das diabetische fortbildung fußulkus für den hausarzt der ... · g 2198 13_2017 fortbildung und...

76
G 2198 www.allgemeinarzt-online.de 13_2017 Fortbildung und Praxis für den Hausarzt Das diabetische Fußulkus Der Allgemeinarzt Störungen des Bewegungsapparats l Knieschmerzen I Orthopädische Krank- heiten beim Hausarzt Entwicklungsdiagnostik beim Kind Die Arbeit der Schlichtungsstellen Betriebsprüfung: Arztpraxen zu- nehmend im Fokus

Upload: vuhuong

Post on 19-Aug-2019

216 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

G 2198

www.allgemeinarzt-online.de

13_2017Fortbildung und Praxis für den Hausarzt

Der

Allg

emei

narz

t 13/

2017

Das diabetische Fußulkus

Der Allgemeinarzt

Störungen des Bewegungsapparatsl KnieschmerzenI Orthopädische Krank-

heiten beim Hausarzt Entwicklungsdiagnostik beim KindDie Arbeit der SchlichtungsstellenBetriebsprüfung: Arztpraxen zu-nehmend im Fokus

Für ein ideal feuchtesWundheilungsmilieu –in allen Phasen derWundheilung

Effektiv gegen die Keime der Infektion* Ohne Zelltoxizität oder Resistenzentwicklung1

Erstattungsfähig für Säuglinge und Kinder bis 12 J.

Tyrosur® Wundheilgel. Wirkstoff: Tyrothricin. Zusammensetzung: 100 g Gel enthalten 0,1 g Tyrothricin. Sonstige Bestandteile: Cetylpyridiniumchlorid 1 H2O,Propylenglycol, Ethanol 96 %, Carbomer (40 000 – 60 000 mPa·s), Trometamol, gereinigtes Wasser. Anwendungsgebiete: Zur lindernden Behandlung von

kleinflächigen, oberflächlichen, wenig nässenden Wunden mit bakterieller Superinfektion mit Tyrothricin-empfindlichen Erregern wie z. B.Riss-, Kratz-, Schürfwunden. Gegenanzeigen: Nicht anwenden bei bekannter Überempfindlichkeit gegen einen der Inhaltsstoffe. Nicht zurAnwendung auf der Nasenschleimhaut. Nebenwirkungen: Sehr selten kann es zu Überempfindlichkeitserscheinungen, wie z. B. Brennen aufder Haut, kommen.Warnhinweis: Enthält Propylenglycol! Stand:März 2017. Engelhard Arzneimittel GmbH & Co. KG, 61138 Niederdorfelden.

Wunden brauchen Liebe.

Das einzigeantibakterielleHydro-Wundheilgel*

1 Stauss-Grabo M et al., Pharmazie 2014, 69: 838–841.

*Zur lindernden Behandlung von kleinflächigen, oberflächlichen, wenig nässendenWunden mit bakte­rieller Superinfektion mit Tyrothricin­empfindlichen Erregern wie z. B. Riss­, Kratz­, Schürfwunden.

_01VCR_0020776.pdf; s1; (210.00 x 280.00 mm); 20.Jul 2017 10:12:57; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien

3www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

Für ein ideal feuchtesWundheilungsmilieu –in allen Phasen derWundheilung

Effektiv gegen die Keime der Infektion* Ohne Zelltoxizität oder Resistenzentwicklung1

Erstattungsfähig für Säuglinge und Kinder bis 12 J.

Tyrosur® Wundheilgel. Wirkstoff: Tyrothricin. Zusammensetzung: 100 g Gel enthalten 0,1 g Tyrothricin. Sonstige Bestandteile: Cetylpyridiniumchlorid 1 H2O,Propylenglycol, Ethanol 96 %, Carbomer (40 000 – 60 000 mPa·s), Trometamol, gereinigtes Wasser. Anwendungsgebiete: Zur lindernden Behandlung von

kleinflächigen, oberflächlichen, wenig nässenden Wunden mit bakterieller Superinfektion mit Tyrothricin-empfindlichen Erregern wie z. B.Riss-, Kratz-, Schürfwunden. Gegenanzeigen: Nicht anwenden bei bekannter Überempfindlichkeit gegen einen der Inhaltsstoffe. Nicht zurAnwendung auf der Nasenschleimhaut. Nebenwirkungen: Sehr selten kann es zu Überempfindlichkeitserscheinungen, wie z. B. Brennen aufder Haut, kommen.Warnhinweis: Enthält Propylenglycol! Stand:März 2017. Engelhard Arzneimittel GmbH & Co. KG, 61138 Niederdorfelden.

Wunden brauchen Liebe.

Das einzigeantibakterielleHydro-Wundheilgel*

1 Stauss-Grabo M et al., Pharmazie 2014, 69: 838–841.

*Zur lindernden Behandlung von kleinflächigen, oberflächlichen, wenig nässendenWunden mit bakte­rieller Superinfektion mit Tyrothricin­empfindlichen Erregern wie z. B. Riss­, Kratz­, Schürfwunden.

_01VCR_0020776.pdf; s1; (210.00 x 280.00 mm); 20.Jul 2017 10:12:57; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien

14- TÄGIG Die wichtigsten

News für Allgemeinärzte

Der Newsletter liefert Ihnen aktuelle Informationen rund um die Themen Allgemeinmedizin und Praxisorganisation.

Jetzt kostenlos bestellen unter www.allgemeinarzt-online.de/newsletter

92.0

040

- Ill

ustr

atio

n: g

roun

der

- Fo

tolia

5

auf ein wort

www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

Was soll sich der Hausarzt mit Seltenen Erkrankungen be-

schäftigen? Nur die wenigsten kommen auch nur ein einziges Mal im Praktikerleben vor. Das ist richtig, aber Menschen mit Seltenen Erkran-kungen (SE) beginnen ihre „Laufbahn“ über-wiegend in der Hausarztpraxis, wenn sie nicht schon im frühen Kindheitsalter erkrankt sind.

Hinter der rein formalen Festlegung, was zu den Seltenen Erkrankungen zählt, steht keine medizinische Gemeinsamkeit, keine Zuständig-keit eines Fachgebiets. Die wichtigste Gemein-samkeit ist das Schicksal der Betroffenen, die lange Jahre ohne die richtige Diagnose, ohne die geeignete Therapie, oft missverstanden und ausgegrenzt unter den zuneh-menden und sich verstärken-den Symptomen leiden, bis sie schließlich weit eher als andere Menschen versterben.

Hausärzte können das ändern. Nicht durch Aneignung von Spezialkenntnissen, sondern

• durch konsequente Anwen-dung der hausärztlichen Ar-beitsmethodik,

• durch vorbehaltlose Akzep-tanz der vom Patienten ge-schilderten Beschwerden und Einschränkungen sowie

• durch Aufmerksamkeit und Problemverständnis.

