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Stadt Herbolzheim Artenschutzrechtliche Prüfung der geplanten Eingriffe für die Herpetofauna Bebauungsplan Bereich Herrengüter West III auf der Gemarkung der Stadt Herbolzheim Beurteilung im Hinblick auf die Betroffenheit der Herpetofauna November 2018 Bearbeiter: Dr. F. Hohlfeld Charlottenburger Str. 5 79114 Freiburg Tel.: 0761/8971789 Mail: [email protected] Homepage: www.drhohlfeld.de

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Stadt Herbolzheim

Artenschutzrechtliche Prüfung der geplanten Eingriffe für die Herpetofauna

Bebauungsplan Bereich Herrengüter West III auf der Gemarkung der Stadt Herbolzheim

Beurteilung im Hinblick auf die Betroffenheit der

Herpetofauna

November 2018

Bearbeiter:

Dr. F. Hohlfeld Charlottenburger Str. 5

79114 Freiburg Tel.: 0761/8971789

Mail: [email protected] Homepage: www.drhohlfeld.de

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Planungsbüro Dr. Hohlfeld

Bericht Herpetofauna im Bereich des Bebauungsplans Herrengüter West III Seite 2

Inhalt 1.0 Der Eingriffsraum ................................................................................................................ 3

2.0 Artenschutzrechtliche Beurteilung ....................................................................................... 4

3.0 Amphibien ............................................................................................................................ 5

3.1 Methodik Amphibien ....................................................................................................... 5

3.2 Ergebnisse Amphibien ..................................................................................................... 5

3.3 Wirkungsprognosen und Ermittlung von Verbotstatbeständen ....................................... 6

nach § 44 BnatSchG für gefundenen Amphibienarten ........................................................... 6

Verbote nach § 44 (1) 1-3 BnatSchG: ................................................................................ 6

4.0 Reptilien ............................................................................................................................... 7

4.1 Methodik Reptilien ........................................................................................................... 7

4.2 Ergebnisse Reptilien ......................................................................................................... 7

5.0 Wirkungsprognosen und Ermittlung von Verbotstatbeständen ....................................... 9

nach § 44 BnatSchG für die Reptilien .................................................................................. 9

5.1 Verbot nach § 44 (1) 1 BnatSchG: ............................................................................... 9

5.2 Verbot nach § 44 (1) 2 BNatSchG ............................................................................... 9

5.3 Verbot nach § 44 (1) 3 BNatSchG ............................................................................. 10

6.0 Seltene Pflanzenarten ..................................................................................................... 12

7.0 Zusammenfassung .......................................................................................................... 13

8.0 Literatur .......................................................................................................................... 13

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Bericht Herpetofauna im Bereich des Bebauungsplans Herrengüter West III Seite 3

1.0 Der Eingriffsraum Das Baugrundstück befindet sich am nördlichen Ortsrand von Herbolzheim in der Oberrheinebene. Die Stadt Herbolzheim möchte einen Bereich unmittelbar nördlich des bestehenden Ortsrandes von ungefähr 3 ha Größe neu erschließen und bebauen. Dieser Bereich im Gewann Herrengüter West III soll überwiegend mit Wohnhäusern bebaut werden, dazu sind ein Spielplatz und eine größere Parkplatzfläche geplant. Der größte Teil der vorgesehenen Fläche wird im Moment als Ackerfläche bewirtschaftet. Darüber hinaus ist ein schmaler Streifen im Süden der Fläche mit älteren Bäumen bestanden und wird in Form von mehreren Gartengrundstücken genutzt. Die Böschungen an den Wegrändern des Untersuchungsgebietes sind meist nur schwach ausgebildet. Auf der Westseite des Untersuchungsgebietes soll die Hälfte einer dort vorhandenen Streuobstwiese in das Vorhaben mit einbezogen werden. In dem dortigen Eingriffsbereich finden sich ältere Obstbäume wie Kirschen und Äpfel. Darüber hinaus noch einige Hecken und eine Böschung am Wegrand. Im Westen schließen die Bahngleise an, die allerdings durch einen Lärmschutzwall vom Eingriffsraum abgegrenzt werden. Die außerhalb des Eingriffsraumes gelegenen Hecken und Gehölze am Bahndamm stehen teilweise als § 32-Biotope unter besonderem Schutz. Innerhalb des Eingriffsraumes gibt es keine weiteren Biotope.

