anpassung des amerikanischen prognosemodells bugoff 2 für

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Anpassung des amerikanischen Prognosemodells "Bugoff 2" für Cydia pomonella L. (Lep. Tortricidae) an mitteleuropäische Bedingungen N BLAGO*, L HUNDEMER#, und E DICKLER* * Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, Institut für Pflanzenschutz im Obstbau Schwabenheimerstraße 101, 6915- Dossenheim # Mathematisches Institut, SFB 123 - Stochastische mathemat Modelle, Univ Heidelberg; jetzt: Software AG, Uhlandstr 12, 6100 Darmstadt Zusammenfassung: In 3-jährigen Untersuchungen in Dossenheim wurde die Aussagekraft des kalifornischen Prognosemodells "BUGOFF2" für den Apfelwicker sowie dessen Eignung für mitteleuropäische Standort- bedingungen untersucht Der physiologische Zeitparameter des Modells zeigte sich als sehr geeignet für eine zuverlässige Vorhersage des Eischlupfs unter deutschen Klimabedingungen Aus unserer Anpassung BUGOFF2 G) geht hervor, daß der Eischlupf von Cydia pomonella mit einer Fehlerschwankung von l bis 5 Tagen prognostiziert werden kann Bugoff2G stellt damit ein für die Praxis sehr interessantes yerfahren dar, da für die Vorhersage nur die täglichen Minimum- und Maximumwerte der Lufttemperatur notwendig sind Summary: For three years the californian prognosis model "BUGOFF2" for codling moth, Cydia pomonella (Lep , Tortricidae), was studied in Dossenheim, W-Germany to determine its effectiveness under Central European conditions We found that this model could be used in Germany when our adaptation, renamed "BUGOFF2 G", will be utilized to forecast codling moth egg hatch In fact we calculated a Standard error from l to 5 days out of the results of three year studies Bugoff2G represents a new interesting tool for timing sprays because only the daily minimum and maximum values of the air temperature are necessary for the forecast I EINLEITUNG Bereits seit Anfang dieses Jahrhunderts wurden zahlreiche Untersu- chungen durchgeführt, um die Aktivität einer der wichtigsten Schädlinge im Apfelökosystem, Cydia pomonella (Cp) mit rationellen Methoden überwachen zu können Glenn, 1922; Shelford, 1927 Durch die finanzielle Unterstützung staatlicher Einrichtungen und der rasanten Entwicklung der Mikroelektronik konnten auf diesem Gebiet in jüngster Zeit bedeutende Fortschritte erzielt werden Die innerhalb der letzten 15 Jahre entwickelten Prognosemodelle für den Apfelwickler stammen nahezu alle aus den USA Brunner et al , 1982; Riedl et al , 1976; Shaffer and Gold, 1985 , wo inzwischen solche Verfahren in Expertensysteme eingebaut werden um deren Anwendung in der Praxis zu ermöglichen (Welch et al , 1978) Obwohl zahlreiche Faktoren wie z B die Photoperiode (Riedl and Croft, 1978 und Feuchtigkeit (Shelford, 1927 die Entwicklung des Apfelwicklers beeinflussen können, stellt die Temperatur den wichtigsten Faktor der obengenannten Modelle dar Auch bei dem Computermodell "BUGOFF2" von Falcon et al (1983 ist die Lufttemperatur (gemessen in 2 m Höhe unter Standardbedingungen der Parameter, der für die Simulation des Eischlupfes von Cp verwendet wird Bugoff2 wurde innerhalb eines Zeitraums von ca 10 Jahren 1973-83) an der Universität von Berkeley, Kalifornien, entwickelt, BLAGO,HUNDEMER,DICKLER AGRARINFORMATIK, BD 18 127

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Page 1: Anpassung des amerikanischen Prognosemodells Bugoff 2 für

Anpassung des amerikanischen Prognosemodells "Bugoff 2" fürCydia pomonella L. (Lep. Tortricidae) an mitteleuropäischeBedingungen

N BLAGO*, L HUNDEMER#, und E DICKLER** Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, Institutfür Pflanzenschutz im Obstbau Schwabenheimerstraße 101, 6915-Dossenheim

# Mathematisches Institut, SFB 123 - Stochastische mathemat Modelle,Univ Heidelberg; jetzt: Software AG, Uhlandstr 12, 6100 Darmstadt

