betriebs- & führungspsychologie - kapitel 5 führungspsychologie

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Führungspsychologie

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    6 Fhrungspsychologie

    Nachdem sich dieser Lehrbrief mit der Entstehung und Entwicklung der Betriebspsychologie (Abschnitt 1) beschftigte, anschlieend intraperso-nale Aspekte der Arbeitsttigkeit (Abschnitt 3 und 4) ausfhrlicher betrach-tete und im vergangenen Kapitel interpersonalen Merkmalen und der Gruppenarbeit (Abschnitt 0) eine grere Aufmerksamkeit schenkte, ist dieses letzte Kapitel den psychologischen Aspekten im Rahmen der Fh-rung gewidmet.

    Die Psychologie versteht sich als Theorie- und Methodenrepertoire zur Beschreibung, Erklrung und bestenfalls der Vorhersage des Erlebens und Verhaltens von Menschen und Gruppen. Die Fhrungspsychologie ist sowohl ein Teilgebiet der Psychologie als auch der verhaltensorientierten Betriebswirtschaftslehre und beschftigt sich einerseits mit Prozessen der Wahrnehmung, des Erlebens und Verhaltens von Menschen in Organisa-tionen, in denen andere Personen in der Fhrungsrolle Einfluss auf sie ausben, und andererseits mit dem Erleben und Verhalten der Fhrungs-krfte selbst.

    Im Rahmen der psychologischen Schulrichtungen und der einzelnen Dis-ziplinen ordnet Wiswede (1990) die Fhrungspsychologie und die Fh-rungsforschung mehrheitlich der Sozialpsychologie zu, obwohl er gleich-sam den interdisziplinren Charakter zwischen der Psychologie, der So-ziologie und der konomie betont. Er begrndet seine Fokussierung auf die sozialpsychologischen Arbeiten mit den Tatsachen, dass:

    a) sich die konomische Forschung zwar mit Fhrungsthemen aus-einandersetzte; die Modelle und Konzepte, welche spter als guteLiteratur fr erfolgreiche Unternehmensfhrung verlegt und ver-kauft wurden, stammten jedoch aus der sozialpsychologisch orien-tierten Fhrungsforschung und der Kleingruppenforschung.

    b) der Kleingruppenaspekt von den Soziologen ebenfalls an die So-zialpsychologie delegiert wurde. Die intensive Auseinanderset-

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    zung mit den in der Soziologie blichen Mikrovariablen und Ver-haltens-parametern (Wiswede 1990, S. 2) sowie die Abwendung von den Kleingruppen und sozialen Kontextvariablen als Einfluss-gren fhrte schlielich dazu, dass die soziologischen Bem-hungen im Rahmen der Fhrungsforschung weniger wahrgenom-men wurden und die Sozialpsychologie sich als strkste Disziplin in der Fhrungspsychologie etablierte (vgl. Wiswede 1990, S. 2 f).

    Neben der Sozialpsychologie lsst sich die Fhrungspsychologie auch zu Teilen der Persnlichkeitspsychologie, der Motivationspsychologie und in starkem Mae auch der Kommunikationspsychologie zuordnen.

    Im Folgenden wird neben den Grundbegriffen der Fhrung auf das Men-schenbild und das Verhalten der Fhrungskraft eingegangen. Im An-schluss werden die unterschiedlichen Funktionen der Fhrung betrachtet. Die unterschiedlichen Fhrungsstile sowohl klassische als auch moder-ne werden zeigen, mit welchen stabilen Verhaltensmustern es Fh-rungskrfte schaffen, die zuvor formulierten Funktionen zu erfllen bzw. diesen gerecht zu werden. Einen weiteren Themenbereich bilden die Kri-terien der erfolgreichen Fhrung, also sowohl intra- und interpersonale, als auch organisationale Faktoren, die den Erfolg oder Misserfolg der Fh-rungskraft beeinflussen. In den letzten Abschnitten dieses Kapitels soll es um die Bedeutung von Fhrungskonzepten gehen und ausgewhlte Fh-rungskonzepte werden nher betrachtet.

    6.1 Grundbegriffe der Fhrung

    Bei grober Klassifikation lsst sich die Fhrungsaufgabe in Unternehmen in zwei Bereiche teilen: Unternehmensfhrung und Mitarbeiterfhrung, wobei sich die Fhrungspsychologie eher dem Fhren und Gefhrt-werden von Mitarbeitern widmet. Die personale Fhrung also die Fh-rung von Menschen durch Menschen lsst sich als ein unmittelbarer, absichtlicher und zielgerichteter Einfluss von Personen (i.d.R. Vorgesetz-ten) auf andere Personen (i.d.R. Untergebenen) in Organisationen verste-hen (vgl. Weinert 1989).

    Drei Aspekte stellt Weinert einleitend in den Vordergrund, um sich dem Begriff der Fhrung zu nhern. Diese drei Merkmale der Fhrung dienen der Schrfung des einheitlichen Verstndnisses vom Fhrungsbegriff.

    (1) Fhrung ist ein Gruppenphnomen (das die Interaktion zwischen zwei oder mehreren Personen einschliet);

    (2) Fhrung ist intentionale, soziale Einflussnahme (wobei es wieder-um Differenzen darber gibt, wer in einer Gruppe auf wen Einfluss ausbt und wie dieser ausgebt wird);

    (3) Fhrung zielt darauf ab, durch Kommunikationsprozesse Ziele zu er-reichen (vgl. Weinert 1989, S. 555).

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    Die Organisationspsychologie weist in Theorien, empirischen Untersu-chungen und den daraus resultierenden Handlungsempfehlungen hufig auf das asymmetrische Verhltnis und die Unausgewogenheit dieser sozia-len Einflussnahme hin, welche der zweite Aspekt beinhaltet. (Der Vorge-setzte wird weitgehend als beeinflussender Akteur, der ihm unterstellte Mitarbeiter hingegen als Beeinflusster angesehen.) In der unternehmeri-schen Praxis wird dieser Sicht weitgehend zugestimmt bzw. wird diese Sicht befrwortet.

    Von Rosenstiel nennt im Gegensatz dazu Anstze von R. Wunderer aus den 1990er Jahren, die sich mit der lateralen Fhrung und der Fhrung von unten beschftigen, allerdings gingen diese Anstze von spezifischen situativen Bedingungen aus und eignen sich somit nicht fr generalisierba-re Sichtweisen in der Fhrungspsychologie. (vgl. v. Rosenstiel et al. 2003, S. 328)

    Von Rosenstiel et al. (2003) fhren in ihrer Antwort auf die Frage, was denn Fhrung nun konkret sei, das Phnomen an, dass jede Person, die fhrt, auch wei was Fhrung ist. Gerade dieses Selbstverstndnis von Fhrungskrften welches hufig nicht oder nur unzureichend reflektiert und wenig bedacht (ebd. S. 4) ist soll an dieser Stelle der Anlass sein, sich nher mit dem Fhrungsbegriff zu beschftigen.

    Zunchst wird der folgende Passus als ansatzweise Definition, zumindest jedoch als grobe Beschreibung der Fhrung, festgehalten:

    Fhrung ist als eine zielgerichtete Beeinflussung zu verstehen; das geht bereits aus den Ausfhrungen von Weinert (1989) hervor und wird von wei-teren Autoren gesttzt (vgl. v. Rosenstiel et al. 2003; Jung 2008).

    In diesem Prozess geht es darum, den Mitarbeiter dazu zu bringen ein Ziel zu erreichen, welches sich direkt oder indirekt aus den Unternehmenszielen bzw. den Zielen der Organisation ableiten lsst. Beispiele hierfr sind eine Steigerung des Umsatzes, die Verbesserung des Betriebsklimas oder auch die genaue Prfung der eigenen Arbeitsergebnisse zur Einhaltung hoher Qualittsstandards.

    Wie diese Beeinflussung des Mitarbeiters ausgebt wird, ist in der Praxis extrem unterschiedlich. Von Rosenstiel et al. (2003) schlagen eine grobe Einteilung in die Fhrung durch Strukturen einerseits und die Fhrung durch Menschen andererseits vor, wobei diese sich nicht gegenseitig aus-schlieen.

    6.1.1 Fhrung durch Strukturen

    Die Fhrung durch Strukturen ist dadurch gekennzeichnet, dass keine Person einen Einfluss auf den Mitarbeiter ausbt, sondern die Vorgaben, Regeln und Strukturen des Unternehmens das Verhalten des Mitarbeiters beeinflussen. Diese Art von Fhrung beginnt bei Organigrammen und Stellenbeschreibungen sowie Vorschriften, geht ber Anreizsysteme (Pr-

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    mien, Boni) und Personalentwicklungsprogramme bis hin zur konkreten Gestaltung des Arbeitsplatzes. Darber hinaus fhren von Rosenstiel et al. (2003, S. 4f) weitere berzeugende Beispiele an, die erkennen lassen, dass die Fhrung durch Strukturen ein in der Praxis weit verbreitetes Kon-zept ist:

    Handelsketten mit Filialen in verschiedenen Stdten, die nicht nur ein sehr hnliches Sortiment haben, sondern deren Warenprsentation auch nahezu identisch ist;

    der Hamburger einer Schnellrestaurant-Kette wird egal wo wir ihn zu uns nehmen identisch (oder zumindest sehr hnlich) schmecken, da die Zutaten, Gewrze etc. per Regeln und Normierung festgelegt sind;

    das Hotelzimmer derselben Hotelkette ob in Rom oder Kalifornien wird hnlich oder gar gleich aussehen, da die Hotelkette die Ausstat-tung genormt hat.

    Diese Normierung und Reglementierung lsst kaum Gestaltungsspielraum fr die einzelnen Mitarbeiter und die Fhrungskrfte treten erst dann in Er-scheinung und greifen ein, wenn im standardisierten und geplanten Ablauf Strungen entstehen. Von Rosenstiel et al. (2003) beschreiben hier eine Annherung an das Ideal der brokratischen Organisation, also die aus-schlieliche Fhrung durch Strukturen, nicht durch Menschen (ebd., S. 5).

    Durch eine kritische Betrachtung der von v. Rosenstiel et al. (2003) formu-lierten Beispiele und Anmerkungen (insbes. letzte Zitate) wird schnell klar, dass wir nicht auf die Fhrung durch Strukturen verzichten knnen. Diese Regeln und Normen helfen nicht nur, indem sie Organisation und Ablauf vereinfachen, sondern sie sind auch hufig Bestandteil der Marke (also identittsbildend) oder ein patentiertes Produkt; mglicherweise sind die stark von Normierung und Reglementierung geprgten Unternehmen auch einfach nur fr ihre flchendeckende Verbreitung und ein nahezu identi-sches Sortiment bekannt (Discounter). Insofern haben diese Regeln und Normen sehr wichtige Aufgabe im Rahmen der Unternehmensfhrung bzw. der Markenfhrung.

    6.1.2 Fhrung durch Menschen

    Bei der Fhrung durch Personen wird der Mensch betrachtet, der in die Rolle der Fhrungskraft schlpft. Auch wenn Normen und Regeln augen-scheinlich starr und rigide sind, kann sich die Fhrungskraft als eine Fh-rungspersnlichkeit herausstellen. Von Rosenstiel et al. schreiben dazu:

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    Am Fhrenden wird es meist liegen, ob trotz der bzw. mit den Vorschriften flexibel und kreativ gearbeitet oder Dienst nach Vorschrift ausgebt wird.

    Das Verhalten des Vorgesetzten, seine Art, Ziele zu verdeutlichen, Aufgaben zu koordi-nieren, Mitarbeiter durch Gesprche zu motivieren, Ergebnisse zu kontrollieren, wird zum zentralen Bestandteil der Fhrung, die sich dann als zielbezogene Beeinflussung von Unterstellten durch Vorgesetzte mit Hilfe der Kommunikationsmittel definieren lsst.

    (von Rosenstiel et al. 2003, S. 5)

    Zwei praxisrelevante Fragen, die von Rosenstiel et al. (2003, S. 5) im Zu-sammenhang mit der Fhrungsaufgabe stellen, sind die Selektionsfrage und die Personalentwicklungsfrage (auch: Modifikationsfrage). Beide Fragen dienen dem Ziel, die Fhrung erfolgreicher zu machen. Das ist zu-erst einmal die Frage nach dem: Wer?, also wer fhrt erfolgreich, wen sollen wir einstellen, befrdern etc. (Selektion). Die Personalentwicklungs-frage ist die Frage nach dem Wie?, also wie fhrt man erfolgreich, wel-ches Verhalten sollen wir schulen, trainieren, weiterbilden.

    Weiterhin stellen von Rosenstiel et al. (2003, S. 5) auf die groe Bedeu-tung ab, die der Art und Weise der Fhrungskraft im Umgang mit den Mit-arbeitern zukommt. Als Beleg fhren sie Untersuchungen an, die zu dem Schluss kamen, dass hufig das Verhalten des Vorgesetzten Auslser fr Enttuschung, Frustration und rger beim Mitarbeiter war. Insbe-sondere wenn der Faktor Fhren durch Personen im Unternehmen wich-tiger ist als das Fhren durch Strukturen, hat die Art und Weise also das konkrete Verhalten des Vorgesetzten einen greren Stellenwert, als wenn die Strukturen selbst die Oberhand htten und salopp gesagt: das Unternehmen (die Ablufe) auch ohne ein stndiges Einwirken der Fhrungskraft funktionieren wrde(n).

