bshot magazine issue ii

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issue I1 Juni 2009

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German online magazine for photographers. Please critique ;)

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Page 1: BSHOT Magazine Issue II

issue I1

Juni 2009

Page 2: BSHOT Magazine Issue II

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Vorwort 3

A very good Horse 4

Sequenzen erstellen 22

Twisted Cities 24

2fach.com 32

Beverage 38

Auf Hannibals Spuren 44

Route 66 52

Undertaker 68

Galerie 73

InhaltAusgabe II, Juni 2009

Titelbild? Cover von Jens Anders, jens-anders.com

Ich persönlich halte Bildtitel für völlig überbewertet. Frei nach dem, was der Volksmund sagt: „Titel sind wie Schall und Rauch.“

Der Betrachter soll nicht durch einen von mir festgelegten Titel im Vorfeld beeinflusst werden, wenn er sich meine Arbeiten anguckt. Er soll die Möglichkeit erhalten, sich bewusst mit meinen Arbeiten auseinanderzusetzen und selbst die Chance haben, diese so zu interpretieren, wie er sie sieht.

Gebe ich einem Bild einem Namen, so beeinflusse ich ihn im Voraus und lenke ihn vielleicht in eine von mir vor-gegebene Richtung. Das möchte ich jedenfalls vermeiden. So werden auch weiterhin meine Bilder keine Titel haben, allerhöchsten eine Beschreibung dessen, was man sieht: „Frau hockt vor Wand“ oder einfach „Ohne Titel“.

herausgeber, chefredaktion Thomas Bergmüller lektorat Barbara Dorfer, Thomas Bergmüller kontakt Thomas Bergmüller, Maschl 98, 5600 St.Johann / Pg, Österreich, 0043 664 99 48 175, [email protected], skype: nichtessbar web www.bshotmag.com erschei-nungsweise 4x jährlich, jeweils am Monatsersten März, Juni, September und Dezember verbreitung kostenlos via Internet als Onlin-emagazin, bshotmag.com auflage daher unbegrenzt leserbriefe an [email protected]

~ Mesum Verma, Nanjing, China, mesumnews.blog-spot.com

~ Daniel Schreiner, Albstadt, Deutschland, flickr.com/photos/danischreiner

~ Michael Roderfeld, Hamburg, Deutschland, mroderfeld.de

~ Jochen Abitz und Thomas Sporleder, Hannover, Deutschland, 2fach.com

~ Eberhard Schuy, Köln, Deutschland, schuyfo-tografie.de

~ Dominik Hartmann, Schlins, Österreich, digic-lix.at

~ Michael Kesler, Oklahoma City, USA, michaelkesler.net

~ Jens Anders, Hannover, Deutschland, jens-anders.com

~ Thomas Bergmüller, St.Johann, Österreich, tho-masbergmueller.com

~ Patrice Kaiser

~ Boris Nachbauer, Karlsruhe, Deutschland, fo-tografizzle.de

Creditsin chronologischer Reihenfolge

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E d i t o r i a l

Runde zwei77 Seiten, 106 Bilder und 12326 Wörter. Das ist Issue II des BSHOT-Magazine. Die 42 Seiten der ersten Ausgabe wurden bei Redaktions-schluss 2661 Mal heruntergeladen und 183 Newsletter-Abonnements waren angemeldet.

Aber wie heißt es so schön, traue keiner Statistik, die du nicht selbst ge-fälscht hast. Nun, dann wäre ich ja der einzige, der daran glauben dürfte. Ohnehin viel deutlicher als Zahlen sind die Rückmeldungen, die in Fo-ren, Instant-Messageservices, per Mail oder Feedback-Formular eingetru-delt sind.

Durchwegs positiv, soviel sei verraten. Das eindeutigste Indikat für einen guten Start ist allerdings das hier. Ausgabe II. Nicht nur, dass es sie gibt, sondern vielmehr dass sie annähernd doppelt so seitenreich ist als ihre Vorgängerin. Seiten sind nicht alles, nein, ich denke auch die Qualität ist gleichgeblieben wenn nicht gar gestiegen.

Wie beinahe alles, ist auch der geografische Einzugsraum erheblich ver-größert worden. So kamen Artikel und Bilder aus aller Welt von der Rou-te 66 in den Vereinigten Staaten bis hin zum Himalaja herein. Fotografen begaben sich auf historische Spuren oder versuchten, Gebäude mit vollem Informationsgehalt darzustellen.

Die Technik... Ich wurde bereits im Vorfeld der ersten Ausgabe darauf angesprochen, ob es nicht möglich sei, Bilder mit Beleuchtungsskizzen und Beschreibungen zu veröffentlichen. Oder auch sonstige Making-Ofs. Nun, das wird kommen, definitiv. Aber wenn, wie hier zahlreich gesche-hen, Fotografen oder Projekte vorgestellt werden sollen, bleibt oft keine Zeit mehr übrig, um sich noch um die Technik zu kümmern. Aber das wird kommen, keine Panik, für die nächste Ausgabe kann das als Verspre-chen angesehen werden ;)

Die Zeit, ach ja. Nun, momentan haben „wir“ noch immer nur einen Mitarbeiter, der sich um Layout, Reaktion, Auswahl, Bilder und und und zu kümmern hat. Ich werde natürlich von mehreren Seiten unterstützt, besonderer Dank gilt hier Barbara Dorfer für das Lektorat und die nächs-te Ausgabe wird vielleicht sogar in neuem „layoutigem“ Glanz erstrahlen. Trotzdem wäre es natürlich förderlich - und Qualität und Vielfalt sicher zuträglich - wenn sich noch ein oder zwei Redakteure finden würden, die sich um Artikel und Fotos kümmern. Falls Interesse vorhanden, freue ich mich über jeglichen Kontakt (Kontaktdaten auf Seite 2).

Da ich überzeugt bin, dass in der Vorfreude dieser kleine Text meist sowieso erstmal überscrollt wird, will ich diejenigen, die sich die Mühe gemacht haben, meine Gedanken zur zweiten Auflage des Magazins zu lesen, nicht mehr länger aufhalten.

Trotzdem nicht vergessen, Einsenden für die nächste Ausgabe. Das Magazin lebt von EUCH ;)

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a very good horseMit dem Mountainbike unterwegs in Zanskar und Ladakh

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a very good horseMit dem Mountainbike unterwegs in Zanskar und Ladakh

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würzmischung, frühstücken, brechen die Zelte ab und packen. Die Lasttiere werden beladen und wir fahren los. Wie Nomaden sind wir unterwegs – zumindest für die nächsten 17 Tage.

Bereits am zweiten Tag stoßen wir an unsere Grenzen: Es gilt den 5100m hohen Shingo-La-Pass zu überqueren. Zusätzlich zur Höhe erschwert uns ein heftiger Schneesturm den Aufstieg. Zeitweise sehen wir nur noch Schnee und Nebel und der Weg verschwindet immer mehr unter dem fallenden Schnee, so dass wir bereits glau-ben, uns verirrt zu haben. Doch nach längerem Suchen finden wir die Spuren unseres Pfads wieder. Völlig erschöpft erreichen wir das nächste Camp in Lakang Sumdo (4400m). In der Dunkelheit stellen wir die Zelte auf und kriechen in die vom Schneesturm

Biken bei BuddhaUnter diesem Titel erschien ein Bericht über René Wildhabers Trip durch den indischen Teil des Himalaja im Red Bulletin, März 2009. Mit dabei war außer dem Koch und dem Führer noch ein Schweizer mit indischen Wurzeln (oder Inder mit Schweizer Vergangenheit?). Mesum Verma, sei-neszeichen Fotograf, begleitete den Mountainbike-Enduro-Superstar auf seiner 17-tägigen Reise.

Bilder und Text von Mesum Verma

Wir sitzen im Flugzeug Richtung Neu-Delhi, Indien. Wie schön ist es doch durch die Lüfte zu gleiten, ein Kribbeln im Bauch, als die Spannung steigt, was

uns wohl am Zielort erwarten werde. Da ich schon mehrmals in Indien war, habe ich bereits eine Vorahnung; für René jedoch wird es die erste Begegnung mit Indien sein.

Die Luft ist gesättigt von schmutzigen Partikeln, die Nase will sich nicht an die intensiven Düfte gewöhnen. Auch das Auge weiß nicht, wohin es schauen soll. Das sind die ersten Momente, die wir in Neu-Delhi, der impulsiven, hektischen und lärmenden Hauptstadt Indiens, erleben.

Von Delhi aus reisen wir 16 Stunden mit dem Bus in Richtung Norden, Ziel ist der Bundesstaat Himachal Pradesh. Die Fahrt endet im kleinen Dorf Manali (auf 2000m Seehöhe) im so ge-nannten Kullu-Tal. Die großen Kisten mit unseren Fahrrädern stoßen hier auf reges Interesse. „No problem“, meint jedoch ein Rikshafahrer und fährt uns zum Haus unseres Guides. In dessen Innenhof, zwischen der Kuh und deren Kalb, setzen wir unse-re Mountainbikes zusammen. Die ganze Familie inklusive der Nachbarn sehen staunend zu.

Schnell haben wir uns von der doch ein wenig anstrengenden Reise erholt und haben uns dem Rhythmus der Natur und den hier lebenden Menschen angepasst. Bald erkunden wir mit den Bikes die Umgebung und bereiten uns auf die noch anstehen-de Reise vor. Nach einer Woche Aufenthalt sind wir bereit für die Herausforderung. Ein Taxi bringt uns tief in das Himalaja-massiv, genauer nach Darsha, wo der Pferdeführer Santosh und der Koch Tashi zu uns stoßen. Die weitere Fahrt verläuft sehr holprig, da die Straßen in einem schlechten Zustand sind und zudem die letzten Regenschauer des Monsuns die Fahrbahn teil-weise vollständig weggespült haben. Die Landschaft zieht uns allerdings jetzt schon in ihren Bann. Das Lahul-Tal zeigt sich weitaus trockener und steiniger als das Kullu-Tal, wo trotz der hohen Lage noch Bäume wachsen.

Von Darsha führt unsere Tour weiter nach Palamo, das sich schon auf beachtlichen 3900m befindet. Wir richten hier unser erstes Camp ein, weit weg von jeder Straße und Zivilisation, nur wir vier allein. Schon nach einigen Tagen stellt sich unser Ta-gesablauf wie ein Mantra ein: In der Frühe bekommen wir Chai serviert, das ist Schwarztee mit Milch, viel Zucker und einer Ge-

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vereisten Schlafsäcke. Die zurückliegende Anstrengung bewegt uns dazu, uns und unseren Lasttieren einen Tag Pause zu gön-nen. Unser Guide und der Koch nutzen die freien Stunden, um Moutainbike fahren zu lernen. René gab an diesem Tag den wohl höchstgelegenen Fahrtechnikkurs.

Nach drei Tagen erreichen wir das erste Dorf Khargyak. Die dort lebenden Kinder sehen uns schon von weitem und laufen unserem Konvoi entgegen, sie springen um uns herum, bewundern unsere Fahrräder und natürlich darf auch jeder eine Runde damit fahren.

Die Landschaft verändert sich zusehends und wird permanent steiniger und sandi-

ger. Außer Gräsern gibt es hier kaum Ve-getation, zeitweilig gleicht die Landschaft einer Wüste, weder Menschen noch sons-tige Zeichen von Zivilisation sind zu se-hen. Plötzlich treffen wir auf eine Gruppe Nomadenfrauen, die gerade ihre Yaks in andere Gebiete treiben. Ein Yak ist eine Art Kuh, die ab 3500m Seehöhe lebt und von den Nomaden domestiziert wurde. Die Frauen sind gerade dabei, die Yaks zu mel-ken, dabei singen sie, um die Tiere zu beru-higen. Wir bekommen eine Schale Milch; sie hat einen intensiven Geschmack und ist sehr fetthaltig. Als Gegenleistung möchte eine der Frauen eine Fahrt auf Renés „very good horse“ machen, wie sie es bezeichnet.

Der Höhepunkt unserer Reise ist der Be-

such des ältesten buddhistischen Klosters Zanskar-Phuktals. Den Grundstein dieses Klosters legte der Mönch Sherap Zangpo im 11. Jahrhundert, nachdem er an diesem energievollen Ort meditierte. Bald darauf wurde das eigentliche Kloster errichtet, die ineinander geschachtelten Mönchs-häuser kleben heute abenteuerlich an den steilen Felshängen. Hier leben rund siebzig Mönche in der Gelbmützenschule. Schnell kommen wir ins Gespräch mit einem ho-hen Lama, der es sich nicht nehmen lässt, einen unserer Fahrradhelme aufzusetzen, René bekommt im Gegenzug die gelbe Mütze des Lamas auf den Kopf gedrückt.