Abb. 1: Die Streuobstwiese auf der Westseite des Eingriffsraumes soll zu einem Spielplatz ausgebaut werden (Foto: F. Hohlfeld).

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Bericht Herpetofauna im Bereich des Bebauungsplans Herrengüter West III Seite 4

2.0 Artenschutzrechtliche Beurteilung Die vorliegende artenschutzrechtliche Beurteilung dient der artspezifischen Überprüfung, ob ein Vorhaben geeignet ist, die Verbote des § 44 Abs. 1 Nr. 1-4 BNatSchG in Zusammenhang mit Abs. 5 für die vorkommenden Amphibien- und Reptilienarten zu erfüllen.

Die Verbote beinhalten im Einzelnen:

1. wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (als besonders geschützt gelten alle Reptilien und Amphibienarten). 2. wildlebende Tiere der streng geschützten Arten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert (als streng geschützt gelten einige Reptilien- und Amphibienarten). 3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wildlebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Ein Eingriff in die Fortpflanzungs- und Ruhestätten einer Art gilt dann als erheblich und damit unzulässig, wenn die ökologische Funktion der betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang danach nicht mehr erfüllt ist. Um die ökologische Funktion trotz eines geplanten Eingriffs weiterhin zu gewährleisten können hierfür auch vorgezogene Ausgleichs-maßnahmen (CEF-Maßnahmen) festgesetzt werden.

Nahrungs- und Jagdhabitate unterliegen normalerweise nicht den Bestimmungen des § 44 (1) BNatSchG. Wenn sie aber eine essentielle Voraussetzung für die Funktion einer Fortpflanzungs- und Ruhestätte sind, gelten die Verbote des § 44 (1) 3 BNatSchG auch für diese Bereiche.

Abb. 2: Holzstapel auf der Streuobstwiese als wichtiges Strukturelement (Foto: F. Hohlfeld).

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Bericht Herpetofauna im Bereich des Bebauungsplans Herrengüter West III Seite 5

3.0 Amphibien

3.1 Methodik Amphibien Der einzige Teich im Eingriffsraum ist mit einem Drahtzaun versehen und mit Goldfischen bestückt. Er bietet keinen geeigneten Lebensraum für Amphibien. Die weitere Suche nach Amphibien wurde im Zuge der normalen Begänge durchgeführt. Dazu wurden an feuchteren Stellen Steine umgedreht und unter Ästen und im Gebüsch nach Amphibien gesucht. Danach wurden die Flächen am 15.04, 05.05, 19.05, 11.06 und 28.06 abgesucht.

3.2 Ergebnisse Amphibien Im Sommer 2018 wurde während der Begänge nur eine Amphibienart am 11.06.2018 nachgewiesen. Es handelte sich dabei um die in Baden-Württemberg als ungefährdet eingestufte Erdkröte. Ein subadultes Tier wurde in einem offenen, trockenen und sonnigen Bereich bei einer Hofeinfahrt beobachtet. Es ist davon auszugehen, dass keine Laichplätze der Erdkröte von den geplanten Maßnahmen betroffen sind. Tab. 1: Schutzstatus der Erdkröte nach der Roten Liste Baden-Württembergs, der Roten Liste der BRD, dem Bundesnaturschutzgesetz und Anhang IV der FFH-Richtlinie (vgl. LAUFER/FRITZ/SOWIG Hrsg. 2007)

Deutscher Name

Lateinischer Name

Rote Liste Ba.-Wü.

(2004)

Rote Liste BRD

(2003)

§ 7 Abs. 13 u. 14 BnatschG.

