2.2.5. Modifiziertes Therapiekonzept bei Spondylodiszitiden mit ausgedehntem
epiduralen Abszess 40
2.2.5.1. Einleitung 40
2.2.5.2. Patienten und Methode 41
2.2.5.3. Ergebnisse 43
2.2.5.4. Fallillustration 44
2.2.5.5. Diskussion 46
Klinische und kernspintomographische Vergleichsstudie 47
3. Prospektive randomisierte klinische und kernspintomographische
Studie zur operativen Behandlung des lumbalen Bandscheibenvorfalls 48
3.1. Arbeitshypothesen und Zielsetzung 48
3.2. Methodik 50
3.2.1. Aufbau der klinischen und kernspintomographischen Studie 50
3.2.2. Randomisierung und Einflussgrößen 51
3.2.3. Protokoll der klinischen und kernspintomographischen Studie 52
3.2.4. Statistische Auswertung 55
3.2.4.1. Fallzahlabschätzung 55
3.2.4.2. Statistische Tests 56
Inhaltsverzeichnis
3.2.5. Operationstechniken 57
3.2.5.1. Mikrochirurgische Nukleotomie (MC) 57
3.2.5.2. Mikroskopisch assistierte perkutane Nukleotomie (MAPN) 59
3.2.6. Kernspintomographieparameter 62
3.2.6.1. Magnetresonanztomographie 62
3.2.6.2. Kernspintomographie der operierten Wirbelsäule 64
3.2.6.3. Kernspintomographische Untersuchung 65
3.3. Ergebnisse 72
3.3.1. Demographische Daten 72
3.3.2. Klinische Daten 73
3.3.2.1. Segmentlokalisation und Art der Bandscheibenvorfälle 73
3.3.2.2. Primärer Studienparameter – Operationsdauer 74
3.3.2.3. Sekundäre Studienparameter – weitere Operationsdaten 75
3.3.2.4. Sekundäre Studienparameter – klinisch 77
3.3.3. Kernspintomographische (tertiäre) Parameter 84
3.3.3.1. Höhenveränderung im Zwischenwirbelraum 84
3.3.3.2. Beurteilung des Bandscheibenvorfalls und des Wurzelkontakts 86
3.3.3.3. Beurteilung des Operationszugangs 89
3.3.3.4. Kontrastmittelenhancement in der Nervenwurzel 93
3.3.3.5. Ergebnisse der schrittweisen multiplen linearen Regression 94
3.4. Diskussion 95
3.4.1. Operative und klinische Ergebnisse 96
3.4.2. Literaturvergleich der operativen und klinischen Ergebnisse 100
3.4.3. Kernspintomographische Parameter 104
3.4.4. Beantwortung der Fragestellungen 110
3.4.5. Grenzen der Studie 111
Zusammenfassung der Gesamtarbeit 112
Literaturverzeichnis 126
Danksagung 149
Einleitung 1
Ausgangspunkt der Überlegungen war die lumbale Bandscheibenoperation. Bei einer
Inzidenz von 87 Operationen pro 100.000 Einwohner pro Jahr [Kast et al. 2000] werden
etwa 70.000 lumbale Bandscheibenoperationen jährlich in Deutschland durchführt. Nach
SCHALLER (2004) müssen wir uns mit einem Anteil von 8 – 25 % so genannter
Postdiskektomiesyndromen auseinandersetzen. BRANDT (2003) geht sogar von bis zu
30% aus. In einer 1680 Patienten umfassenden Serie von posterolumbalen
intersomatischen Fusionen fanden GREINER-PERTH et al. (2004) einen Anteil von 14%
Postdiskektomiesyndromen. Neben der falschen Indikationsstellung wird vor allem die
Invasivität des Eingriffs mit Narbenbildung und postoperativen segmentalen Instabilitäten
für die Ausbildung des Postdiskektomiesyndroms verantwortlich gemacht [Schaller 2004,
Brandt 2003]. Daraus leitet sich die Überlegung ab, dass durch eine Optimierung der
Operationstechnik, insbesondere durch Minimierung des muskulären Zugangstraumas, die
Ergebnisse unter Umständen verbessert werden und auch notwendige Zweiteingriffe
reduziert werden könnten. Dies ist der Grundgedanke bei der Entwicklung neuer, so
genannter „minimalinvasiver“ Verfahren, wozu auch die mikroskopisch assistierte
perkutane Nukleotomie (MAPN) zählt [Greiner-Perth 2002]. Durch die Etablierung eines
weniger invasiven Verfahrens zur operativen Behandlung des lumbalen
Bandscheibenvorfalles würden sich unter Umständen weitere Indikationen im Bereich der
dorsalen Wirbelsäulenabschnitte erschließen.
Die momentane Anwendungspraxis der alternativ zur mikrochirurgischen Nukleotomie
(MC) als Standardverfahren einsetzbaren minimalinvasiven Behandlungsverfahren ist
durch die paradoxe Situation gekennzeichnet, dass eine nahezu unüberschaubare Vielfalt
an Verfahren angeboten, intensiv beworben und vermarktet wird, aber gleichzeitig keine
belastbaren Informationen für Patienten, Kostenträger oder interessierte potentielle
Anwender zur Verfügung stehen, die eine realistische Nutzen-Risikoabwägung
ermöglichen. Dadurch entsteht dringender Bedarf an Forschung und Evaluation in zwei
Richtungen: Einerseits werden prospektive randomisierte Studien gebraucht, die die
Wirksamkeit der Methoden im Vergleich zum Standardverfahren der mikrochirurgischen
Nukleotomie abschätzen lassen und andererseits Evaluationssysteme, die ein Monitoring
von Erfolgen /Misserfolgen des Technologieeinsatzes unter Routinebedingungen erlauben
[Lühmann 2005].
Jedem Kollegen, der sich mit der Einführung weniger invasiver Techniken befasst, ist
klar, dass sich die Ergebnisse der Invasivität eines Verfahrens nicht ohne weiteres
erfassen lassen. Große Fallzahlen wären nötig, um solche Effekte mit Visuellen
Einleitung 2
Analogskalen (VAS) oder Schmerzscores statistisch zu sichern. Zudem ist spätestens seit
der Publikation von MOSELEY (2002) klar, dass es Placebo-Effekte bei chirurgischen
Verfahren gibt, welche ebenfalls nur sehr schwierig statistisch erfassbar sind. Daher war
es erklärtes Ziel, basierend auf den Vorarbeiten, klare und wissenschaftlich
nachvollziehbare Fragestellungen für die hier vorzustellende Arbeit mit einer statistisch
begründeten Fallzahlabschätzung zu formulieren (siehe Zielsetzung).
Die Arbeit umfasst zwei Teile. Im ersten Teil werden klinische Vorstudien zu
unterschiedlichen Indikationen unter Anwendung der mikroskopisch assistierten
perkutanen Zugangstechnik vorgestellt. Dabei handelt es sich um eine retrospektive
Vergleichsstudie zwischen MAPN und MC [Greiner-Perth 2002] und die operative
Versorgung bei lateralen Bandscheibenvorfällen unter Anwendung der mikroskopisch
assistierten Zugangstechnik im Bereich der LWS [Greiner-Perth 2003]. Neue Aspekte
bietet die mikroskopisch assistierte Zugangstechnik auch bei der operativen Versorgung
von Lumbalkanalstenosen [Greiner-Perth 2004] sowie bei zervikalen Radikulo- und
Myelopathien [Böhm, Greiner-Perth 2003]. Weitere Indikationen zur Anwendung der
mikroskopisch assistierten perkutanen Zugangstechnik sind die Exstirpation von
symptomatischen Facettengelenkszysten sowie die Entlastung von ausgedehnten
epiduralen Abszessen.
Kernstück der Arbeit (zweiter Teil) ist eine prospektive, randomisierte klinische und
kernspintomographische Vergleichsstudie zwischen der mikrochirurgischen und der
mikroskopisch assistierten perkutanen Nukleotomie.
Einleitung 3
Zielsetzung
Im Rahmen der vorgelegten Arbeit sollen mit Focus auf die prospektive und
randomisierte Vergleichsstudie folgende Fragestellungen beantwortet werden:
1. Gibt es einen Operationszeitgewinn, festgelegt als primärer Outcome-
Parameter, bei Anwendung der MAPN?
2. Ist ein potentieller Operationszeitgewinn in andere Zentren exportierbar?
3. Hat ein möglicher Operationszeitgewinn Einfluss auf andere (sekundäre)
Outcome-Parameter?
4. Gibt es Übereinstimmungen bei sekundären Parametern (auch im
Literaturvergleich) zwischen MAPN und mikrochirurgischer Technik?
5. Gibt es kernspintomographische Einflussgrößen auf die individuelle
Gesamtschmerzbelastung?
6. Ist die operative Entlastung der neuralen Strukturen, soweit
kernspintomographisch erfassbar, bei beiden Techniken identisch?
7. Gibt es zwischen beiden Verfahren kernspintomographisch messbare
Unterschiede hinsichtlich des Zugangstraumas in den dorsalen Weichteilen?
Vorbetrachtung 4
1. Vorbetrachtung
Vorbetrachtung 5
1.1. Historie der lumbalen Bandscheibenerkrankung
Es ist erstaunlich, dass ein sowohl pathologisch-anatomisch, als klinisch-neurologisch so
klar umrissenes Krankheitsbild wie der lumbale Bandscheibenvorfall in seinem Wesen bis
zur Veröffentlichung von MIXTER und BARR (1934) unerkannt blieb. Die erste
Beschreibung zum Krankheitsbild des „Ischias“ war bei CAELIUS AURELIANUS 500
n. Chr. zu finden [Breitenfelder 2000]. Als Symptome wurden ausstrahlende Schmerzen,
Parästhesien und Atrophien des betroffenen Beines beschrieben, deren Ursache
ungewohnt schweres Heben und Kälte waren. Als Sitz des Ischias galt die Hüftregion und
wurde auch als Erkrankung derselben aufgefasst. Ursache war im allgemeinen gemäß der
humoral-pathologischen Ansichten die Ansammlung krankhaft veränderter Körpersäfte,
so dass konsequenter Weise die Reinigung des Körpers durch Aderlass Therapie der Wahl
war. Auf DOMENICO COTUGNO (1764) geht die erste Veröffentlichung zurück, die
eine Erkrankung der Bandscheibe (ödematöse Auftreibung) mit dem „Ischias“ in
Zusammenhang bringt. Von FRANCOIS LOUIS ISIDORE VALLEIX werden 1852 die
Druckpunkte im Verlauf des N. ischiadicus beschrieben. ERNEST CHARLES
LASEQUE beschrieb 1864 die folgenden Ischiaszeichen:
- Bei heftigen Schmerzen wird eine gänzliche Streckung im Hüft- und
Kniegelenk vermieden.
- Der Fuß wird in Plantarflexion gehalten und Dorsalflexion des Fußes löst
starke Schmerzen aus.
- Bei rechtwinklig gebeugtem Hüft- und Kniegelenk löst die Streckung des
Kniegelenkes heftige Schmerzen aus.
Die erste komplette Darstellung der spinalen Dermatomverteilung durch THEODOR
KOCHER (1896) stellte die Lehre von der Ischiaserkrankung auf eine solide
neurologische Grundlage.
Die erste ausführliche patho-anatomische Beschreibung von lumbalen
Bandscheibenvorfällen ist auf HUBERT LUSCHKA (1858) zurückführbar.
Nachdem das Krankheitsbild des „Ischias“ nun sowohl neurologisch als auch patho-
anatomisch beschrieben war, ergab sich das Problem der chirurgischen Therapie. In
diesem Zusammenhang sind als Erstbeschreiber der Berliner Neurologe HEINRICH
OPPENHEIM und der Neurochirurg FEDOR KRAUSE zu nennen. Am 23. Dezember
1908 führte Krause eine Laminektomie LWK 2-4 durch und entfernte transdural einen
„Tumor“. Die mikroskopische Untersuchung ergab „…im wesentlichen Knorpelgewebe
Vorbetrachtung 6
mit spärlichen Knorpelzellen“. Die Autoren interpretierten den Befund als Enchondrom.
Der entscheidende Schritt zu einem einheitlichen Krankheits- und chirurgischen
Therapiekonzept gelang erst MIXTER und BARR 1934. Sie gelangten zu dem Schluss:
„Dass die Herniation des Nucleus pulposus in den Spinalkanal oder die Ruptur der
Bandscheibe, wie wir sie vorzugsweise nennen, kein ungewöhnlicher Grund für Symptome
darstellt. …Dass die Behandlung dieser Krankheit eine chirurgische ist und dass die
damit erzielten Ergebnisse, sofern die Kompression nicht zu lange bestand, sehr
befriedigend sind.“
1.2. Entwicklung der modernen lumbalen Bandscheiben-
chirurgie und Stand der Technik Die früher angewandte „offene Bandscheibenoperation“ wurde in den 70er Jahren (siehe
auch Schema 1) durch die von WILLIAMS (1975), YASARGIL (1977) und CASPAR
(1977) entwickelte mikrochirurgische Technik (MC) abgelöst, die heute noch
„Goldstandard“ ist, deren Vorteile in der geringeren Größe des Zuganges im Vergleich
zur „offenen Technik“ und in der sehr guten dreidimensionalen Visualisation des OP-
Gebietes durch Verwendung des Mikroskops liegen. Nachteilig ist hierbei, dass die
paraspinale Muskulatur bei dem Standardmittellinienzugang über eine Länge von etwa
4 cm von den Dornfortsätzen, Teilen der Lamina und des Wirbelgelenkes abgelöst wird
(subperiostale Freilegung). Da nach PANJABI (1981) sich der Drehpunkt eines spinalen
Bewegungssegmentes in den dorsalen Elementen befindet, lässt sich postulieren, dass
jede strukturelle Läsion zumindest eine partielle Instabilität induziert.
Die 1975 von HIJIKATA und ONIK vorgestellten perkutanen Verfahren hatten einen
anderen gedanklichen Hintergrund. Hiermit sollten ohne Eröffnung des Spinalkanales
über Sonden auf intradiskalem Weg Bandscheibenvorfälle entfernt werden oder über eine
Verringerung des intradiskalen Druckes das dorsale „Bulging“ des Anulus fibrosus
vermindert werden. Allerdings wiesen diese perkutanen Verfahren erhebliche
Restriktionen hinsichtlich der Indikationsstellung auf (Tab. 1), so dass deren Anwendung
begrenzt ist. Für die sequestrierten Bandscheibenvorfälle, die zum Großteil die
Operationsindikation darstellen, sind diese Verfahren nicht anwendbar.
Ein weiterer wichtiger Schritt war die Entwicklung der endoskopisch gestützten
Verfahren von DESTANDEAU (1999) und FOLEY (1997) (Microendoscopic
Discectomy, MED) zur operativen Behandlung des lumbalen Bandscheibenvorfalls.
Vorbetrachtung 7
1975 WILLIAMS, 1977 YASARGIL und CASPAR
Mikrochirurgische Nukleotomie
1975 Hijikata
Perkutane Lasernukleotomie
1981 McCulloch
Perkutane Nukleotomie mit Chymopapain
1985 Onik und Maroon
Automatiesierte perkutane Laserdiskektomie
1993 Kambin
Arthroskopische Mikrodiskektomie
1996 Mathews
Transforaminale endoskopische Mikrodisektomie
1997 Foley und Smith
Mikroendoskopische Diskektomie
2002 Greiner-Perth und Böhm
Mikroskopisch assistierte perkutane Nukleotomie
Schema 1 Zeitlicher Verlauf der Entwicklung der modernen Bandscheibenchirurgie
Vorbetrachtung 8
Art des Bandscheibenvorfalls / Verfahren zur Auswahl Dislokationsgrad [Krämer 1999]
Protrusion Standardverfahren, MAPN Dislokationsgrad 1 und 2 Endoskopische Verfahren
(v.a. transforaminale endoskopische Verfahren) Perkutane automatische oder manuelle Diskektomie Perkutane Laserdiskektomie Chemonukleolyse Nukleoplastie Chemonukleolyse
Prolaps mit gedecktem Sequester Standardverfahren, MAPN Dislokationsgrad 3 Endoskopische Verfahren
(v.a. transforaminale endoskopische Verfahren) (Perkutane automatische oder manuelle Diskektomie) (Perkutane Laserdiskektomie) Nukleoplastie
Prolaps Standardverfahren, MAPN Dislokationsgrad 4 und 5 (Endoskopische Verfahren) Tab.1 Anwendung operativer Verfahren in Abhängigkeit vom Grad des Bandscheibenvorfalls
FOLEY (1997) umging den Standardmittellinienzugang und damit die subperiostale
Freilegung, indem er über einen paramedianen, 16 mm langen Hautschnitt die paraspinale
Muskulatur entlang des Dornfortsatzes aufbougierte, bis der Arbeitskanal von 16 mm
Durchmesser eingebracht wurde. Dadurch konnte das Zugangstrauma nachweislich
verringert werden. Dies ergaben kernspintomographische Nachuntersuchungen von
MURAMATSU (2001). Ein großer Nachteil dieses Verfahrens sind die endoskopisch
bedingte zweidimensionale Darstellung des Operationsgebietes sowie die häufigen
Verschmutzungen der Optik durch Blutpartikel. FOLEY (1997) bahnte sich den
Zugangsweg entlang der Dornfortsätze unmittelbar paramedian, womit ein Schwenken
des Arbeitskanals in tranversaler Ebene kaum möglich wurde. Auch sollte in diesem
Zusammenhang der Kostenaspekt nicht unerwähnt bleiben. Die verwendeten Endoskope
sind Einwegmaterialen mit Kosten von etwa 1.000 € pro Stück (Tab. 2).
Es lag der Schluss nahe, die Vorteile der endoskopischen Verfahren im Hinblick auf das
geringe muskuläre Trauma mit dem Vorteil der dreidimensionalen Darstellungsweise
unter dem Operationsmikroskop zu kombinieren. Im Ergebnis der Entwicklung entstand
die so genannte „Mikroskopisch assistierte perkutane Zugangstechnik“. Bei Anwendung
dieser Zugangstechnik zur operativen Behandlung von lumbalen Bandscheibenvorfällen
wird die Abkürzung MAPN für „mikroskopisch assistierte perkutane Nukleotomie“ und
Vorbetrachtung 9
bei Dekompressionen MAPD für „mikroskopisch assistierte perkutane Dekompression“
verwandt.
Neben den Vorteilen des geringen Zugangstraumas und der dreidimensionalen
Visualisation sowie der Möglichkeit alle Arten lumbaler Bandscheibenvorfälle
operationstechnisch anzugehen, lieferte die MAPN-Technik zudem auch kürzere
Operationszeiten im Vergleich zu anderen weniger invasiven Verfahren (Tab. 2), was
wiederum zu einem entscheidenden Kostenvorteil führen kann.
Kriterien MAPN MED
Perkutane
Endoskopische
Laserdisektomie
Spezielle Ausrüstung nur bedingt Ja Ja
Spezielle Instrumente Ja Ja Ja
Lernkurve Ja Ja Ja
Mögliche
Manipulationen
Präparation
Wurzelmobilisation
Koagulation
Dekompression
Präparation
Wurzelmobilisation
Koagulation
Dekompression
Irrigation
Koagulation
Op-Zeit 42 Min. 75 Min. 60 – 136 Min.
Menge gewonnenen
Bandscheibematerials
entspricht
konventioneller OP
entspricht
konventioneller OP ?
Visualisation 3-dimensional 2-dimensional 2-dimensional
Tab.2 Ausgewählte Methoden im Überblick
Vorbetrachtung 10
Übliche Operationsverfahren (Versuch einer Systematisierung):
1. „Offene Verfahren“ (offene konventionelle Nukleotomie, mikrochirurgische
Nukleotomie)
Bei diesen Techniken wird über einen posterioren Zugang der Spinalkanal eröffnet und
die neuralen Strukturen sowie der Bandscheibenvorfall direkt visualisiert. Hierbei
kommen Lupenbrillen oder wie bei der mikrochirurgischen Nukleotomie als
Standardverfahren das Operationsmikroskop zum Einsatz.
2. „Perkutane Verfahren“ (Chemonukleolyse, perkutane automatisierte
Nukleotomie, perkutane Lasernukleotomie, perkutane endoskopische
Nukleotomie, Nukleoplastie)
Bei diesen Verfahren erfolgt eine Punktion der Bandscheibe über einen posterolateralen
Zugang. Die Dekompression der neuralen Strukturen erfolgt indirekt über eine
intradiskale Volumenreduktion. Die Invasivität dieser Verfahren ist gering. Die
Indikationen sind beschränkt (Tab. 1).
3. „minimalinvasive Verfahren mit direkter Visualisation des Spinalkanales“
(endoskopische transforaminale Nukleotomie, MED, mikroskopisch assistierte
perkutane Nukleotomie)
Diese Techniken nehmen eine Zwischenstellung zwischen den unter Punkt 1. und 2.
genannten Verfahren ein (siehe auch Schema 2). Einerseits zeichnen sie sich durch ein
geringes, mit den perkutanen Techniken vergleichbares, Zugangstrauma aus und
andererseits ist eine direkte Darstellung der neuralen Strukturen und des
Bandscheibenvorfalls möglich. Es erfolgt eine direkte Dekompression. Alle
Dislokationsgrade nach KRÄMER (1999) sind operationstechnisch angehbar.
Schema 2 Zuordnung prinzipiell anwendbarer Techniken
Offene Verfahren: Konventionelle Nukleotomie Mikrochirurgische Nukleotomie
Mini-invasive Verfahren mit direkter Visualisation des Spinalkanales: Endoskopische transforam. Nukleot. MED MAPN
Perkutane Verfahren: Chemonukleolyse Perkutane Lasernukleotomie Nukleoplastie
Vorbetrachtung 11
Bei all den bisherigen Darlegungen ist zu bedenken, dass es bisher keine valide
Datenbasis in Bezug auf die Effizienz neuerer weniger invasiver Verfahren im Vergleich
zur mikrochirurgischen Nukleotomie gibt [Lühmann 2005].
1.3. Überlegungen zur Pathophysiologie des traumatisch
bedingten muskulären Rückenschmerzes und seiner
Chronifizierung Insbesondere die muskulären Nozizeptoren aber auch die Nozizeptoren anderer
Weichteile des Rückens wie die Ligamente, Faszien und Gelenkkapseln werden durch
starke mechanische Reize (Traumen und Überlastung) aktiviert [Mense 1985]. Nach
CESARE (1997) und SNIDER (1998) verfügen nozizeptive Nervenendigungen über
vielfältige Rezeptoren für endogene Substanzen, unter anderem auch für Adenosin-
Triphosphat (ATP) und saure Valenzen (H+). Das in Muskelzellen in hohen
Konzentrationen vorkommende ATP wird bei Läsionen freigesetzt. Da die muskulären
Nozizeptoren bevorzugt perikappilär lokalisiert sind, reichen schon geringere Traumen
zur nozizeptiven Aktivierung aus. Neben ATP werden, wie bereits erwähnt, im Rahmen
eines muskulären Traumas infolge entzündlicher Reaktionen und ischämischer Zustände
auch saure Valenzen frei, die zu einer zusätzlichen nozizeptiven Interaktion führen. Zwei
Mechanismen sind die Folge. Einerseits werden die resultierenden Aktionspotentiale zum
zentralen Nervensystem (ZNS) weitergeleitet, wo sie in Form von Schmerz bewusst
wahrgenommen werden. Andererseits kommt es nach MOLANDER (1987) über die
lokale Freisetzung von Neuropeptiden wie Substanz P, calcitonin gene-related peptides
und Somotostatin aufgrund der erhöhten Gefäßpermeabilität zu einem lokalen Ödem. So
kann sich ein lokaler Circulus vitiosus entwickeln, der das lokale Ödem und die
gesteigerte Aktivität der Nozizeptoren aufrechterhält. Endogene schmerzauslösende
Substanzen wie Bradykinin und E2-Prostaglandin erhöhen auch die mechanische
Empfindlichkeit der Nozizeptoren, so dass nunmehr schon schwache mechanische Reize
ausreichen, um eine Schmerzreaktion auszulösen [Mense 1988]. Dies scheint nach
MENSE (1988) der wichtigste periphere Mechanismus zur Auslösung der lokalen
Druckschmerzhaftigkeit, des Bewegungsschmerzes und der Hyperalgesie zu sein.
Durch den beschriebenen lokalen Circulus vitiosus entsteht ein länger dauernder
Impulseinstrom von den Nozizeptoren über das spinale Hinterhorn und die
Hinterstrangbahnen zum ZNS. Über die Substanz P aus den nozizeptiven
Vorbetrachtung 12
Muskelafferenzen kommt es zu einer gesteigerten Erregbarkeit auf spinaler Ebene
[Hoheisel 1997]. Dieser Mechanismus kann als Vorstufe zur Chronifizierung angesehen
werden. Endpunkt der Chronifizierung sind strukturelle Umbauprozesse sowohl in der
Muskulatur als auch im ZNS. Im Zentralnervensystem kann ein Schmerzzustand dadurch
fixiert werden, dass die Dichte der synaptischen Kontakte insbesondere im limbischen
System zunimmt. In der Skelettmuskulatur resultiert aus dem chronifizierungsbedingten
Umbau eine Steigerung der Innervationsdichte mit Substanz P-haltigen
Nervenendigungen [Reinert 1998].
Ausgangspunkt dieser Ereigniskette ist das muskuläre Trauma. Dieses ist bei allen
dorsalen Eingriffen an der Wirbelsäule relevant. Logische Konsequenz aus dem
beschriebenen Mechanismus der lokalen Schmerzentstehung und –chronifizierung wäre
die Hypothese, dass ein minimiertes Zugangstrauma zu einer geringeren
Schmerzsymptomatik mit weniger Tendenz zur Chronifizierung führt.
Klinische Vorstudien
13
2. Klinische Vorstudien
Klinische Vorstudien
14
2.1. Eigene Vorarbeiten 2.1.1. Prinzip der mikroskopisch assistierten perkutanen
Zugangstechnik Wie unter Abschnitt 1.2. beschrieben, sollte die geringe Invasivität der endoskopischen
Verfahren mit den Vorteilen der dreidimensionalen Visualisation unter dem
Operationsmikroskop kombiniert werden. Die Vorarbeiten begannen 1996. Im Ergebnis
stand die so genannte „mikroskopisch assistierte perkutane Zugangstechnik“.
Bei diesem Verfahren wurde über einen ca. 15 mm langen Hautschnitt, etwa 2-3 cm
paramedian gelegen, die paraspinale Muskulatur mit Dilatatoren aufgedehnt bis ein
Arbeitskanal eingebracht werden konnte.
Abb.1 „Einschrauben“ des
Arbeitskanals über den zweiten
Dilatator
Dieser war versehen mit einem Außengewinde, welches ein schonendes „Einschrauben“
durch die Muskulatur erlaubte (Abb.1). Die Arbeitskanäle waren in drei Längen (45, 55,
65 mm) und zwei unterschiedlichen Durchmessern (Außendurchmesser 11 und 14 mm,
Innendurchmesser 9 und 12 mm) verfügbar. Der anzubringende Handgriff ermöglichte ein
befundorientiertes Schwenken insbesondere in der Sagittalebene aber auch in der
transversalen Ebene. Alle weiteren Arbeitsschritte erfolgten unter Verwendung des
Operationsmikroskops.
Aufgrund der geringen Ausdehnung der Hautinzision (15 mm), des schonenden
dilatativen transmuskulären Zuganges und der Verwendung des Mikroskops wurde diese
Technik als „mikroskopisch assistierte perkutane“ bezeichnet. Man kann die
Begriffswahl „perkutan“ zweifellos kontrovers diskutieren. Es gibt jedoch keine klare
Begriffsdefinition für „perkutan“ bezüglich der Größe der Hautinzision.
Klinische Vorstudien
15
Das entsprechende Instrumentarium wurde in Zusammenarbeit mit der Firma Medicon
(Tuttlingen) entwickelt (Abb.2).
Die Operationstechniken entsprechend der jeweiligen Indikationen werden in den
diesbezüglichen Abschnitten detailliert erläutert.
Abb.2 Dilatatoren, Handgriff und Arbeitkanäle (11mm Außendurchmesser) der Firma Medicon
2.1.2. Retrospektive Vergleichsstudie zwischen MAPN und mikro-
chirurgischer Technik (MC) bei lumbalen Bandscheibenvorfällen Zur Dokumentation der Funktionalität dieses Verfahrens wurden die ersten 43
konsekutiven Patienten in einer retrospektiven Studie nachuntersucht und die Ergebnisse
mit denen der mikrochirurgischen Bandscheibenoperation im Literaturüberblick
verglichen. Die Publikation der Ergebnisse erfolgte im Neurosurgical Review [Greiner-
Perth 2002].
Die 43 Eingriffe in mikroskopisch assistierter perkutaner Technik wurden konsekutiv im
Zeitraum Mai bis September 1998 vorgenommen. Der minimale Nachbeob-
achtungszeitraum betrug 12 Monate. Ohne auf weitere Details einzugehen (Tab. 3) zeigte
sich, dass die Ergebnisse hinsichtlich klinischer Resultate, Nachoperationsrate,
Klinische Vorstudien
16
postoperative Verweildauer und Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit mit denen der
mikrochirurgischen Bandscheibenoperation gut korrespondierten. Lediglich die
Operationsdauer lag bei der MAPN mit neun Minuten deutlich über der
durchschnittlichen Operationszeit bei der mikrochirurgischen Nukleotomie.
Kriterien MAPN-Technik mikrochirurgische
Nukleotomie (MC) Quelle
OP-Zeit 69 min. 60 min Goffin (1994)
Nachoperation 4,3 % 4-11 %
Day (1986) Goald (1978) Hudgins (1983) Lewis (1987) Williams (1978) Suk (2001)
Erfolgsquote (gut und
sehr gut) bzgl.
Ischialgie und
neurologische Defizite
80 % (3 Monate
postop.)
75% (1 Jahr postop.)
80-90 % (6 Monate bis
66 Monate postop.)
Goffin (1994) Goald (1978) Hudgins (1983) Lewis (1987) Williams (1978) Maroon (1986)
Postop. Verweildauer 4 Tage 4 Tage Schwetlick (1998)
Rückkehr zur Arbeit 100 % in 8 Wochen ?
Tab.3 Ergebnisse der ersten 43 MAPN im Literaturvergleich mit der mikrochirurgischen Nukleotomie.
Bis Februar 2001 wurden in Bad Berka insgesamt 299 MAPN durchgeführt (Abb. 3).
Hiervon mussten 22 Patienten (7,4 %) innerhalb eines Mindestnach-
beobachtungszeitraumes von 2,5 Jahren wegen Segmentinstabilitäten und Rezidiven
nachoperiert werden. Von diesen 22 Patienten wurden sechs fusioniert und sechs in
mikrochirurgischer Technik und 10 mittels MAPN-Technik nachoperiert. Es gab in
diesem Gesamtkollektiv bisher keine gravierenden Komplikationen wie iatrogene
Spondylodiszitiden, ventrale Gefäßverletzungen, Wundinfektionen und Liquorrhoen. Mit
zunehmender Erfahrung verringerte sich auch die Operationszeit erheblich.
Abb.3 Prä- und postoperative
Kernspintomographie
Klinische Vorstudien
17
2.2. Weitere klinische Anwendungen der mikroskopisch
assistierten perkutanen Zugangstechnik Nach den anfänglich guten Erfahrungen mit der vorgestellten Zugangstechnik wurden die
Indikationen schrittweise erweitert (Schema 3). Die folgenden Abschnitte beinhalten
klinische Studien zu den erweiterten Indikationenstellungen.
Indikationen in unterschiedlichen Wirbelsäulenabschnitten
HWS BWS LWS Zentrale und foraminale Stenosen Zentrale und foraminale Stenosen mediolaterale BSV
Intraforaminale BSV
Lumbalkanalstenosen
Schema 3 Weitere Anwendungen der mikroskopisch assistierten perkutanen Zugangstechnik
2.2.1. Der mikroskopisch assistierte perkutane Zugang
zum lateralen Bandscheibenvorfall an der
Lendenwirbelsäule 2.2.1.1. Einleitung Laterale Bandscheibenvorfälle liegen im Bereich zwischen Wirbelkanal und den
paravertebralen Weichteilen, d.h. im intervertebralen Kompartiment und machen etwa
2,6 bis 11,7 % aller lumbalen Bandscheibenvorfälle aus [Benini 1998, Maroon 1990]. Die
Klinische Vorstudien
18
mediale Begrenzung ist der innere Rand der Bogenwurzel. Jeder Vorfall seitlich dieser
Grenze wird als lateraler Bandscheibenvorfall klassifiziert [Benini 1998] (Abb. 4).
Klinisch steht bei den meisten Patienten eine monoradikuläre Symptomatik entsprechend
der im Foramen intervertebralia verlaufenden Nervenwurzel im Vordergrund.
Der von WATKINS (1964) beschriebene paraspinale Zugang für posterolaterale Fusionen
wurde im weiteren Verlauf von WILTSE (1988) als Zugang für die Pathologie des
lateralen Bandscheibenvorfalls modifiziert. Hierbei bleiben die anatomischen Strukturen
wie Lamina, Ligamentum intertransversarium und Wirbelgelenk im Gegensatz zum
Mittellinienzugang intakt, jedoch wird großflächig die paraspinale Muskulatur von den
Wirbelbögen abgelöst. Der Standardmittellinienzugang zum lateralen
Bandscheibenvorfall impliziert in den meisten Serien eine partielle Laminektomie sowie
eine mediale Facettektomie [Abdulla 1974, Kronberg 1987, Kurobane 1986, Macnab
1971] und wirkt damit destabilisierend. ZINDRICK et al. (1987), REULEN et al. (1987)
und MAROON et al. (1990) verfeinerten die paraspinale Zugangstechnik durch Spaltung
der paraspinalen Muskulatur unter Erhalt der Facettengelenke weiter.
Mit dem Ziel der weiteren Minimierung des Zugangstraumas wird hier eine Technik
vorgestellt, bei der über Aufbougieren der paraspinalen Muskulatur und unter Belassung
der ligamentären und knöchernen Strukturen mit Verwendung des Operationsmikroskops
über einen Arbeitskanal laterale Bandscheibenvorfälle entfernt werden können [Greiner-
Perth 2003].