Padum, die Hauptstadt Zanskars, liegt ruhig in der großen weiten Ebene des

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Ruhig und FRiedlich

Bereits nach wenigen Tagen vergisst man den Lärm und die Hektik der Stadt. Selbst kleine Ortschaften erscheinen dann schon unerträglich laut. Die Vierer-schaft aus Biker, Koch, Führer und Foto-graf campiert entweder im freien Gelände oder reist von Kloster zu Kloster.

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Zanskarifluss, eingebettet zwischen hohen Bergen, deren Gipfel im ewigen Schnee ruhen. Der erste Eindruck, der sich uns von weitem bietet, trügt, denn es ist alles andere als ruhig. Gehupe von Lastwagen, Jeeps, Bussen und Motorrädern und über-all gibt es plötzlich so viele Menschen. Die traditionelle Kleidung wurde längst gegen Jeans getauscht und überall finden sich Re-staurants und Hotels. Auch wenn das Dorf verhältnismässig klein ist, sind wir doch nach Tagen der Ruhe und Einsamkeit fast überfordert mit dem Lärm, der Hektik und den vielen Menschen. Wir bleiben deshalb nicht lange und setzen unsere Reise zügig fort. Einen hohen Pass haben wir schon bewältigt, zehn weitere stehen uns noch bevor.

Dem Lauf des Zanskariflusses folgend, ma-chen wir uns auf den Weg. Auf der Stras-se geht es schneller voran, doch nach nur einem Tag haben wir wieder altbekanntes Terrain unter den Rädern: steinig-sandigen Untergrund. Von Zeit zu Zeit treffen wir auf kleinere Dörfer und Siedlungen. Im Herbst sind die Bauern damit beschäftigt, Korn zu ernten, zu dreschen und schließ-lich mithilfe von Wassermühlen zu mah-len. Das Mehl, das dabei entsteht, wird

Tsampa genannt. Es wird häufig gleich direkt, ohne weitere Verarbeitung, mit Buttertee gemischt und als Brei gegessen. Die Leute nehmen dabei einen Löffel voll Mehl und werfen es in den Mund, damit sie den Löffel nicht berühren. Es wird für uns zu einer wahren Herausforderung und die Versuche haben verschiedensten Aus-gänge; von Hustanfällen über im gesamten Gesicht verteiltes Mehl ist alles vertreten. Dazu geben wir Buttertee, der hier in rau-en Mengen getrunken wird und für unsere Geschmacksnerven zu Beginn etwas ge-wöhnungsbedürftig ist. Weil wir aber in je-

dem Dorf, durch das wir kommen, solchen Tee erhalten, gewöhnen wir uns recht bald daran.

Nach elf Tagen passieren wir den Parfi-La-Pass und verlassen das Bett des Zans-karifluss und somit auch Zanskar. Wir betreten Ladakh. Nach jeder Überquerung eines Passes finden wir andere Landschaft und Vegetation vor, von trockener Wüs-te bis hin zu grünem Grasland. Dass wir uns mitten im Himalaja bewegen, wird uns vor allem auf dem Hanuma-La-Pass (4700m) klar. Die Aussicht auf die um-

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liegenden Berge ist atemberaubend. Die Abfahrt nach Lingshed ist wunderschön, die feuerorangen Büsche auf den Hängen lassen herbstliche Stimmung aufkommen. In einem Kloster nehmen wir frühmorgens an einer Puja (Gebet mit Gesang und Was-seropfer) teil. Nach dieser eindrucksvollen Zeremonie machen wir uns mit einer spezi-ellen Stimmung auf zum Ziel unserer Rei-se. Nach 17 Tagen kommen wir wie geplant in Lamayuru an und machen uns auf die motorisierte Rückreise.

Einen weiteren kleinen Kulturschock erle-ben wir in Leh, der Hauptstadt Ladakhs. Nach Tagen der Ruhe, Einsamkeit und weiter Landschaft erscheint uns auch die-se doch recht kleine Ortschaft übermäßig hektisch und laut. Wir erfahren, dass die Strasse nach Manali nicht mehr befahrbar ist, weil die Pässe verschneit sind. Also müs-sen wir trotz Nachrichten über vermehrte Unruhen in Srinagar den Weg über diese Stadt wählen. Mit dem Auto fahren wir wieder zurück nach Lamayuru, weiter über Kargil und den Zoji-La-Pass durch eine sich immer wieder ändernde Landschaft nach Kaschmir. Der Pass trennt Ladakh und Kaschmir nicht nur politisch sondern auch geografisch. Wir lassen die Trocken-heit und den Sand hinter uns und finden

uns plötzlich in einer grünen und fruchtba-ren Landschaft wieder. Kaschmir wird we-gen den Bergen, der klaren Luft und dem fruchtbaren Land auch die Schweiz Indiens genannt. Nur die vereinzelten Reisfelder und die schier unendliche Größe der Land-schaft lassen uns daran zweifeln, dass wir nicht in unserer Heimat, der Schweiz, sind. Um Srinagar weitestgehend zu meiden, hal-ten wir dort nicht, sondern fahren gleich

weiter nach Jammu. Da gerade das musli-mische Fest Ead-al-Fitr, jenes am Ende des Fastenmonats Ramadan, gefeiert wird, sind die Strassen völlig verstopft und es geht nur langsam voran. Zusätzlich hat nachts ein Rad unseres Autos einen Platten, sodass wir es reparieren müssen. Grundsätzlich ist das in Indien wohl kein großes Problem, doch da die beiden Mechaniker schon ziemlich betrunken sind, erschwert und verzögert

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das die Arbeit erheblich.

Nach drei Tagen Taxifahrt kommen wir schlussendlich völlig erschöpft wieder in Neu-Delhi an. In Delhi nutzen wir die verbleibende Zeit, um die Jama Masjid, die größte Moschee Indiens, zu besuchen. Wir regenerieren uns in einem der zahlreichen neuen Cafes im Connaught Circus, dem Zentrum der Stadt.

Ein kurzer Abstecher nach Rishikesh am Ganges sowie nach Agra zum Taj Mahal runden unsere schöne Indienreise ab.

~ Mesum Verma

Mesum, erzähl mal ein bisschen über dich...Ich heiße Mesum Verma, bin in Lucknow (Uttar Pradesh) / Indien geboren und kam als ich 5½ Jahre alt war in die Schweiz zu Pflegeeltern. Ich bin jetzt 33 Jahre alt.

Und die erste Kamera bekamst du wann in die Hand?Meine Pflegeeltern hatten eine SLR Canon AE, ich war aber der einzige, der mit dieser Photos machte. Für den Rest der Familie war es zu anstrengend, alles manuell ein-zustellen. So fotografierte ich bereits mit 12 Jahren mit dieser Kamera und verpulverte all mein Sackgeld.

Später, nach der Lehre, kaufte ich mir eine Profi–SLR. Erst vor 2½ Jahren wechselte ich dann zur Digitalen.

Wie bist du an den Indien-Auftrag ge-kommen?Dass man herumreist und Fotos macht, ist nichts Unbekanntes für einige Professio-nelle. Ich bin über die Snowboardphoto-graphie schon weit herumgekommen. Im Jahr 2007 bei einem Mountainbike Free-ride Rennen, an dem ich auch selbst teil-nahm, fragte mich René Wildhaber, ob ich Lust hätte, mit ihm eine Reise nach Nepal zu machen.

Da ich mich in den letzten 10 Jahren je-weils längere Zeit in Indien aufhielt, habe ich ihm vorgeschlagen, doch die Reise in den indischen Himalaya zu verlegen. Ich schrieb ein Dossier, zeigte das Redbull und Scott, die dann alles (inkl. meinem Lohn) finanzierten.

Du bist ja jetzt noch immer quer durch

Asien unterwegs. Was passierte nach Indien? Mit wem reist du jetzt und was geschieht mit den Fotos?Da wieder was auf dem Plan steht mit René in China, dachte ich mir, ich gehe auch nach Indien noch quer durch Asien. Was ich nicht leugnen kann, in Asien fühle ich mich zuhause und so fiel es mir leicht, wie-der zurück zu gehen. Ich habe aber nicht nur Sportprojekte, die ich mache, bin auch an anderen Projekten dran, die mehr in Richtung Kultur gehen.

Momentan bin ich alleine unterwegs, aber Renè wird dann im Sommer nach China kommen. [wurde leider doch nichts draus, Anm. d. Redaktion]

Mit den Indien-Fotos geschah genau das, was die Sponsoren wollten. Die kommen in Magazine. Bis jetzt bin ich recht zufrieden

Mesum, sag mal... Es drängen sich natürlich eine ganze Reihe Fragen auf, wenn man mit einem Fotografen spricht, der in sein Heimatland zurückkehrt, um dort zu arbeiten.

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mit der Ausbeute...

Wie reagieren die Leute auf dich, wenn du mit Kamera und Fahrrad aufkreuzt? Wie werdet ihr behandelt, wahrschein-lich ganz anders, als wir Europäer Tou-risten behandeln würden...oder?Als wir in Zanskar/Ladakh und Kasch-mir waren, war der Empfang der Einhei-mischen sehr sehr herzlich. Und natürlich wollte jeder mit dem Bike eine Runde zie-hen, obwohl sie gar nie gelernt haben, Fahr-rad zu fahren. Also führte René die meisten herum...

In Asien ist es anders; als Fremder, aber auch als Einheimischer, wird man immer sofort zu Tee und Essen eingeladen. Und es gilt als sehr unhöflich, das abzulehnen.

Die Uhren ticken hier aber auch langsamer, alle haben Zeit für ein „Schwätzchen“. Und hier knüpfe auch ich an; ich würde sagen 99% Prozent meiner Photos entstehen, weil ich auch immer frage, ob es für mein Ge-genüber in Ordnung ist, wenn ich ein Bild mache. Aber ich denke, bei mir ist es auch einfacher, da ich rein äußerlich schon nicht so der Tourist bin.

Buddhistische Klöster werden in den Medien ja immer recht ernst dargestellt, wie geht es denn nun wirklich zu?Sie haben schon strikte Regeln, aber bis zum definitiven Mönchsleben dauert es lange. Auf dem Weg dorthin legt man über die Jahre hinweg 108 Gelübde ab.

Die ersten zehn Gelübde beinhalten bei-spielsweise nichts, das mit dem Zölibat vergleichbar wäre. Wenn es einem Mönch doch wieder anders einfällt, kann er sehr leicht wieder ins weltliche Leben umstei-gen, das geht ohne Probleme. Probleme gibt‘s erst dann, wenn alle 108 Gelübde ab-gelegt wurden.

Junge Mönche sind oft sehr spielfreudig, treiben auch viel Schabernack und sind auch für Späße zu haben.

Ist es schwierig, sich zu konzentrieren, wenn du ausgelaugt von der Reise oder einem Anstieg dann die Kamera aus-packst und Fotos schießen sollst? Wie gehst du damit um?Während des Trips war ich schon zeitweise an der Grenze. Wenn man so bedenkt, dass

die durchschnittliche Seehöhe 4000m war, wir 11 Pässe überquert haben (alle über 4700m) und insgesamt fast 400km zurück-gelegt haben...

Aber ich wusste, was mich erwartet, ich habe einfach akribisch Buch geführt, was für Bilder wir schon gemacht haben. Ich habe keine Einstellung/Motiv zweimal ab-gelichtet, das spart viel Zeit und Energie. Die Motivation fehlte mir nie, ich liebe es, einfach immer Fotos zu machen.

Lastete viel Druck seitens der Sponsoren und Medien auf dir?Ja, der Druck ist schon enorm, aber ich den-ke, es ist wie überall; es wird Lohn bezahlt und somit wird gute Arbeit vorausgesetzt.

Nur ist es in der Fotografie manchmal schwierig, da fragt man sich schon, ob dem Kunden das Endprodukt auch gefällt. Und es ist auch schwierig, sich nicht zu prosti-tuieren, dennoch aber auf die Wünsche des Auftraggebers einzugehen. Ich versuche mich da in der Mitte zu bewegen.

Wie war das Zusammenleben mit René und den beidenEinheimischen während der Reise? Werdet ihr in Kontakt blei-ben?Wir bewegten uns wie Nomaden in den 18 Tagen, schliefen im gleichen Zelt, packten und entpackten die Lasttieren, aßen zu-sammen. Wir waren sozusagen 24h zusam-men. Da ist es klar dass es ab und zu nicht harmoniert. Aber grundsätzlich verstanden wir uns gut!

Er ist eine andere Persönlichkeit als ich, aber das macht es ja erst interessant. Ich re-spektiere alle Menschen, mir ist es egal, was für „Macken“ der eine oder andere hat. Ich werde ja die meisten „Macken“ haben ;)!