    6.2 Menschenbild und Fhrungsverhalten

    Anknpfend an den Schlussgedanke des letzten Abschnitts werden wir uns mit dem Verhalten des Fhrenden auseinandersetzen. Dabei ist die-ser Abschnitt neben dem konkreten Verhalten der Fhrungskraft in alltg-lichen Situationen auch dem individuellen Menschenbild gewidmet, wel-ches als Werthaltung der Fhrungskraft verstanden werden kann und ih-rem Verhalten zugrunde liegt.

    Anders als Helmut Geiselhart (2008), der in Die neuen Grundlagen der Fhrung die gesamte Entwicklung der Menschenbilder in Unternehmen betrachtet und auf ein neues Menschenbild im lernenden Unternehmen hinarbeitet, werden wir uns hier auf einen bndigen berblick ber einige Menschenbilder im Fhrungskontext beschrnken. Bereits in Abschnitt 2.7 hatten Sie es mit Menschenbildern zu tun; dieses Thema wird im folgen-den Abschnitt erneut aufgegriffen.

    Hier handelt es sich jedoch nicht um ein historisch und gesellschaftlich bedingtes, allgemein gltiges Bild, welches man von einem Durch-schnittsmitarbeiter haben kann, sondern im Rahmen der Fhrungspsycho-

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    logie geht es uns um die individuelle Werthaltung der einzelnen Fhrungs-kraft bezglich der Gefhrten oder der (in naher Zukunft) Zu-Fhrenden; letzteres wre bspw. in Personalauswahlgesprchen relevant.

    6.2.1 Die Menschenbilder nach McGregors X- und Y-Theorie

    Douglas McGregor zhlt zu den Vertretern der Human-Relations-Bewegung, also zu einer Sicht, die dem Mitarbeiter und den Mitarbeiter-beziehungen einen hheren Stellenwert auch auf den Unternehmenser-folg bezogen beimisst. McGregor baute mit seinen Arbeiten auf den mo-tivationstheoretischen berlegungen von Abraham Maslow auf, die aus klinischen Untersuchungen hervor gingen. Die Idee von McGregor war die Integration dieser berlegungen in die Betriebswirtschaftslehre. Obwohl die motivationstheoretischen Anstze im Organisationskontext zunchst daran scheiterten, dass die Bedrfnisbegriffe aus Maslows Bedrfnishie-rarchie nicht operationalisierbar waren, stellte Douglas McGregor 1960 im Rahmen seiner Professur am Massachusetts Institute of Technology (MIT) sein Buch The Human Side of Enterprise vor, in dem er zehn Prinzipien fr Manager formulierte, die dazu dienten ein wohlwollendes und positiv-frderliches Arbeitsklima zu schaffen, so dass die Mitarbeiter motiviert, engagiert und selbstbestimmt ihren Aufgaben nachgehen konnten. Im Rahmen dieser Schrift unterschied McGregor zwei wesentliche Grundhal-tungen, die ein Mensch seiner Arbeit gegenber einnehmen kann:

    Die Theorie X, ein weniger positives Bild eines Mitarbeiters, wie es aus vorherigen Management- und Fhrungsanstzen bekannt war. Die Theo-rie X war die Grundlage fr die bis dahin existierenden Managementtheo-rien, welche davon ausgingen, dass der Mitarbeiter kontrolliert, angewie-sen und gelenkt werden muss. Der Mensch der Theorie X ist von Natur aus faul, trge und muss erst zur Arbeit bewegt werden. Dies geschieht meist durch Belohnungsanreize und die Androhung negativer Sanktionen bei Unterlassen (vgl. Holling & Kanning 2004, S. 63).

    Von Rosenstiel (2003) kennzeichnet Mitarbeiter, die sich der X-Theorie zuordnen lassen wie folgt:

    Der Mensch hat einen angeborenen Widerwillen gegen die Arbeit und versucht sich zu drcken;

    Deshalb mssen die meisten Menschen kontrolliert werden und somit fremdbestimmt ihren Beitrag zum Erreichen der Organisationsziele leisten;

    Der Mensch mchte Verantwortung vermeiden und bevorzugt es da-her, von anderen gefhrt zu werden. Er hat wenig Ehrgeiz und wnscht in erster Linie Sicherheit. (v. Rosenstiel 2003, S. 137)

    McGregor stellt der Theorie X die Theorie Y gegenber. Diese versteht sich Pendant und sieht den Durchschnittsmenschen als eine Person mit Entwicklungspotenzial und Verantwortungsbereitschaft zur direkten Ver-wirklichung organisationaler Ziele (..). (Holling & Kanning 2004, S. 63)

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    Lutz von Rosenstiel (2003) charakterisiert den Durchschnittsmenschen nach der Y-Theorie mit folgenden Merkmalen:

    Der Mensch sieht in seiner Arbeit ein wichtiges Feld seiner Selbstver-wirklichung.

    Wenn er sich mit den Zielen der Organisation identifiziert, sind Kontrol-len von auen berflssig, weil Selbstkontrolle und eigene Initiative von ihm entwickelt werden.

    Nicht die finanziellen Anreize sind fr ihn entscheidend, sondern die Befriedigung seiner Ich-Bedrfnisse und seines Strebens nach Selbst-verwirklichung.

    Einfallsreichtum, Kreativitt und Verantwortungsfreude sind weit ver-breitete Eigenschaften, die jedoch in den meisten Organisationen kaum aktiviert werden. (vgl. v. Rosenstiel 2003, S. 137)

    Lutz von Rosenstiel (2003) versteht diese beiden Menschenbilder als im-plizite Persnlichkeitstheorien. Die Dynamik dieser Theorien besteht darin, dass sie sich zu einer sich selbst erfllenden Prophezeiung entwickeln kann:

    Sind Manager der Auffassung, dass die von ihnen Gefhrten im Sinne der Theorie X funktionieren, so werden sie ihnen kaum Verantwortung delegieren und sie zugleich eng kontrollieren. Die Reaktion der so Gefhrten drfte dann langfristig so aussehen, dass sie der Theorie X entspricht. (v. Rosenstiel 2003, S. 137)

    Von Rosenstiel (2003) meint mit impliziten (S. 138) Persnlichkeitstheo-rien scheinbar i. w. S. laienhafte Perspektiven oder Auffassungen, denen er die Persnlichkeitstheorien gegenberstellt, auf die sich Organisati-onspsychologen explizit berufen und auf die sie ihre Arbeit grnden (...) (S. 138).

    Auf diesem Weg soll vermutlich gezielt auf die wissenschaftliche Fundie-rung der expliziten Persnlichkeitstheorien hingewiesen werden, um damit eine Abhebung von Annahmen, Erfahrungen und Heuristiken des einzel-nen Laien zu schaffen.

    6.2.2 Klassifikation der persnlichkeitstheoretischen Anstze

    Fr die Betrachtung der Menschenbilder und des Verhaltens von Fh-rungskrften werden im Rahmen der expliziten Persnlichkeitstheorien vier Klassen unterteilt, die zwar alle die Persnlichkeiten des Fhrenden und des Gefhrten betrachten, jedoch jeweils einen anderen Fokus haben und aus dem gezeigten Verhalten unterschiedliche Konsequenzen ziehen (v. Rosenstiel 2003):

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    1) phnomenologische Persnlichkeitstheorien auf philosophisch-anthro-pologischer Grundlage,

    2) auf psychoanalytischer Basis entwickelte Persnlichkeitsmodelle,

    3) lerntheoretisch orientierte Persnlichkeitskonzepte und

    4) faktorenanalytische Modelle der Persnlichkeit. (ebd., S. 138)

    6.2.2.1 phnomenologische Theorien

    Zu den phnomenologischen Theorien, also der Orientierung an sichtba-rem und erscheinendem Verhalten, zhlen bspw. auch humanistische Persnlichkeitskonzepte (Maslow, McGregor). Ein Organisationspsycho-loge versteht die philosophisch-anthropologische Grundlage als eine Ba-sis, die ihm Sollvorstellungen verleiht, wie die menschliche Persnlichkeit strukturiert ist und welche organisationalen Rahmenbedingungen ntig sind, um sich bestmglich zu entfalten. Er wird versuchen, ein hohes Ma an Selbstverwirklichung fr den Einzelnen zu gewhrleisten. In Organi-sationen, in denen Mitarbeiter monotone Ttigkeiten ber sich ergehen lassen mssen, sieht dieser Psychologe am ehesten die Behinderung der Entwicklungsmglichkeiten des Mitarbeiters. (vgl. v. Rosenstiel 2003, S. 138)

    6.2.2.2 psychoanalytische Theorien

    Die psychoanalytischen Anstze beschftigen sich weniger mit dem Inhalt der Arbeitsttigkeit und der Struktur der Organisation, vielmehr interessie-ren sich psychoanalytisch orientierte Organisationspsychologen fr Ver-haltensstrungen der einzelnen Mitarbeiter und Konflikte zwischen den Organisationsmitgliedern. Findet der Psychoanalytiker Verhaltensstrun-gen oder Konflikte, werden diese nicht als Reaktion auf die Arbeitsumwelt, sondern als Folgen sehr zeitiger (hufig innerfamilirer) Erfahrungen in der Entwicklung der Person aufgefasst. Analog zur psychoanalytischen Praxis wird auch im Organisationsrahmen eine Aufarbeitung durch Bera-tung und Therapie angewandt, um zu einer hheren Lebenszufriedenheit fr den Einzelnen bzw. zu grerer Effektivitt fr die Organisation zu ge-langen. (vgl. v. Rosenstiel 2003, S. 138 f.)

    6.2.2.3 lerntheoretische Modelle

    Die lerntheoretischen Persnlichkeitskonzepte hinterfragen die vergange-nen und gegenwrtigen Stimulusbedingungen sowie den Konsequenzen im Verhalten der Mitarbeiter. Ziele der lerntheoretisch orientierten Organi-sationspsychologen sind:

    das Verstrken von erwnschtem Verhalten: Entwicklung von Trai-ningsprogrammen, die ein Verhalten im Sinne der Organisationsziele frdern, wozu nicht nur Leistungs-, sondern auch Humanziele zhlen; und

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    die Modifikation von unerwnschtem Verhalten: Konsequenzen, die auf das Verhalten eines Einzelnen folgen, mssen konsistent sein und drfen nur die erwnschten Verhaltensweisen bekrftigen, nicht jedoch die unerwnschten Verhaltensanteile. Sanktionen wren ein weiterer Schritt, um den Mitarbeiter dazu zu bewegen vom unerwnschten Ver-halten abzusehen.

    Die Belohnungen knnen als verbale Anerkennung oder als materielle Be-lohnungen erfolgen. Von Rosenstiel (2003) spricht bei diesem Ansatz vom management by reinforcement (S. 139), also dem Management durch Verstrkung (des erwnschten Verhaltens). Diese Verhaltensbeeinflus-sung soll eine zgige Anpassung des einzelnen an die Organisation er-mglichen und die Sozialisation in der Organisation optimieren. (v. Rosen-stiel 2003, S. 139)

    6.2.2.4 faktorenanalytische Modelle

    Die faktorenanalytischen Persnlichkeitsmodelle bilden die letzte der vier Gruppen in der Klassifikation der persnlichkeitstheoretischen Anstze. Diese Modelle gleichen sich lediglich im verwendeten Verfahren zur Da-tenreduktion (Faktorenanalyse) mit dem Ziel, ein Persnlichkeitsmodell zu entwickeln. Namhafte Autoren wie H. J. Eysenck, Raymond B. Cattell und J. P. Guilford glichen sich lediglich in der Verwendung der Fakto-renanalyse, um ihrem Ziel nher zu kommen. Inhaltlich hatten sie ma-ximal konstruktive Kritik freinander brig.

    Organisationspsychologen, die sich den faktorenanalytischen Persnlich-keitsmodellen verschrieben haben, sind vermutlich psychodiagnostisch oder speziell eignungsdiagnostisch ttig. Sie verwenden die gezielte Mes-sung und Erfassung von stabilen Persnlichkeitseigenschaften, um das fr das Individuum typische Verhalten zu prognostizieren.

    Die Persnlichkeitstheorien, die implizit oder explizit beim Laien oder beim Psychologen in einer Organisation vertreten werden, sind also von erheblicher unmittelbarer Relevanz fr die betroffenen Menschen in der Organisation. (v. Rosenstiel 2003, S. 139)

    6.2.2.5 Zusammenfassung und Ausblick

    Menschenbilder in Organisationen sind Ausdruck auf die Sichtweise zur Natur des Menschen. Sie beeinflussen u. a. auch das Verhalten von Fh-rungskrften gegenber ihren Mitarbeitern. Menschenbilder sind als An-sichten der Arbeitswelt zu verstehen, die mit der technologischen Entwick-lung, den Arbeitsstrukturen und -gegebenheiten sowie dem Verstndnis von funktionierenden Organisationen einhergehen. Sie sind insbes. in Zei-ten der Vernderung besonders wirksam und erkennbar. Im Rahmen von Vernderungen bzw. der (1) (Re-) Organisation von Strukturen, (2) der (Neu-) Gestaltung von Prozessen und Arbeitsablufen, bei der (3) nde-rung der Gegebenheiten von Macht, Einfluss und Kontrolle sowie bei der (4) Vernderung der Mitbestimmungsrechte in einer Organisation zeigen gerade Fhrungskrfte, welches Menschenbild sie vertreten. Als Initiato-

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    ren von Vernderungen macht ihr Verhalten, insbes. das Kommunikati-onsverhalten deutlich, welches Bild sie von ihren Mitarbeitern haben.

