apocolocyntosis. die verkür

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[Seneca, Anton Bauer]

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  • L. Annaeus Seneca

    Apocolocyntosis

    Die Verkrbissung des Kaisers Claudius

    Lateinisch I Deutsch

    bersetzt und herausgegeben von Anton Bauer

    Philipp Reclam jun. Stuttgart

  • Powarad by LATINSCAN

    RECLAMS UNIVERSAL-BIBLIOTHEK Nr. 7676 Alle Rechte vorbehalten

    1981 Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart Gesamtherstellung: Reclam, Ditzingen. Printed in Germany 2005

    RECLAM, UNIVERSAL-BIBLIOTHEK und RECLAMS UNIVERSAL-BIBLIOTHEK sind eingetragene Marken

    der Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart ISBN-13: 978-3-15-007676-7

    ISBN-10: 3-15-007676-5

    www.redam.de

  • Apocolocyntosis SIVe

    Ludus demorte Claudii Neronis

    Die Verkrbissung des Kaisers Claudius oder

    Satire auf den Tod des Claudius Nero

  • 1 (1) Quid acturn sit in caelo ante diern III. idus Octobris anno novo, initio saeculi felicissirni, volo rnernoriae tradere. nihil nec offensae nec gratiae dabitur. haec ita vera. Si quis quaesiverit unde sciarn, prirnurn, si noluero, non respondebo. quis coacturus est ? ego scio rne liberurn facturn, ex quo suurn diern obiit ille, qui verurn proverbiurn fecerat aut regern aut fatuurn nasci oportere. (2) Si libuerit respondere, dicarn quod rnihi in buccarn venerit. quis unquarn ab historico iuratores exegit? tarnen si necesse fuerit auctorern producere, quaerito ab eo qui Drusillarn euntern in caelurn vidit : idern Claudiurn vidisse se dicet iter facientern non passibus aequis . Velit nolit, necesse est illi ornnia videre, quae in caelo aguntur : Appiae viae curator est, qua scis et divurn Augusturn et Tiberiurn Caesarern ad deos isse . (3 ) Hunc si interrogaveris, soli narrabit : corarn pluribus nunquarn verburn faciet. narn ex quo in senatu iuravit se Drusillarn vidisse caelurn aseendentern et illi pro tarn bono nuntio nerno credidit, quod viderit, verbis conceptis affirrnavit se non indicatururn, etiarn si in rnedio foro horninern occisurn vidisset. Ab hoc ego quae turn audivi, certa clara affero, ita illurn salvurn et felicern habearn.

  • 1 (1) Was sich am 13 . Oktober' im Himmel zutrug, im ersten Jahr einer neuen Zeitrechnung', zu Beginn des segensreichsten Zeitalters, das will ich der Nachwelt zur Erinnerung berliefern. Nichts, weder Ha noch Sympathie soll mich dabei auch nur im geringsten lenken. Was ich berichte, hat sich wahrhaftig so ereignet. Falls einer fragen sollte, woher ich denn mein Wissen habe, so werde ich, wenn ich nicht will, zunchst gar nicht antworten. Wer wollte mich auch dazu zwingen? Ich wei, da ich ein freier Mann geworden bin in dem Augenblick, da jener das Zeitliche gesegnet hat, der das Sprichwort wahr werden lie, da man entweder zum Knig oder zum Trottel bereits geboren sein msse.' (2) Gefllt's mir aber zu antworten, so will ich sagen, was mir gerade in den Schnabel kommt. Wer hat schon einmal von einem Historiker vereidigte Zeugen verlangt? Wenn's aber doch ntig sein sollte, einen Brgen vorzufhren, so mge man den fragen, der schon Drusilla einst zum Himmel auffahren sah :' der wird dann auch beteuern, er habe Claudius >humpelnden Schritts
  • 6 Apocolocyntosis

    2 (1) Iam Phoebus breviore via contraxerat orbem lucis et obscuri crescebant tempora somni, iamque suum victrix augebat Cynthia regnum et deformis hiems gratos spargebat honores divitis autumni iussoque senescere Baccho carpebat raras serus vindemitor uvas .

    (2) Puto magis intellegi, si dixero : mensis erat October, dies 111. idus Octobris. horam non possum certarn tibi dicere : facilius inter philosophos quam inter horologia conveniet, tarnen inter sextarn et septimam erat. (3) >Nimis rustice< inquies >Cum omnes poetae, non contenti ortus et occasus describere, ut etiam medium diem inquietent, tu sie transibis horam tarn bonam?<

    (4) lam medium curru Phoebus diviserat orbem et propior nocti fessas quatiebat habenas obliquam flexo deducens tramite lucem :

    3 (1) Claudius animam agere coepit nec invenire exitum poterat. turn Mercurius, qui semper ingenio eius delectatus esset, unam e tribus Parcis seducit et ait : >quid, femina crudelissima, hominem miserum torqueri pateris ? nec

  • Die Verkrbissung des Kaisers Claudius 7

    ich nun ohne Umschweife berichten - so wahr ich ihm Glck und sonst noch alles Gute wnsche.

    2 (1) Schon hatte Phoebus zusammengezogen auf engerer Bahn den

    Lichtkreis, es wuchsen bereits die Stunden des finsteren Schlafes,

    schon auch mehrte Selene ihr Reich in siegreichem Kampfe,

    und es zerstreute ein garstiger Winter des fruchtbaren Herbstes

    kstliche Gaben, und spt erst- vom Gott des Weines noch weitres

    Altern erbittend- dann pflckte der Winzer die sprlichen Trauben.'

    (2) Ich glaube, besser versteht man mich, wenn ich sage : Der Monat war der Oktober, der Tag war der 13. Oktober, die Stunde kann ich dir nicht genau angeben : denn eher wird es noch unter den Philosophen bereinstimmung geben als bei den Uhren, doch mu es zwischen zwlf und eins gewesen sein . ' (3) Das ist viel zu kunstlos , wird man sagen, ,.zumal alle Dichter - nicht damit zufrieden, Sonnenauf- und -Untergnge auszumalen - selbst die Mittagszeit nicht in Ruhe lassen, da willst du ber eine so gepriesene Stunde einfach hinweggehen? Nun denn :

    (4) Schon sah Phoebus die Mitte der Kreisbahn hinter sich liegen,

    und so schttelte- nher der Nacht- er die schlfrigen Zgel,

    lenkte in rundem Bogen die sinkende Sonne hinunter, 3 (1) als schlielich Claudius seine Seele in Bewegung zu setzen begann, doch konnte er fr sie keinen Ausgang finden. Da nahm Merkur10, der ja schon immer am Talent dieses Mannes Gefallen gefunden hatte, eine der drei Parzen 11 zur Seite und sagte : ,. Wie kannst du, grausames Weib, den armen Teufel sich denn so qulen lassen? Soll ihm, der

  • 8 Apocolocyntosis

    unquam tarn diu cruciatus cesset? annus sexagesimus quartus est, ex quo cum anima luctatur. quid huic et rei publicae invides ? (2) Patere mathematicos aliquando verum dicere, qui illum, ex quo princeps factus est, omnibus annis, omnibus mensibus efferunt . et tarnen non est mirum si errant et horam eius nemo novit ; nemo enim unquam illum natum putavit. fac quod faciendum est :

    dede neci, melior vacua sine regnet in aula. < (3 ) Sed Clotho >ego mehercules< inquit >pusillum temporis adicere illi volebam, dum hos pauculos, qui supersunt, civitate donaretscd quoniam placet aliquos peregrinos in semen relinqui et tu ita iubes fieri, fiat< . (4) Aperit turn capsulam et tres fusos profert : unus erat Augurini, alter Babae, tertius Claudii . >hos< inquit >tres uno anno exiguis intervallis temporum divisos mori iubebo, ne illum incomitatum dimittam. non oportet enim eum, qui modo se tot milia hominum sequentia videbat, tot praecedentia, tot circumfusa, subito solum destitui. contentus erit his interim convictoribus . <

    4 (1) haec ait e t turpi convolvens stamina fuso abrupit stolidae regalia tempora vitae. at Lachesis redimita comas, ornata capillos,

  • Die Verkrbissung des Kaisers Claudius 9

    sich so lange geschunden hat, wirklich niemals ein Abgang beschieden sein? Vierundsechzig Jahre sind es j etzt, 12 da er mit seiner Seele ringt. Warum bist du ihm und seinem Staat so bse ? (2) La nun die Astrologen endlich einmal die Wahrheit prophezeien, " die ihn, seit er Kaiser geworden ist, jedes Jahr und jeden Monat erneut zu Grabe tragen. Aber es ist ja nicht verwunderlich, wenn sie irren und keiner seine Todesstunde kennt ;" hat ihn doch kein Mensch je als fertig geboren betrachtet. 15 Drum tu, was endlich getan werden mu :

    >Gib ihn dem Tod, ein Besserer herrsch' im verwaisten Palaste.

  • 10 Apocolocyntosis

    Pieria crinem lauro frontemque coronans candida de niveo subtemina vellere sumit felici moderanda manu, quae ducta colorem assumpsere novum. mirantur pensa sorores : mutatur vilis pretioso lana metallo, aurea formoso descendunt saecula filo. nec modus est illis, felicia vellera ducunt et gaudem implere manus, sunt dulcia pensa. sponte sua festinat opus nulloque Iabore mollia contorto descendunt stamina fuso . vincunt Tithoni, vincunt et Nestoris annos. Phoebus adest cantuque iuvat gaudetque futuris et laetus nunc plectra movet nunc pensa ministrat. detinet intentas cantu fallitque laborem . dumque nimis citharam fraternaque carmina laudant, plus solito nevere manus humanaque fata Iaudatum transeendir opus. >ne demite, Parcae< Phoebus ait >vincat mortalis tempora vitae ille mihi similis vu!tu similisque decore nec cantu nec voce minor. felicia lassis

  • Die Verkiirbissung des Kaisers Claudius 1 1

    Flechten und Stirn bekrnzt vom Schmucke pierischen Lorbeers,"

    zieht mit glcklich fhrender Hand aus der schneeweien Wolle

    glnzende Fden, die, wenn sie versponnen, im Nu ihre Farbe

    wechseln. Ihr Werk bewundern erstaunt die gttlichen Schwestern :

    denn in edles Metall verwandelt sich einfache Wolle, goldene Zeiten steigen hernieder von prchtigem Garne. Und sie kennen kein Ma und ziehen beglckende Fden, freudig flln sie die Hnde und s scheint ihnen die

    Arbeit. Ganz von allein scheint's eilt das Werk, und mhelos

    flieen weich die Fden herab von der rasch sich drehenden

    Spindel. Sie bertreffen die Jahre des Nestor und die des Tithonus. 23 Phoebus ist da und spornt an mit Gesang und freut sich

    der Zukunft, schlgt bald frhlich die Laute, bald reicht er den Parzen

    die Wolle, hlt mit Gesang sie am Wirken und tuscht sie ber die

    Mhe. Whrend sie preisend das Spiel und die Lieder des Bruders

    hervorheben, spinnen sie mehr als das bliche Ma, und menschliches

    Ausma schon bersteigt das gepriesene Werk. 0 nehmt nichts ,

    ihr Parzen, davon ihm weg , sang Phoebus, ja spreng er des

    irdischen Daseins Schranken, mir hnlich im Antlitz, mir hnlich an

    Schnheit, gleich an Gesangskunst und Stimmgewalt mir.

    Glckselige Zeiten

  • 12 Apocolocyntosis

    saecula praestabit legumque silentia rumpet. qualis discutiens fugientia Lucifer astra aut qualis surgit redeuntibus Hesperus astris, qualis cum primum tenebris Aurora solutis induxit rubicunda diem, Sol aspicit orbem lucidus et primos a carcere concitat axes : talis Caesar adest, talem iam Roma Neronem aspiciet. flagrat nitidus fulgore remisso vultus et adfuso cervix formosa capillo . <

    (2) Haec Apollo. at Lachesis, quae et ipsa homini formosissimo faveret, fecit plena manu et Neroni multos annos de suo donat. Claudium autem iubent omnes

    xaLQOvtEc;, EUcp'I']IJ.OVtEc; bt3tEJ.lltELV OOJ.lvae me, puto, concacavi me

  • Die Verkrbissung des Kaisers Claudius 13

    wird er bringen den Schwachen und brechen das Schweigen des Rechtes .

    Gleich wie Lucifer24 scheucht er hinweg die fliehenden Sterne,

    und so wie Hesperus25 steigt er empor bei der Rckkehr der Sterne,

    so wie Helios - wenn Aurora", die Dunkelheit lsend, rosig erstrahlend herauflenkt den Tag - stets leuchtend die

    Erde anschaut und aus den Schranken den Sonnenwagen

    heranfhrt. Solch ein Kaiser ist nah, so wird Rom auf Nero nun

    scheinen ! Leuchtend erstrahlt in mildem Glanze sein liebliches

    Antlitz, und unter wallendem Haar sein wohlgestalteter Nacken.