So haben wir natürlich noch Kontakt, und werden ja auch wieder zusammen was ma-chen. Mit den Einheimischen kamen wir meistens abends zusammen oder wenn wir bei einem Dorf durchzogen. Wie schon oben erwähnt, die Zusammenkünfte mit den Einheimischen waren sehr prägend und herzlich. Grundsätzlich waren wir al-lerdings sehr viel alleine unterwegs...

Das bringt mich auch zur nächsten Fra-ge: Stromversorgung, Kommunikation?! Ich habe 2 Akkus mitgenommen, und die

Name Mesum Verma

Baujahr1975

Residenzmomentan Nanjing / China

Berufmomentan Fotograf, bald Guide

Webmesumnews.blogspot.com

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brauchte ich auch in diesen 17 Tagen (5000 Bilder geschossen).

Für die Blitze habe ich je Blitz 8 Batteri-en eingepackt (also 24 Batterien). Dass ich die Bilder nicht auf andere Medien laden musste, habe ich 60GB Flashkarten mitge-nommen.

Auf eine Reise kann man ja kaum ein ganzes Studiolichtsetup mitschleppen, was war alles in deinem Rucksack?(siehe Fotos)

Nikon Body D3 Nikon Li-on Battery Pack EN-EL4a Nikon AF Nikkor 50mm 1:1.8 Nikon ED AF Nikkor 80-200mm 1:2.8D Sigma 20mm 1:1.8D EX DG Aspherical Nikon Speedlight SB-28 Nikon Speedlight SB-26 Nikon Speedlight SB-800 Nikon Coolpix P5000 (mit Akku, und Tasche) Elinchrom EL-Skyport, SPTX-V1.1 (mit Kabel) Elinchrom EL-Skyport, SPUNI-V1.3 (mit Kabel) 3 Stk. CompactFlash SanDisk ultraII, 1GB, 4 Stk. CompactFlash SanDisk ExtremeIII, 4GB (5 Stk.), 8GB (5 Stk.) und 16GB (5 Stk.) iphone

Außerdem sind noch einige Glücksbringer mit dabei, am Bild sind eine buddhistische Gebetskette, Glückskordeln und ein bud-dhistischer Glücksbringer zu sehen.

Du bist jetzt schon geraume Zeit in Asien unterwegs „nur“ um Fotos zu machen, was treibt dich an, was motiviert dich?Das ist eine gute Frage... Ich habe einfach sehr viel Spaß daran, Photos zu machen. Es ist auch meine Art, Dinge und Ereignisse in meinem Kopf zu behalten. Mich treibt es auch an, einen Gegenpol zu schaffen. Auch „freudige“ Bilder zu machen, da ich das Gefühl habe, die „Mehrheit“ macht Bilder von Slums, und wie es den Leuten schlecht geht, was ganz sicher stimmt!

Doch ich finde, man sollte auch Kinder oder Erwachsene zeigen, die ohne Hab und Gut außer ihren Tiere und den Garten su-per glücklich sind. Und das kommt sicher auch von meinem indischen Background.

Verkaufen lassen sich aber die armen Slum Kinder Photos schon besser!!

Würdest du so eine Reise nochmal ma-chen?Auf jeden Fall!! Und immer wieder!! :)

Eingeräumt und ausge-breitet: Verstaut im Burton Zoom-pack begleitete mich eine erlesene Auswahl an Aus-rüstung, die neben Leis-tung auch durch (nicht vorhandenes) Gewicht glänzen musste.

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s E q u E n z E n - t u t o r i a l

Sequenzen erstellen Wenn man Actionsportmagazine aufschlägt, findet man immer wieder Bilder, in denen der Fahrer mehrmals auftaucht. Diese Bilder nennt man Sequenzen. Sequenzen sind zwar schön und gut um Be-wegungsabläufe, heftige Tricks usw. darzustellen, aber sie lassen einem bei Weitem nicht die gestalte-rische Freiheit wie im einzelnen Bild (Single). Es ist viel schwerer, einen schönen Aufbau zu finden und man ist auch meist auf Umgebungslicht angewiesen. Deshalb sollte man auch darauf achten, dass man nicht in das typische „Point and Shot“ verfällt und einfach draufhält, sondern schon ein Konzept hat. Deswegen empfehle ich, trotz dieses Tutorials nicht zu viel Zeit mit Sequenzen zu verbringen und Sin-gleshots produzieren.

Nun stellen sich manche Leute die Frage, wie solche Sequenzen überhaupt entstehen. Wie meistens, führen auch hier viele Wege nach Rom. Trotzdem gibt es einen Work-flow, der nicht allzu kompliziert ist und meistens ein relativ gutes Ergebnis liefert und den möchte ich euch in dieser Ausgabe ein wenig näher bringen.

Bevor wir mit der Arbeit in Photoshop be-ginnen, solltet ihr folgende Vorraussetzun-gen erfüllt haben:

Korrekt aufgenommen Bilder (korrekte Belichtung, richtig sitzender Fokus, ...)

Fortlaufender chronologischer Dateina-me (erspart einem die Arbeit in Photo-shop nachher bei den Ebenen)

Als Bildbearbeitungsprogramm Photo-shop CS3 ( Dieser Weg funktioniert nur mit CS3, da eine neue Funktion verwen-det wird, die in vorhergehenden Versio-nen noch nicht zur Verfügung steht...)

Grundkenntnisse in Photoshop (Arbeiten mit Ebenenmasken, mehreren Ebenen,...)

Zuerst geht ihr in den Ordner und merkt euch die Dateinamen des ersten und letzten Bildes, die ihr verwenden wollt. Anschlie-ßend öffnet ihr das Bildbearbeitungspro-gramm Photoshop. Dort benutzt ihr dann folgenden Befehl:

Datei/Skripten/Dateien in Stapel laden...

Anschließend öffnet sich ein kleines Pop-upfenster, in dem ihr dann unter Durch-suchen eure Bilder aussuchen und in das Feld laden könnt. Nun wird das Fenster mit dem OK geschlossen und Photoshop beginnt die einzelnen Bilder in eine Datei mit mehreren Ebenen zu laden.

Bilder laden

Wenn alle Bilder eingefügt wurden, checkt man kurz, ob das erste Bild bzw. das ganz oben liegende Bild in dem Ebenenstapel das erste Bild der Sequenz ist. Dies kann man ganz einfach kontrollieren, in dem man das Augensymbol links von den Ebe-nen deaktiviert und am Ende wieder akti-viert. Wenn die Reihenfolge nicht stimmt, einfach Ebenen so umsortieren, dass das Anfangsbild des chronologischen Ablaufs ganz oben und das Endbild ganz unten liegt.

Ebenenfenster der geladenen Einzelbilder

Anschließend werden alle Ebenen markiert und man führt folgenden Befehl aus:

Bearbeiten/Ebenen automatisch ausrichten...

Nun öffnet sich wieder ein Popup, das nach der Projektionsmethode fragt. Dort das Häkchen in Automatisch setzen und das Po-pupfenster mit OK quittieren. Bei diesem Befehl werden nun die einzelnen Ebenen mit den überlappenden Teilen des Bildes verrechnet.

Als nächsten Schritt wollen wir die einzel-nen Ebenen überblenden. Dies erreichen wir, in dem man folgenden Befehl ausführt: Bearbeiten/Ebenen automatisch füllen. Nun wurde eine Ebenenmaske angelegt, die die Teile der einzelnen Bilder überblendet, die unschöne und inhomogene Bereiche her-vorgerufen haben.

Merke: In Ebenenmasken sind die Berei-che, die weiß gefüllt sind, sichtbar und jene die schwarz sind unsichtbar. Grautö-ne sind entsprechend halbtransparent. Sonst folgen die Ebenen dem normalen Überlagerungsverhalten (obere Ebene überlagert untere)

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s E q u E n z E n - t u t o r i a l

Nach dem automatischen Füllen der Ebenenmasken sind einige Fahrer noch unsichtbar

Der Vorteil ist nun, dass man ganz ein-fach in den einzelnen Ebenen die fehlen-den Fahrer ins Bild bekommt. Man muss nur die einzelnen Ebenenmasken bearbei-ten. Dies funktioniert, indem wir mit der ersten (obersten) Ebene beginnen. Wir schauen, ob der Fahrer im Bild zu sehen ist, wenn nicht invertieren (man klickt auf die Ebenenmaske und drückt Cmd+I oder STRG+I) wir die Ebenenmaske und malen mit dem Pinsel (weiß) auf der Ebenenmas-ke den Fahrer raus.

Ist das geschehen, wird die Ebene wieder invertiert und schon ist der Fahrer da wo er sein soll.

Nun mit der unteren Ebene verbinden und so Stück für Stück die einzelnen Ebenen durchgehen. Ist ein Fahrer schon in der Se-quenz enthalten, können die Ebenen sofort verbunden werden. Beispielsequenz für Handarbeit: 18mm am 1.6er Crop. Foto: Thomas Bergmüller

Zusammengefügte Ebenen

Bei sich überlappenden Fahrern muss man genauer arbeiten und immer die Überlap-pungen logisch vom Betrachtungspunkt herausarbeiten. Hierbei spielt es auch eine Rolle, ob der Fahrer sich von einem weg- oder zu einem hinbewegt. Zum Schluss wird noch ein geeigneter Ausschnitt gewählt. Hätte man bei dem eben bearbe-iteten Bild die Aufnahmen im Hochformat gemacht, so hätte man im Nachhinein keine Treppenbildung, wenn man den Ausschnitt zieht. Somit ist es also (fast) im-mer von Vorteil, die Aufnahmen im Hoch-

format zu machen. Danach können noch die üblichen Korrekturen vorgenommen werden, wie zum Beispiel eine Tonwertkor-rektur, Farben anpassen, etc..

Ich hoffe ich konnte euch mit diesem Tuto-rial zeigen, wie man relativ einfach und ze-itoptimiert Sequenzen erstellen kann. Die Ergebnisse sind sehr stark vom Ausgangs-material abhängig.

Das heißt, es macht einen großen Unter-schied, ob ein Fisheye oder ein Tele ver-wendet wurde. Aber nicht nur das, auch wie nahe der Fahrer am Fotografen vorbei-kommt, spielt eine Rolle.

In solchen Spezialfällen wie mit Weitwin-kel etc. muss man immer noch Hand an-legen und die einzelnen Frames manuell zusammenbauen.

Am besten eignet sich die vorgestellte Me-thode für Sequenzen, die mit Brennweiten im Telebereich aufgenommen worden sind.

Handarbeit führt natürlich auch zu einem guten (wenn nicht besseren...) Ergebnis, aber es geht eben nicht so schnell wie mit der porträtierten Methode.

Beim Fotografieren der Sequenzen empfeh-le ich noch, so genannte Ergänzungsshots anzufertigen. Die werden dazu verwendet, um die Treppenbildung auszumerzen. Pri-mär sind das wahrscheinlich dann Fotos vom Boden oder dem Himmel und der restlichen Umgebung, durch die sich der Fahrer nicht unmittelbar bewegt.

~ Daniel Schreiner

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Twisted City SeriesMichael Roderfeld

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Twisted City SeriesMichael Roderfeld

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t w i s t E t C i t i E s s E r i E s

Über eine Million Menschen besuchen Lübeck jedes Jahr und bringen typische Bilder von den Sehenswürdigkeiten der Stadt mit nach

Hause. Jedes dieser Bilder gibt einen typischen Ein-druck und eine eindeutige Perspektive wieder. Diese Serie stellt die gleichen Orte auf eine untypische Weise dar und soll einen Kontrast zu den typischen Urlaubs-fotos und Werbefotos der Stadt bilden.

Durch die Überlagerung vieler verschiedener Foto-grafien entsteht ein ganz neuer Gesamteindruck. Die Grundlagen der klassischen Fotografie werden außer Kraft gesetzt, da es sich nicht mehr um eine Moment-aufnahme handelt. Zeit und Perspektive spielen nur noch eine Nebenrolle. In jedem Bild fliessen 25 Ein-zelbilder zusammen, die zu verschiedenen Zeitpunkten und aus verschiedenen Richtungen gemacht wurden.

Jedes Einzelbild gibt einen neuen Blick auf das Objekt frei und hilft es besser zu verstehen. Ein Gebäude kann nicht nur mit einem Blickwinkel definiert werden, da es ein dreidimensionales Gebilde mit mehreren Seiten ist.

Michael Roderfeld realisierte dieses Projekt für ein Medienproduktion- und Medienkonzeption-Spezial des siebten Semesters des Studiengangs Informations-technoligie & Gestaltung international (IGi).

Für ihn ist es unmöglich, durch ein Foto einen Ort

vollständig zu beschreiben, denn im Gegensatz zu dem, was im TV bei CSI und Konsorten vorgegau-kelt wird, kann man Objekte auf einem Foto nicht im Nachhinein bewegen und drehen.

