ceramic artist in residence 2015
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Documentation (60 pages) with photos and artist statements about the "Ceramic Artist in Residence" Programme 2015 at the Künstlerhaus Stadttöpferei Neumünster / GermanyTRANSCRIPT
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k ü n s t l e r h a u s s ta d t t ö p f e r e i n e u m ü n s t e r
Ceramic Artist in Residence 2015
Künstlerhaus Stadttöpferei Neumünster
Ceramic Artist in Residence 2015
Künstlerhaus Stadttöpferei Neumünster
Herausgegeben von der Dr. Hans Hoch Stiftung
Ceramic Artist in Residence 2015
Künstlerhaus Stadttöpferei Neumünster
Published by Dr. Hans Hoch Stiftung
Inhalt
Begrüßung 7
Einleitung 8
gastkünstler 2015
3. März – 27. März 2015
Zia Fauziana (Indonesien) 10 / 13
Cori Crumrine (USA) 14 / 17
5. Mai – 30. Mai 2015
Irina Razumovskaya (Russland) 18 / 21
Lucie Libotte (Großbritannien) 22 / 25
9. Juni – 3. Juli 2015
Santiago Lena (Argentinien) 26 / 29
Emily Stapleton-Jefferis (Großbritannien) 30 / 33
1. September – 25. September 2015
Rhiannon Ewing-James (Dänemark/Nordirland) 34 / 37
Yuri Fukuoka (Japan) 38 / 41
3. November – 27. November 2015
Ewa Wesolowska (Polen) 42 / 45
Lena Buhrmann (Deutschland) 46 / 49
Portraits 50
Contents
Welcome 7
Introduction 8
artist in residence 2015
3. March – 27. March 2015
Zia Fauziana (Indonesia) 10 / 13
Cori Crumrine (USA) 14 / 17
5. May – 30. May 2015
Irina Razumovskaya (Russia) 18 / 21
Lucie Libotte (UK) 22 / 25
9. June – 3. July 2015
Santiago Lena (Argentina) 26 / 29
Emily Stapleton-Jefferis (UK) 30 / 33
1. September – 25. September 2015
Rhiannon Ewing-James (Denmark/Northern Ireland) 34 / 37
Yuri Fukuoka (Japan) 38 / 41
3. November – 27. November 2015
Ewa Wesolowska (Poland) 42 / 45
Lena Buhrmann (Germany) 46 / 49
Portraits 50
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Sehr geehrte Damen und Herren,
wer denkt, Kunst, das ist etwas, das in Museumsvitrinen vor
Staub und Besuchern geschützt werden muss, dem lege ich
stets einen Besuch im Künstlerhaus Neumünster ans Herz.
Hier können Sie hereinspazieren und junge Künstlerinnen
und Künstler aus der ganzen Welt bei der Arbeit erleben.
Doch die Stipendiaten unseres Künstlerhauses verlassen auch
ihr Atelier, um mit den Menschen in der Stadt in Interaktion
zu treten. Sie möchten die Kunst in unser Leben tragen,
uns damit überraschen und wortwörtlich beschenken, wie
z. B. Yuri Fukuoka und Cori Crumrine.
Sie lenken unseren Blick auf all den Luxus und die Schönheit,
die uns scheinbar selbstverständlich umgibt. Sie rufen uns
auf, zum Entstehen von Kunst beizutragen und rücken dabei
unseren alltäglichen Umgang mit Ressourcen in den Fokus
der Wahrnehmung. Der Zugang zu den Menschen, wie ihn
z. B. Emily Stapleton-Jefferis oder Lucie Libotte suchen, wirkt
zunächst fast spielerisch. Doch das Nachdenken, das ihre
künstlerische Auseinandersetzung mit dem Alltag bewirkt,
dauert fort. Es ist Kunst, die auf die Menschen zugeht – jung,
phantasievoll, kritisch und frei von jedem Staub!
Ich danke allen Künstlerinnen und Künstlern, die in diesem
Jahr unsere Stadt mit ihren Ideen bereichert haben, besonders
Danijela Pivaševic-Tenner, die mit großem Engagement und
Erfolg das Artist in Residence-Programm leitet.
Günter Humpe-Waßmuth
1. Stadtrat und Vorsitzender der Dr. Hans Hoch Stiftung
Dear Sir/Madam,
I would urge anyone who thinks that art is something to be
kept in museum display cases away from dust and visitors
to pay a visit to the art house in Neumünster. You can walk in
here and see artists from around the world at work. However,
these bursary holders at our art house have also left their
workshops so that they can interact with people in the city.
They want to bring their art to our lives, to surprise us and
to literally give us a present, for example, as demonstrated by
Yuri Fukuoka and Cori Crumrine.
They direct our gaze to all the luxury and beauty that sur-
rounds us and which is apparently taken for granted. They
call on us to contribute to the creation of the art and, in
doing this, to transfer our daily interactions with resources
to the focus of perception. The access to people, for example,
as explored by Emily Stapleton-Jefferis or Lucie Libotte, is
initially almost playful. However, the thought that is provoked
through their artistic confrontation with everyday life
remains. It is art that is approachable to people – young,
imaginative, critical and dust-free!
I would like to thank all artists who have enriched our city
with their ideas this year, in particular, Danijela Pivaševic-
Tenner, who directed the Artist in Residence programme with
great commitment and success.
Günter Humpe-Waßmuth
Head of the Town Council and Representative
of the Dr. Hans Hoch Foundation
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Einleitung
In den Jahren als Stipendiatin (2009 – 2012) war das Künstler-
haus für mich ein Symbol für Ruhe und ein Ort konzentrierten
und produktiven Arbeitens. Durch das Internationale Keramik-
symposium im Jahr 2010 wurde deutlich, wie inspirierend
ein zusätzlicher Austausch und die Zusammenarbeit für uns
Künstler ist. Gleichzeitig kam ein interessiertes Publikum
in den Fürsthof und nutzte das Angebot, sich mit der Ent-
stehung aktueller Kunst auseinanderzusetzen.
Im Jahr 2013 begann schließlich das Programm „Ceramic
Artist in Residence“ mit dem Ziel, dafür ein regelmäßiges
Angebot in Neumünster zu etablieren. Bewerbungen aus bis
zu 51 verschiedenen Ländern gingen pro Jahr ein und
ermöglichten der Jury die Auswahl aus einer riesigen Band-
breite keramischen Schaffens. Seitdem waren in den ver-
gangenen drei Jahren nun 30 Künstlerinnen und Künstler
aus dem In- und Ausland für jeweils vier Wochen im Fürst-
hof aktiv. Sie luden ein zu Workshops, Ausstellungen und
Werkschauen. Dabei entwickelte sich eine aktive Zusammen-
arbeit zwischen den jungen Gastkünstlern und dem Publikum.
Sie alle haben hier auf ihre Art und Weise gezeigt, was für
sie keramische Materialien bedeuten, wie sie diese bearbeiten
und insbesondere, wo sie sich in der modernen Kunst positio-
nieren – und das zu einer Zeit, in der Keramik wieder global
eine Renaissance erlebt, ob aktuell bei der Biennale in Venedig,
im Tate Museum in London oder ganz banal im Reality-TV
bei der BBC.
Introduction
When I was a bursary recipient (2009 – 2012), the art house
was a symbol of peace for me a place of concentrated, yet at
the same time, productive work. With the International
Ceramics Symposium in 2010, it became clear how inspiring
the additional interaction and cooperation can be for us
artists. At the same time, an interested audience came into
the Fürsthof and used the opportunity to see how current art
is created.
In 2013, the programme “Ceramic Artist in Residence”
finally started with the aim of establishing a regular event
in Neumünster. Applications from up to 51 countries were
received each year and this enabled the jury to choose from
a huge range of ceramic work. Since then, 30 artists from
Germany and overseas have each come to the Fürsthof for
four weeks each over the past 3 years. They invited us to
workshops, exhibitions and demonstrations. This gave rise
to active collaboration between the young guest artists
and the public. In their own way they have all demonstrated
what ceramic materials mean to them, how they work with
them and, in particular, where they are positioned in contem-
porary art – and this is at a time when ceramics are again
experiencing a renaissance in global art, whether currently
at the Biennale in Venice, in the Tate Museum in London or
more trivially on a reality TV show on the BBC.
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Das Ziel, hier in Neumünster junge Keramikkunst zu fördern,
wird künftig noch erweitert. Mit dem neuen Programm
„Ceramic Artist Exchange – Tandem“ steht ab 2016 nun der
Austausch und der Wissenstransfer zwischen unterschied-
lichen Künstlergenerationen im Mittelpunkt. Dazu möchte
ich Sie und Euch herzlich einladen.
Danijela Pivaševic-Tenner
Künstlerin und Künstlerische Leiterin
The aim of promoting new ceramic art here in Neumünster
will be expanded further in the future. With the new program-
me “Ceramic Artist Exchange – Tandem” the focus from 2016
will now be on interaction and the transfer of knowledge
between the different generations of artists. And I would like
to invite you to join us.
Danijela Pivaševic-Tenner
Artist and Artistic director of the residency programme
Der Freundeskreis Schloss Gottorf bei einer Führung durch das Künstlerhaus
Circle of friends and supporters of state museum Schloss Gottorf at a guided tour through the residency house
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2013 erfuhr ich zum ersten Mal von diesem Programm. Damals
studierte ich noch an der Universität. Als meine Bewerbung
für das Programm 2015 angenommen wurde, war ich unglaub-
lich aufgeregt. Genau. Dank der Unterstützung der National-
galerie von Indonesien habe ich es in die Stadttöpferei
geschafft! Das Aufenthaltsstipendium für Keramikkünstler
in der Stadttöpferei bedeutet mir sehr viel. Es ist eine groß-
artige Gelegenheit, zu erfahren, wie es sich anfühlt, außerhalb
von Indonesien zu arbeiten, sich ganz auf die eigene Arbeit
konzentrieren zu können und nicht in seinen Tagesabläufen
abgelenkt zu werden. Genau. Während des Aufenthalts
setzte ich mein „Workspace“-Projekt fort, an dem ich seit
2014 arbeite. Keramik wird oft mit Femininität in Verbindung
gebracht, während Maschinen und Geräte eher als typisch
männliche Domäne gelten. Bei meinem Projekt geht es darum,
diese gegensätzlichen Stereotypen miteinander zu vereinen.
Durch das Zusammenspiel beider Klischees in einem Werk
versuche ich, sie zu durchbrechen, indem ich die paradoxen
Charaktere betone. Zudem wollte ich mit diesem Projekt den
Aspekt der Feinheit von Keramik im Kontrast zu Maschinen
weiter ausarbeiten. Genau.
Mein erster Schnee, flüssige Porzellanmasse, Räucherlachs,
elektrischer Brennofen, Pommdöner, Kaffeesatzlesen,
Indonesisch für kita bertiga, Pommdöner, Cori, der Flugsport-
Club Neumünster, Windmühlen, Brie, keine Allergien in
Neumünster, Pommdöner.
Genau.
Terima kasih banyak – herzlichen Dank!
The first time I heard about this program was 2013, when
I still studied at the university. So when I knew that my
proposal had been accepted for the 2015 program I was so
extremely excited. Genau. By the grants of the National
Gallery of Indonesia, I made it here in Stadttöpferei! The
ceramic artist in residence program in Stadttöpferei is such
a huge deal for me, it’s a great opportunity for experiencing
how it feels to work outside Indonesia, and focus on my
work and not get distracted with my daily routine. Genau.
During this residency, I’m continuing my “workspace project”
that I’ve been doing since 2014. The idea of the project is
combining the femininity stereotype of ceramic and masculi-
nity stereotype of machinery and tools. By combining both
in one work I try to get out from the stereotypes by emphasi-
zing the paradoxical characters. And also, during the project
I try develop and more complicated work to get in to the
delicacy issue of ceramic and machinery. Genau.
My first snow, fine bone china slip, smoke salmon, electric
kiln, pommedonner, future reading coffee, Bahasa Indonesia
for kita bertiga, pommedonner, Cori, airsportclub Neumüns-
ter, windmill, brie cheese, no allergy in Neumünster, pomme-
doner.
Genau.
Terima kasih banyak!
z i a F a u z i a n a
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c o r i c r u m r i n e
Künstlerhaus Stadttöpferei, bei Dir habe ich mich so gut
aufgehoben gefühlt! Ich verbrachte die Zeit in einem Zustand
ständiger Einkehr und Beobachtung. Ich konnte weder meinen
Blick lange an einem Punkt verweilen noch meine Hände
untätig ruhen lassen. Ich wollte meine Fingerabdrücke überall
in der Stadt hinterlassen! Wenn ich kreativ arbeite, bin ich
rundum glücklich, und genau dazu hatte ich in Neumünster
Gelegenheit. Selten kann man seine Zeit so verbringen –
dazu noch mit jeder Menge Haselnusskeksen und in so guter
Gesellschaft.
Danijelas Geduld und Fantasie kennen keine Grenzen –
danke für all’ die Unterstützung und dass Du Dich mit mir
über jede Kleinigkeit gefreut hast! Danke auch an Dunja
und Tara Lotte, mit denen ich Kekse und Neugierde teilen
durfte. Sehr lieb von Euch, dass Ihr zwei uns Künstlern
Eure Eltern so oft „ausgeliehen“ habt. Danijela und Stefan,
Ihr seid einfach großartig. Ihr habt mich als Künstlerin
und als Freundin aufgenommen – vielen Dank für Eure
unendliche Großzügigkeit. Mein Dank geht auch an meine
Mitbewohnerin Zia, mit der ich Kaffee und Ton geteilt habe.
Du hast mir viel beigebracht!
Künstlerhaus Stadttöpferei Neumünster, Du bist der Traum
eines jeden Künstlers. Das AiR-Programm beflügelte meine
Hände und Ideen und hat meinem Verlangen nach kreativem
Arbeiten und meiner Neugier neue Nahrung gegeben! Danke,
dass Ihr mir und vielen anderen Künstlern dieses Gefühl
vermittelt habt. Irgendwann werde ich sicher wiederkommen.
Künstlerhaus Stadttöpferei, you treated me so well during
my short stay. My time there was spent in a constant state
of contemplation and observation. I could not keep my eyes
in one place for long or my hands in my pockets. I wanted
to leave my fingerprints all over the city! I am happiest when
I am making and Neumünster gave me a slice of time to do
just that. It is a rarity to spend time this way, indulging
in hazelnut cookies and making work in such good company.
Danijela‘s patience and imagination is exponential – thank
you for encouraging and sharing my excitement over every
little thing! To Dunja and Tara Lotte, thank you for sharing
cookies and curiosities with me – you are very sweet to
let us artists borrow your parents so often. Danijela and
Stefan, you two are absolutely splendid – thank you so much
for your ceaseless generosity and accommodating me as
both an artist and a friend. And Zia, thank you for being my
resident coffee/clay pal, you taught me much!
Künstlerhaus Stadttöpferei Neumünster, you are an artist‘s
daydream. The AiR Program refreshed my hands and ideas –
you amplified my desire and curiosity to make! Thank
you for giving this feeling to me and many other artists.
I will be back to visit one day.
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Bei meiner Ankunft in Neumünster war ich ehrlich gesagt
müde. Ich war aus Taiwan angereist, wo ich drei Monate lang
an meiner Ausstellung gearbeitet hatte, und obwohl ich bereits
eine Idee für meine Arbeit hatte, fühlte ich mich ausgelaugt
und ohne Inspiration. In den ersten Tagen erkundete ich die
Stadt zu Fuß und war von ihr absolut begeistert. Sie hat diese
subtile Kälte des Nordens, die Architektur ist beiläufig und
lakonisch, alles ist durchdacht und zweckmäßig. Nach wenigen
Tagen waren Arbeitseifer und Leidenschaft plötzlich wieder
da. Ich wollte meine Eindrücke wiedergeben und diese kühle
Sauberkeit bildlich darstellen.
In meinen Arbeiten, die im Künstlerhaus entstanden sind,
wollte ich Architekturformen zum Leben erwecken. Ich
versuchte, direkte, genaue und eindeutige Bilder oder Symbole
zu vermeiden. Jedes meiner Werke hat für mich eine persön-
liche Bedeutung, doch es sollte die Möglichkeit zur mehr-
deutigen Betrachtung und vielfältigen Interpretation offen
lassen.
Ich verarbeitete meine Eindrücke von den Wassertürmen,
die es überall in Deutschland gibt. Ich fand es bemerkenswert,
dass diese Strukturen ein Porträt der Stadt bilden. Sie sind
einfach einzigartig. Daneben verwendete ich als Inversbild
einige Fabrikdetails, die ich im Industriegebiet der Stadt
entdeckt hatte.
Für mich war der Aufenthalt im Künstlerhaus Stadttöpferei
eine großartige Erfahrung. Sie hat meine Arbeit im Wesen
sehr beeinflusst. Ich schuf absolut Unerwartetes und hatte
Raum für Experimente und freies Schaffen.
To be honest, I came to Neumünster quiet tired. I arrived from
Taiwan, where I worked for three months on my show, and,
although, I had an idea for work, I was drained and uninspired.
First few days I was taking walks in town to see what’s around
and I found myself being absolutely charmed by the town.
It has this subtle northern cold feeling, architecture is casual
and laconic, everything is well-thought and utilitarian. In
few days I was passionately working, all of a sudden. I wanted
to represent the images I saw, I wanted to depict that cold
cleanness.
In the works I created in Kunstlerhaus I wanted to animate
architectural forms. I tended to avoid direct, narrow, and exact
images or symbols. Every artwork I’ve done has a personal
meaning for me, but I preferred it to be ambiguous for
the viewer, to leave open the possibility for variability in the
observing experience.
I used the images of water towers, which can be found in every
place in Germany. I found it special that these structures
form a “portrait” of the town, they are very unique. As well as
that I used as an inverse image some factory details that I
saw in the industrial area of town.
For me being in Kunstlerhaus Stadttöpferei was a great
experience, it influenced my body of work a lot, I made
absolutely unexpected things; there was place for experiment
and free creation.
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Für mich als Designerin bildet das verwendete Material den
Ausgangspunkt für die weitere Entwicklung meiner Arbeiten.
Mittels ungewöhnlicher Materialien und Techniken möchte
ich die Vergänglichkeit und unseren Versuch, physikalische
Aspekte in natürlichen Umgebungen zu verstehen und nach-
bilden zu wollen, zum Ausdruck bringen. Ich interessiere
mich für den Ursprung der Materialien als System der Dar-
stellung.
Akribisch wie bei der Textilgestaltung untersuche ich die
strukturellen Eigenschaften und setze diese durch räumliche
Dimensionen und Bewegungen um. Zeichnen, Materialunter-
suchung, Video, Fotografie und Installationen sind meine
Hauptmedien, mit denen ich eine Umgebung schaffe, die einen
Dialog mit dem Betrachter ermöglicht.
Das Projekt „Dust Matters“ entstand im Rahmen des Stipen-
diats des „Ceramic Artist in Residence“-Programms im
Künstlerhaus Stadttöpferei Neumünster. Ich konnte mich an
einer Vielzahl von Techniken versuchen und die physischen
Grenzen von Materialien und ihre Auswirkung auf die visuelle
Umgebung ausloten.
Irina Razumovskaya und Danijela Pivaševic-Tenner waren mir
eine große Hilfe – sowohl bei der Weiterentwicklung meiner
Gestaltungsfähigkeiten mit Keramik als auch beim Versuch,
meine Untersuchung „sozialer” zu gestalten; durch das Be-
trachten des Hausstaubs, den die Besucher hierher brachten,
beim Teilnehmen und Bewerben der gemeinsamen „Staub-
sammelaktion“ in und um Neumünster. Danke Euch beiden
für diese Erfahrung und Eure Unterstützung.
I am a designer who uses material as a starting point for
wide-ranging explorations. Through uncommon materials
and techniques my works embrace the notion of ephemerally
and mankind's efforts to understand and recreate physical
aspects found in natural environments. I am interested in the
materials origins as a representational system.
From the meticulous skills of textile design, I investigate
the structural properties of technique and translate it
through spatial dimensions and motions. Drawing, material
investigation, video, photography and installations are
my main media to create an environment, which allows a
dialogue with the viewer.
The project “Dust Matters” was pleased to be part of the
residency at Ceramic Artists in Residence programme at
Künstlerhaus Stadttöpferei Neumünster. This will allow
me to go to the next step of this project and progress
the development of the design side, in order to improve the
design approach to create pieces in relation to the architec-
ture where the dust came from. This has challenged me to
explore a variety of techniques, push the physical boundaries
of materials as well as their effects on the visual environ-
ment.
Being with Irina Razumovskaya and Danijela Pivaševic-Tenner
was a huge help by helping my design process thought ceramic
but also to pursue a more “social” research; by looking into
people’s waste that visitors provided, by involving and pro-
moting the collaboration "dust collection" around Neumüns-
ter area. Thank you both for this experience and help.
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Die Reise und die Idee, an der ich in diesem Monat arbeitete,
begannen, Form anzunehmen, als ich erfuhr, dass ich zum
Stipendium zugelassen worden war. Aufgeregt suchte ich
auf der Landkarte nach Neumünster. Es stellte sich heraus,
dass mein Urgroßvater – ein Seemann, der der ganzen Familie
die Leidenschaft für das Meer und Schiffe vererbt hat – ganz
in der Nähe, nämlich in Kiel, und meine Urgroßmutter in
Hamburg geboren wurden. Da begann ich, mein geplantes
Projekt neu zu überdenken und über neue Ideen nachzu-
denken, allerdings bis zu meiner Ankunft in Neumünster
ohne wirkliche Ergebnisse.
Aufgewühlt durch all das, was es für mich bedeutet, hierher zu
kommen – das Wissen über meine Familiengeschichte und
das, was mit Kiel im 2. Weltkrieg passierte – dachte ich viel
nach, schrieb auf, und änderte nach und nach meine Arbeit.
Schließlich schuf ich völlig neue Werke. Ich gestaltete neue
Formen, verwendete verschiedene Tonarten und arbeitete zum
ersten Mal mit Porzellan und Paperclay. All das motivierte mich
immens und erfüllte mich mit Zufriedenheit und Genugtuung.
Hier haben Ideen Raum zum Atmen. Die Zusammenarbeit
mit Emily und Danijela, zwei großartigen Künstlerinnen, ein
perfekter Arbeitsplatz, eine wunderschöne Stadt zum Wandern
und Radfahren – besser geht es nicht.
Zurück in Argentinien war ich hoch motiviert, voller Ideen
und konnte es kaum erwarten, weiter mit Keramik zu arbeiten.
Dieses Material erdet uns, verbindet uns mit uns selbst und
hinterlässt seine Spuren in der Geschichte. Ich bin nun wieder
zuhause, doch der Wunsch nach einer Wiederkehr ist groß!
The trip and the idea on which I was working during this
month, began to take shape when I found out I had been
selected to participate in the residency. I looked excited at the
map to see where Neumünster is. I found out that my great-
grandfather, who was a sailor, who caught the passion for the
sea and boats for the whole family, was born nearby in Kiel
and my great-grandmother in Hamburg. Then I was rethinking
my project that I presented to apply and started thinking
about new ideas, but without deciding anything until I arrived
in Neumünster.
Moved by all that implies for me, to be able to come here,
knowing about this family story or learning about what
happend to Kiel during 2nd world war I was thinking, writing,
turning the work and changed it little by little.
Finaly I done pieces that I didn’t made before by creating new
shapes, using different clays, worked first time with porcelain
and paperclay. All this motivated me so much and filled me
with satisfaction.
Here at the residency ideas can breathe. Working alongside
with Emily and Danijela, two huge artists, have a perfect work
space, a beautiful city for walking and cycling. It couldn’t be
better.
Back in Argentina I was absolutely motivated, full of ideas and
eager to continue doing things for ceramics, this clay seals
us, connects us with ourselves and it leaves a mark on history.
I went, but there is so much desire to return!
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Die Arbeit, die ich hier geschaffen habe, entstand als Reaktion
auf die vorherigen acht Monate, die ich in Südostasien ver-
bracht hatte. Dort wurde mir bewusst, wie glücklich ich mich
schätzen kann, aus einem Industrieland mit vergleichsweise
vielen verschiedenen Möglichkeiten der Lebensgestaltung
zu stammen. Daher spiegelt dieses Projekt meine Dankbarkeit
und Wertschätzung gegenüber Neumünster und meinem
Leben im Allgemeinen wider und soll auch den Betrachter
anregen, sein Leben zu schätzen zu wissen und sich glück-
licher und zufriedener zu fühlen.
Diese Wertschätzung wollte ich fördern, indem ich nicht
beachteten, langweiligen und unerwarteten Orten ihre eigene
Schönheit abgewonnen und wunderschöne Abdrücke von
Oberflächen rund um die Stadt genommen und in Keramik
umgesetzt habe. Es war sehr bereichernd für mich, andere
Menschen in meine Ausflüge durch die Stadt einzubeziehen
und ich hoffe, dass durch diese Suche nach schönen Texturen
sowie beim Betrachten der fertigen Arbeiten eine Wertschät-
zung für unsere unmittelbare Umgebung geweckt wird.
Die Stücke wurden entsprechend dieser Stadterkundungen
geformt und arrangiert, die Farben spiegeln die Umgebungen
wider, an denen die Abdrücke genommen wurden.
Ich hatte eine wunderbare Zeit hier und bin sehr dankbar für
diese Gelegenheit. Ich werde die Erinnerungen an diesen Ort
und die Menschen, die ich hier kennengelernt habe, hegen und
pflegen.
The work I made here was in response to having spent the
previous eight months in South East Asia, where I came
to realise how lucky I am to be from a developed country with
comparatively so many life choices. This project therefore
reflects my feelings of appreciation for Neumünster, and my
life in general, and reflects bigger ideas of how to make other
people too, take a moment to appreciate their own lives, and
so be happier and more satisfied.
Finding beauty in overlooked, boring and unexpected places
became my method of stimulating this appreciation, with
the act of taking beautiful pressings from surfaces around
the town as a way of translating this idea into ceramics.
Involving other people in my ‘journeys’ through the town has
been so rewarding, and I hope that through this action of
finding beautiful textures, as well as through seeing the
finished works, an appreciation for our immediate surroun-
dings has been kindled. The pieces have been arranged into
the shapes of the ‘journeys’ throughout the town, with the
colours a reflection of the surroundings where the pressings
were made.
I have had such a wonderful time here, am so grateful for
this opportunity, and will treasure my memories of this place
and the people I met here.
e m i l y s t a p l e t o n – j e F F e r i s
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Ein Besuch der Rosenthal-Archive im Porzellanikon Selb in
einer stillgelegten ehemaligen Rosenthal Fabrik, des Museums
Tuch+Technik und der Stadt Neumünster in Deutschland
zeigten mir deutlich, dass Produktion und Industrie mittler-
weile zwar umgesiedelt wurden, aber der Stolz auf vergangene
Zeiten weiterhin fortbesteht.
Aufgrund des geänderten Bedarfs des heutigen Europas
im 20. Jahrhundert wurden die meisten Produktionen nach
Fernost verlagert und Tausende verloren ihre Arbeit. Mich
darauf beziehend verwendete ich für mein Projekt eine Art
Fließbandproduktion, um mich in die Position der nun
nicht mehr in Lohn und Brot stehenden Industriearbeiter
zu versetzen.
Früher war die Stadtsilhouette voller Schlote und Rauch,
Keramikscherben lagen auf den Wegen und die Flüsse färbten
sich mit dem Abwasser der Färbereien … Als Reaktion auf
den Verlust der einzelnen Berufszweige sponn ich Wolle und
statt mit herkömmlichem Porzellan, Glasuren und Glanz-
mitteln zu formen und zu verzieren, goss und malte ich mit
Kunststoff. Kunststoff hat einen günstigen künstlerischen
Wert: Seine kräftigen, üppigen Farben erwecken Aufmerk-
samkeit, und als Form oder Dekoration schafft er Bewusstsein
für Kultur, die ihre taktilen Verbindungen verloren hat.
Durch Änderung von Material, Umfang und Verfahren bleiben
diese Objekte dennoch vertraut und suggerieren die Illusion
einer Bestimmung. Der reflektorische Raum zwischen Be-
trachter und Objekt, unterstützt durch erkennbare Materialien
und Produktionsmethoden, soll das nicht greifbare Potenzial
Upon a recent visit to the Rosenthal archives in the Porzellan-
ikon Museum and former production factory, Selb and the
Tuch + Technik textile Museum and the town of Neumünster,
Germany it was clear that manufacture and industry had
moved else where, however, strength still holds on to the pride
that once was.
Due to the evolving needs of contemporary Europe in the
20th century most manufacture moved to the Far East,
leaving thousands without jobs. To relate through making
I use a production line of manufacture putting myself in the
place of those who have lost their jobs.
Once skylines were filled with chimneys and smoke, ceramic
shards littered pathways and waterways were coloured
brightly with waste fabric dye … In response to the loss of
each community, I spun wool, instead of casting and decora-
ting with traditional porcelains, glazes and lustres I cast
and paint with plastic. Plastic has a cheap artificial value, its’
bold, luxurious colours crave attention and when used as
form or decoration it brings awareness of a culture that has
lost its tactile connections.
By altering material, scale and process, the objects remain
familiar and suggest an illusion of purpose. The reflective
space between viewer and object encouraged by recognisable
materials and methods of production hopes to capture the
intangible potential for a contemporary relationship with
materials unknowingly ingrained in our everyday lives. Like
people, these objects sit confident and bold hoping to retain
an identity and yet embody that which has been lost.
r h i a n n o n e w i n g – j a m e s
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für eine zeitgenössische Beziehung mit Materialien einfan-
gen, die unbewusst tief in unserem Alltagsleben verwurzelt
sind. Wie Menschen stehen diese Objekte selbstbewusst
und mutig da. Sie sollen eine Identität bewahren und gleich-
zeitig den Verlust verkörpern.
r h i a n n o n e w i n g – j a m e s | 37
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Vielen Dank an alle, die ich in Neumünster kennenlernen
durfte! Ich habe dieses Programm sehr genossen! Es war eine
schöne Erfahrung für mich, Teilnehmerin des „Ceramic Artist
in Residence“-Programms sein zu dürfen. Während meines
wunderbaren Aufenthalts schuf ich drei Arbeiten.
Nr. 1 „Neumünster’s happiness“
Diese Arbeit habe ich für die Einwohner Neumünsters ge-
schaffen. Ich denke, dass viele von uns die kleinen Freuden
des Alltags verloren haben. Wir nehmen die Dinge um uns
herum nicht wahr und neigen dazu, unser Glück in der Ferne
zu suchen. Daher installierte ich meine Arbeiten (Porzellan-
kugeln) an vielen öffentlichen Plätzen in Neumünster. Ich
hoffe, damit Sichtweisen zu ändern, und dass ihre Betrachter
ihr Glück auf neuen Wegen finden!
Nr. 2 „Ice Flower“
Warum nicht einmal neue Wege bei der Arbeit mit Keramik
beschreiten? Alles, was eine Form hat, wird sterben und seinen
Körper aufgeben. Doch Keramik kann oftmals nicht einfach
„sterben“ – höchstens durch ein Missgeschick, und dann
dauert es lange, bis sie wieder Teil der Natur wird. Keramik-
scherben sind wunderschön, genau wie Eisblumen. So schuf
ich diese Arbeiten, um die „Schönheit von Zerbrechlichkeit
oder Zerstörung“ auszudrücken.
Thank you so much to everyone I met in Neumünster! I really
enjoyed this programme! It was such a nice experience for
me to become a member to this ceramic artist in residence
programme. In the period of this wonderful production, I made
three works.
No. 1 “Neumünster’s happiness”
I made this for Neumünster’s inhabitants. I think that many
of us can’t find their happiness in daily life. We don't notice
the things around us. We are apt to look for our happiness
far away. So I put my works (porcelain balls) on many public
places in Neumünster. I hope that viewpoint changes and
everyone who finds them will get a new way how to find their
happiness!
No. 2 “Ice Flower”
Why not trying new ways to work with ceramics? Everything
that has shape will die and lose its body. But ceramic
often couldn't die easy, only by accident or reasons and it’s
a process that needs time to come back to nature. I think
fragments of ceramic are beautiful, same as ice flowers.
So I made this work to express "the beauty of fragility or
scattering".
y u r i F u k u o k a
40 | c e r a m i c a r t i s t i n r e s i d e n c e 2 0 1 5
Nr. 3 „Cross of your vision“
Ist unsere Sichtweise die einzig richtige? Ich frage mich, ob
wir nicht immer nur geradeaus blicken. Nur eine Wahrheit,
aber so viele Fakten. Meine Arbeit sollte eine andere Perspek-
tive aufzeigen.
Ich wünsche mir, dass der Betrachter beim Erkunden und
Betrachten meiner Arbeiten diese Bruchstücke des Glücks im
Alltag wiederfindet.
No.3 “Cross of your vision”
Do you think that our view is right? I wonder wheter we use
to see just one direction in front of us. Only one truth, but so
many facts. My work should show another perspective.
While discovering and seeing my works I wish that visitors
refind this fragments of happiness in daily life.
y u r i F u k u o k a | 41
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Meine Arbeit erforscht Spuren der Gegenwart und bezieht
Erinnerung und Wahrnehmung mit ein, um den Augenblick
zu bewahren. Gleichzeitig möchte ich die Unmöglichkeit
dieses Vorhabens aufzeigen, da der Wunsch, Spuren und
Geschichte eines Objekts festzuhalten, genau das Gegenteil
bewirkt. Sie erinnert an einen Menschen, der nicht mehr da
ist und zeigt, dass wir nicht alles bewahren können. Je mehr
wir versuchen, an den Spuren einer Person festzuhalten,
desto mehr wird uns ihr Fehlen bewusst. Daher geht es in
meiner Arbeit mehr um den Versuch. Sie betrachtet unsere
fragile und zeitverhaftete Natur, deren wesentlicher Wert in
der bleibenden Spur, die der Mensch durch sein kreatives
Schaffen hinterlassen hat, besteht. Dieser „menschliche
Abdruck“ bedeutet die mentale Nachzeichnung unserer
Geschichte, unseres Erbes und unserer Kultur – wie wir sie
nach einer bestimmten Zeit wahrnehmen, wie wir sie
bewahren oder ablehnen.
Die Arbeit, an der ich in Neumünster gearbeitet habe, ist Teil
einer Skulpturinstallation aus Licht und Ton, die ich im
Anschluss weiterentwickeln werde. Die Arbeit besteht aus
vielen Keramikteilen, die alle meinen Handabdruck zeigen.
Der Aufenthalt im Künstlerhaus Stadttöpferei Neumünster
ermöglichte mir, mich ganz ohne Ablenkungen auf meine
Arbeit zu konzentrieren. Es war wie Meditieren:
Stück für Stück
Tag für Tag
My practice investigates traces of presence and a reference to
memory and perception with a desire to preserve the moment.
My work strives to keep the trace of a human touch as well as
display the inability to do so; instead the desire to maintain
the trace and history of an object reveals the opposite. It
evokes an absent human and shows that we cannot keep
anything. The more we try to hold onto one’s ‘trace’, the more
we pinpoint the lack of one. Therefore my work is more about
trying. It is an act of meditation of our fragile and temporal
nature with the essential value being the permanent trace left
by the human hand through creative action. This ‘human touch’
means mental trace of our history, heritage, and culture – how
we see it after a certain time, how we maintain it, or reject it.
The work I was working on in Neumünster is part of a sculptu-
ral light and sound installation I will develop afterwards. The
work consist of many ceramic pieces where each of them was
my handprint.
Residency at Künstlerhaus Stadttöpferei Neumünster allowed
me to focus on my work without the distractions of everyday
life. It was like a meditation:
Piece after piece
Day after day
e w a w e s o l o w s k a
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Ein Stück Ton, Tonpresse, sechs kleine Löcher in jede Tafel,
Handabdruck
Ein Stück Ton, Tonpresse, sechs kleine Löcher in jede Tafel,
Handabdruck
Ein Stück Ton, Tonpresse, sechs kleine Löcher in jede Tafel,
Handabdruck
Ein Stück Ton ...
Handabdruck ...
Piece of clay, clay press, six little holes in each tablet,
Handprint
Piece of clay, clay press, six little holes in each tablet,
Handprint
Piece of clay, clay press, six little holes in each tablet,
Handprint
Piece of clay...
Handprint ...
e w a w e s o l o w s k a | 45
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„Ein Kunstwerk“, sagt der Kunstwissenschaftler Michael
Bockemühl „muss mehr sein, als über es gesagt werden kann
und das Anschauen mehr als der sinnliche Zutrag vorgegebe-
ner Begriffe.“ Ein Kunstwerk zu betrachten, müsse mehr
bedeuten als die Entschlüsselung einer inhaltlichen Aussage.
Die Wahrnehmungen des Betrachters reichen weiter als das
Erkennen von Objekten und Formen. Das Kunstwerk verwirk-
liche sich in der Resonanz des Betrachters. (Bockemühl 1989,
Seite 65 ff.)
Die Arbeit „Brennversuch No. 5“ reiht sich in meine künstleri-
sche Recherche zu experimentellen Keramik-Brennversuchen
ein. Es geht mir in dieser fortlaufenden Arbeit um die Ent-
wicklung unterschiedlicher Brennverfahren und die Erprobung
von Kommunikationsanlässen. Jeder Brennversuch ist
einmalig und lebt durch die Begegnung der Menschen, die
kommen, erleben und fragen.
Es ist eine künstlerische Arbeit, die erst durch die immaterielle
Erfahrung und die Resonanz der Betrachter wirklich Gestalt
annimmt. Der Moment der Begegnung interessiert mich.
Ein flüchtiger Moment in dem Menschen zueinander kommen
und für einen kurzen Zeitraum ihre Lebenswirklichkeit teilen.
Ein Moment, gefüllt von Spannung und Neugier, von Gesich-
tern die in der Reflektion der Flammen glühen und von einem
Miteinander, das Brücken schlagen vermag.
Ich erinnere mich an einen Moment: Wir standen im Halbkreis
um den glühenden Ofen, Freunde und Fremde, ein Geräusch
rasender Geschwindigkeit weckt meine Aufmerksamkeit.
“A work of art”, says the art scholar Michael Bockemühl, “must
be more than can be said about it and looking at it must be
more than the sensory occurrence of predefined concepts.” To
observe a work of art must mean more than the decoding of
the substantive content. The perceptions of the observer
extend further than the recognition of objects and shapes.
The work of art materialises in the response of the observer.
(Bockemühl 1989, page 65 ff.)
The piece “Brennversuch No. 5” forms part of my artistic
research on experimental ceramic burn tests. This ongoing
work looks at the development of different burn processes
and the testing of communication triggers. Each burn
test is a one-off and is brought to life through the encounter
with people who come, experience and question.
It is artistic work that only really takes shape with the
immaterial experience and the response of the observer. The
moment of meeting interests me. A fleeting moment in which
people come together and, for a short time, share the reality
of life. A moment, full of excitement and curiosity, of faces
glowing in the reflection of the flames and creating a bridge
of cooperation.
I remember one moment: we stood in a semi-circle around
the glowing oven, friends and strangers, a high speed sound
caught my attention. I was told that this is what the war sounds
like, by people who had fled from their homes. We speak
to each other, exchange thoughts and experiences. The oven
disappeared, but the sound of the war remains in my ear.
l e n a b u h r m a n n
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So höre sich der Krieg an wird mir, von Menschen die aus
ihrer Heimat flüchteten, erzählt. Wir sprechen miteinander,
tauschen Gedanken und Erfahrungen. Der Ofen verschwindet,
es bleibt das Geräusch des Kriegs in meinem Ohr.
l e n a b u h r m a n n | 49
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Keramik wird oft mit Zartheit, Zerbrechlichkeit und gleich-
zeitig mit dem Femininen und Häuslichen in Verbindung
gebracht. ZIA FAUZIANA hinterfragt diese Klischees
bewusst in ihrer künstlerischen Arbeit. Sie hat an der Fakul-
tät für Bildende Künste und Design am Institut Teknologi
in Bandung Keramikkunst studiert. Seit ihrem Abschluss
arbeitet sie als Assistentin im Keramikstudio dieser ältesten
technischen Hochschule Indonesiens.
www.ziafauziana.tumbir.com
Ceramics are often associated with tenderness, fragility and,
at the same time, femininity and domesticity. zia fauziana
deliberately challenges this stereotype in her artistic work.
She studied Ceramic Art at the Faculty for Visual Art at the
Institut Teknologi in Bandung. Since graduating she has
worked as an assistant in the ceramics studio of the univer-
sity, which is the oldest technical university in Indonesia
P O R T R A I T S P O R T R A I T S
p o r t r a i t s | 51
Aus unzähligen, filigranen und organischen Formen, die sich
wuchernd den jeweiligen Räumlichkeiten perfekt anpassen,
entstehen die Installationen von cori crumrine . Die aus
dem US-Bundesstaat Ohio stammende junge Künstlerin hat
in der Hauptstadt Columbus Bildende Kunst studiert und
erhielt 2013 eine Auszeichnung des renommierten National
Council on Education for the Ceramic Arts (NCECA).
www.coricrumbine.tumbir.com
The installations by cori crumbine are created from
innumerable delicate and organic forms which adapt them-
selves exuberantly to perfectly fit the available space. The
young artist, originally from the US state of Ohio, studied
Fine Art in the state capital Columbus and, in 2013, received an
award from the renowned National Council on Education
for the Ceramic Arts (NCECA).
52 | c e r a m i c a r t i s t i n r e s i d e n c e 2 0 1 5
Architektonische Formen sind bestimmende Elemente
der Keramiken, Installationen und Malereien von irina
razumovskaya . Im vergangenen Jahr schloss sie ihr
Studium der Keramik an der staatlichen Akademie für Kunst
und Design in St. Petersburg ab. Sie nahm bereits an zahl-
reichen Künstleraufenthalten in den USA, Korea, China
oder Dänemark teil. 2014 erhielt sie den ersten Preis der
Silican Arts Triennale im ungarischen Keckemet und wurde
auch beim 10. Ceramics Festival im japanischen Mino aus-
gezeichnet.
www.irina-r.ru
Architectonic forms are defining elements in the ceramics,
installations and paintings by irina razumovskaya .
Last year she completed her studies in Ceramics at the State
Academy for Art and Design in St. Petersburg. She has
already taken part in numerous artist residences in the USA,
Korea, China and Denmark. In 2014 she won first prize in the
Silican Arts Triennale in Keckemet, Hungary and also won an
award at the 10th Ceramics Festival in Mino, Japan
p o r t r a i t s | 53
Staub ist praktisch überall zu finden und doch schenken wir
ihm kaum Beachtung. Aber genau hier schaut lucie libotte
ganz besonders hin. Zufällig im Haushalt abgelagerte
Schwebepartikel macht sie zum Gegenstand künstlerischer
Experimente. Die aus Belgien stammende Künstlerin hat in
Brüssel und später in London studiert, wo sie seit 2008 lebt.
Im vergangenen Jahr hat sie ihren Master an der dortigen
Universität der Künste absolviert, einer der größten Kunst-
universitäten Europas.
www.licielibotte.com
Dust can be found almost everywhere and yet we rarely pay it
any attention. lucie libot te , however, takes a much
closer look. She turns particle matter found by chance at
home into the subject of artistic experiments. The artist
is originally from Belgium and later studied in London where
she has lived since 2008. In the last year she completed
her master's degree at the University of the Arts in London,
one of the largest universities of art in Europe.
54 | c e r a m i c a r t i s t i n r e s i d e n c e 2 0 1 5
santiago lena verbindet die Präzision im Detail mit der
Dynamik des Tons, um daraus kraftvolle Objekte zu gestalten.
Er imitiert Elemente aus der Natur, einschließlich der wunder-
lichen „Unvollkommenheiten“ die beispielsweise Steine im
Laufe der Jahrhunderte annehmen. In diesen Objekten macht
Santiago Lena schließlich zuvor aufgenommene Stimmen in
harmonischen Überlagerungen hörbar. Der Autodidakt lebt
und arbeitet in Córdoba, der zweitgrößten Stadt Argentiniens.
www.santiagolena.com
santiago lena combines the precision of detail with
the dynamism of clay in order to create powerful objects.
He imitates elements from nature, including the fantastical
“imperfections” that stones, for example, take on over the
course of centuries. Santiago Lena finally makes pre-recorded
voices audible in these objects using harmonic overlays. The
autodidact lives and works in Córdoba, the second largest
city in Argentina
p o r t r a i t s | 55
Mit frischen Eindrücken eines achtmonatigen Aufenthalts
in Südostasien kam emily stapleton-jefferis im Juni
nach Neumünster. Aus ihren grafischen Skizzen und Er-
innerungen und den neuen Eindrücken entstehen verspielte
und interaktive Installationen aus keramischen Miniaturen,
die sie mit anderen Materialien kombiniert. Die 23-Jährige
hat an der Kent University in Nottingham im vergangenen
Jahr ihren Bachelor „Decorative Arts“ absolviert..
www.emilystapletonjefferis.co.uk
emily stapleton-jefferis came to Neumünster in
June with fresh ideas following an eight-month stay in South
East Asia. Her graphic sketches and memories together with
new ideas gave rise to playful and interactive installations
consisting of ceramic miniatures combined with other
materials. The 23 year-old completed her bachelor's degree in
“Decorative Arts” from the Kent University in Nottingham
last year.
56 | c e r a m i c a r t i s t i n r e s i d e n c e 2 0 1 5
Die Tuchmachergeschichte hat Neumünster einst in Mittel-
europa einen guten Ruf für technische Entwicklung und
Herstellung von Textilien beschert. rhiannon ewing-
james setzte sich mit dem Niedergang der großen Manufak-
turen künstlerisch auseinander. In ihren Arbeiten setzt sie
Licht und Mixed Media-Techniken ein. Die Künstlerin aus
Nordirland arbeitet seit ihrem Abschluß an der Belfast School
of Art mittlerweile am International Ceramic Research Center
Guldagergaard in Dänemark.
www.ewing-james.cm
At one time, the tradition of cloth-making in Neumünster had
given it a good reputation within Central Europe for technical
development and the manufacture of textiles. rhiannon
ewing-james tackles the decline of large-scale manufac-
turing in her artistic work in which she uses light and mixed
media techniques. Since she graduated from the Belfast
School of Art, the artist, who is originally from Northern
Ireland, has worked at the International Ceramic Research
Center Guldagergaard in Denmark
p o r t r a i t s | 57
Wie aus hunderten filigranen Keramikscheiben raumfüllende
Installationen entstehen können, stellt yuri fukuoka
eindrucksvoll unter Beweis. Die Anordnung und Farbgebung
der mitunter nur 0,2 mm hauchdünnen Objekte passt sie
den räumlichen Bedingungen an. Dies konnte sie bereits
bei zahlreichen Ausstellungen in Japan unter Beweis stellen
und bald auch im Taipei City Yingge Ceramics Museum in
Taiwan. Die Künstlerin lehrt an der Kunstuniversität in Kyoto,
an der sie 2013 ihren Master der Keramik absolvierte.
www.yuri-fukuoka.com
yuri fukuoka proves in an impressive fashion how installa-
tions large enough to fill an entire room can be created from
hundreds of delicate ceramic discs. She adapts the arrange-
ment and colour scheme of the wafer-thin objects, which are
only 0.2 mm thick, to suit the spatial conditions. She has
also been able to demonstrate this at numerous exhibitions in
Japan and soon also at Taipei City Yingge Ceramics Museum
in Taiwan. The artist teaches at the University of Art in Kyoto,
from where she also received her master's degree in Ceramics.
58 | c e r a m i c a r t i s t i n r e s i d e n c e 2 0 1 5
Geprägt von ihrer klassischen Ausbildung der Bildhauerei hat
ewa wesolowska in den vergangenen Jahren neue Wege
beschritten. Die Teilnahme an verschiedenen Künstleraufent-
halten in Frankreich, Spanien oder Holland gaben ihr die
Möglichkeit, zu experimentieren. Die bildende Künstlerin und
Doktorandin an der Kunstakademie in Krakow schafft nun
interaktive Raum- und mobile Lichtinstallationen mit
keramischen Materialien.
www.ewawesolowska.com
Influenced by her classical education in fine arts, ewa
wesolowska has broken new ground in recent years. Her
participation in different artist residencies in France, Spain
and Holland has given her the opportunity to experiment.
The visual artist and doctoral student at the Academy of Arts
in Krakow now creates interactive spatial and mobile light
installations with ceramic materials.
p o r t r a i t s | 59
Flüchtige Momente beschäftigen lena buhrmann . Der
Hamburger Künstlerin geht es um die Darstellung offener
Fragen, verlassener Dinge, Gerüche, Gesprächswendungen
oder Momente, die Gefühltes oder Erlebtes in sich tragen.
Mit ihren Rauminstallationen will sie Kommunikationsan-
lässe schaffen. Nach dem Diplom der Kunsttherapie an
der FH Ottersberg schloss sie 2013 ein Studium der Freien
Bildenden Kunst an der HBK Braunschweig ab.
www.lenabuhrmann.de
lena buhrmann is concerned with fleeting moments.
The artist from Hamburg examines the depiction of open
questions, abandoned things, odours, conversations and
moments which consist of something felt or experienced.
She wants to create opportunities for communication
with her room installations. After completing her Diploma in
Art Therapy at the Technical University of Ottersberg, she
completed her studies in Fine Art at the HBK Braunschweig.
´
´
Impressum
Ceramic Artist in Residence 2015Künstlerhaus Stadttöpferei Neumünster
Herausgegeben von der Dr. Hans Hoch Stiftung
Idee & Konzept/ idea & conception: Danijela Pivaševic-Tenner
Fotos / photos: Stefan Tenner
© Texte und Bilder liegen bei den Text- und Bildautoren /© text and pictures by the authors of text and pictures
Jury 2015:· Dr. Brigitte Kölle: Direktorin, Galerie der Gegenwart, Kunsthalle Hamburg / Director, Gallery of Contemporary Art, Kunsthalle Hamburg· Dr. Susanne Schwertfeger: Kunsthistorisches Institut, Christian-Albrecht- Universität zu Kiel / Institut of Art History, University of Kiel· Johanna Göb: Leiterin des Kulturbüros der Stadt Neumünster / Head of the Cultural Office, City of Neumünster· Günter Humpe-Waßmuth: Vorsitzender der Dr. Hans Hoch Stiftung, Erster Stadtrat der Stadt Neumünster / Head of the Dr. Hans Hoch Foundation, 1st City Council, City of Neumünster· Danijela Pivaševic-Tenner: Künstlerin und künstlerische Leiterin des Programms „Ceramic Artist in Residence“ / Artist and Artistic Director of the programme “Ceramic Artist in Residence”
Übersetzung / translation: Eule Lokalisierung GmbH, Kiel
Layout / layout: Herold / typografikdesign, Heiligenstedtenwww.typografikdesign.de
Künstlerhaus Stadttöpferei NeumünsterFürsthof 8, 24534 Neumünster, DeutschlandTel. +49 (0) 43 21 – 2 52 15 [email protected]
© 2016
Dank an die Förderer der Stadttöpferei / thanks to the supporter