    (2) So sang Apollo. Lachesis aber, die auch ihrerseits dem wunderschnen Menschen wohlgesonnen war, gab mit voller Hand und schenkte Nero von sich aus noch viele Jahre obendrein. Von Claudius dagegen fordern alle, ihn

    >erfllt von sel'ger Freude aus dem Haus zu tragen. < 27 Und prompt blubberte28 er seine Seele aus, und von dem Moment an hatte sein Scheindasein endlich ein Ende gefunden. Seinen letzten Schnaufer tat er zu guter Letzt, als er gerade einigen Komdianten zuhrte - damit du nur weit, da mir diese Gilde keineswegs grundlos nicht ganz geheuer ist. " (3 ) Die letzten Laute brigens, die man unter Menschen von ihm vernommen hatte - nachdem er gerade aus j enem Krperteil, mit dem er sich stets leichter zu uern verstand, einen strkeren Ton hatte entfahren lassen - waren folgende : je, ich glaube, ich habe mich beschissen. Ob er es wirklich getan hat, wei.ich nicht; sicher ist nur, da er alle Welt beschissen hat. 30 5 (1 ) Was dann auf Erden noch weiter passiert ist, ist nicht mehr ntig zu berichten. Ihr wit es wohl selbst am besten,

  • 14 Apocolocyntosis

    memoriae gaudium publicum impresserit : nemo felicitatis suae obliviscitur. in caelo quae acta sint, audite : fides penes auctorem erit. (2) Nuntiatur Iovi venisse quendam bonae staturae, bene canum ; nescio quid illum minari, assidue enim caput movere ; pedem dextrum trahere. quaesisse se, cuius nationis esset : respondisse nescio quid perturbato sono et voce confusa ; non intellegere se linguam eius, nec Graecum esse nec Romanum nec ullius gentis notae. (3 ) Turn luppiter Herculem, qui totum orbem terrarum pererraverat et nosse videbatur omnes nationes, iubet ire et explorare, quorum hominum esset. turn Hercules primo aspectu sane perturbatus est, ut qui etiam non omnia monstra timuerit. ut vidit novi generis faciem, insolitum incessum, vocem nullius terrestris animalis sed qualis esse marinis beluis solet, raucam et implicatam, putavit sibi tertium decimum Iaborern venisse. (4) Diligentius intuenti visus est quasi homo. accessit itaque et quod facillimum fuit Graeculo, ait :

    "tL :n:61'l-EV Ei UVQC:V, :n:61'l-L "tOL :7t0AL TJE "tOKijE; Claudius gaudet esse illic philologos homines, sperat futurum aliquem historiis suis locum. itaque et ipse Homerico versu Caesarem se esse significans ait :

  • Die Verk1rbissung des Kaisers Claudius 15

    und es besteht keine Gefahr, da, was ihm der allgemeine Jubel einmal eingeprgt hat, dem Gedchtnis wieder verlorengeht. Keiner vergit bekanntlich, was ihn glcklich macht. Doch hrt nun, was sich im Himmel zutrug: Die Gewhr dafr liegt in der Hand meines Informanten . (2) Dem Jupiter wird gemeldet :" es sei da jemand gekommen, von groer Statur, schon recht grau, er stoe Gott wei was fr Drohungen aus und er schttle in einem fort den Kopf; auch ziehe er das rechte Bein nach. Man habe gefragt, welche Staatsangehrigkeit er besitze ; aber jener habe irgend etwas in undeutlichem Tonfall und mit verworrener Stimme erwidert ; man knne seine Sprache nicht verstehen, es handle sich weder um einen Griechen noch um einen Rmer, noch gehre er irgendeiner anderen bekannten Nation anY (3 ) Da befiehlt Jupiter dem Hercules, loszugehen und herauszufinden, welcher Menschenrasse der Fremde angehre; schlielich war der ja schon durch die ganze Welt gezogen und kannte offenbar alle Vlker. Doch Hercules verlor beim ersten Anblick ganz schn die Fassung, als htte er doch noch nicht alle Ungeheuer frchten mssen. Wie er diese beispiellose Erscheinung sieht, den ungewhnlichen Gang, wie er die Stimme vernimmt, die man bei keinem zu Lande lebenden Wesen, sondern gewhnlich nur bei Seeungeheuern findet, so rauh und verworren, meinte er, nun sei seine dreizehnte Arbeit gekommen. 33 ( 4) Als er aber genauer hinsah, schien er ihm doch so etwas wie ein Mensch zu sein. Er kam also etwas nher und fragte, was fr so einen Griechen wie ihn das Selbstverstndlichste war :

    Wer, wes Volkes bist du, wo sind deine Heimat und Eltern?

  • 16 Apocolocyntosis

    'IA.LoEv f.IE cpegoov vEf.IO KLxovwm :n:eA.aaaEv. erat autem sequens versus verior, (aeque Homericus ) :

    ev-a ' eyoo :itOAL V e:n:gaov, ooA.wa ' airt01J. 6 (1) Et imposuerat Herculi minime vafro, nisi fuisset illic Febris, quae fano suo relicto sola cum illo venerat : ceteros omnes deos Romae reliquerat. >iste< inquit >mera mendacia narrat. ego tibi dico, quae cum illo tot annis vixi : Luguduni natus est, Planci municipem vides . quod tibi narro, ad sexturn decimum lapidem natus est a Vienna, Gallus germanus. itaque quod Gallum facere oportebat, Romam cepit. hunc ego tibi recipio Luguduni natum, ubi Licinus multis annis regnavit. tu autem, qui plura loca calcasti quam ullus mulio perpetuarius Lugudunensis, scire debes multa milia inter Xanthum et Rhodanum interesseaudi me< inquit >tu desine fatuari . venisti huc, ubi mures ferrum rodunt. citius mihi verum, ne

  • Die Verkiirbissung des Kaisers Claudius 1-

    Gleich von Ilion trug mich der Wind zur Stadt der Kikonen . 36

    Der nchste Vers aber, nicht weniger homerisch, wre eigentlich angemessener gewesen :

    '' . . dort verheert ich die Stadt und wrgte die Mnner. 37 6 ( 1 ) Und fast htte er dem Hercules, der keineswegs ein Ausbund an Schlauheit ist, stark imponiert, wre nicht die Fiebergttin mit von der Partie gewesen, die ihren Tempel verlassen hatte und ganz allein mit ihm gekommen war" - die anderen Gtter hatte er alle in Rom zurckgelassen. Der Kerl da erzhlt lauter Lgen , sagte sie. Ich, die ich so viele Jahre mit ihm gelebt habe, versichere dir : in Lyon ist er geboren, einen Landsmann des Plancus s iehst du vor dir. 39 Wie ich dir sage, sechzehn Meilen von Vienne" ist er geboren, ein waschechter Gallier. 41 Drum hat er auch getan, was sich fr einen Gallier gehrte : Rom hat er genommen. '2 Ich garantiere dir dafr, in Lyon ist er geboren, wo Licinus so viele Jahre geherrscht hat." Du aber," schlielich bist du schon durch mehr Orte gestiefelt als ein professioneller Maultiertreiber, der in Lyon daheim ist, du mut doch wissen, da zwischen Xanthos und der Rhne viele tausend Meilen liegen. H (2) Da wurde Claudius wei vor Wut, und so gut wie er eben konnte, grollte er voller Zorn. Was er tatschlich sagte, vermochte keiner zu verstehen. Er befahl, da man die Fiebergttin abfhre, und zwar mit jener zur Genge bekannten Geste seiner zittrigen Hand, die aber andererseits zu diesem einen Wink noch stark genug war, mit dem er die Menschen sonst gewhnlich einen Kopf krzer machen lie . Er hatte tatschlich verlangt, da man ihr den Hals abschneide. Man htte aber glatt meinen knnen, lauter Freigelassene von ihm seien da: so wenig scherten s ich alle um ihn." 7 (1) Da sagte Hercules zu ihm : Du hr nun zu, la endlich dieses alberne Gelabere. Du bist hier an einen Ort

  • 18 Apocolocyntosis

    tibi alogias excutiam< . et qua terribilior esset, tragicus fit et ait:

    (2) >exprome propere, sede qua genitus cluas, hoc ne peremptus stipite ad terram accidas ; haec clava reges saepe mactavit feros . quid nunc profatu vocis incerto sonas ? quae patria, quae gens mobile eduxit caput ? edissere. equidem regna tergemini petens Ionginqua regis, unde ab Hesperio mari Inachiam ad urbem nobile advexi pecus, v idi duobus imminens fluviis iugum, quod Phoebus ortu semper obverso videt, ubi Rhodanus ingens amne praerapido fluit Ararque dubitans, qua suos cursus agat, tacitus quietis adluit ripas vadis . estne illa tellus spiritus altrix tui ?<

    (3 ) Haec satis animose et fortiter, nihilo minus mentis suae non est et timet jJ.WQOii :n:A. 'l']yl]v . Claudius ut vidit virum valentem, oblitus nugarum intellexit neminem Romae sibi parem fuisse, illic non habere se idem gratiae : gallum in suo sterquilino plurimum passe. (4) ltaque quantum intellegi potuit, haec visus est dicere : >Ego te, fortissime deorum Hercule, speravi mihi adfuturum apud alias, et si qui a me notorem petisset, te fui nominaturus, qui me optime nosti. nam si memoria repetis , ego eram qui Tiburi ante templum tuum ius dicebam totis diebus mense Iulio et Auguste.

  • Die Verkrbissung des Kaisers Claudius 19

    gekommen, wo die Muse Eisen fressen. 48 Sag mir jetzt auf der Stelle die Wahrheit, damit ich dir nicht die Faxen49 anders austreiben mu. Und um noch erschrcklicher zu wirken, wird er tragisch und rezitiert:50

    (2) Sag rasch mir an, wo man dich denn geboren rhmt, auf da nicht dieser Strunk dich in die Erde treibt, die Keule hier fllt' manchen schlimmen Herrscher schon ! Was krchzt mit solchen Lauten unverstndlich da? Weich Land, welch Volk bracht' diesen W ackelkopf

    hervor? Sag an . Dereinst als ich zum fernen Reiche zog des dreigestalt'gen Knigs und vom Westmeer aus ich dann gen Argos hin die stolze Herde trieb, ein Bergjoch sah ich, berragt der Flsse zwei, das Phoebus stets beim Aufgehn gegenber schaut, 51 wo reiend schnell die mcht'ge Rhne vorberstrmt, wogegen zgernd die Sane den Lauf sich grbt und leis mit sanften Wellen Uferrand besplt. " lst's dieses Land, das Mutter deines Geist's du whnst?

    (3) So deklamierte er recht beherzt und unverzagt ; trotzdem ist ihm nicht ganz wohl in seiner Haut, und er frchtet des Narren Streich

  • 20 Apocolocyntosis

    (5) Tu scis, quantum illic miseriarum tulerim, cum causidicos audirem diem et noctem, in quos si incidisses , valde fortis licet tibi videaris, maluisses cloacas Augeae purgare : multo plus ego stercoris exhausi. sed quoniam volo< . . .

  • Die Verkiirbissung des Kaisers Claudius 2!

    (5) Du wirst wissen, was fr Qualen ich da ausgestanden habe, als ich Tag und Nacht die Advokaten anhren mute; wrst du unter die geraten, dann httest du - und magst du dir auch noch so stark vorkommen - eher die Kloaken des Augias reinigen" wollen : viel strker aber habe ich noch ausmisten mssen. Doch da ich vorhabe . . .

  • 22 Apocolocyntosis

    8 (1) >Non mirum quod in curiam impetum fecisti : nihil tibi clausi est. modo die nobis, qualem deum istum fieri velis . EmxougELO

  • Die Verkrbissung des Kaisers Claudius 23

    Privatmann Gelegenheit gebe, sein Anliegen vorzutragen. Dem Antrag wird stattgegeben, und Claudius kann endlich seinen Wunsch, in die Reihe der Gtter aufgenommen zu werden, vorbringen und begrnden, wobei Hercules noch eine bekrftigende Empfehlung nachgeschickt haben drfte. Daraufhin gestattet der Vorsitzende des himmlischen Senats, ]upiter, den anwesenden Senatsmitgliedem, Fragen an Claudius zu stellen. Doch statt gezielter Befragung entsteht, wohl besonders durch allerlei auslndische Gtter," eine turbulente Debatte; Zwischenrufe, Einwnde, Vorwrfe sind zu hren. Mitten in der Rede eines der letzten dieser temperamentvollen, ungezgelten Debattenredner setzt der Text der Handschriften wieder ein. Es spricht ein gebildeter und kritischer Gott, der in epikureischer und stoischer Philosophie, in der griechischen und lateinischen Literatur wohlbewandert ist, die Verhltnisse in Alexandria, Athen, B1'itannien und Rom kennt, wahrscheinlich Apollo." Dieser nimmt sich gerade Hercules als Frsprecher des Claudius vor:

    8 ( 1 ) Kein Wunder, da du mit Gewalt in die Kurie eingebrochen bist : Vor dir ist ja weder Schlo noch Riegel sicher. Nun sag uns nur, was fr einen Gott du aus dem Kerl da machen willst. Ein epikureischer Gott kann er nicht sein, denn der hat ja weder selbst etwas zu tun, noch macht er anderen zu schaffen. 60 Oder ein stoischer? Aber wie knnte er, um's mit Varro zu sagen, >kugelrund sein, ohne Kopf und ohne Vorhaut< ?" Und doch ist etwas von einem stoischen Gott in ihm, gerade seh ich's : er hat weder Herz noch Kopf. (2) Aber beim Hercules, selbst wenn er Saturn um diese Gnade der Vergttlichung gebeten htte, dessen Festmonat er als Saturnalienprinz ja gewhnlich das ganze Jahr ber feierte, 62 er htte sie nicht erhalten, und zu allerletzt wohl von Jupiter, der, wenn es nach ihm gegangen wre, wegen Blutschande htte verurteilt werden mssen. Seinen Schwiegersohn Silanus nmlich hat er in den Tod getrieben,

  • 24 Apocolocyntosis

    propterea quod sororem suam, festivissimam omnium puellarum, quam omnes Venerem vocarent, maluit lunonem vocare . < ( 3 ) Quare inquit quaero enim, sororem suam ?