Aus diesem Grund entstand diese Serie, in der die Ein-zelbilder mit jeweils 4% Transparenz übereinanderge-legt wurden.

Insgesamt wurden 800 Fotos der Objekte aus ver-schiedenen Perspektiven aufgenommen. Mit einer Art Mehrfachbelichtung entstehen dann dynamische Fo-tografien von Sehenswürdigkeiten die es so noch nicht gegeben hat.

Die Bilder gehen über das Offensichtliche hinaus, sprengen Zeit, Raum und Perspektive und erinnern dabei eher an Gemälde von Lyonel Feininger denn an Fotografien..

Auf den ersten Blick ist das Auge verwirrt und man weiß nicht so recht was man da eigentlich vor sich hat. Bei eingehender Betrachtung beginnen sich die Ein-zelbilder herauszukristallisieren und das Bild wird in Gedanken in seine 25 Fotografien zerlegt. 25 Fotogra-fien, die alle möglichen Perspektiven zu verschiedenen Tageszeiten zeigen. Eine tatsächliche Beschreibung des Objekts...

Die komplette Serie gibt‘s auf www.mroderfeld.de

Name Michael Roderfeld

Alter25

ResidenzHamburg / Deutschland

BerufKonzept, Design und Fotografie

Webmroderfeld.de

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Skandinavienkai

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Burgtor

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Holstentor

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Parkhaus

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1. Zum Anfangen die Standardfrage; wer seid ihr, woher kommt ihr, seid ihr hauptberuflich Fotografen?2FACH.COM sind Jochen & Thomas, beides Enddreißiger aus der Nähe von Hannover. Nein, wir sind keine Professionals – wir müssen nicht unser Geld damit verdienen und das ist auch gut so. Bei uns steht der Spaß deutlich im Vorder-grund.

2. Was hat euch zum Fotografieren gebracht, wie lange seid ihr dabei?Jochen ist seit 2001 digital dabei, Thomas als alter Analogie entsprechend länger. Die Begeisterung an digitaler Kameratechnik und Bildbearbeitung im Zusammenhang mit den Möglichkeiten des Internets waren sicher die Auslöser.

3. Wie kam die Idee zustande, gemeinsame Sache zu machen? Wie habt ihr euch kennen gelernt? Wann hat euer gemeinsames Schaffen angefangen?Wir machen gemeinsame Sache seit etwa drei Jahren. Die Idee kam uns auf einem Portrait-Workshop eines guten Freundes, zu dem wir gemeinsam nach Hamburg gefahren sind. Ken-nengelernt haben wir uns eigentlich als Kolle-gen – unsere Arbeit in der Druckvorstufe einer Druckerei verbindet die Fotografie zusätzlich mit unserem Beruf.

4. Wie teilt ihr euch die Arbeit beim Shooting ein?Wir versuchen verschiedene Sets aufzubauen, die dann einer von uns komplett durchfotografiert. Wir möchten vermeiden, dass jeder von uns das gleiche auf der Speicherkarte hat.

5. Wie reagieren die Models auf zwei Fotogra-fen am Set? Wie läuft das mit den Anweisun-gen/Rollenverteilung?In der Regel wissen die Models schon, dass wir zu zweit fotografieren. Manche reagieren aber in der Tat etwas überrascht und befürchten schon ein Rudelshooting. Das verfliegt aber sehr schnell, wenn sie sehen, wie wir arbeiten.

Beim Shooting ist immer einer von uns der Fo-tograf und der andere nimmt automatisch die Rolle des Assistenten ein, der sich um das Licht kümmert und auf Details achtet. Ein Vorteil für uns ist es, dass ein zweiter Fotograf auch ande-re Ideen einbringen kann, da er das Set aus einer anderen Perspektive sieht, wovon letztendlich alle profitieren.

6. Wie entscheidet ihr, wer wann für was zu-ständig ist? Jeder setzt seine Ideen um und der andere hilft?Genau so. Letztendlich haben wir beide recht ähnliche Vorstellungen von Bildideen. Wir den-ken da nicht großartig nach. Sehr viele Ideen ent-stehen auch spontan am Set, gegeben durch die Location. Da arbeiten wir dann gemeinsam auf das Ergebnis hin, auch wenn der eine fotografiert und der andere gerade als Assistent tätig ist. Wir haben da kein Konkurrenzdenken.

7. Was verwendet ihr so an Equipment, gehört euch das zusammen, also z.B. Blitzanlagen etc.? Wir verwenden jeweils eine eigene Nikon D3 und folgende Nikon-Objektive: 50/f1.4, 85/f1.4, 105/2 DC und 24-70/f2.8 mm. Dazu noch ana-loges Mittelformat (Mamiya 645 und Hasselblad

2FACH.COMWas, wenn einmal zwei Fotografen am Set sind? Normal. Was aber, wenn zwei Fotografen am Set sind, und keiner von ihnen ist des anderen Assistent? Ru-delshooting?

Name Jochen Abitz und Tho-mas Sporleder

Baujahr1969 und 1971

ResidenzHannover / Deutschland

BerufDruckvorstufe

Web2fach.com

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501 cm). Mit dabei haben wir immer 3 Blitzköpfe (davon 2 Ringblitze), Lichtfor-mer wie Beautydish, Grids etc. gehören ge-nauso dazu wie 2 Sunbounce-Reflektoren (silber/weiß und zebra/weiß). Investitionen werden schon so geplant, dass wir beide un-seren Nutzen davon haben.

8. Extra Visa oder macht ihr das selbst?Nach Möglichkeit haben wir immer eine Visagistin oder einen Makeup-Artist am Set. Bilder ohne Makeup-Artist braucht man eigentlich gar nicht zu machen. Ein Makeup Artist soll auch nicht nur schmin-ken – er soll das Model verwandeln kön-nen. Und das typgerecht! Das ist nicht die Aufgabe des Fotografen...

9. Was war bis jetzt euer anspruchvolls-tes Projekt?Das war wahrscheinlich das Shooting der Abschlusskollektion für die Modedesig-nerin Tekla Tweed. Drei komplette Out-fits mussten für die Präsentation ihrer

Abschlussarbeit 2009 an der Modeschule Fahmoda in Hannover fotografiert werden. Die Modedesignerin hatte sehr genaue Vor-stellungen vom Look und wir wollten die Fotos so machen, dass sie, trotzdem sie von zwei Fotografen gemacht worden sind, als eine zusammengehörende Strecke gesehen werden kann.

2FACH.COM bedeutet für uns, dass wir zwei Sichtweisen einbringen können. Und wir denken, dass es uns hier gelungen ist.

10. Anekdoten?Letztendlich passiert bei jedem Shooting etwas Unvorhergesehenes oder Witziges – der Spaß steht für uns halt im Vorder-grund. Es ist uns zum Beispiel schon pas-siert, dass wir für das Model erst einmal Outfits kaufen mussten... ;)

Schön war auch die Absage eines Models, auf die wir am Treffpunkt zwei Stunden gewartet haben, Grund: „Nervenzusam-menbruch“.

Oder: „Ich habe einen neuen kleinen Hund, den kann ich nicht alleine lassen“.

2fach.com

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Thomas Sporlederund Jochen Abitz

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Wie ist denn das fotografiert?So lautet oft die erste Reaktion von Betrachtern seiner Getränkefotos. Die Frage stellt sich dem Be-trachter, weil Eberhard Schuys Getränkefotos (beverage-photography) kunstvoll, anmutend und clean zugleich sind. Einige seiner Tricks hat er hier für euch offenbart.

Bild und Text von Eberhard Schuy (schuyfotografie.de)

Oft frage ich mich ernsthaft, ob ich mich über solche Anmerkun-gen freuen soll. Wird da nicht

alles auf die Technik reduziert, spielt die Bildgestaltung denn keine Rolle?

Aber natürlich ist mir sehr bewusst, dass in der Getränkefotografie die Technik vorder-gründig das Bild und die Wirkung des Bil-des beeinflusst. Sie ist aber hier nur beson-ders auffällig, weil wir die kleinen Details normalerweise nicht wahrnehmen,und wir

sie nun plötzlich im Bild erkennen und uns Zusammenhänge klar werden.Wir erkennen Temperaturen im Bild, wol-len mit dem Finger einen Tropfen wegwi-schen oder ahnen eine gerade abgeschlosse-ne Handlung.

Durchaus mit der Absicht fotografiert, auch Stimmung zu transportieren, achte ich zum Teil sehr detailverliebt auf die rich-tige logische Darstellung, ohne mir dabei die Freiheit ungewöhnlicher Bildaufbauten

zu verbieten. Dabei ist die gute Aufteilung der mir zur Verfügung stehenden Fläche sehr wichtig. Die Bildidee ist das A und O in der gesamten Fotografie.

Glasklar und nassGetränke ins richtige Licht zu rücken, das ist nur mit Geschick, Geduld und viel Lie-be zu schaffen...

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Hier beim Schwarztee (oben) ging es nur um die Farbigkeit des Tees. Der Löffel dient nur als Grund und die Tasse als Be-hälter, die Idee, das sehr grafisch in Kontu-ren darzustellen, war schnell gefunden, die Umsetzung, wenn man das Bild gescribbelt vor Augen hat, ist dann wieder pure foto-grafische Technik.

Allerdings hoffe ich stets, dass die Bildwir-kung gegenüber dem technischen Aspekt überwiegt.

Alle hier gezeigten Bilder sind übrigens so fotografiert, dass Bildbearbeitung außer der kontraststeuernden RAW-Entwicklung nicht nötig sind. Ausnahme ist hier das Bild mit dem schwarzem Tee; Löffel und Tasse wurden im Photoshop zusammenmontiert.

Darstellung von Tropfen an Gläsern oder Tassen.Sehr oft werden solche Tropfen “künstlich” gesetzt und entstehen nicht natürlich durch die kalten oder heißen Getränke.

Kalte Getränke bilden nur Kondenstrop-fen am Glas, bis zu der Höhe, an der auch die Flüssigkeit steht. Warme Getränke da-gegen bilden durch Verdunsten Kondens-tröpfchen oberhalb der Flüssigkeit.

Heiße frisch eingegossene Getränke er-kennt man an sehr kleinen Tröpfchen, die eher beschlagen wirken, mit der Zeit wer-den die Tröpfchen größer und sind, solange sie nicht zu stark ablaufen, ideal zum Foto-grafieren.

Das sind so kleine Besonderheiten, die auch in der Getränkefotografie berücksichtigt werden müssen; auch dass das Beschlagen durch kalte Getränke immer außen am Glas stattfindet, während heiße Flüssigkei-ten natürlich im Inneren des Glases kon-densieren.

Wenn man also live und ohne Präparation fotografiert, ist darauf zu achten, dass die Temperaturen der Flüssigkeiten stimmen, um realistische Bilder zu bekommen.

Aber so einfach ist es nun leider meistens

nicht, wo ein etwas auffälligerer Tropfen steht oder wo ein Tropfen laufen soll, das will der Fotograf doch meistens selbst be-stimmen und der Bildgestaltung anpassen.

Hier wird nichts dem Zufall überlassen und deshalb muss nachgeholfen werden.

Die extrem sauberen, imprägnierten Gläser werden also mit Wasser sehr fein besprüht. Durch mehrere Sprühvorgänge kann man die Tropfengröße auch partiell beeinflussen und einzelne Tropfen können dann mit ei-nem Glasstäbchen an der richtigen Stelle zusammengeführt und zum großen, ablau-fendem Tropfen vereint werden.

Glas- oder Kunststoffstäbchen verwende ich, da ein Holzstäbchen die Wassertropfen aufsaugen würde.

An dieser Stelle einen Satz zu Glycerin, da-rauf werde ich immer wieder angesprochen. Glycerin oder Glycerin-Wassergemisch eig-net sich, wenn ich undefiniert Tropfen set-zen möchte.

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Immer wenn Tropfen evtl. korrigiert wer-den müssen, ist Glycerin ungeeignet, da es stets Spuren hinterlässt und nicht gezielt und rückstandsfrei entfernt werden kann, während ich einzelne Wassertropfen mit Papier oder Wattestäbchen gezielt aufneh-men kann.

Es dampft...Bei heißen Getränken achte ich sehr auf die kleinen Tropfen oberhalb des Geträn-kespiegels, das sieht frischer, heiß und gera-de eingegossen aus, evtl. kommt dann noch ein schöner Dampf dazu.

Wie der Dampf erzeugt wird, hängt im-mer von Perspektive, Lichtaufbau und der gewünschten Art des Dampfes ab. Es gibt sicher mehr als 20 verschiedene Techniken, um entsprechende Effekte zu erzeugen.

Hier bei der Aufnahme des grünen Tees konnte hinter dem Glas nichts positioniert werden, es wurde also mit der unsichtbaren Variante gearbeitet.

Auf der einen Seite des Glases setze ich ei-nige Tropfen ca. 10 bis 30%iger Salzsäure, auf die gegenüberliegende Seite kommen einige Tropfen Ammoniak, auch ca. 10-

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30%ig. (Ich übernehme keine Verantwortung bei der Nachahmung)

Nun haben wir einige Minuten Zeit den aufsteigen-den Dampf zu fotografieren. Absolute Windstille und Lampen ohne störendes Gebläse sind wirklich hilfreich.

Wie aber schon oben beschrieben, sind das nur die Basics, die es mir erlauben, das Bild so zu gestalten, wie ich es mir überlegt habe. Zufällig entsteht bei dieser Art der Fotografie gar nichts!

Erst mit sehr viel Geduld und verschiedenen Versu-chen bekomme ich diese bildgestaltenden Elemente so wie ich sie mir vorstelle. Mit Technik kann ich also nur das Detail im Bild schaffen, wichtiger ist allerdings die Wirkung des Bildes als Gesamtes und die entsteht sehr oft bei einfacher Sachdarstellung durch Konzentration auf klare Gestaltung.

Bilddominante Elemente müssen im Zusammenspiel eine Harmonie ergeben, allerdings sind die meisten meiner Getränkeaufnahmen sehr reduziert, fast pu-ristisch, fotografiert.

Ein weiteres Dampffoto (rechts), anderer Dampf also auch andere Technik, hier war es ganz simple. Ich habe einfach etwas Zigarettentabak in einem Metall-fingerhut mit Knete am inneren rechten Tassenrand befestigt. So dampft es schön an der Kante entlang. Nun braucht es auch hier nur noch ein windstilles Studio, viel Geduld und natürlich vorher die Idee zum Bild!

Einfache Fotos Als einfache Fotos werden dann oft die Bilder angesehen, die auf dem ersten Blick nicht von den Details leben, die fast beiläufig daherkommen und mit wenig Aufwand fotografiert erscheinen.

Natürlich ist das oft ganz anders, gerade hier wur-

de oft lange daran gearbeitet, die Gesamtharmonie herzustellen und nicht einzelne Elemente dominant erscheinen zu lassen.

Es sind die schwierigeren Fotos, die Bildidee ist we-sentlich komplizierter, weil nicht von einem speziel-len Detail, von einer Besonderheit getragen. Gerade hier in dieser reduzierten Fotografie darf man sich wirklich keine Fehler mehr erlauben.

Das Wasserfoto lebt letztendlich nur von der Stil-le und von den nicht vorhandenen Blickpunkten. Grauverläufe mit Konturen und Lichtakzenten, die sich im Format die Waage halten.

Im Sprudelbild sorgen zwei kleine Tropfen für die Ausgewogenheit und nehmen der sprudelnden Was-seroberfläche die Dominanz. Der etwas dickere Tropfen am unteren linken Glasrand und der kleine, in der Glashöhe fast mittig sitzende, Tropfen.

Wenn man diese klare und direkte Darstellungswei-se dann verlässt und für Aktion in Bild sorgt oder eine Unruhe schafft, werden die Bilder schon wesent-lich leichter konsumierbar, man spürt förmlich, dass man nicht mehr zum Betrachten gezwungen wird.

Situation und Bildinhalt sind ganz schnell erkenn-bar und nachvollziehbar, der Betrachter kann die Fotos sofort in sein Umfeld integrieren. Details wer-den unwichtig, das große Ganze zählt und wird zur Präsentationsfläche für einen Text oder ein weiteres Bildelement.

Alle Bilder © e.schuy, schuyfotografie.de

Name Eberhard Schuy

ResidenzKöln / Deutschland

Beruffreier Fotograf

Webschuyfotografie.de

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Auf Hannibals SpurenVon Frankreich nach Italien über die Alpen. 218 v. Chr. beschritt Hannibal mit einem Heer von fast 70000 Mann diesen Weg, um einem römischen Angriff auf Spanien zu-vorzukommen. 2227 Jahre später werden die Alpen an der gleichen Stelle nochmals überquert... diesmal von 3 Mann.

Bild (sämtliche Bshots!) und Text von Dominik Hartmann (digiclix.at)

Die Osterferien zählen für viele Studenten zu den be-liebtesten freien Tagen des Jahres. Der Grund dafür liegt auf der Hand. Die Jungs und Mädels, die das weiße Gold lieben, machen sich das wahrscheinlich letzte Mal in der Saison auf den Weg in die Berge, und die, die schon seit November auf den Sommer warten, zieht es das erste Mal im neuen Jahr Richtung Süden! Ich gehöre zu keinem der beiden beschriebenen Typen - ich liebe sowohl den Winter als auch den Sommer. Dementsprechend ,muss‘ ich mich in den Osterferien regelmäßig zerreissen...

„Guten Morgen - alles klar?“ - Chris „Yo - cool!“ - Ich „Das Wetter schaut gut aus! Wir sollten schnell früh-stücken und dann schauen dass wir rauf kommen!“ „Yo - logo!“

Das waren die ersten Worte zwischen mir und Chris Grabher am 4. April 2009 in Bramans, Frankreich. Wir waren die halbe Nacht gefahren, um unsere schon lang geplante Alpenüberquerung von Frankreich nach Italien, durchzuziehen. Unser Ziel war es, den italie-nischen Ort San Giacomo von Bramans aus in einem Tag zu erreichen. Die Route hat Chris ganz bewusst gewählt, da auf diesem Weg Hannibal 218 vor Chris-tus mit ca. 50.000 Soldaten, 20.000 Reitern und 37! Elefanten die Alpen überquerte. Wir waren also sozu-sagen „auf Hannibals Spuren“!

„Guata Morga“ - Daniel „Auch schon munter?“ - Ich [- Stille -]

Daniel Nigsch setzt sich schweigend und mit dezent verschlafenem Gesicht an den Tisch. Naja - sagen wir richtig dezent verschlafen...

„Ich hab grad mit Dominik besprochen, dass wir uns jetzt gleich auf den Weg machen. Wir werden die Ge-gend um das Hochtal „Vallon de Savine“ auschecken! Von da aus sollten wir ein paar Lines fahren können und ein paar Bilder machen! Wichtig ist, dass wir un-

sere Kräfte sparen, heute ist nur auschecken und umse-hen angesagt!“ - Chris

[- Daniel nickt schweigend -]

Wir beladen kurz danach das Auto und machen uns auf den Weg. Es ist schon kurz nach neun Uhr - wir sind ja fast die ganze letzte Nacht gefahren und dem-entsprechend an diesem ersten Tag etwas verspätet!

„Scheisse“ - Chris „wtf...“ - Ich „Was geht???“ - Daniel

[- Wir blicken alle auf die nicht geräumte Straße vor uns -]

„Die Strasse ist gesperrt. Ich habe eine falsche Aus-kunft erhalten. Wir müssen schon ab hier laufen, das bedeutet ca. 3 km mehr Weg“ - Chris

Wir hatten zuvor die Information bekommen, dass die Straße bis zu einem kleinen Ort namens „le Planey“ geräumt sei. Tatsächlich war die Straße jedoch nur bis „le Cernay“ geräumt. Also parkten wir und bereiteten uns für den Abmarsch vor. Für Daniel und mich be-deutet dies Schneeschuhe anschnallen und Boards am Rucksack festmachen. Chris hingegen holte seine neue Waffe namens „Crusair“ aus dem Kofferraum. Dies tat er mit einem fetten Grinsen im Gesicht. Stolz zeigte er kurz, wie leicht diese neue Kombination aus Touren- und Freerideski von Scott ist! Für alle zu haben ist das gute Stück aber erst ab nächstem Jahr - sein Grinsen wuchs...

Wir benötigten gut 1,5 Stunden bis wir in „le Planey“ waren und ich nutzte die Gelegenheit, unseren Weg und das „Vallon de Savine“, welches unser heutiges Ziel darstellte, einzufangen.

Nochmals knapp 1,5 Stunden später waren wir an ei-nem kleinen Kraftwerk angekommen, welches in der Karte in einer Ebene namens „Plan de la Vie“ verzeich-net war. Bis hier waren die Bedingungen zum Hiken

Freeriders Vokabular

auschecken etwas begutachten

Line Linie, die ge-fahren wird.

wtf what the fuck, Ausdruck der Ver-wunderung

to be stoked von etwas begeistert sein.

Turn Kurve, Schwung

Powder unverspurter Schnee, Pulverschnee

Drop-in in den Hang einsteigen / einfahren

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Links oben ist schon unser Tagesziel zu sehen: das Hochtal “Vallon de Savine”

wirklich sehr gut! Die Hälfte des Weges legten wir auf einer gewalzten Spur zurück, die zweite Hälfte dann auf einem einge-schneiten Weg. Zum Glück trug uns der Schnee mit den Schneeschuhen größten-teils und wir kamen rasch voran.

Beim besagten Kraftwerk angekommen erinnern uns jedoch die Kufenabdrücke ei-nes Hubschraubers daran, dass wir bereits im Hinterland waren. Menschliche Spuren oder ähnliches hatten wir seit über einer Stunde nicht mehr gesehen und nun stan-den wir hier am Fuße eines Anstieges von gut 400 Höhenmeter.

400 Höhenmeter in steilem Gelände, ohne Aufstiegsspur und im teilweise hüfttiefen Schnee sind eine harte Ansage - dem waren wir uns durchaus bewusst!

Wir schnallten also unsere Schneeschuhe ab, da das Gelände zu steil für einen Auf-stieg mit diesen war, und Chris befestigte seine Skier an seinem ABS-Rucksack. Ganz nach dem Motto „ich bin Freerider“, hatte er natürlich lediglich eine 2,2 kg schwere Base-Unit am Rücken. Lawinenschaufel, Sonde, 0.7 Liter Flüssigkeit und ein paar Müsliriegel waren alles, was er darin ver-staute. Schließlich musste er ab hier ja auch noch den Ski am Rücken tragen!

Das war dann auch der Moment, wo ich mich fragte, wie unfair (um nicht zu sagen bescheuert) es eigentlich ist, Fotos machen zu wollen. Ich schleppte in meinem Zoom-Pack Pro zwei Bodies, drei je 1,5 kg schwere Linsen, Verpflegung, Schaufel und Sonde,

mein 160 cm langes Board und nun auch noch meine Schneeschuhe. Und unser Plan war es ja nur mal eben 15 km Luftlinie über die Alpen, in unberührtem winterlichen Gelände, zurückzulegen...

Ich verdrängte all das erfolgreich mit den ersten Schritten bergauf. Wir wechselten uns regelmäßig mit dem Vorspuren ab und hatten so anfangs das Gefühl, gut voran zu kommen. Aber nach gut 1,5 Stunden war klar, dass dies ein wahrer Kampf werden und uns körperlich noch sehr stark bean-spruchen würde. Wir hatten knapp den halben Aufstieg in dieser Zeit geschafft!

Chris Grabher im Kampf mit dem härtesten Aufstieg der Tour

Nach etwas über 3 Stunden hatten wir die 400 Höhenmeter bezwungen und konnten in den Eingang des Tales blicken! Zwischen uns und dem Taleingang lagen jedoch noch geschätzte 500 bis 800 Meter. Ich entdeck-te eine kurze Line, welche ohne all zu gros-sen Aufwand zu erreichen war und eine gute Perspektive in das unter uns liegende „Vallon d‘Ambin“ bot und schlug Chris vor, ein paar Shots mitzunehmen. Als ich mich dann auf einem Fels positionierte, bemerk-te ich, dass ich weiche Knie hatte und stell-te fest, dass ich körperlich bereits ziemlich beansprucht war.

Also Lagebesprechung: Wir waren seit gut 6,5 Stunden auf dem Weg und es war be-reits kurz nach 4 Uhr! Es lag auf der Hand, dass wir den Anstieg hinter uns falsch ein-geschätzt hatten und wir kamen einstim-mig zum Schluss, dass dies bereits deutlich über ein „substanzschonendes Umsehen im Gelände“ hinaus ging. Drei Tage nachein-ander unter diesen Bedingungen in diese Region vorzudringen, wären definitiv zu viel des Guten, vor allem wenn wir bedach-ten, dass wir erst etwa die halbe Distanz hinter uns hatten.

Also entschieden wir uns, am nächsten Tag einen Ruhetag einzulegen und dann am Montag die komplette Überschreitung zu versuchen. Für den heutigen Tag nahmen wir uns noch eine weitere Line vor, die wir zufällig fanden. Das Problem war nur, dass wir auf gut 2200 Meter waren und der angestrebte Bergrücken auf knapp 2500 Meter lag. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich echte Zweifel, ob ich diesen weiteren Auf-stieg noch schaffen würde, aber es war klar, dass wir erstens noch Material benötigten, zweitens alle drei Line-geil waren und drit-tens die Bedingungen in der Abendsonne viel versprachen.

Also warf ich meinen ZoomPack ein weite-res Mal über die Schultern und wir stiegen nun in nördlicher Richtung weiter auf, an-statt wie geplant Richtung Osten zu que-ren.

Auf diesem Rücken bot sich uns erneut ein wunderschöner Anblick einer total unbe-rührten Winterlandschaft. Es war mitt-lerweile kurz vor sechs Uhr abends, die Sonne kam aus fotografischer Sicht bereits sehr angenehm herein und wir wählten alle unsere Lines. Ich shootete zuerst Chris und Daniel, bevor auch ich endlich einige Turns in diese unbeschreibliche Szenerie setzen durfte!

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Chris Grabher zieht eine kleine Plaisir-Line in bisher wahrscheinlich unberührtes Skiterrain

Es war unglaublich - es löste eine sehr tief-gehende innere Diskussion in mir und mit mir aus.

Warum? Wozu? Weshalb?Knapp 8 Stunden waren wir an diesem Tag bereits auf dem Weg. Mindestens vier da-von im puren Kampf gegen die Bedingun-gen und vor allem auch gegen das Gewicht am Rücken!

Zweifel bei jedem Schritt, den Blick ge-senkt, da der Horizont und das Ziel eher demotivieren als antreiben und das Gefühl in den Beinen, nicht sicher zu sein, wie weit mich diese noch tragen würden!

Wie kann es also möglich sein, dass mich ein paar Bilder und Turns derartig stoken, mich alles vergessen lassen und in mir eine Einbildung erwachsen lassen, dass alles perfekt ist? Wie ist das möglich? Ich glau-be die Antwort darauf liegt in der Essenz meines Daseins! Meinen Erinnerungen, meinen Eindrücken, meinen Erlebnissen.

Die Entschädigung, mit einem Snowboard in diese Szenerien eindringen zu können, den Powder zu spüren, die Turns zu setzen

und ganz alleine zu sein, sind von derartiger Kraft, dass es einfach so ist - es wischt die ganzen Anstrengungen weg und was bleibt sind die Erinnerungen an diese einzigarti-gen Momente mit Freunden in der Natur!

That‘s life - that‘s it! Ich will freeriden. Und darum fotografiere ich auch - weil ich diese Momente mitnehmen will!

Die Anstrengungen gehen weiter...Wir setzen daraufhin unsere Abfahrt fort, wobei uns das Gelände auch hier teilweise außerordentlich forderte. Weiter unten auf den langen Ziehwegen schafften Daniel und ich es mit den Snowboards teilweise nicht durchzugleiten und wir mussten im-mer wieder laufen.

Die letzten eineinhalb Kilometer mussten wir fast durchgehend laufen und ich er-reichte einen Punkt, wo ich etwa alle 3 Mi-nuten für ein paar Sekunden stehen bleiben musste bzw. mich teilweise sogar auf die Knie fallen lies.

Ich war am Ende - leer - und das obwohl ich die ganze Abfahrt mit dem Rucksack von Chris zurückgelegt hatte und er mei-

nen ZoomPack schleppte! Wir waren ins-gesamt 10,5 Stunden auf den Beinen und ich kann mich an keine längere Pause als 10 Minuten erinnern. ,That‘s life - that‘s it! Ich will freeriden‘...

Tag 1 unseres Projektes endete also mit to-taler Erschöpfung und ich kann mich noch gut erinnern, wie ich am Sonntag aufwach-te und das fast volle Bier neben meinem Bett erblickte. Ich war wohl sogar zu müde, um das Bier, von dem ich den ganzen Tag geträumt hatte, auszutrinken!

Am Sonntag war dann schlechteres Wet-ter und die Entscheidung für den Ruhetag bestätigte sich. Wir schafften es, an diesem Tag kurzfristig ein Treffen mit Jean Roulier zu organisieren - er forscht seit vielen Jah-ren bezüglich Hannibals Überschreitung.

Auf der Karte zeigte er uns den ganz ge-nauen Weg und es war zu geil, als er beim Durchklicken unseres Bildmaterials immer wieder sagte, dass wir genau am richtigen Ort aufgestiegen waren! Auch die Lines , die wir kurzfristig einschoben, stellten sich als Glückstreffer heraus. Jean erklärte uns, dass wir damit die historische Grenze zur

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Zeit Hannibals überfahren hatten.

Nach dem Treffen entschieden wir uns, den Tag noch zu nutzen und mit dem Auto nach Italien zu fahren um unser Abfahrts-gelände genauer zu untersuchen. Jean hatte uns erklärt, dass Hannibal vom „Col Cla-pier“ abstieg und wies uns auf eine markan-te Verschneidung hin, welche uns auf den historisch richtigen Weg bringen sollte!

Bei der Betrachtung des Geländes von der italienischen Seite aus, waren wir uns je-doch ziemlich unsicher, ob dies auch aus unserer Sicht der richtige Weg ist. Wir kamen dann jedoch zum Schluss, dass wir uns eine Abfahrt zumuten konnten und hofften, dass die Wetterbedingungen dies auch zulassen würden!

Das Gelände weist sehr steile Flanken auf und liegt von der Exposition her ungünstig in Zusammenhang mit Jahreszeit und La-winengefahr. Trotzdem - wir wollten es auf jeden Fall versuchen und unseren Plan in die Tat umsetzen!

Wir brachen am nächsten Tag bereits um 5 Uhr früh auf und hofften, unsere bereits geschaffene Aufstiegsspur in möglichst ge-frorenem Zustand aufzufinden, um gut vo-ran zu kommen. Tatsächlich war die Spur nicht wirklich vereist, trotzdem war der Aufstieg um ein Vielfaches leichter als beim ersten Mal. Nach ca. 4,5 Stunden querten wir also in das „Vallon de Savine“, in dem dichte Wolken hingen (Bild unten) und schritten erneut in eine total unberührte Winterlandschaft.

Wir passierten den See „Lac de Savine“ -

bzw. das, was wir als diesen in den dichten Wolken vermuteten - und hofften, dass wir am „Col Clapier“ entsprechende Bedin-gungen für die Abfahrt vorfinden würden!

Die Bewölkung an diesem Tag hatte zu-mindest positiven Einfluss auf die Lawi-nensituation und kurz bevor wir das Joch erreichten, riss der Himmel etwas auf und wir waren zuversichtlich, direkt abfahren zu können!

Kaum am Joch angekommen, schnallten wir also unsere Skier und Snowboards an, um das Sonnenfenster zu nutzen. Doch zu früh gefreut, denn genau in diesem Mo-ment schob sich erneut eine dichte Wolken-decke vom italienischen Tal herein und wir sahen teilweise keine 3 Meter mehr.

Eine Abfahrt war undenkbar und wir hat-ten keine andere Wahl als abzuwarten! Etwa 30 Minuten standen wir abfahrbereit am Joch und hofften auf Bedingungen, welche uns keinen Rückzug abverlangten. Geschätzte 5,5 Stunden Rückweg vs. eine knappe Stunde Abfahrt und Abstieg. Zeit für Stoßgebete...

... welche dann zum Glück erhört wurden! Drop in!

Die Abfahrt führte uns über zahlreiche un-glaublich riesige Lawinenkegel und teilwei-se über kurze extrem steile Flanken. Kurz, ein Gelände, in dem man sich hilflos und winzig fühlt, kombiniert mit Schneebedin-gungen, welche einem Freerider genau gar nichts mehr geben!

Umso mehr hat uns jedoch die Ankunft im Tal gegeben - nämlich unseren Plan umge-

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setzt zu haben und dabei unvorhergesehene und ungünstige Be-dingungen zu bewältigen! Es war kurz vor vier Uhr nachmittags, als wir das Bachbett vom „Rio Clapier“, welches wir als Abstiegs-linie wählten, verließen und unseren Freund Mathias Maillot (Be-sitzer unserer Unterkunft „Le relais de la diligence“) wartend mit dem Fernglas in der Hand vorfanden!

Noch am selben Abend bzw. in der Nacht fand ich mich in der Schweiz wieder, wo ich meine Freundin bei einem McDonalds auf einer Autobahnraststätte traf.

Sie war mit ein paar Kumpels bereits seit 3 Tagen hier zum Boul-dern unterwegs und ich schloss mich direkt nach der Überschrei-tung der Klettertruppe an. Ich entschied mich dann aber sofort, mindestens drei Ruhetage einzulegen, um zu entspannen und die Natur zu genießen.

An Klettern wollte ich gar nicht erst denken! Somit war klar, dass ich nach der Alpenüberquerung, und dem damit verbundenen eher dokumentarischen Fotostil, die folgenden Tage wieder auf die De-tails meiner Bilder achten und mir viel Mühe für die einzelnen Szenen geben wollte. Daher gibt es zu diesem Teil meines Osterfe-rienberichtes auch entsprechend weniger zu sagen - hier sollen die Bilder sprechen!

Eines liegt mir allerdings noch am Herzen...Es ist schon verdammt traurig zu sehen, wie die ach so naturver-bundene Kletterszene viele Kletterorte zerstört. Klar - Klettern ist jetzt ein Trendsport, so trendy dass man alle paar Wochen mal wieder davon hört, dass sich jemand fast umgebracht hat, weil er grad mal eben trendy sein wollte!

Anscheinend verstehen viele dieser Neueinsteiger nicht, was Klet-tern bedeutet und auch nicht, was es bedeutet, Kletterer zu sein! Aber das ist ja nicht unbedingt das Problem an der Sache.

Das Problem ist nämlich, dass viele der schönsten Orte, die ich in meinem bisherigen Leben gesehen habe, wahrhaftig geschändet werden.

MÜLL, MÜLL und noch mehr MÜLL! Ich kann nicht anders und ziehe daraus meine persönliche Konsequenz als Fotograf und

veröffentliche solche Bilder nur noch ohne Ortsangaben!

Das mache ich unabhängig davon, wie groß der Verleger oder der Kunde ist. Aber ich gehöre nicht zu jenen, die dazu beitragen, die-se Plätze hinzurichten! Sollte jemand diesbezüglich Fragen haben, kann er sich gerne bei mir melden - ich schweige nicht grundsätz-lich, jedoch öffentlich! Keep it pure - keep it nature!

15km zurückgelegtUnd so sehen Sieger aus. Nach dem erfolgreichen Ab-stiegund glücklicherweise erheblich weniger Verlusten als Hannibal in Italien ange-kommen.

v.l.n.r Dominik Hartmann, Chris Grabher und Daniel Nigsch

Kornelius Obleitner, 8B/8B+ Problem von Dave Graham, Schweiz

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Lukas Köb in ‘Total Brutal’, Zillertal50

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Philipp Köb in einer namenlosen 8a, Schweiz51

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Route 66Michael Kesler, michaelkesler.net

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Seit einigen Jahren bereise ich die Vereinigten Staaten bei Nacht. Es hat sich einfach irgendwann mal so ergeben, eher zufällig als geplant.

Als US-Bürger habe ich die Möglichkeit, regelmäßig zwischen den USA und Deutschland zu pendeln – so verbrachte ich die Jahre 2006 bis 2009 in Oklahoma City, Oklahoma. Hier, in den „Great Plains“ der USA, beginnt der wohl berühmteste Abschnitt der le-gendären Route 66. Östlich von hier durchquert man auf der Route von Chicago kommend, das fruchtbare Land des mittleren Westens. Westlich von Oklahoma City beginnt die Steppe Oklahomas und Texas, bis man die Wüsten New Mexicos, Arizonas und Kaliforniens durchquert und schließlich den Pazifischen Ozean erreicht.

Auch ich wollte wissen, was den Reiz der Route 66 ausmacht, wollte die „Freiheit“ und den „American Way“ erfahren. Wie die meisten Touristen beschränkte ich mich anfangs nur darauf, den „Historic Route 66“ Wegweisern zu folgen und fand mich auf meist auf mehr

oder weniger frisch geteerten Straßen, neu gebauten „Loops“ und „Business Roads“ und in renovierten oder neu erbauten Motels und Diners mit frisch renovierten alten Zapfsäulen, leuchtenden Neonre-klamen und frisch lackierten Oldtimern wieder. Ich realisierte, dass die heutige Route 66 nicht mehr viel mit der alten, der originalen Route gemeinsam hat.

Nach dem Bau der Interstate 40 wurde die Route 66 aufgegeben. Es wurden neue Verbindungsstraßen und Umleitungen zu den Städten gebaut und ganze Stadtteile siedelten um, näher an den neuen Inter-state Highway. Die alten Bezirke, die alten Motels und Tankstellen, wurden – wie die alten, nun überflüssigen Streckenabschnitte der Route 66 – einfach aufgegeben, abgerissen oder schlicht sich selbst überlassen und von der Natur zurückerobert. Neugierig darüber, ob es heute noch möglich ist, originale Streckenabschnitte der Route zu finden, begab ich mich, mithilfe zweier auf Flohmärkten erstan-denen Straßenkarten von 1958 und 1962, auf die Suche nach den Überresten der Mother Road und stellte fest, dass es sie immer noch

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gibt. Ich fand nicht nur teils verlassene, teils zu Nebenstraßen de-gradierte und teils von Wäldern überwucherte Abschnitte der alten Route 66 – je mehr ich suchte, desto mehr verlassene Infrastruktur tat sich mir auf: Fundamente ehemaliger Tankstellen, eingestürzte Restaurants, leerstehende Motels, alte Autokinos, ausgebrannte Ca-fés, verlassene Werkstätten, aufgegebene Schrottplätze, sogar ganze Geisterstädte – teilweise seit Jahrzehnten leerstehend und von vor-beifahrenden Touristen meist nicht wahrgenommen. Nimmt man sich die Zeit, um sich diese Dinge anzusehen, findet man meist nicht einfach nur leerstehende Gebäude, sondern Zeitzeugen einer vergangenen Ära.

Ich stand oft inmitten der Überreste dieser Gebäude, welche teil-weise ordentlich „leergeräumt“ wurden aber auch teilweise so wirk-ten, als wären sie über Nacht aufgegeben worden. In diesen Situa-tionen versuche ich mir vorzustellen, wie es hier wohl war. Wie sah es hier vor 80 Jahren aus, wie sah es vor 50 Jahren aus, zurzeit des „Dust Bowl“ und der „Cadillacs und Petticoats“. Ich denke nach

über die Schicksale derer, die auf ihrem Weg in den Westen hier vorbeikamen und die Schicksale jener, die sich auf dem Weg in den Westen hier niedergelassen haben, als sie entdeckten, dass sie ihr Glück bereits hier, auf der Route 66, gefunden haben. Über diejeni-gen, die aus Not als letzten Ausweg ihre Heimat verlassen und den Weg nach Westen gehen mussten, und diejenigen, die lediglich auf der Suche nach Freiheit, dem „American Way of Life“ oder schlicht sich selbst waren.

Auf einer meiner Reisen hatte ich die Zeit vergessen. Auf dem Heimweg kam ich an einer verlassenen kleinen Tankstelle vorbei, die ich bereits tagsüber fotografiert hatte. Im Mondschein erschien sie nun aber in einem völlig anderem Licht. Als ich nun vor dieser Tankstelle stand, erschien es nicht mehr nur wie eine Ruine. Es war viel mehr als nur das. Die ganze Szenerie hatte etwas mystisches und gleichzeitig mitleidiges: In diesem Moment erschien es mir, als hätte die Tankstelle eine Seele, als würden sich die rostigen Zapf-säulen und die verwitterten Preisschilder, vor Jahrzehnten achtlos aufgegeben und weggeworfen, in der Ruhe der Nacht an längst ver-gangene Zeiten erinnern.

Es war dieser Moment, in dem in mir die Idee aufkam, die verges-sene Route 66 zu dokumentieren. Ihr quasi ein letztes Denkmal zu setzen, bevor es endgültig zu spät ist und nichts mehr an das erinnert, was mal war. Die folgenden Monate habe ich damit ver-bracht, einen Weg zu finden, das von mir Gesehene in Bildern zu transportieren. Ich habe verschiedene Techniken ausprobiert und fand dabei die Arbeiten anderer Nachtfotografen wie zum Beispiel Troy Paiva und Mike Hows. Dank ihrer Hilfe und Inspiration (und einigen gemeinsamen Nachtfotografiesessions) konnte ich von ih-nen lernen und so „meinen“ Stil der Nachtfotografie entwickeln und eine Möglichkeit finden, die von mir gesehenen und gefühlten Szenerien festzuhalten: „Nachtfotographie ist die Kunst, Orte, die bei Tageslicht nicht mehr sind als verfallene Ruinen und Schandfle-cke, zu erwecken und von vergangenen Zeiten erzählen zu lassen.“

Die letzten Jahre durchquerte ich alle Staaten entlang der Route 66. Während dieser Zeit habe ich ein enges Verhältnis zu diesen knapp 3940 Kilometern Asphalt entwickelt. Ich genieße es, im Mond-licht, die Route zu erfahren. Die Ruhe der Nacht legt sich über die Hektik und den Stress des Tages und die Hinterlassenschaften der Geschichte erscheinen in einem anderen Licht: “When mankind goes to sleep - things become alive”. Auf jeder meiner Reisen gab es immer neue Dinge zu entdecken.

Bereits Gesehenes veränderte sich, manche Dinge verschwanden, neue kamen hinzu. Ich folgte längst vergangenen Pfaden, lies mich von ihnen aufnehmen und sah Dinge, für die „normale“ Touristen keine Zeit haben. Bereist man die Mother Road, ist der Weg das Ziel. Lässt man sich ganz auf die Reise ein, kann man hören, wie einem jede Meile der Route etwas zu sagen hat. Ein mancher Ort erzählt ein paar Worte, ein anderer Ort füllt ganze Seiten. Gemein-sam ergeben sie die Geschichte der Route 66.

“When mankind goes to sleep, things become alive”

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Was fasziniert dich so an der Route 66? Die Route 66 ist eines der wichtigsten (und eines der bekanntesten) Stücke amerikanischer Geschichte. Die „heutige“ Route 66 ist oftmals leider nicht identisch mit der originalen Route 66. Oft folgt sie neu erbauten Stra-ßen, da die alte Route 66 nach der Fertigstellung des Interstate Highway 40 abgerissen wurde oder man sie verfallen lies.

Allerdings muss man sagen, dass es nicht „die“ Route 66 gibt: Die Route 66 war zu Beginn kein speziell für diese Aufgabe gebauter Highway, sondern lediglich eine Rei-he von lokalen Highways und Verbindungsstraßen, die dann zusammengefasst wurden und das Label „Rou-te 66“ aufgedrückt bekamen. Im Laufe der folgenden Jahrzehnte wurde die Streckenführung der Route oft-mals geändert, Umleitungen gebaut, Streckenabschnit-te aufgegeben und Abkürzungen errichtet.

So kommt es, dass man heute zwischen vielen Ortschaf-ten mehrere verschiedene Abschnitte der Route 66 fin-det. Ich finde es unglaublich faszinierend, sich auf die Suche nach genau diesen Überresten der alten Route zu machen, auf einer Nebenstraße zu landen, ein paar ver-fallene alte Häuschen zu sehen und danach zu recher-chieren „Aha, das hier war also das alte Soundso-Motel auf dem Streckenabschnitt der Route zwischen A und B während der Jahre 1958 bis 1972“.

Was sind die geschichtlichen Hintergründe der Rou-

te 66? Warum ist's da jetzt so leer? Das Autobahnsystem wie wir es in Deutschland ken-nen, gab es so in den USA nicht. Vereinzelt gab es in Ballungszentren mehrspurige Schnellstraßen, allerdings existierte kein bundesweites Autobahnnetz. Ganz ver-einfacht gesagt, existierten als überregionale Fernstra-ßen lediglich so genannte „Highways“, vergleichbar mit unseren Bundesstraßen, die berühmteste davon eben die Route 66. In den 50er Jahren wurde durch Präsi-dent Eisenhower der sogenannte „Federal-Aid Highway Act“ verabschiedet, um nach deutschem Vorbild ein landesweites und leistungsfähiges Schnellstraßennetz zu errichten.

Im Laufe der nächsten Jahrzehnte wurden diese Inter-state Highways fertig gestellt und übernahmen die Auf-gaben der ehemaligen Highways. 1985 wurde nach der Fertigstellung der Interstate 40, welche größtenteils par-allel zur Route 66 verläuft, der Route offiziell der High-way Status entzogen. Da man nun ein leistungsfähiges Straßennetz hatte, auf dem man durchgehend von Start zu seinem Ziel gelangen konnte und keine Ortschaften durchqueren musste, gingen vielen Städten entlang der Route der Durchgangsverkehr und somit die Touristen verloren.

Die kleinen lokalen Tankstellen, Werkstätten und Mo-tels, meist Familienbetriebe, verloren ihre Kunden an Tankstellen- und Motelketten, die ihre gigantischen Reisezentren direkt an der Interstate erbauten. Dies be-

Name Michael Kesler

ResidenzOklahoma City, USA

BerufSystem-Administrator

Webmichaelkesler.net

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deutete für viele Ortschaften, die vom Reiseverkehr lebten, das wirtschaftliche Aus. Die Einwohner zogen weg, die Orte verkamen zu Geisterstädten.

Ein unterhaltsamer und sehr empfehlenswerter Film, der die Hintergründe der Route 66 beleuchtet, ist übrigens Pixars Animationsfilm „Cars“. Dieser Film zeigt auch ein bisschen die Art und Weise, wie ich diese Ruinen und Fahrzeuge sehe. Ich kann den Film sehr empfehlen ;).

Warum fotografierst du nachts?Ich habe irgendwann entdeckt, dass ich nachts bessere Mög-lichkeiten habe, das „Elend“ dieser Hinterlassenschaften zu dokumentieren. Bei Tageslicht sieht man meist nur eine verfallene Ruine. Bei Nacht habe ich die Möglichkeit, dem ganzen etwas Leben einzuhauchen. Ich stelle mir vor, dass sich die Gebäude oder Autos im Ruhm ihrer Geschichte son-nen. Manchmal denke ich, dass in diesen Orten eine „Seele“ vorhanden ist, die sich an damals, an die guten alten Zeiten, zurückerinnert. Manchmal meine ich sogar, ein Seufzen zu hören :)

Wie sieht so ein typisches Setup für eines deiner Fotos aus?Die meisten Leute denken, dass ich für diese Fotos ein auf-wändiges Setup habe und sind dann überrascht, wenn ich erzähle, wie einfach und unspektakulär es eigentlich ist.

Das wichtigste Utensil ist ein stabiles Stativ und eine Licht-quelle mit gutem Akku. Ich benutze verschiedene Blitzgeräte und Taschenlampen, von LED-Schlüsselanhänger über ver-schiedene Maglites bis hin zu 24 Volt Arbeitsscheinwerfern (letzteren aber eher selten), verschiedene Farbfilterfolien für die Blitze und Taschenlampen und zwei Quantum Blitzak-kus.

Allerdings verwende ich für ein Bild meist nur ein einziges Blitzgerät und eventuell noch eine Taschenlampe. Da meine Bilder Langzeitbelichtungen von 2-5 Minuten sind, habe ich genug Zeit, während der Belichtung durchs Bild zu laufen und die Objekte mit einem einzigen Blitz oder einer Ta-schenlampe aus verschiedenen Winkeln zu beleuchten.

Das schöne an „Night Photography“ ist eben, dass kein kompliziertes Equipment notwendig ist: Wer es ausprobie-ren möchte, kann sich seine Kamera, Stativ, Blitzlicht oder Taschenlampe und Farbfolien, zur Not aus dem Bastelge-schäft, schnappen und damit bereits beeindruckende Resul-tate erzielen!

Was verwendest du als Blitzfolien? Die Blitzfolien die ich momentan verwende, habe ich schon seit fast 2 Jahren. Die sind aus dem Musikerbedarf, das wa-ren 10 verschiedenfarbige Folien, jede so geschätzt 50x50cm groß, für 20 Dollar. Von diesen großen Folien schneide ich mir ca. 10x10 cm große Stücke ab, die ich dann zusammen-geknittert in der Hosentasche herumtrage und mit der Hand

vor die Taschenlampe oder den Blitz halte. Ist der Patch mal kaputt, schneide ich mir ein neues 10x10cm Stück ab. Keep it Simple!

Machst du dich spontan auf die Reise und fährst irgendwohin oder planst du das irgendwie vorher? Sowohl als auch. Gerade die Route mit ihren fast 4000km Strecke ist nicht unbedingt etwas, was man vorher abfahren kann, um zu planen. Habe ich eine längere Tour vor, nehme ich meist ein paar Tage Urlaub und fahr vor mich hin. Ich stehe dann meist so gegen Mittag auf, fahre durch die Gegend und mache mich auf die Suche nach Fotoobjekten. Hier ist mir Tageslicht wichtig, da ich die Locations gerne bei Tages-

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licht sehen will, bevor ich mich nachts rein traue (In Dunkelheit in einer komplett unbekannten Location in einen Brunnen fallen oder durch einen Boden stürzen ist nicht so schön… ). Normalerweise fin-de ich dann so zwei oder drei interessante Dinge, zu denen ich dann nachts zurückkomme und fotografiere.