Nach abwartendem Offenlas-sen des Falles, Kontrollterminen und der expo-nentiellen Eskalation der Diagnostik und The-rapie bei unerwartetem Verlauf wird immer noch ein kleiner Rest ungelöster „Fälle“ blei-ben. Es sind meist Patienten mit unverständli-

chen Symptomen, die in kein Krankheitsschema passen, manche mit Verhaltensauffälligkeiten, mit Leistungsunvermögen, mit für die Alters-gruppe ungewöhnlichen Störungen. Diese Pa-tienten jetzt nicht oberflächlich symptoma-tisch zu behandeln, nicht auf die Odyssee durch alle medi-zinischen Einrichtungen und Fachgruppen zu schicken und nicht mit einer Scheindiagnose „abzulegen“, sondern die Wei-chen richtig zu stellen und ei-nem Zentrum für Seltene Er-krankungen vorzustellen – das wäre optimales hausärztliches Handeln. Diese Zentren sind

in den letzten Jahren entwi-ckelt worden, für jeden Haus-arzt direkt zugänglich und er-sichtlich im SE-Atlas (www.se-atlas.de).

Die Hausärzte sind aufgeru-fen, im Herbst dieses Jahres dem Problem einmal beson-dere Aufmerksamkeit zu wid-men, den Patienten, die ohne klare Diagnose an unverständ-lichen Symptomkomplexen chronisch progredient leiden, denen alle gut gemeinte The-rapie nicht helfen will und die unseren Alltag oft stark belas-ten. Könnte es sich um eine Seltene Krankheit handeln? Sie werden demnächst über

die hausärztlichen Websites und Zeitschrif-ten einen Anmeldebogen erhalten, ausgewo-gen zwischen dem Informationsbedarf des Zentrums und dem strapazierten Zeitfonds der Hausärzte. Bleiben Sie recht aufmerksam!

Dr. Sturm ist langjähriges Mitglied

im Wissenschaftlichen Beirat der

Zeitschrift Der Allgemeinarzt. Er war

Gründungs- und Vorstandsmitglied

des Instituts für hausärztliche

Fortbildung (IhF) sowie von 2005 bis

2009 dessen Vorsitzender.

SELTENE ERKRANKUNGEN

Hausärzte können das, wer sonst?

Dr. med. Diethard Sturm

Facharzt für AllgemeinmedizinPatientenbeauftragter des Deut-schen Hausärzteverbandes und Beauftragter des Bundesvorstan-des für weitere Projekte09125 Chemnitz

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪„Nicht Spezialkenntnis-se werden benötigt, son-dern Aufmerksamkeit und Problemverständnis.“▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

Der Grippeimpfstoff für alle Alters-und Risikogruppen** ab 5 Jahren

• Als Fertigspritze mit fester Kanülemit praktischem Nadelschutz(TRBA 250-konform)

• Frei von Formaldehyd undKonservierungsstoffen

• Zuverlässige Frühauslieferungseit 2009

Weitere Informationenerhalten Sie unterwww.seqirus.de

Seqirus: IndividuelleInfluenza-Impfstoffe

* ab 5 Jahren ** Personen mit einem erhöhten Risiko für Influenza-assoziierte Komplikationen

afluria® Suspension zur Injekt. in Fertigspritzen. Wirkstoff: Influenza-Spaltvirus. Zusammensetzung pro 0,5 ml: Influenza-Spaltvirus (inaktiv. mit β-Propiolakton) der Stämme A/Michigan/45/2015(H1N1) pdm09-ähnl. (A/Singapore/GP1908/2015, IVR-180A), 15 µg Hämagglutinin; A/Hong Kong/4801/2014 (H3N2)-ähnl. (A/Hong Kong/4801/2014, NYMC X-263B), 15 µg Hämagglutinin; B/Brisba-ne/60/2008-ähnl. (B/Brisbane/46/2015/Wildtyp),15µgHämagglutinin.Sonst.Bestandteile:NaCl,Na2HPO4,NaH2PO4 x2H2O,KCl,KH2PO4,CaCl2,H2O.AfluriakannSpurenvonEiern(Ovalbumin,Hühnerpro-tein)undRückständevonNeomycinundPolymyxinenthalten.Anwendungsgebiet:ZurProphylaxegg. Influenza, insbes.beierhöhtemRisiko fürdamitassoziierteKomplikationenbeiErwachsenenundKin-dernab5Jahren.Gegenanzeigen:Überempfindlichk.gg.denWirkstoffodersonst.Bestandteileodergg.andereSubstanzen,diealsSpurenvorhandenseinkönnen,wiez.B.Eier(Ovalbumin,Hühnerprotein),Neomycin und Polymyxin; fieberhafte Erkrankung, akute Infektion. Nebenwirkungen: Sehr häufig: Kopfschm., Myalgie/allgemeine Muskelschmerzen, Schmerzempfindlichkeit/Schmerzen/Schwellung/Verhärtung/Erythem/Rötung a.d. Einstichstelle, Unwohlsein, Reizbarkeit, Fieber. Häufig: Infektion d. oberen Atemwege, Rhinitis, Nasopharyngitis, Husten, orophryngeale/pharyngolaryngeale Schmer-zen, verstopfte Nase, Rhinorroe, grippeähnliche Erkrankung, Übelk., Erbrechen, Durchfall, Appetitlosigk., Schmerzen im Oberbauch, Bauchschmer-zen, Arthralgie, Schüttelfrost, Frösteln, Ergussbildung/Ekchymosen/Pruritus a. d. Einstichstelle, Reaktogenitätsereignisse. Häufigk. nicht bekannt:Thrombozytopenie, Lymphadenopathie, allerg. Reakt. (einschl. anaphyl. Schock), Neuralgie, Parästhesie, Konvulsionen (einschl. Fieberkrämpfe),neurolog. Störungen (z.B. Enzephalomyelitis, Neuritis od. Neuropathie, Guillain-Barré-Syndr.), Vaskulitis (evtl. mit vorübergehender Beteiligung d.Nieren ), Pruritus, Urticaria, Hautausschlag, Zellulitis, ausgeprägte Schwellung a. d. Injektionsstelle, grippeähnl. Symptome. Warnhinweis: Auf derBasis des erhöhten Risikos von Fieberkrämpfen bei Kindern unter 5 Jahrenwurde die Indikat. auf die Impfung von Erwachsenen und Kindern ab 5 Jahrebeschränkt. Verschreibungspflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer: Seqirus GmbH, Emil-von-Behring-Str. 76, 35041 Marburg. Stand: Juni 2017.

AFLURIA®–GRIPPESCHUTZIMPFUNGFÜR DIE GANZE FAMILIE*

_020M2_0020707.pdf; s1; (210.00 x 280.00 mm); 24.Jul 2017 10:08:38; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien

inhaltsübersicht

7www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

A KTU E L L

10 Weniger Antibiotika bei Erkältungen 11 Stoßwellentherapie bei Fersenschmerz:

Zumindest besser als Plazebo 12 Obst und Gemüse gegen COPD 14 Impfpflicht für Kinder?