Zusammenfassung: In 3-jährigen Untersuchungen in Dossenheim wurde dieAussagekraft des kalifornischen Prognosemodells "BUGOFF2" für denApfelwicker sowie dessen Eignung für mitteleuropäische Standort-bedingungen untersucht Der physiologische Zeitparameter des Modellszeigte sich als sehr geeignet für eine zuverlässige Vorhersage desEischlupfs unter deutschen Klimabedingungen Aus unserer AnpassungBUGOFF2 G) geht hervor, daß der Eischlupf von Cydia pomonella miteiner Fehlerschwankung von l bis 5 Tagen prognostiziert werden kannBugoff2G stellt damit ein für die Praxis sehr interessantes yerfahrendar, da für die Vorhersage nur die täglichen Minimum- und Maximumwerteder Lufttemperatur notwendig sind

Summary: For three years the californian prognosis model "BUGOFF2" forcodling moth, Cydia pomonella (Lep , Tortricidae), was studied inDossenheim, W-Germany to determine its effectiveness under CentralEuropean conditions We found that this model could be used in Germanywhen our adaptation, renamed "BUGOFF2 G", will be utilized to forecastcodling moth egg hatch In fact we calculated a Standard error from lto 5 days out of the results of three year studies Bugoff2Grepresents a new interesting tool for timing sprays because only thedaily minimum and maximum values of the air temperature are necessaryfor the forecast

I EINLEITUNG

Bereits seit Anfang dieses Jahrhunderts wurden zahlreiche Untersu-chungen durchgeführt, um die Aktivität einer der wichtigstenSchädlinge im Apfelökosystem, Cydia pomonella (Cp) mit rationellenMethoden überwachen zu können Glenn, 1922; Shelford, 1927 Durch diefinanzielle Unterstützung staatlicher Einrichtungen und der rasantenEntwicklung der Mikroelektronik konnten auf diesem Gebiet in jüngsterZeit bedeutende Fortschritte erzielt werden Die innerhalb der letzten15 Jahre entwickelten Prognosemodelle für den Apfelwickler stammennahezu alle aus den USA Brunner et al , 1982; Riedl et al , 1976;Shaffer and Gold, 1985 , wo inzwischen solche Verfahren inExpertensysteme eingebaut werden um deren Anwendung in der Praxis zuermöglichen (Welch et al , 1978) Obwohl zahlreiche Faktoren wie z Bdie Photoperiode (Riedl and Croft, 1978 und Feuchtigkeit (Shelford,1927 die Entwicklung des Apfelwicklers beeinflussen können, stelltdie Temperatur den wichtigsten Faktor der obengenannten Modelle darAuch bei dem Computermodell "BUGOFF2" von Falcon et al (1983 ist dieLufttemperatur (gemessen in 2 m Höhe unter Standardbedingungen derParameter, der für die Simulation des Eischlupfes von Cp verwendetwird Bugoff2 wurde innerhalb eines Zeitraums von ca 10 Jahren1973-83) an der Universität von Berkeley, Kalifornien, entwickelt,

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wobei die Forschungsergebnisse mehrerer Wissenschaftler aus 20-jährigen Versuchen einbezogen wurden Die ursprünglich multifunktiona-le Version von Bugoff2 wurde dann vereinfacht, um dessen Anwendung inder Praxis zu ermöglichen (Falcon et al , 1983) Nach Falcon könnenmit Hilfe des Modells sehr gute Ergebnisse erzielt werden, wenn es fürdie Festlegung der Spritztermine für das Cp-Granulosis Virus CpGV)eingesetzt wird

Das Modell Bugoff2 wurde in den Jahren 1985, 1988 und 1989 im Institutfür Pflanzenschutz im Obstbau der BBA in Dossenheim geprüft und an diehiesigen klimatischen Bedingungen angepaßt Dabei wurden mit Hilfe desBugoff-Algorithmus, der das Verhältnis von Entwicklungsgeschwindigkeitzur Temperatur berechnet, die täglichen Minimal- und Maximalwerte derLufttemperatur in Wärmeeinheiten (WE umgewandelt Das Erreichen einerbestimmten Summe von WE ist dann mit dem Eischlupf von Cp zu einemdefinierten Prozentsatz korreliert Wichtig bei der Anwendung vonBugoff2 ist vor allem der Zeitpunkt, an dem das Modell gestartet wirdDafür müssen drei Bedingungen erfüllt sein:

a) in der Pheromonfalle sollen Falter von Cp vorhanden sein,b) 95-100% der Blütenblätter von Apfelbäumen müssen abgefallen sein,c) an mindestens 3 von 7 Tagen soll die Lufttemperatur bei Sonnenun-