FFH-RL

Anhang IV

Erdkröte Bufo bufo V (Vorwarnliste) - besonders geschützt -

Legende

Bnatsch Gesetz = Bundesnaturschutz-Gesetz BG STRENG

= Besonders Geschützt = Streng Geschützt

RL BW = Rote Listen Baden-Württ. 0 = erloschen, kein Brutvogel mehr RL BRD = Rote Listen für die BRD 1 = vom erlöschen bedroht

FFH-RL = + = Anhang IV der 2 = stark gefährdet Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie 3 = gefährdet V = Vorwarnliste R = Arten mit geographischer Restriktion

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Bericht Herpetofauna im Bereich des Bebauungsplans Herrengüter West III Seite 6

Die Erdkröte ist in Baden-Württemberg noch relativ häufig und landesweit verbreitet. Nachdem die Jungtiere ihre Laichgewässer verlassen haben, streifen sie auf der Suche nach geeigneten Landlebensräumen umher. Es ist möglich, dass Erdkröten die an den Eingriffsraum anschließenden Wäldchen besiedeln, der Eingriffsraum selbst spielt keine wesentliche Rolle als Lebensraum für die Tiere.

3.3 Wirkungsprognosen und Ermittlung von Verbotstatbeständen nach § 44 BnatSchG für gefundenen Amphibienarten

Verbote nach § 44 (1) 1-3 BnatSchG: Es ist verboten, wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Es ist verboten, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-,Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Es ist verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wildlebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Ein Eingriff in die Fortpflanzungs- und Ruhestätten einer Art gilt dann als erheblich und damit unzulässig, wenn die ökologische Funktion der betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang danach nicht mehr erfüllt ist. Um die ökologische Funktion trotz eines geplanten Eingriffs weiterhin zu gewährleisten können hierfür auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen) festgesetzt werden. Bewertung Von den geplanten Eingriffen sind weder Laichplätze noch wichtige Landlebensräume der Erdkröte betroffen. Der Fund eines einzelnen Tieres im Eingriffsraum zeigt, dass die Tiere sich nicht dauerhaft oder in größerer Zahl dort aufhalten. Es ist nicht zu erwarten, dass Erdkröten im Zuge der Ausführung der geplanten Maßnahmen getötet werden. Ebenso wenig ist mit einer erheblichen Störung der Tiere zu rechnen. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten werden durch die geplanten Maßnahmen ebenfalls nicht beeinträchtigt. Die Verbotstatbestände nach § 44 (1) 1-3 BNatSchG werden in Bezug auf die Erdkröte durch die geplanten Eingriffe nicht erfüllt.

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Bericht Herpetofauna im Bereich des Bebauungsplans Herrengüter West III Seite 7

4.0 Reptilien

4.1 Methodik Reptilien Der Eingriffsraum und seine Umgebung wurde zwischen April und Juni 2018 auf das Vorkommen von Reptilien überprüft. Bei insgesamt fünf Begängen (15.04, 05.05, 19.05, 11.06 und 28.06) wurde das gesamte Gelände und die näherliegende Umgebung im Umfeld von 100 Metern begutachtet. Die Qualität des Eingriffsraumes als Lebensraum für die Herpetofauna wurde anhand der vorhandenen Habitatstrukturen beurteilt. Bei den Begängen wurde gezielt nach Reptilien, insbesondere Eidechsen gesucht. Die Erfassung erfolgte durch langsames Abgehen der ganzen Strecke. Potentielle Versteckplätze wie Steinhaufen, Thujahecken oder Böschungen wurden mehrfach aufgesucht (vgl. KORNDÖRFER 1992). Die Erfassungen waren zeitlich an die Hauptaktivitätsphasen der zu erwartenden Reptilien angepasst und fanden bei Außentemperaturen zwischen 20-24 Grad statt. Die Qualität des Eingriffsraumes als Lebensraum für die Herpetofauna insgesamt wurde anhand der vorhandenen Habitatstrukturen beurteilt.

