chroniques et comptes rendus

7
CHRONIQUES ET COMPTES RENDU S PAYS DE LANGUE ALLEMANDE Miszellen aus der Arbei t des Mittellateinischen Wörterbuche s Vorbemerkung : Seiner Konzeption nach ist das Mittellateinisch e Wörterbuch auf eine möglichst knappgefaBte Darbietung des Stoffe s eingestellt, und so verbietet es sich oft, schwierige Lemmata ode r Belegstellen mit ihrer Problematik ausführlich zu erörtern . Die s werden in gewissen Fällen die Miszellen, die in zwangloser Folg e in dem Archivum Latinitatis Medii Aevi publiziert werden sollen , nachholen . Es sei noch darauf hingewiesen, daß bei lateinische n Zitaten aus dem Einzugsbereich des Mittellateinischen Wörterbuche s Autoren und Werktitel nach dem Quellenverzeichnis abgekürzt un d die dort angeführten Editionen benutzt werden . Otto PRIN Z ARE Das MLW verweist (I 917,24) von are auf re. Für Musikhistorike r mag das genügen ; den sonstigen Benutzern wird eine nähere Erklärun g nicht unerwünscht sein . Sie ist sogar notwendig, um einige, wen n auch leicht antiquierte, Mißverständnisse zu beseitigen . Es geht um eine Stelle aus dem carmen satiricunz des Erfurte r Domherren Nikolaus von Bibra (entstanden etwa 1281-83) 1. Dieses 1 . Carmen satiricum . Eine Quelle des XIII . Jahrhunderts . Neu herausgegeben und erläutert von Theobald Elsa= (Erfurter Denkmäler = Geschichtsquelle n der Provinz Sachsen I) 187o . Dazu Aloys SCHMIDT, Untersuchungen liber das Carmen satiricum occulti Erfordensis, Sachsen und Anhalt 2, 1926, S . 76-158 . Nach SCHMIDT handelt es sich um Einzelgedichte verschiedener Verfasser, di e Nikolaus von Bibra zu einem Ganzen zusammengefaßt hat . Literaturhinweise

Upload: others

Post on 16-Oct-2021

3 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

CHRONIQUES ET COMPTES RENDUS

PAYS DE LANGUE ALLEMANDE

Miszellen aus der Arbei tdes Mittellateinischen Wörterbuche s

Vorbemerkung : Seiner Konzeption nach ist das Mittellateinisch eWörterbuch auf eine möglichst knappgefaBte Darbietung des Stoffe seingestellt, und so verbietet es sich oft, schwierige Lemmata ode rBelegstellen mit ihrer Problematik ausführlich zu erörtern . Dieswerden in gewissen Fällen die Miszellen, die in zwangloser Folg ein dem Archivum Latinitatis Medii Aevi publiziert werden sollen ,nachholen . Es sei noch darauf hingewiesen, daß bei lateinischenZitaten aus dem Einzugsbereich des Mittellateinischen WörterbuchesAutoren und Werktitel nach dem Quellenverzeichnis abgekürzt un ddie dort angeführten Editionen benutzt werden .

Otto PRIN Z

ARE

Das MLW verweist (I 917,24) von are auf re. Für Musikhistorike rmag das genügen ; den sonstigen Benutzern wird eine nähere Erklärungnicht unerwünscht sein . Sie ist sogar notwendig, um einige, wennauch leicht antiquierte, Mißverständnisse zu beseitigen .

Es geht um eine Stelle aus dem carmen satiricunz des ErfurterDomherren Nikolaus von Bibra (entstanden etwa 1281-83) 1. Dieses

1 . Carmen satiricum . Eine Quelle des XIII . Jahrhunderts . Neu herausgegebenund erläutert von Theobald Elsa= (Erfurter Denkmäler = Geschichtsquellender Provinz Sachsen I) 187o . Dazu Aloys SCHMIDT, Untersuchungen liber dasCarmen satiricum occulti Erfordensis, Sachsen und Anhalt 2, 1926, S . 76-158 .Nach SCHMIDT handelt es sich um Einzelgedichte verschiedener Verfasser, dieNikolaus von Bibra zu einem Ganzen zusammengefaßt hat . Literaturhinweise

244

Gedicht, eine nützliche Quelle für die Kulturgeschichte der deutsche nStadt am Ausgang des 13 . Jahrhunderts, enthält nach scharferPolemik auch ein Loblied auf Erfurt . Zuallererst werden dabei di eKanoniker der Stadt gerühmt . Von ihnen heißt es in Vers 1492 :

Quidam cantare norunt per gama ut are .

Zu are glaubte Theobald FISCHER, der zweite Herausgeber, eineErläuterung liefern zu müssen . Er beruft sich auf Du CANGE, woare (allerdings aus Marseille, nicht aus Mitteldeutschland) als ' pré-sentement', ` sofort' belegt ist . Demnach besage der Vers, daß dieKanoniker sowohl nach Noten (gama = ' Tonleiter ') als auch au sdem Stegreif (are = ' sofort ') zu singen verstünden . Möglicherweisesei aber auch an eine Gegenüberstellung von weltlichem Gesang undKirchengesang (are = ' Altar') zu denken . Dieser Alternative hatA . RIENÄCKER, der das Gedicht übersetzte 2 , sogar den Vorzuggegeben . Bei ihm heißt es : ,, Manche die singen so klar auf demFeldplan und vor dem Altar " .

Die Lösung des are-,, Rätsels " ist beinahe simpel, sobald mansich von der Voraussetzung löst, es müsse sich hier um ein Worthandeln . So ist es nämlich nicht . Vielmehr ist nur die Tonstufen-bezeichnung re mit dem vorangehenden a in derselben Weise graphischverbunden worden, wie es bei a und ähnlichen Präpositionen of tgenug zu geschehen pflegt . Nur ist a gar keine Präposition. Und eben -sowenig hat ut etwas mit einem Vergleich zu tun .

Gemeint sind hier die beiden ersten Töne der G-Tonleiter, bezeichne tdurch Gamma und A sowie zusätzlich (nach dem System der Solmi-sation a ) durch ut und re . Bei Guido von Arezzo 4 finden wir dasGanze so dargestellt :

ut re

mi fa .ut sol .re

la .mi fa

sol .u tP A B C

D

E F G

Nikolaus von Bibra hat sich aus den zwei ersten Paaren diese rReihe für seinen leoninischen Hexameter einen originellen Rei mauf cantare zurechtgemacht . Gam(m)a ut, A re bedeutet (pars pro

sind zu finden bei H . PATZE, Bibliographie zur thüringischen Geschichte, 1965 ,unter Nr . 5360ß und 7090.

2. Jahrbücher der kgl. Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt,Neue Folge, Heft 7, 1873, S . 1-xo2 . Unsere Stelle : S. 62, Vers 1 475 .

3. Vgl. Dom Anselm HUGHES, Early medieval music up to 1300 (New Oxfor dHistory of music II), x954, S . 290-293 .

4. Guano AzET . reg. rhythm . 13 .

245

toto) nichts weiter als die Tonleiter, auf deren Gesang sich die Herre nverstehen .

CALVATUM

Die Begründung eines weiteren Verweises (MLW II 92,43 voncalvatum auf galvaia) kann, da keine Irrtümer zu berichtigen sind ,kurz ausfallen . Das Wort steht in einer Notiz der Freisinger Annale nzum Jahre 1278 : hoc anno venditum est calvatum Frisingensis mensurepro IX denariis Monacensibus b . Der Herausgeber (G . WAlTZ) bemerktdazu : quid sit, nescio . Zwei Belege aus dem Urbarium superiorisBaiuwariae (um 1280) weisen auf die richtige Spur : REGISTR . Baiuv .A p . 178,17 de advocatia avene Geroltspach XVIII modii Frisingensismensure et tritici XII calvei, ferner ebenda p . 271,16 iudici danturbrazii IV galvei Monacensis mensure . Hinzu tritt eine Urkunde desKlosters Neustift bei Freising aus dem gleichen Jahre mit dem Ver -merk : ut ipsi . . . VI galvagos siliginis . . . recipiant B .

Vom Sachlichen her besteht demnach kein Zweifel . Es ist in allendiesen Fällen ein Trockenmaß (vornehmlich für Getreide) gemeint ,das aus den Mundarten Tirols und Bayerns als Galfe (fern .) undGalbai, Galbai u.ä . (neutr .) bekannt ist 7 . Im MLW wird es, de mLautstand unserer Belege entsprechend 8 , als galvaia angesetzt .

Im Bayerischen ist das Wort Neutrum. Es fehlen auch nicht Beleg emit c- im Anlaut ° . Damit ist die Brücke von galvaia zu calvatumgeschlagen . Nur das -t- wäre noch zu erklären . Es ist wohl nur ver-schrieben oder verlesen aus -i- (calvaium) . Freilich nähert sichcalvatum auf merkwürdige Weise dem Ausgangspunkt des Wortes ,

5. ANNAL . Frising . a . 1278 .6. Die Traditionen, Urkunden und Urbare des Klosters Neustift bei Freising,

bearbeitet von Hermann-Joseph BusLEY (Quellen und Erörterungen zur Bayeri-schen Geschichte, Neue Folge XIX), 1961, Nr . 59, p . 1 33, 1 5 .

7. Josef SCHATZ, Wörterbuch der Tiroler Mundarten I, 1955, S .V . gaffe ;J . Andreas SCHnELLER, Bayerisches Wörterbuch I, Neudruck 196x, S . 894 .

8. CHART . Tirol. 672 p . 127,43 (a. 1215118) VIII galvaias frumenti et siliginis .CHART Neocell . (Brixin.) 77 p . 119,23 sq . (Fontes rerum Austriacarum II ,

77, 1 9 6 5) sex galvaias frumenti et sex galvaias sigili. CHART. Carinth . IV, 2919, 2unum galvay papaveris.

9. Die Belege im Zettelkatalog des Bayerischen Wörterbuchs, die mir dan kfreundlicher Hilfe von Frau Dr . G . RONDE und Herrn G . SCHLACHTL zugänglichwaren, zeigen fast ausschließlich die Form galvai, galvay, galva u .a . ; calva ihat Nr. 18a der Urkunden des Heiliggeistspitals in Manchen, bearbeitet vonHubert VOGEL (Quellen und Erörterungen zur Bayerischen Geschichte, Neu eFolge XVI 1), 196o .

246

das ja auf calvus, calva zurückgeht 10 . Doch das ist gewiß ein Zufall .Denn etymologische Reflexionen oder gar Kenntnisse darf man vo ndem Annalisten wohl doch nicht erwarten .

CASANIU M

Da von dem Lemma nur der Ablativ belegt ist, könnte es sic hauch um ein Masculinum handeln . Das Wort steht in BOTAN . San-gall. 13,6, einer Rezeptsammlung, die in einer Sankt Galler Handschriftdes neunten Jahrhunderts überliefert ist . Es wird ad demonio expellendofolgendes empfohlen : herba ginciana luna discriscente, cum erit signumtauris vel scurpioni, mittis gutta manate, visco, qui in casanio crescit ,teris semel, sic dabis ei bibere, pnobatum est.

Bei casanio denkt man unwillkürlich zuerst an die Kastanie, au fder die Mistel, wie auf verschiedenen Laubhölzern, ja auch anzu-treffen ist 11 . Für eine solche Deutung gibt es jedoch keinerlei Anhalts-punkt 12 . Alles deutet vielmehr darauf hin, daß mit der Wirtspflanz eder Mistel die Eiche gemeint ist .

Sprachlich fügt sich casanium ein in den Bereich von franz . chêne .Wie dieses Wort etymologisch zurückgeht auf ein gallisches, al sAppellativum spät und spärlich belegtes cassanus 13, so beruht dasgleichbedeutende altfranz . chassan auf einem bereits im Galloro-manischen vorauszusetzenden cassanium 14 . Davon unterscheidet sichunser Lemma allein durch sein einfaches -s- . Schon dies würde eine rIdentifikation mit cassanium nicht ernstlich im Wege stehen . Tatsäch-lich läßt sich feststellen, daB der Schreiber bei -s- und -ss- unsiche rist 15 .

Überdies ist nun neben den Misteln auf der Ulme 10 und dem

lo . Zur Etymologie vgl . MEYER-Lüzxz, REW und WARTBURG, FEW s.v . ,P. SELLA, Glossario latino italiano (Stati della chiesa, Veneto, Abruzzi), 1 944,belegt erstmals zum Jahre 1122 calveam frumenti .

T 1 . G. HEGT, Illustrierte Flora von Mitteleuropa III, o . J ., S . 147 .12. Vgl. die castanea-Artikel im ThLL und MLW. Man müßte den Ausfall

von -t- konjizieren, wozu nicht die geringste Notwendigkeit besteht.13. WARTBURG, FEW II 1, S . 45g ; Glossarium mediae latinitatis Cataloniae,

Fan. 4, 1965, S. 424 .14. FEW II r S . 461 .15. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien notiert : BOTAN . Sangall. 1, 1

herba cumtussa : 1,44 contusa ; 3,10 herba tussa : 6,2 . 7,1 .2 . 11,3 (usw .) tusa ;28,1 .2 .3 .6 herba gresion : 28,4 .5 gression .

16. GLOSS . med . p . 13,3 de visco, qui nascitur in ulmo .

I

247

Birnbaum 17 die Eichenmistel (schon seit der Antike) ausgiebigbezeugt 18 . Dem Verfasser des Rezepts, der inmitten einer langenTradition der Dämonenabwehr steht, verdanken wir also ein direktesZeugnis für den Gebrauch eines galloromanischen Wortes .

CASATU S

Im casatus-Artikel seines Lexicon, minus bringt J . F . NIERMEYER(beim subst . fem., neutr.) an erster Stelle die Bedeutung , maisnie, Hausgesinde `, belegt einzig und allein durch die Stelle CAPIT .reg . Franc . 21 p . 52,11 . Wir werden ihm hierin nicht folgen . ZurBegründung unserer abweichenden Meinung geben wir zunächs teine Gegenüberstellung der in den beiden Wörterbüchern miteinande rkorrespondierenden Bedeutungsgruppen .

NIERMEYER

MLW

SUBST . MASC .

SUBST . MASC . (ET NEUTR . ifl )

serf muni d'une tenure — a serf II A la servus collocatus, coloniaewho has a holding

possessor, colonus — angesiedelter(, behauster ') Knecht, Hufenbe -sitzer, Hintersasse

vassal muni d'un fief, feudataire II A 2 vassallus — Lehnsmann— vassal who holds a fief, feuda-torycasati villae : les possesseurs debiens-fonds dans un terroir de

(im Bereich des MLWvillage — local landed proprie-

nicht belegt)tors

17. HILDEG . caus . p . 176,17 circa viscum piri (181,3 tolle birboumes mislel) .phys . r,194 viscum piri (3,2 p . I218A birbaumes m istel) .

18. Vgl. dazu den viscum-Artikel bei FORCELLINI . Das MLW-Material belegtden viscus quercinus bei MATTH . PLATEAR. gloss . p . 382F, ROGER. SALERN .chirurg . 3,32 adn., TRACT . de aegr. cur . p . 218,8, TRACT . de chirurg . 240 . Auchbei RECEPT . Sangall . II 8 wird man also, entgegen der Edition, die zwische ndie beiden Wörter ein Komma setzt, viscu ruborio (= roboreo) lesen dürfen.

lg . Neutrum bezieht sich auf die unter II A rb angeführten Belege . Hierist das Masculinum zwar wahrscheinlich wegen -os in der langobardische nRezension (CAPIT . reg . Franc . 20,14) und der Lesarten -os und -i bei CAPIT .reg . Franc. 21, bei -is und -um aber natürlich nicht gesichert . Jedenfalls sin dwir gezwungen, dieselbe Bedeutung, da wir die Genera trennen, an zwei Stelle nanzusetzen. Vermutlich sind die gegenüber dem Femininum offensichtlic hsekundären Belege des Masc. und Neutr . beeinflußt von manus .

248

3

4

5

(zu fern. /neutr . 4 : CAPIT . reg.Franc. 20,13 .zu fem . /neutr . z ; anders interpre -tiert : CAPIT . reg . Franc . zz p . 52,11 )

SUBST . FEM . ET NEUTR .

z le groupe humain vivant dans l acommunauté familiale, la maisnie— the demesne household :CAPIT. reg . Franc . 21 p . 52,1 1

2 un ménage de serfs— a familyof serf s

enclos qui entoure une demeurepaysanne — farm-yard

unité d'exploitation rurale,manse --- rural homestead ,manse

II A z b colonia, mansus — Ho feines Hintersassen, Bauernstelle :CAPIT . reg . Franc . 20,13 .2X p . 52,1 1

(= CONC . Karol . r8 20 )

SUBST . FEM .

(anders interpretiert :zu II A 1 b )

II B 2 coloni familia, gens —Familie, Geschlecht eines Hinter-sassen .II B r a area (coaedificata), curtile— (bebautes) Grundstück, Hofstatt

II B z b colonia, mansus — Ho f(eines Hintersassen), Bauernstell e

une mesure de terre — a measure (im Bereich des MLWof land

nicht belegt)

Sieht man ab von den bekannten Unterschieden in der Material-grundlage und in den Dispositionsgrundsatzen, so ist weitgehendeÜbereinstimmung festzustellen, ausgenommen lediglich die hier z uerörternde Kapitularienstelle : et biduaitas (ieiunias) omnes faciant,tam episcapi, monachi et monachae atque canonici atque eorum infracasatum homiiies .

Wenn NIERMEYER hier casatum als , la maisnie ` auffaßt, sprengter damit den Rahmen der üblichen Wortbedeutung . Allen Bedeutungs-varianten von casatus ist ja gemeinsam, daß sie sich auf , behaust e(mit Haus und Hof ausgestattete) Personen (Hörige oder Vasallen )beziehen . La maisnie aber ist das Gegenteil davon : Es sind die amHof des Grundherren lebenden, (noch) nicht mit Haus und Hofausgestatteten, , unbehausten' Knechte 2i .

Natürlich kann auch ein Wort, das fast als terminus technicusverwendet wird, gelegentlich einen anderen Sinn erhalten . Eine einzigeStelle dieser Art aber erweckt Mißtrauen, und das umso mehr, wen n

so . im 117LW wird die (neuere) Concilien-Ausgabe zitiert .zz . Dazu vgl. NZERMEYERS Artikel masenata .

249

unmittelbar daneben mehrfach die normale Bedeutung erscheint .Und gerade das ist bei CAPIT . reg. Franc . 21 der Fall .

Dieses sogenannte Capitulare episcoporum (entstanden wohl imWinter 792 /93 22 ) verpflichtet, angesichts einer Hungersnot, di egeistlichen und weltlichen Großen zu besonderen Leistungen, di ezur Linderung von Unglück und Not beitragen sollen . Und zwarsollen Bischöfe, Mönche und Nonnen, ihrem Stand entsprechend ,Psalmen singen, außerdem aber auch, je nach Vermögen, Almosenspenden. Ähnliches wird von den Laien erwartet : comites vero fortiore slibram unam de argento auf valentem, mediocres mediam libram , •vassus dominicus de casatis ducentis medians libram, de casatis centumsolidos quinque, de casatis quinquaginta auf triginta unciam unam .

Mit den casatis, nach deren Anzahl die Lehnsleute eingestuf twerden, ist offensichtlich dasselbe gemeint wie in CAPIT. reg . Franc .20,13 (de casatis quinquaginta solidum unum), nämlich Bauernstellen(Hufen) 23 . Zudem heißt es ja auch anschließend im Capitulare episco-porum : et faciant biduanas atque eorum homines in eorum casatis ,vel qui hoc facere possunt .

Diese für die Laien geltende Bestimmung entspricht nun fastaufs Wort dem, was vorher von den Geistlichen verlangt wordenist .

Geistliche

Laien

et biduanas omnes faciant . . .

et faciant biduanasatque eorum

atque eoruminfra casatum hommes,

hommes in eorum casatis ,vel qui potentes sunt

vel qui hoc facere possunt

Angesichts dieser Parallelität, die auch sonst zwischen den beide nTeilen des Kapitulars besteht, ist kaum noch zu bezweifeln, daßhier jeweils dasselbe gemeint ist, nur im Ausdruck leicht variiert .Man darf wohl annehmen, daß die erste, schon für die Zeitgenosse nnicht ohne weiteres verständliche Formulierung 24 beim zweiten Malpräzisiert werden sollte . Und so meint infra casatum dasselbe wiein casatis : die Hintersassen auf ihrer ` Bauernstelle ' .

München

Wolfgang HESSLE R

22. Vgl . die chronologische Übersicht bei R . BUCHNER, Die Rechtsquellen(Beiheft zu WATTENBACH-LEVISON, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittel-alter), 1 953, S . 78 (nach F. L . GANsH0r) .

23. Ebenso NIERMEYER in seinem Artikel (= subst. fem./neutr. 4) .24. Das zeigen die Varianten der Handschriften : casatos E2, casati V und BI .