    Die formale und inhaltliche Darstellung der Theorien und Modelle aus der Persnlichkeitsforschung soll nur ein Grundstein darstellen. Die Klassifika-tion lsst sich beliebig erweitern, ndern oder es kann ganz auf eine Eintei-lung verzichtet werden. Sehen Sie eine bestimmte Gesellschafts-, Wirt-schafts- oder Wissenschaftsinstanz nicht ausreichend reprsentiert? Ha-ben Sie andere Kritikpunkte im Zusammenhang mit existierenden, in die-sem Skript aufgezeigten oder bisher noch nicht erwhnten Menschenbil-dern?

    Beschftigen Sie sich ausfhrlich mit der Persnlichkeitspsychologie! Schauen Sie, was sich hinter den Namen der in diesem Skript genannten (und nicht ausfhrlich zitierten) Autoren verbirgt! Halten Sie sich mithilfe der neuen Medien auf dem Laufenden, welche interessanten Ergebnisse uns die aktuelle Forschung in der kommenden Zeit offenbart!

    1) Eine der bekanntesten Theorien ist Theorie X nach McGregor (homo eoconomicus). Tayloristische Arbeitsstrukturen (Taylorismus), die Or-ganisationen als Maschinen betrachten, sind mit dem Bild des "eco-nomic man" oder homo oeconomicus verbunden.

    2) Theorie Y umschreibt den sozialen Menschen, der nicht nur durch materielle Anreize gesteuert wird. Ausgehend von den berhmten Ta-vistock-Untersuchungen wurde ein anderes Bild des Menschen entwor-fen: der "social man" Leistung und Leistungsmotivation werden v.a. von den sozialen Beziehungen beeinflusst.

    3) Ab den sechziger Jahren wurde dieses Bild v.a. von Maslow von dem Bild des "self actualizing man" abgelst, der Selbstverwirklichung und Autonomie anstrebe. Humane Arbeitsinhalte und Arbeitsgestaltung (v. a. Job Enlargement, Job Enrichment, Gruppenarbeit) rckten in den Vordergrund, die durch Anregung, Untersttzung und Frderung den Menschen eine Weiterentwicklung ermglichen sollten.

    4) Schlielich wurde das Bild vom "complex man" propagiert, wonach kein vereinfachendes Menschenbild gltige Handlungsanweisungen geben kann. Bedrfnisse und Motive sind von Person zu Person an-ders strukturiert und wechseln auch je nach Situation oder Lebenspha-se.

    6.2.3 Fhrungsverhalten

    Mit den Ausfhrungen zu Menschenbildern in Bezug auf das Fhrungsge-schehen wurde aufgezeigt, dass Fhrungskrfte Grundhaltungen gegen-ber ihren Mitarbeitern haben. Auerdem haben Sie einige Hinweise zu den Ausprgungen dieser Menschenbilder erhalten, mit denen Personen mit Fhrungsverantwortung an konkrete Entscheidungssituation herange-hen. Nun werden wir uns mit der Verhaltensebene beschftigen, also der eigentlichen Handlung und dem Geschehen im Hier und Jetzt.

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    Da wir uns bisher mit den Werthaltungen von Fhrenden auseinandersetz-ten, welche (wie bereits aus Abschnitt 4.1.1.1 bekannt) ber spezifische Situationen hinausgehen und verhltnismig stabil sind, ist es nun not-wendig sich konkrete Situationen vorzustellen, in denen ein Fhrender a-giert bzw. reagiert.

    Um Ihnen zu zeigen, dass dies tatschlich unterschiedliche Ebenen sind, finden Sie in der Abb. 37 erneut die Wertepyramide von Rokeach aus Ab-schnitt 4.1.1.2.1, jedoch ergnzt um zwei Vermerke, die darstellen inwie-fern wir die Ebene der instrumentellen Werte (Menschenbilder) verlassen und uns dem Verhalten der Fhrungskraft zuwenden.

    Abb. 37: Wertepyramide von Rokeach mit hinzugefgten Elementen (1968; dar-

    gest. nach Strack 2004, S. 175; Hinzuf. v. Verf.)

    6.2.3.1 Die Eigenschaftentheorie der Fhrung

    Ausgehend von der Annahme, dass die persnlichen Eigenschaften der Fhrungskraft ein wichtiger Faktor fr den Fhrungserfolg sind, haben vor-rangig Persnlichkeitspsychologen ihre Forschungsttigkeit aufgenom-men, um nachzuweisen dass es Merkmale der Person gibt, die fr eine erfolgreiche Ttigkeit als Fhrungskraft stark ausgeprgt sein mssen.

    So verglichen Psychologen in erster Linie Eigenschaften, wie bspw. die sog. Big Five der Persnlichkeit. Dieses Fnf-Faktoren-Modell, welches auf die bereits 1936 erschienene Studie Trait-names: A psycho-lexical study von Allport & Odbert zurckgeht, machte die Merkmale Extraversi-on, Neurotizismus, Offenheit, Vertrglichkeit und Gewissenhaftigkeit als die fnf groen Persnlichkeitsmerkmale aus. Das Modell baut auf einen psycho-lexikalischen Ansatz auf, der davon ausgeht, dass die Begriffe ei-ner Sprache ausreichen mssten, um interindividuelle Unterschiede zu reprsentieren. Daraufhin wurden 17.953 Begriffe aus dem "Webster's In-ternational Dictionary" durch Faktorenanalyse auf 35 Variablencluster re-duziert, welche sich wiederum auf fnf bipolare Dimensionen reduzieren lieen. P. T. Costa & R. R. McCrae entwickelten mit dem NEO-FFI auf dieser Grundlage ein international gebruchliches Inventar fr das Modell der fnf Faktoren, welches valide, objektiv, reliabel ist. Das NEO-FFI

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    wurde von P. Borkenau & F. Ostendorf in den 1990er Jahren ins Deutsche bertragen.

    Ziel der Untersuchungen an Mitarbeitern, die eine Fhrungsposition er-reicht hatten im Vergleich zu Mitarbeitern, die dies nicht erreichten, oder an erfolgreichen Fhrungskrften im Gegensatz zu Fhrungskrften, bei denen der Erfolg ausblieb, war der Nachweis, dass vorher vermutete, po-sitive Eigenschaften tatschlich zum Erfolg fhren wrden. Das gbe durchaus Impulse fr die Organisationen und ihre Personalabteilungen:

    Zuerst erfolgt die Analyse der kennzeichnenden Eigenschaften fr er-folgreich Fhrende,

    dann werden Testverfahren entwickelt, um die genannten Eigenschaf-ten gezielt messen zu knnen und

    letztendlich wrden Bewerber fr Fhrungspositionen mit dem entwi-ckelten Test untersucht und die Kandidaten mit den besten Testergeb-nissen versprechen mit der groer Wahrscheinlichkeit den eintreten-den Fhrungserfolg (vgl. v. Rosenstiel et al. 2003)

    Die Befunde zu jenen Persnlichkeitsmerkmalen, die mit dem Fhrungser-folg korrelieren, sind in Anlehnung an von Rosenstiel et al. (2003) im Fol-genden gruppiert dargestellt:

    Befhigung (Intelligenz, Wachsamkeit, verbale Gewandtheit, Originali-tt, Urteilskraft);

    Leistung (Schulleistung, Wissen, sportliche Leistung);

    Verantwortlichkeit (Zuverlssigkeit, Initiative, Ausdauer, Aggressivitt, Selbstvertrauen, Wunsch sich auszuzeichnen);

    Teilnahme (Aktivitt, Soziabilitt, Kooperationsbereitschaft, Anpas-sungsfhigkeit, Humor);

    Status (soziokonomische Position, Popularitt). (ebd. 2003, S. 7)

    Von Rosenstiel et al. (2003) knnen diese Zusammenhnge nachvollzie-hen und halten sie auch fr plausibel. Problematisch wird es erst bei ge-nauerer Betrachtung. Die Autoren machen am Beispiel der Intelligenz (Fhrungseigenschaft) deutlich, was fr viele untersuchte Merkmale gilt: Verhltnismig geringe Korrelationen und zu groe Streuungen. Im Falle der Intelligenz kann man auf 15 durchgefhrte Studien blicken und die hchste Korrelation lag bei r = .90. Erschreckend sind dabei die geringe durchschnittliche Korrelation mit r = .26 (!) und die niedrigste Korrelation, in der es einen negativen Zusammenhang gab (r = -.14). (vgl. v. Rosen-stiel et al. 2003; Daten von Stogdill 1948)

    Von Rosenstiel et al. (2003) sehen die Hauptprobleme dieser verwirren-den Ergebnisse zum einen in der nicht trennscharf vorgenommenen Ope-rationalisierung des Fhrungserfolges und zum anderen in der Tatsache, dass es sich um sehr unterschiedliche Fhrungskontexte handelte und

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    nicht ausschlielich um Unternehmen selbst Schulen und Freizeitorga-nisationen waren beteiligt. Somit konnten auch nicht alle Probanden die-selben Ziele haben, teilweise wurde nicht differenziert, wer zu welchen Zielen fhren sollte. (vgl. v. Rosenstiel et al. 2003)

    Im Ergebnis gab es teilweise die Annahme, dass ein sehr starker Zusam-menhang zwischen Fhrungserfolg und dem jeweiligen Persnlichkeits-merkmal bestnde, andererseits brachte einen die schwache negative Korrelation wieder weit von diesem Gedanken weg.

    Die widersprchlichen Untersuchungsergebnisse geraten neben den be-reits angefhrten Kritikpunkten auch in das Visier begrndet. Das Fehlen einer konkreten Fhrungssituation in den Untersuchungen bewerten von Rosenstiel et al. (2003) als recht ungnstig. Der Einfluss einer Eigenschaft auf das Verhalten einer Person mag bestehen, dennoch ist vorhergesagt, dass diese Person sich in jeder Situation verhlt, wie es (gem dem Zu-sammenhang) zu erwarten war.

    6.2.3.2 Weitere theoretische Anstze

    Neben der thematisierten Eigenschaftentheorie (Trait Approach) ent-stammen Fhrungstheorien auch aus anderen Forschungsrichtungen. Ge-rade die Tatsache, dass die Eigenschaftentheorie nicht vollends mit ihren Erkenntnissen und Ergebnissen berzeugen konnte, veranlasste die Fh-rungsforschung Ende der 1940er Jahre zu anderen Perspektiven und Fra-gestellungen. So stellten Verhaltenstheorien (Behavioral Approach) we-niger die Frage danach, welche Eigenschaften eine gute Fhrungskraft besitzen msse, sondern vielmehr welches Verhalten eine erfolgreiche Fhrungsperson zeigt. Auf diesem Wege fanden Fragen, wie die nach dem richtigen Verhalten in einer konkreten Situation oder dem Zusam-menhang zwischen Ttigkeit der Person und ihrem Fhrungserfolg, Be-antwortung.

    Eine weitere Gruppe theoretischer Bemhungen sind die sog. Situations-theorien (Situational Contingency Approach). Diese versuchen zu kom-pensieren, was die Verhaltenstheorien nicht leisten konnten: Situationsab-hngige Aussagen ber das Verhalten der Fhrungskraft zu treffen. Ver-haltensanstze waren bspw. nicht in der Lage zu erklren, warum autorit-re Fhrungskrfte von Grogruppen eher akzeptiert wurden, als von Kleingruppen. Die Situationstheorien beziehen nun aktuelle, situative Fak-toren oder den aktuellen Kontext mit ein. So spielt bei der Bestimmung des richtigen Fhrungsverhaltens auch die aktuelle Beziehung zwischen Vorgesetztem und Mitarbeitern eine gewichtige Rolle. Wir kommen im Ab-schnitt 6.6 noch auf die im Rahmen der Situationstheorien formulierten Kriterien erfolgreicher Fhrung zu sprechen.

    Einen weiteren wichtigen Forschungszweig machen die Interaktionstheo-rien aus. Diese Fokussieren nicht ausschlielich das Verhalten des Vor-gesetzten, sondern unterstellen eine wechselseitige Beeinflussung zwi-schen Fhrungsperson und Mitarbeiter. C. A. Gibb hat bereits 1969 in der Verffentlichung Leadership ein kompliziertes Konstrukt wechselseitigen Einflusses abgebildet und relevante Faktoren fr den Fhrungserfolg be-

  • 138

    nannt, die im Wesentlichen (1) die Persnlichkeit der Fhrungskraft, (2) die Persnlichkeiten der Mitarbeiter, (3) Struktureigenschaften und Funkti-onen sowie Normen der Gruppe und letztendlich (4) die spezifische Situa-tion, in der sich die Gruppe befindet, bercksichtigen. (vgl. Jung 2008, S. 420)

    Bevor insbesondere Situations- und Interaktionsanstze im Rahmen der Kriterien erfolgreicher Fhrung nochmal zur Sprache kommen, fahren wir nun mit grundstzlichen Fhrungsfunktionen und einem anschlieenden berblick ber ltere und jngere Fhrungsstilkonzeptionen fort.