4.2 Ergebnisse Reptilien Während der Begänge wurden Mauereidechsen im Untersuchungsgebiet nachgewiesen. Am 05.05 wurde ein subadultes Weibchen im auf der westlichen Fläche in einem Holzhaufen registriert. An der gleichen Stelle wurde am 19.05.2018 eine adulte weibliche Mauereidechse beobachtet. Während der übrigen Begänge wurden keine Tiere beobachtet. Insgesamt zeigten die Beobachtungen, dass Mauereidechsen im Eingriffsraum vorkommen. Sie wurden allerdings nur an einer Stelle nachgewiesen und auch dort nur in geringer Zahl. Es blieb unklar ob die Fläche auch als Reproduktionsraum für die Tiere dient. Die Mauereidechse ist bundesweit streng geschützt und in den Roten Listen sowohl von Baden-Württemberg als stark gefährdet eingestuft. In Deutschland steht sie auf der Vorwarnliste der Roten Liste. Als Tierart von gemeinschaftlichem europäischem Interesse wurde sie in den Anhang IV der FFH-Richtlinie eingestuft. Über den Erhaltungszustand der lokalen Population liegen keine weiteren Erkenntnisse vor. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Tiere entlang der Bahngleise in der Oberrheinebene flächig verbreitet sind. Aufgrund von weiteren Beobachtungen von Mauereidechsen in verschiedenen anderen Projekten ist von einer starken Ausbreitung der Mauereidechsen in der Region in den letzten Jahren auszugehen. Daher wird der Erhaltungszustand der lokalen Population als gut eingeschätzt. Trotz gezielter Nachsuche konnten keine anderen Reptilienarten nachgewiesen werden. Das Auftreten der Blindschleiche im Eingriffsraum ist jedoch potentiell möglich.

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Bericht Herpetofauna im Bereich des Bebauungsplans Herrengüter West III Seite 8

Tab. 2: Schutzstatus der Mauereidechse

Deutscher Name

Lateinischer Name

Rote Liste Ba.Wü.

(2004)

Rote Liste BRD

(2003)

§ 7 Abs. 13 u. 14

BnatschG.

FFH-RL

Anhang IV

Mauereidechse Podarcis muralis 2 (stark gefährdet) V (Vorwarnliste) streng geschützt +

Abb. 3: Adulte weibliche Mauereidechse auf dem Holzstapel auf der Streuobstwiese. (Foto: F. Hohlfeld)

Legende

Bnatsch Gesetz = Bundesnaturschutz-Gesetz BG STRENG

= Besonders Geschützt = Streng Geschützt

RL BW = Rote Listen Baden-Württ. 0 = erloschen, kein Brutvogel mehr RL BRD = Rote Listen für die BRD 1 = vom erlöschen bedroht

FFH-RL = + = Anhang IV der 2 = stark gefährdet Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie 3 = gefährdet V = Vorwarnliste R = Arten mit geographischer Restriktion

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5.0 Wirkungsprognosen und Ermittlung von Verbotstatbeständen nach § 44 BnatSchG für die Reptilien

5.1 Verbot nach § 44 (1) 1 BnatSchG: Es ist verboten, wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Wirkungsprognose Durch die vorgesehenen Bauarbeiten auf der Eingriffsfläche ist die Tötung einzelner Tiere eher unwahrscheinlich, da die geplanten Eingriffe in Bereichen stattfinden die nur spärlich von der Mauereidechse besiedelt sind. Dennoch ist die versehentliche Tötung durch Baufahrzeuge oder Bauarbeiten nicht auszuschließen.

Maßnahmen zur Vermeidung und Minderung Um ein Erfüllen der Verbotstatbestände nach § 44 (1) 1 BNatSchG während des Eingriffszeitraumes zu mindern, sind geeignete Vermeidungsmaßnahmen durchzuführen. Die rechtzeitige Entfernung des Holzstapels vor Beginn der Bauarbeiten würde vermutlich zu einer Abwanderung der vorhandenen Tiere führen. Diese Vergrämungsmaßnahme muss während der Vegetationsperiode zwischen April und September stattfinden. In den Wintermonaten können die Tiere nicht abwandern, da sie sich in ihren Winterquartieren befinden. Bei einer rechtzeitigen Vergrämung ist damit zu rechnen, dass die Tiere abwandern und nicht versehentlich im Zuge der Bauarbeiten getötet werden. Die Verbotstatbestände des § 44 (1) 2 BNatSchG werden unter Berücksichtigung der geforderten Minimierungsmaßnahmen nicht erfüllt. 5.2 Verbot nach § 44 (1) 2 BNatSchG Es ist verboten, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Wirkungsprognose Durch die vorgesehene Bebauung des Eingriffsraumes kommt es zu einer Störung der vorhandenen Eidechsenpopulation, da die Eingriffsfläche im Zuge der Baumaßnahmen stark verändert wird. Die geplanten Eingriffe werden die Tiere während der Bauzeit aus dem Gebiet vertreiben. Eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Population ist nicht zu erwarten. Es handelt sich nur um eine kleine Teilpopulation aus wenigen Tieren, während die Umgebung der nahen Bahngleise durchgehend von Mauereidechsen besiedelt ist. Der allergrößte Teil der vorhandenen Mauereidechsenpopulation im Norden von Herbolzheim wird durch die geplanten Eingriffe nicht gestört. Daher werden die Störungen im Zusammenhang mit der Bauzeit nicht als erheblich gewertet.