tergang mindestens 15 6°C betragen

II MATERIAL und METHODEN

Eiablage

Die Kontrolle der Eiablage von Cp wurde im Labor durchgeführt, dadiese im Freiland mit großen Schwierigkeiten verbunden ist (geringeAnzahl der oft nur durchsichtigen, kleinen Eier, schlechte Witterungs-verhältnisse, nicht konstante Bedingungen) Das hierzu benötigte Mate-rial wurde auf dem Versuchsfeld der BBA-Dossenheim gesammelt Dafürwurden jedes Jahr in wöchentlichen Abständen aus 3 Versuchsparzellenjeweils 50 Fruchtbüschel (Fb mit durchschnittlich 2 Früchtenzufallsverteilt entnommen Über die Merkmale der Versuchsparzellen istbereits berichtet worden (Blago und Dickler, im Druck) Diese Kon-trolle wurde für eine Zeitspanne von ca Mitte Mai bis Anfang Septem-ber durchgeführt Für die Auffindung der Eier wurden 1985 alle einzel-nen Blätter und Früchte einer Probe dem Licht einer Laborlampe expo-niert Mit Hilfe des Reflexionsstrahls auf der Chorionoberflächekonnten die Eier entdeckt werden Diese Methode ist jedoch sowohl miteinem großen Zeitaufwand als auch mit Fehlern verbunden (bei der lGeneration waren in Durchschnitt nur l 5, bei der 2 Generation 2 4Eier/50 Fb zu finden, Blago und Dickler, im Druck) Deshalb wurde 1988und 1989 eine wesentlich verbesserte Methode eingeführt , indem die Fbin eine Färbelösung aus 0 0035% Toluidinblau mit Borax ca 30 min ge-taucht wurden Es handelt sich hier um einen wasserlöslichenFarbstoff, der an die Proteine des Chorions bindet, während diehydrophobe Blatt- und Fruchtoberfläche ungefärbt bleibt Die Eiererscheinen dunkelblau

Um das genaue Entwicklungsstadium der aufgefundenen Eier bestimmen zukönnen, mußten diese wieder entfärbt werden Dafür wurden die Eier mit

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Hilfe einer Präpariernadel von der Blatt- oder Fruchtoberflächeabgelöst und in einem Tropfen HC1 32%ig auf einen Objektträgerübertragen Das Ei entfärbt sich sofort, wobei seine Struktur ca eineMinute erhalten bleibt In dieser Zeit konnte dann das genaue, in 12Stadien unterteilte Entwicklungsstadium des Eies bestimmt werden Inweiterführenden Laborversuchen wurde die Korrelation zwischen jedemdieser 12 Stadien und der notwendigen Summe der effektiven Temperatur(Gradtage = Tmittel - 10°C bis zum Schlupf definiert, so daß fürjedes gefundene Ei eine genaue Schätzung der Eiablage- und des Ei-schlupftermins unter Freilandbedingungen möglich war Blago andDickler, im Druck)

Falterflug

Die Flugaktivität von Cp war vom 1. Mai an täglich mit 2 Pheromon-fallen vom Typ "Biotrap" kontrolliert worden Das synthetischePheromon 8E, 10E)-8, 10 dodecadien-1-ol wurde von der Firma HoechstFrankfurt bezogen Die Fallen waren in derselben Apfelanlageangebracht worden, wo auch die Eiablagekontrolle durchgeführt wurde

Blütenblattfall

Ab Ende April wurden Bäume der Sorten Cox Orange und Golden Deliciousauf dem Versuchsfeld täglich kontrolliert, um den genauen Zeitpunktdes phänologischen Stadiums von 95-100% Blütenblattfall zu bestimmenFür den Start des Bugoff2-Modells wurde der Mittelwert beider Sortenherangezogen

Messung der Lufttemperatur

Die Lufttemperatur wurde mit der automatisierten Wetterstation vom Typ"DAT1000" (Hersteller: Adamchewski, 7129 Zaberfeld, BRD des Institu-ts ermittelt, wobei diese in der Mitte der Versuchsanlage plaziertwar Der Sensor Typ: Gx613, PtlOO, Meßfehler +/-0 1°C; Hersteller:priesen & Kern, 2000 Tangstadt, BRD befand sich in einer Wetterhüttein 2 m Höhe Das Meßgerät DAT1000 ist durch eine sehr hohe Genauigkeitbei der Berechnung der Tages-Minimal, Maximal- und Mittelwerte derTemperatur charakterisiert, da diese aus kontinuierlichen Messungen(alle 5 sec resultieren, die in einem Intervall von 15 minaufgezeichnet werden Eine Kabelyerbindung zwischen der Wetterstationund dem Meßgerät ermöglicht die Übertragung der Daten vom Versuchsfeldin die Räume des Instituts Zur Sicherung der Daten bei Ausfall derelektrischen Messungen, befand sich in der Wetterhütte zusätzlich einThermohygrograph

Bugoff2

Gemäß den Angaben von Falcon et al (1983) wurde ein Paket vonComputerprogrammen "BUGOFF2 G" (G für Germany) für die Bearbeitung derumfangreichen Wetterdaten und phänologischen Beobachtungen entwickeltDie Programme wurden in C und Pascal auf einem HP 320 unter demBetriebssystem UNIX geschrieben, während die Graphiken mit demProgramm Signum AS-Heidelberg an einem PC Atari erstellt wurden DasProgrammpaket Bugoff2G besteht aus drei Teilen:

- "Meteo l" für die Bearbeitung der meteorologischen Daten- "Pheno Cp" für die Bearbeitung der phänologischen Daten

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- "Prognose" verknüpft die Ergebnisse von Meteo l und Pheno Cp undberechnet bei welcher WE-Summe die Ablage und der Schlupf der Cp-Eierim Freiland erfolgt Diese Werte werden dann mit denen der Bugoff2-Prognose verglichen

III ERGEBNISSE und DISKUSSION

Die Ergebnisse der Versuche von 1985, 1988 und 1989 sind in Abb l alsMittelwert und Standardabweichung dargestellt Bei dem Vergleich derBugoff2-Prognose mit den Freilandbeobachtungen wird für alle 3Vegetationsperioden derselbe Trend deutlich Für die l Generation(Gen besteht eine gute Übereinstimmung zwischen Prognose und Ei-schlupf, während für die 2 Gen eine deutliche Abweichung von Ei-schlupfaktivität und Bugoff2-Simulation auffällt

Cum% des

Eischlupf es

100l Generation 2 Generation

te

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600Wärme ein heile n

9851O 2O 10 20

1 Mai 1

6 1O 2Oi i i i i1 Mai

15 20l ! L _ l .

Juni 1 Juli August 1 September

10 20 1O 2O 1O 20

t Juni

10 20I I I 1 1 —t 1 1

Juli > August

10 20 10 20— 1 1 — 1 1 1 1 1 1

ISept Okt

101 I I I I .

Mai August 1 Sept

Abb 1: Vergleich der dreijährigen Freilandbeobachtungen desEischlupfes von Cydia pomonella in Dossenheim mitder BUGOFF2-Prognose.

-4-—-f- : Mittelwert der Freilandbeobachtungen mitStandardabweichung (schraffiert

*W—^ir: Prognose von BUGOFF2

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Eine numerische Analyse dieser Ergebnisse ist aus Tab l ersichtlich,aus der die WE-Mittelwerte und Standardabweichungen der 3-jährigenBeobachtungen sowie der Prognose hervorgehen in dem Bugoff2-Modellist eine Verschiebung des Eischlupftermins um 20 WE vorgesehen, wennfür 7 Tage die Sonnenuntergangstemperatur niedriger sein sollte als15 6°C Diese Situation trifft in Dossenheim nur für die l Gen vonCp zu Deshalb kommt es jedes Jahr zu einer kleinen Verschiebung derPrognose für die l Gen , während die 2 Gen immer bei der gleichenWE-Summe festgelegt wird)

Tab 1: Berechnete Wärmeeinheiten für den Eischlupf von Cydiapomonella in Dossenheim und Differenzen [x(A-B ] zurPrognose von BUGOFF2(x: Mittelwert; s: Standardabweichung; *: s in Tagen)

Eischlupf1 Gen

0 1%1%10%20%40%60%80%90%100%

2 Gen

0 1%1%10%20%40%60%80%90%100%

Freilandbeobachtung (A)

1985 1988 1989 X S ( * )

— — — — — _211 166 75 151 57 (4 8)271 225 170 222 41 (3 4)298 252 210 253 36 (4 0)367 335 360 354 14 (1 9)397 426 447 423 20 (1 8)501 543 635 560 56 (4 1)558 630 714 634 64 (4 9)660 747 757 721 44 (3 6)

