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Seminar: Neurokognition von Hören und SpracheBetreuer: Dr. rer. nat. Martin MeyerReferent: Luca Terribilini
Sprach- und Sprechstörungen
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Aufbau
1. Übersicht Sprach- und Sprechstörungen
2. Aphasien1. Definition
2. Ätiologie
3. Symptomatik
4. Klassifikation
5. Quiz
6. Verlauf
7. Funktionelle Rückbildung
8. Therapie
3. Dronkers-Hillis-Debatte
4. Thesen
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Aufbau
1. Übersicht Sprach- und Sprechstörungen
2. Aphasien1. Definition
2. Ätiologie
3. Symptomatik
4. Klassifikation
5. Quiz
6. Verlauf
7. Funktionelle Rückbildung
8. Therapie
3. Dronkers-Hillis-Debatte
4. Thesen
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Übersicht Sprach- und Sprechstörungen (ICD-10-WHO Version 2011)
Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind (R00-R99)
Symptome, die die Sprache und die Stimme betreffen (R47-R49)
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Aufbau
1. Übersicht Sprach- und Sprechstörungen
2. Aphasien1. Definition
2. Ätiologie
3. Symptomatik
4. Klassifikation
5. Quiz
6. Verlauf
7. Funktionelle Rückbildung
8. Therapie
3. Dronkers-Hillis-Debatte
4. Thesen
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Aphasien: Definition
• Griechisch: “Sprachlosigkeit”
• Erworbene Sprachstörungen aufgrund einer akuten (meist) linkshemisphärischen Hirnschädigung.
• Multimodale & supramodale Störungen
• Komponenten des Sprachsystems in unterschied- licher Weise betroffen, je nach Hirnschädigung
• Abzugrenzen von Störungen des Sprechvorgangs, Symptomen der Verwirrtheit oder der Antriebs- verminderung im akuten Krankheitsstadium
• Keine Denkstörungen i.e.S.
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Aphasien: sprachrelevante Areale
Läsionen im Broca-Areal reduzierte Sprachproduktion
Läsionen im Wernicke-Areal Störungen in der Wortfindung
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Aphasiologie
• Die interdisziplinär ausgerichtete Aphasiologie beschäftigt sich mit der Diagnostik und Behandlung der Aphasien.
• Beteiligte medizinische Fächer sind z.B.
- Neurologie
- Phoniatrie
• des Weiteren z.B.
- Linguistik
- Psychologie
- Logopädie
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Aufbau
1. Übersicht Sprach- und Sprechstörungen
2. Aphasien1. Definition
2. Ätiologie
3. Symptomatik
4. Klassifikation
5. Quiz
6. Verlauf
7. Funktionelle Rückbildung
8. Therapie
3. Dronkers-Hillis-Debatte
4. Thesen
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Aphasien: Ätiologie
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1. Übersicht Sprach- und Sprechstörungen
2. Aphasien1. Definition
2. Ätiologie
3. Symptomatik
4. Klassifikation
5. Quiz
6. Verlauf
7. Funktionelle Rückbildung
8. Therapie
3. Dronkers-Hillis-Debatte
4. Thesen
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Aphasien: Symptomatik• Störungen in der Wortfindung und in der Wortwahl
- Semantische & phonematische Paraphasien
- Semantischer & phonematischer Jargon
- Neologismen
- Automatismus
• Kategorienspezifische Störungen in der Wortfindung
- Dissoziationen im Benennen von Objekten und Tätigkeiten
- Dissoziationen in der Verfügbarkeit belebter und unbelebter Objektklassen
- Differentielle Verfügbarkeit von Eigennamen
• Störungen im Satzbau und in der morphologisch- syntaktischen Verknüpfung von Satzkonstituenten
- Agrammatischer Satzbau
- Paragrammatischer Satzbau
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Störungen im Satzbau und in der morphologisch-syntaktischen Verknüpfung von Satzkonstituenten
Agrammatischer Satzbau Paragrammatischer Satzbau
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1. Übersicht Sprach- und Sprechstörungen
2. Aphasien1. Definition
2. Ätiologie
3. Symptomatik
4. Klassifikation
5. Quiz
6. Verlauf
7. Funktionelle Rückbildung
8. Therapie
3. Dronkers-Hillis-Debatte
4. Thesen
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Aphasien: Klassifikation
Spontansprache der 4 Standard-Aphasiesyndrome
Sonderformen• Leitungsaphasie• Transkortikale Aphasie
- Transkortikal-sensorische Aphasie
- Transkortikal-motorische Aphasie
- Gemischt-transkortikale Aphasie
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1. Übersicht Sprach- und Sprechstörungen
2. Aphasien1. Definition
2. Ätiologie
3. Symptomatik
4. Klassifikation
5. Quiz
6. Verlauf
7. Funktionelle Rückbildung
8. Therapie
3. Dronkers-Hillis-Debatte
4. Thesen
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Quiz
Welche Clips gehören zu welchem Standard- Aphasiesyndrom?