    6.3 Fhrungsfunktionen

    Wie viele andere Begriffe im Management- und Fhrungskontext, weist auch der Terminus Fhrungsfunktionen viele Mglichkeiten der Deutung auf. Je nach Konzept, Theorie oder praktischer Ausrichtung wird Unter-schiedliches unter den Funktionen der Fhrung verstanden. Wir orientie-ren uns an einem Standardwerk aus der Personalfhrung, der Personal-wirtschaft von Prof. Jung (2008). Grund dafr ist ein schlssiges und berzeugendes integratives Modell, in dem neben den Fhrungsfunktio-nen auch die Fhrungsaufgaben als kleinere, untergeordnete Einheit und die Fhrungsstile ihren Platz finden.

    Zunchst einmal lassen sich im Arbeitsalltag einer Fhrungskraft nach Jung (2008) Sachaufgaben, also inhaltliche Ttigkeiten in Abhngigkeit von der Branche und dem Geschftsfeld des Unternehmens, und ande-rerseits in Fhrungsaufgaben. Da wir uns mit dem Fhrungsaspekt aus-einandersetzen, betrachten wir hier auch lediglich die Fhrungsaufgaben, welche sich folgendermaen darstellen lassen (Abb. 38):

    Abb. 38: Fhrungsfunktionen (Jung 2008, S. 441)

  • 139

    Die Hauptfunktionen der Fhrung sind laut Jung (2008) zu differenzieren nach Funktionen, die sich im Bereich der Willensbildung befinden und sol-chen, die sich quasi als Willensdurchsetzung bezeichnen lassen dem-nach eine planerisch-kognitive und eine ausfhrend-nachhaltende Kom-ponente.

    Die Funktionen einerseits der Willensbildung (Zielsetzung, Planung) und andererseits der Willensdurchsetzung (Realisation, Kontrolle) sieht Jung (2008) getrennt durch die fnfte Funktion, nmlich die Entscheidungspha-se. Somit lauten die Fhrungsfunktionen:

    Zielsetzung

    Planung

    Entscheidung

    Realisation

    Kontrolle (vgl. Jung 2008).

    Diese fnf Funktionen sind als umfassende Prozesse zu verstehen und weniger als gezielt konkrete Handlungen. Auf der Grundlage des kono-mischen Prinzips handelnd, beginnt der mehrstufige Zielbildungsprozess in einem Unternehmen durch die Formulierung eines Ziels, welches nicht automatisch und ohne personelle Handlungen der Fhrungskrfte und Mitarbeiter eintritt. Zu diesem Zielbildungsprozess gehren nach der Ziel-suche die Zielabstimmung, die Zielformulierung (konkrete Sachziele mit Zielinhalt, -ausma, Zeitpunkt, Festlegung des rumlichen Geltungsberei-ches) sowie die Zielverbindlichkeitserklrung. Diese vier Phasen des Ziel-bildungsprozesses sind notwendig, um den Mitarbeitern eine klare Ziel-vorgabe machen zu knnen, welche als neue Handlungsgrundlage im Rahmen der Beschftigung dient.

    Planung ist nach Jung (2008, S. 444) in etwa zu definieren als Gesamt-heit aller berlegungen und der Einsatz von Mitteln zur Erreichung der festgelegten Ziele. Das Durchdenken der (Teil-) Ziele, Manahmen, Mittel und Wege zur Erreichung der erklrten zuknftigen Ziele des Unterneh-mens gehren zu dieser Phase. Als wichtige Prinzipien fr die Planungs-phase nennt Jung (2008):

    das Prinzip der Vollstndigkeit,

    das Prinzip der Genauigkeit,

    das Prinzip der Kontinuitt,

    das Prinzip der Flexibilitt und

    das Prinzip der Wirtschaftlichkeit.

    Die Entscheidungsphase ist beinhaltet das Fllen einer Entscheidung, meist im Sinne einer Auswahl aus verschiedenen Handlungsalternativen.

  • 140

    Die Psychologie befasst sich seit langem mit diesem menschlichen Ph-nomen des Entscheidens. Grundlage sind nicht nur rationale Informati-onsverarbeitung, sondern natrlich auch die eigene Weltanschauung, die Kultur sowie politische und soziale Normen, die man seinem Handeln zugrunde legt. Je nach Entscheidung ist das Risiko, also die Wahrschein-lichkeit etwas Falsches zu tun, mal kleiner und mal grer. Bei hohem Ri-siko ist ein systematischer Entscheidungsprozess mit mehreren Personen empfehlenswert, um auszuschlieen, dass man aufgrund individueller Disposition in dieser Situation zu schnell, zu unvernnftig, zu risikoreich oder zu vorsichtig agiert. Das Abschtzen und Benennen von der Anzahl und der Qualitt mglicher Handlungsalternativen, ihren Konsequenzen und dem jeweiligen Risiko ist wichtiger Bestandteil dieses Prozesses.

    Die Realisation ist die Umsetzung und Durchfhrung des bislang als Ziel formulierten und geplanten Inhalts. Die Realisation besteht aus zwei As-pekten: der Organisation der Realisierungsphase und dem direkten Ein-wirken (Veranlassen, Unterweisen, Einweisen). Auf diese Unterteilung im Rahmen dieser Funktion soll hier nicht weiter eingegangen werden.

    Abschlieende und letzte Funktion der Fhrung ist die Kontrollphase. Whrend vorangegangene Funktionen eher mit dem Herbeifhren und Steuern neuer Betriebsprozesse beschftigt waren, regelt nun die Kon-trollphase auch die reibungslose und konsequente Umsetzung. Durch Soll-Ist-Vergleiche und die Analyse der Abweichungen kann korrigierend in den Prozess eingegriffen werden, um die zu Beginn formulierte Zielvor-gabe trotzdem zu erreichen.

    Viele der unternehmerischen Prozesse lassen sich in diese fnf Phasen unterteilen und nacheinander bearbeiten. Das Einhalten eines solchen Schritts sichert das strukturierte und kontrollierte Vorgehen eines Unter-nehmens, ohne der situativen Willkr einer Fhrungsperson ausgeliefert zu sein. Dies ist kein Garant fr die 100%ige Vermeidung von Fehlern, aber eine erhebliche Reduktion des Risikopotenzials.

    In Anlehnung an Jung (2008) bernehmen wir die Darstellung dieser fnf Funktionen im Managementkreis (Abb. 39):

  • 141

    Abb. 39: Der Managementkreis (Jung 2008, S. 442)

    Damit soll deutlich werden, dass es sich bei diesen fnf Funktionen so-wohl um ein bergreifendes Handlungsmodell fr Fhrungskrfte handelt, welches aber auch als zeitliche Abfolge dient, um bspw. Vernderungs-prozesse zu planen, einzuleiten und umzusetzen.

    Diesen Funktionen untergeordnet sind einzelne Fhrungsaufgaben, die in ihrer Gesamtheit zur Erfllung der Funktionen im Sinne der dauerhaft erfolgreichen Fhrungsttigkeit fhren sollen. Dazu zhlen unter anderem die Zielvereinbarungen mit den Mitarbeitern, die Delegation von Aufgaben und Kompetenzen in Bezug auf den jeweiligen Betriebsprozess, wie auch die Weisungserteilung, die Problemlsung, die Information der Mitarbeiter und weitere Ttigkeiten, wie Anerkennung, Kritik und Konfliktsteuerung. Dennoch ist auch fr die Erfllung einzelner Aufgaben das Fnf-Funk-tionen-Modell hilfreich. Jede Aufgabe im Fhrungsalltag lsst sich durch diese Abfolge strukturieren. Insofern sollten Fhrungskrfte sowohl im Rahmen der Erfllung einzelner Aufgaben als auch bei der Gestaltung ih-rer gesamten Fhrungsttigkeit von diesem Modell Gebrauch machen. (vgl. Jung 2008)

    Im folgenden Abschnitt lernen Sie verschiedene Fhrungsstilkonzeptionen kennen. Versuchen Sie bereits beim Lesen diese Stile mit Personen aus ihrem ehemaligen oder aktuellen beruflichen Umfeld zu assoziieren. Das erleichtert das Behalten und auch das Auseinanderhalten der unterschied-lichen Stile enorm.

  • 142

    6.4 Fhrungsstile

    Ein Fhrungsstil ist nach Rahn (2000, S. 56) als Instrument zu verstehen, welches die Grundhaltung zeigt, mit der eine Fhrungskraft auf ihre Mitar-beiter einwirkt und diese beeinflusst. Mit dem Fhrungsstil wird ein ideal-typisches Verhaltensmuster des Vorgesetzten beschrieben. (ebd. S. 56, Hervorh. im Original)

    Als Determinanten fr die Anwendung eines Fhrungsstils sind Persn-lichkeiten, Macht und Erfahrung von Fhrungskraft und Mitarbeiter sowie die jeweilige Fhrungssituation zu bercksichtigen.

    Durch unterschiedliche theoretische Anstze, verschiedene Betrach-tungsweisen der Person in der Organisation und die Entwicklung und Ver-nderung der Arbeitswelt gibt es unterschiedliche Fhrungsstilkonzeptio-nen, die sich teilweise verndert haben und miteinander mischen. Zu un-terscheiden sind im Wesentlichen diese Gruppen von Fhrungsstilen:

    klassische Fhrungsstile

    tradierende, idealtypische Fhrungsstile,

    richtungsbezogene Fhrungsstile,

    dimensionale Fhrungsstile und

    gruppenbezogene Fhrungsstile.

    6.4.1 Klassische Fhrungsstile (Kurt Lewin)

    Der Sozialpsychologe Kurt Tsadek Lewin (1890-1947) unterscheidet fol-gende drei Fhrungsstile aufgrund seiner empirischen Forschungsarbeiten vor 1940 zu den Auswirkungen des Fhrungsverhaltens von Vorgesetz-ten:

    den autoritren Fhrungsstil,

    den kooperativen Fhrungsstil und

    den Laissez-faire-Fhrungsstil (vgl. Rahn 2000).

    6.4.1.1 Autoritrer Fhrungsstil

    Der Vorgesetzte, der diesen Stil verwendet, gestaltet betriebliche Prozes-se und Aktivitten selbst, ohne seine Mitarbeiter zu beteiligen. Entschei-dungen trifft er selbst, Befehl und Gehorsam ist die Devise dieses Stils. Bei Fehlern von Mitarbeitern wird diesen nicht geholfen, sondern sie wer-den bestraft. Die Arbeit der Mitarbeiter muss durch den Vorgesetzten kon-trolliert werden, daher wird als zentraler Bestandteil dieses Stils hufig die Fremdkontrolle genannt.

  • 143

    Vorteilhaft ist bei der Verwendung dieses Stils die hohe Entscheidungsge-schwindigkeit, welche daraus resultiert, dass kein weiterer Mitarbeiter in die Entscheidungsfindung eingebunden wird. Neben der Gefahr von Fehl-entscheidungen durch berforderte Vorgesetzte sieht Rahn (2000) einen weiteren Nachteil in der mangelnden Motivation der Mitarbeiter.

    6.4.1.2 Kooperativer Fhrungsstil

    Der kooperative Fhrungsstil hingegen setzt auf das Zusammenwirken von sich als Vorgesetztem und den Mitarbeitern. Die Mitarbeiter werden in Entscheidungsprozesse einbezogen und die Fhrungskraft erfhrt Unter-sttzung durch ihre Belegschaft. Fehler sind kein Anlass die Mitarbeiter zu bestrafen, sondern veranlassen die Fhrungskraft vielmehr dazu, Hilfe und Untersttzung anzubieten. Das Arbeitsklima ist angenehm und frdert gute Ergebnisse. Die im Rahmen des autoritren Fhrungsstils relevante Fremdkontrolle wird (teilweise) durch die Selbstkontrolle der Mitarbeiter abgelst.

    Vorteile des kooperativen Stils sind das hohe Ma an Mitarbeitermotivati-on und die Entlastung der Fhrungskraft durch die Delegation von Aufga-ben, Kompetenzen und Verantwortung. Insbesondere die Mitarbeiter wer-den durch diesen Stil in ihrer Entwicklung gefrdert. Eine zu starke Koope-ration kann sich negativ auf die Geschwindigkeit von Entscheidungspro-zessen auswirken.