— — — _ — _920 950 800 890 65 (4 2)1030 1094 955 1026 57 (3 5)1057 1131 1010 1066 50 (3.6)1154 1145 1084 1127 31 (2 1)1214 1230 1197 1214 14 (0 8)1250 1280 1325 1285 31 (2 2)1315 1336 1400 1350 36 (2 4)1436 1425 1538 1466 51 (5 2)

Bugoff2 B

X S

164 3

-258 9285 7348 7396 14448 15506 26- -

935 0-

1250 01280 01350 01420 01490 01560 0

— —

X A-B)

_

-- 36- 32+ 6+ 27+ 112+ 128-

_

--224-214-223-206-205-210

Betrachtet man die Differenz der Mittelwerte in der letzten Spalte derTabelle [x(A-B ], so wird ersichtlich, daß bei der l Gen tatsächlicheine gute Korrelation bis zu 60% des Eischlupfes besteht Oberhalbdieser Prozentualen liegen die WE der Beobachtungen etwas über denender Prognose Diese Abweichung steht wahrscheinlich im Zusammenhangmit den Merkmalen der Versuchsfläche bzw des Mikroklimas 1985 wurdendie Versuche in drei Apfelanlagen mit der Unterlage M 9 durchgeführt,1988 und 1989 dagegen in zwei Apfelanlagen mit MM 106 und nur in einermit M 9 Das bedeutet, daß im l Versuchsjähr eine diapausierendeCp-Population herangezogen wurde, die eine niedrigere WE-Summe bis zum

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Schlupf benötigt, als die von 1988 und 1989 Diese Vermutung gründetauf mikroklimatischen Untersuchungen (Blago and Dickler, 1988 , indenen festgestellt wurde, daß die an der Nordseite des Baumstammesdiapausierenden Cp-Larven zu einem viel späteren Zeitpunkt und einerhöheren Gradtagesumme schlüpfen als die von der Südseite Das betrifftaber nur die Larven der überwinternden Gen , da während ihrerPostdiapauseentwicklung (von Jahresangfang bis Juni die Apfelbäumenoch nicht vollständig belaubt sind und daher die Sonnenstrahlen einendirekten Einfluß auf die Temperatur des Stammes auf der Südseitehaben Man kann daraus folgern, daß je breiter der Baumstamm ist,desto größer ist auch die Anzahl der Apfelwicklerlarven, die auf derNordseite zu einem späteren Zeitpunkt schlüpfen: also ein spätererSchlupf von Cp bei MM 106 als bei M 9 Aus Tab l ist ersichtlich, daßdie Werte von 1985 für die l Gen besser der Prognose angenähertsind, als die von 1988 und 1989 Der 100% Wert des Eischlupfes wird1985 bei 660 WE erreicht, während er in den anderen beiden Jahren bei747 bzw 757 WE liegt Möglicherweise ist die Prognose von Bugoff2aus den Daten einer modernen Apfelanlage (auf schwachwachsendenUnterlagen gewonnen worden

Bei der 2 Gen zeigen die Mittelwerte der 3-jährigen Untersuchungeneine fast gleichbleibende Abweichung (ca 210 WE von der PrognoseDiese große Abweichung ist auf eine Überschätzung der Entwicklungsge-schwindigkeit durch den Bugoff2-Algorithmus zurückzuführen, wenn dieTemperaturen über 30°C ansteigen (Blago and Dickler, im Druck) Ausder Literatur ist bekannt (Glenn, 1922; Shaffer and Gold, 1985;Shelford, 1927; Wyniger, 1956), daß der obere Grenzwert für dieEntwicklung des Apfelwicklers je nach Stadium bei 30-33°C liegtOberhalb dieser Schwelle wird die Entwicklungsrate von Cp geringer Indem von Falcon et al (1983) verwendeten Algorithmus wird für diemaximale Temperatur auch oberhalb von 32°C eine ansteigende Ent-wicklungsgeschwindigkeit berechnet, wobei in Wirklichkeit die Ent-wicklung eher zum Stillstand kommt Zur Verstärkung dieser Hypothesekommt noch dazu, daß sich der Bugoff2-Algorithmus auf Werte derLufttemperatur bezieht, die in einer Wetterhütte gemessen werden.Tatsächlich herrschen aber in der mikroklimatischen Umgebung von Cpganz andere Werte Beispielweise konnte gezeigt werden, daß bei einermaximalen Lufttemperatur von 30°C in einem Apfel (gemessen in 20mmTiefe von der Fruchtoberfläche) auf der Südseite des Baumes eineTemperatur von über 40°C erreicht wird Blago and Dickler, im Druck)Daraus geht deutlich der Grund für die Verschiebung der amerikanischen2 Gen auf der WE-Skala hervor Das Modell Bugoff2 wurde in Kalifor-nien entwickelt, wo im Sommer, im Gegensatz zu Dossenheim, häufig Tem-peraturen von über 32°C herrschen Demzufolge wird dort eine höhereAnzahl von WE berechnet und die Kurve der 2 Gen. wird zu einemwesentlich späteren Zeitpunkt prognostiziert, als es in Dossenheimtatsächlich der Fall ist Abb 1) Daß die eigene Aufzeichnung derKurve der 2 Gen auf der WE-Skala exakter ist als die des Bugoff2-Modells liegt daran, daß wir den Algorithmus unter Klimabedingungenverwendet haben, wo der effektive obere Grenzwert im Mikroklima nichtoder nur selten erreicht wird Für die l Gen wird dagegen sowohl inKalifornien wie auch in Deutschland die 32°C-Grenze nichtüberschritten, so daß die Kurven der Beobachtung und Prognoseübereinstimmen

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IV SCHLUßFOLGERUNG

Aus Tab l geht hervor, daß es sich bei den eigenen Ergebnissen um einfast praxisreifes Verfahren zur Bestimmung der Eischlupfaktivität vonApfelwicklern handelt Innerhalb der 3-jährigen Versuche sind dieStandardabweichungen sehr gering, insbesondere bei 40-60% der Ei-schlupfaktivität Um die Bedeutung der Streuung verständlicher zumachen, wurden die Werte der WE in Tage umgerechnet Tab 1) Ausdiesen Tageswerten wird ersichtlich, daß mit einer maximalen Zahl von5 Tagen Abweichung zu rechnen ist, wenn der Mittelwert der eigenenBeobachtungen für eine Prognose verwendet wird Der minimale Fehlerliegt bei fast 2 Tagen für die l Gen und nur einem Tag für die 2Gen Außerdem ist zu erwähnen, daß die physiologische Dauer beiderGenerationen fast identisch ist, 570 WE bei der l Gen und 576 WE beider 2 Gen (Tab l Die in Abb l aufgezeichneten Mittelwerteunserer Beobachtungen stellen also die Anpassung des Modells Bugoff2an die Dossenheimer Standortbedingungen dar Diese Anpassung dürftefür alle Regionen gültig sein, wo die Lufttemperatur nie oder seltendie 32°C-Grenze übersteigt Aus der Abbildung ist ersichtlich, daßtrotz der deutlichen Verschiebung der Monate unten), allein durchMessungen der täglichen Minimal- und Maximalwerte der Temperatur eineziemlich genaue Prognose möglich ist, die bis heute hier in Europa vonkeinem anderen Modell übertroffen wird Eine Abweichung von 2-3 Tagenist für die Festlegung der Spritztermine tolerierbar, sowohl bei derAnwendung von biologischen als auch von chemischen Präparaten zurBekämpfung des Apfelwicklers

Eine weitere Einsatzmöglichkeit des Bugoff2-Algorithmus besteht auchbei der Bestimmung der Eiablagetermine von Cp, die bei der Anwendungvon oviziden Spritzmitteln von Bedeutung sind Bis heute stehen jedochnoch keine ausreichenden Daten zur Verfügung, um diese ganz exaktberechnen zu können Im Rahmen dieser Arbeit sind weitere Untersu-chungen geplant, in denen u a. phänologische und meteorologische Datenaus Italien und Norwegen herangezogen werden sollen Ziel ist eineexakte Korrektur des Bugoff2-Algorithmus, um die europaweite Anwend-barkeit des Prognosemodells zu ermöglichen

Danksagung

Diese Arbeit wurde teilweise durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft(Univ Heidelberg, mathematisches Institut, SFB 123), das Bundes-ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (PflanzenschutzWarndienst-Wetterdienst Projekt) und die Europäische Gemeinschaft(Wissenschaft Projekt) unterstützt

Literatur

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Blago, N , und Dickler, E , im Druck) Neue Methode zur Untersuchungder Ei-Phänologie des Apfelwicklers, Cydia pomonella L LepTortricidae) J Appl Entomol

Blago, N , and Dickler, E , im Druck) Effectiveness of the califor-

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nian prognosis model "Bugoff 2" for Cydia pomonella L(Lepidoptera, Tortricidae) under Central European conditions 2ndInternational Symposium "Computer modelling in fruit research &crop management" Acta Horticulturae

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