Abb. 4 MRT transversal und sagittal mit linksseitigem intraforaminalen Bandscheibenvorfall in Höhe
LWK3/4
Klinische Vorstudien
19
2.2.1.2. Patienten und Methode
15 Patienten (Tab. 4) mit lateralem Bandscheibenvorfall wurden im Zeitraum Februar
1999 bis Dezember 2001 nach dem hier vorgestellten Verfahren operiert. Der
Altersdurchschnitt betrug 60,3 Jahre. Die Geschlechtsverteilung männlich/weiblich war
7/8. Die Diagnosesicherung erfolgte über die lumbale Kernspintomographie (Abb. 4).
Hinsichtlich der Segmentverteilung dominierten L4/5 und L3/4 mit jeweils sechs
Patienten. Die Operationsindikation richtete sich nach dem Vorhandensein von
gravierenden neurologischen Ausfällen bzw. nach dem Versagen der konservativen
Therapie. Präoperativ wurden der Oswestry-Index sowie die Schmerzsymptomatik nach
der visuellen Analogskala differenziert nach Rücken- und Beinschmerz erfasst. Eine
klinische Nachkontrolle erfolgte zwei Monate postoperativ. Zum in der Tabelle
angegebenen Nachbeobachtungszeitpunkt wurden die Patienten schriftlich zur
Selbsteinschätzung der momentanen Situation (Oswestry-Index und visuelle Analogskala)
sowie zur Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess befragt. Alle 15 Rückantworten
waren verwertbar und wurden unter Verwendung des gepaarten t-Tests zur statistischen
Analyse herangezogen.
Chirurgische Technik: Die Eingriffe erfolgten in Intubationsnarkose. Zur Lagerung
wurde die normale Bauchlage bevorzugt, da für den paraspinalen Zugang im Gegensatz
zum Mittellinienzugang eine Entlordosierung der LWS nicht zwingend erforderlich war.
Unter Bildwandlerkontrolle in a.p. Ebene (Abb. 5) wurde zunächst der entsprechende
Querfortsatz anpunktiert.
Abb. 5 Punktion des Proc. transversus
unter Bildwandler im a.p.
Strahlengang
Klinische Vorstudien
20
Etwa 4-5 cm paramedian in dieser Höhe erfolgte die Anlage des Hautschnitts von ca. 15
mm Länge. Danach wurde schrittweise die Muskulatur mittels Dilatatoren aufbougiert
(Abb. 6) bis der Arbeitskanal eingebracht werden konnte.
Abb. 6 Einbringen des Dilatators
Eine gut palpierbare anatomische Landmarke stellte der Winkel zwischen Unterrand des
Querfortsatzes und lateraler Isthmusregion dar. Der mediane Neigungswinkel lag etwa bei
10°. Die aus Titan bestehenden Arbeitskanäle unterschiedlicher Länge (45, 55, 65 mm)
sind mit einem Außengewinde versehen, welches ein problemloses Einbringen durch die
paraspinalen Weichteile erlaubte. Der abnehmbare Handgriff ermöglichte eine gute
befundbezogene Ausrichtung des Arbeitskanals in alle gewünschten Richtungen.
Nachdem der Arbeitskanal korrekt positioniert war, konnte der Bildwandler entfernt
werden. Die weiteren Arbeitsschritte erfolgten unter dem Operationsmikroskop. Zunächst
wurde die betroffene Nervenwurzel unter dem Unterrand des Querfortsatzes aufgesucht
und dargestellt. Gelegentlich mussten kleinere Teile des Lig. intertransversarium reseziert
werden. Die Segmentalgefäße konnten geschont und zusammen mit der Nervenwurzel
nach kranial mobilisiert werden. Unterhalb der Wurzel fand sich der Bandscheibenvorfall.
Bei teilweiser intraforaminaler Lokalisation machte sich hier die Resektion von Anteilen
des Lig. flavum erforderlich. Ziel war lediglich die Exstirpation des prolabierten
Bandscheibengewebes, sofern sich das hintere Längsband weitestgehend intakt darstellte.
Anderenfalls wurden Teile des Nucleus pulposus mit entfernt. Nach Entfernung des
Bandscheibenvorfalles wurde der Nervenwurzelverlauf bis nach intraspinal mittels
Nervenhäkchen ausgetastet. Bei knöchernen Foramenstenosen konnte das Foramen mit
entsprechenden bajonettförmigen Stanzen durch Unterschneidung erweitert werden.
Klinische Vorstudien
21
Schwieriger gestaltete sich diese Zugangstechnik bei hohem Beckenkamm in Höhe
L5/S1. In dem einen Fall eines lateralen Bandscheibenvorfalles in Höhe L5/S1 in dieser
Serie war dies jedoch technisch unproblematisch. Nach ausgiebiger Spülung des Situs
wurde der Arbeitskanal entfernt. Sofern die Schichtdicke des Unterhautfettgewebes eine
Fasciennaht bei der Kleinheit des Hautschnittes ermöglicht, sollte diese erfolgen. Im
Allgemeinen genügten eine Subkutannaht und Hautverschluss mit Steri-Strips. Die
Patienten wurden etwa vier Stunden postoperativ mobilisiert. Die postoperative
Verweildauer betrug 3-4 Tage. Es gab keine Restriktionen in Bezug auf körperliche
Aktivitäten und Sitzdauer. Eine Korsettversorgung war nicht erforderlich. Im Regelfall
schloss sich eine Anschlussheilbehandlung an.
2.2.1.3. Ergebnisse
Es gab weder intra- noch postoperative Komplikationen. In einem Fall (Patient 14) kam
es nach einem nahezu beschwerdefreien Intervall von zwei Monaten zu einem Rezidiv.
Dieses wurde in der gleichen Technik nachoperiert. Dabei war eine ausgesprochen
geringe Narbenbildung auffällig. Mit einem Rezidiveingriff belief sich die
Nachoperationsrate auf 6,7 %. Die durchschnittliche Operationsdauer betrug 43 Minuten.
Der postoperative Oswestry-Index (OSW) und die VAS-Werte sind aus Tabelle 4
ersichtlich. Der mittlere präoperative Wert des Oswestry-Index lag bei 30,6 der
postoperative bei 14,3. Der gepaarte t-Test ergab einen hochsignifikanten Unterschied
(p<0,001). Zur besseren Differenzierung zwischen degenerativ bedingten
Rückenschmerzen und bandscheibenvorfallbedingtem Beinschmerz wurden zwei VAS
verwendet (Tab. 4). Der Vergleich zwischen prä- und postoperativen
beinschmerzbezogenen VAS-Werten demonstrierte eine hochsignifikante Verbesserung
der Schmerzsituation (p<0,001). Die Ischialgie bzw. Femoralisneuralgie bildete sich im
Allgemeinen unmittelbar postoperativ zurück. Zusätzlich kam es postoperativ auch zu
einer signifikanten Besserung der Rückenschmerzsymptomatik. Alle Patienten die
präoperativ einer beruflichen Tätigkeit (n=5) nachgingen, nahmen diese innerhalb von 8
Wochen wieder auf.
Klinische Vorstudien
22
Nr.
Ges
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OSW
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Follo
w u
p [M
o.]
1 w 76 L4/5 45 42 27 8 9 5 6 24 2 m 46 L3/4 65 20 10 6 8 2 6 19 3 m 37 L3/4 60 29 20 8 7 8 2 18 4 w 60 L4/5 40 34 19 6 5 3 2 15 5 m 72 L3/4 40 31 3 6 6 2 2 15 6 w 54 L4/5 50 36 20 8 6 8 1 12 7 w 74 L4/5 50 32 25 7 7 7 4 12 8 m 71 L2/3 20 25 0 5 8 1 1 10 9 w 69 L3/4 25 29 20 9 8 8 6 10
10 m 70 L4/5 60 33 16 6 6 2 6 10 11 w 65 L4/5 30 24 13 7 7 6 3 9 12 w 57 L2/3 60 31 27 7 8 6 4 7 13 m 26 L5/S1 20 27 7 5 8 2 6 5 14 m 75 L3/4 40 36 1 7 7 1 1 2 15 w 52 L3/4 40 30 7 6 6 5 4 3
Tab. 4 Klinische Daten, OSW - Oswestry-Index, VAS - Visuelle Analog Skala
2.2.1.4. Diskussion
Laterale Bandscheibenvorfälle machen nur 2,6 bis 11,7 % aller lumbalen
Bandscheibenvorfälle aus [Benini 1998, Maroon 1990]. Sie können durch Kompression
der Nervenwurzel und des Spinalganglion zu erheblichen Ischialgien bzw.
Femoralisneuralgien und zu neurologischen Defiziten führen. Während der
Erkrankungsgipfel bei intraspinalen Bandscheibenvorfällen zwischen dem 30. und 50.
Lebensjahr liegt [Schwetlick 1998], ist der Altersdurchschnitt bei lateralen Vorfällen
deutlich höher und scheint um das 60. Lebensjahr zu schwanken [Donaldson 1993]. Dies
entspricht auch unseren eigenen Beobachtungen, hier präsentiert mit einem
Altersdurchschnitt von 60,3 Jahren. Möglicher Grund hierfür könnte die mit der
altersbedingten Bandscheibendegeneration einhergehende Abnahme der Höhe des
Zwischenwirbelraumes und der daraus resultierenden Verengung des Neuroforamens
sein, welche dann wiederum laterale Bandscheibenvorfälle eher symptomatisch werden
lässt.
Klinische Vorstudien
23
Die Verringerung des Zugangstraumas ist für die Entwicklung von postoperativen
Instabilitäten von großer Bedeutung. Nach PANJABI (1981) liegt der Drehpunkt eines
Wirbelsäulensegments in den dorsalen Anteilen, d.h. dass solche Techniken, die mit der
großflächigen Ablösung der paraspinalen Muskulatur, der Abtragung von
Facettengelenkanteilen und der Bandstrukturen einhergehen, prinzipiell destabilisierend
wirken. Große Fortschritte in diesem Sinne brachte die Einführung der
mikrochirurgischen Technik zur Behandlung von lumbalen Bandscheibenvorfällen durch
CASPAR (1977). Ein weiterer Meilenstein in der Verringerung des Zugangstraumas bei
Bandscheibenoperationen war die Entwicklung von endoskopischen Techniken durch
DESTANDEAU (1999) und FOLEY (1997). Deren Nachteil allerdings ist im Gegensatz
zur Verwendung des Operationsmikroskops die zweidimensionale Darstellung des
Operationsfeldes.
Ziel der Bemühungen war es, eine Technik zu entwickeln, die ein geringes
Zugangstrauma aufweist, den Vorteil der dreidimensionalen Darstellung des
Operationsgebietes über das Mikroskop nutzt und bei lateralen Bandscheibenvorfällen
ohne Einschränkung der Operationsindikation anwendbar ist. Wichtig war dabei die gute
Handhabbarkeit dieser Technik. Dafür spricht die mittlere Operationsdauer von 43
Minuten. Direkte Vergleichszahlen waren in der Literatur nicht zu finden. GOFFIN
(1994) gab eine mittlere Operationsdauer bei mikrochirurgischen Nukleotomien über den
Mittellinienzugang von etwa 60 Minuten an. Die vorläufigen klinischen Resultate
hinsichtlich der signifikanten Verbesserung der Schmerzsituation und der Lebensqualität
in dieser vorliegenden Studie entsprechen denen anderer Autoren [Donaldson 1993, Gioia
1999, Kronberg 1987, O`Hara 1997]. Inwieweit die Minimierung des Zugangstraumas zur
Verbesserung der Langzeitresultate beiträgt, bleibt Gegenstand weiterer Untersuchungen.
Hierüber liegen auch in der Literatur keine Studien mit entsprechenden Fallzahlen und
langen Nachbeobachtungszeiträumen vor. Auch sind keine Angaben über den unmittelbar
postoperativen Analgetikakonsum als Korrelat für Schmerzsituation in der frühen
postoperativen Phase zu finden. Ein Hinweis für den guten Patientenkomfort bei
Anwendung dieser Zugangstechnik ist die Mobilisierbarkeit noch am Operationstag, in
der Regel vier Stunden postoperativ. Dies erscheint auch unter dem Aspekt wichtig, dass
es sich hier um Patienten mit einem Altersdurchschnitt von 60,3 Jahren handelt. So
können durch rasche Mobilisation Komplikationen vermieden werden.
Klinische Vorstudien
24
Angesichts der klinischen Ergebnisse ist die hier vorgestellte Zugangstechnik eine gut
praktikable weniger invasive Alternative zu den bisher angewandten Operationstechniken
bei Behandlung des lateralen lumbalen Bandscheibenvorfalls.
2.2.2. Der mikroskopisch assistierte perkutane Zugang zur
operativen Behandlung von Lumbalstenosen
2.2.2.1. Einleitung
BAILY und CASAMAJOR beschrieben 1911 das Krankheitsbild der Lumbalkanalstenose
als Ursache für die neurale Kompression. Sekundäre Lumbalkanalstenosen werden nach
anatomischen Gesichtspunkten in zentrale, laterale (insbes. Recessusstenosen) und
kombinierte Stenosen unterteilt [Herno1999]. Üblicherweise umfasst die klassische
chirurgische Dekompression eine weite Resektion der Lamina, des Prozessus spinosus,
der interspinösen Ligamente und Teile der Facettengelenke [Herron 1989, Wiltse 1976].
Weniger invasive Techniken wie perkutane, endoskopisch oder mikroskopisch assistierte
Prozeduren zur neuralen Dekompression haben im letzten Jahrzehnt an Akzeptanz
gewonnen. Die Vorteile dieser genannten Techniken liegen in der Verringerung des
chirurgischen Traumas und damit des so genannten chirurgischen Stresses [Guiot 2002,
Herron 1989]. Dieser Fakt ist insbesondere bei sekundären Lumbalstenosen von
Bedeutung, da es sich hierbei vorrangig um ältere Patienten mit relevanten
Begleiterkrankungen handelt.
Ziel dieses Abschnittes ist es, eine weniger invasive Technik zur Dekompression bei
degenerativen Lumbalstenosen vorzustellen [Greiner-Perth 2004].
2.2.2.2. Patienten und Methode
Patienten: In dieser prospektiv angelegten Studie wurden 38 Patienten (13 Frauen, 25
Männer) mit einem Altersdurchschnitt von 73,2 Jahren erfasst und im Zeitraum
November 1998 bis Dezember 2001 operiert. Die klinischen Symptome waren die
Claudicatio spinalis sowie Rücken- und Beinschmerzen. Zur Diagnostik wurden die
lumbale Kernspintomographie und/oder die konventionelle Funktionsmyelographie mit
Postmyelo-CT herangezogen. Kontraindikationen zur minimalinvasiven Dekompression
waren degenerative Olisthesen und Lumbalskoliosen, also Erkrankungen, die einer
Klinische Vorstudien
25
Stellungskorrektur bzw. einer Stabilisierung bedurften. Die Einteilung der Stenosen
erfolgte über die Kriterien nach HERNO (1999).
Die Situation der Patienten wurde über die Visuelle Analogskala (VAS) [Beecher 1969]
differenziert nach Rücken- und Beinschmerz sowie über den Oxford Claudication Score
(OCS) erfasst [Pratt 2002]. Der OCS ist ein subjektiver Wert zur Beurteilung der
funktionellen Ergebnisse bei Lumbalkanalstenosen. Die Patienten wurden präoperativ,
drei Monate postoperativ und zum Ende des Nachbeobachtungszeitraumes klinisch
untersucht. Darüber hinaus erfolgte die Bewertung über genannte Scores. Der
Nachbeobachtungszeitraum reichte von 18 bis 55 Monaten, im Mittel 32 Monate. Zur
statistischen Auswertung wurde der ungepaarte t-Test herangezogen.
Chirurgische Technik: Bei 35 Patienten erfolgte der Eingriff in Intubationsnarkose und
Bauchlagerung, bei drei Patienten mit großem kardialen Risikopotential in
Lokalanästhesie und Seitenlagerung. Die prinzipielle Zugangstechnik über den
Standardmittelinienzugang ist unter Abschn. 2.1.1. erläutert. Nach Einsetzen des
Arbeitkanals wurde als anatomische Landmarke der Unterrand der oberen Lamina
palpiert. Eine partielle Hemilaminektomie beginnend oberhalb des Ansatzes des Lig.
flavum an der Innenseite der Lamina bis einschließlich eines kleinen Teiles des
Oberrandes der unteren Lamina wurde mit Stanze oder Drill durchgeführt. Zur
kompletten Dekompression der Dura erfolgte in so genannter „undercutting“-Technik die
Unterschneidung der restlichen Laminaanteile. Sofern erforderlich, konnte der mediale
Facettenanteil zur Dekompression des Recessus lateralis und des Neuroforamens
ebenfalls reseziert werden. Unilaterale Dekompression: Diese Technik fand meist bei
Recessusstenosen Anwendung. Ziel hierbei war es, die betroffene Nervenwurzel in der
„undercutting“-Technik zu dekomprimieren ohne dabei das Facettengelenk zu zerstören.
Cross-over Dekompression: Diese war in Fällen von zentralen und/oder bilateralen
Recessusstenosen (Abb. 7) indiziert. Dabei wurde über einen einseitigen
Standardmittellinienzugang zunächst die unilaterale Seite dekomprimiert und dann durch
Kippung des Arbeitskanals die kontralaterale Seite versorgt. In dieser Technik war die
Darstellung des kontralateralen Recessus lateralis bis hin zum Pedikel möglich. Die
Palpation des Situs mittels Nervenwurzelhäkchen gab eine genaue anatomische
Orientierung und zeigte das Ausmaß der erreichten Dekompression.
Am Ende des Eingriffs wurde der schichtweise Wundverschluss mit Fascien-, Subkutan-
und Hautnaht vorgenommen. Prinzipiell konnten die Patienten noch am gleichen Tag
Klinische Vorstudien
26
mobilisiert werden, mit Ausnahme von Duraverletzungen. In diesem Fall hatten die
Patienten drei Tage Bettruhe. Es gab keine Restriktionen hinsichtlich der körperlichen
Aktivität. Eine Korsettversorgung war nicht erforderlich.
2.2.2.3. Ergebnisse
Insgesamt wurden 56 Segmente bei 38 Patienten dekomprimiert. Die Operationszeit
betrug im Durchschnitt 74 Minuten pro Segment, der Blutverlust durchschnittlich 32 ml.
Aufgrund massiv erhöhten kardiopulmonalen Risikos wurden drei Eingriffe in
Lokalanästhesie vorgenommen. Die vorrangig betroffenen Segmente waren L4/5 und
L3/4. Die postoperative Verweildauer bewegte sich zwischen 3 und 5 Tagen. Von den
ursprünglich 38 Patienten konnten die Daten von 33 Patienten ermittelt werden. Drei
Patienten verstarben im Nachbeobachtungszeitraum aufgrund anderer medizinischer
Ursachen. Zwei Patienten erschienen aus unbekanntem Grund nicht mehr zu den
Nachkontrollen. Der mittlere OCS-Wert zeigte postoperativ eine Verbesserung auf 16,9
verglichen mit der präoperativen Ausgangssituation von 29,4. Die VAS-Rückenschmerz
verbesserte sich von 7 (präoperativ) auf 3,9 (postoperativ) und die VAS-Beinschmerz von
6,8 auf 3,8. Die postoperativen Veränderungen aller drei genannten Parameter im
Vergleich zu präoperativ waren statistisch signifikant (p<0,001). Als Komplikationen
mussten zwei Duraverletzungen (5,2 %), die jedoch ohne weitere Konsequenzen blieben,
registriert werden. Ein Patient (2,6 %) wurde wegen einer epiduralen Nachblutung offen
nachoperiert. Bei einem weiteren Patienten fand sich eine Residualstenose. Diese wurde
in Form einer posterolumbalen intersomatischen Fusion vier Wochen nach dem
Primäreingriff versorgt. Insgesamt betrug die Nachoperationsrate (5,2 %).
Abb. 7 Präoperatives und postoperatives Postmyelo-CT nach mikroskopisch assistierter
perkutaner Dekompression
Klinische Vorstudien
27
2.2.2.4. Diskussion
NOHARA (2004) konnte im Rahmen einer Analyse von 16.157 lumbalen
Wirbelsäulenoperationen einerseits zeigen, dass der Hauptanteil der Indikationen (38,5 %)
auf degenerative Veränderungen entfällt und damit der Anteil von Patienten mit einem
Lebensalter von 60 Jahren und darüber bei 49 % lag sowie andererseits instrumentierte
Eingriffe eine Revisionsrate von 12,1 % gegenüber 6,8 % bei nichtinstrumentierten
Operationen aufwiesen. Zu ähnlichen Ergebnissen gelangten auch MALTER (1998) und
HU (1997) im Rahmen von großen Kohortenstudien. In diesen Zahlen offenbaren sich
gleich mehrere Probleme vor denen die Wirbelsäulenchirurgie steht:
1. die enorm hohe Zahl an Wirbelsäulenoperationen mit weiter steigender Tendenz
2. der hohe Anteil an degenerativen Veränderungen und
3. damit unmittelbar im Zusammenhang stehend die Alterszunahme der Patienten
sowie
4. die deutlich höhere Komplikationsrate bei instrumentierten Eingriffen.
Aus den genannten Punkten leitet sich die Suche nach möglichst wenig invasiven und
sicheren Operationstechniken ab.
Vom pathophysiologischen Standpunkt aus ist die sekundäre Lumbalkanalstenose ein
Ergebnis komplexer degenerativer Veränderungen mit Hypertrophie des Lig. flavum,
Bandscheibenvorwölbungen und Spondylarthrosen [Guigui 1999]. Biomechanisch
betrachtet spielen die dorsalen spinalen Strukturen eine wichtige Rolle [Mayer 1989,
Nachemson 1991, Shamara 1995, Tuite 1994]. Üblicherweise werden die neuralen
Strukturen über eine Resektion der dorsalen Wirbelsäulenanteile wie die Laminae, die
interspinösen Ligamente und die medialen Facettengelenksanteile dekomprimiert
[Postacchini 1999]. Dies geht allerdings zu Lasten der Stabilität. Zur Besserung der
Beschwerdesymptomatik ist nach ARYNPUR and DUCKER (1990) keine komplette
Dekompression erforderlich. THOMAS et al. (1997) berichteten, dass sie keine statistisch
signifikante Korrelation zwischen dem Ausmaß der Dekompression, gemessen am
Duralschlauchdurchmesser nach Laminotomie bzw. Laminektomie und den klinischen
Ergebnissen fanden. Eine Reihe weniger invasiver Verfahren der Resektion wurden
entwickelt, um die spinale Anatomie und damit die spinale Stabilität weitgehend zu
erhalten [Palmer 2002]. Ziel der begrenzten Resektion ist es, das Risiko der
postoperativen Instabilität und den chirurgischen Stress zu minimieren. Bei der Reduktion
des chirurgischen Traumas im Rahmen der operativen Behandlung von degenerativen
Klinische Vorstudien
28
Lumbalstenosen gab es zwei entscheidende Schritte. Der erste ist YOUNG et al. (1988)
zu zuschreiben, der über die Möglichkeit der uni- oder bilateralen Dekompression unter
Verwendung des Operationsmikroskops berichtete. Der zweite Schritt war der Nachweis
der Möglichkeit einer effektiven Dekompression, endoskopisch assistiert über einen
minimalinvasiven Zugang, zunächst allerdings nur an Leichenpräparaten [Guiot et al.
2002]. Bis zum jetzigen Zeitpunkt fanden sich nur drei Berichte über die operative
Behandlung von Lumbalkanalstenosen in vergleichbarer minimalinvasiver Technik
[Greiner-Perth 2002, Khoo 2002, Palmer 2002]. PALMER et al. (2002) untersuchte 17
Patienten mit Lumbalkanalstenosen, die über einen bilateralen Zugang unter Verwendung
des METRIX-Systems (Fa. Medtronic) operativ versorgt wurden. KHOO und FESSLER
(2002) operierten 25 Patienten über eine so genannte mikroendoskopische Laminotomie.
Die genannten Studien wurden in Tabelle 5 gegenübergestellt.
Palmer et al. Khoo und Fessler eigene Ergebnisse
Anzahl der Patienten 17 25 38 Anzahl der Segmente 22 34 56 Altersdurchschnitt [Jahre] 63 68,8 73,2 Operationszeit pro Segment [Minuten] 90 109 74 Blutverlust [ml] 28 68 32 Duraverletzungen 3 (17 %) 4 (16 %) 2 (5 %)
Revisionen ein Verschluss einer Pseudomeningocele
(6 %) 0 eine Nachblutung,
eine Reststenose (5 %)
Nachbeobachtungszeitraum [Monate] ? 12 32
Tab. 5 Gegenüberstellung der klinischen Ergebnisse
2.2.2.5. Schlussfolgerungen
Trotz des Mangels an statistischer Aussagekraft auf Grund der geringen Patientenanzahl
und der fehlenden Kontrollgruppen schienen die genannten minimalinvasiven Techniken
tendenziell ein geringeres Weichteiltrauma, einen deutlich kleineren Blutverlust und
damit auch einen verminderten chirurgischen Stress für den Patienten aufzuweisen. Das
Hauptziel der operativen Prozeduren ist die adäquate Dekompression der neuralen
Elemente. Ein zusätzliches Benefit der weniger invasiven Techniken ist ein Potential zur
Verbesserung der postoperativen Schmerzsituation. Dadurch können die Patienten rascher
mobilisiert werden, was insbesondere bei älteren Patienten von großer Bedeutung ist
Klinische Vorstudien
29
(Altersdurchschnitt in der eigenen Studie 73,2 Jahre). Durch eine Verringerung der
postoperativen Verweildauer können Kosten reduziert werden.
Abschließend muss jedoch betont werden, dass die Aussagen der vorgestellten Studie
wegen der geringen Patientenzahl und des zu kurzen Nachbeobachtungszeitraumes
limitiert sind. Hier müssen weitere Untersuchungen folgen.
2.2.3. Ein neuer minimalinvasiver Zugang zur operativen
Behandlung von zervikalen Radikulopathien und
Myelopathien
2.2.3.1. Einleitung
Unterschiedliche ventrale und dorsale Zugänge zur operativen Behandlung zervikaler
Radikulopathien und Myelopathien wurden beschrieben [Aldrich 1990, Aronson 1973,
Baily 1960, Cloward 1958, Cusick 1994, Manabe 1988, Mosdal 1984]. FRYKHOLM
(1951) und SCOVILLE (1961) entwickelten die Technik der dorsalen Foraminotomie
über partielle Resektion der medialen Facettengelenksanteile zur Dekompression der
Zervikalwurzeln bei Patienten mit Radikulopathien. Bei den üblichen dorsalen Zugängen
wird die Extensorenmuskulatur großflächig von den Laminae und Dornfortsätzen abgelöst
[Cusick 1994, Hoski 1994]. Dieses operative Zugangstrauma ist eine Hauptursache für
postoperative Komplikationen in Form von persistierenden Nacken- und
Schulterschmerzen und zervikalen Instabilitäten [Baba 1995, Hosono 1996, Kawaguchi
1996, Zdeblick 1992].
ROH (2000) beschrieb im Rahmen einer Leichenpräparatestudie die Möglichkeit der
Zugangsminimierung durch Anwendung einer so genannten “Mikroendoskopischen
posterioren zervikalen Foraminotomie” und BURKE (2000) wandte selbiges Verfahren
bei drei Patienten an. Die MED-Technik ermöglicht einen minimalinvasiven Zugang
ebenfalls über transmuskuläre Dilatation. Ein erheblicher Nachteil dieser Technik besteht
allerdings in der endoskopisch bedingten zweidimensionalen Darstellungsweise des
Operationsgebietes. Ferner behindern häufige Verschmutzungen der Optik infolge
Blutungen den Fortgang der operativen Intervention.
Klinische Vorstudien
30
Das Ziel dieser Arbeit war es, eine minimalinvasive Zugangstechnik zur dorsalen
Halswirbelsäule vorzustellen, bei der die muskulären Ansätze der paraspinalen
Muskulatur (M. semispinalis cervicis und M. splenius cervicis) weitgehend geschont
werden und die Visualisation des Operationsgebietes unter Verwendung des
Operationsmikroskopes dreidimensional möglich ist [Boehm, Greiner-Perth 2003].
2.2.3.2. Patienten und Methode Die Studie umfasste 13 Patienten (mit Pathologien in 16 zervikalen Segmenten), versorgt
in Bad Berka, im Zeitraum Oktober 1998 bis Oktober 2001 (Tab. 6). Sieben Patienten
waren männlich. Der Altersdurchschnitt betrug 64 Jahre. Die Patienten wurden
hinsichtlich des pathologischen Substrates streng selektiert. Neun Patienten (sieben
monosegmental, einer bisegmental und einer trisegmental) boten das Bild einer zervikalen
Myelopathie, zurückzuführen auf eine dorsalbetonte Hypertrophie des Ligamentum
flavum (Abb. 10). Die anderen vier Patienten mit monoradikulärer Symptomatik wiesen
entweder eine knöchern bedingte einseitige Neuroforamenstenose oder einen
intraforaminalen Bandscheibenvorfall auf. Die Indikationsstellung zur operativen
Intervention richtete sich nach dem Vorhandensein von neurologischen Ausfällen oder
dem Versagen der konservativen Therapie bei alleiniger Schmerzsymptomatik über einen
Mindestzeitraum von sechs Wochen.
Die klinischen Patientendaten sind in der Tabelle 6 dargestellt. Die Patienten wurden
präoperativ und im Nachbeobachtungszeitraum mit dem Neck Disability Index (NDI) als
HWS-Variante des Oswestry Index [Vernon 1991, Zoega 2000] und der Visuellen Analog
Skala (VAS) differenziert nach Arm- und Nackenschmerz [Zoega 2000] bewertet. Der
Nachbeobachtungszeitraum betrug im Mittel 17 Monate (5-42 Monate). Zur statistischen
Auswertung wurde der gepaarte t-Test nach Student benutzt. Die neurologischen Defizite
(entweder die zervikale Myelopathie oder radikuläre Ausfälle) wurden zum Ende des
Nachbeobachtungszeitraumes im Vergleich zur präoperativen Situation mit “verbessert”
oder “komplett zurückgebildet” eingestuft.
Chirurgische Technik: Die Eingriffe erfolgten in Intubationsnarkose und in
Bauchlagerung mit diskreter Kopfinklination. Alle Patienten wurden intraoperativ mit
somatosensorisch evozierten Potentialen (SEP) überwacht. Nach Hautdesinfektion und
steriler Abdeckung des Op-Gebietes wurde die Höhenlokalisation unter Bildwandler im
seitlichen Strahlengang vorgenommen. Über eine 15 mm lange, 2 cm paramedian
gelegene Hautinzision direkt über dem betroffenen Segment wurde die paraspinale
Klinische Vorstudien
31
Muskulatur mittels Dilatatoren aufgedehnt bis der Arbeitskanal eingesetzt werden konnte
(Abb. 8).
Die Einbringung der Dilatatoren und des Arbeitskanals wurde ebenfalls unter
Bildwandlerkontrolle durchgeführt. Eine wichtige, gut palpierbare Landmarke war der
Unterrand der oberen Lamina. Nachdem der Port in situ platziert war, fanden alle
weiteren Arbeitschritte unter dem Operationsmikroskop statt. Abhängig von der zugrunde
liegenden Pathologie konnte im weiteren Vorgehen entweder eine intervertebrale
Foraminotomie oder eine interlaminäre Dekompression erfolgen.
Intervertebrale Foraminotomie: Diese Technik wurde bei knöchern bedingten
Foramenstenosen oder bei foraminalen Bandscheibenvorfällen angewandt. Hierbei
wurden das Lig. flavum und Teile des Unterrandes der oberen Lamina von medial her
schrittweise reseziert. Ebenfalls mussten vorsichtig mediale Anteile der Gelenkfacette
abgetragen werden. Auf diesem Weg konnte die Nervenwurzel unproblematisch
dargestellt werden (Abb. 9). Nach vorsichtiger Mobilisation der Wurzel ließen sich nun
Bandscheibenvorfälle entfernen. Bei knöchern bedingten foraminalen Engen konnte eine
weitere Unterschneidung des Neuroforamens erfolgen. Allerdings sollte im Hinblick auf
die Segmentstabilität nicht mehr als 25 % des Facettengelenkes abgetragen werden.
Abb. 8 Eingebrachter Dilatator im
seitlichen Strahlengang, Zugang
zum Segment HWK3/4
Klinische Vorstudien
32
Interlaminäre Dekompression: Die Dekompression von zentralen dorsalen Stenosen war
technisch ebenfalls unproblematisch. Zunächst wurden die medialen Anteile des
Ligamentum flavum reseziert und die Dura dargestellt. Alle weiteren Schritte der
Dekompression mussten der jeweiligen Befundkonstellation angepasst werden. Eine
Dekompression bis zur Gegenseite (so genannte Cross-over-Technik oder Over the top-
Technik) war aufgrund der guten Ausrichtbarkeit des Arbeitskanals gut durchführbar.
Durch Anwendung der so genannten “undercutting”-Technik konnten die Ligg.
interspinosa und der M. splenius cervicis geschont werden. In Fällen mit mehreren zu
dekomprimierenden Segmenten empfahl sich die Anlage von mehreren Hautschnitten.
Blutungen aus dem epiduralen Venenplexus wurden über bipolare Koagulation nach
Mobilisation der Nervenwurzel bei intervertebraler Foraminotomie in den meisten Fällen
beherrscht. Andernfalls empfahl sich die Auflagerung von Kollagengewebe.
Am Ende der Prozedur wurde der Port unter mikroskopischer Sicht schrittweise entfernt.
So konnten eventuelle Blutungen im Zugangsbereich koaguliert werden. Die Fascie und
die Subkutis wurden jeweils mit einer Einzelknopfnaht verschlossen, die Haut mit „Steri-
Strips“. Eine Drainage war nicht erforderlich, ebenso keine Orthese. Die Patienten
wurden im Regelfall nach vier Stunden postoperativ mobilisiert.
FG
NW
Abb. 9 Intraoperativer Blick durch das
Operationsmikroskop.
NW - Nervenwurzel,
FG - Facettengelenk
Klinische Vorstudien
33
2.2.3.3. Ergebnisse
Die durchschnittliche Operationsdauer pro Segment betrug 61 Minuten. Es gab keine
intraoperativen oder postoperativen Komplikationen. Die somatosensorisch evozierten
Potentiale zeigten keine Amplitudenveränderungen während des Eingriffes. Innerhalb des
Nachbeobachtungszeitraumes war keine Revisionsoperation erforderlich. Der mittlere
Nachbeobachtungszeitraum betrug 17 Monate. Ein Patient verstarb neun Monate
postoperativ aus anderen medizinischen Gründen, so dass nur die Daten von 12 Patienten
zur statistischen Auswertung verfügbar waren.
Abb. 10 Links: Dorsale Stenose mit Myelopathie HWK3/4. Rechts: Postoperative Situation
Die prä- und postoperativen Werte der VAS und des NDI sind in der Tabelle 6 aufgelistet.
Der mittlere NDI verbesserte sich statistisch hochsignifikant (p<0,001) von 64
(präoperativ) auf 24 (postoperativ). In Analogie hierzu zeigte ebenfalls die VAS sowohl
für den Nackenschmerz (6,7 präoperativ, 3,3 postoperativ) als auch für den Armschmerz
(6,8 präoperativ, 3,0 postoperativ) eine hochsignifikante (p<0,001) Verbesserung.
Bezüglich der neurologischen Ausfälle bildeten sich diese bei vier Patienten (33 %)
komplett zurück. Die verbleibenden acht Patienten (67 %) boten eine deutliche
Verbesserung der neurologischen Situation mit Restdefiziten. In keinem einzigen Fall
kam es zu einer Verschlechterung der neurologischen Ausfallssymptomatik.
In Zusammenfassung der Befunde ergab sich, dass bei allen Patienten eine klare
Verbesserung der Ausgangssituation bei gutem kosmetischem Ergebnis (Abb.11) erreicht
werden konnte.
Klinische Vorstudien
34
Pat.
Nr.
Alte
r
neur
olog
isch
e D
efiz
ite
prä.
Bild
befu
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Nac
hbeo
bach
tung
s-ze
itrau
m [M
o.]
1 65 sens. C8 knöcherne Foramenstenose HW7/BW1 60 65 10 7 8 3 2 komplett
rückläufig 42
2 51 sens.+ motor. C8 knöcherne Foramenstenose HW7/BW1 70 70 50 6 8 5 6 deutlich
gebessert 36
3 76 Myelopathie zentrale Stenose (Flavumhyperthrophie) HW3-6 90 70 40 8 8 2 3 gebessert 25
4 80 Myelopathie zentrale Stenose (Flavumhyperthrophie) HW5/6 85 55 20 8 7 4 1 deutlich
gebessert 19
5 43 sens. C8 knöcherne Foramenstenose HW7/BW1 45 65 0 6 7 2 1 komplett
rückläufig 16
6 69 Myelopathie zentrale Stenose (Flavumhyperthrophie) HW2/3 50 65 25 9 7 6 4 gebessert 14
7 76 Myelopathie zentrale Stenose (Flavumhyperthrophie) HW3/4 45 80 45 5 5 5 4 deutlich
gebessert 12
8 52 Myelopathie zentrale Stenose (Flavumhyperthrophie) HW5/6 105 70 45 8 6 6 4 gebessert 11
9 72 Myelopathie zentrale Stenose (Flavumhyperthrophie) HW5/6 65 60 0 3 5 1 1 komplett
rückläufig 12
10 73 Myelopathie zentrale Stenose (Flavumhyperthrophie) HW3-5 110 75 9 6
Pat. 9 Mo. Postop.
verstorben
11 57 Myelopathie zentrale Stenose (Flavumhyperthrophie) HW3/4 60 60 20 5 7 1 3 deutlich
gebessert 9
12 55 sens. + motor. C7 intraforaminaler Bandscheibenvorfall HW6/7 80 60 5 6 8 2 2 komplett
rückläufig 7
13 75 Myelopathie zentrale Stenose (Flavumhyperthrophie) HW3/4 45 65 30 7 7 3 5 deutlich
gebessert 5
Tab. 6 Klinische Daten. NDI - Neck Disability Index, VAS - Visuelle Analog Skala
Abb. 11 Kosmetisches Ergebnis acht Wochen
postoperativ
Klinische Vorstudien
35
2.2.3.4. Diskussion Viele klinische Studien beschrieben die Effektivität von Dekompressionsprozeduren über
einen anterioren Zugang bei der Behandlung von zervikalen Bandscheibenvorfällen oder
knöchernen Stenosen [Aronson 1973, Baily 1960, Cloward 1958, Manabe 1988]. Obwohl
der vordere Zugang allgemein bevorzugt wird, bietet der dorsale Zugang in bestimmten
ausgewählten Fällen wie Foramenstenosen oder posterolateralen Bandscheibenvorfällen
deutliche Vorteile [Raynor 1983, Roh 2000]. Der dorsale Zugang vermeidet Gefahren der
zugangsbedingten Verletzung der anatomischen Strukturen wie N. reccurens oder N.
laryngeus superior, des Ösophagus oder der Karotisscheide. Andererseits kann über einen
konventionellen dorsalen Zugang die Stabilität der Halswirbelsäule beeinträchtigt werden,
wenn mehr als 50 % des Facettengelenkes auf einer Seite oder mehr als 25 % auf beiden
Seiten reseziert werden [Zdeblick 1992].
Die Muskulatur der Kopf-Nackenregion ist charakteristischerweise reich an
Propriorezeptoren, die ihre Afferenzen direkt an die vestibulo-spinalen und die vestibulo-
occulomotorischen Kerngebiete weitergeben [Neuhuber 1998]. So führt eine großflächige
subperiostale Exploration der dorsalen Halswirbelsäule zu muskulären Schmerzen und
Spasmen, was als übliche Komplikation nach dorsalen HWS-Eingriffen in der Literatur
beschrieben wird [Baba 1995, Burke 2000, Hosono 1996, Kawaguchi 1996, Roh 2000,
Shiraishi 2002]. Als Konsequenz daraus kann eine Zugangstechnik mit minimiertem
Zugangstrauma im Bereich der paraspinalen Muskulatur zu einem besseren funktionellen
Ergebnis führen.
Die transmuskuläre Dilatation minimiert das operative Zugangstrauma in der Muskulatur.
Dies haben Studien von FOLEY (1977) und MURAMATSU (2001) unter Verwendung
des „Microendoscopic discetomy“-Systems (MED) im Bereich der Lendenwirbelsäule
gezeigt.
Im Vergleich zur MED bietet die hier vorgestellte Zugangstechnik den Vorteil einer
dreidimensionalen Visualisation des Op-Gebietes durch Verwendung des
Operationsmikroskopes. Durch einfaches Schwenken des Arbeitskanals kann ein
Optimum der Visualisation erzielt werden, was der Darstellung unter Benutzung einer
15°-Optik sogar überlegen ist [Roh 2000].
Dies war einer der Beweggründe, die ursprünglich im Bereich der Lendenwirbelsäule
angewandte mikroskopisch assistierte perkutane Zugangstechnik auf bestimmte
Klinische Vorstudien
36
Indikationen an der dorsalen Halswirbelsäule auszuweiten. Nach bestem Wissen ist in der
Literatur bisher keine vergleichbar minimalinvasive Technik für interlaminäre
Dekompressionen bei zentralen dorsalen HWS-Stenosen beschrieben worden.
Unter Anwendung dieser zuvor beschriebenen Zugangstechnik gibt es kein wirkliches
Trauma im Bereich der dorsalen Halsmuskulatur. Die Patienten können wenige Stunden
nach dem Eingriff ohne jedwede Restriktion mobilisiert werden. In der untersuchten
Altersgruppe mit einem Altersdurchschnitt von 64 Jahren ist eine rasche Mobilisation zur
Vermeidung von Sekundärkomplikationen zwingend notwendig.
Die Haupteinschränkung bei dieser Technik sind schwere knöcherne Stenosen, die eine
Laminektomie bzw. Laminoplastie erfordern. Unter diesen Umständen bevorzugen wir
ein konventionelles Vorgehen.
2.2.3.5. Schlussfolgerungen Obgleich das untersuchte Patientenkollektiv klein und der Nachbeobachtungszeitraum für
eine abschließende Beurteilung zu kurz ist, sind die erreichten Ergebnisse unter
Verwendung der beschriebenen Methodik ausgesprochen ermutigend. Die Anwendung
der mikroskopisch assistierten Zugangstechnik an den hinteren
Halswirbelsäulenabschnitten bei vorrangig von dorsal bedingten zentralen Stenosen und
foraminalen Prozessen stellt eine gute operative Alternative dar. Aufgrund der kurzen
Hospitalisation ist es zusätzlich auch ein kostensparendes Verfahren.
2.2.4. Die mikroskopisch assistierte perkutane Exstirpation von
symptomatischen lumbalen Synovialzysten
2.2.4.1. Einleitung
Synonyme für spinale Synovialzysten sind Facettengelenk- bzw. Juxta-Facett-Zysten. Je
nach histologischem Befund können Synovial- und Ganglionzysten unterschieden werden
[Franke 2002]. Der Ausgangspunkt ist das Facettengelenk von dem aus sich die Zysten in
den Spinalkanal (anteriore Zysten) oder nach dorsal (posteriore Zysten) entwickeln
können. Nach DOYLE (2004) treten anteriore Zysten mit einer Prävalenz von 2,3 % und
posteriore mit einer Prävalenz von 7,3 % auf. Ferner fand DOYLE (2004) einen
signifikanten Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein der Zysten und
Klinische Vorstudien
37
degenerativen Wirbelgelenksveränderungen. Anteriore Zysten führen in der Regel zu
einer entsprechenden radikulären und/oder Stenose-Symptomatik [Delank 2004, Franke
2002, Houten 2003, Lyons 2000, Pirotte 2003, Sauvage 2000]. Eine akut einsetzende
Symptomatik weist auf eine Einblutung der Zyste hin[Tillich 2001].
Es gibt Berichte über spontane Rückbildung der anterioren Zysten [Maezawa 2000,
Swartz 2003]. Steroidinjektionen stellen eine mögliche Therapiealternative dar. So konnte
SAUVAGE (2000) nach intraartikulärer Steroidinjektion bei 69 % der Patienten eine gute
bis komplette Besserung der radikulären Symptomatik erzielen. In der Regel ist bei
symptomatischen intraspinalen Zysten die Therapie der Wahl die chirurgische
Exstirpation. Bei koexistenter segmentaler Instabilität ist eine zusätzliche Fusion
erforderlich [Franke 2002, Lyons 2000]. Eingriffe ohne Fusion wurden entweder in
offener Technik oder in mikrochirurgischer Technik vorgenommen [Delank 2004, Franke
2002, Lyons 2000, Pirotte 2003, Tillich 2001]. Es fanden sich bisher keine Berichte in der
Literatur über Anwendung einer minimalinvasiven Technik zur operativen Behandlung
von intraspinalen Gelenkzysten.
2.2.4.2. Patienten und Methode
Im Zeitraum Januar 2000 bis September 2003 wurden in Bad Berka 11 Patienten mit
symptomatischen intraspinalen Gelenkzysten in mikroskopisch assistierter perkutaner
Technik versorgt. Voraussetzung zur Anwendung dieses Verfahrens war der Ausschluss
einer segmentalen Instabilität (degenerative Olisthese mit konsekutiver
Spinalkanalstenose) und eine erhebliche Bandscheibendegeneration. Alle Zysten wurden
kernspintomographisch gesichert, mit einer Ausnahme (siehe auch Abschnitt 2.2.4.4.), bei
der eine Myelographie mit nachfolgendem Postmyelo-CT erforderlich war. Zusätzlich
wurden LWS-Übersichtsaufnahmen und seitliche Funktionsaufnahmen angefertigt. Die
klinischen Daten wurden retrospektiv erfasst und sind in Tab. 7 aufgeführt.
Patient Nr. 1 (Abschn. 2.2.4.4.) und Patientin Nr. 5 waren in Form einer Posterolumbalen
intersomatischen Fusion voroperiert. Hier entwickelten sich im Nachbarsegment
symptomatische Gelenkzysten.
Der Altersdurchschnitt im Kollektiv betrug 65,5 Jahre, das Geschlechtsverhältnis sieben
Männer zu vier Frauen. Vorrangig betroffen war das Segment L4/5.
Klinische Vorstudien
38
Alle Patienten wurden zu den Zeitpunkten sechs Wochen, sechs Monate, 12 (und 24)
Monate postoperativ ambulant nachkontrolliert. Der minimale
Nachbeobachtungszeitraum betrug 12 Monate.
Patient Alter Geschlecht Segment Symptomatik Nachbeobachtungszeit
1 69 m L2/3 akute Kaudasympt. 24 Monate
2 72 w L4/5 Claudicatio 24 Monate
3 52 w L3/4 Quadricepsparese 24 Monate
4 56 m L4/5 Fußheberparese 24 Monate
5 71 w L5/S1 akute Ischalgie 24 Monate
6 68 m L4/5 Fußheberparese 12 Monate
7 55 m L4/5 Sensibel L 5 12 Monate
8 62 m L4/5 Claudicatio 12 Monate
9 74 w L3/4 Kaudasympt. 12 Monate
10 73 m L4/5 Fußheberparese 12 Monate
11 68 m L4/5 Claudicatio 12 Monate
Tab. 7 Klinische Daten
Operationsprinzip: Das Zugangsprinzip wurde in den vorangegangenen Abschnitten
ausführlich beschrieben. Die Eröffnung des Spinalkanals erfolgte über den
Standardmittellinienzugang. Nach Darstellung der Zyste und Identifikation der neuralen
Strukturen wurde die Zyste mittels Häkchen oder Stanze eröffnet. Soweit als möglich
wurden dann Adhäsionen zwischen Zystenwand und Dura gelöst und die Zyste
schrittweise entfernt.
2.2.4.3. Ergebnisse
Die Operationsdauer betrug durchschnittlich 42 Minuten. Abgesehen von einer
Duraverletzung waren keine intraoperativen Komplikationen zu verzeichnen. Auch im
postoperativen Verlauf traten keine Komplikationen auf. Im Rahmen der ambulanten
Nachkontrollen gaben alle Patienten eine subjektive Besserung der präoperativen
Symptomatik an. Sieben Patienten waren abgesehen von länger bestehenden Lumbalgien
komplett beschwerdefrei. In keinem Fall kam es postoperativ zu einer Verschlechterung
gegenüber der präoperativen Situation. Innerhalb des angegebenen
Nachbeobachtungszeitraumes waren bei allen Patienten keine Zweiteingriffe erforderlich.
Klinische Vorstudien
39
2.2.4.4. Fallillustration
Der zum damaligen Zeitpunkt 69-jährige Patient (Nr.1 in Tab. 7) kam mit einer akuten
Kaudasymptomatik etwa vier Jahre nach vorangegangener posterolumbaler
intersomatischer Fusion L3-S1 erneut zur stationären Aufnahme. Aufgrund der damals
verwendeten Edelstahlimplantate war eine Kernspintomographie nicht aussagefähig, so
dass eine lumbale Funktionsmyelographie mit sich anschließendem Postmyelo-CT
durchgeführt wurde. In der Myelographie zeigte sich ein kompletter Kontrastmittelstopp
in Höhe L2/3 (Abb. 12). Computertomographisch war eine rechtseitig betonte intraspinale
Raumforderung (Pfeil Abb. 12) mit massiver Kompression des Duralschlauches
erkennbar. Intraoperativ stellte sich der beschriebene Befund als akut eingeblutete
Synovialzyste dar. Dies konnte auch histologisch gesichert werden. Nach mikroskopisch
assistierter perkutaner Zystenexstirpation bildete sich die Kaudasymptomatik innerhalb
von drei Tagen komplett zurück. Innerhalb des Nachbeobachtungszeitraumes von zwei
Jahren war der Patient weitgehend beschwerdefrei.
Abb. 12 Links: Funktionsmyelographie seitlich und a.p. mit kompletten Kontrastmittelstopp bei L2/3,
Rechts: Intraspinale Raumforderung mit Kompression der Dura (Pfeil)
2.2.4.5. Diskussion
Facettengelenkzysten stellen eine seltene Entität dar, die jedoch, sofern sie symptomatisch
werden, mit einer neurologischen Ausfallssymptomatik einhergehen können. Sie treten im
Zusammenhang mit degenerativen Veränderungen an der Lendenwirbelsäule auf [Tillich
Klinische Vorstudien
40
2001]. Therapie der Wahl ist in den Fällen, die mit einer neurologischen
Ausfallsymptomatik verknüpft sind, die chirurgische Zystenentfernung [Delank 2004,
Franke 2002, Lyons 2000, Pirotte 2003, Tillich 2001]. In den vorangegangenen
Abschnitten konnte gezeigt werden, dass unter Verwendung der mikroskopisch
assistierten perkutanen Zugangstechnik, insbesondere bei der operativen Behandlung von
lumbalen Bandscheibenvorfällen, vergleichbar gute klinische Resultate erreicht werden
können, wie in der offenen oder mikrochirurgischen Technik. Diese Ergebnisse können
auch auf die operative Versorgung von anterioren Synovialzysten übertragen werden.
Vorrausetzung hierfür ist jedoch der radiologische Ausschluss von relevanten
Instabilitäten wie degenerativen Olisthesen mit konsekutiver Stenose oder
Bandscheibendegenerationen.
2.2.5. Modifiziertes Therapiekonzept bei Spondylodiszitiden
mit ausgedehntem epiduralen Abszess
2.2.5.1. Einleitung
Spondylodiszitiden sind die häufigste Ursache für epidurale Abszesse [Hadjipavlou
2000]. Allerdings können auch epidurale Abszesse durch Injektionen in den Spinalkanal
[Hooten 2004], SCS (Spinal Cord Stimulation)-Implantationen [Arxer 2003], durch
epidurale Katheter [Phillips 2002] und durch Facettengelenksinfiltrationen [Alcock 2003]
sowie durch hämatogene Streuung [Ahl 1999] verursacht werden.
Die Behandlung epiduraler Abszesse ohne Spondylodiszitis richtet sich nach dem
Vorhandensein neurologischer Ausfälle. Bei Nachweis einer neurologischen
Ausfallssymptomatik ist die chirurgische Abszessdrainage indiziert [Hadjipavlou 2000].
Ohne neurologische Ausfälle ist der epidurale Abszess eine Domäne der konservativen
Therapie [Ahl 1999].
Eingedenk der Tatsache, dass die Spondylodiszitis vorrangig eine Erkrankung älterer,
multimorbider Patienten ist, besteht Einigkeit darüber, dass eine Operationsindikation
gegeben ist bei:
- Versagen der konservativen Therapie
- Fortschreiten der knöchernen Wirbelkörperdestruktion
- Nichtbeherrschbarer Schmerzsymptomatik
Klinische Vorstudien
41
- Para- und intraspinaler Abszessbildung
- Neurologischer Ausfallsymptomatik
Das Konzept der operativen Behandlung von Spondylodiszitiden beinhaltet die
Herdsanierung und die Spondylodese [Hadjipavlou 2000, Hopf 1998, Klockner 2003,
Krodel 1991, Schinkel 2003].
Es finden sich in der Literatur nur wenige Arbeiten, dann auch nur Kasuistiken über das
chirurgische Management bei ausgedehnten epiduralen Abszessen [Moghaddam 2003,
Panagiotopoulos 2004, Solomou 2004], keine Arbeiten über die operative Behandlung
von ausgedehnten epiduralen Abszessen in Kombination mit einer Spondylodiszitis.
Im Folgenden soll ein chirurgisches Therapiekonzept für das, wenn auch extrem seltene,
Krankheitsbild der Spondylodiszitis mit ausgedehntem Epiduralabszess vorgestellt
werden, dessen Kernpunkte einerseits die chirurgische Herdsanierung und andererseits die
epidurale Abszessdrainage unter Einbeziehung der mikroskopisch assistierten perkutanen
Zugangstechnik darstellen.
2.2.5.2. Patienten und Methode Da es in der Literatur keine konkreten Angaben darüber gibt, was unter einem
„ausgedehnten Epiduralabszess“ zu verstehen ist, wurde für diese Arbeit eine Ausbreitung
des Abszesses über die Höhe von mindestens sechs Wirbelkörpern als „ausgedehnten
Epiduralabszess“ definiert.
In der Zeitspanne von April 2000 bis April 2004 wurden fünf Patienten mit einer
Spondylodiszitis und einem begleitenden Epiduralabszess mit einer Ausdehnung über
sechs Wirbelkörper hinweg in Bad Berka operativ versorgt (Abb. 13).
Die klinischen Daten wurden retrospektiv erfasst und sind in Tabelle 8 aufgeführt. Der
Altersdurchschnitt betrug 66 Jahre. Es waren überwiegend Männer betroffen. Die
neurologische Situation wurde mittels Frankel-Klassifikation beurteilt [Frankel 1969].
Hinsichtlich der Lokalisation war die Halswirbelsäule gegenüber der Lendenwirbelsäule
vorrangig beteiligt. In keinem Fall fand sich der Ausgangspunkt des Epiduralabszesses im
Bereich der Brustwirbelsäule.
Alle Patienten erhielten nach Erregernachweis eine resistogrammgerechte Antibiose über
einen Zeitraum von drei Monaten.
Ferner wurden alle Patienten ambulant nachuntersucht. Der minimale Nachbeob-
achtungszeitraum betrug drei Monate, der maximale ein Jahr.
Klinische Vorstudien
42
Abb. 13 Links: Spondylodiszitis in Höhe LWK 2/3 mit epiduralem Abszess bis in Höhe BWK 4
Rechts: Spondylodiszitis in Höhe HWK 7/BWK1 mit epiduralem Abszess Von HWK 3 bis BWK 3
Tab. 8 Klinische Daten
Patient Alter Geschlecht Höhe der Spondylo-
diszitis
Ausdehnung des Epidural-
abszesses
Neurologische Defizite
Präop. neuro-
logischer Status
Postop. neurologischer
Status
Nachbeob-achtungs- zeitraum [Monate]
1 75 männlich C3/4 C3-L5 Teraparese Frankel C Frankel D 12
2 71 männlich C5/6 C5-Th12 Tetraparese Frankel C Frankel E 11
3 62 weiblich L3/4 L5-Th4 Paraparese Frankel C Frankel E 8
4 69 männlich C4/5 C4-Th11 Tetraparese Frankel C Frankel E 6
5 52 männlich L2/3 L3-Th4 keine Ausfälle Frankel E Frankel E 3
Klinische Vorstudien
43
Operationsprinzip: An der Lendenwirbelsäule bestand das prinzipielle operative
Vorgehen in einem ventralen Debridement mit Implantation autologer Spongiosa und
einer dorsalen Spondylodese mit Eröffnung des Spinalkanals und Abszessdrainage in der
betroffenen Etage. An der Halswirbelsäule wurde ebenfalls ein ventrales Debridement
vorgenommen. Die Spondylodese wurde durch ein intersomatisches
Beckenkamminterponat sowie durch eine Plattenosteosynthese komplettiert.
Zusätzlich wurden in allen Fällen in mikroskopisch assistierter perkutaner Technik je
nach Ausdehnung des Epiduralabszesses ein bis zwei zusätzliche dorsale
Abszessentlastungen vorgenommen. Hierbei wurde nach dem beschriebenen
mikroskopisch assistierten Zugangsverfahren der Spinalkanal eröffnet und zunächst der
sich spontan entleerende Abszess abgelassen. Danach wurde ein flexibler Silikonkatheter
(Cavafix) sowohl in kraniale als auch in kaudale Richtung vorsichtig im Epiduralraum
soweit als möglich vorgeschoben. Durch Applikation von Lavasept-Lösung konnten
weitere Abszessanteile herausgespült werden (Abb. 14).
s
2.2.5.3. Ergebnisse Alle Eingriffe in der beschriebenen Technik verliefen komplikationslos. In allen Fällen
besserte sich die neurologische Symptomatik, die sepsisbedingten Allgemeinreaktionen
sistierten. Die Entzündungsserologie war rückläufig. Die kernspintomographischen
Verlaufskontrollen zeigten vor dem Entlassungszeitpunkt eine komplette Rückbildung des
Epiduralabszesses. Es konnten in den postoperativen Verläufen keine Komplikationen
verzeichnet werden. Innerhalb des Nachbeobachtungszeitraumes besserte sich auch die
neurologische Symptomatik. Bei vier Patienten mit einem präoperativen Frankel C
verbesserte sich die Symptomatik in drei Fällen auf Frankel E, in einem weiteren Fall auf
Abb. 14 Links: Abszessentleerung nach Eröffnung des Spinalkanals. Rechts: Epidurales Einführen des Spülkatheters
Klinische Vorstudien
44
Frankel D. Dieser Patient wurde jedoch bis zum Ende des Nachbeobachtungszeitraumes
wieder über kurze Strecken gehfähig.
In allen Fällen konnte ein Staph. aureus als Erreger nachgewiesen werden.
2.2.5.4. Fallillustration Ein 52-jähriger Patient wurde aus einem auswärtigen Krankenhaus mit einem
hochseptischen Krankheitsbild (Temperaturen um 40°C, Leukozytose von 24.000, CRP
210, BSG 1. Stunde 75) verlegt. Eine lumbale Rückenschmerzanamnese von etwa vier
Wochen war erhebbar. Neurologische Defizite bestanden nicht (Frankel E).
Kernspintomographisch konnte eine Spondylodiszitis LWK 2/3 mit epiduralem Abszess
bis BWK 4 reichend gesichert werden (Abb. 15). Der operative Eingriff (ventrales
Debridement und Spondylodese mit autologer Spongiosa, dorsale Stabilisierung und
Abszessentlastung LWK 2/3 sowie mikroskopisch assistierte perkutane Abszessdrainage
BWK 7/8) wurde notfallmäßig vorgenommen. Im weiteren Verlauf (nach zwei Wochen)
kam es zu einer völligen Normalisierung der Entzündungsserologie. Als Erreger konnte
Staph. aureus nachgewiesen werden. Eine entsprechende Antibiose wurde über einen
Zeitraum von 12 Wochen verabreicht. Die kernspintomographische Verlaufskontrolle
(Abb. 16) drei Wochen postoperativ zeigte eine komplette Rückbildung des
Epiduralabszesses. Der Patient konnte voll mobilisiert nach drei Wochen in die
Anschlussheilbehandlung verlegt werden.
Die röntgenologische Kontrolle nach drei Monaten (Abb. 17) ließ eine zunehmende
knöcherne Ausheilung erkennen.
Klinische Vorstudien
45
Abb. 15 Epiduraler Abszess bis BWK 3 reichend, ausgehend von einer Spondylodiszitis LWK 2/3
Abb. 16 Kernspintomographische Verlaufskontrolle drei Wochen postoperativ ohne Abszessnachweis
Abb. 17 Röntgenologische Verlaufkontrolle drei Monate postoperativ
Klinische Vorstudien
46
2.2.5.5. Diskussion Ohne den Anspruch auf eine klinische Studie erheben zu wollen, konnte doch in dem
vorangegangenen Abschnitt gezeigt werden, dass die kombinierte ventro-dorsale
Abszessentlastung unter Einbeziehung der mikroskopisch assistierten perkutanen
Zugangstechnik eine erfolgversprechende Behandlungsmethode bei dem seltenen
Krankheitsbild einer Spondylodiszitis mit ausgedehntem Epiduralabszess darstellt. Durch
die mikroskopisch assistierte perkutane Zugangstechnik kann einerseits eine suffiziente
Abszessentlastung erreicht werden und andererseits wird das zusätzliche muskuläre
Zugangstrauma gering gehalten.
Wie Eingangs erwähnt, finden sich in der Literatur keine diesbezüglichen
Behandlungskonzepte. Zur abschließenden Beurteilung sind weitere Untersuchungen
erforderlich.
Vergleichsstudie 47
3. Klinische und kernspintomographische
Vergleichsstudie
Vergleichsstudie 48
3. Prospektive randomisierte klinische und kernspin-
tomographische Studie zur operativen Behandlung
des lumbalen Bandscheibenvorfalls (Vergleich zwischen MAPN und MC-Technik)
3.1. Arbeitshypothesen und Fragestellung Das unter Kapitel 2.1.1. beschriebene so genannte mikroskopisch assistierte perkutane
Zugangsverfahren war ursprünglich für die operative Behandlung lumbaler
Bandscheibenvorfälle konzipiert. Wie in vorangegangen Abschnitten dokumentiert, haben
sich auch andere Indikationen für dieses Zugangsverfahren erschlossen. Jedoch ist und
bleibt das Krankheitsbild des lumbalen Bandscheibenvorfalls Hauptindikation für dieses
Verfahren.
Eine ganze Reihe neuer Verfahren zur operativen Versorgung lumbaler
Bandscheibenvorfälle wurden in den letzten Jahren entwickelt (siehe auch Abschnitt 1.2.).
Jedoch gibt es bisher keine valide Datenbasis auf der Grundlage prospektiver und
randomisierter Vergleichsstudien zur Evaluierung dieser neuen Techniken.
„Die mikrochirurgische Technik gilt heutzutage als Standardverfahren bei der operativen
Behandlung von Bandscheibenvorfällen. Deshalb müssen sich alle neuen
Operationstechniken mit vermeintlich geringerer Invasivität mit der mikrochirurgischen
Technik messen.“ So lautetet die Forderung der Deutschen Agentur für Health
Technology Assessement des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und
Information (DAHTA@DIMDI). Daraus ist zu schlussfolgern, dass die MAPN-Technik
als neues Verfahren mit der mikrochirurgischen Technik im Rahmen einer prospektiven
und randomisierten Studie verglichen werden muss.
Bei der Bewertung neuer Verfahren spielen nicht alleinig die klinischen Ergebnisse eine
ausschlaggebende Rolle. Unter den heutigen finanziellen Zwängen im deutschen
Gesundheitswesen treten ökonomische Aspekte zunehmend in den Vordergrund. Auch
bieten offenbar die klinischen Schmerz- und ADL-Scores nur unzureichende Sicherheit
zur Beurteilung eines operativen Verfahrens [MOSELEY 2002]. Insofern wären
objektive, von der Patientenbewertung unabhängige Parameter besser geeignet. Unter
diesen Aspekten wurde als primärer Studienparameter die Operationsdauer gewählt.
Vergleichsstudie 49
In der im Kapitel 2.1.2. vorgestellten Hypothesenfindungsstudie fiel auf, dass die
Operationsdauer bei MAPN mit 69 Minuten deutlich über der, in der Literatur mit 60
Minuten angegebenen Zeit für mikrochirurgische Bandscheibenoperationen lag. Bei
zunehmender Anwendung der MAPN-Technik in Bad Berka konnte die Operationsdauer
gegenüber den ersten 43 MAPN-Operationen (siehe Abschnitt 2.1.2.) gesenkt werden, so
dass der subjektive Eindruck erwuchs, mit der MAPN-Technik kürzere Operationszeiten
zu erzielen. Da die Operationsdauer als primärer Outcome-Parameter bestimmt wurde,
ergab sich nun die Frage, ob ein möglicher Operationszeitvorteil bei der MAPN-Technik
in Bad Berka auch in einer anderen Klinik (Orthopädische Universitätsklinik Magdeburg)
zum Tragen kommt.
Bei Bewertung einer neuen Technik sind die klinischen Ergebnisse (sekundäre
Studienparameter) gemessen am Standardverfahren trotzdem von erheblicher Bedeutung.
Ein neues Verfahren sollte keine schlechteren klinischen Ergebnisse liefern als das
bisherige Standardverfahren. Daher wurde als wichtigster sekundärer Outcome-Parameter
die so genannte Summen-VAS festgelegt. Die Summen-VAS setzte sich als Maß für die
individuelle Gesamtschmerzbelastung aus den, wie in den klinischen Vorarbeiten
dargestellt, unterschiedlichen Schmerzlokalisationen (Rücken und Bein) zusammen.
Durch Auswertung des sekundären Studienparameters wurde hinterfragt, ob beide
Verfahren eine vergleichbare Verbesserung der Schmerzsituation erreichen können.
Eine begleitende Kernspintomographiestudie in Bad Berka sollte zeigen, ob es
radiologisch messbare Einflussgrößen (tertiäre Studienparameter) auf die Summen-VAS
und Unterschiede im Zugangstrauma zwischen beiden Verfahren gab.
Aus dem Vorangegangenen leiteten sich folgende im Rahmen der Studie zu
beantwortende Fragestellungen ab:
1. War ein postulierter Operationszeitgewinn (primärer Outcome-Parameter) bei der
MAPN-Technik in Bad Berka auch unter den Bedingungen in einer prospektiven
und randomisierten Studie nachvollziehbar?
2. War der postulierte Operationszeitgewinn auch an ein anderes Zentrum
exportierbar?
3. Lieferten beide Verfahren eine Verbesserung der Summen-VAS (sekundärer
Hauptparameter) und gibt es hierbei Unterschiede zwischen den Zentren?
Vergleichsstudie 50
4. Gab es kernspintomographisch erfassbare Einflussgrößen (tertiäre Outcome-
Parameter) auf die Summen-VAS und gab es messbare Unterschiede im
Zugangstrauma zwischen beiden Verfahren?
3.2. Methodik 3.2.1. Aufbau der klinischen und kernspintomographischen Studie Die hier vorgestellte Studie wurde von der Ethikkomission der Otto-von-Guericke-
Universität Magdeburg genehmigt.
Die Fallzahlabschätzung (siehe Abschnitt 3.2.4.1.) für den primären Studienendpunkt, die
Operationsdauer, ergab 100 Patienten. Daher wurden in der Klinik für Orthopädie,
Wirbelsäulenchirurgie und Querschnittgelähmte der Zentralklinik Bad Berka sowie in der
Orthopädischen Universitätsklinik Magdeburg jeweils 50 konsekutive Patienten mit
lumbalem Bandscheibenvorfall ((Dislokationsgrade 3 bis 5 nach KRÄMER (1999), Tab.
9)) nach den üblichen Indikationsstellungen (ausgeschöpfte konservative Therapie von
mindestens sechs Wochen und/oder gravierende neurologische Ausfälle und/oder
konservativ nicht beherrschbare Schmerzen) operiert. Durch Randomisierung (siehe
Abschnitt 3.2.2.) fiel die Entscheidung über das jeweilige Operationsverfahren.
Randomisierungsbedingt wurden in Bad Berka 25 Patienten nach dem mikrochirurgischen
Verfahren und 25 in der MAPN-Technik operativ behandelt, in Magdeburg 27 in MAPN-
Technik und 23 mikrochirurgisch. Damit belief sich die Gesamtfallzahl auf 100 Patienten
im Studienprotokoll, 48 operiert in mikrochirurgischer und 52 in MAPN-Technik. Die
operativen Eingriffe wurden in Bad Berka ebenso wie in Magdeburg im Wesentlichen
von einem Operateur pro Zentrum vorgenommen. Der Nachbeobachtungszeitraum wurde
auf 12 Monate festgeschrieben.
Einschlusskriterien für die Studie:
- monosegmentaler lumbaler Bandscheibenvorfall (BSV) (in paramedianer
Lokalisation, Dislokationsgrad 3 bis 5 [Krämer 1999]
- mit gravierenden neurologischen Ausfällen oder
- persistierender Ischialgie nach ausgeschöpfter konservativer Therapie > sechs
Wochen (Tab.10)
Ausschlusskriterien für die Studie:
- laterale oder mediane Bandscheibenvorfälle, Protrusionen [Schwetlick
1998] oder Dislokationsgrade 1 und 2 [Krämer 1999]
Vergleichsstudie 51
- absolute Notfälle mit Kaudasymptomatik
- koexistente Lumbalstenosen, fortgeschrittene Bandscheibendegeneration,
degenerative Olisthesen und Isthmusdefektspondylolisthesen, Skoliosen und
segmentale Kyphosen >15°
- Voroperationen an der Lendenwirbelsäule
- maligne oder entzündliche Begleiterkrankungen
Bezeichnungen Beschreibung Grad Protrusion Innerhalb des Anulus fibrosus (bulging disc) 1 Bandscheibenvorwölbung Bis zur äußeren Schicht des Anulus fibrosus 2 „contained disc“ Prolaps Gedeckter Sequester, von hinterem Längsband bzw. 3
von epiduraler Membran bedeckt (herniation subligamentous fragment)
Bandscheibenvorfall Sequester mit Bandscheibenverbindung 4
„non-contained disc“ Freier Sequester 5 Tab. 9 Dislokationsgrade nach KRÄMER (1999) Leitlinie Operationsindikation (ohne Notfall) Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie (1999) Degenerative lumbale Nervenwurzelkompression,
Erfolgloser Behandlungsversuch maximal sechs bis acht Wochen mit konservativen Maßnahmen Bandscheibenvorfall, Bandscheibenprotrusion (ggf. mit knöcherner Enge)
Deutsche Gesellschaft für Orthopädie Bandscheibenbedingte Ischialgie und orthopädische Chirurgie, überarbeitete Schmerzen, Leidensdruck, neurologische, Version (2002) Symptomatik,
Beschwerdepersistenz trotz konservativer Therapie (Andeutung eines Stufenschemas – Operation erst nach 1. Ambulanten konservativen Maßnahmen und Injektionsbehandlung, 2. Ambulant / stationär konservativer Therapie und epiduralen Injektionen).
Tab. 10 Leitlinien der Fachgesellschaften zur elektiven lumbalen Bandscheibenoperation In Bad Berka wurde eine begleitende Kernspintomographiestudie vorgenommen, in die
alle 50 operierten Patienten einbezogen wurden.
3.2.2. Randomisierung und Einflussgrößen Das Ziel der Randomisierung war, eine weitgehende Strukturgleichheit in den beiden
Therapiearmen durch Gleichverteilung von dominanten Einflussgrößen zu erreichen. Das
Vergleichsstudie 52
Patientenalter und der präoperative Oswestry-Score (OSW = Wert zur Einschätzung der
Aktivitäten im täglichen Leben) bildeten hierzu die Grundlage. Die Fallzahlabschätzung
(Abschn. 3.2.4.) ergab eine Gesamtzahl von 100 Patienten, damit 50 Patienten pro
Zentrum. Per Zufallsgenerator wurden sowohl für Bad Berka als auch für Magdeburg
jeweils vier Randomisierungslisten (1. OSW < 27, Alter < 55 Jahre, 2. OSW > 27, Alter <
55 Jahre, 3. OSW < 27, Alter > 55 Jahre, 4. OSW > 27, Alter > 55 Jahre) erstellt. Durch
diese Gruppeneinteilung erklärt sich die Situation, dass in Magdeburg 27 Patienten für die
MAPN-Technik und 23 für die mikrochirurgische randomisiert wurden.
Die Listen waren bei der Bibliothekarin in der medizinischen Uni-Bibliothek hinterlegt.
Telephonisch erfolgte die Eingruppierung entsprechend der jeweiligen Patienten an Hand
des Alters und des Oswestry-Wertes und damit die Zuordnung des jeweiligen
Operationsverfahrens (MAPN oder MC) konsekutiv an Hand der Computerlisten am
Vortag der geplanten Operation.
Neben dem Patientenalter und dem Oswestry-Score war der jeweilige Operateur eine
nicht zu vernachlässigende Einflussgröße. Um die statistische Aussageschärfe zu erhöhen,
wurden alle Eingriffe sowohl in Magdeburg als auch in Bad Berka im Wesentlichen von
einem Operateur pro Zentrum ausgeführt bzw. stand dieser immer mit am
Operationstisch.
3.2.3. Protokoll der klinischen und kernspintomographischen Studie Das Studienprotokoll umfasst folgende Punkte:
Demographische Patientendaten (Alter, Geschlecht, Beruf, AU-Dauer, sportliche
Aktivitäten)
Klinische Daten
- Anamnesedauer differenziert nach Rückenschmerz und Beinschmerz
- Neurologische Defizite (Paresegrade n. British Medical Research Council,
radikuläre sensible Ausfälle, Kaudasymptomatik ja/nein. Zur Auswertung
im Gruppenvergleich wurden die Mittelwerte der Paresegrade gebildet.)
- Oswestry Disability Index (OSW) als Parameter für “Activities of daily
life“ (ADL) [Fairbanks 2000] präoperativ
- Visuelle Analogskala (VAS) [Beecher 1969] differenziert nach Rücken-
und Beinschmerz (Ischialgie bzw. Femoralisneuralgie) zur Auswertung
Vergleichsstudie 53
zusammengefasst zur Summen-VAS als Maß für die individuelle Gesamt-
schmerzbelastung
Bildgebende Diagnostik
- Rö-LWS in zwei Ebenen
- Lumbale Kernspintomographie
- in Bad Berka lumbale Kernspintomographie mit Kontrastmittel
innerhalb von 24 Stunden präoperativ:
- Höhe des Zwischenwirbelraumes in der Höhe des Befundes und ein
Segment kranial davon
- BSV sub- oder transligamentär
- Kontakt zur Nervenwurzel/Duralschlauch
Operationsdaten
- Operationsverfahren
- Operationsdauer = primärer Studienendpunkt [min] (Zeit zwischen
Hautschnitt und Hautnaht)
- Zeit für Zugang [min] (Zeit ab Hautschnitt bis zur Eröffnung des
Spinalkanals)
- Zeit für Wundverschluss [min] (Zeit ab Entfernung der Instrumente aus
dem Spinalkanal bis zum Ende der Hautnaht)
- Blutverlust [ml]
- Menge des entnommenen Bandscheibenmaterials in [g]
- Intraoperative Komplikationen
- Verfahrenswechsel (z.B. Wechsel von MAPN auf mikrochirurgisch)
Postoperative Phase <48 Stunden
- Neurologische Defizite
- Zusätzlicher Analgetikaverbrauch von Pethidin i.m. oder i.v.
[Morphineinheiten] (Jage 1990) bei einheitlicher Basismedikation von 3 x
400 mg Ibuprofen
- lumbale Kernspintomographie mit Kontrastmittel im Bad Berkaer
Patientenkollektiv:
- Höhe des Zwischenwirbelraumes in Höhe des Befundes und kranial
davon
Vergleichsstudie 54
- Kontakt zur Nervenwurzel/Duralschlauch
- Serom/Granulationsgewebe im ehemaligen BSV
- Rest-BSV
- KM-Enhancement in der Nervenwurzel ipsilateral (ja/nein)
- Ödem in den dorsalen Weichteilen
- Serom/Hämatom in der Muskulatur im OP-Zugang
- Granulationsgewebe epidural
Weiterer Verlauf bis zum Entlassungstag
- Entlassungstag (Dieser wurde rein subjektiv nach der
Patientenbefindlichkeit vom jeweiligen, nicht in die Studie involvierten,
Stationsarzt festgelegt.)
- Anschlussheilbehandlung (AHB) ja/nein
- Komplikationen
- VAS Rücken/Bein bzw. Summen-VAS (sekundärer Hauptparameter)
(Die Ermittlung des Oswestry Scores macht zu diesem Zeitpunkt keinen Sinn.)
Erste Nachkontrolle (acht Wochen postoperativ)
- OSW
- VAS Rücken/Bein bzw. Summen-VAS (sekundärer Hauptparameter)
- Neurologische Defizite
- Wiedereingliederung ins Arbeitsverhältnis
- Arbeitsunfähigkeitsdauer
- Analgetikakonsum (kein, weniger, gleich, mehr im Vergleich zu
präoperativ)
Zweite Nachkontrolle (sechs Monate postoperativ)
- OSW
- VAS Rücken/Bein bzw. Summen-VAS (sekundärer Hauptparameter)
- Neurologische Defizite
- Dauer der Wiedereingliederung ins Arbeitverhältnis
- Arbeitsunfähigkeitsdauer
- Analgetikakonsum (kein, weniger, gleich, mehr im Vergleich. zu
präoperativ)
Vergleichsstudie 55
- Selbsteinschätzung des Patienten: Würden Sie sich wieder mit dieser
Methode operieren lassen?
- Besonderheiten
- lumbale Kernspintomographie mit Kontrastmittel im Bad Berkaer
Patientenkollektiv:
- Höhe des Zwischenwirbelraumes in Höhe des Befundes und kranial
davon
- Kontakt zur Nervenwurzel/Duralschlauch
- Rest-/Rezidiv-BSV
- KM-Enhancement in der Nervenwurzel ipsilateral
- Narbengewebe epidural und in der dorsalen Muskulatur
- Erkennbarkeit des intramuskulären Zuganges
Dritte Nachkontrolle (12 Monate postoperativ)
- OSW
- VAS Rücken/Bein bzw. Summen-VAS (sekundärer Hauptparameter)
- Neurologische Defizite
- Wiedereingliederung ins Arbeitsverhältnis
- Arbeitsunfähigkeitsdauer
- Analgetikakonsum (kein, weniger, gleich, mehr im Vgl. zu präoperativ)
- Selbsteinschätzung des Patienten: Würden Sie sich wieder mit dieser
Methode operieren lassen?
- Besonderheiten
Patienten, die innerhalb des Nachbeobachtungszeitraumes nachoperiert werden mussten,
schieden aus der Studie aus.
3.2.4. Statistische Auswertung 3.2.4.1. Fallzahlabschätzung
Zur Fallzahlabschätzung wurde das Computerprogramm „G-Power“ verwendet
[Bärlocher 1999].
Die Voruntersuchungen (Abschnitt 2.1.2.) ergaben eine durchschnittliche
Operationsdauer bei der mikroskopisch assistierten perkutanen Operationstechnik von
Vergleichsstudie 56
rund 69 Minuten. Eine Senkung der Operationsdauer um 15 Minuten erscheint sinnvoll
und machbar. Zudem wäre es ökonomisch relevant.
Die durchschnittliche Operationszeit wurde mit 69 Minuten angesetzt. Die angenommene
Standardabweichung beträgt 18 Minuten. Unter diesen Voraussetzung ergab die so
genannte „two tailed“-Testung mit einer statistischen Power von 0,8 und einem α = 0,05
eine erforderliche Fallzahl von 48 Patienten pro Zentrum. In Anbetracht möglicher „Drop
outs“ wurde eine Gesamtfallzahl von 50 Patienten pro Zentrum festgelegt.
3.2.4.2. Statistische Tests
Der bevorzugte Ansatz für den Vergleich von drei und mehr Proben ist die
Varianzanalyse (ANOVA). Sie beruht auf der Zerlegung der Gesamtvariabilität der Daten
in unterschiedliche Komponenten. Zur Untersuchung des primären Outcome-Parameters,
der Operationsdauer, wurde eine 2x2 – Varianzanalyse mit den Faktoren: Verfahren
(MAPN, MC) und Ort (Bad Berka, Magdeburg) durchgeführt. Bei den
Sekundärparametern (Summen-VAS, OSW) kam eine 2x2x5 – ANOVA zur Anwendung.
Dabei waren Verfahren und Ort Intersubjektfaktoren und die Zeit (präoperativ,
48 Stunden, acht Wochen, sechs Monate und 12 Monate postoperativ) Innersubjekt-
faktoren. Als Maß für den Einfluss der Faktoren wird der F-Wert angegeben. Weil der
primäre Studienparameter, die Operationszeit, eine Orts-Verfahren-Interaktion aufwies,
erfolgte für die weitere Auswertung eine komplette Trennung der Studienorte. Für beide
Studienorte wurde dann eine 2x5 ANOVA (Verfahren-Zeit) vorgenommen. Für den Fall,
dass die ANOVA Signifikanzen erbrachte, folgten Post hoc-Tests zur Ermittlung der
Einzeleffekte. Den im Rahmen des Studienprotokolls ermittelten Daten können je nach
Eigenschaft qualitative, ordinale oder stetige Merkmale zugeordnet werden. Daten mit
rein qualitativen Merkmalen (dichotome Zielgröße, z.B. sensible Defizite ja/nein) wurden
in Rahmen der Post hoc-Tests mit χ2 – Testen ausgewertet. Zur Beschreibung von
Risikoänderungen durch medizinische Maßnahmen bei diesen binären Variablen fand die
ODDS-Ratio mit einem Konfidenzinterval von 95 % Verwendung [Bland, Altman 2000].
Bei Daten mit ordinalen Merkmalen (quantitative Zielgröße) wie z.B. die VAS fanden
unter Zuordnung von Rangzahlen so genannte nichtmetrische Tests Anwendung (U-Test
nach Man und Whitney bei zwei unverbundenen Stichproben mit unbekannter Verteilung,
Wilcoxon-Test bei verbundenen Stichproben unbekannter Verteilung). Für stetige
Datenmerkmale unter der Voraussetzung einer Normalverteilung wurden parametrische
Verfahren in Form von t-Tests verwandt [Harms 1992].
Vergleichsstudie 57
Alle statistischen Entscheidungen basierten auf einer Irrtumswahrscheinlichkeit von
α = 5 %. Zur Unterstützung der Interpretation wurden zusätzlich die kritischen
Wahrscheinlichkeiten (p) angegeben. So entsprach p<0,05 einem signifikanten und
p<0,001 einem hochsignifikanten Gruppenunterschied. Da die Patienten unter
unterschiedlichen Gesichtspunkten beurteilt wurden, sollten die Ergebnisse im
explorativen Sinne interpretiert werden (d.h. Aufstellung von sog qualifizierten
Hypothesen). Zur Auswertung wurde das Programm SPSS (Fa. SPSS GmbH München,
Deutschland) verwendet.
Im kernspintomographischen Studienteil war die Summen-VAS als abhängige Variable
Zielgröße. Die Signifikanz der Einflussgrößen (unabhängige Variable) wurde über die
schrittweise multiple lineare Regression ermittelt. Als Bestimmtheitsmaß wurde R2
angegeben.
Die Angabe von Zahlenwerten im Ergebnisteil erfolgte mit in Klammern stehenden
Minimal- und Maximalwerten sowie der Standardabweichung (min…, max…, SD…)
oder mit Mittelwert und Standardabweichung (MW…, SD…). In den graphischen
Darstellungen wurde auf diese zusätzliche Angabe der Standardabweichung verzichtet.
3.2.5. Operationstechniken 3.2.5.1. Mikrochirurgische Nukleotomie (MC)
Die Eingriffe erfolgten ausschließlich in Intubationsnarkose und Knie-Ellenbogenlage
bzw. in modifizierter genupektoraler Lagerung (Abb. 19). Dadurch wurde über die
Entlordosierung einerseits eine Erweiterung des interlaminären Fensters erreicht und
andererseits durch freies Durchhängen des Abdomens ein Stau des epiduralen
Venenplexus vermieden.
Die Höhenlokalisation wurde unter Bildwandlerkontrolle im seitlichen Strahlengang mit
Markierung des entsprechenden Segments durch eine Spinalnadel auf der Gegenseite
Abb. 19 Patient in Knie-Ellenbogen-Lagerung
Vergleichsstudie 58
vorgenommen. Dabei sollte sich die gedachte Verlängerung der Nadelspitze auf das
affektierte Bandscheibenfach projizieren. Nach Entfernung der Nadel wurde eine
Markierung auf der betroffenen Seite vorgenommen. Nach Desinfektion und steriler
Abdeckung des OP-Feldes erfolgte die Anlage eines etwa 3-4 cm langen Hautschnitts ca.
1 cm paramedian in Höhe der Markierung. Nach scharfer Durchtrennung der Fascia
thorakolumbalis wurden die dorsalen Wirbelsäulenabschnitte durch Abschieben des M.
multifudius nach lateral subperiostal freigelegt. Der Muskelretraktor wurde mit dem Griff
nach kaudal eingesetzt und um 90° gedreht. Nach Öffnung des Retraktors wurde der
Gegensperrer eingesetzt (Abb.20). An dieser Stelle erfolgte eine nochmalige
Höhenlokalisation. Damit konnte die höchste Sicherheit in der Höhenlokalisation erreicht
werden [Stolke 1989]. Unter dem Operationsmikroskop, nach sauberer Darstellung des
Lig. flavum wurde dieses dann mittels Mikrodissektor perforiert. Mit Stanzen
unterschiedlicher Größe erfolgte die Resektion des Lig. flavum insbesondere nach lateral.
Sofern notwendig, konnte zusätzlich eine sparsame Resektion des Unterrandes der
Lamina und eine Unterschneidung des Gelenkes erfolgen. Der nächste Schritt war die
Austastung des Pedikels, um von lateral die Nervenwurzel mittels Nervenwurzelretraktor
über den Bandscheibenvorfall hinweg zu mobilisieren. Die Wurzel und der Duralschlauch
wurden durch den Retraktor in medialer Richtung geschützt. Der Zug auf die
Nervenwurzel wurde dosiert, um Druckschäden zu vermeiden. Freie Sequester konnten
dann unproblematisch durch Rongeure entfernt werden, subligamentäre Sequester nach
Perforation des mitunter stark ausgedünnten hinteren Längsbandes auf die gleiche Weise.
Nach Möglichkeit sollte der Annulus fibrosus nicht noch zusätzlich geschwächt werden.
Wann immer möglich, wurde auf eine Ausräumung von Nukleusgewebe verzichtet und
erst recht auf eine zusätzliche Resektion von Anulusanteilen [Krämer 1994]). Dies war
jedoch gerade in Fällen von subligamentären Bandscheibenvorfällen oder bei großen
Defekten im Bereich des hinteren Längsbandes nicht immer möglich. In dieser
Befundkonstellation wurde das Bandscheibenfach von lockeren Nukleusanteilen
bereinigt. Zur abschließenden Palpation des Situs wurden Nervenwurzelhäkchen
unterschiedlicher Länge benutzt. Duranähte bei Defekten > 3 mm konnten mit speziellen
Nahtmaterial ausgeführt werden. Andernfalls (Defekte < 3 mm) wurde der Riss mit einem
Fascienläppchen und Fibrinkleber abgedichtet. Für den Eingriff unter dem
Operationsmikroskop fanden besondere miniaturisierte, bajonettförmige Instrumente
Verwendung [Williams 1978]. Die Blutstillung konnte über bipolare Koagulation unter
Vergleichsstudie 59
Schutz der neuralen Strukturen oder Kollagenschwämmchen vorgenommen werden. Nur
im Ausnahmefall war die Einlage einer Redondrainage erforderlich. Nach Entfernung der
Retraktoren erfolgte der schichtweise Wundverschluss (Fascien-, Subkutan- und
Hautnaht) in Einzelknopftechnik. Nach komplikationsloser Operation wurden die
Patienten ohne Korsettversorgung frühestens vier Stunden postoperativ, spätestens jedoch
am Folgetag unter krankengymnastischer Anleitung mobilisiert.
Abb. 20 Intraoperativer Situs mit vollständig eingebrachtem Caspar-Instrumentarium
3.2.5.2. Mikroskopisch assistierte perkutane Nukleotomie (MAPN)
Der operative Eingriff wurde ebenfalls in Intubationsnarkose und in der unter Abschnitt
3.2.5.1. beschriebenen Lagerung vorgenommen.
Im Gegensatz zur mikrochirurgischen Technik blieb der Bildwandler im seitlichen
Strahlengang permanent im Operationsgebiet, d.h. er wurde nach Desinfektion des
Operationsfeldes steril mit abgedeckt. Danach wurde die Höhenlokalisation mit einer
Spinalnadel auf der Gegenseite vorgenommen. Die Nadelspitze war dabei auf das
interlaminäre Fenster gerichtet (Abb. 21). Der etwa 15 mm lange Hautschnitt wurde auf
der Seite des Befundes ca. 2 cm paramedian in Höhe der Nadeleintrittsstelle gelegt.
Sowohl die Fascia thorakolumbalis als auch die paraspinale Muskulatur wurde nun über
Dilatatoren aufbougiert bis der Arbeitskanal eingebracht werden konnte (Abb. 22). Eine
Vergleichsstudie 60
gute anatomische Orientierung stellte die Palpation des Unterrandes der entsprechenden
Lamina dar.
Abb. 21 Höhenlokalisation und Stichinzision
Abb. 22 Einbringen des ersten Dilatators
Im Rahmen dieser Studie wurden Arbeitskanäle mit einem Außendurchmesser von
14 mm verwendet. Das Außengewinde am Arbeitskanal ermöglichte ein sanftes
„Einschrauben“ durch die paraspinale Muskulatur. In Abhängigkeit von den
anatomischen Gegebenheiten standen die Arbeitskanäle in unterschiedlichen Längen (45,
55, 65mm) zur Verfügung. Nach Anbringen des Handgriffes konnte die befundorientierte
Ausrichtung des Arbeitskanals erfolgen (Abb. 23). Da alle genannten Schritte mittels
Bildwandler kontrolliert und dokumentiert wurden, war ein Eingriff in falscher
Höhenlokalisation praktisch ausgeschlossen. Alle weiteren Arbeitsschritte fanden unter
dem Operationsmikroskop statt und entsprachen in der grundsätzlichen Technik der unter
Abschnitt 3.2.5.1. beschriebenen (Abb. 24).
Vergleichsstudie 61
Abb. 23 Arbeitskanal mit angebrachtem Handgriff
Abb. 24 Intraoperativer Blick durch das Operationsmikroskop und schematische Illustration des Situs
Das Arbeiten unter engen räumlichen Verhältnissen (Innendurchmesser 11 mm) bedingte
eine Lernkurve und setzte Erfahrungen in der mikrochirurgischen Technik voraus.
Nach Entfernung des Bandscheibenvorfalls und Palpation des Situs wurde der
Arbeitskanal unter Drehung entfernt. Dabei war zu beobachten, wie sich die Fasern der
Muskulatur aneinanderlegten und so die Wunde verschlossen (Abb. 25).
Die Fascie wurde, wenn technisch möglich mit einer Naht verschlossen. Zum
Wundverschluss wurden Steri-Strips verwendet.
Duranähte besonders in dorsaler Lokalisation waren über die Arbeitskanäle durchführbar.
Bei Duralecks < 3mm reichte das Abdichten mit Fasciengewebe und Fibrinkleber aus.
Vergleichsstudie 62
Abb. 25 Aneinanderlegen der Muskelfasern bei Entfernung des Arbeitskanals und kosmetisches Ergebnis
acht Wochen postoperativ
3.2.6. Kernspintomographieparameter Nach lumbalen Bandscheibenoperationen entwickelt sich in 10-40 % der Fälle ein
Beschwerdebild mit rezidivierenden Lumboischialgien, welches als
Postnukleotomiesyndrom bezeichnet wird [Allgayer 1993]. Eine Kombination von
Segmentinstabilität, narbigen Veränderungen im Epiduralraum und im operativen Zugang
ist die häufigste Ursache. Seltener, nur in 5-10 %, führt ein Rezidivprolaps zu
postoperativen Beschwerden. In zahlreichen Veröffentlichungen wurde verdeutlicht, dass
die kontrastmittelgestützte Magnetresonanztomographie (MRT) zur Beurteilung der
postoperativen Situation nach lumbaler Bandscheibenoperation heute Mittel der Wahl ist
[Fandino 1993, Hueftle 1988, Jönsson 1993, Ross 1987, Steiner 1985].
3.2.6.1. Magnetresonanztomographie
Kontrastmittelapplikation
Die Darstellung von anatomischen Strukturen und pathologischen Veränderungen hängt
bei allen Untersuchungen vom Signalkontrast zwischen den angrenzenden normalen und
pathologischen Geweben ab. Je höher der Kontrast ist, umso besser sind die
Voraussetzungen für die bildliche Auflösung anatomischer Strukturen und deren
pathologische Veränderungen. MR-Kontrastmittel verstärken den Gewebekontrast durch
eine Verkürzung der Relaxationszeiten. Am häufigsten wird das gadoliniumhaltige
Kontrastmittel Gadolinium-Diäthylentriaminpentaazetat (Gadolinium-DTPA) eingesetzt.
Vergleichsstudie 63
Dieses ist paramagnetisch und erhöht konzentrationsabhängig die T1-Zeit. Dieses Chelat
zirkuliert extrazellulär, passiert die Blut-Hirn-Schranke nicht und wird über die Nieren in
unveränderter Form ausgeschieden [Weinmann 1984, Laniado 1984]. Pathologische
Prozesse mit gestörter vaskulärer Schrankenfunktion werden mit hoher Sensitivität
nachgewiesen. Dort reichert sich das Kontrastmittel (KM) an und führt zu einer
Signalzunahme in den T1-gewichteten Aufnahmen.
Kernspintomographie des Bandscheibenvorfalles
Wegen des guten Weichteilkontrastes kommt prolabiertes Bandscheibenmaterial in
Kernspintomogrammen sehr gut zur Darstellung. Die multiplanare Bildgebung erlaubt
zusätzlich eine exakte Zuordnung der Lokalisation, der Beziehung zur Nervenwurzel und
zum Duralschlauch (Abb.26).
Besonders postoperativ ist zur Beurteilung die Gadoliniumapplikation zur Darstellung
sinnvoll. Die gesunde Bandscheibe weist kein Kontrastmittelenhancement auf, da diese
fast avaskulär ist [Firooznia 1987]. Wenn die Gadoliniumapplikation jedoch länger als
30 Minuten zurückliegt, dann ist eine geringe Aufnahme möglich, wofür
Diffusionsvorgänge verantwortlich gemacht werden [Bundschuh 1990]. ALLGAYER
(1993) beschrieb bei 15 von 63 Patienten ein geringes Enhancement im prolabierten
Bandscheibenmaterial. Als Ursache wird das Einsprossen von Gefäßen in die degenerativ
veränderte Bandscheibe angenommen [Bundschuh 1990]. Bei sehr kleinen Befunden
können Partial-volumenartefakte durch Enhancement in epiduralem Narbengewebe eine
KM-Aufnahme vortäuschen.
Abb. 26 T2 gewichtetes MRT mit mediolateralen, nach kaudal umgeschlagenen BSV in Höhe L4/5
rechts. Links: sagittale Schnittführung Rechts: transversale Schnittführung
Vergleichsstudie 64
3.2.6.2. Kernspintomographie der operierten Wirbelsäule
In der klinischen Routine ist die häufigste Indikation für ein postoperatives MRT das
Vorliegen eines Postdisketomiesyndromes. Als Ursache kommen ein Rest- oder
Rezidivprolaps, Stenosen, Arachnoiditiden oder epidurales Narbengewebe vor. Seltenere
Ursachen sind Instabilitäten, Nervenverletzungen oder Pseudomeningozelen.
Operationszugang
Auf der Seite des Operationszuganges kommt es durch eine Traumatisierung der
Muskulatur zu einem postoperativen Ödem. Dieses stellt sich in den nativen T1-
gewichteten Aufnahmen isointens zur Mukulatur und hyperintens in den T2-gewichteten
Aufnahmen dar. Die Kapillaren des Muskelgewebes sind normalerweise auch
undurchlässig für Gadolinium. Bei einer Schädigung tritt Gadolinium aus und führt zu
einer Signalverstärkung in den T1-Sequenzen. Nach 12 Wochen ist der Umbau in
Narbengewebe abgeschlossen, welches gut perfundiert ist und sich somit hyperintens in
den T1-gewichteten Aufnahmen darstellt [Boden 1992].
Narbengewebe epidural
Der Differenzierung zwischen perfundiertem epiduralen Granulationsgewebe/Narbe und
nicht oder geringer kontrastmittelanreicherndem Rest-/Rezidiv-BSV kommt eine große
Bedeutung zu. Das Ausmaß der epiduralen Narbenbildung ist von der Art und
Ausdehnung der Operation abhängig und wurde in bis zu 60 % der Fälle beobachtet
[Firooznia 1987, Brandt 2003].
Es gibt zahlreiche Veröffentlichungen, die belegen, dass die MRT mit Gadolinium eine
hohe Treffsicherheit (94 % von Allgayer und Trattnig, 96 % von Ross, 100 % von
Hueftle) bei der Unterscheidung von Rezidivprolaps und Narbengewebe hat [Allgayer
1993, Hueftle 1988, Ross 1990, Steiner 1989, Trattnig 1990]. Der Grund hierfür ist das
kräftige Kontrastmittelenhancement (KM) im Narbengewebe, was zu einem Signalanstieg
in T1 führt, meistens jedoch nicht im Bandscheibengewebe. Nicht immer ist anhand
dieser Kriterien eine sichere Zuordnung möglich, da in selteneren Fällen ein KM-
Enhancement in revaskularisierten Sequestern vorkommen kann [An 1994, Ross 1989].
Besonders in den frühpostoperativen Aufnahmen kann es leicht zu Fehlinterpretationen
durch eine so genannte Pseudoherniation kommen. Damit ist Granulationsgewebe oder
Ödem in der Lokalisation des operativ entfernten Bandscheibenvorfalles gemeint [Ross
1990, Ross 2000]. FLORIS (1997) beschrieb dieses Phänomen in 80 % der
kernspintomographisch nachuntersuchten Patienten. Berücksichtigt werden müssen
Vergleichsstudie 65
außerdem die Abnahme der Intensität der Kontrastaufnahme im zeitlichen Verlauf und
mögliche Fehlinterpretationen durch Partialvolumenartefakte.
Nervenwurzel
Ein Kontrastmittel-Enhancement im Bereich der Nervenwurzeln weist auf eine
intraradikuläre Läsion hin. Im Normalfall sind die Kapillargefäße undurchlässig für
Gadolinium mit seinem Molekulargewicht von 547. Nur wenn es in Folge einer
mechanischen oder entzündlichen Alteration zu einer Gefäßläsion im Bereich der
Nervenwurzeln kommt, tritt Gadolinium aus und führt zu einer intraradikulären
Signalanhebung im T1-gewichteten MRT-Scan [Kobayashi 1993, Olmarker 1989].
Deshalb wurde im Rahmen dieser Studie bei allen 50 in Bad Berka operierten Patienten
sowohl präoperativ als auch innerhalb der Zeitspanne 24-48 Stunden postoperativ ein
MRT mit Kontrastmittelgabe durchgeführt.
3.2.6.3. Kernspintomographische Untersuchung
In der vorliegenden Studie wurden die Patienten unmittelbar präoperativ, früh-
postoperativ (innerhalb 24-48 Stunden) und sechs Monate postoperativ im MRT
untersucht. Die Untersuchungen wurden in einem Magnetresonanztomographen der Firma
Siemens (Magnetom Symphony, 1,5 Tesla) mit einer Phased-Array-Oberflächenspule
(Spine Array-Spule) durchgeführt. Bereits vor den nativen Untersuchungen wurde eine
Venenverweilkanüle gelegt, damit der Patient für die Kontrastmittelapplikation nicht aus
dem Gerät gefahren werden musste und eine identische Schichtpositionierung der nativen
und kontrastmittelgestützten Sequenzen möglich war [Hamm 1993]. Nach den nativen
Sequenzen erfolgte die Applikation von 0,2 ml/kg Körpergewicht Gadolinium-DTPA
(Magnevist, Schering) bolusförmig über das Infusionssystem. Anschließend erfolgten die
Spülung des Infusionsschlauches mit physiologischer Kochsalzlösung und sofortiger Start
der kontrastmittelverstärkten Sequenzen.
Es wurden in sagittaler und transversaler Schnittebene Spinecho- und
Turbospinechosequenzen mit folgenden Repititionszeiten (TR) und Echozeiten (TE)
verwendet:
1. Nativ: sagittal, 3 mm TR 540 ms TE 11 ms (T1)
TR 1580 ms TE 100 ms (T2)
transversal, 4 mm TR 684 ms TE 10 ms (T1)
TR 5700 ms TE 131 ms(T2)
Vergleichsstudie 66
2. Magnevist: sagittal, 3 mm TR 540 ms TE 11 ms (T1)
transversal, 4 mm TR 684 ms TE 10 ms (T1)
Das transversale Schichtpaket wurde parallel zum Bandscheibenfach der zu operierenden
Bandscheibe positioniert und reichte bis an die Deck- bzw. Bodenplatte der angrenzenden
Bandscheibenfächer (Abb. 27).
Am Ende der Untersuchung wurde das transversale Schichtpaket T1 nativ von der Serie
mit Kontrastmittel subtrahiert, sofern keine größeren Bewegungsartefakte vorlagen und
das so genannte field of view (FOV) gleich war.
Abb. 27 transversales Schichtpaket
Der zeitliche Ablauf der Untersuchungen ist im Studienprotokoll ersichtlich (Abschnitt
3.2.3.). Die Beurteilung der Kernspintomographien erfolgte im Wesentlichen durch eine
Kollegin aus der Radiologieabteilung. Sie hatte keine Kenntnis über das jeweilig
angewandte Operationsverfahren, war also in ihrer Beurteilung unabhängig. Dadurch
sollte die Inter-Observer-Variabilität minimiert werden [Vilalta 2004]. Nicht
ausschließbar war der Faktor der Intra-Observer-Variabilität [Gasperini 2001, Kornaat
2005].
Höhenveränderung im Zwischenwirbelraum
In den sagittalen T1-gewichteten Aufnahmen wurde die mediane Schicht ausgewählt und
die Bandscheibenhöhe von Kortikalis zu Kortikalis in der Etage des Bandscheibenvorfalls
sowie der darüber liegenden Etage ausgemessen. Der Messpunkt wurde zwischen
vorderem und mittlerem Drittel platziert, weil dorsal eine partiell persistierende Corda
dorsalis eine flachbogige Deck- und Bodenplattenimpression verursachen konnte und
Vergleichsstudie 67
Messfehler resultiert hätten [Dihlmann 2002] (Abb. 28). Es wurde der Mittelwert aus 3
Einzelmessungen bestimmt und die Differenz zwischen präoperativen und postoperativen
Werten bestimmt.
Abb. 28 Höhenmessung des Zwischenwirbelraumes
Beurteilung des Bandscheibenvorfalls und des Wurzelkontakts
In die Studie wurden nur Patienten mit einem mediolateralen Bandscheibenvorfall
einbezogen. Relatives Maß für die Größe und Ausdehnung war die Beziehung zur
ipsilateralen Nervenwurzel und zum Duralschlauch. Dabei wurde eine ähnliche Einteilung
wie die der Arbeitsgruppe von FLORIS (1997) in 4 Schweregrade verwandt (Abb. 29):
1 - kein Kontakt zur Nervenwurzel
2 - Kontakt zur Nervenwurzel
3 - Kompression der Nervenwurzel und geringe Verlagerung
4 - starke Kompression und starke Verlagerung von Nervenwurzel und Duralschlauch
Die Nervenwurzel wurde nur als verlagert eingestuft, wenn in dieser Schnittebene beide
Nervenwurzeln dargestellt waren und die Asymmetrie nicht durch andere Anomalien, z.B.
Wurzeltaschenzysten oder „conjoined nerve roots“ hervorgerufen wurde [Grane 1998].
Weiterhin wurde ermittelt, ob es sich um einen sub- oder transligamentären
Bandscheibenvorfall (Dislokationsgrad 3-5 nach KRÄMER (1999)) handelt.
Vergleichsstudie 68
Grad 1
Grad 2
Grad 3 Grad 4
BSV
Abb. 29 Grad des Wurzelkontaktes (transversal T2-gewichtet)
In den Aufnahmen 24-48 Stunden postoperativ und nach sechs Monaten wurde ebenfalls
beurteilt, ob ein Rest- bzw. Rezidiv-Prolaps vorlag. Kriterium für ein Rezidiv war eine
epidurale Raumforderung mit fehlender oder geringfügiger Kontrastmittelaufnahme
[Allgayer 1993, Bundschuh 1990, Hueftle 1988].
Es erfolgte eine Einteilung in 4 Grade:
1 - Kein Rest-/Rezidiv-BSV
2 - Geringer Rest-BSV
3 - Großer Rest-BSV (fast wie präoperativ)
4 - Rezidiv-BSV (nur nach 6 Monaten)
Beurteilung der Nervenwurzel
Ob ein radikuläres KM-Enhancement vorlag, wurde in den transversalen T1-gewichteten
Schichten visuell mit „ja“ oder „nein“ beurteilt (Abb. 30). Es erfolgte keine
Vergleichsstudie 69
semiquantitative Auswertung, da besonders postoperativ bei epiduralem KM-
Enhancement durch Partialvolumenartefakte falsche Pixel-Werte erzielt werden könnten
[Grane 1998].
Beurteilung des Operationszuganges
Die Kapillaren des Muskelgewebes waren normalerweise undurchlässig für Gadolinium.
Bei einer Schädigung trat Gadolinium aus und führte zu einer Signalverstärkung in den
T1-Sequenzen. Durch Vergleich der T1-gewichteten Sequenzen nativ und nach
Kontrastmittelgabe konnte man das Ausmaß der Kontrastmittelaufnahme beurteilen und
hat ein relatives Maß für die Größe des OP-Zugangstraumas. Außerdem fand sich in den
frühpostoperativen Untersuchungen ein Ödem in der Muskulatur, welches in den
transversalen T2-gewichteten Aufnahmen abgrenzbar war.
Ödem in den dorsalen Weichteilen
Als Hinweis auf das Ausmaß des Zugangstraumas wurde in den Aufnahmen 24 bis
48 Stunden postoperativ das Ödem in den transversalen Schichten T2 und die
Ausdehnung des vermehrten KM-Enhancementes transversal T1 visuell semiquantitativ
bestimmt. Bei unklaren Befunden wurden zusätzlich die subtrahierten T1-gewichteten
Aufnahmen vor und nach Kontrastmittelapplikation verglichen. Es wurde die transversale
Schicht ausgewählt, wo der Operationszugang am besten zu erkennen war.
In Anlehnung an die Arbeit von MURAMATSU (2001) erfolgte die Einteilung der
Ödemgröße in vier Quadranten von medial nach lateral (Abb. 31):
1 - minimales Ödem
2 - geringfügig
3 - umschrieben
4 - ausgedehnt
Abb. 30 Kontrastmittelenhancement im Abgang
der linken Nervenwurzel (Pfeil),
transversale T1-gewichtete Aufnahme
nach Applikation von Gadolinium
Vergleichsstudie 70
Zur besseren Quantifizierung wurde im Zusammenhang mit dieser Studie eine weitere
Methode zur Größenbestimmung des Ödems entwickelt. Hierbei erfolgte die Bestimmung
der Winkel in Grad zwischen dem direkten Verlauf des operativen Zugangs und der
lateralen Begrenzung des Ödems (Abb. 31).
1 2 3 4
OP-Zugang Laterale Ödembegrenzung
Abb. 31 Ödem im OP-Zugang – Links Winkelmessung, Rechts Einteilung in 4 Quadranten
Serom bzw. Hämatom in den dorsalen Weichteilen
In den frühpostoperativen Aufnahmen fand sich sehr häufig ein Serom bzw. Hämatom in
den dorsalen Weichteilen. Wenn dieses in mindestens drei tranversalen Schichten
abgrenzbar war, wurde die Schicht mit der maximalen Ausdehnung gewählt und die
Größe in mm2 bestimmt (Abb. 32). Falls in mehreren Lokalisationen kleine Serome bzw.
Hämatome vorlagen, wurden diese addiert.
Eine Volumenbestimmung war in der klinischen Routine nicht möglich, da hierfür 3-D-
Sequenzen erforderlich gewesen wären.
mm2
Abb. 32 postoperatives Serom im OP-
Zugang (transversal T1 nach KM)
Vergleichsstudie 71
Narbengewebe im Operationszugang und epidural
Postoperativ fand sich häufig ein epidurales Kontrastmittelenhancement sowie
anreicherndes Gewebe im Operationszugang. In den frühpostoperativen Aufnahmen
entsprach dieses dem Granulationsgewebe. Ausnahmen waren die Patienten mit einem
größeren Serom bzw. Hämatom. Da nach 12 Wochen der Umbau des
Granulationsgewebes in Narbenformationen abgeschlossen war, lieferte die MRT-
Untersuchung nach sechs Monaten Aussagen über das tatsächliche Ausmaß der
Narbenbildung. In der Studie wurden sowohl frühpostoperativ als auch nach sechs
Monaten die transversalen Schichten T1-gewichtet nativ und nach KM-Applikation
verglichen. Bei unklaren Befunden wurden zusätzlich die subtrahierten T1-gewichteten
Aufnahmen vor und nach Kontrastmittelapplikation zur Befundung herangezogen. Jedes
pathologische KM-Enhancement wurde als Narbengewebe eingestuft [Hueftle 1988].
Als visuelle Einteilung wurde die von GRANE (1998) verwendet:
1 - nicht relevant,
2 - gering und
3 - kräftig vorhandenes Narbengewebe epidural und in den dorsalen Weichteilen
Narbengewebe epidural wurde als kräftig eingestuft, wenn ein deutliches KM-
Enhancement epidural mit Umscheidung der Nervenwurzel auf der Seite des
Operationszuganges vorlag (Abb. 33-35).
Abb. 33 Links: nicht relevantes Narbengewebe epidural und dorsal nach 6 Monaten (T1 nach KM)
Rechts: geringes epidurales Narbengewebe nach 6 Monaten (T1 nach KM)
Vergleichsstudie 72
Abb. 34 Kräftiges epidurales Narbengewebe nach 6 Monaten, Links: nativ, Rechts: nach KM
3.3. Ergebnisse Bei der Auswertung der präoperativen Einflussgrößen (Alter, Geschlechtsverteilung,
VAS, OSW, Paresen, sensible Defizite und Anamnesedauer) konnten keine signifikanten
Gruppenunterschiede, weder zwischen den Zentren, noch zwischen den Therapiearmen,
ermittelt werden. Dies bedeutete wiederum, dass die Randomisierung erfolgreich war.
3.3.1. Demographische Daten Im Zeitraum September 2002 bis Mai 2004 wurden zusammen 100 Patienten (48 in
mikrochirurgischer und 52 in MAPN-Technik) in beiden genannten Einrichtungen
versorgt. Da nicht alle Patienten, die zur lumbalen Bandscheibenoperation vorgesehen
waren, Bereitschaft zur Studienteilnahme zeigten, war der benötigte Zeitraum länger als
ursprünglich erwartet.
Abb. 35 Kräftiges Narbengewebe im OP-
Zugang (T1 nach KM)
Vergleichsstudie 73
Der Altersdurchschnitt im Gesamtkollektiv betrug 44 Jahre (min 21, max 72, SD 11.7),
der Altersgipfel lag bei 41 Jahren. Die Geschlechtsverteilung zeigte einen Anteil von 40
Frauen und 60 Männer. Zwölf Prozent der Patienten waren zum Zeitpunkt der Operation
Altersrentner, elf Prozent arbeitslos. Alle anderen gingen einer beruflichen Tätigkeit nach.
Die präoperative Arbeitsunfähigkeit betrug durchschnittlich 5,2 Wochen (min 1, max 42,
SD 6,2) Alle Patienten, die präoperativ in einem Beschäftigungsverhältnis standen,
nahmen ihre berufliche Tätigkeit innerhalb von 14 Wochen wieder auf, 77 % innerhalb
von acht Wochen. Die durchschnittliche postoperative Arbeitsunfähigkeitsdauer betrug
sieben Wochen. Es fanden sich keine Gruppenunterschiede.
Fünfunddreißig Patienten waren bis zum Einsetzen der Beschwerdesymptomatik sportlich
aktiv. Zwei Patienten studierten Sportwissenschaften. Alle 35 Patienten nahmen innerhalb
von 12 Monaten ihre sportliche Betätigung wieder auf.
Insgesamt zehn Patienten schieden im Verlauf aus der Studie aus. Sieben Patienten (7 %)
mussten nachoperiert werden (Abschnitt 3.3.2.3.). Drei Patienten erschienen ohne Angabe
von Gründen nicht mehr zu den Nachkontrollen, so dass insgesamt die Daten von
90 Patienten zur Verlaufsbeurteilung der sekundären Studienparameter zu Grunde lagen.
Die Auswertung erfolgte nach der per-protocol-Analyse.
3.3.2. Klinische Daten 3.3.2.1. Segmentlokalisation und Art der Bandscheibenvorfälle
Es fanden sich Bandscheibenvorfälle bevorzugt in den unteren lumbalen Segmenten.
LWK5/SWK1 42 %, LWK4/5 51 %, LWK3/4 6 % und LWK2/3 1 % (Graphik 1).
Entsprechend den Einschlusskriterien waren nach Auszählung der Befunde in den
jeweiligen Operationsberichten 45 % freie Sequester (Grad 5 nach KRÄMER), 42 %
subligamentär sequestrierte (Grad 4 nach Krämer) und 13 % subligamentäre
Bandscheibenvorfälle (Grad 3 nach Krämer).
Graphik 1 Segmentverteilung
LWK5/SWK LWK4/5LWK3/4LWK2/3
LWK5/SWK LWK4/5LWK3/4LWK2/3
Vergleichsstudie 74
3.3.2.2. Primärer Studienparameter - Operationsdauer
Die Eingriffe wurden in den oben (Abschnitt 3.2.5.) beschriebenen Techniken ausgeführt.
Die ANOVA erbrachte eine starke Ort-Verfahren-Interaktion (F 9,773). Daher erfolgte
die Post hoc-Testung getrennt nach den Orten. Im Magdeburger Kollektiv
(Gesamtoperationszeit bei MAPN 50,3 Min. mit SD 18,3 und bei MC 54,7 Min. mit SD
18,1) konnte kein signifikanter Unterschied der Operationszeiten zwischen MC und
MAPN gefunden werden. Anders war die Situation in Bad Berka (Graphik 2). Hier zeigte
sich ein hochsignifikanter Gruppenunterschied (p<0,0001) zugunsten der MAPN-
Technik. So betrug in Bad Berka die durchschnittliche Operationsdauer bei MAPN 33,3
Min. (SD 12,1) und bei MC 57,8 (SD 20,2).
Zur Klärung der Frage nach einer eventuellen Lernkurve (Graphik 3) in Magdeburg
wurde eine Korrelationstestung nach Pearson und auch nach Spearman zwischen
Patientennummer und Operationsdauer vorgenommen. Es fanden sich keine
Korrelationen.
Graphik 2
Operationsdauer in Bezug auf die Orte,
weiß MC, schwarz MAPN
Graphik 3
Operationsdauer in Magdeburg in
Bezug auf Patientennummer
(rot MAPN, grün MC)
Vergleichsstudie 75
3.3.2.3. Sekundäre Studienparameter – weitere Operationsdaten
Dauer des operativen Zuganges
Auch für die Dauer des operativen Zuganges (Graphik 4a), definiert als Zeit zwischen
Beginn des Hautschnittes und der Eröffnung des Spinalkanales, erbrachte die
Varianzanalyse eine starke Ort-Verfahren-Interaktion mit einem F-Wert von 18,7. In
Magdeburg betrug die durchschnittliche Zugangsdauer bei MAPN 8,0 Min. (SD 4,4) und
bei MC 9,7 Min. (SD 3,3) ohne statistische Signifikanz. Im Bad Berkaer Kollektiv ergab
sich für den operativen Zugang bei MAPN ein MW von 3,3 Min. (SD 1,6) und bei MC
von 11,8 Min. (SD 5,4). Der Unterschied war mit p<0,001 hochsignifikant.
Dauer des operativen Wundverschlusses
Die Situation in Bezug auf den Wundverschluss (Zeit von Beginn des Rückzuges aus dem
Spinalkanal bis Ende der Hautnaht, Graphik 4b) war ähnlich nur mit einer noch stärkeren
Ort-Verfahren-Interaktion (F = 34,3). Es fanden sich auch in Magdeburg hochsignifikant
(p<000,1) kürzere Zeiten für den Wundverschluss (MAPN MW 3,7, SD 1,5 und MC MW
6,3, SD 1,9). In Bad Berka betrug die Zeit für den Wundverschluss bei MAPN 2,8 Min.
(SD 0,8) und bei MC 10,1 (SD 3,3). Auch hier war der ermittelte Gruppenunterschied
hochsignifikant (p<0,0001).
Blutverlust
In Bad Berka konnte ein durchschnittlicher Blutverlust von 20 ml (SD 23,7) bei MAPN
und von 60 ml (SD 30) bei MC mit einer Signifikanz von p<0,0001 nachgewiesen
werden. In Magdeburg betrug der intraoperative Blutverlust bei MAPN 68 ml (SD 34.6)
und bei MC 113 ml (SD 83) mit p-Wert von 0,23 (Graphik 4c).
Menge des entnommenen Bandscheibenmaterials
Bezüglich der entfernten Bandscheibenmaterialmenge (Graphik 4d) konnte keine Ort-
Verfahren-Interaktion festgestellt werden. So wurden durchschnittlich 1,4 g (min 0,3, max
5, SD 0,9) Bandscheibenmaterial pro Eingriff entfernt. Ein Gruppenunterschied konnte
weder in Magdeburg noch in Bad Berka registriert werden.
Vergleichsstudie 76
Graphik 4 Zugangs- und Wundverschlussdauer (a und b) sowie Blutverlust (c) und Menge des
entnommenen Bandscheibenmaterials (d) in Bezug auf Orte (weiß MC, schwarz MAPN)
Intraoperative Komplikationen
An intraoperativen Komplikationen mussten fünf Duraverletzungen registriert werden.
Diese verteilten sich mit zwei auf die MAPN- und drei auf die MC-Gruppe. Kein
Verfahrenswechsel war erforderlich. Weitere intraoperative Komplikationen traten nicht
auf.
Postoperative Komplikationen
Insgesamt schieden sieben Patienten (7 %) wegen Nachoperationen aus der Studie aus.
Fünf Patienten entwickelten in Verlaufszeitraum nach beschwerdefreiem Intervall ein
echtes Rezidiv (gleiche Höhe, gleiche Seite). Diese fünf Patienten (vier aus der MC-
Gruppe, einer aus der MAPN-Gruppe) wurden in der gleichen Technik nachoperiert. Bei
den verbleibenden zwei Patienten (ein Patient mit MAPN und ein Patient
mikrochirurgisch voroperiert) trat im postoperativen Verlauf eine segmentale Instabilität
aufgrund der fortschreitenden Bandscheibendegeneration in den Vordergrund. Ein Patient
wurde arthroplastisch versorgt, der andere fusioniert. Insgesamt wurden damit aus dem
Vergleichsstudie 77
MAPN-Kollektiv zwei Patienten und aus dem mikrochirurgischen Patientenklientel fünf
Patienten nachoperiert. Aufgrund der beschränkten Patientenzahl lassen sich hieraus
jedoch keine Rückschlüsse über die Sicherheit der angewandten Verfahren ziehen.
Es waren keine weiteren Komplikationen, wie Wundheilungsstörungen, Liquorrhoen oder
iatrogene Spondylitiden evident.
3.3.2.4. Sekundäre Studienparameter - klinisch
Neurologische Situation präoperativ und postoperativer Verlauf
Zum Zeitpunkt der Operation wiesen 82 Patienten (82 %) neurologische Ausfälle auf.
33 Patienten hatten nur sensible Defizite. Bei 49 Patienten waren sowohl motorische als
sensible Ausfälle nachweisbar. Kein Patient bot eine isolierte motorische Wurzelläsion
ohne sensible Defizite. In Zusammenfassung der individuellen motorischen und sensiblen
Ausfälle ergibt sich die radikuläre Hauptaffektion für den betreffenden Patienten. Die
motorischen Ausfälle wurden der entsprechenden Kennmuskulatur zugeordnet. So waren
die Fußsenkerparese als motorische Hauptläsion bei einer S1-Symptomatik, die
Fußheberschwäche bzw. die Großzehenheberschwäche bei L5-Affektion, die
Quadrizepsparese und die Psoasschwäche bei L4- bzw. L3-Alteration vordergründig. Die
durchschnittlichen Paresegrade und deren postoperativer Verlauf sind in der Tabelle 11
dargestellt.
Anzahl Patientn Wurzelsymptomatik Paresegrad präop. Paresegrad 12 Mo. Postop.
20 S1 3,7 5
23 L5 3,0 4,7
5 L4 3,6 4,8
1 L3 3,0 5
Tab. 11 Motorische Ausfallsymptomatik mit durchschnittlichen Paresegraden
Vergleichsstudie 78
Kein Patient hatte präoperativ eine Kaudasymptomatik. In zwei Fällen kam es im
unmittelbar postoperativen Verlauf (< 48 Stunden) zu einer Verschlechterung der
neurologischen Situation, die sich aber im weiteren Verlauf wieder erholte. 48 Patienten
zeigten innerhalb der ersten 48 Stunden postoperativ eine Verbesserung der
Ausfallserscheinungen. Von den ursprünglich 20 Patienten mit einer motorischen S1-
Symptomatik mit einem durchschnittlichen Kraftgrad von M 3,7 präoperativ konnte am
Ende des Nachbeobachtungszeitraumes bei keinem Patienten mehr eine Fußsenkerparese
nachgewiesen werden. Dreiundzwanzig Patienten boten präoperativ eine L5-Symptomatik
mit einem durchschnittlichen Kraftgrad von M 3,0. Am Ende des 12 Monats-Verlaufes
wiesen noch sechs Patienten eine Restsymptomatik auf. Somit betrug der
durchschnittliche Kraftgrad am Ende des Nachbeobachtungszeitraumes bei L5 Läsionen
M 4,7. Die Quadricepsparese, präoperativ evident bei fünf Patienten (durchschnittlicher
Kraftgrad M 3,6), verbesserte sich auf M 4,8 (nachweisbar lediglich noch bei einem
Patienten). Die Psoasparese (präoperativ M 3) war am Ende der Nachbeobachtung nicht
mehr nachweisbar. Zusammengefasst haben sich damit bei 83 % der Patienten die
motorischen Ausfälle innerhalb der Nachbeobachtung komplett zurückgebildet.
Die bei 82 Patienten präoperativ nachgewiesenen sensiblen Defizite wurden am Ende des
Nachbeobachtungszeitraumes von 18 % der Patienten als besser und von 14 % als
unverändert eingeschätzt. Bei 68 % der Patienten bildeten sich die sensiblen Ausfälle im
postoperativen 1-Jahresverlauf komplett zurück. Signifikante Unterschiede zwischen den
beiden Kollektiven bestanden nicht.
Schmerzproblematik
Die durchschnittliche Anamnesedauer der Rückenschmerzen betrug 220 Wochen (min 0,
max 1040, SD 285). Die Selbsteinschätzung der Rückenschmerzsymptomatik durch die
Patienten ergab präoperativ einen durchschnittlichen Wert von 4,65 auf der VAS (min 0,
max. 10, SD 2,35). Es bestand kein signifikanter Unterschied in der präoperativen
Ausgangssituation hinsichtlich Anamnesedauer und VASRücken zwischen MAPN- und
MC-Kollektiv.
Die Anamnesedauer der radikulären Beinschmerzsymptomatik war mit durchschnittlich
15,6 (min 1, max 200, SD 26,6) Wochen deutlich kürzer als die der
Rückenschmerzsymptomatik. Auch hier gab es keine Gruppenunterschiede in der
präoperativen Ausgangssituation.
Vergleichsstudie 79
Zur Auswertung wurden beide Schmerzlokalisationen zur Summen-VAS
zusammengefasst.
Summen-VAS (sekundärer Hauptparameter)
Da der primäre Studienendpunkt, die Operationsdauer, eine klare Ort-Verfahren-
Interaktion aufwies, musste zur verfahrenbezogen Auswertung des sekundären
Hauptparameters eine Trennung nach den Orten erfolgen.
In der ANOVA zeigte sich sowohl in Magdeburg als auch in Bad Berka ein starker
Haupteffekt der Zeit (F-Wert Magdeburg 87,5 und F-Wert Bad Berka 76,7). An beiden
Studienorten konnte mit beiden Verfahren über den gesamten Nachbeobachtungszeitraum
die Summen-VAS signifikant gegenüber dem Ausgangswert gebessert werden (Graphik 5
bis 7).
In Magdeburg (Graphik 6) konnte in der ANOVA kein signifikant differenter zeitlicher
Verlauf der Summen-VAS zwischen beiden Verfahren festgestellt werden (Verfahren-
Zeit-Interaktion, F=0,5 und p=0,74).
Die ANOVA für die Bad Berkaer Daten (Graphik 7) ergab zwischen beiden Verfahren
signifikante Unterschiede im zeitlichen Verlauf (F=3,75). Die Post hoc-Testung zeigte
einen hochsignifikant unterschiedlichen Verlauf zu den Zeitpunkten 48 Stunden (p<0,01),
acht Wochen (p<0,01) und sechs Monaten (p<0,01) postoperativ. Zu diesen genannten
Zeitpunkten wies die MAPN-Technik geringere Werte in der Summen-VAS auf. Die
Werte glichen sich dann zum Zeitpunkt 12 Monate postoperativ wieder an (p=0,059).
Ein Einfluss der Dauer sowohl der Bein- als auch der Rückenschmerzanamnese auf die
Summen-VAS konnte durch die nichtparametrische Korrelation weder im Spearman-
noch im Pearson-Test nachgewiesen werden.
Vergleichsstudie 80
Graphik 5 Zeitlicher Verlauf der Summen-VAS im Gesamtkollektiv (Zeitpunkt 1 präoperativ, 2 48
Stunden, 3 acht Wochen, 4 sechs Monate und 5 12 Monate postoperativ)
Graphik 6 Verlauf der Summen-VAS in Magdeburg (Zeitpunkt 1 präoperativ,
2 48 Stunden, 3 acht Wochen, 4 sechs Monate und 5 12 Monate postoperativ)
Summen VAS Magdeburg
0
2
4
6
8
10
12
14
1 2 3 4 5
zeitlicher Verlauf
VA
S W
ert
MAPNMC
Summen-VAS Gesamtkollektiv
0,00
2,00
4,00
6,00
8,00
10,00
12,00
14,00
1 2 3 4 5
zeitlicher Verlauf
VA
S W
ert
Summen-VAS
Vergleichsstudie 81
Graphik 7 Verlauf der Summen-VAS in Bad Berka (Zeitpunkt 1 präoperativ, 2 48 Stunden,
3 acht Wochen, 4 sechs Monate und 5 12 Monate postoperativ)
Oswestry-Score
Ebenso wie bei der Summen-VAS konnte an beiden Studienorten mit beiden Verfahren
eine sich über den gesamten Nachbeobachtungszeitraum erstreckende hochsignifikante
Besserung des Oswestry-Scores (Graphik 8 bis 10) gegenüber dem Ausgangswert erreicht
werden (ANOVA mit Haupteffekt der Zeit, F=144).
Die Post hoc-Testung nach den Studieorten getrennt ergaben keine signifikanten
Unterschiede zwischen den beiden Verfahren.
Summen VAS Bad Berka
0
2
4
6
8
10
12
1 2 3 4 5
zeitlicher Verlauf
VA
S W
ert
MAPNMC
Vergleichsstudie 82
Graphik 8 Zeitlicher Verlauf des Oswestry-Scores im Gesamtkollektiv (Zeitpunkt 1 präoperativ,
2 acht Wochen, 3 sechs Monate und 4 12 Monate postoperativ)
Graphik 9 Zeitlicher Verlauf des Oswestry-Scores in Magdeburg (Zeitpunkt 1 präoperativ,
2 acht Wochen, 3 sechs Monate und 4 12 Monate postoperativ)
OSW Magdeburg
0
5
10
15
20
25
30
1 2 3 4
zeitlicher Verlauf
OSW
-Sco
re
MAPNMC
OSW Gesamtkollektiv
0
5
10
15
20
25
30
1 2 3 4
zeitlicher Verlauf
OSW
-Sco
re
OSW Gesamtkollektiv
Vergleichsstudie 83
Graphik 10 Zeitlicher Verlauf des Oswestry-Scores in Bad Berka (Zeitpunkt 1 präoperativ,
2 acht Wochen, 3 sechs Monate und 4 12 Monate postoperativ)
Frühpostoperativer Analgetikaverbrauch
Der zusätzliche Analgetikaverbrauch (Dipidolor i.v. bzw. i.m., bei einer Basisimedikation
von 3 x 400 mg Ibuprofen innerhalb der ersten 48 postoperativen Stunden) wurde wie
oben beschrieben in Morphineinheiten (-äqivalente) umgerechnet (siehe auch Abschnitt
3.2.3.). Er betrug im Gesamtkollektiv 2,6 Morphinäquivalente [ME] (min 0, max 8,
SD 2,3).
Auch hier zeigte sich eine Ort-Verfahren- Interaktion. Im Post hoc-Test konnte nur im
Bad Berkaer Kollektiv ein hochsignifikant höherer zusätzlicher Analgetikabedarf in der
MC-Gruppe gefunden werden.
Analgetikaverbrauch zum Ende des Nachbeobachtungszeitraumes
Zur Ein-Jahres-Nachkontrolle benötigten 79 % der Patienten „kein“, 13 % „weniger“ und
8 % „mehr“ bzw. die „gleiche“ Menge Analgetika im Vergleich zur präoperativen
Situation. Es konnten keine relevanten Gruppenunterschiede festgestellt werden.
Weitere Ergebnisse
Im Bad Berkaer Kollektiv war der Unterschied in den postoperativen Verweildauern
zwischen den beiden Therapiegruppen statistisch hochsignifikant. Die Verweildauer der
OSW Bad Berka
0
5
10
15
20
25
30
1 2 3 4
zeitlicher Verlauf
OSW
-Sco
re
MAPNMC
Vergleichsstudie 84
MAPN-Gruppe betrug dort durchschnittlich 3,8 Tage, die in der MC-Gruppe 4,9 Tage. In
Magdeburg ließen sich keine Gruppenunterschiede nachweisen.
68 % der Patienten erhielten eine Anschlussheilbehandlung (64 stationär, vier ambulant).
Es konnten keine signifikanten Unterschiede in den 1-Jahres-Ergebnissen hinsichtlich
OSW, VASRücken und VASBein zwischen den Patienten mit und ohne
Anschlussheilbehandlung ermittelt werden.
Die Frage „Würden Sie sich wieder mit dieser Methode operieren lassen?“, beantworteten
lediglich sechs Patienten mit „nein“ (zwei Patienten operiert mit MC, vier Patienten
operiert mit MAPN). Beide Verfahren fanden somit eine gute Patientenakzeptanz.
3.3.3. Kernspintomographische (tertiäre) Parameter
3.3.3.1. Höhenveränderung im Zwischenwirbelraum
Die 2x2x3 ANOVA ergab eine klare Zeit-Bandscheibenfachhöhen-Interaktion (F-Wert
11,6). Die Veränderungen der Bandscheibenfachhöhe waren unabhängig vom
Operationsverfahren (p=0,457).
Präoperativ betrug die durchschnittliche Höhe des operierten Bandscheibenfaches aller
Patienten 9,58 mm (SD 1,85). Innerhalb 24-48 Stunden postoperativ zeigte sich eine
Zunahme des Zwischenwirbelraumes auf 9,81 mm (SD 1,78 mm), welche hochsignifikant
(p<0,001) war. Eine gleichsinnige Veränderung wiesen die Bandscheibenfächer kranial
der operierten Etage auf (p<0,001), dargestellt in Graphik 11.
Nach sechs Monaten kam es im Vergleich zur präoperativen Ausgangssituation zu einer
hochsignifikanten Höhenabnahme (p<0,0001) auf 9,19 mm (SD 1,78) in der operierten
Etage, während die Kontrollbandscheibe unverändert zum Ausgangswert blieb (Tab. 12).
Vergleichsstudie 85
9,00
9,50
10,00
10,50
11,00
11,50
12,00
präoperativ früh postoperativ 6 Monate postoperativ
zeitlicher Verlauf
Höh
e B
ands
chei
benf
ach
operiertes BS-Fach MAPNoperiertes BS-Fach MCkraniales BS-Fach MAPNkraniales BS-Fach MC
Graphik 11 Zeitlicher Verlauf der Höhe des Zwischenwirbelraumes der operierten Etage
Operiertes BS-Fach BS-Fach kranial der OP-Höhe
Präoperativ (gesamt) MAPN
MC
9,58 mm (SD 1,85) 9,65 mm 9,50 mm
10,73 mm (SD 2,03) 10,40 mm 10,99 mm
Frühpostoperativ (gesamt) MAPN
MC
9,81 mm (SD 1,78) 9,79 mm 9,83 mm
11,15 mm (SD 2,13) 10,60 mm 11,57 mm
nach 6 Monaten (gesamt) MAPN
MC
9,20 mm (SD 1,78) 9,29 mm 9,09 mm
10,80 mm (SD 2,01) 10,45 mm 11,17 mm
Tab. 12 Höhe des Zwischenwirbelraumes aller Patienten
Vergleichsstudie 86
3.3.3.2. Beurteilung des Bandscheibenvorfalls und des Wurzelkontakts
Ausdehnung des Bandascheibenvorfalls bzw. Ausmaß der Wurzelverlagerung
Wie unter Abschnitt 3.2.6. beschrieben, wurde präoperativ die Größe des
Bandscheibenvorfalls über das Ausmaß der Wurzelverlagerung definiert. Die Einteilung
erfolgte in: keinen sicheren Wurzelkontakt (Grad 1), Kontakt zur Nervenwurzel (Grad 2),
Kompression (Grad 3) und Verlagerung des Nerven (Grad 4). Erwartungsgemäß wies die
Mehrzahl der Patienten (38) präoperativ eine starke Kompression oder auch zusätzliche
Verlagerung der Nervenwurzel (Grad 3 und 4) auf. Lediglich ein Patient zeigte keinen
sicheren Wurzelkontakt, wurde aber wegen der klaren klinischen Symptomatik operativ
versorgt. Ein signifikanter Gruppenunterschied in der Ausgangssituation bestand nicht.
Bei der ersten postoperativen Kontrolle nach 24 - 48 Stunden war bereits eine
hochsignifikante Verschiebung in Richtung Grad 1 und 2 zu erkennen, ohne dass ein
signifikanter Unterschied zwischen beiden Verfahren nachweisbar war. Es boten jedoch
noch neun Patienten Grad 3-Befunde und sieben Patienten Grad 4-Befunde, was
hauptsächlich durch das Vorliegen eines postoperativen Seroms bzw. Hämatoms zu
erklären ist. Diese Veränderungen bildeten sich innerhalb von 6 Monaten zurück, so dass
bei 34 Patienten (70,8 %) kein Wurzelkontakt mehr bestand. Bei drei Patienten mit noch
vorhandener Kompression der Nervenwurzel handelte es sich um einen Rezidiv- bzw.
Restbandscheibenvorfall.