    6.4.1.3 Laissez-faire Fhrungsstil

    Im Laissez-faire-Fhrungsstil werden die Mitarbeiter (...) als isolierte Indi-viduen gesehen (..) (Rahn 2000, S. 58). Motivation der Mitarbeiter soll in diesem Stil durch Freiheitsgrade bewirkt werden. Die Mitarbeiter haben also nicht nur einen Handlungsspielraum, sondern sind in Bezug auf ihre Arbeitsorganisation weitgehend sich selbst berlassen, Informationen flie-en eher zufllig und bei Fehlern wird weder bestraft noch geholfen. Die Fhrungskraft lsst sich als gleichgltig beschreiben. (vgl. Rahn 2000, S. 58)

    Die Freiheitsgrade fr die Mitarbeiter scheinen auf den ersten Blick vor-teilhaft zu sein. Die Faktoren Selbstbestimmung und ein groer Hand-lungsspielraum knnen sich motivierend auf die Mitarbeiter auswirken. Je-doch knnen diese Freiheitsgrade bei unreifen und berforderten Mitarbei-tern zur Gefahr werden: Mangelnde Disziplin, Unordnung und Desorientie-rung sind hufige Folgen der Anwendung dieses Fhrungsstils. (vgl. Rahn 2000)

    6.4.1.4 Zusammenfassung der Stile nach Kurt Lewin

    Am strksten hat sich in der heutigen Zeit der kooperative Fhrungsstil durchgesetzt. Dieser ist nicht nur sehr sympathisch, sondern ein guter Kompromiss zwischen Autoritt und Gleichgltigkeit. Anteile aus dem au-toritren Stil sind insbes. in Krisensituationen und schweren Zeiten ntig. In diesen Fllen sollten Fhrungskrfte in der Lage sein, das Boot zu steuern. Auch bei neuen oder weniger reifen Mitarbeitern kann auf stren-

  • 144

    ge Fhrungselemente nicht verzichtet werden. Der Laissez-faire-Fh-rungsstil ist im heutigen Fhrungsalltag aufgrund seiner zentralen Eigen-schaft der Nicht-Fhrung eher von geringer Bedeutung.

    6.4.2 Tradierende, idealtypische Fhrungsstile (Max Weber)

    Auf den deutschen Soziologen Maximilian C. E. Weber (1864-1920) und seine drei Herrschaftsformen (legal, traditionell und charismatisch) lassen sich die tradierenden, idealtypischen Fhrungsstile zurckfhren. Witte bertrug Max Webers Herrschaftsformen auf Unternehmen und entwickel-te hierfr vier Fhrungsstile: den patriarchalischen, den charismatischen, den autokratischen und den brokratischen Fhrungsstil.

    Diese tradierenden Stile beziehen sich auf Gegebenheiten in Unterneh-men, die in der Vergangenheit vorzufinden waren. In der heutigen Fh-rungspraxis sind sie eher von geringer Bedeutung kommentiert Rahn die-se Klassifikation (2000, S. 58).

    In Tab. 19 werden die vier Fhrungsstile bersichtlich dargestellt. Alle vier Stile sind als Formen der autoritren Fhrung zu verstehen, da der Mitar-beiter weniger in das Geschehen einbezogen wird. (vgl. Rahn 2000, S. 59)

    patriarchalischer Fhrungsstil

    Bei diesem Fhrungsstil wird das Leitbild in der Autoritt und Gte des Vaters in der Familie gesehen. Die Gefhr-ten haben jederzeit unmittelbaren Zugang zum Patriarchen. Die Verpflichtung der Untergebenen beschrnkt sich auf gehorsames Verhalten. Der Herrschaftsanspruch des Patri-archen wird in seinem Alters-, Wissens- und Erfahrungs-vorsprung gegenber den Untergebenen begrndet. Der Herr-im-Hause-Standpunkt passt aber nicht mehr in die heutige Zeit.

    charismatischer Fhrungsstil

    Hier wird der Untertan zu unbedingtem Gehorsam verpflich-tet. Charisma bedeutet Gnadengabe, d. h. die als gttliche Fgung empfundene Fhigkeit durch Ausstrahlungskraft andere Menschen zu fhren. Von den Gefhrten kann je-des Opfer verlangt werden, ohne dass der Fhrende ihnen gegenber in irgendeiner Weiseverpflichtet wre. Die Un-tergebenen werden damit vom Fhrenden abhngig.

    autokratischer Fhrungsstil

    Dieser Stil ist vom Alleinherrscher geprgt, der praktisch unbegrenzte Machtflle besitzt und auch als autoritrer Fhrungsstil bezeichnet wird. Autokratische Fhrer benti-gen einen streng gegliederten Fhrungsapparat, in dem der Untertan zu unbedingtem Gehorsam verpflichtet ist. Die Au-tokratie entbehrt der Wrme des Patriarchats und der Be-geisterung des Charismas.

  • 145

    brokratischer Fhrungsstil

    Reglementierung und brokratische Instanzen werden str-ker betont. Przise Beschreibungen der Dienststellenbe-fugnisse und vorgegebene Verwaltungsablufe sind ty-pisch. Eine beherrschende Fhrungspersnlichkeit gibt es hier nicht. Die Mitarbeiter erhalten vielfach lebenslange Versorgungsansprche. Diesem Fhrungsstil fehlt es an Flexibilitt und Effizienz.

    Tab. 19: Tradierende Fhrungsstile (Rahn 2000, S. 58 f.)

    6.4.3 Richtungsbezogene Fhrungsstile

    Bei den richtungsbezogenen Fhrungsstilen wird das Fhrungsverhalten in Bezug auf zwei Dimensionen betrachtet: Sachorientierung und Perso-nenorientierung.

    Entweder steht also bei der jeweiligen Handlung oder Ttigkeit (a) die Aufgabe oder (b) der Mitarbeiter im Vordergrund. Daraus ergeben sich der sachorientierte Fhrungsstil und der personenorientierte Fhrungsstil.

    6.4.3.1 Der sachorientierte Fhrungsstil

    Im Fokus der Betrachtung fr die Fhrungskraft ist hier die Erfllung von unternehmerischen Zielen, Terminen und Vorgaben, wie beispielsweise Produktions-, Absatz- und Umsatzzahlen. Leistungsdruck wird hierbei auf die Mitarbeiter ausgebt, um diese Kennzahlen zu erzielen. Diese Fh-rungskraft ist sehr konsequent, ergebnisorientiert und tadelt Fehlleistun-gen und mangelhafte Arbeit, um Fehler in der Zukunft zu vermeiden.

    6.4.3.2 Der personenorientierte Fhrungsstil

    Die Mitarbeiter werden als Partner angesehen und die Aufgabe wird in Zusammenarbeit bewltigt. Diese Fhrungskraft erkennt seine Mitarbeiter als Personen und fr ihre Leistungen an. Sie pflegt ein gutes Verhltnis zu ihnen und gibt ihnen nicht das Gefhl Untergebener zu sein. Eine solche Fhrungskraft ist zugnglich fr ihre Mitarbeiter, setzt sich fr sie ein und wird als loyaler Vorgesetzter wahrgenommen.

    6.4.4 Dimensionale Fhrungsstile

    Bei den dimensionalen Fhrungsstiltheorien handelt es sich um Konzepti-onen, in denen verschiedene Eigenschafts- bzw. Verhaltensdimensionen bercksichtigt und miteinander in Verbindung gebracht werden. Folgende Arten der Dimensionalitt sind zu unterscheiden:

  • 146

    Abb. 40: Dimensionale Fhrungsstile (Rahn 2000, S. 60)

    6.4.4.1 Eindimensionale Fhrungsstile

    Eindimensionale Anstze sind dadurch gekennzeichnet, dass die Syste-matik der Fhrungsstile anhand eines einzigen Beurteilungskriteriums er-folgt, wobei die beiden Extreme der Beurteilung die Endpunkte eines ein-dimensionalen Kontinuums darstellen, zwischen denen mehrere Abstu-fungen bestehen. Eine strkere Ausprgung in Richtung eines Fhrungs-stils bedeutet somit unweigerlich eine entsprechend schwchere Auspr-gung des anderen Fhrungsstils.

    Groe Verbreitung hat in diesem Zusammenhang die Kontinuumtheorie von Tannenbaum und Schmidt (1958) gefunden. Im Gegensatz zu Kurt Lewin gehen die beiden Autoren davon aus, dass zwischen dem autorit-ren und dem kooperativen Fhrungsstil (als Endpunkte einer Dimension) fnf weitere Fhrungsstile zu finden sind, die sich durch das relative Aus-ma der Entscheidungsfreiheit der Mitarbeiter (bzw. das Ausma der Au-toritt des Vorgesetzten) unterscheiden. (vgl. Rahn 2000, S. 60)

    Abb. 41: Kontinuumtheorie von Tannenbaum & Schmidt (1958; hier dargestellt

    nach Rahn 2000, S. 60)

  • 147

    Die sieben, sich in diesem Kontinuum befindenden Fhrungsstile (1-7) lassen sich wie folgt beschreiben:

    (1) Der Vorgesetzte entscheidet autoritr, d. h. er whlt die harte Durch-setzung ber den Weg des Befehls. (autoritr)

    (2) Der Vorgesetzte entscheidet autoritr, aber in abgeschwchter Weise. Der Mitarbeiter wird z. B. berredet (patriarchalisch)

    (3) Der Vorgesetzte erbittet Stellungnahmen zu seinen Entscheidungen. Er fragt die Mitarbeiter nach ihrer Meinung. (beratend)

    (4) Der Vorgesetzte trifft die vorlufige Entscheidung und lsst nde-rungsvorschlge zu. Er informiert seine Mitarbeiter. (konsultativ)

    (5) Der Vorgesetzte weist auf das Problem hin, er bittet die ganze Gruppe um Lsungsvorschlge, entscheidet aber allein. (partizipativ)

    (6) Der Vorgesetzte fixiert den Entscheidungsspielraum und erlaubt der Gruppe innerhalb dieses Rahmens zu entscheiden. (delegativ)

    (7) Der Vorgesetzte erlaubt der Gruppe, sich innerhalb des von hheren Instanzen vorgegebenen Spielraums autonom zu entfalten, er koordi-niert lediglich (demokratisch). (vgl. Rahn 2000, S. 61)

    Tannenbaum und Schmidt sind der Auffassung, dass keiner der sieben Fhrungsstile grundstzlich zu bevorzugen ist. Sie nennen stattdessen ei-nige Faktoren, die bei der Wahl des richtigen Fhrungsstils zu berck-sichtigen sind (vgl. Rahn 2000, S. 60):

    Charakteristika des Vorgesetzten: Wertesystem, Vertrauen in die Mitarbeiter, Fhrungsqualitten, Sicherheitsempfindungen in einer be-stimmten Situation.

    Charakteristika der Mitarbeiter: Erfahrung, fachliche Kompetenz, Problemengagement, Ansprche im Hinblick auf die berufliche und persnliche Entwicklung.

    Charakteristika der Situation: Art der Organisation, Eigenschaften der Gruppe, Art des Problems, zeitlicher Abstand zur Handlung.

    Die Kritik an der Kontinuumtheorie bezieht sich hufig auf die Eindimensi-onalitt, also die Tatsache, dass lediglich das Merkmal Entscheidungs-freiheit der Mitarbeiter bercksichtigt wurde. Weitere Fhrungsstilmerkma-le, wie Kontrollform oder Informationspolitik, mssen der bestehenden Ein-teilung in sieben Stile zugeordnet werden. Bezogen auf die Kontrollform hiee das, dem autoritren Vorgesetzten wird die ausfhrliche sachliche Kontrolle bis ins Detail zugeordnet (Fremdkontrolle) und dem demokrati-schen (auch: kooperativen) Vorgesetzten wird im Sinne der Selbstkontrol-le der Mitarbeiter ein geringeres Kontrollniveau zugeordnet. (vgl. Jung 2008, S. 424 f.)

  • 148

    6.4.4.2 Zweidimensionale Fhrungsstile

    Der zweidimensionale Stil bezieht sich auf zwei Dimensionen, die bis zu diesem Zeitpunkt fr einander ausschlieende Merkmale gehalten wur-den: Die Mitarbeiterorientierung (consideration) und die Aufgabenorientie-rung (initiating structure).

    Bevor Fleishman et al. im Jahr 1973 ihre groangelegten Fhrungsstudien durchfhrten, wurden die beiden Dimensionen fr einander ausschlieend gehalten, hnlich dem Verstndnis im Rahmen der eindimensionalen Kon-tinuumtheorie: Autoritrer und kooperativer Fhrungsstil schlieen sich gegenseitig aus. Nachdem durch die 1973 erfolgten Ohio-Studien eine umfassende Datensammlung zur Verfgung stand, konnte nachgewiesen werden, dass die Mitarbeiter- und Aufgabenorientierung nicht vllig ge-genstzlich ausgeprgt sind, wenngleich auf der Verhaltensebene hufig nur der Ausdruck eines der beiden Merkmale mglich ist. (vgl. Jung 2008, S. 425 f.)

    Das Verhaltensgitter

    Das Managerial Grid, das sog. Verhaltensgitter der Fhrung, wurde 1964 von Robert R. Blake & Jane Mouton entwickelt und betrachtet das jeweili-ge Fhrungsverhalten unter dem Aspekt einer starken bzw. schwachen

    Betonung des Menschen bzw. des Mitarbeiters und einer

    Betonung der Arbeitsleistung bzw. der Aufgaben.

    Blake & Mouton sehen ihre Dimensionen Menschenorientierung und Sachorientierung als voneinander unabhngig. Im eigentlichen Verhal-tensgitter, also der Darstellung beider Dimensionen in einem Koordinaten-system, entstehen durch jeweils neunstufige Skalen theoretisch 81 unter-schiedliche Kombinationen aus der Menschen- und der Sachorientierung. (vgl. Rahn 2000, S. 60 f.; Jung 2008, S. 430)

  • 149

    Abb. 42: Managerial Grid von Blake & Mouton (1964; hier dargestellt nach

    Schreygg & Koch 2009, S. 270)

    Jede der Dimensionen ist durch neun Ausprgungsgrade gekennzeichnet, wobei der Wert 1 jeweils die niedrigste und der Wert 9 die hchste Aus-prgung ist. Theoretisch lassen sich aus dieser Darstellung 81 Fhrungs-stile ableiten, von denen Blake & Mouton lediglich die besonders stark bzw. schwach ausgeprgten sowie einen zentralen (in der Abb.) Fh-rungsstil nher charakterisieren. (vgl. Rahn 2000, S. 62 f.)