1. http://www.youtube.com/watch?v=f2IiMEbMnPM&feature=related
1. http://www.youtube.com/watch?v=dKTdMV6cOZw
Augen zumachen bei meinem Signal
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1. Übersicht Sprach- und Sprechstörungen
2. Aphasien1. Definition
2. Ätiologie
3. Symptomatik
4. Klassifikation
5. Quiz
6. Verlauf
7. Funktionelle Rückbildung
8. Therapie
3. Dronkers-Hillis-Debatte
4. Thesen
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Aphasien: Verlauf
• Bei Mehrheit in Akutphase starke Besserungen
• Spontanverlauf von logopädisch nicht behandelten Patienten zw. 1. und 7. Monat nach Schlaganfall:
- Ein Drittel kaum mehr aphasische Störungen nach 6 Monaten
- bei Mehrheit deutliche Rückbildungen sprachl. Störungen in ersten 4 Monaten,
- 10% keine Verbesserungen nach 6 Monaten
- 30% Syndromwandel
• spätestens nach 12 Monaten chronischer Zustand
• Schwere Aphasien: geringere Rückbildung als leichtere Aphasien
• Bessere Prognose bei Trauma als Ursache für Aphasie
• Bei entzündlichen Prozessen oft Gedächtnisstörungen
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Aufbau
1. Übersicht Sprach- und Sprechstörungen
2. Aphasien1. Definition
2. Ätiologie
3. Symptomatik
4. Klassifikation
5. Quiz
6. Verlauf
7. Funktionelle Rückbildung
8. Therapie
3. Dronkers-Hillis-Debatte
4. Thesen
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Aphasien: funktionelle Rückbildung (I)
• Mit Reorganisation des gestörten Sprachsystems verbunden
• 3 Formen der Funktionswiederherstellung
1. Restitution
2. Substitution
3. Kompensation
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Aphasien: funktionelle Rückbildung (II)
• Frühe Erholung: Wiederherstellung des Blutflusses und anderer Mechanismen der Gewebeerholung
• Späte Erholung: Reorganisation der strukturell- funktionellen Beziehungen, Reorganisation kognitiver Funktionen & kompensatorischer Mechanismen
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Aphasien: funktionelle Rückbildung (III)
• Saur et al., 2006: Dynamics of language reorganization after stroke
• Hintergrund: Rückbildung der sprachlichen Symptome in einem bestehenden, bilateralen Netzwerk mit Hochregulation unbeschädigter Regionen und Rekrutierung periläsionalen Gewebes und rechtslateralisierten Sprachregionen, die homolog zu linkslateraliserten Sprachregionen sind
• Ziel: Dynamik der Reorganisation im Sprachsystem während allen Phasen nach Hirninfarkt identifizieren
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Saur et al., 2006: Vorgehen
• fMRI und parallele Sprachtests vom akuten bis zum chronischen Stadium (t1, t2, t3)
• 14 Aphasiker mit vaskulärer Ätiologie und Kontrollgruppe
• auditorische Verständnisaufgabe
• Kontrollgruppe: 1 x getestet
• Aphasiker: 3 x an hintereinander folgenden Daten getestet
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Saur et al., 2006: Befunde
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Saur et al., 2006: Befunde
3-Phasen-Modell sprachlicher Erholung
•I: akut (M = 1.8 dps), Funktionsverlust
•II: subakut, (M = 12.1 dps), Hochregulation d. sprachl. Netzwerks
•III: chronisch: (M = 321 dps), Konsolidierung & Normalisation d. Aktivierung
( ): Kontrollgr., (- - -): linke Sprachgebiete Aphasiker, (.......): rechte Sprachgebiete Aphasiker
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1. Übersicht Sprach- und Sprechstörungen
2. Aphasien1. Definition
2. Ätiologie
3. Symptomatik
4. Klassifikation
5. Quiz
6. Verlauf
7. Funktionelle Rückbildung
8. Therapie
3. Dronkers-Hillis-Debatte
4. Thesen
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Aphasien: Therapie
• Intensive Behandlung (min. 4 d/w, 2 h/d) in kurzer Zeit effektiver als über längere Zeitspanne
• 2 Ansätze1. Behandlung der zugrundeliegenden Beeinträchtigung
2. Interventionen, die auf kommunikativen Funktionen basieren