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Bericht Herpetofauna im Bereich des Bebauungsplans Herrengüter West III Seite 10

Die Verbotstatbestände des § 44 (1) 2 BNatSchG werden nicht erfüllt. 5.3 Verbot nach § 44 (1) 3 BNatSchG Es ist verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wildlebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Ein Eingriff in die Fortpflanzungs- und Ruhestätten einer Art gilt dann als erheblich und damit unzulässig, wenn die ökologische Funktion der betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang danach nicht mehr erfüllt ist. Um die ökologische Funktion trotz eines geplanten Eingriffs weiterhin zu gewährleisten, können hierfür auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen) festgesetzt werden. Wirkungsprognose Im Rahmen der geplanten Maßnahmen werden vermutlich Fortpflanzungs- oder Ruhestätten von Mauereidechsen geschädigt, da sich diese Bereiche direkt innerhalb des Eingriffsraumes befinden. Ob die ökologische Funktion der Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang auch weiterhin erfüllt bleibt ist aufgrund der erhobenen Daten schwer abzuschätzen. Wenn es sich bei den beobachteten Tieren nur um eine kleine Teilpopulation handelt und die Vermehrung der Tiere außerhalb des Eingriffsraumes gesichert ist, kann die ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang für die Mauereidechsen trotz der Eingriffe erhalten bleiben. Um dies zu bestätigen müsste die vorhandene Population im Norden von Herbolzheim näher untersucht werden. Die Alternative zu diesen aufwendigen Untersuchungen besteht in der Annahme einer worst case Situation, nach der eine erhebliche Beeinträchtigung durch die Eingriffe möglich ist. Bewertung Um die ökologische Funktion der betroffenen Fortpflanzungsstätten der Mauereidechsen trotz der geplanten Eingriffe weiterhin sicherzustellen werden dann Ausgleichsmaßnahmen notwendig. Diese sollten als CEF-Maßnahmen vor Beginn der Eingriffe am Rande der neu entstandenen Spielplatzfläche realisiert werden. Maßnahmen zur Vermeidung und Minderung Die Ausgleichsmaßnahmen bestehen in der Anlage einer neuen Fortpflanzungsstätte in der räumlichen Umgebung des Eingriffsraumes. Dadurch wird gewährleistet, dass für die Mauereidechsen essentielle Fortpflanzungsstätten auch weiterhin in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Die Einrichtung dieser neuen Fortpflanzungsstätte sollte vor den eingriffsbedingten Bauarbeiten erfolgen.

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Bericht Herpetofauna im Bereich des Bebauungsplans Herrengüter West III Seite 11

Die Größe und Beschaffenheit des Ersatzhabitates muss mindestens den momentan bestehenden Verhältnissen entsprechen und es muss für die lokale Population der Tiere zugänglich sein. Ihre erfolgreiche Besiedelung ist im Zuge eines anschließenden Monitorings nachzuweisen. Vorgaben zum Bau der Eidechsenersatzhabitate:

• Die Lesesteinhaufen sollten aus mindestens kopfgroßen Steinen bestehen und eine Länge von 2-3 Metern bei einer Breite von mindestens 1 m aufweisen. Sie sollten mindestens 1 m hoch aufgeschichtet werden.

• Die Steinriegel aus mindestens faustgroßen Steinen (z. B. Eisenbahnschotter) sollten ca. 1 m tief ins Erdreich reichen und ca. 1 m höher als das Bodenprofil sein. Ihre Breite sollte ca. 2 m und seine Länge mindestens 5 m betragen.