    Die von Blake & Mouton charakterisierten Fhrungsstile werden nun kurz skizziert (vgl. Rahn 2000, S. 61 f.):

    Fhrungsstil 1.1

    Fhrungskrfte, die diesen Stil anwenden, sind weder auf die Aufgaben-orientierung noch auf die Personenorientierung ausgerichtet. Apathie und Resignation knnen Folgen einer dauerhaften Verwendung dieses Stils sein. Dieser Stil entspricht in etwa der Laissez-faire-Haltung bei Kurt Le-win. Die Wertung dieses Stils von Rahn (2000, S. 61): unmglicher Fh-rungsstil.

  • 150

    Fhrungsstil 1.9

    Er ist durch minimale Betonung der Sachaufgaben aber spannungslose, freundliche Atmosphre gekennzeichnet (Zufriedenheit hat eindeutigen Vorrang vor Aufgabenerfllung/Zielerreichung). Die Mitarbeiter geraten nicht unter Leistungsdruck, da dies ja das Klima beeintrchtigen knnte. Der Grundtenor dieses Fhrungsstils ist: Seid nett zueinander. Die Wer-tung dieses Stils von Rahn (2000, S. 61): zu idealistischer Fhrungsstil.

    Fhrungsstil 5.5

    Dieser Stil versteht sich als Kompromiss zwischen aufgabenorientierter und personenorientierter Fhrung. Er ermglicht nur ausreichende Leis-tungen, schafft es im Gegensatz zu dem vorangegangenen Fhrungsstil jedoch nicht, eine positive Beziehung zu seinen Mitarbeitern herzustellen und zu halten. Die Gratwanderung zwischen Aufgabenorientierung einer-seits und Sympathie gegenber den Mitarbeitern andererseits fhrt hufig zu einem Pendeln zwischen beiden Polen. Blake & Mouton beschreiben diesen Stil als normales Fhrungsverhalten. Die Wertung dieses Stils von Rahn (2000, S. 62): unpraktischer Fhrungsstil.

    Fhrungsstil 9.1

    Hohe Arbeitsleistungen sind das zentrale Ziel dieses Stils, ohne dass auf menschliche Bedrfnisse geachtet oder Rcksicht genommen wird. Kon-flikte werden beim diesem, dem autoritren Stil bei Lewin hnelnden Fh-rungsverhalten unterdrckt. Rahn (2000, S. 62) wertet diesen Stil als: pessimistischen Fhrungsstil.

    Fhrungsstil 9.9

    Dieser Fhrungsstil ist auf hohe Arbeitsleistung und auf hohe Mitarbeiter-zufriedenheit gerichtet. Die Ziele der Mitarbeiter und des Unternehmens werden verwirklicht oder zumindest bercksichtigt. Der Fhrungsstil ist in dieser Form immer ein kooperativer Stil (Kurt Lewin) und wird hufig als das erstrebenswerte Ideal gesehen. Rahn (2000, S. 62) wertet diesen Stil als: anzustrebenden Fhrungsstil.

    Neben der Charakterisierung dieser fnf Fhrungsstile und der gezielten Empfehlung des Stils 9.9 nennen Blake & Mouton auch Faktoren, welche die Wahl des Fhrungsstils beeinflussen.

    Organisation, in der ein Mitarbeiter ttig ist,

    Situation, in der er sich befindet,

    Fhrungsvorstellungen des Fhrenden,

    Persnlichkeit des Fhrenden und

  • 151

    Gelegenheit des Vorgesetzten, erlerntes Verhalten auf konkrete Fh-rungssituationen anzuwenden. (vgl. Rahn 2000, S. 61f.)

    Das Verhaltensgitter erfreut sich aufgrund seiner bersichtlichen Darstel-lung und dem breiten Spielraum mglicher Fhrungsstile groer Beliebt-heit. Gerade im Bereich der Fhrungskrftetrainings wird auch heute gern mit diesem Konzept gearbeitet. Rahn (2000, S. 62) weist kritisch darauf hin, dass beim Verhaltensgitter ein Fhrungsstil fr allgemeingltig und universell anwendbar empfohlen wird, nmlich der Fhrungsstil 9.9.

    In unterschiedlichen Kontexten ist mglicherweise gar keine Orientierung am Menschen und seinen Bedrfnissen gefragt, sondern ein rein sachlich-rationaler Kontext. hnlich wie Rahn (2000) und Jung (2008), beziehen sich die meisten Kritiker auf Institutionen, die nach dem Befehl-und-Gehorsam-Prinzip funktionieren. Insbesondere dort ist die idealtypische Umsetzung des Stils 9.9 vermutlich schwierig bis unmglich.

    Unabhngig von der Tatsache, dass mit diesem Argument die Allgemein-gltigkeit der Theorie schwindet, sollte das Verhaltensgitter als Modell ge-wrdigt werden, da die damit verbundenen Erkenntnisse aus den Ohio-Studien durchaus als zukunftsweisend bezeichnet werden knnen.

    6.4.4.3 Dreidimensionale Fhrungsstile

    Bei den dreidimensionalen Fhrungsstilen kommt neben den bereits be-kannten Dimensionen Aufgaben- und Personenorientierung noch eine drit-te hinzu: Die situationsbezogene Dimension, aber in unterschiedlichen Facetten.

    Unterschieden werden im Rahmen dreidimensionaler Modelle:

    die 3-D-Fhrungskonzeption von W. J. Reddin,

    die reifebezogene Konzeption von Hersey & Blanchard und

    die mitwirkungsbezogene Konzeption.

    6.4.4.3.1 Die 3-D-Fhrungskonzeption von W. J. Reddin

    Die 3D-Konzeption von Reddin aus dem Jahr 1970 trgt im Original den Titel Managerial Effectiveness und geht davon aus, dass es den generell richtigen Fhrungsstil nicht gibt, sondern dass unterschiedliche Situatio-nen unterschiedliches Fhrungsverhalten erfordern.

    Die Grundstile, die sich aus der Unterscheidung zwischen Aufgaben- und Beziehungsorientierung ergeben, sind:

    1) sich heraushalten/Verfahrensstil (separated), dieser Vorgesetzte ver-lsst sich primr auf Verfahren, Methoden, Systeme und bevorzugt stabile Umweltsituationen.

    2) sich Aufgaben widmen/Aufgabenstil (dedicated), dieser Vorgesetzte betont Leistungsergebnisse und denkt dabei produktivittsorientiert.

  • 152

    3) in Verbindung bleiben/Beziehungsstil (related), dieser Vorgesetzte be-tont gute zwischenmenschliche Beziehungen und bercksichtigt Mitar-beiterbedrfnisse.

    4) integrieren/Integrationsstil (integrated). dieser Vorgesetzte strebt nach gleichgewichtiger Beachtung von Mensch und Aufgabe.

    Abb. 43: Reddins vier Fhrungsstile auf zwei Dimensionen (Reddin 1977, S. 44)

    Die Bercksichtigung der Dimension Effektivitt (neben Aufgaben- und Mitarbeiterorientierung) verleiht diesem Ansatz den dreidimensionalen Charakter. Reddin befasst sich also mit den Dimensionen:

    Aufgabenorientierung (hoch oder niedrig ausgeprgt),

    Beziehungsorientierung (hoch oder niedrig ausgeprgt) und

    Effektivitt (hoch oder niedrig ausgeprgt). (vgl. Rahn 2000, S. 64)

    Reddin beschreibt weiterhin je nach Ausprgung der dritten Dimension (Effektivitt) vier besonders ineffektive und sehr effektive Stile. Ineffektive Stile sind mit folgenden Vorgesetzten verbunden:

    1) Geflligkeitsapostel: Er glaubt, dass zufriedene Mitarbeiter auch mehr leisten werden und vernachlssigt die Aufgabenerreichung.

    2) Kneifer: Er beharrt auf Regeln und Vorschriften, wo die Situation flexib-le Anpassung erfordert.

    3) Kompromissler: Er meidet die Konfrontation, zeigt entscheidungs-scheues Verhalten und versucht es allen recht zu machen.

  • 153

    4) Autokrat: Er berfordert die Mitarbeiter und pocht auf die Amtsautoritt des Vorgesetzten.

    Effektive Stile sind etwa die folgenden vier Vorgesetzten:

    1) Frderer: Er delegiert, soviel und soweit es die Situation erlaubt und sieht in der Mitarbeiterentwicklung keinen Selbstzweck. Er erwartet langfristig eine bessere Aufgabenerfllung.

    2) Verwalter: Er beherrscht die Routineprozesse durch straffe Organisati-on und disziplinierte Regelbeachtung (Brokrat).

    3) Integrierer: Er entscheidet und fhrt kooperativ, motiviert und frdert seine Mitarbeiter zielorientiert.

    4) Macher: Er setzt realistische und anspruchsvolle Ziele und berzeugt durch Expertenwissen.

    Abb. 44 zeigt nun die 3-D-Konzeption mit allen drei Dimensionen: Aufga-benorientierung, Beziehungsorientierung und Effektivitt.

    Abb. 44: Darstellung der 3-D-Konzeption nach Reddin (1970; hier dargestellt

    nach Rahn 2000, S. 64)

    Das situationsangemessene, effektive Verhalten bildet sich aus Stiltreue und Stilflexibilitt. Einflusselemente auf das Fhrungsverhalten knnen andere Mitarbeiter, Arbeitskollegen, Vorgesetzte, die Organisation selbst und sogar die Arbeitsanweisung sein.

  • 154

    6.4.4.3.2 Situative, reifebezogene Fhrungskonzeption

    Mit dem Modell der reifebezogenen Fhrung knpfen die Autoren Hersey und Blanchard an die zuvor dargestellte 3-D-Konzeption an. Auch bei die-ser Theorie geht es um die drei Dimensionen:

    Mitarbeiterbezogenes Verhalten der Fhrungskraft,

    Aufgabenbezogenes Verhalten der Fhrungskraft und

    effektives und ineffektives Fhrungsverhalten (Rahn 2000, S. 65).

    Bei diesem Konzept beeinflusst der Reifegrad des Mitarbeiters mageb-lich das jeweils gezeigte Fhrungsverhalten. Dieser Reifegrad wird durch folgende vier Aspekte bestimmt: (1) Leistungsmotivation, (2) Bereitschaft und Fhigkeit zur Verantwortungsbernahme, (3) aufgabenspezifische Ausbildung und (4) Erfahrung. (vgl. Rahn 2000, S. 66)

    Die Wahl des Fhrungsstils hngt allein vom Reifegrad des jeweiligen Mitarbeiters ab: (M1) Bei geringer Mitarbeiterreife, d. h. bei mangelnden Fhigkeiten und wenig Motiva-tion, ist primr aufgabenorientiert zu fhren.

    (M2) Bei miger Mitarbeiterreife, d. h. bei mangelnder Fhigkeit, aber strkerer Moti-vation, muss aufgabenorientiert gefhrt werden.

    (M3) Bei hherem Reifegrad, d. h. mangelnder Motivation bei gegebenen Fhigkeiten, erfolgt mehr Mitarbeiterorientierung als Aufgabenorientierung.

    (M4) Bei dem reifen Mitarbeiter, der sich fhig und willig zeigt, ist Delegation mglich. Der Vorgesetzte kann ihn selbststndig arbeiten lassen. Es ergibt sich die Glockenkur-ve. (Rahn 2000, S. 66)

  • 155

    Abb. 45: Die Glockenkurve der reifebezogenen Konzeption (Rahn 2000, S. 66)

    Die in Abb. 45 dem Reifegrad des Mitarbeiters zugeordneten Fhrungssti-le lauten in der Reihenfolge von M1 bis M4 (vgl. Rahn 2000, S. 67):

    M1: autoritativer Stil stark aufgaben- und wenig mitarbeiterbezogen

    M2: Integrationsstil stark aufgaben- und stark mitarbeiterbezogen

    M3: Partizipationsstil stark mitarbeiter- und wenig aufgabenbezogen

  • 156

    M4: Delegationsstil wenig mitarbeiter- und wenig aufgabenbezogen

    Hersey und Blanchard haben mit der Hervorhebung des Reifegrades ei-nen wichtigen Einflussfaktor des Fhrungserfolges beschrieben. Daher zeigen sich, wie in der Literatur unter anderem bei Wunderer und Grun-wald (1980) besttigt wurde, insbesondere leistungsorientierte Fhrungs-krfte einverstanden mit dieser Konzeption (vgl. Rahn 2000, S. 67).

    6.4.4.3.3 Die mitwirkungsbezogene Konzeption

    Lutz v. Rosenstiel integrierte neben der Mitarbeiter- und Aufgabenorientie-rung in dieser Konzeption die Mitwirkungsorientierung, also die Mglich-keit zur Partizipation der Mitarbeiter, als dritte Dimension (vgl. von Rosen-stiel et al. 2002, S. 36ff.). Sehr qualifizierte Mitarbeiter werden dem Ansatz nach an Arbeitsmotivation verlieren, wenn der Vorgesetzte sie bei wichti-gen Entscheidungen und Prozessen nicht um Rat fragt oder nicht mitwir-ken lsst.

    Abb. 46: Wrfel der mitwirkungsbezogenen Fhrungskonzeption (hier darge-

    stellt nach: von Rosenstiel et al. 2002, S. 40)

    Aus dieser Darstellung (Abb. 46) lassen sich laut von Rosenstiel et al. (2002) die folgenden sechs Fhrungsstile ableiten (vgl. von Rosenstiel et al. 2002, S. 40 ff.; Rahn 2000, S. 67 ff.):

    1) Die autoritre Fhrung: Der Vorgesetzte ist sehr sachbezogen. Die Mitarbeiter werden nicht gengend in die Sachprozesse einbezogen und der Vorgesetzte bt in erster Linie Druck auf die Mitarbeiter aus. Die Mitwirkungsorientierung ist gering bis gar nicht ausgeprgt und der Vorgesetzte nimmt keine Rcksicht auf persnliche Sorgen, Wnsche

  • 157

    und Bedrfnisse seiner Mitarbeiter. Die Abb. 47 zeigt die etwaige Ein-ordnung des autoritren Stils in den drei relevanten Dimensionen die-ser Konzeption.

    Abb. 47: Der autoritre Stil (hier dargestellt nach Rahn 2000, S. 67)

    2) Die patriarchalische Fhrung: Es geht dem Vorgesetzten in erster Linie um die Sache, also ist die Aufgabenorientierung stark ausgeprgt. Aber dieser Stil nimmt im Gegensatz zum autoritren auch Rcksicht auf Besonderheiten und Wnsche seiner Mitarbeiter und geht auf ihre Eigenarten ein ist also auch stark mitarbeiterorientiert. Geht es je-doch um betriebliche Entscheidungsprozesse beansprucht auch dieser Stil jegliche Kompetenz fr sich. Die Mitwirkungsorientierung ist dem-nach sehr gering und die Mitarbeiter werden eher wie Kinder behan-delt. Die Abb. 48 stellt das Verhalten dieses Stils innerhalb der drei Dimensionen grafisch dar:

    Abb. 48: Der patriarchalische Stil (hier dargestellt nach Rahn 2000, S. 68)

  • 158

    3) Die kumpelhafte Fhrung: Dieser Fhrungsstil ist von einer sehr hohen Mitarbeiterorientierung geprgt. Der Vorgesetzte zeigt starkes Interes-se an seinen Mitarbeitern, ldt diese auch gern mal zum Essen ein o-der pflegt allgemein einen engen Kontakt zu seinen Untergebenen. Diesem Stil fehlt der Bezug zur Aufgabenorientierung im Unternehmen, Nicht-Leistungen oder Schlecht-Leistungen sind die hufige Folge. Die Mitwirkungsorientierung ist nicht ausgeprgt, die Arbeit wird stark ver-nachlssigt. Die Abb. 49 zeigt die Einordnung dieses Stils innerhalb der Dimensionen:

    Abb. 49: Der kumpelhafte Stil (hier dargestellt nach Rahn 2000, S. 69)

    4) Die Laissez-faire-Fhrung: Dieser Vorgesetzte zeigt sowohl wenig Mit-arbeiter- bzw. Aufgabenorientierung als auch wenig Mitwirkungsorien-tierung. Mitarbeiter, die ihn um Rat fragen, bekommen ausweichende Antworten und werden auch nicht bei ihrer Aufgabenbewltigung un-tersttzt. Auch gibt es keinen persnlichen Kontakt zu den Mitarbeitern. Es wird schlicht und einfach nicht gefhrt. bersetzt in die bereits ge-lufige Darstellung (Abb. 50) zeigt sich dieser Stil auf folgende Art und Weise:

    Abb. 50: Der Laissez-faire-Stil (hier dargestellt nach Rahn 2000, S. 69)

  • 159

    5) Die delegative Fhrung: Dieser Vorgesetzte gesteht seinen Mitarbei-tern nicht nur das Mitspracherecht zu, sondern bertrgt ihnen ganze Aufgabenbereiche inklusive der dazugehrigen Kompetenzen und der notwendigen Verantwortung die Mitwirkungsorientierung ist also hoch. Die Aufgabenorientierung zeigt hingegen nur eine mittlere Aus-prgung. Im Einzelnen ist es nicht erforderlich, dass der Vorgesetzte detaillierte Ziele mit den Mitarbeitern bespricht auch die Mitarbeiter-orientierung ist nur mittelmig ausgeprgt. Die Abb. 51 stellt das Ver-halten dieses Vorgesetzten wieder grafisch dar:

    Abb. 51: Der delegative Stil (hier dargestellt nach Rahn 2000, S. 69)

    6) Die kooperative Fhrung: Bei diesem Fhrungsstil sind alle drei Di-mensionen stark ausgeprgt. Dieser Vorgesetzte geht auf seine Mitar-beiter zu, akzeptiert und achtet sie als Personen. Auch die Aufgaben-orientierung ist hoch: Der Vorgesetzte vereinbart mit dem Mitarbeiter Ziele und strukturiert die Aufgaben. Der Mitarbeiter kann dabei in ho-hem Ma mitwirken demnach ist auch die Mitwirkungsorientierung verhltnismig hoch ausgeprgt. Nicht die Zielvorgabe steht im Vor-dergrund, sondern die Zielvereinbarung. Probleme und Schwierigkeiten werden von Vorgesetzten und Mitarbeitern gemeinsam bewltigt. Die Abb. 52 zeigt das Verhalten dieser Vorgesetzten innerhalb der drei Di-mensionen:

  • 160

    Abb. 52: Der kooperative Stil (hier dargestellt nach Rahn 2000, S. 69)

    Fr den heutigen Fhrungsalltag sind vorrangig die delegative und koope-rative Fhrung bedeutend. Der kooperative Stil zeichnet sich dadurch aus, dass am strksten auf den Mitarbeiter eingegangen wird. Auch die Aufga-ben- und Mitwirkungsorientierung sind stark ausgeprgt. Im delegativen Stil hingegen sind Mitarbeiter- und Aufgabenorientierung nur mig aus-geprgt, was auf die Tatsache zurckzufhren ist, dass ganze Aufgaben-bereiche und Entscheidungsspielrume an die Mitarbeiter bertragen werden und eine Prsenz der Fhrungskraft zur Kontrolle oder Beobach-tung der Mitarbeiter nicht erforderlich ist. Die Minderausprgungen der Aufgaben- und der Mitarbeiterorientierung sind quasi als Freiheitsgrad und Handlungsspielraum des Mitarbeiters zu verstehen.

    6.4.5 Gruppenbezogener Fhrungsstil nach Rahn

    Dieser Fhrungsstil richtet sich nach den einzelnen Mitgliedern der Grup-pe bzw. nach der Art der ganzen Gruppe. Jeder Mitarbeiter wird entspre-chend seinem Knnen, seinem Verhalten und seinem Ansehen behandelt. Demnach ist auch jede Gruppe in ihrer Gesamtheit anders zu fhren. Ziel des Fhrenden ist der gemeinsame Erfolg als Gruppe. Durch den indivi-duellen Umgang mit den Gruppenmitgliedern ist der Gruppenfhrer in der Lage, jedem Mitglied das Verhalten zu zeigen, welches positiv-frderlich fr die Situation und den Erfolg der Gruppe ist. Dazu nutzt der Gruppenlei-ter sechs verschiedene Fhrungsstile, mit denen er (wie in Abb. 53 darge-stellt) etwa 14 Typen bzw. Rollen erreicht, die in Gruppen hufig vertreten sind.

  • 161

    Abb. 53: Fhrungsstile in der gruppenbezogenen Konzeption von H.-J. Rahn

    Dieses Modell ist eher an gruppendynamische Prozesse und Erkenntnisse aus der Kleingruppenforschung angelehnt, als an rationale Fhrungs-grundstze. Der Gruppenleiter imponiert seiner Gruppe hufig mit Kompe-tenz, Ruhe, Gelassenheit und Verstndnis. Durch sein kompetentes Auf-den-Gegenber-einstellen berzeugt er als Gesprchspartner und Vorge-setzter.

    Die Frage nach dem Situationsbezug kann bei diesem Konzept schnell beantwortet werden: Eine starke Situationsorientierung, ohne dabei die Vergangenheit (Wissen ber und Einstellung zu den Mitarbeitern) auszu-blenden, sofern diese Erfahrungen ntzliche Informationen fr das aktuelle Gruppengeschehen oder den aktuellen Gruppenerfolg hat.

    Hinter Gruppenerfolg verbirgt sich die eigentliche sachliche Arbeits-leistung. Somit bercksichtigt diese gruppenbezogene Fhrungsstilkon-zeption analog zu den vorherigen Modellen die drei Dimensionen: Aufga-be, Mitarbeiter und Situation. Folgende gruppenbezogenen Fhrungs-stile werden von Rahn unterschieden:

  • 162

    1) Integrieren

    Neulinge und Auenseiter werden bspw. vorsichtig an die Gruppe heran-gefhrt und es wird ihnen Hilfe angeboten; Stil wird angewandt um Neu-linge einzufhren und eine gewisse Zeit zu betreuen, aber auch um Au-enseiter durch persnliche Gesprche und dosiertes Lob (fr erste Integ-rationsbemhungen) in die Gruppe zu integrieren. Tadel der Auenseiter ist unangemessen, da Kritik zum Rckzug fhren wird.

    2) Anspornen

    Drckeberger, Faule und Leistungsschwache werden durch gezieltes Ak-tivieren ihrer Leistungsreserven und klar definierte Ziele angespornt, eine Kontrolle kann die Ergebnisse sichern; Mitarbeiter sollen so gefordert wer-den, dass Bequemlichkeit abgelegt wird; auch bei leistungsschwachen Teams als Ganzes anzuwenden; Autoritt des Fhrenden und die Forde-rung einer stetigen Leistungssteigerung soll deutlich werden.

    3) Frdern

    Leistungsstarke und Gruppenstars werden durch bertragung von Kom-petenzen und Verantwortung weiterhin gefrdert und gefordert; auerdem erwarten Mitarbeiter, die einen hohen Anteil am Erfolg der Gruppe haben, Anerkennung. Den leistungsstarken Mitarbeitern mssen angemessene Aufgaben, Eigenverantwortung und entsprechende Kompetenzen bertra-gen werden. Eine bermige Herausstellung der Leistungsstarken birgt die Gefahr, dass sich die anderen Gruppenmitglieder zurckgesetzt fh-len.

    4) Wertschtzen

    Frohnaturen, ausgleichende und gesellige Gruppenmitglieder werden durch Anerkennung ihrer Gruppenbeitrge bzw. durch Wrdigung ihrer Gruppenerhaltungsrollen gewertschtzt und entsprechend ihrer Funktion in der Gruppe angemessen dargestellt.

    5) Bremsen

    Freche, Rdelsfhrer, Querulanten, Ehrgeizige, Intriganten, Clowns sollten durch gtige Strenge und Autoritt und das Fokussieren auf die Leis-tungsziele gefhrt werden; kmpferisches Entgegentreten kann ein guter Gruppenfhrer hufig durch Geschick und Rckhalt in der Gruppe abwen-den, darf davor jedoch keine Angst haben. Mitarbeitergruppen mssen durch ein persnliches Gesprch gebremst und in Richtung Leistungsori-entierung umgeleitet werden; hier wird meist das Prinzip der kurzen Lei-ne angewandt.

    6) Ermutigen

    Schchternen und Problembeladenen sollte z. B. durch Ermunterung oder aber Verstndnis und Anteilnahme begegnet werden. Bestandteile des Fhrungsstils sind das aktive Zuhren und die Bereitschaft zur Anteilnah-me an den Problemen des Mitarbeiters; der Fhrende sollte in angemes-

  • 163

    senem Bereich Verstndnis fr die Probleme zeigen, aber zur Zusam-menarbeit in der Gruppe und damit auch zum Erreichen der Leistungsziele ermutigen. Stille Gruppen sollten als Ganzes ebenfalls ermutigend gefhrt werden, um ihr Selbstbewusstsein zu strken.

    6.4.6 Zusammenfassung zu Fhrungsstilen

    Sie haben in den vergangenen Abschnitten verschiedene Fhrungs-stilkonzeptionen kennengelernt, die etabliert und allgemein anerkannt sind. Einige dieser Anstze konnten sich mittels statistischer Verfahren belegen lassen, andere wiederum sttzen sich auf vormals etablierte Kon-zepte und erlangen auf diesem Wege ihre Anerkennung.

    Ziel ist es nicht, dass Sie sich fr einen dieser Anstze entscheiden und ausschlielich mit dieser einen Konzeption arbeiten. Vielmehr ist in der modernen Unternehmenswelt eine weitblickende Meta-Perspektive ntig, um die komplexen Vorgnge und Prozesse zu erfassen, die fr eine Fh-rungskraft keineswegs nur aus der Wahl eines geeigneten Stils bestehen.