Bei beiden Ansätzen muss die Behandlung individualisiert auf die Defizite, Bedürfnisse und Ziele der Aphasiker sein
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Aphasien: Therapie
• Melodic intonation therapy1. Melodische Intonation
2. Intensives Training (1,5 h/d, 5d/w)
3. Simultanes Klopfen mit linker Hand, um senso- & motorische Kortices der rechten Seite auf Artikulation zu primen
Der rechte Fasciculus Arcuatus konnte bei chronischen Broca- Aphasikern umgestaltet werden Zeichen für Anregung von Plastizität in kontralateralen homologen Sprachgebieten
• Constraint-induced aphasia therapy- Basierend auf constraint-induced therapy for motor therapy
- Gesten und andere Arten nonverbaler Kommunikation meiden; Patienten forcieren, gesprochene Sprache zu gebrauchen
Umfangreiches Training 3h/d sig. besser als Standardtraining 1h/d
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Aphasien: Therapietrends
• Trends- Pharmakologische Therapien mit Stimulanzien,
Cholinesterasehemmer, Dopaminagonisten und anderen Medikationen, die die Verfügbarkeit von Neurotransmittern beeinflussen
- Transkraniale magnetische Stimulation
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Aufbau
1. Übersicht Sprach- und Sprechstörungen
2. Aphasien1. Definition
2. Ätiologie
3. Symptomatik
4. Klassifikation
5. Quiz
6. Verlauf
7. Funktionelle Rückbildung
8. Therapie
3. Dronkers-Hillis-Debatte
4. Thesen
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Dronkers-Hillis-Debatte
• Dronkers, 1996: A new brain region for coordinating speech regulation
• Hillis et al., 2004: Re-examining the brain regions crucial for orchestrating speech articulation
inwiefern führen überschwingliche Interpretationen bei klinischen Daten mittels brain imaging zu falschen Ergebnissen?
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Dronkers-Hillis-Debatte
• Untersuchte Gehirnregionen, die bei Sprechapraxie betroffen sind, bei Läsionen von 25 Schlaganfallspatienten mit Sprechapraxie
• Vergleich mit Läsionen von 19 Schlaganfallspatienten ohne Sprechapraxie
• „lesion overlap approach“ mit CT und/oder MRI• doppelte Dissoziation: Läsionen der
Sprechapraktiker betrafen eine Region, die bei den anderen Patienten verschont geblieben war: der linke präzentrale Gyrus der Insula Schlussfolgerung, dass diese Region spezialisiert ist für die motorische Planung der Sprache
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Dronkers: lesion overlap approachb: Läsionierte P
atienten ohne S
prechapraxie
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Dronkers-Hillis-Debatte
• Kritik an lesion overlap approach
• Reziproke Assoziation wird oft nicht evaluiert, d.h. die Wahrscheinlichkeit, dass die Läsion selbst das Defizit verursacht (anstatt die Hirnregion, die bei den meisten beschadet wurde)
• d.h. diese Region (i.d.F. die Insula) ist evtl. gegen- über eines Verschlusses oder einer Verengung der Arteria cerebri media vulnerabel
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Dronkers-Hillis-Debatte
• 3 Untersuchungswege des Zusammenhangs Sprechapraxie und Insula1. Wahrscheinlichkeitsbestimmung, dass die Läsion das Defizit
verursacht, als auch p, dass Defizit mit Läsion assoziiert ist,
2. Pat. wurden beim Beginn des Schlaganfalls untersucht, um das Defizit zu identifizieren bevor es sich in Fällen von kleinen Schlaganfällen wieder auflöst
3. Es wurden sowohl Regionen von dysfunktionalem Gehirngewebe als auch der strukturelle Schaden identifiziert.
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Hillis: Befunde
• Kein Zusammenhang zw. Sprechapraxie und Läsionen der linken Insula, anterioren Insula oder superiorer Spitze des präzentralen Gyrus der Insel
• Dafür: Bei Patienten mit & ohne Läsion in Insula Zusammenhang von Sprechapraxie und strukturellem Schaden oder geringer Durchblutung im linken posterioren inferioren frontalen Gyrus.
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Dronkers-Hillis-Debatte: Implikation
• Die Resultate von Hillis et al. (2004) zeigen, dass Korrelationen in lesion overlap – Studien nicht als kausativ aufgefasst werden sollen
• Solche Zusammenhänge können stattdessen bedeuten, dass die Insula (als zusammenhängend mit Sprechapraxie, s. Dronkers) eine Vulnerabilität widerspiegelt in Bezug auf Mangeldurchblutungen bei grossen Hirninfarkten in der Arteria cerebri media
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Fragen?
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1. Übersicht Sprach- und Sprechstörungen
2. Aphasien1. Definition
2. Ätiologie
3. Symptomatik
4. Klassifikation
5. Quiz
6. Verlauf
7. Funktionelle Rückbildung
8. Therapie
3. Dronkers-Hillis-Debatte
4. Thesen
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Thesen (I)1. Aphasie ist eine Sprechstörung, die immer nach der bereits erworbenen Sprachkenntnis erfolgt.
2. Aphasien sind multimodale, aber keine supramodale Störungen & von Denkstörungen i.e.S. abzugrenzen.
3. Das Leitsymptom einer Broca-Aphasie ist der eingeschränkte Sprachfluss
4. Sowohl ein phonematischer als auch ein semantischer Jargon kann nur bei flüssiger Sprachproduktion zustande kommen.
5. Die funktionelle Rückbildung sprachlicher Funktionen verläuft über 3 Formen: 1.) Substitution, 2.) Kompensation 3.) Rehabilitation
6. Mittels melodic intonation therapy konnte man bei globalen Aphasikern den linken Fasciculus arcuatus umformen.
7. Die häufigste Ursache für eine Aphasie ist ein Schlaganfall im Versorgungsgebiet der arteria cerebri anterior.
8. Da bei zwei Dritteln der Aphasiker die aphasyschen Störungen nach 6 Monaten ohne Behandlung nicht mehr vorhanden sind, reicht eine niederfrequente logopädische Therapieindikation bereits völlig aus.
9. Der Patient im Clip leidet an einer globalen Aphasie, da er nur Sprachautomatismen verwendet und der Sprechfluss stark eingechänkt ist.
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HTTP://WWW.YOUTUBE.COM/WATCH?V=FW6D54GJUVA&FEATURE=RELATED
Clip zu Thesen
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Lehrbuch gratis über Uni-Access
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LiteraturverzeichnisDronkers, N. F. (1996). A new brain region for coordinating speech regulation. Nature,
384, 159-161.
Hillis, A. E., Work, M., Barker, P. B., Jacobs, M. A., Breese, E. L. & Maurer, K. (2004). Re-examining the brain regions crucial for orchestrating speech articulation. Brain, 127, 1479-1487.
Hillis, A. E. (2007). Aphasia: Progress in the last quarter of a century. Neurology, 69, 200-213.
Johansson, B. B. (2011). Current trends in stroke rehabilitation. A review with focus on brain plasticity. Acta Neurol Scand, 123, 147-159.
Saur, D., Lange, R., Baumgaertner, A., Schraknepper, V., Willmes, K., Rijntjes, M. & Weiller, C. (2006). Brain, 129, 1371-1384.
Schlaug, G., Marchina, S. & Norton, A. (2009). Evidence for plasticity in white-matter tracts of patients with chronic broca’s aphasia undergoing intense intonation-based speech therapy. Annals of the New York Academy of Sciences, 1169, 385-394.
Weniger, D. (2006). Aphasie. In H.-O. Karnath & Thier, P. (Hrsg.). Neuropsychologie (pp. 356-372). Berlin, Heidelberg: Springer Medizin Verlag Heidelberg
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