• Die Sandlinse sollte 1-2 m2 groß und 50 – 70 cm tief sein. Im Umfeld des Steinriegels sollten einzelne größere Steine als Sonnen- und Versteckplätze ausgelegt werden.

• Das im Zuge der Freistellungen gerodete Holz bzw. Reisig aus dem Baugebiet ist auf größere Haufen in der Umgebung aufzuschichten. Diese sollten eine Höhe von 1-2 m besitzen. Diese Totholzhaufen bieten zunächst sichere Versteckplätze und verwandeln sich im Laufe der Jahre nach dem Prinzip der „Benjeshecken“ durch Aussamung von Sträuchern in Gebüsche.

• Um die neu angelegten Strukturen herum sind Gebüsche und Sukzessionsvegetation zu schonen und in eine Umfriedung der Fläche sinnvoll zu integrieren.

Die Verbotstatbestände des § 44 (1) 3 BNatSchG werden unter Berücksichtigung der

vorgeschlagenen Ausgleichsmaßnahmen nicht erfüllt.

Abb.4: Blühende Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera) im Eingriffsraum (Foto: F. Hohlfeld).

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6.0 Seltene Pflanzenarten In einem als Gartengrundstück genutzten Bereich im Süden der Untersuchungsfläche wurde eine seltene und streng geschützte Pflanzenart gefunden. Sie gedeiht dort im Halbschatten unter Birken und Obstbäumen auf einem als Gartenwiese regelmäßig gemähten Bereich. Es handelte sich um eine gefährdete heimische Orchideenart, die Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera). Die Orchidee hat diesen Lebensraum innerhalb des Gartens innerhalb der letzten 10 Jahre neu besiedelt. Sie kommt auf dem Gartengrundstück vor und blüht dort nach Angaben des Gartenbesitzers seit einigen Jahren mit 5-10 Exemplaren jährlich. Nach SEBALD et al (1998) hat sich die Pflanze innerhalb von Baden-Württemberg vielerorts ausgebreitet. Dementsprechend sind neue Vorkommen nicht sehr ungewöhnlich. Der kleine Bestand ist unmittelbar von den geplanten Eingriffen betroffen und wird seine Lebensstätte dadurch dauerhaft verlieren. Angesichts der Seltenheit dieser Orchidee in der Oberrheinebene sollten Ausgleichsmaßnahmen zur Bestandessicherung der Art durchgeführt werden. Eine Minimierungsmaßnahme des Eingriffs könnte in der gezielten Abtragung des Erdreiches im Vorkommensbereich und die Verbringung dieses Erdreichs an eine Stelle mit günstigen Keimungsbedingungen für die Bienen-Ragwurz sein.

Abb. 5: Verbreitung der Mauereidechse und der Fliegenragwurz im Untersuchungsgebiet 2018.

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7.0 Zusammenfassung Am nördlichen Ortsrand von Herbolzheim befindet sich das ca. 3 ha große Baugrundstück Herrengüter West III. Es soll mit Wohnhäusern, einem Spielplatz und einer größeren Parplatzfläche bebaut werden. In der vorliegenden artenschutzrechtlichen Beurteilung wurde die Herpetofauna bearbeitet und kurz auf das Vorkommen der seltenen Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera) eingegangen. Bei fünf Begehungsterminen wurden im Untersuchungsgebiet 1 Amphibienart, die Erdkröte und eine Reptilienart, die Mauereidechse nachgewiesen. Bei der Erdkröte handelte es sich um einen Einzelfund eines umherwandernden Jungtieres. Die Verbotstatbestände nach § 44 (1) 1-3 BNatSchG werden in Bezug auf die Erdkröte durch die geplanten Eingriffe nicht erfüllt. Bei der Mauereidechse war innerhalb des Eingriffsraumes ein kleiner Bereich besiedelt. Ausgehend von einer worst case Annahme könnte die Fläche auch als Reproduktionsraum für die Mauereidechse dienen. Eine wichtige Minimierungsmaßnahme des Eingriffs besteht in der rechtzeitigen Vergrämung der Tiere. Durch das Entfernen geeigneter Habitatstrukturen während der Vegetationsperiode können die Tiere vermutlich zum Abwandern gebracht werden. Zur Kompensierung der negativen Eingriffsfolgen für die Tiere wird eine Ausgleichsmaßnahme vorgeschlagen. Sie besteht in der Anlage einer neuen Fortpflanzungsstätte in der räumlichen Umgebung des Eingriffsraumes. Die Einrichtung dieser neuen Fortpflanzungsstätte sollte vor Beginn der mit dem Eingriff in Zusammenhang stehenden Bauarbeiten erfolgen. Im Eingriffsraum wurde ein kleines Vorkommen der Bienen-Ragwurz gefunden. Als Ausgleichsmaßnahme für die geplanten Eingriffe wird die gezielte Abtragung des Erdreiches im Vorkommensbereich und die Verbringung dieses Erdreichs an eine Stelle mit günstigen Keimungsbedingungen für die Bienen-Ragwurz vorgeschlagen.