    Die verwendete Klassifikation der Konzepte nach ihrer Richtung bzw. ihrer Dimensionalitt entspricht einem weit verbreiteten Vorgehen, ist jedoch nicht die einzige Mglichkeit der Einteilung. Auerdem wurde hier nur ein Einblick in einige Konzepte gegeben, weitere interessante Anstze sind unter anderem:

    die Kontingenztheorie von F. E. Fiedler (1967),

    der Entscheidungsbaum von V. H. Vroom & Ph. Yetton (1973),

    das Transaktionale Fhrungsmodell von J. M. Burns (1978) und

    die Transformationale Fhrung im Konzept des full range leadership von B. Bass und B. Avolio (1994).

    Whrend die genannten Anstze verhltnismig konsequent dem Be-reich der Fhrungsstilkonzepte zugeordnet werden, finden Sie im folgen-den Abschnitt 6.5 Hinweise auf umfassendere Konzepte, Modelle und Prinzipien, die sich nicht nur mit den Fhrungsstilen beschftigen, sondern darber hinaus auch die Elemente Fhrungsfunktionen und Fhrungsauf-gaben bercksichtigen.

    6.5 Fhrungskonzepte

    An dieser Stelle werden Fhrungsmodelle und -prinzipien angesprochen, die fr die Ttigkeit in diesem Handlungsfeld von Bedeutung sind. Da Sie diese hufig eher betriebswirtschaftlichen bzw. management-orientierten5

    5 Vgl. fachliche Diskussion zu Management vs. Fhrung: Fhrung = i. w. S. Menschen-

    fhrung; Management = i. w. S. Fhrung von Systemen ODER: Fhrung von Men-

  • 164

    Anstze in anderen Fchern ausfhrlicher thematisieren, weise ich nur auf diese Modelle hin und erlutere sie nicht detailliert und ausfhrlich.

    6.5.1 Fhrungsprinzipien

    Als Fhrungsprinzipien werden die sicher auch Ihnen bereits bekannten Management-by-Anstze bezeichnet. Diese Prinzipien der Mitarbeiterfh-rung sind teilweise recht neu und modern oder wirken zumindest so, merkt Jung (2008, S. 496) an und stellt beleglos in den Raum, dass nicht alle dieser Prinzipien neu und erstmals unter diesem Namen verffentlicht wurden. Schauen wir uns folgende Anstze nher an:

    1) Management by Exception (MbE),

    2) Management by Delegation (MbD),

    3) Management by Objectives (MbO),

    4) Management by System (MbS) und

    5) Management by Motivation (MbM).

    1) MbE

    Das Management by Exception geht davon aus, dass Fhrung lediglich als Eingriff in Ausnahmefllen verstanden werden sollte. Die Fhrungs-kraft schreitet nur dann ein, wenn der Mitarbeiter sich aufgrund eines Aus-nahmefalles nicht mehr in seinem Handlungsspielraum befindet. Ziel ist zum einen die Entlastung des Vorgesetzten, aber andererseits auch der klar definierte Handlungsspielraum fr den Mitarbeiter. Die prozessuale Abfolge, welche beim MbE immer wieder durchlaufen wird, besteht aus sieben Schritten:

    Bestimmung der Messgren

    Festlegung des Bewertungsmastabes

    Festlegung der Soll-Gren

    Durchfhrung

    Ergebnis

    Soll-Ist-Vergleich

    Vorgesetzter entscheidet

    Die Kritik an diesem Ansatz bezieht sich im Wesentlichen auf den fehlen-den Anspruch, den fehlenden Lernaspekt fr den Mitarbeiter (keine Feh-

    schen und Systemen; Management ist Mitarbeitern distanzierter/fremder als die direk-te Fhrungskraft.

  • 165

    lersuche, Kreativitt, Geschick ntig), da bei Ausnahmen der Vorgesetzte geholt wird. Dies kann zu demotivierter und verantwortungsloser Grund-haltung fhren.

    2) MbD

    Das Management by Delegation ist ein Fhrungsprinzip, welches mit dem noch folgenden Fhrungsmodell Harzburger Modell korrespondiert, nur beschreibt MbD als Prinzip lediglich einen kleinen Ausschnitt aus dem Fhrungsprozess und das Harzburger Modell das gesamte Fhrungs-geschehen. Die weitgehende Delegation von Aufgaben und Verantwort-lichkeiten, um den Vorgesetzten zu entlasten und den Mitarbeiter zur Leis-tung zu motivieren.

    3) MbO

    Das Management by Objectives ist das Fhren durch Zielvorgaben und wird in der Literatur unterschiedlich interpretiert: Einerseits als reine Fh-rungstechnik, bei der Vorgesetzter und Mitarbeiter gemeinsam Ziele erar-beiten und versuchen, diese zu erreichen; andererseits auch als greres Modell, in dem der unternehmerische Zielbildungsprozess das Kernstck bildet. Die Abb. 54 zeigt die Phasen des MbO (fortlaufend durchnumme-riert) als Kreislaufschema. Grundgedanke des MbO ist die gemeinsame Zielformulierung von Fhrungskraft und Mitarbeiter und keine Vorgaben oder Vorschriften, wie diese Ziele zu erreichen sind. Hauptaugenmerk des Vorgesetzten ist die gemeinsame Zielformulierung und dann erst wieder die Kontrolle der Zielerreichung; die Wahl von Mitteln und Wegen bleibt vllig dem Mitarbeiter berlassen.

  • 166

    Abb. 54: Management by Objectives als Kreislaufschema (Husler 1977; hier

    dargestellt nach Jung 2008, S. 500)

    4) MbS

    Auch das Management by System vereint in sich als Ansatz zweierlei:

    Zum einen beschreibt es eine umfassend computergesttzte Prozess-gestaltung. Computer untersttzen durch Informations-, Planungs- und Steuerungssysteme (Management-Informations-System, MIS). Auf diesem Weg wird eine weitgehende Selbststeuerung der Subsysteme (auch Men-schen/Mitarbeiter) erreicht.

    Neben der Orientierung an Computersystemen versteht sich dieser Ansatz viel hufiger als die Anwendung der Systemtheorie auf den Organisati-onskontext, um auf diesem Weg das Geschehen zu analysieren und In-formationen zu gewinnen, um im Endeffekt eine effektive Fhrung u er-mglichen. Die Systemtheorie versteht die Welt als eine Zusammenset-zung aus verschiedenen Systemen und Subsystemen, die miteinander in Beziehung stehen, sich also gegenseitig beeinflussen. Kybernetische Sys-teme reagieren auf Einwirkung von auerhalb, zu dieser Art sind auch Un-ternehmen zu zhlen. Ziel des Ansatzes ist nun die Entschlsselung der Wechselbeziehungen zwischen den Subsystemen, um ein harmonisches, aufeinander abgestimmtes Zusammenspiel zu ermglichen. Dieser ganz-

  • 167

    heitliche Ansatz soll der Dynamik der Unternehmen mitsamt seiner Sub-systeme gerecht werden und Offenheit fr Anpassung, Vernderung und dadurch im gewissen Sinne auch Lernbereitschaft erzeugen.

    5) MbM

    Das Management by Motivation verfolgt den Gedanke, die Mitarbeiter in erster Linie mit dem richtigen Anreizsystem zu hherer Leistung bewegen zu knnen und auf diesem Weg bisher ungenutzte Ressourcen freizuset-zen. Monetre Anreize sind aufgrund ihrer Kurzlebigkeit ungeeignet, daher versucht man im Rahmen dieses Ansatzes die hheren Bedrfnisebenen der Maslowschen Pyramide anzusprechen. Die Mitwirkung in Entschei-dungsprozessen, die bernahme von attraktiven Arbeitsaufgaben und von Verantwortung sowie Mglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung sind zent-rale Aspekte des MbM. Ausgehend von einem hochmotivierten Mitarbeiter hrt sich das nach einem positiv-wnschenswerten Vorgehen an leider scheitert es zu hufig an der Realitt und der Tatsache, dass nicht jeder Mitarbeiter hochmotiviert ist und nach Selbstverwirklichung strebt.

    An Fhrungskrfte werden bei diesem Prinzip hohe Anforderungen ge-stellt: Sie haben die Aufgabe (a) die persnlichen Bedrfnisse der Mitar-beiter in Erfahrung zu bringen, (b) Instrumente, Methoden und Anreize an-zubieten, die eine Befriedigung dieser Bedrfnisse durch die Arbeitsttig-keit ermglichen und (c) damit gleichsam zur Erreichung der Unterneh-mensziele beitragen.

    Diese Fhrungsprinzipien geben Hinweise darauf, welches Spektrum im Umgang mit Mitarbeitern mglich ist und welche unterschiedlichen Per-spektiven im Rahmen der Mitarbeiterfhrung eingenommen werden kn-nen. Keiner dieser Anstze ist voll und ganz kritikfrei als die mustergltige Lsung hervorgegangen. Die Kenntnis dieser Prinzipien ermglicht einen bewussten Einsatz und einen Prinzipienwechsel, wenn die Situation dies erfordert.

    6.5.2 Fhrungsmodelle

    6.5.2.1 Das Harzburger Modell

    Das Harzburger Modell stammt aus der Akademie fr Fhrungskrfte der Wirtschaft in Bad Harzburg und entstand unter der Leitung von Reinhard Hhn. Seine Konzeption der Fhrung im Mitarbeiterverhltnis orientiert sich an den heutzutage in Unternehmen bentigten selbstndig denken-den, handelnden und entscheidenden Mitarbeitern. Die Delegation von Verantwortung erfolgt nach folgenden Kriterien:

    Aufgabenbereiche mitsamt der Verantwortung fr diesen Bereich; an-gemessener Handlungsspielraum ermglicht ein freies Arbeiten im umgrenzten Bereich.

  • 168

    Auer zur Kontrolle und beim Auftreten von Fehlern darf die Fhrungs-kraft nicht in den Bereich des Mitarbeiters eingreifen; Schwerpunkt der Fhrung liegt in der Kontrolle.

    Fr ein Funktionieren dieses Modells muss die Fhrungsverantwortung bei der Fhrungskraft bleiben, der Mitarbeiter erhlt jedoch Handlungsver-antwortung fr den ihm bertragenen Bereich. Stellenbeschreibungen, denen nicht nur Inhalte der Ttigkeit, sondern auch die Kompetenzen zu-geordnet werden, sichern die Transparenz und die Nachvollziehbarkeit von Prozessen und Ablufen, auerdem sind dem Mitarbeiter durch diese fundierten Stellenbeschreibungen auch die Anforderungen bekannt, die an ihn gestellt werden.

    Grundstze und Leitlinien fr das Fhren im Mitarbeiterverhltnis werden festgelegt und in verbindlichen Anweisungen festgehalten, um auch die Beschwerdemglichkeiten fr den Mitarbeiter zu sichern. Im Folgenden wird ein Auszug aus den Grundstzen aufgelistet, um deutlich zu machen welche Aspekte im Rahmen des Harzburger Modells bedeutend sind:

    Darstellung des Wesens der Fhrung im Mitarbeiterverhltnis in Ge-genberstellung zur autoritren Fhrung,

    Kennzeichnung der Delegation von Verantwortung als Kernstck die-ser Fhrung, sowie Grundregeln ihrer Anwendung,

    Pflichten des Mitarbeiters gegenber seinem Vorgesetzten und Pflich-ten des Vorgesetzten gegenber seinem Mitarbeiter,

    Darstellung der Verantwortung bei einer Fhrung im Mitarbeiterver-hltnis, also die Unterscheidung in Fhrungs- und Handlungsverant-wortung,

    weitere Grundstze und Regeln fr Anwendung und Handhabung von bspw. Kritik und Anerkennung, den Informationsfluss sowie Stellvertre-tungen. (vgl. Jung 2008, S. 507)

    Die Tab. 20 zeigt bersichtlich die wesentlichen Vor- und Nachteile des Harzburger Modells. Neben vielen positiven, bereits erwhnten Merkma-len ist dieser Ansatz auch durch eine gewisse Statik und Unfhigkeit zur Anpassung gekennzeichnet. Die fehlende Kooperation und Partizipation entsteht aufgrund der selbstndigen Arbeitsweise der Mitarbeiter (also die fehlende Notwendigkeit der Anwesenheit der Fhrungskraft) und der sp-teren (teils kritisch-autoritren) Kontrolle durch die Fhrungsperson. Die einzige von der Fhrungskraft auszufhrende Ttigkeit bzw. der einzige Kontakt zum Mitarbeiter besteht neben der Delegation in der Kontrolle der Arbeitsinhalte. Die 315 Organisationsregeln und -grundstze werden hu-fig fr zu umfangreich und zu brokratisch gehalten. (vgl. Jung 2008, S. 506 f.)

  • 169

    Tab. 20: Vor- und Nachteile des Harzburger Modells (Gusel & Hofmann 1976;

    hier dargestellt nach Jung 2008, S. 506)

    Trotz der Kritik an diesem Konzept wurde es in einigen neueren Fh-rungsmodellen teilweise modifiziert aufgenommen. Es begnstigt die Spezialisierung des Mitarbeiters auf ein fachliches Feld und eignet sich aufgrund des Delegationsgedankens insbesondere dann, wenn es sich um viele gleichbleibende, vorher bekannte Ttigkeiten handelt.