casa pequeno davi
Embed Size (px)
DESCRIPTION
Geolino Artikel über "Casa Pequeno Davi"TRANSCRIPT

42Glino
43Glino
Text: Dorothée Buche Fotos: Peter Roggenthin
In ihrer LERNGRUPPE ist Bia die Älteste.
Nicht nur deshalb wird sie bewundert
Bia wohnt mit ihren Eltern und drei Geschwistern in einer FAVELA, einem heruntergekommenen Stadtteil (links). Jeden Tag nach der Schule trifft sie ihre Freunde im Jugendzentrum – zum Lernen und zum Spielen (unten)
Oase im ärmlichen Stadtviertel: Die »Casa Pequeno Davi« ist ein von
UNICEF unterstützter JUGENDTREFF für die Kinder der Nachbarschaft
Die 13-jährige Bia lebt in einem ärmlichen Viertel der brasilianischen Stadt João Pessoa. Ihre beste Zeit hat sie,
wenn sie in einem von UNICEF geförderten Jugendtreff mit ihren Freunden zusammen ist. Weil Bia keinen Streit mag,
ist sie es, die dort regelmäßig für Frieden sorgt
Die Hüterinder Harmonie
Zwei braune Augenpaare schauen schuldbewusst zu Bia auf. „Aber ich wollte das
Springseil zuerst“, murmelt das eine Mädchen. „Deshalb schreit man sich aber doch nicht an“, erklärt Bia ruhig. „Jetzt gebt euch die Hand“, fordert die 13-Jäh-rige die Mädchen auf. Die bei-den gehorchen, zucken im nächs-ten Moment kichernd mit den Schultern und beginnen wieder mit dem Seilhüpfen. Bia lächelt. Wieder einmal ist es ihr gelungen, einen Streit zu schlichten. Das kann sie einfach!
Dass Bia, die genau genom-men Beatrice heißt, am liebsten friedliche und glückliche Men-schen mag, liegt vielleicht an ih-rer Umgebung. Schließlich gibt es in ihrem Leben schon genug Schwierigkeiten. Denn dort, wo sie lebt, wird es ei nem nicht leicht gemacht. Bia wohnt mit ihren Eltern und drei Geschwistern in einem kleinen Haus im Zentrum
Brasilien ist das größte Land in Südamerika – knapp 24-mal
so groß wie Deutschland
BRASILIEN
GEOlino stellt in jeder Ausgabe ein UNICEF-Projekt vor. UNICEF ist das Kin-derhilfswerk der Vereinten Na tionen, des Bundes aus fast allen Staaten der Erde. In Entwicklungsländern und Kri-sengebieten sorgt UNICEF dafür, dass Kinder in die Schule gehen können, medizinisch versorgt werden, sauberes Trinkwasser erhalten und vor Ausbeu-tung und Missbrauch geschützt wer-den. Mehr über die Arbeit von UNICEF erfahrt ihr unter www.unicef.de

44Glino
45Glino
Gibt es etwas Schöneres als zu malen? Konzentriert arbeitet Bia an den letzten Strichen einer ZEICHNUNG
In der WERKSTATT malen die Jugendlichen nicht auf Papier, sondern auf Leinwän-den – wie richtige Künstler
Auch Capoeira, eine Mischung aus Tanz und Kampf-
sport, kann man im Jugendtreff lernen (links). Bia (rechts) hofft, bald auch in
der TANZGRUPPE mitmachen zu kön-nen. Dafür muss sie
noch viel üben
Trommelnde Talente: Im UNTERRICHT offenbart so mancher sein Rhythmus-gefühl – typisch brasilianisch
von João Pessoa, einer Hafenstadt an der Ostküste Brasiliens. Die sechsköp fi ge Familie muss von umgerechnet nur 200 Euro im Monat leben. Für Bia bleibt da nicht viel.
Trotzdem blickt die junge Bra-silianerin hoffnungsfroh in die Zukunft. Der Grund dafür liegt nur wenige Straßen von ihrem Haus entfernt: die „Casa Pequeno Davi“, zu Deutsch das „Haus des kleinen David“, eine von UNICEF unterstützte Einrichtung. Die Casa Pequeno Davi ist eines von zwei
Jugendzentren, in denen sich rund 320 Kinder aus der Nachbarschaft nach der Schule treffen können. Sie essen hier gemeinsam, mu-sizieren und treiben Sport oder malen, basteln und zeichnen in der Künstlerwerkstatt. Sie tan-zen, machen Hausaufgaben – und natürlich spielen sie mit ihren Freunden.
Bia besucht die Lerngruppe. Weil sie eine leichte Behinderung hat, braucht Bia etwas länger als andere, um den Schulstoff zu ver-stehen. In ihrer Gruppe ist sie
deshalb die Älteste. Ein Vorteil. Denn die jüngeren Kinder schau-en zu ihr auf und bewundern sie sogar ein bisschen. Kürzlich ha-ben die anderen sie sogar zur „Pazifistin der Gruppe“ gewählt. Ein Pazifist – das ist ein friedlie-bender Mensch. Bia empfindet das als große Ehre. Schließlich weiß sie jetzt, dass die anderen es an-erkennen, wenn sie wieder einmal zwischen zwei Streit häh nen zu vermitteln versucht.
Auf diese Weise gefördert zu werden, ist in Brasilien die Aus-
nahme, in einer Wohngegend wie der von Bias Familie erst recht. Gäbe es das Jugendprojekt nicht, bekäme sie gar keine Unterstüt-zung – weder durch Lehrer noch durch Ärzte.
Bia weiß, dass es ihr bes-ser geht als vielen anderen Kindern in ihrem Land.
Und sie weiß das zu schätzen. Doch sie genießt nicht nur die Förderung in der Casa – dazu kommt noch etwas anderes: Die Menschen hier glauben an sie. Das gibt Bia Selbstvertrauen. So
viel, dass sie keine Sekunde dar-an zweifelt, ihren Traum wahr werden zu lassen: „Ich möchte so gern in die Tanzgruppe!“, er-klärt sie. Und weil sie weiß, dass Fleiß sie ihrem Ziel näher brin-gen wird, hat sie bereits ange-fangen zu üben. Nicht zuletzt ist dafür jetzt die beste Zeit des Jahres, denn ganz Brasilien fei-ert Karneval. Draußen auf dem Hof in der prallen Sonne führt sie ihre eingeübten Tanzschritte vor, mit Anmut – und mit einem Lächeln.