  • Die Verkrbissung des Kaisers Claudius 25

    weil dieser seine Schwester, ein ganz liebreizendes Mdchen, das jedermann eine Venus nannte, lieber seine Juno nennen wollte. '' (3) Warum, mchte ich wissen, mute es auch gerade seine Schwester sein ?

  • 26 Apocolocyntosis

    non in rem dicere sententiam, censeo ne quis post hunc diem deus fiat ex his, qui

    UQOUQ'Y] X

  • Die Verkrbissung des Kaisers Claudius 27

    theater; daraus gemacht. Um aber nicht den Anschein zu erwecken, als sprche ich gegen eine bestimmte Person statt zur Sache, pldiere ich dafr, da von heute an keiner mehr von denen ein Gott werden kann, die >genieen die Frchte des Feldesdie nahrungspendende Erdeglhend heie Rben verschlingen

  • 28 Apocolocyntosis

    invidere, mea res agitur; deinde tu si quid volueris, in vicem faciam : manus manum lavatEgo< inquit >p . c. vos testes habeo, ex quo deus factus sum, nullum me verbum fecisse : semper meum negotium ago . sed non possum amplius dissimulare et dolorem, quem graviorem pudor facit, continere . (2) In hoc terra marique pacem peperi ? ideo civilia bella compescui ? ideo legibus urbem fundavi, operibus ornavi, ut - quid dicam p. c. non invenio : omnia infra indignationem verba sunt. confugiendum est itaque ad Messalae Corvini, disertissimi viri, illam sententiam : pudet imperii

  • Die Verkitrbissung des Kaisers Claudius 29

    gekehrt einen Gefallen erweisen : eine Hand wscht die andere . 10 (1) Da erhob sich der gttliche Augustus, um, da die Reihe an ihm war, seine Stellungnahme abzugeben, und trug mit meisterhafter Beredsamkeit folgendes vor : Ich rufe euch als Zeugen auf, Senatoren, da ich noch kein einziges Wort geuert habe, seitdem ich Gott geworden bin : immer kmmere ich mich nur um meine Angelegenheiten. s; Aber j etzt kann ich dieses Spiel nicht mehr lnger gleichgltig mitmachen und den Schmerz, den mein gesundes Ehrgefhl noch schlimmer macht, bezwingen. (2) Dazu also habe ich zu Wasser und zu Lande Frieden geschaffen? Darum die Brgerkriege beendet? Deshalb die Stadt auf den Boden der Gesetze gestellt, sie durch Prachtbauten verschnert, 86 nur um - - Senatoren! Ich wei nicht, was ich sagen soll. Ich finde keine Worte fr meine Entrstung. Ich mu Zuflucht nehmen zu dem bekannten Ausspruch des groen Redners Messala Corvinus : >Ich mu mich fr das Reich schmen!

  • 30 Apocolocyntosis

    Silanum, videris Iuppiter an in causa mala, certe in tua, si aecus futurus es . Die mihi, dive Claudi, quare quemquam ex his, quos quasque occidisti, antequam de causa cognosceres, antequam audircs, damnasti ? hoc ubi fieri solet ? in caelo non fit. 1 1 ( 1 ) Ecce luppiter, qui tot annos regnat, uni Volcano crus fregit, quem

    QL'IjJE JtO "tE'Wyoov am) lJAOii 'ltea:rtea(mo, et iratus fuit uxori et suspendit illam : numquid occidit ? tu Messalinam, cuius aeque avunculus maior cram quam tuus, occidisti. nescio inquis ? di tibi male faciant : adeo istuc turpius est, quod nescisti, quam quod occidisti . (2) C. Caesarem non desiit mortuum persequi. occiderat ille socerum : hic et generum. Gaius Crassi filium vetuit Magnum vocari : hic nomen illi reddidit, caput tulit. occidit in una domo Crassum, Magnum, Scriboniam, assarios quidem, nobiles tarnen, Crassum vero tarn fatuum, ut etiam regnare posset. (3 ) Hunc nunc deum facere vultis ? videte corpus eius dis iratis natum. ad summam, tria verba cito dicat, et servum me ducat. (4) Hunc deum quis colet ? quis credet? dum tales deos

  • Die Verkiirbissung des Kaisers Claudius 3 1

    in einer blen Sache93 verurteilt worden ist, auf jeden Fall in einer, die auch dich angeht, wenn du knftig noch gerecht sein willst. Jetzt sag mir nur, gttlicher Claudius, warum hast du einen ieden von denen, die du hinrichten lieest, immer verurteilt, bevor du eine gerichtliche Untersuchung eingeleitet, ja bevor du sie berhaupt nur angehrt hast ?" Wo ist so etwas denn blich ? Bei uns im Himmel bestimmt nicht. 11 ( 1 ) Schau dir Jupiter an, der schon so viele Jahre regiert, er hat bisher lediglich dem Vulkan einmal ein Bein gebrochen, als er

    >beim Fu ihn packend, hinab von der gttlichen Schwelle ihn warf,,"

    und einmal war er zornig auf seine Gattin und hat sie gefesselt im ther aufgehngt - aber hat er sie denn gleich umgebracht ? Du aber hast Messalina, deren Groonkel ich genauso war wie der deine, tten lassen. 97 >Ich wei von nichts

  • 32 Apocolocyntosis

    facitis, nemo YOS deos esse credet. summa rei, p. c. , si honeste me inter vos gessi, si nulli clarius respondi, vindicate iniurias meas. ego pro sententia mea hoc censeo< : atque ita ex tabella recitavit : (5) >Quandoquidem divus Claudius occidit socerum suum Appium Silanum, generas duos Magnum Pompeium et L . Silanum, socerum filiae suae Crassum Frugi, hominem tarn similem sibi quam ovo ovum, Scriboniam socrum filiae suae, uxorem suam Messalinam et ceteros quorum numerus iniri non potuit : placet mihi in eum severe animadverti nec illi rerum iudicandarum vacationem dari eumque quam primum exportari et caelo intra triginta dies excedere, Olympo intra diem tertium(illuc) unde negant redire quemquam

  • Die Verkrbissung des Kaisers Claudius 33

    glauben ? Sobald ihr solche Figuren zu Gttern macht, wird kein Mensch mehr glauben, da ihr Gtter seid. Kurz und gut, Senatoren, wenn ich mich in diesem Hohen Hause stets ehrenhaft verhalten habe, wenn ich keinem je zu deutlich herausgegeben habe, so rcht das Unrecht, das ich erlitten habe. Nach meinem Dafrhalten pldiere ich fr folgendes (und er verlas aus seinem Notizblock) : 103 (5) In Anbetracht der Tatsache, da der gttliche Claudius ermorden lie seinen Schwiegervater Appius Silanus, seine beiden Schwiegershne Magnus Pompeius und Lucius Silanus, den Schwiegervater seiner Tochter, Crassus Frugi (ein Individuum, ihm so hnlich wie ein Ei dem anderen) , Scribonia, die Schwiegermutter seiner Tochter, Messalina, seine Frau, und eine Menge anderer, deren genaue Zahl nicht ermittelt werden konnte - so stelle ich den Antrag, mit aller gebotenen Strenge gegen ihn vorzugehen, ihm auch keinerlei Prozeaufschub zu gewhren und ihn baldmglichst abzuschieben, und zwar mit der Magabe, da er den Himmel binnen dreiig, den Olymp aber schon in drei Tagen verlassen mu . 104 (6) Dieser Antrag wurde allgemein angenommen. Es gab keinen Aufschub, und so packte ihn Merkur am Kragen105 und schleppt ihn aus dem Himmel in die Unterwelt,

    >von wo noch keiner, sagt man, zurckkam.

  • 34 Apocolocyntosis

    animo . iurisconsulti e tenebris procedebant, pallidi, graciles, vix animam habentes, tanquam qui turn maxime reviviscerent. ex his unus cum vidisset capita conferentes et fortunas suas deplorantes causidicos, accedit et ait : >dicebam vobis : non semper Saturnalia erunt

  • Die Verkiirbissung des Kaisers Claudius 35

    Die wirklichen Juristen indes traten aus der Finsternis hervor, bleich, abgemagert, kaum noch Leben im Krper, als ob sie jetzt erst wieder richtig aufzuleben begannen. 108 Als einer von ihnen sah, wie die Advokaten die Kpfe zusammensteckten und ihr Los beklagten, ging er auf sie zu und sprach : Ich hab's euch doch gesagt, die Saturnalien werden nicht ewig dauern!"' (3 ) Wie Claudius nun sein eigenes Begrbnis sah, da begriff er, da er mausetot sei. Denn ein gewaltiger Chor zog um und stimmte in Anapsten den Klagegesang an :110

    Vor Trnen zerfliet, in Klagen brecht aus, von Trauergesang das Forum erschall'! ach, es sank uns ein Held von so strahlendem Geist, und keinen auch gab's auf des Erdkreis' Rund, der da tapfrer als er. Die Geschwindesten hat im rasenden Lauf er weit berholt, und die Partherrebell'n, 1 1 1 er hat sie zersprengt und mit leichtem Gescho alle Perser gejagt und mit sicherer Hand seinen Bogen gespannt, da den fliehenden Feind in kaum sichtbarer Wund' so durchbohre der Pfeil und das bunte Gewand, wenn den Rcken gewandt die Meder, die fliehn. Das britannische Volk1 12 - weit hinter dem Meer, das wir bisher erforscht -und Brigantias Stammm mit dem blulichen Schild muten beugen den Hals unters rmische Joch, ja dem Ozean selbst'" er zu zittern gebot vor dem neuen Recht eines rmischen Beils. Oh, beklaget den Mann, der wie keiner so rasch bei Prozessen entschied, wenn nur eine Partei er zu hren geneigt oder keine oft auch!'" Welcher Richter wird nun jahraus und jahrein j etzt hren die Klag' ? Sieh, dir weichet da schon und rumt seinen Sitz,

  • 36 Apocolocyntosis

    qui dat populo iura silenti Cretaea tenens oppida centurn. caedite rnaestis pectora palrnis, o causidici, venale genus . vosque poetae lugete novi, vosque in prirnis qui concusso rnagna parastis lucra fritillo . <

    13 (1) Delectabatur laudibus suis Claudius et cupiebat diutius spectare. inicit illi rnanurn Talthybius deorum nuntius et trahit capite obvoluto, ne quis eum possit agnoscere, per carnpum Martiurn et inter Tiberim et Viam Teetarn descendit ad inferos . (2) Antecesserat iarn cornpendiaria Narcissus libertus ad patronurn excipiendum et venienti nitidus, ut erat a balineo, occurrit et ait :

    quid di ad homines ?< >celerius< inquit Mercurius >et venire nos nuntiabelua centicepsClaudius< inquit >veniet

  • Die Verkrbissung des Kaisers Claudius 37

    der im Schweigenden Reich das Recht hat gesproch'n, Knig Minos, der einst hundert Stdte beherrscht.'" Ach, klopft auf die Brust mit trauernder Hand, Advokatengezcht, ihr kufliches Pack! Und es klage nun auch, wer ein Modepoet,117 und besonders auch ihr, ihr Spielergelump', die leichten Gewinn mit den Bechern erzielt'."'

    13 (1) Claudius war hocherfreut ber diese Lobeshymnen und hatte groe Lust, noch lnger zuzuschauen. Da packt ihn schon der Gtterbote Talthybius"' und schleppt ihn Yerhllten Hauptes, damit ihn keiner erkennen knne, bers :Marsfeld und steigt mit ihm zwischen Tiber und der Via Tecta1 2 0 in die Unterwelt. (2) Vorausgeeilt war schon auf einem krzeren Weg der kaiserliche Freigelassene Narzissus1 21 , um seinen Herrn zu empfangen ; blitzsauber, wie er vom Bade war, 1 22 eilt er dem Ankmmling entgegen und ruft aus :

    Was suchen die Gtter bei den Menschen ? Mach schon , ruft Merkur, und melde, da wir kommen. (3) Kaum gesagt, eilt Narzissus auch schon davon. Alles geht bergab, leicht kommt man hinunter. So gelangte er trotz seiner Gichtfe im Handumdrehen zu Plutos pforte, wo der Cerberus oder, wie Horaz sagt, >die hundertkpfige Bestie, 1 2 3 lag. Ein wenig verliert er jetzt doch die Fassung, wie er diesen schwarzen, strhnigen Kter sieht, dem man sicher nicht im Dunkeln begegnen mchte - sonst war er nur gewhnt, sein weies Schohndchen zu htscheln -, dann aber ruft er mit lauter Stimme : Claudius kommt! (4) Unter Hndeklatschen kommen sie nunmehr hervor und singen :

    Wir haben ihn gefunden, nun freun wir uns! 12 4 Da waren der designierte Konsul Gaius Silius , der ehemalige Prtor Juncus, Sextus Traulus, Marcus Helvius, Trogus,

  • 3 8 Apocolocyntosis

    equites R. quos Narcissus duci iusserat. medius erat in hac cantantium turba Mnester pantomimus, quem Claudius decoris causa minorem fecerat. (5) Ad Messalinam - cito rumor percrebuit Claudium venisse - convolant : primi omnium liberti Polybius, Myron, Harpocras , Amphaeus, Pheronactus, quos Claudius omnes, necubi imparatus esset, praemiserat. deinde praefecti duo Iustus Catonius et Rufrius Pollio. deinde amici Saturninus Lusius et Pedo Pompeius et Lupus et Celer Asinius consulares, novissime fratris filia, sororis filia, generi, soceri, socrus, omnes plane consanguinei. (6) Et agmine facto Claudio occurrunt. quos cum vidisset Claudius, exclamat :

    >:n:av1:a cpCA.oov :n:A.i]Qll . quomodo huc venistis vos? < turn Pedo Pompeius : quid dicis, homo crudelissimc ? quaeris quomodo ? quis enim nos alius huc misit quam tu, omnium amicorum interfector? in ius eamus : ego tibi hic seilas ostendam

  • Die Verkiirbissung des Kaisers Claudius 39

    Cotta, Vettius Valens, Fabius - lauter rmische Ritter, die ::-.larzissus hatte hinrichten lassen. "' Mitten unter dieser Sngerschar war auch der Pantomime Mnester, den Claudius aus Schnheitsgrnden einen Kopf krzer machen lie . (5) Alle eilen zu Messalina hin, denn das Gercht, Claudius sei gekommen, hatte sich schnell herumgesprochen : allen voran die Freigelassenen Polybius, Myron, Harpocras, Amphaeus, Pheronactus, die Claudius allesamt, um nicht ohne Dienerschaft auskommen zu mssen, bereits vorausgeschickt hatte ; schlielich noch die beiden Prfekten ]ustus Catonius und Rufrius Pollio, auerdem seine Freunde Saturninus Lusius und Pedo Pompeius sowie Lupus und Celer Asinius, alles ehemalige Konsuln, und zu guter Letzt die Tochter seines Bruders, die Tochter seiner Schwester, seine Schwiegershne, seine Schwiegervter, seine Schwiegermutter, mit einem Wort, alle seine Blutsverwandten. (6) In geschlossener Prozession ziehen sie Claudius entgegen . Als er sie sieht, ruft er aus : >>Alles ist. voll von Freunden ! 12' Wie seid ihr denn hierher gekommen ? Darauf fhrt ihn Pedo Pompeius an : Was sagst du da, du brutaler Kerl ? Du fragst noch wie ? Wer anders als du hat uns hierhergeschickt, du Mrder aller deiner Freunde ? Los, ab ! Vors Gericht gehen wir jetzt: ich werd' dir gleich zeigen, wo hier die Richter sitzen . 1 4 (1) Und e r fhrte ihn vor das Tribunal des Aeacus : 127 der leitete die Untersuchungen nach der Lex Cornelia"' ber Meuchelmrder. Pedo beantragt, er solle ihn als Klger zulassen und reicht die Klageschrift ein : ermordet seien 35 Senatoren, 221 rmische Ritter, an sonstigen Brgern >soviel wie Sand am Meer. < 129 (2) Rechtsbeistand kann Claudius keinen finden. Schlielich tritt Publius Petronius vor, sein alter Zechkumpan, ein Geselle, der in der Claudianischen Schnrednerei perfekt war, und bittet um einen Aufschub zwecks Rechtsberatung. Abgelehnt. Die Anklage vertritt unter groem Beifallsge-

  • 40 Apocolocyntosis

    magnis clamoribus. incipit patronus velle respondere. Aeacus, homo iustissimus, vetat et illum altera tantum parte audita condemnat et ait :

    al:xe :1t

  • Die Verkrbissung des Kaisers Claudius 41

    schrei Pedo Pompeius. Schon schickt sich Petronius an, diesem zu entgegnen. Da verbietet es ihm Aeacus, die Gerechtigkeit in Person, und, nachdem er nur die Gegenpartei angehrt hat, verurteilt er ihn"' und sagt :

    Was er getan, dafr b' er, und gleiches Recht widerfahr' ihm ! 131

    (3) Da wurde es totenstill. Ganz perplex sind alle, wie vom Donner gerhrt angesichts dieses unerhrten Falles ; so etwas habe es noch nie gegeben, sagten sie. Dem Claudius allerdings schien es eher ungerecht als neu. ber die Art der Strafe stritt man lange hin und her, was er denn erleiden solle. Einige meinten, Sisyphus habe seine Last schon lange genug getragen, "' auch T antalus werde bald vor Durst umkommen, 1 33 wenn man ihm nicht zu Hilfe komme, und einmal msse schlielich auch das Rad des armen Ixion zum Stehen gebracht werden. "' (4) Indes man lehnte allgemein ab, einen dieser alten Ber zu erlsen, damit Claudius fr sich ja nicht einst Gleiches erhoffen knne. :Man beschlo, man msse eine ganz neue Strafe fr ihn einfhren, eine vllig sinnlose Arbeit ersinnen, eine aussichtslose Bettigung auf dem Gebiet irgendeiner seiner frheren Lieblingsbeschftigungen - ohne allen Effekt. Da ordnet Aeacus an, er solle wrfeln - mit einem durchlcherten Becher. "' Und schon fing er an, die immer entfallenden Wrfel aufzusammeln, ohne je zum Wurf zu kommen :

    15 (1) Denn sooft er zu wrfeln versuchte aus schepperndem Becher,

    fielen die Wrfel gleich beide heraus durch die Lcher des Bodens.

    Wagt' er's erneut, die wiedergesammelten Wrfel zu werfen -

    immer zum Spiele gewillt, doch vergebens stets greifend nach ihnen -,

    tuschten sein Hoffen sie wieder : den eigenen Fingern entgleitet

  • 42 Apocolocyntosis

    fallax adsiduo dilabitur alea furto . sie cum iam summi tanguntur culmina montis, irrita Sisyphio volvuntur pondera collo .

    (2) Apparuit subito C. Caesar et petere illum in servitutem coepit; producit testes, qui illum viderant ab illo flagris , ferulis, colaphis vapulantem. adiudicatur C. Caesari ; Caesar illum Aeaco donat. is Menandro liberto suo tradidit, ut a cognitionibus esset.

  • Die Verkrbissung des Kaisers Claudius 43

    tckisch der Wrfel, als ob er von diebischen Hnden entwendet.

    So, wenn der Gipfel bereits des mchtigen Berges ist erklommen,

    rollt nach vergeblichem Wlzen von Sisyphus' Nacken der Steinblock.

    (2) Da erschien pltzlich Kaiser Caligula und forderte ihn entschlossen fr sich als Sklaven an ;"' er brachte Zeugen bei, die gesehen hatten, wie Claudius von ihm mit Peitschenund Rutenhieben sowie mit Ohrfeigen maltrtiert wurde . Folglich wird er Kaiser Caligula zugesprochen. Der Kaiser schenkt ihn weiter an Aeacus, und der berlt ihn wieder seinem Freigelassenen Menander, m damit er ihm bei gerichtlichen Untersuchungen als Bttel diene . '"

  • Anmerkungen

    Der Text der vorliegenden Ausgabe folgt den Editionen von Franz Bcheler, Petronii saturae, adiectae sunt Varronis et Senecae saturae ;imilesque reliquiae, editio octava, Berlin/Zrich 1963, und von Wilhelm Schne, Seneca, Apokolokyntosis. Die Verkrbissung des Kaisers Claudius, Mnchen 1 957. Auerdem wurde die grundlegende Edition von C. F. Russo, L. Annaei Senecae Divi Claudii AIIOKOAOKYN9QI, Florenz 5 1965, vergleichend hinzugezogen.

    Der 13 . Oktober 54 n. Chr. war der Todestag von Kaiser Claudius ; Ti. Claudius Caesar Augustus Germanicus, wie sein voller offizieller Name lautete, war von seiner Gattin Agrippina d. J. (wahrscheinlich durch ein Pilzgericht, vgl. Tacitus, ann. XII, 67) vergiftet worden . Noch am selben Tag wurde er vom Senat unter die Gtter erhoben.

    2 Mit anno novo im neuen (Kaiser-)Jahr< (54 n. Chr . ) will Seneca zum Ausdruck bringen, da die alte Zeitrechnung nicht mehr gilt und ein neues (goldenes) Zeitalter mit dem Regierungsbeginn von Kaiser Nero angebrochen ist.

    3 In Anlehnung an eine griechische Sentenz {tlOlQI!J xal aaLAEL VOtlO yQacpo; >nur fr einen Trottel und den Kaiser gibt es ein ungeschriebenes Gesetz

  • 46 Anmerkttngen

    ihn ffentlich (vgl . Sueton, Cl. 3). Nach seinem Tod hielt sich auch Nero mit Spott und Hohn nicht mehr lnger zurck ; mit einem seiner Lieblingswitze pflegte er festzustellen : morari Claz1dium desisse >Ciaudius htte aufgehrt, (auf Erden) allzu lang-zu-weilen< ; dabei sprach er in Anlehnung an das griechische LWQ6; >albern, einfltig, andend< die erste Silbe lang aus, so da der Hrer nicht nur an morari, >Verweilen< erinnert wurde, sondern bei mrari >dumm sein, herumalbern< assoziierte (vgl . Sueton, Nero 33) .

    4 Als Drusilla, die Schwester von Kaiser Caligula, im Jahre 38 n . Chr. gestorben war, wurde sie zur Gttin erhoben. Der Senator Livius Geminus, im Todesjahr von Kaiser Claudius (54) offenbar Oberaufseher der Via Appia, schwor im Senat, er habe Drusilla zum Himmel auffahren sehen. Fr diese Aussage bekam er vom Kaiser, dem an der Untermauerung des offiziellen Glaubens an die Deifikation von Vertretern des Kaiserhauses natrlich sehr gelegen war, 250 000 Denare (vgl. Cassius Dio 59, 1 1 ) . Da das Volk dennoch ein skeptisches Verhltnis zur Apotheose hatte, zeigt der satirische Ansatz Senecas . - Vor L. Geminus hatte schon der Senator Numerius Atticus eidlich bezeugt, er habe die Gestalt des verbrannten Augustus zum Himmel emporsteigen sehen, und bekam dafr von der Kaiserwitwe Livia die gleiche Summe (vgl. Sueton, Aug. 1 00 und Cassius Dio 56,46) .

    5 Zitat aus Vergil, Aeneis II, 724 : (lulus) . . . sequitur patrem non passibus aequis. So beschreibt Vergil, wie der kleine Julus seinem Vater Aeneas, der ihn fest an der rechten Hand genommen hatte, beim Auszug aus dem brennenden Troja. zu folgen versuchte, also mit im Vergleich zum Schrittma des Vaters >ungleichen [da krzeren] Schritten

  • Anmerk-ungen 47

    7 Mit der unvermittelt einsetzenden, sehr pathetisch gezeichneten Darstellung des Herbstes, dem eigentlichen Beginn der Handlung, parodiert Seneca in bewut manieristisch-schwlstiger Art die klassischen Vorbilder (vgl. z. B. Homer, Odyssee 2, 3 8 8 ; 1 0, 1 83 ; 10, 1 8 7 ff. ; Ilias I, 477; Vergil, Aeneis I, 306). Im Gegensatz zu der nachfolgenden knappen chronologischen Datierung lt der Zeitpunkt der Weinlese, die krzere Sonnenumlaufbahn und die lngere Nachtzeit nur ungefhr auf September/Oktober schlieen. - Phoebus : Sonnengott; gemeint ist : der Tag bricht spter an, die Nacht tritt frher ein. - Cynthia: Schwester von Apollo/Phoebus, auch mit Diana gleichgesetzt. Als Apollo mit dem Sonnengott gleichgesetzt wurde, machte man sie zur Mondgttin ( = Luna/Selene). - Gott des Weines : Bacchus.

    8 Seneca bentzt fr seine satirischen Ausfhrungen hier den Gemeinplatz des Philosophenstreites (vgl. etwa die antike Schule des Skeptizismus) sowie den allseits bekannten Umstand, da bei den damals im Gebrauch befindlichen Wasser-, Sand- und Sonnenuhren kein absoluter Verla auf Zeitangaben bestand. Die Todesstunde, die Seneca meint, ist die offiziell angegebene Stunde von Claudius' Ableben. Tatschlich starb Claudius schon mehrere Stunden zuvor, doch wurde sein Tod einige Zeit geheimgehalten, einerseits um hinsichtlich der Throniolge alles vorher in Ordnung zu bringen, andererseits um den von den Hofastrologen bestimmten gnstigsten Zeitpunkt zur Bekanntgabe des Todesfalles abzuwarten (vgl. Tacitus, ann. XII, 68 f. ; Sueton, Cl. 45, Nero 8) .

    9 Das Bild des Claudius, der fr seine Seele gleichsam wie ein Hirte fr seine Schafe keine ffnung im Pferch findet, durch die er diese hinaustreiben knnte, ist vom Autor hier in bewut satirisch-erniedrigender Absicht gezeichnet.

    10 Merkur war einerseits der Gott der Krmer, des Handels (merx) und der Emporkmmlinge, andererseits war er auch Symbol fr die typischen Eigenschaften eines erfolgreichen Kaufmannes, d. h. fr Einfallsreichtum, Schlue und Krmersinn. Hierin liegt eine weitere Spitze gegen Claudius, da der Relativsatz doppeldeutig zu verstehen ist: zum einen mag Merkur in der Tat an gewissen Talenten von Claudius Gefallen gefunden haben, sicher nicht an seinen sprachlichen und historischen Studien, eher schon an seiner stadtbekannten Spielsucht (vgl. Sueton, Cl. 33) oder an seinem prophylaktischen Vorratsden-

  • 48 Anmerkungen

    ken (vgl. Tacitus, ann. XII, 43 ; Sueton, Cl. 1 8) , zum anderen lt sich der Satz auch als ironischer Seitenhieb auf die Umkehrung der von Merkur verkrperten Eigenschaften bei Claudius interpretieren, nmlich seine fehlende Gewandtheit, seine Tlpelhaftigkeit, Begriffsstutzigkeit und sprachlichen Schwierigkeiten (vgl. Sueton, Cl. 30).

    11 Die drei Parzen (Schicksalsgttinnen) sind Clotho, die den Lebensfaden spinnt, Lachesis, die in erhlt und bewahrt, und Atropos, die ihn schlielich durchschneidet. Da Merkur um den Tod von Claudius hier mit Clotho, die fr die Entwicklung des Lebens verantwortlich ist, und nicht mit der fr das Durchtrennen des Lebensfadens zustndigen Atropos ( = >die Unabwendbare

  • Anmerkungen 49

    17 Die Beteuerungsformel mehercules, mit der Clotho Hercules quasi als Zeugen anruft, wird sonst nur von Mnnern gebraucht; zu einem hnlichen Gebrauch vgl. Phaedrus 111, 1 7, 8 .

    1 8 Die Toga zu tragen war nur den freien rmischen (Voll-)Brgern, den togati, gestattet ; die hier vorliegende Miteinbeziehung der Britanni ist eine bewute bertreibung Senecas, da lediglich Sdengland erst im Jahre 45 n. Chr. unter Claudius' Regierung erobert wurde.

    19 Claudius und von ihm ermchtigte Freigelassene verliehen das lange Zeit geradezu eiferschtig behtete rmische Brgerrecht freizgig, ja es ging sogar das Wort um, man knne um ein paar Glasscherben rmischer Brger werden (vgl. Cassius Dio 60, 1 7) . Da sich der Princeps dabei allerdings von wohlbegrndeten berlegungen leiten lie, etwa da ehedem Freunde, ja selbst feindlich gesinnte Nationen durch staatsrechtliche Aufwertung und Integration ins rmische Reich unter dem gleichen Namen zu einer Gemeinschaft zusammengewachsen sind

  • 50 Anmerkungen

    whnte, ist begreiflich. Zu Nero als Snger, Musiker und Deklamator und seinem Streben, es Apollo gleichzutun, vgl. Sueton, Nero 20 und 53 ; Cassius Dio 60,20 und 63, 14 und 20.

    22 Pieros war der Vater der neun Musen. Der piecisehe Lorbeer, mit dem sich auch Apollo als Musenjnger auswies, galt als Symbol der Luterung und der Seher. - Lachesis bekundet also mit ihrem Kopfschmuck die zukunftsweisende Bedeutung ihres Wirkens.

    23 Nestor und Tithonus stehen beide sprichwrtlich fr hohes Alter (vgl. dazu etwa unseren Ausdruck vom methusalemischen Alter) . Nestor war Knig von Pylos und soll drei Menschenalter gelebt haben. Tithonus wurde von seiner Gemahlin, der Gttin der Morgenrte (Aurora), in den Himmel entfhrt, wo sie um ewiges Leben, aber nicht ewige Jugend ( !) , fr ihn bat (vgl. Horaz, carm. II , 16, 30) .

    24 Lucifer (wrtl. >Lichtbringerherausgurgeln (lassen)< (vgl . bulla >Wasserblase

  • Anmerkungen 5 1

    concacarc ist konkret auf die Auswirkungen der Vergiftung des Claudius angespielt (vgl. Tacitus , ann. XII,67), zugleich aber drckt sich fr die Eingeweihten ein handfester Spott ber den Entschlu des Kaisers aus, ein Edikt ber gewisse Fragen des \V ohlverhaltens bei Tische zu erlassen (vgl. dazu Sueton, Cl. 32, und Petronius, satir. 47).

    31 Hier beginnt die eigentliche Himmelfahrt des Kaisers Claudius . 32 Siehe Anm. 5 . 33 Die dreizehnte Arbeit des Hercules, also noch schlimmer als

    seine zwlfte und letzte Handlung, das Heraufholen des dreikpfigen schlangenbewachsenen Hllenhundes Cerberus .

    34 Die formelhafte Frage aus Homer, Odyssee 1 , 1 70, die Telemach an Athene stellt, war damals wohl jedem bekannt und gab nicht den geringsten Anla, daraus zu schlieen, der Himmel sei voller Gelehrter. Da Claudius mit einer entsprechenden griechischen Wendung antwortet, ist eine Anspielung auf seine Neigung, sich hufig der griechischen Sprache zu bedienen und bisweilen sogar Prozesse mit Homer-Zitaten zu entscheiden : multum vero, pro tribunali ctiam, H omericis locutus est versibus (Sueton, Cl. 42) .

    35 Claudius war e in vielseitig interessierter Philologe und begeisterter Hisoriker; so hatte er ein 20bndiges Werk der etruskischen Geschichte und ein 8bndiges Werk ber die karthagische Geschichte auf Griechisch verfat. Den Ansporn zu seinen historischen Forschungen drfte Livius mit seiner umfangreichen Geschichtsdarstellung gegeben haben. Auerdem verfate er noch eine Autobiographie und eine Verteidigungsschrift Ciceros.

    36 Obwohl Claudius nicht aus dem julischen Geschlecht stammte, trug er wie die brigen Kaiser den Beinamen Caesar. Als Caesar (vgl. Caesarem se esse) betrachtet er gleichsam wie ein Julier Aeneas als Stammvater und gibt Ilion ( = Troja) als Herkunftsort seiner Gens an. Von dort verschlug es ihn zur Stadt der Kikonen, eigentlich ein wildes, barbarisches Volk in Thrakien, das der sich in jeder Hinsicht zur verfeinerten griechischen Kultur bekennende Claudius hier verchtlich mit den Rmern gleichsetzt. In der griechischen Originalstelle (Odyssee 9, 39) erzhlt Odysseus dem Phakenknig Alkinoos , da es ihn von Ilion aus zu den wilden Kikonen in Thrakien verschlagen habe.

    37 Odyssee 9,40. 38 Febris, die Fiebergttin, hatte mehrere Altre in Rom. Unter

  • 52 Anmerkungen

    anderem war ihr ein Tempel auf dem Palatin geweiht, nahe dem Kaiserpalast, wo Claudius gestorben war (vgl . Cicero, nat. deor. III, 63 ; leg. li, 28; Val . Max. Il, 5/6; Plin . , nat. Il , 7). Als offizielle Todesursache wurde anscheinend Fieber angegeben, ein Symptom, das als Folge der Vergiftung durchaus denkbar ist. Da als einzige von allen Gttern die Fiebergttin dem Kaiser das letzte Geleit gibt, hat wohl seinen Grund in ihrem zeitlebens engen Verhltnis zu Claudius, der schon als Kind stndig krnkelte ( cum illo tot annis vixz) ; auerdem stand ihr Tempel in der Nhe des Palastes, und wie bei Claudius handelte es sich bei ihr um eine unerwnschte Person, ber deren Abzug man nur froh sein konnte.

    39 Claudius wurde 10 v. Chr. in Lyon (Lugdunum) an der Rhne geboren. Seine Mutter Antonia hatte ihren Gatten Drusus nach Gallien begleitet, der von dort aus gegen den germanischen Stamm der Chatten (= Hessen) einen Feldzug unternahm. Antonia blieb in Lyon zurck, das bereits 43 v. Chr. von Caesars Statthalter L. Munatius Plancus als rmische Kolonialstadt gegrndet worden war ; insofern ist Claudius also Landsmann (municeps) des Plancus.

    40 Vienna, ehemalige Hauptstadt der Allohroger und zu Senecas Zeit rmische Kolonie in Gallia Narbonensis, war 16 Meilen von Lyon entfernt, was ziemlich genau der tatschlichen Entfernung (etwa 24 km) entspricht.

    4 1 Gallus germanus : hier liegt ein im Deutschen nicht nachvollziehbares Wortspiel vor ; da es sich um einen gesprochenen Satz handelt, klingt neben >echt, eingeboren< auch die Bedeutung >Germane, germanisch< durch, so da zum Ausdruck kommt, sowenig dieser Rmer ein Rmer war, war er andererseits ein Gallier ; am ehesten wird man dem Ausdruck wohl durch eine Paraphrase gerecht : >ein vermeintlich waschechter Gallier (der auch kein echter Rmer ist)< .

    42 Analogie zur Eroberung Roms durch die Gallier unter Brennus im Jahre 390 oder 387 v. Chr.

    43 Licinus, ein geldgieriger gallischer Sklave und Freigelassener Caesars, wurde unter Augustus ein gefrchteter Statthalter in Gallien. So fhrte er fr das Jahr vierzehn Monate ein, um noch mehr Steuern aus der Provinz pressen zu knnen. Sein Name wurde sprichwrtlich fr einen reichen Emporkmmling und Despoten (vgl. Cassius Dio 54, 21 ; Seneca, epist. 1 1 9, 9 ; Juvenal I , 1 09, und XIV, 306 ; Persius Il, 36 ; Martial VIII, 3,6) .

  • Anmerkungen 53

    44 Mit dem Personalpronomen tt< kann sowohl Hercules als auch Claudius als Adressat gemeint sein. So entschieden sich an dieser fehlerhaft berlieferten Stelle z. B. Bcheler, Schne, Marx fr Claudius als Adressaten, whrend etwa W einreich, Russo, Krenkel glauben, Hercules sei angesprochen, der als Treiber der Geryones-Herde auch durch Gallien kam. Das Attribut Lugudunensis mu aber nicht zwangslufig direkt auf Hercules oder Claudius bezogen werden, sondern kann auch andeuten, da einer der beiden wohl mehr herumgekommen ist, als dies bei den dafr bekannten Maultiertreibern von Lyon der Fall war. Stdele, Waltz, Broemser und Rouse lassen dies offen. Geht man davon aus, da Lugudunensis ein direkt auf Claudius bezogenes Attribut ist, der ja gebrtiger Lugudunenser ist, so neigt der Herausgeber der Auffassung zu, da mit tu . . . scire debes Hercules gemeint ist. Der Satz ist dann wie folgt zu verstehen : >Du aber, [Hercules], bist schlielich schon durch mehr Orte gestiefelt als irgend [so] ein [dahergelaufener] gebrtiger Lyoner Maultiertreiber [wie unser Claudius] und mut doch wissen, da zwischen Xanthos und der Rhne viele tausend Meilen liegen [und da der Bursche da lgt wie gedruckt}. Der mulio war ein schon in der Antike verachteter Beruf und pat als Schimpfname gut auf den etwas gebckten und hinkenden Kaiser.

    45 Am Flu Xanthos (Skamander) lag Ilion, wo Claudius vorgegeben hatte, geboren zu sein, whrend er in Wirklichkeit in Lyon an der Rhne zur Welt kam.

    46 Claudius pflegte gewhnlich nur durch einen Wink seiner Hand kommentarlos den Befehl zur Hinrichtung zu erteilen (vgl . Cassius Dio 60,2) .

    47 Die Selbstherrlichkeit und Dreistigkeit der sog. Minister der kaiserlichen Regierung, durchwegs Freigelassene, von denen Claudius groenteils abhngig war, ist bekannt (vgl. Sueton, Cl. 28/29 ; vgl . auch den Schlu der Satire) .

    48 Etwas ungeklrte sprichwrtliche Wendung ; wahrscheinlich will Hercules dem leicht einzuschchternden Neuankmmling (vgl . Sueton, Cl. 35/37) bedeuten, da er hier an einen Ort wohl sprichwrtlich fr ein Mrchenland - gekommen ist, wo es anders zugeht als auf Erden und wo sich ein jeder, wenn so etwas mglich ist, vor unbedachten uerungen eher hten sollte (zum Mrchenmotiv vgl. Herondas III , 76 ; Aesop 86 [Halm] ; Phaedrus IV, 8).

  • 54 Anmerkungen

    49 a-logias : griech. Fremdwort; Anspielung auf Claudius' Neigung, sich hufig griechisch auszudrcken.

    50 Der komische Hercules deklamiert hochpathetisch in jambischen Senaren, der Sprechweise des antiken Dramas und der Tragdie. Wie Weinreich im einzelnen glaubhaft nachweisen konnte, zeigt die Parodie des Hercules tragicus viele Vergleichspunkte zu Senecas Dramen (vgl. 0. Weinreich, Senecas Apokolokyntosis, S. 75 ff. ) .

    5 1 Der dreileibige Knig i s t der Riese Geryones, dessen Rinder von einer weit im Westen gelegenen hesperischen Insel zur Stadt des legendren Inachos, des ersten Knigs von Argos, zu treiben die zehnte Arbeit des Hercules war. Auf seinem Rckzug durch Gallien kam Hercules auch an dem spteren Lyon vorbei, wo vom Vogesengebirge herab die Sane in die Rhne mndet. Lyon wurde auf einer Anhhe, Ia colline de Fouroiere, erbaut, die stlich ber der Rhne liegt (vgl. Seneca, epist. 9 1 , 1 0) .

    52 Bereits Caesar bemerkte zum Lauf der Sane, sie strme so verhalten dahin, da man mit bloem Auge nicht unterscheiden knne, in welcher Richtung sie fliee (vgl. Gall. I , 1 2 , 1 : ut oculis in utram partem fluat iudicari non possit).

    53 Der Ausdruck Jlll>QO nA.tjyi)v, >des Narren Streich, stellt eine parodistische Umformung des in der griechischen Tragdie blichen E>eo nA.tjyi)v, des (strafenden) Streichs Gottes, dar. Hercules befrchtet, der nrrische Claudius knne ihm in Verkennung der Situation einen Streich versetzen (vgl. z. B . Sophokles, Ai . V, 278) .

    54 Wortspiel mit Gallus : >Hahn< bzw. auf die Herkunft Claudius' zielend >Gallier

  • 56 Die fnfte Arbeit des Hercules.

    Anmerkungen 55

    57 Obwohl die Handschriften keine Lcken andeuten und unmittelbar mit non mirum fortfahren, mu hier mindestens ein Blatt ausgefallen sein. Es ist sogar angenommen worden, das aus dem Archetypus der erhaltenen Handschriften verlorengegangene Blatt sei von einem frommen Leser herausgerissen worden, weil Seneca auch Christus in den Kreis der debattierenden, auslndischen Gtter aufgenommen habe.

    58 Da die turbulente Debatte durch aus der Fremde aufgenommene Gtter ausgelst wurde, ist deswegen anzunehmen, da an der anschlieenden ordnungsgemen Verhandlung nur der Divus Augustus und altrmische Gtter beteiligt sind . Man hat angenommen, da die Zweiteilung der Gtter analog zur Scheidung der Senatoren in patres und conscripti zu sehen ist. Die fremdlndischen, neuaufgenommenen Gtter besitzen eben noch keine entsprechende Routine und professionelle Erfahrung in den Geschfts- und Verhandlungsgepflogenheiten des Senats.

    59 Fr Apollo spricht vor allem der Umstand, da ihn Seneca als Patron Neros in Kap . 4 ausfhrlich vorgestellt hat ; damit ist er besonders als Gegner der Divus-Wrde eines Claudius prdestiniert. Vgl. Lucilius, frg. 19-23 , wo Apollo gegen die altrmischen patres unter den Gttern im deorum concilium ausgespielt wird.

    60 Nach Epikur, leicht abgewandelt zitiert bei Diagenes Laertios X, 1 39, bersetzt von Cicero, nat. deor. I, 1 7,45 ; 20,56. Die Epikureer vertraten die mechanistische Ansicht, die Gtter htten die Welt geschaffen und in Gang gebracht, kmmerten sich dann aber nicht mehr um die Menschen, sondern lebten in seliger Selbstbetrachtung nur mehr ihrer eigenen Existenz. Claudius aber entwickelt geradezu anti-epikureische Betriebsamkeit, um in die Zahl der Gtter aufgenommen zu werden, und macht diesen mit seinem Anliegen schwer zu schaffen.

    61 Der stoische Pantheismus lehrt, da Gott in der Welt, im Universum, aufgeht. So identifizierte Chrysipp Gott mit dem Weltall und fordert, da man sich die Gottheit als vollkommenste Form vernunftbegabt, kugelfrmig-rund und dynamischkreisend

  • 56 Anmerkungen

    anthropomorphe Gottesvorstellung. Die stoische Idealvorstellung pat also auch nicht auf Claudius, da er als Mensch caput und praeputium besitzt und so die stoisch-sphrische Kugelgestalt nicht annehmen kann. Da als menschliche Kriterien gerade caput und praeputium angegeben werden, geht auf die nur mit Kopf und Phallus versehenen Hermensulen (Hermes galt u. a. als Fruchtbarkeitsgott) zurck. Die scherzhafte Definition der stoischen Gottheit ist offenbar einer der menippeischen Satiren von M. Terentius Varro ( 1 1 6-27 v. Chr. ) entlehnt, die uns nicht berliefert ist.

    62 Selbst mit Saturns Frsprache kann Claudius nicht rechnen, obwohl er nicht nur an den vorgeschriebenen Feiertagen (gewhnlich 1 7.-22. Dezember), sondern das ganze Jahr ber das Fest des Gottes beging. Gerichte, Schulen und Sklaven hatten an den Saturnalien einen Tag, spter bis zu fnf Tagen Ferien. Die Sklaven durften die Rolle der Herren bernehmen, ein stadtbekannter Dauerzustand im Hause des Claudius . Auerdem wurde whrend der Saturnalien in der Regel ppig gezecht, viel getrunken, um Geld gewrfelt und fr die Dauer der Feiertage ein sog. Saturnalienprinz (Saturnalicius princeps) gewhlt, der der frohen Gesellschaft symbolisch vorstand, alles Dinge, die in Claudius' Haus das ganze Jahr ber zu beobachten waren, wobei der Kaiser selbst die Rolle des Symposiarchen (vgl. unseren Faschingsprinzen !) bernahm.

    63 Auf Jupiters Protektion konnte Claudius schon gar nicht zhlen, denn er verrgerte den Gtterfrsten, der seine eigene Schwester Juno zur Frau genommen hatte, dadurch, da er Lucius Iunius Silanus der Blutschande bezichtigte. Silanus, der Verlobte von Claudius' Tochter Octavia, war auf Betreiben von Agrippina, die Octavia ihrerseits mit N ero aus erbfolgerechtliehen Erwgungen verheiraten wollte, zu Unrecht von Vitellius des Inzestes mit seiner wegen ihrer Schnheit Venus genannten Schwester Calvina bezichtigt worden. Silanus war des Claudius Schwiegersohn in spe . Was also dem Jupiter seine Schwester J uno war, wurde dem Silanus unterstellt, das sei auch ihm seine Schwester, die er zu seiner J uno gemacht habe; insofern richtete sich die Anklage des Silanus gegen den Gtterfrsten selbst. Silanus wurde aus dem Senat ausgeschlossen, das Verlbnis mit Octavia aufgehoben, und am Tage der Vermhlung des Claudius und der Agrippina beging der solchermaen Bedrngte schlielich Selbstmord. (V gl. dazu Petro-

  • Anmerkungen 57

    nius , satir. 127 ; Tacitus, ann. XII, 3 .4. 8 ; Sueton, Cl. 27.29; Cassius Dio 60,3 1 . ) Ein Paar, das in inzestuser Liebe miteinander verbunden war, bezeichnete man im Volksmund gemeinhin als J upiter und J uno .

    64 Gemeint ist sicherlich Claudius ; von einigen Interpreten wurde als Gegenredner auch ein anderer Gott als denkbar eingesetzt.

    65 In Athen war Halbgeschwistern die Ehe erlaubt (vgl. etwa Kimon), bei den Pharaonen und spter bei den Ptolemern in gypten war die Geschwisterehe nichts Auergewhnliches. Der Einwand des Claudius wirkt besonders vor dem Hintergrund der Tatsache, da er selbst mit seiner Nichte Agrippina verheiratet war, grotesk, zumal man auch bereits in Rom eine derartige Verbindung, wie Tacitus wiederholt berichtet, als inzestus betrachtete.

    66 Der Sinn der Sentenz ist nicht genau berliefert. Sicher ist jedoch, da es sich hier um ein positives Argument fr die Aufnahme des Claudius unter die Gtter handeln soll; nimmt man als sprechenden Gott Hercules an, der in seiner einfachen Art alles platt und geradlinig ausdrckt, so ist der Spruch die Begrndung (quia), warum Claudius auch im Himmel alles ins rechte Lot zu bringen vermag, eben weil, wie man wei, unter seiner Herrschaft sogar die Muse fr Sauberkeit und Ordnung sorgten, soweit es wenigstens ihren Bereich betrifft. Andere Manahmen und Aktivitten von Claudius, etwa seine Vorschriften auf dem Gebiet der Hygiene, seine geradezu fanatische Ttigkeit als Richter zur Suberung von kriminellen Elementen, sein Einsatz als Schlichter auenpolitischer Zwistigkeiten etc. sind hinlnglich bekannt. hnliche Auffassungen bieten z. B. Schne, S . 59, mit Bezug auf Weinreich und Wissowa; Waltz, S . 22 ; Rouse, S. 458 ; Marx, S . 18, interpretiert : In Rom ist man so verwhnt, da selbst die Muse nur das Feinste, Mehl, lecken. Stdele, Anm. S. 1 8 , stellt auch die gegenteilige Auslegung zur Diskussion : Weil in Rom alles in hchster Unordnung ist, so da sich sogar die Muse in ihrer Zudringlichkeit an die Mhlsteine heranwagen, sucht Claudius ein neues Bettigungsfeld im HimmeL

    67 Leicht adaptiertes Zitat aus Ennius, Iphigenie frg. 244. Der ganze Vers findet sich bei Cicero, rep. I , 30, und stellt eigentlich eine Kritik an den astrologischen Praktiken dar : Quod est ante pedes nemo spectat, caeli scrutantur plagas. Zur Ahnungs-

  • 58 Anmerkungen

    losigkeit des Claudius bezglich des schamlosen Treibens seiner Gattin Messalina vgl. Sueton, Cl. 29, und Cassius Dio 60,28 .

    68 Nachdem im Jahr 43 und danach der sdliche Teil Britanniens erobert worden war, errichtete man dem divo Claudio einen Tempel in Camulodunum (Colchester) ca. 48 n . Chr. (vgl. hierzu auch Sueton, Cl. 17; Tacitus, ann. XIV, 3 1 ) .

    69 I!WQO (Dummkopf) ist i n dieser sonst als Gebetsformel blichen Sentenz wie in 7,3 wieder fr i}w (Gott) eingesetzt.

    70 Unter mapalia, -ium versteht man eigentlich die (bienen-)korbhnlichen transportablen Htten numidischer Nomaden, wie sie noch heute im Gebrauch sind (vgl. Sallust, Iug. 1 8, 8) .

    71 Die Geschftsordnung lt nicht zu, da in Anwesenheit von Privatleuten abgestimmt und diskutiert wird ; folglich wird Claudius des Raumes verwiesen, der zweite Teil der Sitzung beginnt damit.

    72 lanus pater war zum 1. Juli 55 zum consul suffectus (Ersatzkonsul) fr die zweite Jahreshlfte bestimmt worden. Dieses Amt war in der Kaiserzeit vllig bedeutungslos geworden ; so hatte Caesar einen Konsul fr einen Nachmittag eingesetzt, wodurch die lediglich symbolhafte Bedeutung dieses Ehrentitels dokumentiert wird (vgl. Sueton, Caesar 76, 2). Krenkel (S. 542, Anm. 9,2) vertritt sogar die Ansicht, das Amt des Nachmittagskonsuls wre lediglich fr einen Nachmittag vergeben worden. Am 1 . Juli begannen auerdem die Gerichtsferien. Zu einer mglichen Anspielung auf Eprius Marcellus, der anstelle von Silanus fr einen Tag zum Praetor bestimmt worden war, vgl . Tacitus, ann. XI1,4.

    73 J anus beginnt als erster Redner, da er der Gott des Anfangs, des Eingangs (ianua = Eingangstre) ist, dem auch der erste Monat (lanuarius) gewidmet ist. blicherweise wird er, der folglich nach innen und auen zu blicken vermag, doppelgesichtig dargestellt und schaut deshalb vorwrts und rckwrts zugleich . Da auf dem Forum in Rom sowohl der ] anusbogen als auch der Haupttempel des Janus stand, setzt Seneca bei Janus voraus, da er entsprechend viel von den Winkelzgen und der Taktik der dort agierenden Redner und Advokaten mitbekommen hat, also selbst mchtig schlau ist. Das Zitat ist der Ilias 111 , 1 09, entlehnt, wo die Sentenz auf das lange Leben des Priamus bezogen ist.

    74 Um sich nicht den Anstrich zu geben, als bte er lediglich eine

  • Anmerkungen 59

    Fiktion und nicht einen Bericht von historischer Belegbarkeit, betont Seneca hier sehr verschmitzt, da er diese langatmige Rede lieber ganz weglasse, als sie etwa verflscht darzubieten. Schlielich brauchten auch von anderen antiken Historiographen Reden nicht unbedingt wrtlich aufgezeichnet zu werden.

    75 Der Begriff faba mimus in der Bedeutung BohnenmimusBohnenposse< oder Bohnenlied< ist nicht genau geklrt. Es drfte sich hier wohl um eine sprichwrtlich gewordene Bezeichnung fr ein >nrrisches Possenspiel< oder fr ein >Tollhaus< handeln. Cicero verwendet die Junktur einmal als Gegensatz zu Apotheose, wenn er (Att. I , 1 6,3 ) sagt, das Konsulat werde zur Bohnenposse, wenn Clodius Konsul werde.

    76 Metaphorische Umschreibung fr die Spezies Mensch aus Homer, Ilias VI, 142.

    77 Hufig auftretende Wendung bei Homer, z. B . in Ilias VIII, 486; VI, 142; Odyssee 3 , 3 ; 7,332 ; vgl. auch Hesiod, Werke und Tage 237.

    78 Die Larven waren die rmische Entsprechung der in der griechischen Mythologie auftretenden Furien, die die Verstorbenen verfolgten und qulten. Als gleich schlimme Bestrafung wurde offensichtlich unter den Lebenden die entwrdigende Auspeitschung unter den neuerworbenen Gladiatoren erachtet (vgl . Schne, S. 6 1 , und Paoli, S. 279 f. ) . Mit grerem Nachdruck htte der als besonnen geltende Janus somit die Aufnahme des Claudius kaum ablehnen knnen.

    79 Diespiter ( etymolog. dies und pater) war ein altitalischer Gott, der wie seine Mutter, Vica Pota, Gttin des Sieges und Erfolges (vgl. Cicero, leg. II, 1 1 , 28 : a vincendo potiundo), im Kult mittlerweile vllig bedeutungslos geworden war. Sein Name wurde von Dichtern hufig J upiter beigelegt, doch darf er hier keinesfalls mit ihm verwechselt werden. Er wird wohl deswegen von Hercules angegangen, weil er groe hnlichkeiten mit den bestechlichen und geschftstchtigen kaiserlichen Freigelassenen besitzt und sich auerdem dem Kaiser wegen der grozgigen Verleihung der Brgerrechte, die ihm gute Geschfte sicherte, verpflichtet fhlt.

    80 Das Ohr gilt als Sitz des Gedchtnisses (vgl . Plinius, nat. XI, 2 5 1 ) ; zupft man einen anderen am Ohr, regt man symbolisch dessen Erinnerungsvermgen an, gewinnt ihn zum Zeugen (vgl. Horaz, sat. I, 9 ,77; Plautus, Persa 748) .

  • 60 Anmerkungen

    81 Claudius ist durch seine Mutter, Antonia d. J . , Tochter von Augustus' Schwester Octavia, mit diesem blutsverwandt, mit Livia ist er durch seinen Vater Drusus d. . direkt verwandt. Durch die zweite Ehe von Livia mit Augustus war er vterlicherseits mit Augustus nur mittelbar verwandt. Nachdem Claudius Kaiser geworden war, lie er Livia, der testamentarisch der Name Augusta zuerkannt worden war, zur Gttin erklren (vgl. Cassius Dio 60, 5 , 1 und 2; Sueton, Cl. 1 1 ) .

    82 Zu Claudius' sapientia und providentia und deren Verspottung vgl. Tacitus, ann. XIII, 3 .

    83 Die Stelle i s t nicht genau nachweisbar; wahrscheinlich liegt bei dem Hexameterende ein Lucilius- oder Ennius-Zitat vor. Claudius wird hier sarkastisch mit der altrmisch-biederen Lebensweise eines Romulus in Verbindung gebracht und als im Interesse des Gtterstaates gengsamer Rbenfresser angepriesen; vgl. hierzu Martial XIII, 16; Ennius frg. 69 ; Lucilius frg . 1357 (Marx).

    84 Ovid hatte in seinen Metamorphosen die Apotheose von Romulus und Caesar besungen und auch auf die zuknftige Gottwerdung des Augustus bereits verwiesen (vgl. Ovid, met. XIV, 8 1 5 ff. ; XV, 745 ff. ; XV, 870).

    85 Die erhabene Abkehr des gttlichen Augustus, der sich vom Parlamentsgetriebe ganz den eigenen Interessen zuwendet, erstaunt als Argument zunchst . Sein Verhalten ist wohl in Analogie zu dem der Senatoren zu verstehen : wer nicht reden mute, schwieg mglichst, um nicht durch unbedachte uerungen sein Leben aufs Spiel zu setzen . Es bedurfte schon eines gewichtigen Anlasses, wenn man sich unvermittelt zu einer Situation kritisch uerte. Gegen dieses opportunistische Verhalten hatte sich Claudius ausgesprochen, so da es um so bitterer fr ihn sein mute, wenn sich der von ihm ausgegangene Impuls jetzt in Form von Augustus' Einwendung gegen ihn auswirkte.

    86 Die von Augustus hier aufgelisteten Taten finden sich ausfhrlich beschrieben in seinem Tatenbericht ; vgl. res gestae divi Augusti, (= Monurnenturn Ancyranum) 1 , 4 ; 2 , 1 3 ; 5,25 ; 1 , 3 ; 6 ,34 ; 1 , 8 ; 4, 1 9 ff. , und Sueton, Aug. 29.

    87 Messala Corvinius (64 v .-13 n . Chr. ) , der bedeutende Redner, Politiker und Mzen, hat diesen Satz wahrscheinlich gegen Augustus geuert, als er im Jahre 25 v. Chr. Stadtprfekt wurde, aber nach fnf Tagen aus Protest gegen dieses ihm von

  • Anmerkungen 61

    Augustus bertragene undemokratische Amt, in dem er potentiell zum Aufruhr geneigte Sklaven und Brger unterdrcken sollte, alle Befugnisse niederlegte. Diese also eigentlich gegen ihn gerichtete uerung wirft Augustus nun Claudius hin (vgl. Tacitus , ann. VI, 1 1 ; Hieronymus, chron. 1 8) .

    88 Adsidit drfte euphemistisch gebraucht sein ; wohl fr ttrinam facit.

    89 Die Stelle si soror mea ist verderbt berliefert. Sowohl die von Bcheler vorgenommene Emendation soror mea als auch Russos Vorschlag sura mea meine Wade< scheinen fr si sormea denkbar. Ich schliee mich hier der Emendation Bchelers an, die folgendermaen zu interpretieren ist: Augustus' Schwester Octavia verhielt sich ganz entgegen dem Sinn des griechischen Sprichwortes, indem sie ihr eigenes Leben und das ihrer Kinder vllig den Interessen ihres Bruders unterordnete. Ihr war somit der Rock nher als das Hemd. Denn da Octavia kein Griechisch gekonnt haben soll, ist nicht anzunehmen. Zu weiteren Fundstellen der Sentenz vgl. z . B. Aristoteles, eth. Nie. IX, 8 , 2 ; Athenaios IX, 30,383 b; Cicero, ad fam. XVI, 23; oder die :lammlungen der Paroemiographi Graeci.

    90 ber volle Name des Claudius lautete Tiberius Claudius Caesar Augustus Germanicus.

    91 Beide Julien fielen der Eifersucht Messalinas zum Opfer. Die eine war die Tochter Drusus' d. J . , des Sohnes von Tiberius ; sie wurde 43 n. Chr. angeklagt und hingerichtet. Die andere war Julia Livilla, Tochter des Germanicus, die wegen unzchtiger Beziehungen zu Seneca gleichzeitig mit diesem 41 n. Chr. verbannt wurde und bald darauf den Hungertod starb (vgl. Sueton, Cl. 29; Cassius Dio 60,8 und 1 8 ; Tacitus, ann. XIII, 32 und 43 ; XIV, 63) .

    92 Lucius Silanus war ein Ururenkel von Augustus mtterlicherseits ; seine Mutter war Aemilia Lepida, Tochter von Julia d. J . , die wiederum Tochter von Julia d . . , der einzigen Tochter Augustus' , war (vgl . Kap . 8 ,2) .

    93 Die ble Sache, ber die Jupiter befinden soll, war eine Anklage wegen inzestuser Beziehungen zu seiner Schwester (vgl. Kap. 8,2 und Anm. 63), eine Beschuldigung, der sich J upiter selbst durch Claudius ausgesetzt sah.

    94 Vgl. Sueton, Cl. 29. 95 Hephaistos (Vulkan) spricht diese Worte in Homers Ilias, I,

    591 ff. , zu seiner Mutter Hera, der er gtig zuredet, Jupiter

  • 62 Anmerkzmgen

    (Zeus) zu Gefallen zu sein, damit er ihr nicht ein zweites Mal beistehen msse und es ihm nicht wieder so ergehe wie damals, als der Gttervater ihn erzrnt an der Ferse packte und von der heiligen Schwelle auf die Insel Lernnos warf, wo er sich nur dank der freundlichen Hilfe der Sintier wieder erholte.

    96 Aus Zorn ber die Bedrngnis, in die sie Herakles, seinen Sohn, gebracht hatte, hngte Jupiter die Gttin im ther auf, beschwerte ihre Fe mit Gewichten und fesselte ihre Arme mit einem goldenen Band. Jeden, der ihr zu Hilfe eilen wollte, packte er und warf ihn auf die Erde (vgl. Homer, Ilias XV, 16 ff. ) .

    97 Als Messalina in ihrer Malosigkeit und durch ihre Umtriebe, insbesondere durch ihre mit einem Trick erreichte Scheidung von Claudius, fr die Vertrauten des Kaisers eine unberechenbare Gre geworden war, lie Narcissus sie in Claudius' Namen wegen Untreue 48 n. Chr. tten.

    98 Als dem Kaiser der Tod Messalinas gemeldet wurde, sa er gerade bei Tisch und soll, geistesabwesend und zerstreut wie er war, gar nicht darauf reagiert haben, sondern lediglich einen Trinkbecher verlangt und weitergetafelt haben (vgl. Tacitus, ann. XI, 38) . Nach Sueton, Cl. 39, soll er sogar gefragt haben : Warum kommt denn die Kaiserin nicht?

    99 Kaiser Caligula brachte seinen Schwiegervater Marcus J unius Silanus dazu, sich die Kehle mit einem Rasiermesser durchzuschneiden, indem er ihm vorwarf, er habe ihn bei strmischem Seegang in der Hoffnung, ihm werde ein Unheil zustoen, nicht begleiten wollen (vgl. Sueton, Ca!. 23, Cassius Dia 59, 8) .

    100 Claudius lie neben seinem Schwiegervater Appius Silanus auch seinen Schwiegersohn L. Silanus wegen angeblich blutschnderischer Beziehungen zu seiner Schwester hinrichten. C. Appius Silanus war nicht tatschlich der Schwiegervater von Claudius, sondern er war lediglich mit Domitia Lepida verheiratet, die ihre Tochter Messalina mit in die Ehe gebracht hatte . Als er 42 n. Chr. Messalinas Avancen ausschlug, berredete diese Claudius dazu, ihren Stiefvater umbringen zu lassen (vgl. Sueton, Cl. 37; Cassius Dia 60, 14) .

    10 1 Claudius ' Schwiegersohn Crassus, verheiratet mit Antonia, hatte sich nach seinem berhmtesten Vorfahren Cnaeus Pompeius Magnus genannt. Ihm verbot Caligula, den Beinamen Magnus zu fhren, wie auch andere Angehrige des alten Adels ihre traditionsreichen Namen unter Caligula ablegen muten

  • Anmerkzmgen 63

    (vgl . Sueton, Ca!. 35 ; Cassius Dio 60, 5, 8 f. ) . Dieser Cn. Pompeius Magnus, Sohn des M. Licinius Crassus Frugi und der Scribonia, wurde mit Billigung des Claudius im Jahre 47 umgebracht. Wahrscheinlich folgte darauf auch die Hinrichtung seiner Eltern. Crassus Frugi war offenbar ein Trottel und darin dem Kaiser hnlich (vgl. Anm. 3) .

    102 Claudius , der nicht nur hinkte, sondern von dem auch bekannt war, da er den Zungenschlag hatte (vgl. Sueton, Cl. 3), wird hier die Fhigkeit abgesprochen, die drei richterlichen Formeln des rmischen Prtors ohne Stottern auszusprechen : do, dico, addico ich gewhre (Anklage und Rechtsprechung)

  • 64 Anmerkungen

    dius gewissermaen aus der Hhe sein eigenes Leichenbegngnis berschauen.

    108 Die Advokaten waren unter Claudius in hohem Mae bestechlich geworden, ja der Kaiser selbst hielt sehr selbstherrlich und willkrlich Gericht (vgl . Tacitus, ann. XI, 5). Eine der ersten Regierungshandlungen seines Nachfolgers Nero war, da er durch den Senat beschlieen lie, da sich durch Geld oder Geschenke niemand bestechen lassen drfe, einen Proze zu bernehmen (vgl. Tacitus, ann . XIII, 5). Fr die rechtschaffenen Juristen war also unter Claudius kein Platz mehr gewesen. Der hier angefhrte Vertreter der Advokaten, Agatho, ist sonst unbekannt.

    109 Die Saturnalien, ein im Dezember abgehaltenes, unserer Fastnacht vergleichbares ausgelassenes Fest zu Ehren des Saturn, auf dem die Herren ihre Sklaven beschenkten und ihnen zu Diensten waren, werden hier mit dem Gerichtsbetrieb unter Claudius verglichen.

    1 1 0 Die nun folgende Nnie ist neben dem Preislied auf Nero (Kap . 4) unc;l dem Pldoyer des Augustus (Kap. 1 0) der dritte Hhepunkt der Satire. Das Trauerlied (naenia) wurde unter Fltenbegleitung angestimmt. Anstelle der anapstischen Tetrapodien findet sich bei lteren Herausgebern die Auflsung des Gedichtes in Dipodien :

    Fundite fletus, edite planctus . . .

    Die Anapste sind hufig nicht durchgehalten, sondern werden in Daktylen oder Spondeen aufgelst. Sie wurden vornehmlich in der Parabase, einer Chorpartie der Alten Komdie, und in Marschliedern verwendet. Wie Weinreich im einzelnen nachweisen konnte, parodiert Seneca hier vor allem Chorlieder seiner eigenen Tragdien (vgl. Weinreich, Senecas Apokolokyntosis, S. 1 1 9 ff. ) .

    1 1 1 Rmer und Parther kmpften unter Claudius' Regierung um die Herrschaft ber Armenien. Die Erfolge der Rmer gegen die Parther waren zu Claudius' Zeiten nicht besonders berzeugend. So vermochte etwa der geschickt taktierende Partherknig Vologeses (51-78 n. Chr. ) seinen Bruder Tiridates im Jahr 54 n. Chr. als Knig von Armenien einzusetzen. Wie Tacitus, ann. XII, 44-51 und XIII, 7, berichtet, zogen sich die Parther erst nach Neros Regierungsantritt wieder von Armenien zu-

  • Anmerkungen 65

    rck. Die Parther, als ausgezeichnete Bogenschtzen und Reiter gefrchtet, werden in der Dichtung hufig mit den Persern und Medern gleichgesetzt (vgl. die folgenden Verse).

    1 1 2 Nach der Invasion Britanniens 43 n. Chr. hatte sich die rmische Herrschaft noch vor Claudius' Tod im Jahre 54 n. Chr. in ganz Sdengland und Wales gefestigt. Allerdings war Claudius' bekannter Feldzug in Britannien ohne Schwertstreich und Blutvergieen (vgl. Sueton, Cl. 1 7) abgegangen . Im Jahre 44 n. Chr. feierte er ber Britannien einen groen Triumph (vgl. Cassius Dio 60,23).

    1 1 3 Die Briganten, ein nordenglischer Stamm, waren unter Knigin Cartimandua zu einer Gefahr fr die Rmer schon zu Claudius' Zeit geworden, konnten aber endgltig erst von Vespasian unterworfen werden (vgl . Tacitus, Agricola 1 1 ) . Allerdings hatten die Rmer infolge eines Verrats von Cartimandua den groen britonischen Fhrer Caractacus (Caradoc) in ihre Gewalt gebracht, der in Rom von Claudius ffentlich zur Schau gestellt und daraufhin von ihm begnadigt worden war (vgl. Tacitus, ann . XII, 36 f. ).

    1 1 4 Wie Sueton berichtet (vgl. Cl. 1 7) , hatte Claudius voller Stolz zur Erinnerung an die Bezwingung des Ozeans auf seiner Fahrt nach Britannien symbolisch eine Schiffskrone am Giebel seines Palastes auf dem Palatin anbringen lassen.

    1 1 5 Zum willkrlichen Verhalten und der fast manischen Leidenschaft des Kaisers zur Rechtsprechung vgl. Sueton, Cl. 14 und 15 sowie Kap, 7, 4 . 5 und Anm. 55 .

    1 16 Knig Minos, in der griechischen berlieferung mchtiger Knig auf Kreta, wurde nach seinem Tod zu einem der drei Richter der Unterwelt bestellt.

    1 1 7 Claudius stand den schnen Knsten, insbesondere den neueren Strmungen in der rmischen Literatur, vertreten durch die poetae novi, im Gegensatz zu Seneca sehr aufgeschlossen gegenber, insbesondere als er selbst literarisch ttig war, ja seine eigenen Schriften immer wieder rezitieren lie (vgl . Sueton, Cl. 40 und 4 1 ) .

    1 1 8 Claudius' Leidenschaft fr das Wrfelspiel war bekannt. Er verfate darber sogar eine eigene Abhandlung (vgl . Sueton, Cl. 33) . So nimmt es nicht wunder, da unter seiner Regierung goldene Zeiten fr Glcksspieler herrschten.

    1 1 9 Talthybius, eigentlich der Herold und Bote Agamemnons und der Griechen vor Troja (vgl. Homer, Ilias I , 320; III, 1 1 8 ; VII,

  • 66 Anmerkungen

    276), wird hier scherzhaft mit dem Gtterboten Merkur gleichgesetzt.

    1 20 Die Via Tecta stellte die nrdliche Begrenzung des Marsfeldes dar, an dessen Ende zum Tiber hin ein Altar dem Dis pater und einer der Persephone, den Gttern der Unterwelt, geweiht war. Diese Region galt im Volksglauben wegen ihrer vulkanischen Natur als Eingang zur Unterwelt. Auerdem liegt die Via Tecta nicht weit vom Mausoleum Augusti entfernt, wo Claudius' Asche beigesetzt worden war.

    121 Narzissus, der mchtige Freigelassene des Claudius, war Kabinettssekretr (ab epistulis) und wurde gleich nach Claudius' Tod umgebracht, um einer mglichen Gegenreaktion von Claudius' Anhngern zuvorzukommen. Da er nicht den Umweg ber den Himmel machte, war er auf einem krzeren Weg dem Kaiser in die Unterwelt vorausgeeilt.

    1 22 Zur Behandlung seiner Gichtbeschwerden war Narzissus in die warmen Bder von Sinuessa in Kampanien geschickt worden (vgl. Tacitus, ann . XII, 66).

    123 Cerberus, der Hllenhund, wird bei lateinischen Dichtern gewhnlich dreikpfig dargestellt, bei Hesiod hat er 50, bei Horaz sogar 1 00 Kpfe (vgl . z . B . Horaz, carm. II, 1 3 , 34).

    124 Mit diesem leicht vernderten griechischen Ausruf begrten die Glubigen beim Isisfest im November den wiedergefundenen Osiris, den Gemahl der Isis.

    125 Es handelt sich bei dieser Aufzhlung durchwegs um Liebhaber und Komplizen von Messalina, die Narzissus sofort nach dem Tod Messalinas umbringen lie. Der bekannteste von ihnen, Gaius Silius, soll Messalina geheiretat haben, nachdem diese den Kaiser zunchst von der Notwendigkeit einer Scheinehe mit Silius berzeugte, um von Claudius ein von einem Astrologen vorausgesagtes groes Unglck abzuwenden, das ihrem Gatten drohe. 48 n . Chr. wurden beide von Narzissus umgebracht. Juncus Vergilianus war Senator. Sextus Montanus TrauJus war ein rmischer Ritter und kurzzeitig Liebhaber Messalinas. Von Marcus Helvius, Saufeius Trogus und Cotta sind keine weiteren Angaben berliefert. Vettius Valens war Arzt. Fabius ist nicht weiter bekannt (vgl. Tacitus, ann. XI, 35 und 3 6 ; Cassius Dio 60, 1 8) . Lediglich die drei Namen Helvius, Cotta und Fabius sind bei Tacitus nicht erwhnt. Mnester, ein damals recht bekannter Ballettnzer und Gnstling von Claudius' Vorgnger, mute auf Anweisung des Kaisers Messalina

  • Anmerkungen 67

    alle ihre Wnsche erfllen. Auerdem scheint er fr einen Tnzer relativ gro gewesen zu sein, so da Claudius in seiner naiven Willkr doppelten Grund hatte, ihn decoris causa kpfen zu lassen (vgl. Sueton, Cl. 2 8 ; Cassius Dio 60, 22, 3 ff. ; Tacitus, ann. XI, 36) . Polybius war ein einflureicher Sekretr a studiis und a libellis am kaiserlichen Hofe, der Claudius bei der Abfassung seiner historischen und philologischen Arbeiten sowie in der Administration zur Hand ging. Er mu als Hofgelehrter groe Achtung genossen haben, wenn etwa Sueton berichtet, da er hufig die Ehre hatte, zwischen zwei Konsuln spazieren zu gehen (vgl. Cl. 28) . Auch war er zeitweise Messalinas Liebhaber, wurde aber auf ihre Veranlassung unter Anklage gestellt und 47 n . Chr. hingerichtet. Whrend seiner Verbannung hatte Seneca ihm eine Trostschrift zum Tode seines Bruders mit dem Ziel gewidmet, seine Rckkehr aus dem Exil zu bewirken (vgl . Cassius Dio 60, 29, 3 ; 3 1 , 2). Von Arpocras oder Harpocras wissen wir, da er von Claudius geehrt wurde, wohingegen Myron, Amphaeus und Pheronactus ansonsten unbekannt sind. J ustus Catonius war Prfekt der kaiserlichen Garde 43 n. Chr. (vgl. Cassius Dio 60, 1 8) , Rufrius Pollio war Prtorianerprfekt im Jahre 41 n. Chr. (vgl . Cassius Dio 60, 23). Pedo Pompeius ist nicht weiter bekannt. Lusius Saturninus und Cornelius Lupus waren Opfer der Intrigen von P. Suillius (vgl. Tacitus, ann. XIII, 43) . Sextus Asinius Celer war 38 n. Chr. Konsul, die Ursache seines Todes ist uns nicht bekannt (vgl. Plinius, nat. IX, 67) . Zu den im folgenden aufgefhrten Verwandten des Kaisers siehe Kap . 8 ,2 , 1 1 , 2 und 1 1 , 5 sowie Anm. 91 und 92 ; die Tochter seines Bruders Germanicus ist Julia Livilla; die Tochter seiner mit Drusus d . J . verheirateten Schwester Livilla hie ebenfalls Julia; mit seinen Schwiegershnen sind Silanus und Pompeius Magnus gemeint; seine Schwiegervter sind Appius Silanus und Crassus Frugi ; mit seiner Schwiegermutter ist die Mutter seiner dritten Frau Val. Messalina, Domitia Lepida, gemeint. Seine Blutsverwandten sind diese alle, da sie wie Claudius aus dem Haus des Augustus abstammen.

    126 Hier handelt es sich um eine von Seneca abgewandelte Form des altgriechischen Philosophenverses Alles ist voll von Gttern, der Thales zugeschrieben wird (vgl. Thales 11 A 22 Diels).

    127 Aeacus, mythischer Knig von Aegina, war einer der drei Totenrichter der Unterwelt; unter sein Ressort fiel die Untersu-

  • 68 Anmerkungen

    chung von Meuchelmord. Er spricht Recht wie ein rmischer Prtor; dazu gehren die Annahme der Klage (nomen recipere), Einreichen der Klageschrift (subscriptionem edere), Frist zur Beschaffung des Rechtsbeistandes (advocationem postulare ) , Anklage (accusatio) und Verteidigung (patronus respondit).

    128 Die Lex Cornelia zur Behandlung von Meuchelmord und Giftrnischerei war 81 v. Chr. vom Diktator Cornelius Sulla eingebracht worden.

    129 Das Zitat ist entnommen aus Homer, Ilias IX, 385. 130 Die besondere Pointe bei dem willkrlichen Verhalten des

    Aeacus liegt darin, da das von Claudius zu Lebzeiten stets gnzlich einseitig durchgefhrte Verfahren hier auf Aeacus, die Gerechtigkeit in Person, bertragen wird, der nun gleichfalls gegen den rmischen Rechtsgrundsatz audiatur et altera pars verstt und ihn nach dem ius talionis (Auge um Auge, Zahn um Zahn) aburteilt. Der zur Verteidigung ansetzende P. Petronius drfte mit dem von Tacitus (ann. III, 49, und VI, 45) erwhnten identisch sein.

    1 3 1 Das Hesiod-Zitat (frg. 1 74) lautet wrtlich : Was er getan, das erleide er, gerechtes Recht widerfahre ihm. Vgl. auch Seneca, Herc. fur. 735 f.

    132 Sisyphos, der Sage nach Grnder und erster Knig von Korinth, war so schlau, da er sogar die Gtter und den Tod berlistete. Zur Strafe mute er in der Unterwelt einen schweren Marmorblock einen Berg hinaufwlzen, der ihm aber jedesmal kurz vor Erreichen des Gipfels wieder entrollte.

    133 Der mit den Gttern befreundete Tantalus, Knig in Kleinasien, schlachtete im bermut seinen Sohn Pelops, lie ihn als Speise zubereiten und setzte ihn so den Gttern vor, um zu prfen, ob sie allwissend seien. Diese setzten den armen Pelops wieder zusammen und gaben ihm Leben und Schnheit zurck; lediglich Demeter hatte sich tuschen lassen und ein Stck von der Schulter des Knaben gekostet, wofr ihm die Gtter Elfenbein einsetzten. Tantalus mute fr seinen Frevel in der Unterwelt ewig hungern und drsten. Er stand bis zum Kinn in einem See, und ber ihm hingen die herrlichsten Frchte. Sobald er aber den Kopf bewegte, wichen die Frchte vor seinen Hnden und das Wasser vor seinem Mund zurck. Hinzu kam die stndige Angst, von einem drohend ber ihm hngenden Felsblock zerschmettert zu werden .

    1 34 Ixion, der dritte der bekannten Ber in der Unterwelt, war

  • Anmerkungen 69

    Knig in Thessalien und hatte versucht, sich auf ungebhrliche Weise Hera ( = Juno) zu nhern und ihr Gewalt anzutun, weswegen er zur Strafe in der Unterwelt auf ein unaufhrlich rotierendes Feuerrad gebunden wurde. Auch er durfte nicht begnadigt werden, damit Claudius fr sich nicht einst Gleiches erhoffen knnte.

    135 Zur bekannten Spielsucht des Kaisers siehe Sueton, CL 33, sowie das Ende von Kap. 12,3. Die relativ milde Strafe, mit der Claudius schlielich davonkommt, wurde unter ander