8.0 Literatur FRITZ (1987): Die Bedeutung anthropogener Standorte als Lebensraum für die Mauereidechse (Podarcis muralis) dargestellt am Beispiel des südlichen Oberrheins- und des westlichen Hochrheintales. Veröffentlichungen für Naturschutz und Landschaftspflege in Baden-Württemberg 41:427-462. FISCHER H. (2010): CEF-Maßnahme: Vorgezogene Ausgleichsmaßnahme für die Zauneidechse. Bebauungsplan Nr. 20 Gemeinde Breitenbach. GELLERMANN & SCHREIBER (2007): Schutz wildlebender Tiere und Pflanzen in staatlichen Planungs- und Zulassungsverfahren. Leitfaden für die Praxis. Springer Verlag Berlin. LAUFER, H. (2014): Praxisorientierte Umsetzung des strengen Artenschutzes am Beispiel von Zaun- und Mauereidechsen. – Naturschutz u. Landschaftspf. Baden-Württemberg 77: 93–142;

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KÜHNEL, K.-D.& A. GEIGER, LAUFER, H., PODLOUCKY, R. , SCHLÜPFMANN, M. (2009): Rote Liste und Gesamtartenliste der Kriechtiere (Reptilia) Deutschlands. Naturschutz und Biologische Vielfalt 70(1): 231-256. KORNDÖRFER (1992): Hinweise zur Erfassung von Reptilien. In: TRAUTNER, J. (Hrsg.): Arten- und Biotopschutz in der Planung: Methodische Standards zur Erfassung von Tierartengruppen. Ökologie in Forschung und Anwendung 5: 53-60. LAUFER, H. (2009): Fachbeitrag Reptilien und Amphibien. Bebauungsplan Viehweid, Gemeinde Gottenheim. LAUFER/FRITZ/SOWIG HRSG. (2007): Die Amphibien und Reptilien Baden-Württembergs. Ulmer, Stuttgart. LAUFER, H. (1997): Beobachtungen zur Mauereidechse (Podarcis muralis) an einem alten Widerlager. Die Eidechse (8) Heft 1: 10-16. MATTHÄUS, G. (2006): Mauereidechsen in Bahnanlagen. Bedeutung und Konsequenzen von Vorkommen streng geschützter Arten für Planungen und Vorhaben. Naturschutz-Info 2/2006 + 3/2006 LUBW S. 43-45 NÖLLERT, C. & A. NÖLLERT (1992): Die Amphibien Europas. – Franckh-Kosmos, Stuttgart 1992. ISBN 3-440-06340-2 SEBALD, O. & S. SEYBOLD, G. PHILIPPI. A. WÖRZ (1998): Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. Bd.8: Spermatophyta, Arecidae, Liliidae Teil 2, Commelinidae Teil 2. 540 S. Ulmer, Stuttgart. TRAUTNER, J. (2008): Artenschutz im novellierten BNatSchG – Übersicht für die Planung, Begriffe und fachliche Annäherung. Naturschutz in Recht und Praxis - online Heft 1, www.naturschutzrecht.net WAITZMANN & SCHWEIZER (2007): Zauneidechse. LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg.