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Sept./Okt. 5/2000 Seite 473 Dank an den Kreis und die Stadt Ludwigsburg Landschaftstreffen von mehr als 600 Sudetendeutschen in Ludwigsburg am 2. Juli 2000 In der Folge von zwei Jahren treffen sich die Kuhländler in ihrer Patenstadt Ludwigsburg, Tagungsort war das Forum am Schloßpark. Bevor aber die zum Teil von weit her angereisten Teilnehmer sich zur Festveranstaltung im Forum einfanden, stand die Totenehrung am Kuhländler Bauernbrunnen mit Gedenkstein, auf der nahegelegenen Bärenwiese, in besonders feierlicher Form, unter Teilnahme von Kuhländler Trachten und Fahnenträgern, an. Der Kuhländler Landschaftsbetreuer Josef König erinnerte zur Eröffnung der Veranstaltung an das Schreiben des Landrates Dr.Jäger vom 3.August 1945, in dem die Vertriebenenfrage erstmals aktenkundig wurde und „... in dem die Bevölkerung aufgerufen wurde, sich dieser Mitbürger anzunehmen und zu ihrer Wiederverwurzelung beizutragen ...“. Josef König stellte mit Dank an den Kreis und die Stadt Ludwigsburg fest, daß die Aufnahme und Eingliederung der vertriebenen Landsleute mit Erfolg geglückt ist. Im gut besetzten Forum konnte er den prominenten Festredner zur Veranstaltung, den Europaabgeordneten, Seine Kaiserliche Hoheit Otto von Habsburg, begrüßen, ebenso den 1. Bürgermeister der Stadt, Herrn Wurster, in Vertretung von Oberbürgermeister Dr. Christof Eichert; begrüßt wurden Herr Klaus Herrmann MdL, Franz Longin, Vorsitzender des Heimatrates und Bundesvorstandsmitglied der Sudetendeutschen Landsmannschaft (SL), die Vertreter der Kreisgruppen Ludwigsburg des Bundes der Vertriebenen (BdV) und der SL. Er begrüßte die anwesenden Landsleute und Amtsträger der Heimatgruppen und -verbände, unter ihnen den früheren Vorsitzenden der Stiftung Kuhländler Archiv mit Heimatstube, den 97jährigen Kurt Janik, dem er gleichzeitig zu diesem besonderen Geburtstag gratulieren konnte. Erster Bürgermeister Wurster betonte in seinem Willkommensgruß, daß auch unter den sich än- dernden politischenVerhältnissen die Stadt weiter zu ihrer Patenschaft mit den Kuhländlern stehen werde. Zu demseit Beginn der Patenschaft bestehenden Ziel, den Kuhländlern ein neues kulturelles Zentrum zu bieten, sei heute der Gedanke der Versöhnung hinzugekommen. Franz Longin stellte in seinem Grußwort unter großem Beifall fest, daß auch nach mehr als 50 Jahren seit der Vertreibung den Sudetendeutschen ihre Treue zur alten Heimat erhalten geblieben Totenehrung am Kuhländler Bauernbrunnen mit Gedenkstein Trachtenträger mit Fahnen und Teilnehmer ziehen in das Forum

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Sept./Okt. 5/2000 Seite 473

Dank an den Kreis und die Stadt LudwigsburgLandschaftstreffen von mehr als 600 Sudetendeutschen in

Ludwigsburg am 2. Juli 2000

In der Folge von zwei Jahren treffen sich die Kuhländler in ihrer PatenstadtLudwigsburg, Tagungsort war das Forum am Schloßpark. Bevor aber die zum Teil vonweit her angereisten Teilnehmer sich zur Festveranstaltung im Forum einfanden, standdie Totenehrung am Kuhländler Bauernbrunnen mit Gedenkstein, auf dernahegelegenen Bärenwiese, in besonders feierlicher Form, unter Teilnahme vonKuhländler Trachten und Fahnenträgern, an.Der Kuhländler Landschaftsbetreuer Josef König erinnerte zur Eröffnung der Veranstaltung andas Schreiben des Landrates Dr.Jäger vom 3.August 1945, in demdie Vertriebenenfrage erstmalsaktenkundig wurde und „... in dem die Bevölkerung aufgerufen wurde, sich dieser Mitbürgeranzunehmen und zu ihrer Wiederverwurzelung beizutragen ...“.Josef König stellte mit Dank an den Kreis und die Stadt Ludwigsburg fest, daß die Aufnahme undEingliederung der vertriebenen Landsleute mit Erfolg geglückt ist.Im gut besetzten Forum konnte er den prominenten Festredner zur Veranstaltung, denEuropaabgeordneten, Seine Kaiserliche Hoheit Otto von Habsburg, begrüßen, ebenso den 1.Bürgermeister der Stadt, Herrn Wurster, inVertretung von Oberbürgermeister Dr. Christof Eichert;begrüßt wurden Herr Klaus Herrmann MdL, Franz Longin, Vorsitzender des Heimatrates undBundesvorstandsmitglied der Sudetendeutschen Landsmannschaft (SL), die Vertreter derKreisgruppen Ludwigsburg des Bundes der Vertriebenen (BdV) und der SL.Er begrüßte die anwesenden Landsleute und Amtsträger der Heimatgruppen und -verbände, unterihnen den früheren Vorsitzenden der StiftungKuhländlerArchiv mit Heimatstube, den 97jährigenKurt Janik, dem er gleichzeitig zu diesem besonderen Geburtstag gratulieren konnte.Erster Bürgermeister Wurster betonte in seinem Willkommensgruß, daß auch unter den sich än-dernden politischenVerhältnissen die Stadt weiter zu ihrer Patenschaft mit den Kuhländlern stehenwerde. Zu demseit Beginn der Patenschaft bestehenden Ziel, den Kuhländlern ein neues kulturellesZentrum zu bieten, sei heute der Gedanke der Versöhnung hinzugekommen.Franz Longin stellte in seinem Grußwort unter großem Beifall fest, daß auch nach mehr als 50Jahren seit der Vertreibung den Sudetendeutschen ihre Treue zur alten Heimat erhalten geblieben

Totenehrung am KuhländlerBauernbrunnen mit Gedenkstein

Trachtenträger mit Fahnen undTeilnehmer ziehen in das Forum

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ist. Bezüglich der politischen Situation in der alten Heimat verwies er zwar auf die nachfolgendenRedner, ließ es sich aber nicht nehmen, die Tschechische Regierung zur Regelung der ungelöstenProbleme, insbesondere zur Aufhebung der Benesch-Dekrete aufzufordern. Die deutscheBesiedlung und Erschließungder Sudetengebiete sei kein abgeschlossenesKapitelder Geschichte.In diesem Zusammenhang forderte er die Kulturpolitiker der Bundesländer auf, das schon zurGewohnheit gewordeneVerschweigen der deutschen Ostbesiedlungin den Geschichtslehrbüchernzu beenden.Der Stuttgarter Landtagsabgeordnete Klaus Herrmann (CDU) versicherte in seinem Grußwortdie Bereitschaft des Landes und auch seine persönliche Bereitschaft, die kulturelle Arbeit der

Heimatvertriebenen in Baden-Württemberg weiter zuwürdigen und zu unterstützen.Der Höhepunkt des Tages war natürlich die FestanspracheOtto von Habsburgs. Er wurde von den Anwesenden mitbesonders herzlichemBeifallbegrüßt. Aufmerksamverfolgteman nun seine Ausführungen zu den langfristigen StrategieneuropäischerPolitik.AndieserStellekönnennur einige seinerThemen angedeutet werden:Die Rollen des US-PräsidentenReagan und des Papstes Johannes Paul II. vor demZusammenbruch des osteuropäischen Kommunismus; derdamalige Befehl Gorbatschows, die baltischen Staaten zubombardieren und die Befehlsverweigerung seinestschetschenischen Oberkommandierenden; die politischenZiele des derzeitigen russischen Regierungsschefs Putin ...Den unerschütterlichen Standpunkt der japanischenRegierung in der Frage der Rückgabe der Kurilen stellte erin Kontrast zu der nachgiebigen deutschen Politik in Men-schenrechtsfragen. Deutschland sei sich seiner historischenUntaten schon lange im klaren – nun müsse man das auchvon anderen Staaten verlangen. Nach wie vor sei dersogenannte Mährische Ausgleich ein leuchtendes Vorbild,wie man erfolgreicheinen vertraglichen Interessenausgleichzwischen Völkern erreichen kann (Beispiel Namibia). ZurStabilisierung der politischen Lage sei die europäische

Einigung schnell, jedoch nicht bedingungslos nachOsten zu erweitern. DenVersammelten empfahlOtto von Habsburg ohne Bitterkeit, jedoch mit Optimismus und Zuversicht nach vorne zuschauen und der alten Heimat die Treue zu halten. Mit nicht enden wollendem Beifallverabschiedeten ihn die Zuhörer.Ludwigsburger Sängerinnen und Sänger unter Leitungvon Gunter Pfeiffer sowie der SenftlebenerSingkreis aus Uhingen unter Leitung von Traudl Czeppel untermalten mit ihren Darbietungen dieVeranstaltung. Letztgenannter Chor, der vor allem in Kuhländler Mundart seinen Gesang vortrug,besang auch die farbenfrohe Kuhländler Tracht, die von einem Trachtenpaar zum Lied dargestelltwurde.Der Landschaftsbetreuer verlieh Herrn Gunter Pfeiffer und Frau Traudl Czeppel für ihremusikalische Umrahmung der Veranstaltung Verdiensturkunden. Frau Edith Kosler aus derTschechischen Republik erhielt für ihre Arbeit als Vorsitzende im Verband der Deutschen inNeutitschein – Kuhländchen und ihre völkerverbindenden Bemühungen zwischen ihren

Otto von Habsburgbei seiner Festansprache

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Landsleuten aus der Bundesrepublik und den Tschechen dieVerdienstmedaille, ebenso wie Frau Marie-Anne Steffke, die ihreAuszeichnungfürihrenEinsatzbeiderAckermann-Gemeindeerhielt.Für eine Überraschung sorgte Franz Longin, als er demLandschaftsbetreuer Josef König die ehrenvolle „Dr. vonLodgman-Plakette“ der SL überreichte, die für besondereLeistungen für Entwicklung und Gestaltung der Volksgruppeund außerordentliche Mitarbeit in der SL verliehen wird.Nachdem einige Besonderheiten in Form von Fotos aus derFamiliengeschichte Otto von Habsburgs, u.a. eine “Instruk-tionsanweisungandie k. u. k.Fußtruppen von1891”**und weitereGeschenke als Aufmerksamkeit übergeben waren*, blieb nochgenügend Zeit für die Veranstaltungsteilnehmer, Gespräche mitErinnerungen an die alte Heimat zu führen, Neuigkeitenauszutauschen und auch neue Bekanntschaften zu schließen.Natürlich konnte auch die Gelegenheit genutzt werden, um dieSammlungen des nahegelegenen Kuhländler Archivs zubesichtigen, bevor sich die auswärtigen Teilnehmer wieder an dieHeimreise machen mußten.

Pressereferent Fotos: Rudolf Leidolf

Die Singkreise auf der Bühne

Im Plenum ...v. links: Roland Janik mit Frau,Otto von Habsburg undKreisbertreuer Dr. Erich Meixner

v. links: 1. Bürgermeister der StadtLudwigsburg Herr Wurster im Ge-spräch m. MdL Klaus Herrmann,daneben Franz Longin

Franz Longin ehrt Josef Königmit der „Lodgman-Plakette“

* und ** siehe nächste Seite

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* Von den Kreisbetreuern der Heimatkreise Fulnek, Neutitschein, Odrau und Wagstadtwurden Otto von Habsburg Buchgeschenke mit Urkunden, die von Dr. Erich Meixnerentworfen worden waren, übergeben, vom Verein „Alte Heimat – Kuhländchen“ erhielter eine Funkuhr mit dem Emblem des Vereins.Seine Hoheit Otto von Habsburg dankte allen für diese besonderen Aufmerksamkei-ten. Sein Dankschreiben an Josef König ist für unsere Volksgruppe eine Auszeich-nung.

** Wie bereits im Bericht über das Kuhländler Treffen angedeutet, wurden verschiede-ne Besonderheiten in Form von Repros von Fotos und Abbildungen aus der Familien-geschichte seiner Hoheit Otto von Habsburg vom Landschaftsbetreuer Josef Königim Namen des Landschaftsrates an Otto von Habsburg übergeben.

Künstlerisch in Farben vonFranz Swoboda ausgeführteKopie in Postkartengrößeeines Fotos der Büste desjungen Kaisers Karl I.(Vater Otto von Habsburgs)

z. Verfügg. gestelltv. R. R. Hinner/Brasilien

Foto von Kaiser Karl I.

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Wie aus dieser Abschrift der Urkunde des „Kais. königl. Stadthaltereipräsidiums inBöhmen“ hervorgeht, wurde die Farbkopie des Kaisers Karl I. für die k. k. Staats-realschule in Freiwaldau bestimmt (es wäre zu klären, ob diese Kunstkarte sich nochdort befindet).

Vorgenannte und folgende Exponate stammen ausnahmslos aus dem Nachlaß vonProf. Franz Swoboda (siehe Erinnern an Persönlichkeiten) und wurden von seinerSchwiegertochter Frau Swoboda, die heute in Baden-Württemberg beheimatetist, für Anfertigung von Repros für diesen Anlaß zur Verfügung gestellt. Wir habenüber Josef König die Genehmigung zur Veröffentlichung erhalten und dankenFrau Swoboda für Ihre Zustimmung und Ihr Vertrauen.

Ein besonderes Exemplar, die Kopie einer „Ausbildungsvorschrift für die k. u. k.Fußtruppen von 1891“ (das Orig. ist eine Handzeichg. auf Leinen, eine Kopie davonbefindet sich auch im Kuhl. Archiv in Ludwigsbg.), wurde Otto von Habsburg eben-falls übergeben (siehe Abbildung auf Seite 470), ebenso nachfolgende Abbildung.

Seite 478 Sept./Okt. 5/2000Geschichte und Kultur

Gemälde v. Z. Gemela 1910Manöverbeobachtung 1910v. rechts: Kaiser Franz Josef I.(Mann von Sissi),Thronfolger ErzherzogFerdinand undGeneralstabschef

Geschichten und Geschichte ...... „Am 1. März 1912 also trat Erzherzog Karl Franz Josef, an der Spitze seiner

braven 5. Eskadron (Siebener Dragoner), den Ritt von Brandeis an der Elbe imHerzen Böhmens nach dem fernen Kolomea an. Mit seinen vielen Aufenthalten solltees nicht weniger als anderthalb Monate dauern und mehr als jede andere Reiseartinsbesondere auch der Erzherzogin Zita ganz neuartige Eindrücke vermitteln können.Denn sie ließ es sich nicht nehmen, diesen soldatischen Zug durch die nördlicheMonarchie mitzumachen und ihrem Gatten und seiner Eskadron von Station zuStation zu folgen. ... einen Tag später langte man in der großen Garnison Mährisch-Weißkirchen an, hier hatte Karl sein Absteigequartier in derKavalleriekadettenschule, Zita nächtigte im Hofsalonwagen. Über Leipnik langteder Erzherzog am 14. März an der Spitze seiner Eskadron in Neutitschein an undstieg mit seiner Gattin im Schlosse der Theresianischen Akademie ab.Neben den üblichen Spitzen der Behörden huldigten hier auch der evangelischePfarrer und der Rabbiner. Das erzherzogliche Paar fuhr in dem von Karl selbstgelenkten Auto durch die Straßen der Stadt. Die Sauerquelle im benachbartenJassnik sollte von nun an den Namen der Erzherzogin tragen. Am 17. März trafensie in Teschen ein, das im kommenden Weltkrieg zu einem politisch-militärischenSymbol werden sollte.“ ...Quelle: Kaiser Karl und der Untergang der Donaumonarchie/Reinhold Lorenz, Verlag Styria Wien Köln

Anmerkung: In unseren Mitteilungen 6/1999, Seite 606, hatten wir über diesen Be-such des Erzherzogs in Neutitschein (mit Bild) bereits berichtet. Red.