Manchmal finde ich aber auch Bilder anderer Fotografen und denke „großartig, da muss ich hin!“ oder sehe etwas, das zwar fotowürdig ist, wo man aber normalerweise nicht hinkommt. In solchen Fällen plane ich natürlich vorher oder kontaktiere die Besitzer oder Behörden, um Zugang zu bekommen. Manchmal werde ich weggeschickt, aber

manchmal sind die Leute begeistert und betreiben für mich relativ viel Aufwand. So konnte ich zum Beispiel ein Eisen-bahnmuseum in Oklahoma und sogar ein ausrangiertes U-Boot fotografieren. Dafür bin ich dann auch sehr dankbar und solche Leute bekommen dann von mir auch meist ein paar großformatige Abzüge als Dankeschön :)

Was für bizarre oder kuriose Sachen sind dir da schon so alles passiert? Einige ;) Die üblichen Dinge sind „Zusammenstöße“ mit der Tierwelt. Ich stand einmal in einem Feld und habe zwei Schrottautos fotografiert, die da so rumlagen. Das war eini-ge Kilometer entfernt von der nächsten Stadt und ich war eigentlich alleine da draußen. Als die Kamera am Belichten war und ich da so herumstand, hörte ich plötzlich ein schwe-res Schnaufen hinter mir. Ich drehe mich um und plötzlich steht da dieses rießengroßes Pferd zwei Meter hinter mir. Das sah mich da stehen und war wohl neugierig was ich da so mache, also kam es mal vorbei, nachschauen :). Trotzdem war das ein kleiner Schock, wenn man mit sowas nicht rech-net. Ein anderes Mal, als ich Fotos auf einem Schrottplatz gemacht habe, kam so ein Rießeninsekt, ich glaube es war eine Gottesanbeterin, vorbei. Die kam mir nie näher als drei Meter, aber sie ist mir mehrere Stunden lang hinterhergelau-fen und hat mir beim Fotografieren zugesehen.

Davon abgesehen erlebt man auch unheimliche Dinge, aber das ist für die nächste Frage :)

Ist’s recht unheimlich alleine nachts an diesen Plätzen zu sein, oder bist du in Begleitung?Meistens bin ich alleine. In den USA kam ab und an mein Bruder mit, den ich für Nachtfotografie begeistern konnte. Hier in Deutschland habe ich auch ein paar Leute, die mich gern begleiten wollen, aber ich weiß noch nicht, wie das auf Dauer sein wird.

Es kostet anfangs schon Überwindung, alte und leer stehen-de Gebäude zu betreten. Inzwischen, nach einigen Jahren, habe ich mich zwar etwas daran gewöhnt, aber ein unheim-liches Gefühl bleibt dennoch. Manche Orte erscheinen sehr gespenstisch und respekteinflößend. Einmal fand ich einen Motelkomplex in der Wüste Arizonas, mitten im Nirgend-wo, etwa 10km von der nächsten Stadt entfernt. Der gesamte Komplex stand leer und wirkte so, als wäre er fluchtartig ver-lassen worden. Das Empfangsbüro war nicht abgeschlossen und es standen ein Schreibtisch und andere Möbelstücke darin.

Teilweise war das Büro randaliert, es lagen Dokumente auf dem Boden herum, Scheiben waren eingeschmissen und al-les war von einer dicken Staubschicht bedeckt. Einige Türen der Zimmer waren eingetreten, andere Türen schienen, als wären sie nie abgeschlossen gewesen. Ich habe mir die Zim-mer angesehen und die meisten waren noch komplett möb-liert. Einzelne Zimmer hatten ein perfekt gemachtes Bett, eine Sitzecke daneben und einen Fernseher im Eck, aber

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alles von einer dicken Staubschicht überzo-gen, ganz so als wäre das Zimmermädchen vor 30 Jahren verschwunden und niemand hätte seitdem das Zimmer betreten. Andere Zimmer waren hingegen komplett verwüs-tet, bis hin zu teilweise eingeschlagenen Wänden. In etwa so stelle ich mir die Zom-bieapocalypse vor.

Natürlich ist es manchmal gruselig, aller-dings erzeugt meist einfach das Setting oder die Location selbst dieses flaue Gefühl im Magen und da kann man schon mal Geister sehen, wo keine sind. Trotzdem muss ich sagen, obwohl ich Dingen wie Geistern oder Ufos eigentlich eher skep-tisch gegenüber stehe (soll heißen: Ich glau-be durchaus an die Möglichkeit, dass diese Dinge existieren, allerdings gehe ich bei so etwas eher von einer rationellen Erklärung aus), habe ich bereits einige Erscheinungen erlebt, von denen ich nicht weiß, was es nun wirklich war.

Sicherheit, rechtlicher Standpunkt und so? Das ist für Nachtfotografen wohl einer der wichtigsten Punkte! Es handelt sich zwar um verlassene Gebäude oder Dinge, aber oft gehört das Grundstück trotzdem noch jemand. Rechtlich gesehen ist das Betreten dieser Orte im Recht des jeweiligen Staates mindestens als „Trespassing“ zu werten. Im Deutschen wäre das wohl „Hausfriedens-bruch“.

Manche Gebäude oder Orte sind umzäunt, was das Betreten selbiger unter Umständen

bereits zu einem Einbruch machen kann. Grundsätzlich macht man sich in den Au-gen der Ordnungshüter zumindest mal verdächtig, wenn man mitten in der Nacht mit Kamera und Equipment in verlassene Häuser einsteigt.

Ich persönlich kann nur raten, den Besit-zer ausfindig zu machen und eine Erlaubnis einzuholen, die man möglichst schriftlich hat. Für den Fall der Fälle hat sich auch eine Mappe mit Beispielbildern bewährt, da man so die Möglichkeit hat, zu zeigen, welche Art von Bildern man gerade macht (und da sich die meisten Personen unter Nachtfotografie nichts vorstellen können).

Sollte es doch mal passieren, dass man Är-ger bekommt: freundlich bleiben! Zum ei-nen machen die Polizisten auch nur ihren Job, zum anderen hattest du – wenn dich die Polizei rausholt – dort eh nichts zu su-chen. Für den Fall der Fälle die Nummer eines geeigneten Anwaltes dabeihaben, kann sicher auch nicht schaden.

Vom rechtlichen Aspekt abgesehen, ist es wichtig, die Location bei Tageslicht zu be-sichtigen. Es ist äußerst unangenehm und dumm, nachts in einen Brunnen zu fallen oder sich etwas zu brechen. Wer kann, sollte eine zweite Person dabei haben und sich immer einige Meter getrennt vonein-ander aufhalten (ein Helfer bringt nichts, wenn beide gleichzeitig durch die Decke krachen). Als letzten und wichtigsten Tipp: Ein geladenes Handy dabeihaben!

Für diejenigen, die während ihres USA-Ur-laubes das Nachtfotografieren ausprobieren

wollen, sind gerade in den südlichen Staa-ten stabile Hosen (dicke Jeans) und stabile Stiefel mit langem Schaft (Wanderstiefel oder zur Not Cowboystiefel) zu empfehlen, denn nachts ist gerade auf Feldern oder in verlassenen Gebäuden das Risiko groß, auf so nette Tierchen wie Klapperschlangen zu stoßen.

In Filmen sieht man da ja oft Einsiedler auf Tankstellen und recht verwilder-te Gestalten in solchen Gegenden – wie sieht’s denn nun wirklich aus? Die gibt’s tatsächlich. Mit diesen Leuten hatte ich bislang aber nur gute Kontak-te. Für jemanden, der an „Route 66“ Ge-schichten Interesse hat, ist so was natürlich ein Quell stundenlanger Unterhaltung :)

Verkaufen sich die Bilder gut und wer kauft die? Naja, ab und an verkaufen sich die Bilder auf Ausstellungen oder online. Es ist aber eher ein kleiner Unkostenbeitrag im Ver-gleich zu den Kosten, die ich durch die Rei-sen und das Equipment habe. Also nicht so, dass ich daran etwas verdiene, sondern eher so, dass ich nur ein bisschen weniger ausge-ben muss.

Ich kann nicht wirklich sagen, was für Leu-te meine Bilder kaufen. Ab und zu erzählen mir Leute von ihrem Trip auf der Route 66, daher scheint das wohl eine der Zielgrup-pen zu sein.

Bald auch als Bildband unter dem Titel Aban-doned Route 66 erhältlich. Anm. d. Redaktion.

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Was machst du beruflich? Da man vom Fotografieren leider nur in Ausnahmefällen leben kann, verdiene ich mir meine Brötchen als Informatiker.

Das was du da machst ist ja Architektur-fotografie, machst du das auftrags- oder spaßhalber untertags auch? Ich habe festgestellt, dass ich nur dann zufriedenstellende Arbeit abliefere, wenn ich mich dabei völlig frei entfalten kann. Ich sehe mich hier wirklich als Künstler im Wortsinne. Dieser Begriff ist natürlich relativ, aber ich sehe mich so, da ich mit meinen Bildern bestimmte Aussagen oder Emotionen transportieren will.

Das ist aber nur meine Meinung und ich will mich nicht über die Definition „Künst-ler“ streiten. Ich freue ich mich, wenn mir jemand erzählt, dass er dieses und jenes Bild gut findet und was sich jemand denkt, wenn er es betrachtet. Andererseits macht es mir auch nichts aus, wenn jemand meint „Ich finde deine Bilder ganz großen Käse, ich seh‘ da keine Kunst, das sagt mir alles nix!“.

Zurück zum Thema: Auftragsarbeiten kann ich einfach nicht. Wenn ich etwas nach an-

derer Leuten Vorstellung fotografieren soll, wenn mir jemand sagt „Fotografier bitte mal dies und das für ein Prospekt“, dann kommt bei mir nichts Vernünftiges dabei raus. Vielleicht macht mich das zu einem schlechten Fotografen, aber wie gesagt – und das bringt mich wieder zum Beginn dieser Antwort – ich sehe mich eigentlich eher als Künstler, der zufällig fotografiert, denn als richtigen Fotograf.

Bekommt deine Kamera außer der Rou-te auch was anderes zu sehen? Was bietet Oklahoma sonst so? Oklahoma und die Great Plains bieten viel Western-Atmosphäre (zum Beispiel Ma Dalton lag ganz in der Nähe meines Wohn-ortes begraben). Natürlich sieht meine Ka-mera auch derartige Touren oder auch ganz triviale Touristendinge. Das sind dann aber Bilder nur für mich selbst und da unter-scheide ich auch zwischen „richtigen“ Fo-tos und Schnappschüssen, die ich gemacht habe um mich an einen Urlaub oder so zu erinnern.

Unterschiede Oklahoma (USA) <> Deutschland? Was mich in den USA fasziniert, ist die Weite. In Deutschland fahre ich mit dem

Motorrad durch den Schwarzwald und habe Spaß am Kurvenräubern, dafür wer-de ich aber alle 5-10 Kilometer durch eine Ortschaft runtergebremst.

In den USA fahre ich auf dem Chopper stundenlang geradeaus, aber fahre durch 100km menschenleere Wüste im Death Valley.

Natürlich gibt es weitaus mehr Unterschie-de als nur das, aber dafür ist hier nicht ge-nügend Platz ;)

~ Michael Kesler, michaelkesler.net

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“Undertaker” von Jens Anders, jens-anders.com Die Undertakerserie ist eine von vier Serien die wir als freie Arbeit Anfang November 2008 in Pull-mann City (Harz) produzierten. Bei 4°C Außen-temperatur, dichtem Nebel und dem ersten Schnee der Saison konnte man wahrlich nicht von optima-len Witterungsbedingungen für eine Kleiderserie im Freien sprechen. Aufgrund der guten Organi-sation und der Disziplin aller Beteiligten, hatten wir nach rund 10 Stunden die 12 vorgesehenden Motive im Kasten.

Als Beleuchtung kam eine Mischung aus Tageslicht und dem Porty von Hensel nebst diverser Lichtfor-mer zum Einsatz. Dank des vielen Nebels konnten am Rande wundervolle Stimmungsbilder eingefan-gen werden.

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Jens Anders ist freier Fotograf aus Hannover, jens-anders.com

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Sozusagen Fortsetzung der Reihe ”Dani in Neuseeland”. Basketball ist gutes Ausgleichsprogramm zum Skifahren. Oben Winter, unten Sommer. Das ist Neuseeland. bild thomasbergmueller.com

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bild Patrice Kaiser

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Preisgekröntes (Fotowettbewerb kanumagazin.de) Bild von Patrice Kaiser

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Lucky Ginger, eine Garage-Pop-Punk-Band aus Ettlingen, sind der breiten Öffentlichkeit unbekannt (myspace.com/luckyginger) bild Boris Nachbauer, fotografizzle.de

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Diesem Herrn, bei “Das Fest” in Karlsruhe, ist der Durchbruch bereits schon lange gelungen. Sportfreunde Stiller... bild Boris Nachbauer, fotografizzle.de

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