Tabelle 13 verdeutlicht, dass es im postoperativen Verlauf bezüglich des Kontaktes, der
Kompression bzw. der Verlagerung der Nervenwurzel keine signifikanten Unterschiede
zwischen den Therapiearmen gab und dass beide Verfahren gleichermaßen effizient in der
Entfernung des Bandscheibenvorfalls waren.
Für die Risikobeurteilung mittels ODDS-Ratio wurden für den Zeitpunkt sechs Monate
postoperativ die Wurzelkontaktgrade 1 und 2 sowie 3 und 4 in jeweils eine Gruppe
zusammengefasst. Die ODDS-Ratio betrug 0,48 bei einem Konfidenzintervall 0,048 –
5,7. Dies entsprach zwar einer theoretischen Risikohalbierung bei der MAPN aber auf
Grund der geringen Fallzahl enthielt das Konfidenzintervall die 1 und deshalb war die
Risikoverminderung statistisch nicht signifikant.
Vergleichsstudie 87
Beziehung zur
Nervenwurzel
Grad 1
kein
Kontakt
Grad 2
Kontakt
Grad 3
Kompression
Grad 4
Verlagerung
χ² /
Signifikanz
Präoperativ
MAPN
MC
1
0
6
5
11
12
7
8
1,20 /
0,75
Frühpostoperativ
MAPN
MC
5
8
11
10
4
5
5
2
2,1 /
0,54
6 Monate
MAPN
MC
18
16
5
6
1
2
0
0
0,54 /
0,76
Tab. 13 Beziehung zur Nervenwurzel – getrennt nach Gruppen
Nachweis von Flüssigkeit bzw. Gewebe in der Lokalisation des Bandscheibenvorfalls
Es erfolgte eine Einteilung in nicht relevantes, geringes und kräftiges (Grad 1-3) Serom
bzw. Hämatom oder Granulationsgewebe (nach sechs Monaten). Frühpostoperativ fanden
sich immerhin noch 16 Patienten mit kräftigen Veränderungen im ehemaligen BSV,
welche der hauptsächliche Grund für die noch bestehende Kompression (neun Patienten)
und Verlagerung der Nervenwurzel (sieben Patienten) waren. Nach sechs Monaten war
bei 95,8 % der Patienten (Grad 1 und 2) kein relevantes oder nur geringes Narbengewebe
nachweisbar (Tab. 14). Ein Unterschied zwischen beiden Therapiearmen bestand nicht.
Grad 1
nicht relevant
Grad 2
gering
Grad 3
kräftig
χ² /
Signifikanz Frühpostoperativ
MAPN
MC
3
8
12
11
10
6
3,3 /
0,25
6 Monate
MAPN
MC
15
15
7
9
2
0
2,2 /
0,43
Tab. 14 Flüssigkeit bzw. Gewebe in Lokalisation des ehemaligen Bandscheibenvorfalls
Vergleichsstudie 88
Nachweis eines Rest-/Rezidivbandscheibenvorfalls
Besonders frühpostoperativ war bei der Auswertung der Kernspintomogramme nicht
immer eine sichere Aussage möglich, was ursächlich durch die eventuell noch
vorhandene intraspinale Raumforderung bedingt ist. Eine Unterscheidung in Serom bzw.
Hämatom oder Restvorfall wurde in dieser Studie anhand der oben genannten Kriterien
getroffen. Die Ergebnisse in Tabelle 15 belegten jedoch, dass nicht immer eine exakte
Zuordnung möglich war. Unter der Annahme einer sicheren Beurteilung müsste nach 24-
48 Stunden und nach sechs Monaten die gleiche Schweregradzuordnung erfolgen, was
aber nicht der Fall ist (Tab. 15). Hauptsächlich wurden postoperative Veränderungen im
ehemaligen BSV als Rest fehlgedeutet. Beispielgebend waren drei Patienten, bei denen
unmittelbar postoperativ der Verdacht auf einen großen Rest-BSV (Grad 3) bestand. Nach
sechs Monaten waren jedoch keinerlei Veränderungen mehr nachweisbar (Abb. 36).
Statistisch ließen sich keine Gruppenunterschiede sichern.
p r ä o p e r a t iv f r ü h p o s t o p e r a t iv nach 6 M o naten Abb. 36 vermeintlicher Rest-BSV nach 24 Stunden, nach sechs Monaten komplette Rückbildung (T1-
gewichtet, sagittal nach Kontrastmittel)
Grad 1 kein Rest-BSV
Grad 2 gering
Grad 3 groß
Grad 4 Rezidiv-BSV
χ² /
Signifikanz
Frühpostoperativ (gesamt) MAPN
MC
31
15
16
16
8
8
3
2
1
0
0
0
3,4 /
0,22
6 Monate (gesamt)
MAPN
MC
35
18
17
10
6
4
0
0
0
3
0
3
2,1 /
0,45
Tab. 15 Rest-/Rezidiv-BSV getrennt nach Gruppen
Vergleichsstudie 89
3.3.3.3. Beurteilung des Operationszuganges
Zur semiquantitativen Analyse des Zugangstraumas im Vergleich zwischen
mikrochirurgischer Technik und MAPN wurde unmittelbar postoperativ die Größe des
intramuskulären Ödems sowie des Seroms bzw. Hämatoms ermittelt und nach sechs
Monaten das Narbengewebe epidural und im operativen Zugang beurteilt.
Ödem in den dorsalen Weichteilen
Die Größenbestimmung des Ödems in den dorsalen Weichteilen erfolgte über zwei
unterschiedliche Verfahren, die Quadrantenmethode und das neuentwickelte Verfahren
zur Winkelbestimmung (siehe Abschnitt 3.2.6.3.).
Die Quadrantenmethode (Graphik 12) zeigte im Chi-Quadrat-Test signifikante
Unterschiede (p=0,007) zwischen beiden Operationsmethoden zugunsten der MAPN-
Technik (siehe Tabelle 16). In der MAPN-Gruppe wiesen 11 Patienten (44 %) nur ein
minimales Ödem (Grad 1) auf, während nach dem mikrochirurgischen Eingriff nur zwei
Patienten in dieser Einstufung lagen. Ein ausgedehntes Ödem (Grad 4) fand sich bei drei
mikrochirurgisch operierten Patienten. Die Risikoabschätzung mittels ODDS-Ratio unter
Zusammenfassung von den Quadranten 1 und 2 sowie 3 und 4 in jeweils eine Gruppe
ergab bei einem Konvidenzintervall 0,2 – 1,9 ein 0,6-fach geringeres Risiko zur
intramuskulären Ödembildung bei MAPN. Da aber die 1 aufgrund der zu geringen
Fallzahl im Konvidenzintervall liegt ist diese Risikominderung statistisch nicht
signifikant.
Quadrant
1
Quadrant
2
Quadrant
3
Quadrant
4
χ² /
Signifikanz
Frühpostoperativ
MAPN
MC
11
2
12
18
8
16
0
3
11,23 /
0,007
Tab. 16 Größe des intramuskulären Ödems nach der Quadranteneinteilung getrennt nach Gruppen
Einen genaueren Vergleich beider Gruppen unabhängig von der Lage des
Operationszuganges lieferte die Bestimmung des Winkels zwischen OP-Zugang und
lateraler Begrenzung des Ödems (Abschn. 3.2.6.3., Graphik 13). Bei dieser Messung
ergab sich für die MAPN-Gruppe ein Winkel von 22,4° (min 19,1, max 25,6, SD 7,9) und
für das Patientenkollektiv mit mikrochirurgischen OP-Zugang ein Winkel von 38,6° (min
Vergleichsstudie 90
34,7, max 42,5, SD 9,5). Der t-Test ergab mit p<0,0001) einen hochsignifikanten
Gruppenunterschied (Tab. 16).
Graphik 12 Größe des intramuskulären Ödems nach der Quadrantenmethode Graphik 13 Größe des intramuskulären Ödems nach der Winkelmethode
0 0,5 1 1,5 2 2,5
Quadranten
Ödemquadrant
Ödemquadrant
MCMAPN
0 10 20 30 40
Grad
Ödemwinkel
Ödemwinkel
MCMAPN
Vergleichsstudie 91
Serom bzw. Hämatom in den dorsalen Weichteilen
Bei Vorliegen eines Flüssigkeitsareals (Graphik 14) in den frühpostoperativen
Aufnahmen, wurde an der Auswertekonsole die Größe in mm2 bestimmt. Die Mittelwerte
sind in Tabelle 17 ersichtlich. Der Unterschied zwischen beiden Kollektiven war ebenfalls
signifikant (p=0,0047) zugunsten der MAPN-Technik.
Seromgröße
in mm²
Ödemwinkel
in Grad
MAPN 34,10 (SD 65,3) 22,4 (SD 7,9)
MC 135,2 (SD 153,1) 38,6 (SD 9,5)
Tab. 17 Seromgröße und Ödemwinkel – Vergleich beider Patientengruppen
Graphik 14 Seromgröße im operativen Zugang
0 50 100 150
[Quadratmillimeter]
Serom
Seromgröße
MCMAPN
Vergleichsstudie 92
Narbengewebe im Operationszugang und epidural
Bei der Untersuchung nach sechs Monaten war ein wichtiger Parameter das
Vorhandensein von epiduralem und intramuskulärem Narbengewebe. Es erfolgte die
Einteilung in nicht relevantes, geringes und kräftiges Narbengewebe, getrennt nach
epiduraler und intramuskulärer Lokalisation (Tab. 18).
Der größte Teil der Patienten hatte sowohl epidural (68,7 %) als auch in den dorsalen
Weichteilen (77,1 %) kein relevantes Narbengewebe. In beiden Lokalisationen fanden
sich jeweils drei Patienten mit kräftigen Veränderungen. Epidural gab es zwischen beiden
Gruppen keine signifikanten Unterschiede (χ²=0,9, p=0,62).
Im operativen Zugang dagegen ergaben sich signifikante Unterschiede (χ²=9,7,
p=0,0079). Bei den mikrochirurgisch operierten Patienten wiesen 14 Patienten kein
relevantes Narbengewebe auf, in der MAPN-Gruppe dagegen 23 Patienten. Die Patienten
mit kräftigem intramuskulären Narbengewebe waren ausschließlich aus der
mikrochirurgischen Gruppe. Nach der ODDS-Ratio bestand für Patienten, operiert in
mikrochirurgischer Technik ein 16,4 - fach höheres Risiko für intramuskuläres
Narbengewebe (95 % Konfidenzinterval 1,9 – 143).
Einen indirekten Hinweis auf das Vorliegen von Narbengewebe bot die Beantwortung der
Fragestellung, ob der OP-Zugang nach sechs Monaten in den Kernspintomogrammen
noch zu erkennen war. Im χ2-Test ergab sich eine Irrtumswahrscheinlichkeit p=0,002 und
somit ein ebenfalls signifikanter Unterschied zwischen beiden Patientengruppen
zugunsten der MAPN-Patienten. In diesem Kollektiv war nur noch bei einem Patienten
(4,2 %) der operative Zugang sichtbar, während in der anderen Gruppe bei immerhin 10
Patienten (41,7 %) der Zugangsweg erkennbar war.
Vergleichsstudie 93
Narbengewebe nicht relevant gering kräftig X² /
Signifikanz
Epidural 33 12 3 0,9 /
0,62
MAPN 18 5 1
MC 15 7 2
OP-Zugang 37 8 3 9,7 /
0,0079
MAPN 23 1 0
MC 40 7 3
Tab. 18 Narbengewebe intramuskulär und epidural - getrennt nach Gruppen 3.3.3.4. Kontrastmittelenhancement in der Nervenwurzel
Ob ein Kontrastmittelenhancement in der Nervenwurzel in Höhe des
Bandscheibenvorfalls ipsilateral vorlag, wurde anhand der transversalen T1-gewichteten
Aufnahmen nach Kontrastmittelapplikation beurteilt (Tab. 19). Um Fehlinterpretationen
wegen möglicher Partialvolumenartefakte auszuschließen, erfolgte lediglich die visuelle
Auswertung in vorhanden oder nicht vorhanden. Technisch bedingt oder wegen
Ablehnung der KM-Applikation konnten präoperativ nur 47, frühpostoperativ 49 und
nach sechs Monaten 45 Patienten in die Auswertung einbezogen werden. Es fand sich
kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Patientengruppen (Chi-Quadrat-Test,
p=0,11). Allerdings ergab die ODDS-Ratio für die MAPN-Technik ein 1,5-fach höheres
Risiko für eine intraradikuläre Kontrastmittelaufnahme bei einem Konfidenzintervall von
0,5 – 4,7. Jedoch ist dies ohne statistische Signifikanz (1 im Konvidenzintervall). Bereits
präoperativ lag eine Anreicherung bei 13 Patienten der MAPN- und acht Patienten der
MC-Gruppe vor. Frühpostoperativ zeigte sich diesbezüglich keine wesentliche Änderung.
Vergleichsstudie 94
Präoperativ
ja
Frühpostoperativ
ja
nach 6 Monaten
ja
MAPN 13 13 3
MC 8 10 3
Tab. 19 Kontrastmittelaufnahme der ipsilateralen Nervenwurzel
3.3.3.5. Ergebnisse der schrittweisen multiplen linearen Regression
Die für die Kernspintomographiestudie festgelegte Zielgröße war die Summen-VAS. Bei
der schrittweisen linearen Regression wurde daher die Summen-VAS als abhängige
Variable definiert. Es wurden die radiologischen Einflussfaktoren unmittelbar
postoperativ und nach sechs Monaten analysiert. Bei dem ersten Model (unmittelbar
postoperativ) gingen die Höhe des Zwischenwirbelraumes nach 48 Stunden, der
Ödemwinkel, die Seromgröße, der Wurzelkontakt nach 48 Stunden, der Rest-
Bandscheibenvorfall sowie die Kontrastmittelaufnahme der Wurzel als unabhängige
Variablen ein. Im Ergebnis blieben der Ödemwinkel und die Höhe des
Zwischenwirbelraumes als signifikante Einflussfaktoren auf die Summen-VAS 48
Stunden postoperativ übrig (R2 beider Faktoren = 0,3). Das bedeutete, die
Zwischenwirbelraumhöhe und der Ödemwinkel erklärten 30 % der Varianz der Summen-
VAS. Je kleiner die Zwischenwirbelraumhöhe desto größer war die Summen-VAS.
Umgekehrt verhielt sich der Ödemwinkel (Graphik 15).
Graphik 15 Beziehung von Ödemwinkel bzw. der Zwischenwirbelraumhöhe zur Summen-VAS (rot
MC, grün MAPN)
Vergleichsstudie 95
Über das Verfahren der „linearen Variablenvorhersage“ ließ sich aus der individuellen
Zwischenwirbelraumhöhe und dem Ödemwinkel die Summen-VAS berechnen.
Im Diagramm (Graphik 16) fielen drei Ausreißer auf. Als Gemeinsamkeit wiesen zwei
davon die Eigenschaften – weiblich, arbeitslos, Mittelalter und Duraleck auf.
In das zweite Model gingen als abhängige Variable die Summen-VAS nach sechs
Monaten und als unabhängige Variable die Zwischenwirbelraumhöhe, der Wurzelkontakt
nach sechs Monaten sowie das epidurale und intramuskuläre Narbengewebe ein. Es
konnte kein signifikanter Einflussfaktor auf die Summen-VAS zum Zeitpunkt sechs
Monate postoperativ gefunden werden.
3.4. Diskussion Um ein neues Verfahren zur operativen Behandlung von lumbalen Bandscheibenvorfällen
zu evaluieren, war ein Vergleich mit der als Goldstandard geltenden, mikrochirurgischen
Operationstechnik zwingend erforderlich. Dieser Vergleich wurde im Rahmen einer
prospektiven, randomisierten Studie getätigt. Die Studie war bizentrisch angelegt und von
einer zusätzlichen Kernspintomographiestudie begleitet.
Als primärer Studienparameter wurde die Operationsdauer gewählt. Dies begründete sich
einerseits darin, dass die Operationszeit ein relevanter Kostenfaktor ist und andererseits
basierend auf den Erfahrungen mit der MAPN-Technik, dass in Bezug auf die
Operationsdauer Unterschiede zur mikrochirurgischen Technik zu erwarten waren. Die
Summen-VAS als individuelles globales Schmerzmaß war der wichtigste sekundäre
Outcome-Parameter. Ziel der radiologischen Begleitstudie war es, mögliche
morphologische Einflussgrößen (tertiäre Outcome-Parameter) auf die Summen-VAS zu
erfassen.
Graphik 16
Verhältnis zwischen errechneter und tatsächlicher
Summen-VAS (rot MC, grün MAPN)
Vergleichsstudie 96
3.4.1. Operative und klinische Ergebnisse Ausgangssituation
Zur Beurteilung der präoperativen Ausgangssituation wurden das Patientenalter, die
Anamnesedauer für Rücken- und Beinschmerz, der Oswestry-Score, die Visuelle Analog
Skala differenziert nach Rücken und Beinschmerz zu Grunde gelegt. Es bestanden
diesbezüglich keine signifikanten Gruppenunterschiede.
Operationszeit
Die Operationsdauer ist ein entscheidender Parameter zur Beurteilung der Sinnhaftigkeit
neuer Verfahren. Daher war es von größter Bedeutung, dass die MAPN-Technik nicht
zeitkonsumierender ist als das mikrochirurgische Verfahren. Bei den Voruntersuchungen
zu dieser klinischen Studie fiel sogar auf, dass nach entsprechender Lernkurve die
Operationszeiten bei MAPN kürzer waren als bei Verwendung der mikrochirurgischen
Technik. Dies war ein weiteres Argument dafür, die Operationszeit als primären
Outcome-Parameter festzulegen.
Die ANOVA ergab eine starke Ort-Verfahren-Interaktion. Aus diesem Grund wurde in
der weiteren Auswertung eine Trennung der Ergebnisse zwischen Bad Berka und
Magdeburg vorgenommen. So zeigte sich in Bad Berka eine hochsignifikant kürzere
Operationsdauer bei MAPN (33,3 Min.) gegenüber 57,8 Min. bei MC. In Magdeburg war
kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Operationszeiten bei MAPN und
mikrochirurgischer Technik erkennbar. Immerhin betrug der zeitliche Unterschied bei
MAPN in Bad Berka und bei MAPN in Magdeburg 17 Minuten. So konnte auch durch
Korrelationstestung keine erkennbare Lernkurve in Magdeburg nachgewiesen werden.
Dies bedeutete wiederum, dass dieses Verfahren der MAPN nicht ohne weiteres
exportierbar ist. An dieser Stelle musste kritisch eingeschätzt werden, dass die
Problematik der „Lernkurve“ verkannt wurde. Auch in Bad Berka lagen die
Operationszeiten bei den ersten MAPN (siehe Abschnitt 2.1.2.) sogar bei 69 Minuten. Bis
zum Zeitpunkt des Studienbeginns waren allerdings in Bad Berka über 300 Patienten, in
Magdeburg 10 Patienten in dieser Technik versorgt worden. Offenbar bedarf es einer weit
höheren Anzahl von Operationen in dieser Technik, um zu einer signifikanten
Verringerung der Operationszeit im Vergleich zur mikrochirurgischen Technik zu
gelangen.
Da die Arbeitsschritte nach Eröffnung des Spinalkanales bei beiden Techniken identisch
waren, erklärte sich ein Zeitvorteil bei MAPN nur über die Dauer des operativen
Vergleichsstudie 97
Zuganges und die Dauer des Wundverschlusses. Dies fand sich in Bad Berka statistisch
hochsignifikant bestätigt. So betrug dort die Dauer für den operativen Zugang bei MAPN
3,3 und bei MC 11,8 Minuten sowie für den Wundverschluss bei MAPN 2,8 und bei MC
10,1 Minuten. In Magdeburg konnten auch statistisch signifikante Differenzen zwischen
den Zeiten für die Dauer des Wundverschlusses zugunsten der MAPN ermittelt werden.
Die operativen Zugangszeiten wiesen in Magdeburg allerdings keine
Gruppenunterschiede auf.
An dieser Stelle sei folgendes Gedankenspiel erlaubt. Da sich gezeigt hatte, dass das
Verfahren der MAPN nicht ohne weiteres mit einem Zeitgewinn an ein anderes Zentrum
exportierbar ist, ergeben sich im Sinne einer Gegenrechnung erhebliche
Investitionskosten in Bezug auf die extrem lange Lernkurve. Trotzdem ist und bleibt die
Operationsdauer ein erheblicher Kostenfaktor. Im Bad Berkaer Kollektiv, 50 Patienten
umfassend, lag die durchschnittliche Operationsdauer bei MAPN mit 25 Minuten unter
der der mikrochirurgischen Technik. Setzt man die Kosten für eine OP-Minute mit 93,3
US-Dollar [Testimony 2004] an, so ergibt sich allein in dieser Studie, wenn alle Bad
Berkaer Patienten in MAPN-Technik operiert worden wären, eine rein theoretische
Kosteneinsparung von 58.312,5 Dollar (48.593,7 €). Nach Daten aus dem Bereich der
gesetzliche Krankenversicherungen (GKV) machen minimalinvasive (endoskopische)
Eingriffe derzeit etwa einen Anteil von 5 % an allen lumbalen Bandscheibenoperationen
aus [Lühmann 2005]. Im Umkehrschluss würde dies bedeuten, dass bei rund 70.000
Bandscheibenoperationen im Jahr in Deutschland [Kast 2000] etwa 66.500 in
mikrochirurgischer Technik durchgeführt werden. Unter Verwendung der MAPN-
Technik und unter Zugrundlegung der Bad Berkaer Operationszeiten könnten dann,
ebenfalls nur rein theoretisch 155.111.250 Dollar (rund 129 Millionen €) an Kosten für
Operationszeiten pro Jahr eingespart werden. Allerdings erst nachdem eine entsprechende
Lernkurve überwunden wurde.
Weitere Operationsergebnisse und postoperative Komplikationen
In Bezug auf den intraoperativen Blutverlust konnten im Bad Berkaer MAPN-Kollektiv
hochsignifikant bessere Ergebnisse erzielt werden. Dieser Fakt war dadurch erklärbar,
dass es aufgrund der geschlossenen Wandungen des Arbeitskanals praktisch zu keiner
Blutung aus dem Zugangsbereich kam. Dies erleichterte auch die Arbeitsschritte im
Spinalkanal. Der nicht geringere Blutverlust im Magdeburger MAPN-Klientel gegenüber
der mikrochirurgischen Gruppe erklärt sich über die längere Operationszeit.
Vergleichsstudie 98
Die entnommene Menge des Bandscheibenmaterials war mit durchschnittlich 1,4 g
zwischen beiden Therapiearmen und beiden Orten identisch. Auch bei den intraoperativen
Komplikationen (fünf Duraverletzungen) gab es keine signifikanten Verfahrens- und
Ortsunterschiede.
Im Nachbeobachtungszeitraum mussten sieben Patienten nachoperiert werden, fünf
Patienten an einem echten Rezidiv-Bandscheibenvorfall (gleiche Seite, gleiche Höhe,
nach beschwerdefreiem Intervall) und zwei Patienten aufgrund einer zunehmenden
Segmentdegeneration. Weitere Komplikationen, wie Wundinfektionen oder
Spondylodiszitiden mussten erfreulicherweise nicht registriert werden.
Neurologische Situation
Die Verbesserung der motorischen Ausfallssymptomatik konnte ebenfalls Hinweise auf
die Effektivität der operativen Entlastung der neuronalen Strukturen geben. Im
postoperativen Verlauf bildeten sich die motorischen Ausfälle bei 83 % und die sensiblen
Defizite bei 68 % der Patienten komplett zurück (siehe Abschn. 3.3.2.4.). Diesbezüglich
konnten keine Gruppenunterschiede konstatiert werden.
Schmerzsituation
Zur Erfassung der Schmerzsituation wurden einerseits die VAS und der Oswestry-Score
und andererseits der zusätzliche Analgetikabedarf innerhalb der ersten 48 postoperativen
Stunden verwandt.
Die Summen-VAS als Maß für die individuelle Gesamtschmerzbelastung war der
sekundäre Haupt-Outcome-Parameter. Zunächst konnte in beiden Therapiearmen eine
hochsignifikante und über den gesamten Nachbeobachtungszeitraum anhaltende
Verringerung auf der Summen-VAS erreicht werden. Dies war wesentlich für die
Evaluierung beider Verfahren. In Bad Berka fanden sich unmittelbar postoperativ, nach
acht Wochen und sechs Monaten hochsignifikant geringere Summen-VAS-Werte in der
MAPN-Gruppe. Zum Ende des Nachbeobachtungszeitraumes näherten sich beide
Therapiearme in Bad Berka in ihren Werten wieder an. In Magdeburg gab es keine
signifikanten Gruppenunterschiede im Verlauf der Summen-VAS-Werte. Daraus konnte
der Schluss gezogen werden, dass die MAPN-Patienten in Bad Berka möglicherweise
aufgrund der kürzeren Operationszeiten bezüglich der Gesamtschmerzbelastung im
frühen (bis sechs Monate) postoperativen Verlauf von der Operationstechnik profitierten.
Wäre die geringere Gesamtschmerzbelastung bei den Bad Berkaer MAPN-Patienten der
Vergleichsstudie 99
geringeren Invasivität des Verfahrens zu schulden, müssten die Magdeburger MAPN-
Patienten gleichfalls profitieren, was aber nicht der Fall war.
Dass sich am Ende des Nachbeobachtungszeitraumes sowohl in Bad Berka als auch in
Magdeburg beide Therapiearme soweit annäherten, dass keinerlei signifikante
Unterschiede mehr nachweisbar waren, widersprach etwas der unter Kapitel. 1.3.
formulierten Hypothese, „dass ein minimiertes Zugangstrauma zu einer geringeren
Schmerzsymptomatik mit weniger Tendenz zur Chronifizierung führt“. Es widerspiegelte
sich in den Ergebnissen ganz klar die Tatsache, dass ein kleinerer Hautschnitt nicht
zwangsläufig zu weniger Schmerz führte.
Bei der Auswertung des Verlaufes des Oswestry-Scores konnte ebenfalls bestätigt
werden, dass beide Verfahren zu einer hochsignifikanten, über den
Nachbeobachtungszeitraum anhaltenden Verbesserung führten. Es gab weder zwischen
den beiden Therapiearmen noch zwischen den Orten signifikante Unterschiede im
Verlauf.
Die Untersuchung des zusätzlichen Analgetikabedarfs innerhalb der ersten 48
postoperativen Stunden ergab hochsignifikant höhere Werte für die in mikrochirurgischer
Technik operierten Patienten in Bad Berka, was mit den längeren Operationszeiten in
diesem Kollektiv erklärbar war.
Am Ende des Nachbeobachtungszeitraumes benötigten 92 % der Patienten entweder
keine oder weniger Analgetika im Vergleich zur präoperativen Situation. Es fanden sich
keine Unterschiede zwischen den Verfahren und Orten.
Weitere Ergebnisse
Beide Operationsverfahren fanden bei den Patienten große Akzeptanz. Bis auf sechs
Ausnahmen würden sich alle Patienten wieder mit der entsprechenden Methode operieren
lassen.
Alle Patienten, die präoperativ einer beruflichen Tätigkeit nachgingen, nahmen diese
innerhalb von 14 Wochen wieder auf. Es konnten diesbezüglich keine Unterschiede
zwischen den Gruppen gefunden werden.
Wie unter Abschnitt 3.3.2.4. gezeigt, hatte die Anschlussheilbehandlung keinen Einfluss
auf die klinischen Ergebnisse. Somit blieb die Operationstechnik als Hauptfaktor für die
Ergebnisse entscheidend.
Die postoperative Verweildauer ist ebenso wie die Operationszeit ein erheblicher
ökonomischer Faktor, besonders auch unter den DRG-Bedingungen. Bezüglich der
Vergleichsstudie 100
postoperativen Verweildauer gab es ebenfalls eine Ort-Verfahren-Interaktion. So war die
kürzere Verweildauer bei MAPN letztlich nur signifikant im Bad Berkaer Kollektiv
nachweisbar. Zugegebenermaßen war die postoperative Verweildauer ein sehr „weicher“
Parameter, der von vielen subjektiven Dingen beeinflusst wurde. Im Bad Berkaer MAPN-
Kollektiv lag die durchschnittliche postoperative Verweildauer mit 1,1 Tagen unter der
der MC-Gruppe. Da dem Autor nur verwertbares Datenmaterial aus der Schweiz in Bezug
auf die Kosten pro stationären Behandlungstag bei operierten lumbalen
Bandscheibenvorfällen vorlag, wurde dieses dem folgenden Rechenexempel zugrunde
gelegt. Ein stationärerer Behandlungstag wurde mit 3.283 Fr. = 2052 € (Neurochirurgie)
bzw. 2.288 Fr. = 1430 € (Orthopädie) berechnet [Lühmann 2005]. Bei den postulierten
66.500 mikrochirurgischen Bandscheibenoperationen pro Jahr in Deutschland, wenn diese
alle unter stationären Bedingungen und in MAPN-Technik unter Zugrundelegung der Bad
Berkaer Zahlen durchgeführt worden wären, könnten hochgerechnet bei einer kürzeren
Verweildauer von ca. einem Tag 136.458.000 € (Neurochirurgie) bzw. 95.095.000 €
(Orthopädie) stationäre Behandlungskosten eingespart werden. Hinzu kämen dann noch
die oben errechneten 129 Mill. € an eingesparter Operationszeit, so dass (rein theoretisch)
etwa 200 Mill. € durch Verwendung der MAPN-Technik nach Bad Berkaer Vorbild in der
operativen Behandlung von lumbalen Bandscheibenvorfällen in Deutschland pro Jahr
weniger von den Krankassen ausgegeben werden müssten. Wie bereits erwähnt ist dies
nur ein Rechenbeispiel, welches sehr angreifbar ist und sollte daher auch nicht
überbewertet werden. Aber dass tendenziell eine Kostenreduktion möglich ist, dürfte
unstrittig sein.
3.4.2. Literaturvergleich der operativen und klinischen Ergebnisse Die Ergebnisse im Vergleich zwischen MAPN- und MC-Technik wurden in den
vorangegangenen Abschnitten diskutiert. Aus diesem Grund erfolgt unter diesem
Abschnitt der Vergleich der Gesamtergebnisse der Studie mit Angaben aus der Literatur.
Operationsdauer
Die mittlere Operationsdauer bei der mikrochirurgischen Technik wurde in einer größeren
Studie von GOFFIN (1994) mit 60 Minuten angegeben. MURAMATSU (2001) und
FOUNTAS (2004) berichteten über eine mittlere Operationsdauer unter Benutzung der
gleichen Technik von 73,4 bzw. 70,8 Minuten. Bei der konventionell offenen Technik gab
NAKAGAWA (2003) 79 Minuten an. Bei endoskopisch unterstützten Verfahren mit
direkter Visualisation des Spinalkanales bewegten sich die in der Literatur verfügbaren
Vergleichsstudie 101
Angaben zur Operationsdauer zwischen 60 Minuten [Brayda-Bruno 2000], 97 Minuten
[Perez-Cruet 2002], 105,7 Minuten [Muramatsu 2001] und 136 Minuten [Huang 2001].
Damit lag die durchschnittliche Operationsdauer (MAPN und MC) von 49 Minuten in
dieser hier vorgestellten Studie deutlich unter den Werten aus der Literatur.
Reoperationen, Komplikationen und intraoperative Ergebnisse
ÖSTERMAN (2003) gab die Reoperationsrate nach lumbalen Bandscheibeneingriffen in
einer Population von 35.309 Patienten in einem Zeitraum von 11 Jahren mit 14 % an. In
großen Kohorten- und Populations- basierten Studien konnte eine Revisionsrate von 5 –
19 % in einem 4 -10 jährigen Nachbeobachtungszeitraum ermittelt werden [Atlas 2001,
Ciol 1994, Bruske-Hohfeld 1990, Hu 1997, Keskimäki 2000, Malter 1998]. In kleineren
klinischen Serien bewegte sich die Revisionsrate zwischen 4 und 11 % bei einem
Nachbeobachtungszeitraum von bis zu drei Jahren [ Fountas 2004, Goffin 1994, Goald
1978, Hudgins 1983, Lewis 1987, Maroon 1986, Williams 1978]. Mit einer Revisionsrate
von 7 % im Einjahreszeitraum lag das Ergebnis der vorliegenden Studie im Rahmen der
Literaturangaben.
Intraoperative Komplikationen traten in dieser Studie lediglich in Form von
Duraverletzungen auf, die allesamt ohne weitere Konsequenzen blieben. Die Häufigkeit
betrug 5 % und liegt damit geringfügig höher als die in der Literatur verfügbare Zahl einer
großen Sammelstatistik [Oppel 1977] von 3,7 %.
Der intraoperative Blutverlust wurde von MURAMATSU (2001) bei der
mikrochirurgischen Technik mit 59,1ml und bei der Benutzung eines endoskopischen
Verfahrens mir direkter Visualisation des Spinalkanals (MED) mit 12,1ml beziffert. Die
Differenz zwischen beiden Techniken war signifikant (p<0,005). Ein ebenfalls signifikant
geringerer Blutverlust unter Verwendung der MAPN-Technik konnte in der vorliegenden
Studie in Bad Berka nachgewiesen werden. Einen deutlich höheren intraoperativen
Blutverlust unter Benutzung der mikrochirurgischen Technik gab FOUNTAS (2004) mit
186 ml an.
Bezüglich der intraoperativ entnommen Menge an Bandscheibenmaterial fand sich in der
Literatur nur eine Studie [Fountas 2004], in der in mikrochirurgischer Technik
durchschnittlich 2,1 g bei 106 Patienten entnommen wurden. Es zeigte sich dabei kein
signifikanter Einfluss auf die Langzeitergebnisse (Reoperationen und OSW). Die deutlich
größere Menge von entnommenen Bandscheibenmaterial in der Arbeit von FOUNTAS
(2004) erklärt sich über die Tatsache, dass in diesem Kollektiv neben der Entfernung der
Vergleichsstudie 102
Sequester das Bandscheibenfach zusätzlich partiell mit ausgeräumt wurde. In der
vorliegenden Studie wurde sowohl in Bad Berka als auch in Magdeburg, wann immer
operationstechnisch vertretbar, auf eine zusätzliche Ausräumung des Bandscheibenfaches
verzichtet, um Rezidivbandscheibenvorfällen durch eine zusätzliche iatrogen Schwächung
des hinteren Längsbandes und des Anulus fibrosus nicht Vorschub zu leisten.
Im Verlauf des Nachbeobachtungszeitraumes waren in dieser Studie keine weiteren
Komplikationen zu verzeichnen. Es traten weder iatrogene Spondylodiszitiden (in der
Literatur mit 0,1 – 3,0 % angegeben [Tronnier 1992]) noch Wundheilungsstörungen (2 %
in der Literatur [Türeyen 2003]) im Verlauf auf. Auch mussten keine operationsbedingten
Nervenwurzelläsionen, in der zugrunde liegenden Literatur immerhin mit 0,84 % erwähnt
[Lühmannn 2005], registriert werden.
Weitere klinische Ergebnisse im Vergleich
Die Beurteilung der klinischen Ergebnisse nach lumbaler Bandscheibenoperation
gestaltete sich im Literaturvergleich schwierig, da unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe
zu Grunde lagen. FRYMOYER (1978) berichteten in einer retrospektiven Studie mit einer
minimalen Nachbeobachtung von 10 Jahren über 38 % schlechte Resultate. 23 %
persistierende schwerwiegende Rückenschmerzen und 45 % fortbestehende Ischialgien
fand DVORAK (1988). SALENIUS (1977) untersuchte 886 Patienten über einen
Zeitraum von sechs bis 11 Jahren nach. Er fand am Ende des
Nachbeobachtungszeitraumes 56 % gebesserte, 36 % unveränderte und 8 %
verschlechterte Patienten. DAVIS (1994) beobachtete ein 984 Patienten umfassendes
Kollektiv über einen durchschnittlichen Zeitraum von 10,8 Jahren nach. Unter
Zugrundelegung der Prolo Functional Economic Outcome Rating Scale [Prolo 1986]
konnten 89 % (Prolo-Score 8-10) gute Ergebnisse erzielt werden. Vergleichbar waren die
Bewertungsmaßstäbe von Macnab [Macnab 1990] und Stauffer-Coventry`s evaluating
criteria [Staufer 1990]. Auf Bewertungsbasis der Stauffer-Coventry-Kriterien beschrieb
LOUPASIS (1999) bei 109 Patienten am Ende des mittleren Follow up von 12,2 Jahren
bezüglich der Ischialgie 53 % exzellente, 32 % gute, 8 % unveränderte, 3 % mäßige und
4 % verschlechterte Ergebnisse. Basierend auf dem „Japanese Orthopaedic Accociation
Score for Low Back Pain“ (JOA Score) [Yorimitsu 2001] konnten hinsichtlich der
Rückenschmerzproblematik bei 131 Patienten mit einem Nachbeobachtungszeitraum von
10 Jahren bei 75 % der Patienten gute Resultate erzielt werden [Yorimitsu et al. 2001].
Vergleichsstudie 103
Unter Zugrundelegung, dass ein VAS-Wert von 1 ein sehr gutes, ein gebesserter VAS-
Wert ein gutes bis befriedigendes Ergebnis und ein verschlechterter VAS-Wert im
Vergleich zur präoperativen Ausgangssituation ein schlechtes oder unbefriedigendes
Ergebnis darstellte, konnten über 90 % sehr gute bis befriedigende Ergebnisse in der
vorliegenden Studie sowohl in Bad Berka als auch in Magdeburg erzielt werden. Damit
bewegten sich die erreichten Operationsergebnisse in Bezug auf die klinischen Parameter
voll in den seitens der verfügbaren Literaturdaten gesteckten Grenzen.
Bei der Zusammenschau der klinischen Ergebnisse im postoperativen Verlauf bis zum
Zeitpunkt 48 Stunden fiel ein signifikant höherer zusätzlicher Analgetikabedarf im
mikrochirurgisch operierten Bad Berkaer Kollektiv auf. Diesbezüglich fanden sich keine
vergleichbaren Daten in der Literatur. Ein Grund hierfür könnte die längere
Operationsdauer (57,8 Min.) in diesem Kollektiv sein.
Im Rahmen einer schwedischen Analyse, die einen Zeitraum von 12 Jahren und ein
Patientenkollektiv mit 27.576 lumbalen Bandscheibenoperationen umfasste, konnte eine
stationäre Verweildauer von fünf bis neun Tagen ermittelt werden [Jansson et al. 2004].
Deutlich darüber lagen die postoperativen Verweildauern mit 8,1 bis 23,8 Tagen in der
Studie von MURAMATSU (2001). SCHWETLICK (1998) gab in seinem
Patientenklientel eine mittlere stationäre postoperative Verweildauer von vier Tagen an.
Dies entsprach nahezu den Ergebnissen dieser Studie mit einer durchschnittlichen
postoperativen Verweildauer von fünf Tagen im Gesamtkollektiv. Im Bad Berkaer
Kollektiv konnte eine unterdurchschnittliche Verweildauer von 3,8 Tagen erreicht
werden. Dies war im Vergleich zur mikrochirurgischen Gruppe signifikant kürzer. Eine
ebenfalls signifikant (p<0,005) kürzere postoperative Verweildauer fand MURAMATSU
(2001) bei einem Patientenkollektiv, operiert mit einem endoskopischen Verfahren mit
direkter Visualisation des Spinalkanals (MED) im Vergleich zur mikrochirurgischen
Technik.
ANDREWS (1990) und WILLIAMS (1978) bezifferten die Dauer der Arbeitsunfähigkeit
mit 5,2 Wochen, MURAMATSU (2001) mit zwei bis drei Monaten. In dem
beschriebenen Studienkollektiv betrug im Vergleich die Arbeitsunfähigkeitsdauer
maximal 14 Wochen. 77 % der in Beschäftigung stehenden Patienten nahmen ihre
berufliche Tätigkeit innerhalb von acht Wochen wieder auf. An diesen Zahlen zeigte sich,
dass die Arbeitsunfähigkeitsdauer in Deutschland und auch in Japan doch wesentlich
länger ist, als in den Vereinigten Staaten.
Vergleichsstudie 104
YORIMITSU et al. (2001) fanden in ihrem 131 Patienten umfassenden Kollektiv 81 %
senso-motorische Ausfälle. Dies entsprach den Daten der vorliegenden Studie, in der bei
82 % der Patienten neurologische Ausfallserscheinungen festgestellt wurden. Bei 17 %
der Patienten blieben motorische und bei 32 % sensible Ausfälle in der vorgestellten
Studie als Residuen zurück. In der Studie von YORIMITSU et al. (2001) wurden 14,3 %
und 31,7 % schwerwiegende (70 -100 % Funktionsverlust) neurologische Defizite erfasst.
Zusammenfassend konnte eingeschätzt werden, dass die hier vorgestellte Studie, mit
Ausnahme der Häufigkeit der Duraverletzungen und der Dauer der Arbeitsunfähigkeit,
mit den in der Literatur verfügbaren Daten vergleichbare, zum Teil deutlich bessere
Ergebnisse lieferte.
3.4.3. Kernspintomographische Parameter In diese Studie wurden die 50 in Bad Berka operierten Patienten eingeschlossen. Ziel der
Studie war es, Einflussgrößen (tertiäre Studienparameter) auf den sekundären Haupt-
Outcome-Parameter, die Summen-VAS, zu den Zeitpunkten frühpostoperativ und nach
sechs Monaten zu finden. Zwei Modelle (frühpostoperativ und nach sechs Monaten)
wurden durch die schrittweise lineare Regression untersucht. Zum frühpostoperativen
Zeitpunkt konnte der Ödemwinkel und die Höhe des Zwischenwirbelraumes zusammen
mit einem R2 von 0,3 als Einflussfaktoren auf die Summen-VAS gefunden werden. Im
zweiten Modell zum Zeitpunkt 6 Monate postoperativ konnte kein Parameter ermittelt
werden. Dies wiederum bedeutet, dass wir mit unseren radiologisch erfassbaren
Parametern zumindest zum Endpunkt der Kernspintomographiestudie nach sechs
Monaten keine Einflussgrößen auf die Schmerzsituation finden konnten.
Präoperative Ausgangssituation
Durch die Randomisierung sollten Gruppenunterschiede bezüglich der Alters- und
Geschlechtsverteilung sowie bei den Schmerzparametern eliminiert werden. Im
präoperativen MRT wurden die Größe des Bandscheibenvorfalles indirekt über das
Ausmaß der Wurzelkompression und –verlagerung bestimmt. Gruppenunterschiede
bestanden nicht. Bei immerhin 21 Patienten konnte präoperativ ein
Kontrastmittelenhancement in der Nervenwurzel, als Korrelat für eine evidente
Schrankenstörung [Kobayashi 1993, Olmarker 1989], gesichert werden. In der Literatur
finden sich nur wenige aussagekräftige Arbeiten zu dieser Problematik. Dass eine
radikuläre Kontrastmittelaufnahme in Zusammenhang mit einem Bandscheibenvorfall
Vergleichsstudie 105
auftreten kann, war unbestritten. Offen bleibt die Frage nach dem prozentualen Anteil von
kontrastmittelaufnehmenden Nervenwurzeln auch in Bezug auf die Größe des
Bandscheibenvorfalles. MURAMATSU (2001) fand bei 40 Patienten mit
operationsbedürftigem lumbalen Bandscheibenvorfall 35 radikuläre
Kontrastmittelaufnahmen, TOYONE (1993) bei 17 von 25 Patienten, in der vorliegenden
Studie bei 21 von 50 Patienten. Offen bleibt die Frage, warum im vorliegenden
Patientenkollektiv (42%) im Vergleich zu den beiden genannten Arbeiten mit 87.8% bzw.
68% ein präoperatives radikuläres Enhancement in deutlich geringerer Frequenz
nachwiesen werden konnte. Möglicherweise war dies mit einem geringeren
Erfahrungsschatz der bearbeitenden Radiologin erklärbar. JINKINS (1993), TANEICHI
(1994) und TOYONE (1993) beschrieben eine gute Korrelation der radikulären KM-
Anreicherung zur klinischen Symptomatik. Dies konnte in der eigenen Studie in dieser
Form nicht nachgewiesen werden. Es fanden sich weder eine Korrelation zur
Anamnesedauer noch zur Intensität der Ischialgie (VASBein). Diese Frage müsste in einer
größeren Studie näher untersucht werden. Die selektive Darstellung symptomatischer
Nervenwurzeln ist von großer klinischer Relevanz [Toyone 1993]. Nicht selten steht der
Kliniker vor der Problematik, dass Patienten eine klare radikuläre Symptomatik haben
aber das morphologische Korrelat dazu fehlt. In diesem Zusammenhang könnte das PET-
CT neue Ansätze bieten, da dieses unter Verwendung der entsprechenden Tracer über
eine bis zu 1000-fach höhere Sensitivität verfügt [Hör 1992]. Postoperative Untersuchungen
Höhe des Bandscheibenfaches
Die ANOVA ergab eine starke verfahrenunabhängige Zeit-Bandscheibenfachhöhen-
Interaktion. Die Veränderungen der Höhe des operierten Bandscheibenfaches gegenüber
dem Ausgangswert waren in der Post hoc-Testung zu beiden Zeitpunkten relevant. Die
Höhenzunahme im Zeitraum 24 bis 48 Stunden postoperativ ist möglicherweise auf die
perioperativ vermehrte Bettruhe rückführbar, da auch die kraniale Kontrollbandscheibe
eine signifikante Höhenzunahme zum früpostoperativen Zeitpunkt zeigte. Intraoperativ
wurden durchschnittlich 1,4 g Bandscheibengewebe pro Patient entnommen. Dieser Fakt
und die fortscheitende Bandscheibendegeneration haben zu einem statistisch signifikanten
Höhenverlust nach einem halben Jahr geführt. Die Höhe des operierten
Bandscheibenfaches war zu allen drei Zeitpunkten (präoperativ, früh postoperativ und
nach sechs Monaten) verringert gegenüber dem kranial benachbarten
Vergleichsstudie 106
Zwischenwirbelraum. Eine verminderte Zwischenwirbelraumhöhe könnte Mitursache
tiefsitzender Lumbalgien sein [van Roy 2001]. Darüber erklärte sich dann auch der
signifikante Einfluss der Zwischenwirbelraumhöhe auf die Summen-VAS. Warum dieser
Effekt nach sechs Monaten nicht nachweisbar war, blieb ungeklärt.
Operatives Zugangstrauma in den dorsalen Weichteilen
Als Versuch einer Quantifizierung des Zugangstraumas wurden die maximale Fläche
eines vorhandenen Seroms bzw. Hämatoms in den dorsalen Weichteilen sowie der
Winkel zwischen Zugangsweg und lateraler Ödembegrenzung in der Muskulatur
ermittelt. Semiquantitative Aussagen über das Zugangstrauma in der paraspinalen
Muskulatur lieferten die Ödemausdehnung in Quadrantenmethode nach MURAMATSU
(2001) und in der Winkelmethode sowie die Beurteilung des intramuskulären
Narbengewebes nach sechs Monaten.
Etwas problematisch war in Einzelfällen die Bewertung der transversalen T2-gewichteten
Aufnahmen frühpostoperativ, wenn der Patient fettig degenerierte Muskulatur aufwies.
Besser wäre zur Bewertung eine fettunterdrückte Sequenz gewesen. Bei Patienten mit
sehr geringem Zugangstrauma war es in Einzelfällen in den frühpostoperativen
Aufnahmen schwierig, den operativen Zugangsweg überhaupt zu erkennen. Hilfreich
erwies sich in diesen Fällen die Subtraktion der transversalen T1-gewichteten Aufnahmen
vor und nach Kontrastmittelapplikation.
Im Ergebnis der schrittweisen linearen Regression zum frühpostoperativen Zeitpunkt
konnte neben der Zwischenwirbelraumhöhe der Ödemwinkel als Einflussfaktor auf die
Summen-VAS ermittelt werden. Dies ließ den vorsichtigen Schluss zu, dass sich die
Größe des intramuskulären Ödems proportional zur Summen-VAS verhielt, was
insgesamt auch durchaus logisch erschien, wenn man sich die lokalen
Schmerzmechanismen vergegenwärtigte. Insbesondere die muskulären Nozizeptoren aber
auch die Nozizeptoren anderer Weichteile des Rückens wie die Ligamente, Faszien und
Gelenkkapseln werden durch starke mechanische Reize (Traumen und Überlastung)
aktiviert [Mense 1985]. Nach CESARE (1997) und SNIDER (1998) verfügen nozizeptive
Nervenendigungen über vielfältige Rezeptoren für endogen Substanzen, unter anderem
auch für Adenosin-Triphosphat (ATP) und saure Valenzen (H+). Das in Muskelzellen in
hohen Konzentrationen vorkommende ATP wird bei Läsionen freigesetzt. Da die
muskulären Nozizeptoren bevorzugt perikappilär lokalisiert sind, reichen schon geringere
Traumen zur nozizeptiven Aktivierung aus. Neben ATP werden, wie bereits erwähnt, im
Vergleichsstudie 107
Rahmen eines muskulären Traumas infolge entzündlicher Reaktionen und ischämischer
Zustände auch saure Valenzen frei, die zu einer zusätzlichen nozizeptiven Interaktion
führen. Zwei Mechanismen sind die Folge. Einerseits werden die resultierenden
Aktionspotentiale zum ZNS weitergeleitet, wo sie in Form von Schmerz bewusst
wahrgenommen werden. Andererseits kommt es nach MOLANDER (1987) über die
lokale Freisetzung von Neuropeptiden wie Substanz P, calcitonin gene-related peptides
und Somotostatin aufgrund der erhöhten Gefäßpermeabilität zu einem lokalen Ödem. So
kann sich ein lokaler Circulus vitiosus entwickeln, der das lokale Ödem und die
gesteigerte Aktivität der Nozizeptoren über eine bestimmte Zeit aufrechterhält.
In den Post hoc-Tests fand sich ein statistisch relevanter Unterschied zwischen beiden
Patientenkollektiven. Die mit der MAPN-Technik operierten Patienten wiesen in der
frühen postoperativen MRT-Kontrolle ein hochsignifikant geringeres Ödem in der
Winkelmessung und ein ebenfalls signifikant kleineres intramuskuläres Ödem nach der
Quadrantenmethode auf. Auch die intramuskuläre Ausdehnung des Seroms bzw.
Hämatoms war in der MAPN-Gruppe signifikant geringer.
Auch nach sechs Monaten konnte ein signifikanter Unterschied bei der intramuskulären
Narbenbildung zugunsten des MAPN-Kollektivs nachgewiesen werden. Die ODDS-
Ration ergab ein 16,4–fach höheres Risko zur intramuskulären Narbenbildung für
mikrochirurgisch operierte Patienten. Nebenbefundlich war nach sechs Monaten der
operative Zugangsweg bei 10 mikrochirurgisch operierten Patienten, jedoch nur bei einem
Patienten nach MAPN erkennbar.
Epidurale Veränderungen
Wie in zahlreichen Arbeiten belegt [Allgayer 1993, Braitinger 1987, Trattnig 1990], ist
die Magnetresonanztomographie unter Verwendung von Kontrastmittel eine exzellente
Methode, um mit hoher Treffsicherheit postoperatives Narbengewebe gegenüber anderen
Strukturen wie Rest- oder Rezidivbandscheibenvorfall abzugrenzen. ROSS (1987) hatte
ausgeprägte postoperative epidurale Veränderungen mit ödematös bedingter
raumfordernder Komponente und inhomogener Struktur beschrieben, die sich erst 2-3
Monate postoperativ zurück bildeten. Um reguläre postoperative Veränderungen
intraspinal nicht als pathologische Befunde fehlzudeuten, erfolgte die Beurteilung nur in
den Kernspintomogrammen nach sechs Monaten. Zu diesem Zeitpunkt war der Umbau
des postoperativen Granulationsgewebes in Narbengewebe weitgehend abgeschlossen.
ALLGAYER (1993) beschrieb im postoperativen Verlauf eine deutliche Abnahme der
Vergleichsstudie 108
intraspinalen Kontrastmittelintensität. Dieses Verhalten war dadurch zu erklären, dass
sich zunächst stark vaskularisiertes Granulationsgewebe in gefäßärmeres Bindegewebe
umwandelte. Die Vaskularisation kann so weit abnehmen, dass sich ein KM-
Enhancement kaum noch beobachten lässt. [Hamm et al. 1993].
Insgesamt fand sich bei 68,7 % der Patienten eine nicht relevante epidurale
Narbenbildung und nur bei 6,3 % kräftiges Narbengewebe. Es konnten keine
Gruppenunterschiede im Hinblick auf die Ausprägung des epiduralen Narbengewebes
gefunden werden. Dies war allerdings auch nicht unbedingt zu erwarten, wenn man davon
ausgeht, dass die Arbeitschritte innerhalb des Spinalkanals bei beiden Techniken identisch
waren.
Rest- bzw. Rezidivbandscheibenvorfall und Dekompression der Nervenwurzel
Zur Auswertung der Kernspintomogramme mit der Fragestellung Rest-/Rezidiv-BSV war
es sinnvoll, die Spätaufnahmen (nach sechs Monaten) zu betrachten. Frühpostoperative
Untersuchungen liefern häufig falsch positive Befunde durch so genannte Pseudohernien
[Floris 1997, Kotilainen 1994].
In den kernspintomographischen Untersuchungen nach 6 Monaten war bei insgesamt 35
Patienten (18 MAPN, 17 MC) kein Restbefund nachweisbar. Der Verdacht auf einen
geringen, jedoch klinisch nicht relevanten, Rest- bzw. Rezidiv-BSV (Grad 2) bestand bei
10 Patienten (6 MAPN, 4 MC). Bei drei Patienten aus der MC-Gruppe musste der
Verdacht auf einen Rezidiv-BSV (Grad 4) nach sechs Monaten geäußert werden.
Allerdings hatten nur zwei Patienten eine neu aufgetretene geringe radikuläre
Symptomatik (siehe Tabelle 15). Das Operationsergebnis kann nicht nur anhand der
bildgebenden Diagnostik evaluiert werden. Dies belegen eine Reihe von Publikationen, in
denen bis zu 40 % Rezidiv- oder Restbandscheibenvorfälle bei asymptomatischen
Patienten beschrieben wurden [Deutsch 1993, Floris 1997, Grane 1998].
Zur Beurteilung der Wurzelkompression durch den Bandscheibenvorfall wurde eine
Graduierung von 1 bis 4 nach FLORIS (1997) verwandt. Anhand dieses Parameters und
der Zahl von Rest- bzw. Rezidivbandscheibenvorfällen konnte gezeigt werden, dass beide
Verfahren eine signifikante Entlastung der betroffenen Nervenwurzel erreichten und dass
es keine Unterschiede zwischen beiden Techniken gab. Die Resultate korrespondierten
mit den klinischen Sekundärparametern wie Summen-VAS und Oswestry-Score.
Wegen der relativ geringen Patientenzahl je Gruppe mussten die Resultate jedoch mit
Zurückhaltung interpretiert werden.
Vergleichsstudie 109
Beurteilung der Kontrastmittelaufnahme in der Nervenwurzel
Das Kontrastmittelenhancement in der Nervenwurzel gilt als Zeichen einer gestörten
Blut-Nerven-Schranke, z.B. als Folge mechanischer oder entzündlicher Alterationen
[Olmarker 1989, Toyone 1993]. Die Bestimmung des Kontrastmittelenhancements der
betroffenen Nervenwurzel prä- und postoperativ sollte eine Aussage über das intraspinale
Operationstrauma liefern.
Bereits präoperativ wiesen 21 Patienten Kontrastmittelaufnahme der Nervenwurzel auf,
bedingt durch die mechanische Alteration durch den Bandscheibenvorfall selbst. Dies ist
in der Literatur beschrieben [Muramatsu 2001, Toyone 1993]. Unmittelbar postoperativ
fanden sich nur zwei Patienten mit einer neu aufgetretenen Schrankenstörung bei den
mikrochirurgisch operierten Patienten. Die Aufnahmen nach sechs Monaten zeigten in
jeder Gruppe drei Patienten mit Kontrastaufnahme in der ipsilateralen Nervenwurzel. Bei
einem von diesen Patienten war prä- und unmittelbar postoperativ kein Enhancement
abgrenzbar. Ein Rest- oder Rezidiv-BSV war nicht nachweisbar, so dass es sich
möglicherweise um eine Fehlinterpretation durch Partialvolumenartefakte gehandelt hat.
Allen fünf übrigen Patienten gemeinsam war ein ausgedehnter präoperativer BSV (Grad
4) mit Kompression und Verlagerung der Nervenwurzel, so dass aus diesem Grund die
Schrankenstörung länger bestand. Zwei dieser Patienten wiesen zudem einen kleinen
Rezidiv-BSV (Grad 2) auf. Jedoch gab nur ein Patient eine erneute Zunahme der
Ischialgie an.
Es fand sich zwischen beiden Therapiearmen kein signifikanter Unterschied in der
Kontrastmittelaufnahme der Nervenwurzel, insbesondere nicht auf den frühpostoperativen
Aufnahmen. Da nur zwei Patienten eine neu abgrenzbare KM-Aufnahme nach 24 Stunden
aufwiesen, kann man davon ausgehen, dass das zusätzliche intraoperative Trauma an der
Nervenwurzel bei beiden Operationsmethoden relativ gering ist. Auch MURAMATSU
(2001) fand keinen Unterschied in der radikulären Kontrastmittelaufnahme zwischen
einem mirkochirurgisch operierten und einem endoskopisch versorgten Patientenklientel
(MED). Allerdings zeigte sich in der Studie von MURAMATSU (2001) eine erhebliche
Zunahme der Patienten mit radikulärer Kontrastmittelanreicherung im unmittelbar
postoperativen Verlauf. Die Ursachen hierfür bleiben offen. Möglicherweise spielten
hierbei die deutlich längeren Operationszeiten bei MURAMATSU (2001) eine Rolle.
Ein postoperativer Zusammenhang zwischen KM-Aufnahme der Nervenwurzel und der
klinischen Symptomatik wurde in der Literatur in Abhängigkeit vom jeweiligen
Vergleichsstudie 110
Studiendesign kontrovers diskutiert. JINKINS (1993) beschrieb in seiner Arbeit, dass
postoperativ nur ein Zusammenhang bestand, wenn der Operationszeitpunkt länger als
acht Monate zurücklag. GRANE (1998) ging bei einem postoperativen Enhancement
immerhin von einer guten Korrelation zum Beschwerdebild bei 84 % der Patienten aus,
während NYGAARD (1999) keine Korrelation fand. Die Ergebnisse von NYGAARD
(1999) deckten sich am ehesten mit den hier vorgestellten Befunden.
3.4.4. Beantwortung der Fragestellungen 1. War ein postulierter Operationszeitgewinn (primärer Outcome-Parameter) bei der
MAPN-Technik in Bad Berka auch unter den Bedingungen in einer prospektiven
und randomisierten Studie nachvollziehbar?
Es konnte ein deutlicher Zeitvorteil bei der MAPN gegenüber der mikrochirurgischen
Technik in Bad Berka erzielt werden.
2. War der postulierte Operationszeitgewinn auch an ein anderes Zentrum
exportierbar?
Der Operationszeitgewinn war im Rahmen dieser Studie mit den festgelegten
Fallzahlen nicht exportierbar.
3. Lieferten beide Verfahren eine Verbesserung der Summen-VAS (sekundärer
Hauptparameter) und gab es hierbei Unterschiede zwischen den Zentren?
Im Bad Berkaer Patientenklientel konnte bis zum Zeitpunkt sechs Monate
postoperativ eine signifikante Verbesserung der Summen-VAS in der MAPN-Gruppe
erreicht werden. Beide Verfahren lieferten an beiden Studienorten eine
hochsignifikante Verbesserung der Schmerzsituation über den gesamten
Nachbeobachtungszeitraum.
4. Gab es kernspintomographisch erfassbare Einflussgrößen (tertiäre Outcome-
Parameter) auf die Summen-VAS und gab es messbare Unterschiede im
Zugangstrauma zwischen beiden Verfahren?
Der signifikant geringere Ödemwinkel bei der MAPN und die
Zwischenwirbelraumhöhe waren klare Einflussparameter auf die Summen-VAS.
Zudem zeigte sich eine signifikant geringere Größe des postoperativen Seroms bei
MAPN. Das Risiko zur intramuskulären Narbenbildung war bei der
mikrochirurgischen Technik 16,4–fach erhöht.
Vergleichsstudie 111
3.4.5. Grenzen der Studie Die Fallzahlabschätzung wurde für den primären Studienendpunkt, die Operationsdauer,
festgelegt. Daher mussten alle statistischen Aussagen, die sich auf sekundäre und tertiäre
Parameter bezogen, zurückhaltend bewertet werden. Um Aussagen zu klinischen
Ergebnissen wie Schmerzverläufe oder auch zu radiologischen Parametern im Vergleich
der zwei Therapiearme treffen zu können, sind weitaus größere Fallzahlen erforderlich.
Keine Berücksichtung fand der individuelle psychologische Faktor. Alle Patienten
mussten zur Teilnahme an der Studie einwilligen und wurden über das jeweilige
randomisierte Verfahren aufgeklärt. Das wiederum konnte unter Umständen eine
Stigmatisierung des Patienten mit Auswirkung auf die sekundären Outcome-Parameter
zur Folge gehabt haben.
Bei der Bewertung der radiologischen Parameter galt auch zu bedenken, dass die Intra-
Observer-Variabilität bei der Befundung nicht vollständig eliminiert werden konnte
[Gasperini 2001, Kornaat 2005]. Möglicherweise spielte dies eine Rolle bei der
Beurteilung der Kontrastmittelaufnahme der Nervenwurzel. Hier lagen die Zahlen in der
vorgestellten Studie deutlich unter denen in der Literatur.
Letztendlich, in gedanklicher Anlehnung an die Arbeit von MOSELEY (2002), bleibt
insgesamt fraglich, ob das jeweilige Verfahren überhaupt einen Einfluss auf das Outcome
hat. Hierzu würde nur eine ähnlich angelegte prospektive und randomisierte Studie,
allerdings mit einem zusätzlichen Placeboarm bei dem der Arbeitskanal nur in die
Muskulatur eingebracht werden würde und der Spinalkanal ungeöffnet blieb, bessere
Aussagen liefern. Allerdings stößt eine Studie dieser Art an die ethischen Grenzen.
Zusammenfassung 112
Zusammenfassung der Arbeit
Zusammenfassung 113
In dieser Zusammenfassung sollen die wichtigsten Aspekte der Arbeit zum besseren
Gesamtverständnis herausgearbeitet werden.
Ausgangspunkt der Überlegungen zur Reduktion des Zugangstraumas bei Eingriffen im
Bereich der dorsalen Wirbelsäulenabschnitte war die lumbale Bandscheibenoperation. Bei
einer Inzidenz von 87 Operationen pro 100.000 Einwohner pro Jahr [Kast 2000] kann von
jährlich rund 70.000 lumbalen Bandscheibenoperationen in Deutschland ausgegangen
werden. Diese hohe Zahl von operativen Eingriffen bezogen auf die Indikation des
lumbalen Bandscheibenvorfalls erfordert Verfahren, die einerseits zeiteffektiv und sicher
sind sowie andererseits auch die Möglichkeit einer raschen Rehabilitation des Patienten
bieten. Ein kleiner Schritt in diese Richtung sollte die Entwicklung der so genannten
„Mikroskopisch assistierten perkutanen Nukleotomie“ (MAPN) [Greiner-Perth 2002]
darstellen. Es galt, entsprechend den Forderungen der Deutschen Agentur für Health
Technology Assessment des Deutschen Institutes für Medizinische Dokumentation und
Information [Lühmann 2005] das Verfahren der mikroskopisch assistierten perkutanen
Nukleotomie mit dem heutzutage üblichen Standardverfahren, der mikrochirurgischen
Bandscheibenoperationstechnik zu vergleichen.
Die vorliegende Arbeit umfasst zwei Haupteile:
Im ersten Teil wurden klinische Vorstudien unter Anwendung des mikroskopisch
assistierten perkutanen Zugangsverfahrens unter verschiedenen Indikationsstellungen im
Bereich der dorsalen Wirbelsäulenabschnitte vorgestellt.
Der zweite Teil der Arbeit beinhaltet eine prospektive, randomisierte klinische und
kernspintomographische Vergleichsstudie zwischen der mikroskopisch assistierten
perkutanen Nukleotomie (MAPN) und der mikrochirurgischen Technik zur operativen
Behandlung des lumbalen Bandscheibenvorfalls.
Klinische Vorstudien Nach der ersten dokumentierten Operation eines lumbalen Bandscheibenvorfalls durch
HEINRICH OPPENHEIM und FEDOR KRAUSE am 23.12.1908 und der Publikation
eines einheitlichen Krankheits- und Therapiekonzeptes durch MIXTER und BARR 1934
erlebte die lumbale Bandscheibenchirurgie einen massiven Aufschwung. Die
konventionell offenen Operationsverfahren [Williams 1978] wurden nach Einführung des
Operationsmikroskopes durch die so genannte mikrochirurgische Technik [Yasargil und
Caspar 1977] abgelöst. Die mikrochirurgische Operationstechnik gilt heute als
„Goldstandard“ (siehe auch Abschnitt 1.2.).
Zusammenfassung 114
Der Gedanke von der Minimierung des operativen Zugangstraumas zog sich wie ein roter
Faden durch die Geschichte der Bandscheibenchirurgie. So erbrachten die
endoskopischen transdiskalen Verfahren [Onik und Hijikata 1975] sowie die
endoskopischen Verfahren über einen Mittellinienzugang mit direkter Darstellung des
Spinalkanales [Destandeau 1999 und Foley 1997] eine deutliche Reduktion des
muskulären Zugangstraumas [Muramatsu 2001]. Nachteilig erwies sich die
zweidimensionale Visualisation des Operationsgebietes. Daher lag der Schluss nahe, die
Vorteile der endoskopischen Verfahren im Hinblick auf das geringere muskuläre Trauma
mit dem Vorteil der dreidimensionalen Darstellungsweise unter dem
Operationsmikroskop zu kombinieren. Im Ergebnis der Entwicklung stand die so
genannte „Mikroskopisch assistierte perkutane Zugangstechnik“[Greiner-Perth 2002]. Bei
diesem Verfahren wird über einen 15 mm langen Hautschnitt die paraspinale Muskulatur
sanft aufgedehnt bis ein Arbeitkanal eingebracht werden kann. Alle weiteren Schritte
fanden unter dem Operationsmikroskop statt und entsprachen im Wesentlichen denen der
mikrochirurgischen Nukleotomie. Im Gegensatz zum mikrochirurgischen Vorgehen
wurde bei der MAPN-Technik die paraspinale Muskulatur nicht subperiostal von den
Dornfortsätzen und Wirbelbögen abgelöst, sondern nur sanft auseinander gedehnt. Davon
war eine Reduktion des muskulären Zugangstraumas zu erwarten. Das Zugangsprinzip
der transmuskulären Dilatation wurde auch bei anderen Indikationen im Bereich der
dorsalen Wirbelsäule verwandt (siehe unten). Hauptindikation ist und bleibt die operative
Behandlung des lumbalen Bandscheibenvorfalls.
Eine retrospektive Pilotstudie unter Verwendung dieser Zugangstechnik [Greiner-Perth
2002] konnte zeigen, dass die Ergebnisse hinsichtlich der klinischen Resultate, der
Nachoperationsrate, der postoperativen Verweildauer und der Wiederaufnahme der
beruflichen Tätigkeit mit denen der mikrochirurgischen Bandscheibenoperation
vergleichbar waren. Nur die Operationsdauer der ersten 43 Patienten operiert in der
MAPN-Technik lag mit neun Minuten über dem in der Literatur angegeben Durchschnitt
von 60 Minuten bei der mikrochirurgischen Technik [Goffin 1994].
Bis Februar 2001 wurden in Bad Berka insgesamt 299 MAPN durchgeführt. Hiervon
mussten 22 Patienten (7,4 %) innerhalb eines Mindestnachbeobachtungszeitraumes von
2,5 Jahren wegen Segmentinstabilitäten und Rezidiven nachoperierte werden. Von diesen
22 Patienten wurden sechs fusioniert und sechs in mikrochirurgischer Technik und 10
mittels MAPN-Technik nachoperiert. Es gab in diesem Gesamtkollektiv bisher keine
gravierenden Komplikationen wie iatrogene Spondylodiszitiden, ventrale
Zusammenfassung 115
Gefäßverletzungen, Wundinfektionen und Liquorrhoen. Mit zunehmender Erfahrung
verringerte sich auch die Operationszeit erheblich.
Wie bereits beschrieben, wurden nach den guten Erfahrungen unter Zugrundelegung der
mikroskopisch assistierten perkutanen Zugangstechnik die Indikationen schrittweise
erweitert [Greiner-Perth 2005].
Bei intraforaminalen (lateralen) Bandscheibenvorfällen (siehe auch Abschnitt 2.2.1.)
bot die dort beschriebene Zugangtechnik [Greiner-Perth 2003] erhebliche Vorteile
gegenüber der konventionellen Technik nach WILTSE (1988), bei der die paraspinale
Muskulatur flächig von Wirbelbögen und -gelenken abgelöst werden musste. Der
Standardmittellinienzugang zum lateralen Bandscheibenvorfall implizierte in den meisten
Serien eine partielle Laminektomie sowie eine mediale Facettektomie. Alternativ hierzu
konnten bei der im genannten Abschnitt beschriebenen mikroskopisch assistierten
perkutanen Zugangstechnik sowohl die Wirbelbögen und –gelenke als auch die
paraspinale Muskulatur geschont werden. In einer Studie mit 15 Patienten ließ sich
zeigen, dass unter Anwendung dieser neuen Zugangstechnik gute klinische Resultate
erzielt werden konnten. Die mittlere Operationsdauer betrug 43 Minuten. Direkte
Vergleichszahlen waren in der Literatur nicht zu finden. Alle klinischen Parameter, wie
VAS für Rücken- und Beinschmerz sowie der Oswestry-Index konnten im
Nachbeobachtungszeitraum hochsignifikant verbessert werden. Es gab weder
intraoperative noch postoperative Komplikationen. Ein Revisionseingriff in gleicher
Technik durchgeführt, war auf Grund eines Rezidives erforderlich.
Ein erhebliches Problem hinsichtlich des Patientenalters und der damit verknüpften
Komorbiditäten stellten die sekundären Lumbalkanalstenosen dar (siehe auch Abschnitt
2.2.2.). Die klassische Dekompression beinhaltete eine weite Resektion der Lamina, des
Processus spinosus und der interspinösen Ligamente sowie Teile der Facettengelenke
[Heron 1989, Wiltse 1976]. In einer prospektiven Studie [Greiner-Perth 2004] wurden 38
Patienten mit degenerativen Lumbalstenosen mit einem Altersdurchschnitt von
73,2 Jahren über eine weniger invasive Zugangstechnik in Form der so genannten
„mikroskopisch assistierten perkutanen Dekompression“ (MAPD) operativ versorgt.
Ausschlusskriterien waren Instabilitäten wie degenerative Olisthesen oder Deformitäten
wie degenerative Lumbalskoliosen. Alle Studienparameter wie die VAS und der Oxford
Claudication Score konnten innerhalb des mittleren Nachbeobachtungszeitraumes von
32 Monaten hochsignifikant gegenüber der Ausgangssituation verbessert werden. Als
intraoperative Komplikationen traten zwei Duraverletzungen (5,2 %) auf. Zwei Patienten
Zusammenfassung 116
(5,2 %) mussten sich aufgrund einer Nachblutung bzw. einer Residualstenose einer
Zweitoperation unterziehen. Im Regelfall wurden die Patienten noch am Operationstag
mobilisiert. Die postoperative Verweildauer betrug vier Tage. Da bei den operativen
Eingriffen die so genannte „undercutting“-Technik angewandt wurde, blieben die operativ
bedingten Einflüsse auf die segmentale Stabilität gering, was sich auch in den
postoperativen Verläufen widerspiegelt. Insbesondere im Hinblick auf das hohe
Patientenalter und der Komorbidität war eine rasche Mobilisation der Patienten
erforderlich. Nicht zuletzt unter diesem Aspekt stellt die mikroskopisch assistierte
perkutane Dekompression eine mögliche, weniger invasive Alternative bei der operativen
Behandlung von sekundären Lumbalkanalstenosen dar.
Bis zum jetzigen Zeitpunkt fanden sich nur drei Berichte über die operative Behandlung
von Lumbalkanalstenosen mit vergleichbar geringer Invasivität in der Literatur [Palmer
2002, Khoo 2002 und Greiner-Perth 2004]. Alle drei genannten Studien wiesen Mängel
hinsichtlich der eingeschlossenen Patientenzahl, des zu kurzen Nachbeobachtungszeit-
raumes und der fehlenden Kontrollgruppen auf, so dass die Aussagekraft relativiert
werden musste.
Ein weiteres Anwendungsgebiet der mikroskopisch assistierten perkutanen
Zugangstechnik im Bereich der Lendenwirbelsäule war die Exstirpation von
symptomatischen Synovialzysten (siehe auch Abschnitt 2.2.4.). Von klinischer Relevanz
waren im Wesentlichen die anterior gelegenen Zysten, die zu einer Kompression der
neuralen Strukturen führen können [Delank 2004, Franke 2002, Houten 2003, Lyons
2000, Pirotte 2003, Sauvage 2000]. Bei einem akuten Eintreten einer radikulären
Symptomatik konnte in diesem Zusammenhang von einer Einblutung in die Zyste
ausgegangen werden [Tillich 2001]. In einer Studie, welche 11 Patienten umfasste,
wurden die kernspintomographisch oder mittels Myelographie mit nachfolgendem
Postmyelo-CT gesicherten intraspinalen Zysten unter Anwendung der mikroskopisch
assistierten perkutanen Zugangstechnik entfernt. Ausschlusskriterien waren
nachgewiesene Instabilitäten wie degenerative Olisthesen. Die Operationsdauer betrug
durchschnittlich 42 Minuten, vergleichbar der bei lumbalen Bandscheibenvorfällen. Der
minimale Nachbeobachtungszeitraum betrug 12 Monate. Innerhalb des
Nachbeobachtungszeitraumes waren keine Nachoperationen erforderlich. Die klinische
Symptomatik konnte in allen Fällen gebessert werden. Sieben Patienten waren
hinsichtlich der radikulären Symptomatik komplett beschwerdefrei.
Zusammenfassung 117
Auch im Bereich der Halswirbelsäule gab es pathologische Verhältnisse durch
degenerative Segmentveränderungen bedingt, welche zu einer vorwiegend dorsalen
Einengung der neuralen Strukturen führten (siehe auch Abschnitt 2.2.3.).
Foramenstenosen oder zentrale, ligamentär verursachte Kompressionen führten zu
zervikalen Radikulopathien und Myelopathien. Eine neue minimalinvasive
Zugangstechnik im Bereich der posterioren Halswirbelsäule wurde von BOEHM und
GREINER-PERTH (2003) beschrieben. In dieser 13 Patienten umfassenden Studie
konnte gezeigt werden, dass unter Anwendung der mikroskopisch assistierten perkutanen
Zugangstechnik gute Resultate bei der posterioren zervikalen Dekompression erreicht
werden können. Je nach Lokalisation der Pathologie kam die Technik der intervertebralen
Foraminotomie oder die interlaminäre Dekompression zur Anwendung. Nach bestem
Wissen wurde in der oben genannten Arbeit das Verfahren der interlaminären
Dekompression in minimalinvasiver Technik erstmals in der Literatur beschrieben.
Ein weiterer neuer Aspekt unter Einbeziehung der mikroskopisch assistierten perkutanen
Zugangstechnik waren Spondylitiden mit ausgedehnter epiduraler Abszedierung (siehe
auch Abschnitt 2.2.5.). Unstrittig war die Herdsanierung, welche zumeist in Form eines
ausgiebigen ventralen Debridements der betroffenen Bandscheibe mit nachfolgender
Fusion erfolgte [Hadjipavlou 2000, Hopf 1998, Klockner 2003, Krodel 1991, Schinkel
2003]. Bezüglich begleitender ausgedehnter epiduraler Abszesse (definiert als mehr als
sechs Wirbelkörperhöhen überschreitend) in Kombination mit einer Spondylodiszitis gab
es in der Literatur keine klaren Behandlungskonzepte. An fünf Patienten konnte gezeigt
werden, dass die Herdsanierung in der oben beschriebenen Form mit zusätzlicher
Entlastung des epiduralen Abszesses in minimalinvasiver Technik Erfolg versprechend
war. Hierbei wurde der Spinalkanal in ein oder zwei Segmenten, je nach Ausdehnung des
Epiduralabszesses, über einen mikroskopisch assistierten perkutanen Zugang eröffnet und
der Abszess unter Verwendung eines Silikonkatheters herausgespült. So konnte einerseits
eine suffiziente Abszessentlastung erreicht werden und andererseits das zusätzliche
muskuläre Trauma begrenzt werden.
Prospektive, randomisierte klinische und kernspintomographische
Vergleichstudie Klinische und operative Ergebnisse
Im Ergebnis der Vorstudie war die mittlere Operationsdauer bei der MAPN mit neun
Minuten eine deutlich längere als bei der mikrochirurgischen Nukleotomie. Zwar hatte
Zusammenfassung 118
sich mit fortschreitender Erfahrung der Zeitbedarf verringert aber der Beweis mit dieser
neuen Technik einen Operationszeitgewinn gegenüber der mikrochirurgischen
Nukleotomie erzielen zu können, war noch nicht erbracht. Ein alternatives
Operationsverfahren kann sich nur dann bewähren, wenn es bei vergleichbaren klinischen
Ergebnissen operationstechnische Vorteile bietet. Ein solcher Vorteil wäre eine verkürzte
Operationsdauer.
Eine weitere Überlegung bei der Suche nach einem geeigneten primären
Studienparameter ergab sich aus der Arbeit von MOSELEY (2002). Offenbar bieten
klinische Schmerz- und ADL-Scores nur eine unzureichende Sicherheit zur Beurteilung
eines operativen Verfahrens. Insofern wären objektive, von der Patientenbewertung
unabhängige Parameter, besser geeignet. Unter Einbeziehung der vorangegangenen
Überlegungen wurde als primärer Studienparameter die Operationsdauer festgelegt.
Im Zeitraum September 2002 bis Mai 2004 wurden insgesamt 100 Patienten (50 in
Magdeburg und 50 in Bad Berka) an einem lumbalen Bandscheibenvorfall operiert.
Durch die Randomisierung sollte gesichert werden, dass es keine Unterschiede in der
Ausgangssituation bezüglich Patientenalter, Anamnesedauer und Schmerzsituation
(OSW, VAS Bein und VAS Rücken) zwischen beiden Gruppen und in beiden
Einrichtungen gab. Hieraus resultierte auch, dass insgesamt 52 Patienten in MAPN-
Technik und 48 Patienten in der mikrochirurgischen Technik operiert wurden. Insgesamt
zehn Patienten schieden innerhalb des Nachbeobachtungszeitraumes aus der Studie aus
(siehe auch Abschnitt 3.3.). Der Altersdurchschnitt im Gesamtkollektiv betrug 44 Jahre.
Die Geschlechtsverteilung war 60 Männer zu 40 Frauen. Die mittlere präoperative Dauer
der Arbeitsunfähigkeit lag bei 5,2 Wochen. Es zeigte sich ein deutlicher Unterschied
hinsichtlich der Dauer der Rückenschmerzanamnese mit durchschnittlich 220 Wochen
gegenüber der Anamnesedauer der Beinschmerzsymptomatik mit 15,6 Wochen. Wie nicht
anders zu erwarten, waren die unteren Segmente der LWS mit insgesamt 93 % präsent.
An Hand der Operationsberichte betrug der Anteil der freien Bandscheibensequester
(Grad 5 nach Krämer) 45 % gegenüber 55 % von subligamentären Bandscheibenvorfällen
bzw. Sequestern (Grad 3 -5 nach Krämer, siehe Abschnitt 3.2.1.).
Bei der Beurteilung der Operationszeit ergab die ANOVA eine starke Ort-Verfahren-
Interaktion. Aus diesem Grund wurde in der weiteren Auswertung eine Trennung der
Ergebnisse zwischen Bad Berka und Magdeburg vorgenommen. So zeigte sich in Bad
Berka eine hochsignifikant kürzere Operationsdauer bei MAPN (33,3 Min.) gegenüber
57,8 Min. bei MC. In Magdeburg war kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen
Zusammenfassung 119
den Operationszeiten bei MAPN und mikrochirurgischer Technik erkennbar. Der zeitliche
Unterschied bei MAPN in Bad Berka und bei MAPN in Magdeburg betrug 17 Minuten.
Die mittlere Operationsdauer bei der mikrochirurgischen Technik wurde in einer größeren
Studie von GOFFIN (1994) mit 60 Minuten angegeben. MURAMATSU (2001) und
FOUNTAS (2004) berichteten über eine mittlere Operationsdauer unter Benutzung der
gleichen Technik von 73,4 bzw. 70,8 Minuten. Bei der konventionell offenen Technik gab
NAKAGAWA (2003) 79 Minuten an. Bei endoskopisch unterstützten Verfahren mit
direkter Visualisation des Spinalkanales bewegten sich die in der Literatur verfügbaren
Angaben zur Operationsdauer zwischen 60 Minuten [Brayda-Bruno 2000], 97 Minuten
[Perez-Cruet 2002], 105,7 Minuten [Muramatsu 2001] und 136 Minuten [Huang 2001].
Damit lag die durchschnittliche Gesamtoperationsdauer (zusammengesetzt aus MAPN
Bad Berka 33,3 Min., MAPN Magdeburg 50,3 Min., MC Bad Berka 57,8 Min. und MC
Magdeburg 54,7 Min.) von 49 Minuten in dieser vorgestellten Studie deutlich unter den
Werten aus der Literatur.
Da die Arbeitschritte nach Eröffnung des Spinalkanals bei beiden Verfahren identisch
waren, musste die Ursache für die kürzeren Operationszeiten bei MAPN in der Dauer des
operativen Zuganges und/oder des Wundverschlusses liegen. In Bezug auf den
Wundverschluss konnten sowohl im Magdeburger als auch im Bad Berkaer Kollektiv
hochsignifikant kürzere Zeiten bei der MAPN gegenüber der mikrochirurgisch operierten
Gruppe ermittelt werden. Statistisch hochsignifikant kürzer waren die Zeiten für den
operativen Zugang bei MAPN aber lediglich in Bad Berka.
Die im Vergleich zu Bad Berka (33 Min.) längeren Operationszeiten in Magdeburg
(50 Min.) bei der MAPN-Technik sind der Lernkurve zu schulden. Ein
Operationszeitgewinn über die 50 Patienten hinweg ließ sich in Magdeburg nicht
nachweisen. Bis zum Beginn der Studie waren in Magdeburg lediglich 10 Patienten in
dieser Technik operiert worden, während es in Bad Berka zu diesem Zeitpunkt schon über
300 waren. Die mittlere Operationsdauer der im Zeitraum vom 01.01.2006 bis zum
31.12.2006 in Magdeburg mit MAPN operierten Patienten lag nunmehr auch bei 35
Minuten. Dieser Einfluss der Lernkurve wurde bei der Planung der Studie völlig
unterschätzt. Nach den heutigen Erfahrungen kann davon ausgegangen werden, dass
mindestens eine Größenordnung von 200 Operationen erforderlich ist, um einen
statistisch klaren Operationszeitgewinn unter der MAPN-Technik zu erzielen.
Im Hinblick auf den intraoperativen Blutverlust konnten auch nur im Bad Berkaer
MAPN-Kollektiv signifikant bessere Ergebnisse erzielt werden. Diese Ergebnisse waren
Zusammenfassung 120
konkordant zu denen von MURAMATSU (2001). Der geringere Blutverlust bei
Techniken unter Verwendung von Arbeitkanälen war damit erklärbar, dass es praktisch
keine Blutungen aus dem muskulären Zugangsbereich gab, was wiederum das Arbeiten
unter dem Operationsmikroskop erleichterte. Insgesamt jedoch war der Blutverlust
hinsichtlich der geringen Mengen zu vernachlässigen.
An intraoperativen Komplikationen mussten insgesamt fünf Duraverletzungen (5 %)
erwähnt werden. Diese verteilten sich nahezu gleichermaßen auf beide Gruppen (zwei bei
MAPN, drei bei MC). Insgesamt mussten im Nachbeobachtungszeitraum sieben
Revisionseingriffe (7 %) vorgenommen werden. Davon waren fünf auf ein echtes Rezidiv
(gleiche Seite, gleiche Höhe) nach einem beschwerdefreien Intervall zurückzuführen.
Diese fünf Patienten (vier aus der MC-Gruppe, einer aus der MAPN-Gruppe) wurden in
der gleichen Technik nachoperiert. Bei den verbleibenden zwei Patienten (ein Patient mit
MAPN und ein Patient mikrochirurgisch voroperiert) trat im postoperativen Verlauf eine
segmentale Instabilität aufgrund der fortschreitenden Bandscheibendegenration in den
Vordergrund. Ein Patient wurde arthroplastisch versorgt, der andere fusioniert. Insgesamt
wurden damit aus dem MAPN-Kollektiv zwei Patienten und aus dem mikrochirurgischen
Patientenklientel fünf Patienten nachoperiert. Aufgrund der beschränkten Patientenzahl
lassen sich hieraus jedoch keine Rückschlüsse über die Sicherheit der angewandten
Verfahren ziehen.
Insbesondere sei erwähnt, dass keine iatrogen bedingten Komplikationen wie Liquorrhoen
oder Spondylodiszitiden auftraten.
82 % der Patienten wiesen sensible Defizite auf. Dies entsprach in etwa den
Literaturangaben von 81 % [Yorimitsu 2001]. Bei 68 % der Patienten waren diese am
Ende des Nachbeobachtungszeitraumes nicht mehr nachweisbar. 18 % der Patienten
stuften die sensiblen Ausfälle mit „gebessert“ und 14 % mit „unverändert“ ein. In Bezug
auf die bei 42 Patienten präoperativ festgestellten motorischen Ausfälle (siehe auch
Abschnitt 3.3.2.4.) fand sich bei 83 % der Patienten eine komplette Rückbildung. In
keinem Fall kam es zu einer Verschlechterung der neurologischen Ausgangssituation bis
zum Ende der Nachbeobachtung. Zwischen beiden Gruppen konnten erwartungsgemäß
diesbezüglich keine relevanten Unterschiede gefunden werden.
Zur Beurteilung der Schmerzproblematik im Hinblick auf die Anamnesedauer wurde
präoperativ eine Unterteilung der VAS nach Rücken- und Beinschmerz vorgenommen
und dann zur Summen-VAS (sekundärer Hauptstudienparameter) als Maß für die
individuelle Gesamtschmerzbelastung zusammengeführt. In der ANOVA zeigte sich
Zusammenfassung 121
sowohl in Magdeburg als auch in Bad Berka ein starker Haupteffekt der Zeit (F-Wert
Magdeburg 87,5 und F-Wert Bad Berka 76,7). Dies bedeutet, dass in beiden Studienorten
mit beiden Verfahren eine hochsignifikante Verbesserung im postoperativen Verlauf
gegenüber der präoperativen Ausgangssituation erreicht werden konnte. Während in
Magdeburg zu keinem Zeitpunkt ein signifikanter Gruppenunterschied nachweisbar war,
profitierten die MAPN-Patienten in Bad Berka bis zum Zeitpunkt sechs Monate
postoperativ von einer hochsignifikant geringeren Gesamtschmerzbelastung. Dieser Fakt
war möglicherweise durch die kürzere Operationsdauer in Bad Berka erklärbar.
Ebenso wie bei der Summen-VAS konnte an beiden Studienorten mit beiden Verfahren
eine sich über den gesamten Nachbeobachtungszeitraum erstreckende hochsignifikante
Besserung des Oswestry-Scores gegenüber dem Ausgangswert erreicht werden (ANOVA
mit Haupteffekt der Zeit). Die Post hoc-Tests erbrachten keine signifikanten
Gruppenunterschiede an beiden Orten.
In der frühen postoperativen Phase (bis 48 Stunden) wies die mikrochirurgisch operierte
Gruppe in Bad Berka einen hochsignifikant erhöhten zusätzlichen Analgetikabedarf auf.
Dieser Fakt ließe sich mit der längeren Operationszeit (57,8 Min.) in dieser Gruppe
erklären.
Zur Ein-Jahres-Nachkontrolle benötigten 79 % der Patienten „kein“, 13 % „weniger“ und
8 % „mehr“ bzw. die „gleiche“ Menge Analgetika. Diesbezüglich konnten allerdings
keine relevanten Gruppenunterschiede festgestellt werden.
Im Bad Berkaer Kollektiv konnte eine im Literaturvergleich (siehe Abschnitt 3.4.2.)
unterdurchschnittliche Verweildauer von 3,8 Tagen erreicht werden. Dies war im
Vergleich zur mikrochirurgischen Gruppe signifikant kürzer. Eine ebenfalls signifikant
(p<0,005) kürzere postoperative Verweildauer fand MURAMATSU (2001) bei einem
Patientenkollektiv, operiert mit einem endoskopischen Verfahren mit direkter
Visualisation des Spinalkanals (MED) im Vergleich zur mikrochirurgischen Technik.
In dem beschriebenen Studienkollektiv betrug im Vergleich die Arbeitsunfähigkeitsdauer
maximal 14 Wochen. Alle präoperativ berufstätigen Patienten nahmen in diesem
Zeitraum ihre Tätigkeit wieder auf.
Kernspintomographische Ergebnisse
Es gab in der Literatur keine prospektiv randomisierten Studien in denen
kernspintomographisch Operationsverfahren bei lumbalen Bandscheibenvorfällen
verglichen wurden. Im Rahmen von begleitenden kernspintomographischen
Untersuchungen sollte einerseits versucht werden, morphologisch erfassbare
Zusammenfassung 122
Einflussfaktoren (tertiäre Outcome-Parameter) auf die Summen-VAS (sekundärer
Hauptparameter) zu finden und andererseits das chirurgische Zugangstrauma bei der
operativen Behandlung von lumbalen Bandscheibenvorfällen zu quantifizieren. Hierfür
wurden bei den fünfzig im Rahmen der klinischen Vergleichsstudie in Bad Berka
operierten Patienten (25 Patienten mit mikroskopisch assistierter perkutaner Nukleotomie
und 25 Patienten mit mikrochirurgischer Nukleotomie) unmittelbar präoperativ, innerhalb
der ersten 24 - 48 Stunden postoperativ und nach sechs Monaten eine
Kernspintomographie mit Gadolinium durchgeführt. Die unmittelbar postoperative
kernspintomographische Untersuchung diente der Evaluierung des direkten operativen
Traumas, während die Abschlussuntersuchung sechs Monate postoperativ Aufschluss
über die periradikuläre und intramuskuläre Narbenbildung bringen sollte.
Über die Operationsmethode wurde per Randomisierung entschieden (siehe auch
Abschnitt 3.2.2.). Die Auswertung der Kernspintomographien erfolgte durch einen
unabhängigen Radiologen. Als Parameter im frühen postoperativen MRT wurden die
Höhe des Bandscheibenfaches, der Grad der Wurzelkompression mit Beurteilung eines
möglichen Rest- bzw. Rezidivbandscheibenvorfalls, die Ausdehnung des Ödems und die
Seromgröße in der paraspinalen Muskulatur sowie die Kontrastmittelaufnahme der
Nervenwurzel erfasst. Nach sechs Monaten fanden die Höhe des Bandscheibenfaches, ein
Rest- oder Rezidivbandscheibenvorfall, die epidurale und intramuskuläre Narbenbildung
sowie die Kontrastmittelaufnahme der Nervenwurzel als Parameter Eingang in diese
Studie.
Die ANOVA ergab eine starke Zeit-Bandscheibenfachhöhen-Interaktion. Die Post hoc-
Tests zeigten eine signifikante, methodenunabhängige Zunahme der
Zwischenwirbelraumhöhe zum frühpostoperativen Zeitpunkt und eine signifikante
Verringerung der Höhe unter den präoperativen Ausgangswert sechs Monate
postoperativ. Die vom operierten Bandscheibenfach aus kranial gelegene Bandscheibe
wurde ebenfalls ausgemessen. Auch hier zeigte sich zum frühen postoperativen Zeitpunkt
eine signifikante Zunahme der Höhe aber eine unveränderte Höhe zur Ausgangssituation
nach sechs Monaten. Die frühpostoperative Zunahme der Höhe des
Zwischenwirbelraumes war mit der perioperativen Immobilisation erklärbar. Durch die
durchschnittliche Entfernung von 1,4 g Bandscheibengewebe zuzüglich der
fortschreitenden Bandscheibendegeneration war die Abnahme der Höhe unter den
Ausgangswert zu erklären. Die Höhe des Zwischenwirbelraumes verhielt sich umgekehrt
proportional zur Summen-VAS. Eine Abnahme der Zwischenwirbelraumhöhe führte zu
Zusammenfassung 123
einer vermehrten Schmerzbelastung. Insofern deckten sich unsere Ergebnisse mit den
Erfahrungen aus der Literatur [van Roy 2001].
Dass die Größe des intramuskulären Ödems Einfluss auf die Gesamtschmerzbelastung
hatte, erklärte sich aus den Mechanismen der Genese des traumatisch bedingten
Rückenschmerzes (siehe Abschnitt 1.3.).
Die Post hoc-Testungen ergaben ein hochsignifikant geringeres intramuskuläres Ödem
und Serom in den paraspinalen Weichteilen in der MAPN-Gruppe. Trotzdem musste
nochmals klargestellt werden, dass die kernspintomographisch erfasste, hochsignifikant
geringere Größe des Serom im operativen Zugangsbereich bei der MAPN-Technik keinen
statistisch nachweisbaren Einfluss auf die postoperative Schmerzsituation hatte.
Bei der Auswertung der frühen postoperativen Kernspintomographien wurde ein weiteres
Problem offenbar. Zahlreiche Befunde wurden als Restbandscheibenvorfall interpretiert
und standen nicht im Zusammenhang mit der klinischen Symptomatik. In den meisten
Fällen waren diese als Restbandscheibenvorfälle beurteilten Befunde in der
Kontrolluntersuchung sechs Monate postoperativ nicht mehr nachweisbar. Deshalb muss
davon ausgegangen werden, dass Granulationsgewebe und tatsächliche Rest- bzw.
Rezidivbandscheibenvorfälle trotz Applikation von Kontrastmittel in der frühen
postoperativen Phase nicht sicher unterschieden werden konnten.
Anhand des Verlaufes des Grades der Wurzelkompression konnte einerseits
dokumentierte werden, dass beide Verfahren eine signifikante Dekompression der
Nervenwurzel erzielten und dass andererseits keine Unterschiede zwischen beiden
Techniken bestanden.
Die abschließende Kernspintomographieuntersuchung zum Zeitpunkt sechs Monate
postoperativ sollte vorrangig die Entwicklung der Narbensituation in Abhängigkeit vom
jeweiligen Operationsverfahren beschreiben. Dabei wurde differenziert zwischen der
Narbe im paraspinalen Muskelgewebe und der epiduralen Vernarbung. Die Ermittlung der
Narbensituation wurde semiquantitativ vorgenommen (siehe Abschnitt 3.2.6.3.). Bei der
intraspinalen, epiduralen Narbenbildung gab es keine statistisch relevanten Unterschiede,
was auch nicht zu erwarten war, da die Arbeitsschritte während der Operation nach
Eröffnung des Spinalkanales bei beiden Operationsverfahren identisch waren.
Die Post hoc-Testung zeigte, dass die intramuskuläre Narbenbildung bei Eingriffen nach
MAPN signifikant geringer war. Die ODDS-Ratio ergab ein 16,4 – fach höheres Risiko
zur intramuskulären Narbenbildung bei der mikrochirurgischen Nukleotomie. Durch die
schrittweise multiple lineare Regression konnte allerdings zum Zeitpunkt sechs Monate
Zusammenfassung 124
postoperativ kein signifikanter Einflussfaktor auf die Summen-VAS als Zielgröße
ermittelt werden. Es war zu vermuten, dass es noch andere Faktoren geben musste, die
unbekannt waren und demzufolge auch nicht kernspintomographisch erfasst wurden.
Nach sechs Monaten war der intramuskuläre operative Zugangsweg bei 10
mikrochirurgisch operierten Patienten, jedoch nur bei einem Patienten nach MAPN noch
erkennbar.
Es konnte im Rahmen der Kernspintomographiestudie festgestellt werden, dass eine
relevante Anzahl von Patienten (42 %) eine präoperative, radikuläre
Kontrastmittelaufnahme zeigte. Dies deckte sich auch mit den Literaturangaben [Grane
1998]. Es gelang keine statistische Korrelation zwischen radikulärer
Kontrastmittelaufnahme und Anamnesedauer sowie der Summen-VAS. Die
Kontrastmittelaufnahme der Nervenwurzel war ein sichtbares morphologisches Korrelat
einer duralen Schrankenstörung.
Über die schrittweise multiple lineare Regression konnten die Höhe des
Zwischenwirbelraumes und der Ödemwinkel in der paraspinalen Muskulatur als
signifikante Einflussfaktoren auf die Summen-VAS zum frühpostoperativen Zeitpunkt
ermittelt werden. Je kleiner die Zwischenwirbelraumhöhe desto größer war die Summen-
VAS. Umgekehrt verhielt sich der Ödemwinkel.
Grenzen der Arbeit
Die Fallzahl, bestimmt für den primären Outcome-Parameter, war für Aussagen zu
klinischen Ergebnissen zu gering. Diese mussten daher mit Zurückhaltung bewertet
werden. Da die Patienten präoperativ über das, für sie ausgewählte Verfahren aufgeklärt
wurden, bestand die Möglichkeit einer Stigmatisierung im Sinne eines Bias, der Einfluss
auf die sekundären Outcome-Parameter hatte.
Eine Intra-Observer-Variabilität [Gasperini 2001, Kornaat 2005] bei der kernspintomo-
graphischen Studie konnte nicht vollständig eliminierte werden.
Spätestens seit der Publikation von MOSELEY (2002) ist fraglich, ob das jeweilige
Verfahren überhaupt einen Einfluss auf das Outcome hat. Hierzu würde nur eine ähnlich
angelegte prospektive und randomisierte Studie, allerdings mit einem zusätzlichen
Placeboarm bei dem der Arbeitskanal nur in die Muskulatur eingebracht werden würde
und der Spinalkanal ungeöffnet blieb, bessere Aussagen liefern. Allerdings stößt eine so
geartete Studie an die ethischen Grenzen.
Zusammenfassung 125
Fazit der Arbeit Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit steht das mikroskopisch assistierte perkutane
Zugangsverfahren bzw. die mikroskopisch assistierte perkutane Nukleotomie. Neben
Anwendungen bei verschiedenen Indikationen im Bereich der dorsalen
Wirbelsäulenabschnitte bleibt die operative Behandlung des lumbalen
Bandscheibenvorfalls Hauptindikation für diese Verfahren. Zur Evaluierung der Methode
gegenüber der mikrochirurgischen Operationstechnik musste eine Vergleichsstudie
erfolgen. Es konnte unter Beantwortung der Eingangs gestellten Fragen gezeigt werden,
dass:
1. die erheblich kürzeren Operationszeiten (primärer Outcome-Parameter) bei
der MAPN in Bad Berka Ergebnis einer entsprechenden Lernkurve sind und
sich im kürzeren Zeitbedarf für den operativen Zugang und dem
Wundverschluss begründen.
2. dieser Operationszeitgewinn nicht ohne weiteres exportierbar ist und dass
hierfür größere Fallzahlen erforderlich sind.
3. die geringere Gesamtschmerzbelastung (wichtigster sekundärer Parameter)
nach MAPN in Bad Berka im Verlauf bis sechs Monate postoperativ auf die
kürzere Operationsdauer zurückzuführen ist.
4. die Ergebnisse, auch im Literaturvergleich, in Bezug auf die neurologischen
Ausfälle, die ADL, die Reoperations- und Komplikationsrate und die
Arbeitsunfähigkeitsdauer zwischen beiden Verfahren vergleichbar waren.
5. die Ausdehnung des intramuskulären Ödems und die Höhe des
Zwischenwirbelraumes einen signifikanten Einfluss auf die
Gesamtschmerzbelastung haben.
6. kernspintomographisch identische „intraspinale Resultate“ im Hinblick auf
die chirurgische Entlastung der neuralen Strukturen erzielt werden konnten.
7. die MAPN-Technik ein geringeres Trauma in den dorsalen Weichteilen
hinterlässt.
Wie bereits erwähnt, wurde das entsprechende Instrumentarium (so genanntes MAPN-Set) in
Zusammenarbeit mit der Firma Medicon entwickelt. In den letzten Jahren fand die Technik eine
zunehmende Verbreitung. Bis heute wird sie in mehr als fünfzig Einrichtungen, auch im Ausland
wie China, Thailand, Italien, Portugal, Ungarn, Belgien, Österreich und Holland erfolgreich
angewendet, offenbar ein Export auf rein empirischer Basis.
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Danksagung
Es gibt zwei Dinge, die diese Arbeit überhaupt ermöglicht haben. Zum einen ist es die
fachliche Unterstützung, die ich in erster Linie durch meinen ehemaligen Chef Herrn Dr.
Heinrich Böhm (Chefarzt der Klinik für Orthopädie, Wirbelsäulenchirurgie und
Querschnittgelähmte der Zentralklinik Bad Berka) und durch Herrn Prof. Neumann
(Ordinarius für Orthopädie an der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg) erfuhr.
Zum anderen wäre die Erstellung dieser Arbeit nicht ohne das Wohlwollen und Verständnis
meiner Familie möglich gewesen. Aus diesem Grund möchte ich nicht zuletzt meiner Frau
Annekathrin für ihre tatkräftige Unterstützung bei der Erstellung des Manuskripts danken.
Was wäre eine wissenschaftliche Arbeit ohne eine solide Statistik? Daher gilt mein
besonderer Dank Herrn Prof. Awiszus und Herrn Dr. Röhl.