T I T E LT H E MA

16 Jan Hennings Knieschmerzen: So finden Sie die Ursache

20 Stefan Rehart, Moritz Arndt, Martina Henninger Orthopädische Krankheiten in der Haus-arztpraxis

G LOS S E

27 Hausarztmedizin: anspruchsvoll, komplex und nachhaltig

B E R U FS B I L D & PO L I T I K

28 Gegenwind zur Bürgerversicherung 30 Keine Verzweiflungstaten am

Rezeptblock! 32 Schlichtungsstellen: Hausärzte machen

eher bei der Diagnose Fehler

F O RT B I L D U N G

34 Andreas Maier-Hasselmann Diabetisches Fußulkus: So heilen chronische Wunden

42 Uta Lummert-Brünger Entwicklungsdiagnostik bei Kindern

46 Charlotte Schramm, Dorothea Besch, Kai Januschowski Schwachsichtigkeit bei Kindern

F O R S C H U N G U N D T E C H N I K

52 Künstliche Bauchspeicheldrüse ab 2018 53 Magengeschwür-Op. bremst Parkinson

Titelb

ild: x

xx

Knieschmerzen auf den Grund gehen

Tennisarm, Fersensporn, Ballenzeh ...

Fortbildung und Praxis für den Hausarzt

Therapie des diabetischen Fußulkus

Das Kniegelenk ist eines der am häufigsten Beschwerden verursa-chenden Gelenke. Ursa-chen gibt es viele. Es gilt zunächst, strukturelle von funktionellen Auslösern sowie degenerative von traumatischen Ursachen zu unterscheiden. Spezi-elle Untersuchungstech-niken grenzen die Diagnose dann weiter ein.

SEITE

16

Schmerzen im Arm, in der Hand oder im Fuß ohne konkretes erinnerliches Trauma führen den Pati-enten in der Regel zuerst zum Hausarzt. Lesen Sie, welche orthopädischen Krankheiten häufig sind, wie sie sich äußern und welche diagnostischen und therapeu-tischen Maß-nahmen sinnvoll sind.

SEITE

20

Aufgrund der Neuropathie sind Diabetiker besonders gefährdet, an den me-chanisch beanspruchten Füßen schmerzlose Ulzera zu entwickeln. Die lokale Wundbehandlung richtet sich nach dem Wundsta-dium, der Exsudatmenge und ggf. nach dem Grad einer vorlie-genden Wundin-fektion.

SEITE

34

medi. ich fühlmich besser.

Wir gehen tiefer.medi unterstützt Ihre TherapieamWunderwerkMensch.

Kompressionsstrümpfe. Bandagen. Orthesen. Einlagen.

www.medi.de

_01V5D_0020770.pdf; s1; (210.00 x 280.00 mm); 20.Jul 2017 07:42:03; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien

inhaltsübersicht

9www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

P RA X I S

54 Prävention und Rehabilitation: Begut-achtung verstehen – Anträge meistern

57 Neue Praxisformen: Wer hilft bei der Realisierung?

62 Betriebsprüfung: Arztpraxen im Fokus

V E RO R D N U N G

67 Pharma-News Kongressberichte 73 Hypertonie: Therapietreue verbessern 73 Kampagne zu Diabetes und Schlaganfall 74 Hepatitis C: Risikopatienten testen 74 Verletzungen des Sprunggelenks 77 Stellschrauben bei der KHK-Prävention 77 Reiserisiko Klimaanlage 78 COPD: Allgemeinbefinden verbessern 81 Schwindeltherapie mit neuer App 81 Kardiovaskuläre Sicherheit bei Diabetes

PA N O RAMA

82 Zum 100. Todestag von Emil von Behring 85 Kurz & gut 78 Impressum

... keine Frage. Wenn Patienten dann klagen, kommen die Schlich-tungsstellen ins Spiel. Deren Arbeit ist für das Ansehen der Medizin von großer Bedeu-tung.

„Ich habe mir vorgenommen, die Infektionskrankheiten zu heilen und ich werde es durchsetzen.“ Mit dieser Maßgabe startete Emil von Behring seinen Kampf gegen Diphtherie und Tetanus.

Auch Ärzte machen Fehler ...

Pionier der Schutz-impfung

Um den Reha-Antrag für einen Patienten er-folgreich auszufüllen, muss man die Hinter-gründe der Begutachtung verstehen. Worauf achtet ein MDK-Gutachter bei der Prüfung? Warum ist die ICF-Klassifikation so wichtig? Und wer sind die zuständi-gen Leistungsträger?

Wie wird mein Reha-Antrag genehmigt?

Fortbildung und Praxis für den Hausarzt

SEITE

82

SEITE

54

ANZEIGE

Betriebsprüfung: Arztpraxen im Fokus!Da die ärztlichen Behand-lungsmethoden in den letzten Jahren vielfältiger und komplexer geworden sind, stehen Arztpraxen zunehmend im Fokus steuerlicher Überprü-fungen. Wie kann ich das Risiko einer Betriebsprü-fung minimieren und wie wappne ich mich am besten, wenn doch eine Prü-fung ansteht?

SEITE

62

SEITE

32medi. ich fühlmich besser.

Wir gehen tiefer.medi unterstützt Ihre TherapieamWunderwerkMensch.

Kompressionsstrümpfe. Bandagen. Orthesen. Einlagen.

www.medi.de

_01V5D_0020770.pdf; s1; (210.00 x 280.00 mm); 20.Jul 2017 07:42:03; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien

med-eTraining.de

Pro Fort bildungs einheit bis zu

2 CME-PUNKTE SAMMELN

10

aktuell

Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

Weniger Antibiotika bei ErkältungenBei Erkältungen verordnen niedergelassene Ärzte Antibiotika mittler-weile seltener als früher. Dies geht aus dem aktuellen Gesundheits-report der Techniker Krankenkasse (TK) hervor. 2016 haben knapp 27 % der Beschäftigten, die erkältungsbedingt krankgeschrieben wa-ren, Antibiotika verschrieben bekommen. 2008 waren es noch rund 38 %. Schaut man auf die Beschäftigten, die erkältungsbedingt nur kurz – ein bis maximal drei Tage – krankgeschrieben waren, zeigt sich ein besonders starker Verordnungsrückgang: 2016 erhielten durchschnittlich etwa 19 % von ihnen Antibiotika verordnet, 2008 waren es noch gut 30 %.

foto

mek

- Fot

olia

GEHIRNJOGGING BRINGT NICHT VIELAnstatt Gehirnjogging am Computer zu betreiben, sollte man sich besser körperlich ertüchtigen, wenn man dem alternden Gehirn etwas Gutes tun möchte. Zu diesem Schluss kommt ei-ne US-amerikanische Studie. Während am Computer nur sehr spezielle Fähigkeiten eingeübt würden, beeinflusse aerobes Training die Gehirnstruktur und -funktion tatsächlich positiv. Als komplett nutzlos wollen die Autoren das Gehirnjogging al-lerdings auch nicht verdammen.Souders DJ et al. (2017) Front Aging Neurosci 9: 41

Dauer der Krank-schreibung

1–3 Tage

4–7 Tage

8–14 Tage

> 15

19,3

25,0

40,0

47,7

10 20 30 40 50 60

Erkältungskrankheiten und Antibiotika Anteil der erkälteten Pa-tienten, die 2016 Antibio-tika verordnet bekamen, nach Dauer der Krank-schreibung

∅: 26,7 %

Quell

e: TK

DEGAM-Kongress: Haus-arzt zwischen Anspruch und AlltagVom 21. bis 23. September 2017 findet am Institut für Allgemeinmedizin der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf der 51. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin unter dem Mot-to „Der Mensch im Mittelpunkt? Haus-ärztliches Handeln zwischen Ansprüchen und Alltag“ statt. Die Patient-Arzt-Kommunikation bildet den Kern des Kon-gresses. Leben wir sie auf Augenhöhe mit unseren Patien-ten, trotz der vielfältigen Ansprüche der Gesellschaft, des Gesundheitssystems, des Praxisteams, unserer Familie und von uns selbst?Das vollständige Programm findet man unter www.degam2017.de.

Häusliche Krankenpflege: neues FormularAb 1. Oktober 2017 gibt es einen geänderten Vordruck, auf dem Vertragsärzte Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege und die vor einem Jahr eingeführte Unterstützungspflege verordnen können. Ärzte hatten wiederholt darauf hingewiesen, dass das Ausfüllen Probleme bereitet und zu zeitaufwendigen Nachfragen von Krankenkassen und Pflegediensten führt. Das neue Formu-lar ist klarer strukturiert. Abgefragt werden nur noch Informationen, die für die Durchführung der Leistungen erforderlich sind. Felder für leistungsrechtliche Angaben, die ausschließlich die Krankenkassen für ihre Entscheidung benötigen, ob dem Versicherten die Leistung zusteht oder nicht, wurden größtenteils gestrichen. So ist eine gesonderte Begründung bei einer Verordnungs-dauer von über 14 Tagen künftig nicht mehr notwendig. Das neue Muster 12 löst das bisherige Formular zum 1. Oktober ab. Alte Vordrucke dürfen danach nicht mehr verwendet werden. KBV

11

aktuell

www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

Stoc

kfot

os-M

G - F

otol

ia

Die Krankengeldfalle wird entschärftDas Bundessozialgericht (BSG) hat in einem aktuellen Urteil (AZ B3KR12/16R) festgestellt, dass ein Versicherter, der seinen Arzt rechtzeitig aufgesucht hat, auch ohne Ausstellen einer lückenlosen Krankschreibung den Anspruch auf Krankengeld-bezug behalten kann, wenn der Arzt zu einem späteren Zeit-punkt im Rahmen seiner Rückdatierungsmöglichkeit beschei-nigt, dass die Arbeitsunfähigkeit durchgängig gegeben war. Aus Sicht der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) ist diese Auslegung ein erster Schritt in die richtige Rich-tung. Denn bislang hatte die gängige Rechtsprechung das Risi-ko, durch eine nicht formal durchgängig festgestellte Arbeits-unfähigkeit den Anspruch auf Krankengeldbezug zu verlieren, komplett auf den Patienten abgewälzt. Dadurch hatten viele Versicherte selbst dann den Anspruch auf Krankengeld verlo-ren, wenn sie mit Verweis des Arztes auf eine mögliche Rück-datierung der Arbeitsunfähigkeit die Feststellung nicht lü-ckenlos dokumentieren konnten. Die UPD begrüßt das Urteil auch deshalb, weil die Entscheidung auch stärker im Einklang steht mit der Lebenswirklichkeit der Ärzte, denen in dieser Sa-che bisher detaillierte Rechtskenntnisse und das Wissen über die unterschiedlichen Rechtsfolgen einer rückwirkenden AU-Bescheinigung für ihre Patienten abverlangt werden. Das Ge-richt ging in seiner Begründung davon aus, dass Ärzten regel-mäßig nicht bewusst ist, dass ein rückwirkendes Attest zum Verlust langzeitiger und existenzieller Krankengeldansprüche des Versicherten führen kann. UPD

Gesundheit schafft ArbeitMit mehr als 5,3 Millionen Beschäftigten ist das Gesundheits-wesen eine der wichtigsten Branchen für den deutschen Ar-beitsmarkt. Rund 2,2 Millionen Menschen arbeiten in ambu-lanten und 1,9 Millionen in stationären Einrichtungen. Allein auf die Arztpraxen entfallen 678.000 Arbeitsplätze.

Dan

Race

- Fot

olia

Stoßwellentherapie bei Fersenschmerz: Zumindest besser als PlazeboBei anhaltenden Entzündungen der Sehnenplatte am Fersenbein kommen verschiedene Behandlungen infrage, etwa Schuhein-lagen, Dehnübungen, Medikamente oder Physiotherapie. Hal-ten die Schmerzen länger an, kann eine extrakorporale Stoß-wellentherapie, kurz ESWT, helfen oder eine Operation. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswe-sen (IQWiG) hat nun den Nutzen der ESWT geprüft. Demnach gibt es im Vergleich zu Scheininterventionen für den Endpunkt Schmerz einen Beleg und für den körperlichen Funktionssta-tus einen Anhaltspunkt für einen Nutzen. Bei 2 von 6 aktiven Vergleichstherapien ergaben sich Anhaltspunkte für einen hö-heren Nutzen der ESWT, und zwar gegenüber Ultraschall und gegenüber Iontophorese (Aufnahme von Arzneimitteln durch die Haut mithilfe eines schwachen elektrischen Stroms) plus Einnahme schmerzstillender Mittel. Bei 2 weiteren aktiven Ver-gleichstherapien, nämlich Operation und Ultraschall plus Dehn-übungen, fanden sich keine Anhaltspunkte für einen höheren oder geringeren Nutzen. Im Vergleich zu Dehnübungen allein und gegenüber Glukokortikoid-Injektionen schnitt die ESWT schlechter ab. IQWiG

RECHTSANSPRUCH AUF HAUSARZT?

Laut einer Erhebung der Medizinischen Hochschule Hanno-ver sollen in Niedersachsen 65 % der Gemeinden Probleme

mit der Nachbesetzung von Hausarztpraxen befürchten. Den Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund (NSGB) ver-

anlasste dies Anfang Juni dazu, einen Rechtsanspruch auf ei-nen Hausarzt in der Gemeinde zu fordern.

Ärztenachrichtendienst

12

aktuell

Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

Obst und Gemü-se gegen COPDRaucher und Ex-Raucher sollten mehr Obst und Ge-müse essen, wenn sie eine COPD vermeiden möchten. Zu diesem Ergebnis kommt eine schwedische Studie mit rund 45.000 Männern zwischen 45 und 79 Jahren, unter denen 34,3 % Rau-cher und 38,5 % Ex-Raucher waren. Im Beobachtungs-zeitraum von 13 Jahren er-krankten 1.918 Teilneh-mer an COPD. Während die COPD-Inzidenzrate bei Rauchern, die weniger als 2 Portionen Obst und Ge-müse zu sich nahmen, bei 1.166/100.000 Personen-jahre betrug, lag sie bei je-nen, die sich, wie von der DGE empfohlen, mit täg-lich 5 Portionen ernähr-ten, bei 546/100.000. Das COPD-Risiko der Obst-Lieb-haber lag somit um 40 % niedriger als das der Obst-verächter. Ähnliche Unter-schiede fanden sich auch bei den Ex-Rauchern.Kaluza J et al. (2017) Thorax. DOI: 10.1136/thoraxjnl-2015-207851

Ehrung für Dr. Waltraud FinkFür ihre Verdienste um das Land Niederösterreich wurde Frau Dr. Waltraud Fink das Goldene Ehren-zeichen verliehen. Frau Dr. Fink praktizierte bis En-de 2016 in Straning. In den 1960er-Jahren machte sie sich als Schülerin von Dr. Robert N. Braun um die berufsthe-oretische Forschung in der Allgemeinme-dizin verdient. Bis heute kümmert sich die langjährige Mitarbeiterin der Zeitschrift Der Allgemeinarzt leidenschaftlich um das wissenschaftliche Vermächtnis von Robert N. Braun. Herausgeber und Redaktion von Der Allgemeinarzt gratulieren Frau Dr. Fink herzlich zu dieser Auszeichnung.

long

quat

tro - F

otol

ia

Phot

ogra

phee

.eu - F

otol

ia

Psychotherapeuten dürfen verordnenBislang durften nur Ärzte Leistungen verordnen. Seit kurzem wurde diese Befugnis nun per Ge-setz auch auf Psychologische Psychotherapeu-ten sowie Kinder- und Jugendpsychotherapeu-ten ausgedehnt. Auch sie dürfen nun also bei bestimmten Diagnosen Krankenhausbehand-lungen und Krankenbeförderung verordnen. Künftig soll diese Befugnis auch auf Leistun-gen der Rehabilitation und Soziotherapie aus-geweitet werden. KBV

Jani

na D

ierks

- Fot

olia

90 %der Deutschen tragen die Herpes-sim-plex-Viren vom Typ 1 in sich. Wer sich mit den Herpesviren infiziert hat, wird sie nicht mehr los. In den ersten Stun-den nach der Infektion entscheidet sich in jeder befallenen Zelle, ob sich das Virus darin aktiv vermehrt oder in den Ruhezustand übergeht. Forscher versuchen, einen Wirkstoff zu entwi-ckeln, der einen akuten Ausbruch in Gang setzt. Das Immunsystem könnte dann die Herpesviren mit Unterstüt-zung antiviraler Medikamente effek-tiv bekämpfen – und der Patient wäre vom Virus geheilt. BMBF

Dr. Waltraud Fink (li.) bei der Verlei-hung durch Lan-deshauptfrau Mag. Johanna Mikl-Leitner

NLK

Pfeiff

er

Wie bei einem Stromkabelkönnen auch Nerven blankliegen und Beschwerdenverursachen.

Keltican® forte versorgtden Körper mit wertvollenBausteinen für die Nerven-regeneration.

Rücken?Nervensache!

Keltican® forte.Trifft den Nerv. Regeneriert den Nerv.

Es enthält die wertvollen Nervenbausteine Uridinmono-phosphat (UMP), Vitamin B12 und Folsäure – gemeinsamunterstützt diese Nährstoffkombination die körpereigenenReparaturvorgänge geschädigter Nerven.

Keltican® forte unterstützt dieRegeneration geschädigter Nerven

• Drei wertvolle Nervenbausteine in einer Kapsel

• Sinnvolle Empfehlung zu klassischen Therapieformen

• Gut verträglich – auch als Dauertherapie geeignet

• Nur 1 Kapsel täglich

Weitere Informationen & Services:www.keltican.de

*Ergebnis aus Befragung (2014) von 95 Kundennach Einnahme von Keltican® forteLebensmittel für besondere medizinischeZwecke (bilanzierte Diät)

9von10Patienten sind

zufrieden bis sehrzufrieden!*

_1C1EJ_0020502.pdf; s1; (210.00 x 280.00 mm); 18.May 2017 11:30:23; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien

14

aktuell

Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

1.000.000.000 Arztkontakte

gibt es in Deutschland jährlich. Das hat die Kassen-ärztliche Bundesvereinigung hochgerechnet. Die-se verteilen sich auf 102.000 Arztpraxen, in denen 165.000 niedergelassene Hausärzte, Fachärzte und

Psychotherapeuten sowie 250.000 Medizinische Fachangestellte arbeiten. Pro Jahr werden so 553 Mil-lionen Behandlungsfälle versorgt. Pro Patient kostet die ambulante Versorgung in der Praxis 475 Euro im Jahr – die stationäre Krankenhausversorgung hinge-

gen kostet pro Patient 4.239 Euro.

Mobiler Service der KBVMit der App KBV2GO! bietet die KBV Ärzten einen prakti-schen Service. Das nächste Update der App enthält zahl-reiche Neuerungen. So wird erstmalig die ICD-10-GM in-tegriert – das Nachschlage-werk kann offline genutzt

werden, ein Updateservice informiert über Neuerungen. Hinzu kommt ein eigener Be-reich zum Thema Qualitäts-management: Ärzte und Psy-chotherapeuten können damit die Umsetzung einzelner Qua-litätsziele in ihrer Praxis tes-ten. Die App KBV2GO! wurde bereits über 27.000-mal her-untergeladen. Sie bietet eine mobile Variante des Einheitli-chen Bewertungsmaßstabes mit praktischer Suchfunktion. Die App KBV2GO! kann kosten-los im Google Play Store oder im iTunes Store heruntergela-den werden.

Impfpflicht für Kinder?Vor dem Hintergrund weite-rer Masernausbrüche fordert Gesundheitsminister Her-mann Gröhe die Beratungs-pflicht der Eltern zu Impf-fragen vor Aufnahme ihrer Kinder in Gemeinschaftsein-richtungen. In diesem Zu-sammenhang wiederholte die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DAKJ) ihre Forderung, einen altersentsprechend vollständigen Impfschutz gemäß STIKO-Empfehlungen zur verpflichtenden Voraussetzung für den Besuch von Schulen, Kindergärten und Kinderkrippen zu machen. Wichtig sei auch, so die DAKJ, dass die Ärztekammern berufsrechtliche Schritte gegen Ärzte ein-leiten, die mit ihrem Verhalten gegen das Gebot der ärztlichen Sorgfalts- und Qualitätssicherungspflicht verstoßen. Gemeint sind Ärzte, die von Impfungen abraten oder bewusst Eltern auffordern, diese später als empfohlen den Kindern geben zu lassen. Damit hätten diese Ärzte den Boden der wissenschaft-lichen Medizin verlassen. DAKJ

K.C. -

Foto

lia

Einfachdas PflasterDas meistverordnete Fentanyl-Pflaster inDeutschland, verfügbar in verschiedenen Wirkstärken:Fentanyl - 1 A Pharma® Matrixpflaster.Vertrauen auch Sie der Nr. 1 in der Verordnung.*

Fentanyl - 1 A Pharma®Matrixpflaster

(VerkleinerteDarstellung**)

50 μg/h, enth.11,56 mg Fentanyl

12 μg/h, enth.2,89 mg Fentanyl

37,5 μg/h, enth.8,66 mg Fentanyl

25 μg/h, enth.5,78 mg Fentanyl

100 μg/h, enth.23,12 mg Fentanyl

75 μg/h, enth.17,34 mg Fentanyl

150 μg/h, enth.34,65 mg Fentanyl

Fentanyl - 1 A Pharma® 12/- 25/- 37,5/- 50/- 75/- 100/- 150 μg/h Matrixpflaster, transdermales Pflaster;Fentanyl - 1 A Pharma® S 12/- 25/- 50/- 75/- 100 μg/h Matrixpflaster, transdermales Pflaster:Wirkstoff: Fentanyl.

Zusammensetz.: Fentanyl - 1 A Pharma: 1 transderm. Pflaster (5,25/10,5/15,75/21/31,5/42/63 cm2 Resorptionsfläche) enth. 2,89/5,78/8,66/11,56/17,34/23,12/34,65 mg Fentanyl entspr. einer Freisetz. von 12,5/25/37,5/50/75/100/150 μg Fentanyl/h, Poly(ethylenterephthalat), silikonisiert, hydr. Kolophonium,Poly[(2-ethylhexyl)acrylat-co-vinylacetat] (1:1), raffin. Sojaöl (Ph.Eur.), Poly(ethylenterephthalat), Drucktinte. Fentanyl - 1 A Pharma S: 1 transderm. Pflaster(5,25/10,5/21/31,5/42 cm2 Resorptionsfläche) enth. 2,1/4,2/8,4/12,6/16,8 mg Fentanyl entspr. einer Freisetz. von 12,5/25/50/75/100 μg Fentanyl/h,Poly(ethylenterephthalat), silikon., Acryl-Vinylacetat-Copolymer, Poly(ethylenterephthalat), Drucktinte. Anwendungsgeb.: Schwere chron. Schmerzen, d.nur mit Opioid-Analget. ausreich. behand. werd. können u. einer läng., kontinuier. Behandl. bedürfen. Zusätzl. f. Kdr.: opioidtol. Kdr. ab 2 J. Gegenanz.:Überempf. gg. Inhaltsst., akute od. postoperat. Schmerzzustän., schwer beeinträch. ZNS-Funkt., schwere Atemdepress. Zusätzl. f. Fentanyl - 1 A Pharma:Überempf. gg. hydr. Kolophonium, Soja, Erdnuss. Stillz.: Kontraind. währ. d. Behandl. u. bis 72 h nach entfernen des Pflaster. Nebenwirk.: Überempf.,anaphylakt. Schock/Reakt., anaphylaktoide Reakt., Appetitlosigk., Schlaflosigk., Depress., Angstgef., Verwirrth.-zustand, Halluzinat., Agitierth., Desorien-tierth., Euphorie, Somnolenz, Schwindel, Kopfschmerzen, Tremor, Parästhesie, Hypästhesie, Krampfanf. (einschl. klon. u. Grand-mal-Anf.), Amnesie,Sprachstör., vermind. Bewussteinsgrad, Bewusstlosigk., Konjunktivitis, verschwomm. Sehen, Miosis, Drehschwind., Palpitat., Tachykardie, Bradykardie,Zyanose, Arrhythmien, Hypertonie, Hypotonie, Vasodilatat., Dyspnoe, Atemdepress., Atemnot, Apnoe, Hypoventilat., Bradypnoe, Übelk., Erbrechen,Obstipat., Diarrhö, Mundtrockenh., abdom. Schmerzen, Oberbauchschmerzen, Dyspepsie, Ileus, Subileus, schmerzhafte Flatulenz, Schwitzen, Pruritus,Hautausschlag, Erythem, Ekzem, allerg. Dermatitis, Hauterkrank., Dermatitis, Kontaktdermatitis, Muskelkrämpfe, Muskelzucken, Harnverh., Oligurie,Zystalgie, erektile Dysfunkt., sex. Dysfunkt., Fatigue, periphere Ödeme, Asthenie, Unpässlichk. (Malaise), Kältegef., Reakt. an d. Applikat.-stelle, grippe-ähnl. Erkrank., Gef. von Körpertemp.-schwank., Überempf. an d. Applikat.-stelle, Entzugserschei., Pyrexie, Dermatitis/Ekzem an d. Applikat.-stelle.Zusätzl. f. Fentanyl - 1 A Pharma: allerg. Reakt. durch Sojaöl. Hinw.: Doping! Zusätzl. f. Fentanyl - 1 A Pharma: Enth. hydr. Kolophonium u. Sojaöl. Weit.Einzelh. u. Hinw. s. Fach- u. Gebrauchsinfo. Verschreibungspflichtig. Mat.-Nr.: 3/51008322/51008333 Stand: Februar 20151 A Pharma GmbH, Keltenring 1 + 3, 82041 Oberhaching

*Fentanyl - 1 A Pharma® Matrixpflaster ist das am meisten verordnete Fentanyl-Pflaster in Deutschland, IMS PADDS-DARWIN MAT 05/2017.**Die Darstellung bildet die verschiedenen Größen der Resorptionsfläche des transdermalen Pflasters Fentanyl - 1 A Pharma® Matrixpflaster mit ent-sprechender Freisetzungsrate und Beladungsmenge ab. Zusätzlich stehen Fentanyl - 1 A Pharma® S Matrixpflaster mit Freisetzungsraten von12,5/- 25/- 50/- 75/- 100 μg/h zur Verfügung. Weitere Informationen entnehmen Sie bitte der aktuellen Fachinformation.

(VerkleinerteDarstellung

)

12 μg/h enth12 μg/h enth 25 μg/h enth25 μg/h enth37 5 μg/h enth37 5 μg/h enth 100 μg/h enth100 μg/h enth50 μg/h enth50 μg/h enth 75 μg/h enth75 μg/h enth 150 μg/h enth

(VerkleinerteDarstellung**)

150 μg/h enth

www.1apharma.de

_027VB_0020806.pdf; s1; (210.00 x 280.00 mm); 26.Jul 2017 07:37:47; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien

titelthema

16 Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

KNIESCHMERZEN

So finden Sie die Ursache

Jan Hennings

Das Knie wird im Alltag stark be-lastet. Es ist deshalb eines der am häufigsten schmerzenden und ver-letzten Gelenke, mit dem Patienten einen Arzt aufsuchen. Heute gibt es viele konservative und operative Therapieoptionen für Kniepatienten. Der Hausarzt muss hier – quasi als Vorabexperte – eine Vielzahl von Ur-sachen unterscheiden können: Liegt ein Trauma, eine Entzündung oder Verschleiß vor?

rein

eg - F

otol

ia

Das Kniegelenk wird in drei Abschnit-te unterteilt: mediales, laterales

und femoro-patellares Kompartiment. Me-chanisch betrachtet entspricht das Kniegelenk einem Dreh-Scharniergelenk. Die Bewegung zwischen Femur und Tibia lässt sich einer Roll-Gleit-Bewegung gleichsetzen. In der Beugung ist zusätzlich eine Rotation möglich.

Bänder und Menisci stabilisierenDie Gelenkstabilität wird durch die Bandstruk-turen bedingt. Als zentrale Pfeiler gelten das vordere und hintere Kreuzband, die sich auf-grund ihres anatomischen Verlaufs – unter kinematischen Aspekten – bei jeder Bewe-gungsphase anspannen. Die peripheren Stüt-zen gegen Varus- und Valguskräfte stellen das laterale und das mediale Kollateralband dar.

33. SeminarkongressLüneburg

12.-14. Mai 2017

Seminar:

Orthopädie-Update

Referent: Dr. med. Jan Hennings

titelthema

17www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

12

3 4

56

7

8

bildes und der Kontrolle der Achsverhältnisse des Beins, einschließlich der Fußstatik. Dabei ist auf Schwellungen, Hämatome sowie Haut-veränderungen zu achten. Beim Betasten sollte der Arzt die anatomischen Strukturen gezielt auf Druckschmerzen untersuchen. Ein trau-matischer Erguss sollte zeitnah per MRT ab-geklärt werden.

Hier findet sich häufig das Zeichen einer „tan-zenden Patella“: Nach Ausstreichen des oberen Gelenkrecessus bei gestrecktem Bein wird sich die Patella durch die sich bewegende Gelenk-flüssigkeit nach vorn verschieben. Bei der Be-tastung durch den untersuchenden Zeigefinger federt die Patella in ventro-dorsaler Richtung. Ein positives Zeichen der „tanzenden Patella“ spricht für einen pathologischen Befund. Der Arzt sollte dies insbesondere bei traumatischer Genese zeitnah abklären. Um das Bewegungs-ausmaß des Kniegelenks zu erfassen, nutzt man heute die Neutral-Null-Methode unter Angabe der Bewegungsrichtung (z. B. Exten-sion/Flexion 0 – 0 – 135 Grad).

Untersuchungen der KniegelenksbänderDie Untersuchung der Stabilität der Kollateral-bänder erfolgt unter Valgusstress für das medi-ale und unter Varusstress für das laterale Kol-lateralband. Das vordere Kreuzband wird mit dem Lachmanntest untersucht. Hierbei ven-tralisiert der Untersucher den Unterschenkel bei 20° flektiertem Knie gegenüber dem Femur, um sowohl das Ausmaß der anterioren Trans-lation als auch die Qualität des Endpunktes zu erfassen. Ein positiver Befund ergibt sich bei im Seitenvergleich vermehrtem Spiel sowie wei-chem, nicht definiertem Endpunkt.

In der Schubladenprüfung werden sowohl das vordere als auch das hintere Kreuzband getes-tet: Bei 90° flektiertem Kniegelenk wird ein ventraler Zug zum Testen des vorderen Kreuz-bandes und ein dorsaler Schub zum Testen des hinteren Kreuzbandes ausgeübt. Auch hier muss der Vergleich mit der Gegenseite erfolgen.

Abb. 1: Anatomie des Kniegelenks1 – Condylus medialis 2 – Condylus lateralis3 – Meniscus medialis4 – Meniscus lateralis5 – Lig. cruciatum anterius6 – Lig. cruciatum posterius7 – Tuberositas tibiae8 – Caput fibulae

Mögliche Ursachen von Knieschmerz nach Ätiologie

• funktionell versus strukturell • artikulär versus extraartikulär • degenerativ versus traumatisch • kniegelenknahe versus kniegelenkferne Ursache

Übersicht 1

Jan

Henn

ings

Die Menisci wirken aufgrund ihrer sogenann-ten „Hemmschuhwirkung“ ebenfalls stabilisie-rend, gleichzeitig aber auch als Schock absorber für Stoßbelastungen. Sie schützen somit in ho-hem Ausmaß den Knorpel.

Der streckseitig am oberen Teil der Kniescheibe (Patellapol) ansetzende M. quadriceps femoris übernimmt die muskuläre Führung – gemein-sam mit den antagonistisch wirkenden ischio-cruralen Muskeln. Dabei wirken hauptsächlich bei Beugebelastungen durch die Extensoren-muskulatur große Zugbelastungen auf die Pa-tella sowie das Lig. patellae, weshalb hier häufig Überlastungsreaktionen auftreten. Abb. 1 ver-deutlicht den Aufbau des Kniegelenks.

Einen Überblick über häufige Ursachen des schmerzenden Kniegelenks geben die Über-sichten 1 und 2. Schon in der Initialphase ist ei-ne Unterscheidung zwischen struktureller und funktioneller sowie degenerativer und trauma-tischer Ätiologie mitunter wegweisend. Denn hieraus kann schon der erste diagnostische und therapeutische Algorithmus abgeleitet werden. Gleichzeitig kann der Arzt auch die Dringlich-keit für weitere Maßnahmen festlegen, um ein optimales Versorgungsergebnis zu erzielen.

DiagnostikBeim Anamnesegespräch sollte der Patient zu erstmaligem Auftreten, Charakter und Verlauf der geklagten Symptome genau befragt wer-den. Hierbei ergeben sich oft erste Hinweise,

um zwischen artikulärer und extraartikulä-rer Ursache zu unterscheiden. Weiterhin soll-te, insbesondere bei traumatischer Genese, nach Symptomen einer möglichen Instabili-tät gesucht werden: Unsicherheit auf unebe-nem Untergrund, beim Gehen im Dunkeln oder beim Treppensteigen mit einem sogenannten Giving-way-Phänomen (Wegknicken) kann Ausdruck einer fehlenden Zentrierungsfähig-keit des Gelenkes sein. Die körperliche Unter-suchung beginnt mit der Analyse des Gang-

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Bei allen Tests der Kreuz­bänder ist die muskuläre Ent­spannung wichtig.▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

titelthema

18 Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

Wichtig bei allen Tests hinsichtlich der Kreuz-bänder sind die maximale muskuläre Entspan-nung des Patienten sowie die Erfahrung des Untersuchers.

Die meniskalen Strukturen lassen sich durch verschiedene Untersuchungstechniken prü-fen. Allen ist gemein, dass eine Kompressi-ons-Rotationskraft ausgeübt wird, wodurch man einen symptomatischen Meniskusriss entdecken kann.

Punktion und Bildgebung Die Punktion des Gelenkes unter strengen asep-tischen Kautelen hilft in der weiteren Differen-zialdiagnostik. Ein Hämarthros weist auf eine Ruptur intraartikulärer Strukturen hin, bei Vor-liegen von Fettaugen ist eine chondroossäre Verletzung wahrscheinlich. Seröse Flüssigkeit weist auf degenerative oder synoviale Patho-logien hin; bei trüb-putridem Punktat sollte eine bakterielle Kultur zum Infektausschluss angelegt werden.

Röntgen stellt als Basisdiagnostik die knö-chernen Strukturen dar und dient dazu, Frakturen auszuschließen und den Grad ei-ner Arthrose zu beurteilen. In der Magnet-resonanztomographie lassen sich chondra-le, meniskale sowie ligamentäre Strukturen erkennen. Vor allem bei traumatischen Pa-thologien, die mit Ergussbildung (Hämar- thros), deutlichen periartikulären Schwellun-gen sowie blockierenden Bewegungseinschrän-kungen einhergehen, ist eine zeitnahe MRT-Diagnostik obligat. Dies kann bei zerrissenen Gewebestrukturen wie Meniskus- und Kreuz-bandrupturen oder ausgeschlagenen chon-dralen Fragmenten eine möglichst frühzeitige Rekonstruktion binnen der ersten zehn bis 14 Tage ermöglichen. Antworten auf weitere Fra-gen geben Sonographie, Computertomographie und gegebenenfalls Szintigraphie.

TherapieDie konservative Therapie beinhaltet alle Maß-nahmen, die der Entzündungs- und Schmerz-hemmung dienen. In der akuten Schmerzphase findet das PECH-Schema (Pause, Eis, Compres-sion, Hochlagerung) Anwendung sowie Salben-verbände mit Voltaren®. Als Standardtherapie werden die klassischen NSAR unter Beachtung der Kontraindikationen eingesetzt, wobei lang-fristige Dauereinnahmen kritisch zu hinterfra-gen sind. Eine effektive, schmerzlindernde Op-tion bei degenerativen Veränderungen kann die lokale Infiltration mit Kortisongemischen (z. B. Lipotalon®) sein. Muskuläre Dysbalancen oder reduzierte Dehnungsfähigkeiten der ten-do-muskulären Einheiten behandelt der Phy-siotherapeut und leitet den Patienten zur Ei-genübung an. Die Injektion von Hyaluronsäure ins Gelenk wird bei chondromalazischen Schä-den angewandt. Ein Kinesiotape kann musku-lär und tendinös bedingte Schmerzen reduzie-ren, indem es dermato-muskuläre Reflexbögen ausnutzt. In der operativen Therapie des ge-schädigten Kniegelenks haben sich folgende Therapieformen etabliert:

Meniskus substanz erhaltenDie Arthroskopie kann Meniskusschäden erken-nen. Korbhenkel- sowie tiefgreifende Basisrup-turen der Menisci sollten genäht werden, um die knorpelschützende Wirkung zu erhalten. Kleinere und irreparable Risse werden teilweise operativ entfernt. Bei Substanzverlust größe-rer Meniskusanteile kann man deren Funktion durch Implantation eines Meniskusimplanta-tes wiedergewinnen. Hier wirken die eingenäh-ten Meniskusimplantate als dreidimensiona-les poröses Grundgerüst, in das körpereigene Stammzellen einwandern und dort ein Neo-meniskusgewebe aufbauen können.

Mögliche Ursachen von Knieschmerzen nach betroffener StrukturKnorpel Chondromalazie, Arthrose, Ödem, Gelenkkörper, hormonell bedingte

Erweichungen in der Adoleszenz ( junge Mädchen!)

Knochen Fehlstatik (z. B. Varusfehlstellung), Kontusionen, aseptische Knochennekrosen, Osteochondrosis dissecans, Überlastungsschäden, Frakturen, Tumoren, systemische Erkrankungen

Bänder und Menisci

Ruptur Meniskus, Verletzungen der Kreuz- und Kollateralbänder, Verletzung des patello-femoralen Ligamentkomplexes

Sehne Überlastungsschäden (Jumpers Knee), Tractus-iliotibialis-Syndrom (Runners Knee), Rupturen

Muskel Distorsionen, Dysbalancen, Kontusionen, Muskelfaserrisse, Verkalkungen

Synovia Plicasyndrome, Zysten- und Ganglionbildung

Übersicht 2

Abb. 2: Refixation eines Ausrisses des vorderen Kreuzbands (VKB): tibial ausgerisse-ner VKB-Stumpf (1), Durchflechtungsnaht des Bandstumpfes (2) sowie transossäre Bohrungen (3), Abschluss-Situs nach Hautnaht der Stichinzisionen (*).

1 2

3

alle A

bb.: J

an H

enni

ngs

Artikel zum Thema geschwollenes Knie

www.allgemeinarzt- online.de/a/1563381

titelthema

19www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

Knorpelanzüchtung durch ACIBei tiefgreifenden chondralen Defekten ist die autologe Chondrozytenimplantation (ACI) ei-ne Option, um vor allem bei jungen Patienten einen nahezu physiologischen Knorpelersatz herzustellen. Das mittlerweile vollständig ar-throskopisch durchführbare Verfahren besteht aus zwei Operationen: Bei der ersten Op. wird nach Bestandaufnahme des Defekts eine winzi-ge Knorpelstanze zur In-vitro-Kultivierung neu-er Chondrozyten gewonnen. Diese implantiert man bei einer zweiten Op. nach vier bis sechs Wochen in die entsprechende Stelle. Dieses Verfahren unterliegt strengsten Auflagen und ist ausschließlich Knorpelreferenzzentren vor-behalten.

Kreuzbandriss: Refixation oder SehnenplastikRupturen der Kreuzbänder sind – bei jungen, sportlich ambitionierten Patienten – eine Do-mäne der rekonstruktiven Therapie. Konserva-tive Versuche können gerechtfertigt sein, wenn bei guter Muskulatur und der Vermeidung von Pivoting-Belastungen (Kipp-, Schwenk- oder Drehbewegungen) keinerlei Symptome der Instabilität oder des Wegknickens (Giving-Way-Phänomene) wahrgenommen werden. Alternativ zu der klassischen und bewährten

Dr. med. Jan Hennings

Abteilung für Unfallchirurgie und OrthopädiePark-Klinik Manhagen22927 Großhansdorf

INTERESSENKONFLIKTE: Der Autor hielt von 2012 bis 2014 honorierte Vorträge für die Fir-ma Biomet.

online

Die vollständige Literaturliste finden Sie unter

www.allgemeinarzt­online.de

1

2

Abb. 3: minimaler Teilersatz durch mediale Schlittenprothese 1 = femorale Komponente2 = tibiale Komponente3 = Inlay aus Polyethylen4 = intaktes laterales Kompartiment

Fazit

Die Behandlungsmetho-den in der Orthopädie sind vielfältig. Insbeson-dere bei akuten Verlet-zungen sollte eine früh-zeitige MRT-Diagnostik erfolgen, um das Zeit-fenster möglicher Rekon-struktionen nutzen zu können. Bei chronischen Erkrankungen sollten konservative Therapien ausgereizt werden.

Jan

Henn

ings

Kreuzbandersatzplastik mit körpereigener Seh-ne hat sich ein Konzept entwickelt, das in der frischen traumatischen Phase auf den Erhalt des gerissenen Bandes ausgerichtet ist. Bei al-len Kreuzbandrupturen, bei denen ein knochen-naher femoraler oder tibialer Ausriss vorliegt, können diese – nach Durchflechtungsnaht der Bandstümpfe – direkt transossär refixiert und zur Einheilung gebracht werden (Abb. 2).

Bei dieser rein arthroskopischen Technik steht der Erhalt der körpereigenen Bandstruktur im Fokus. So wird ein beschleunigtes Einheilver-halten mit schnellerer Rückkehr des Patienten in den beruflichen und sportlichen Alltag er-möglicht. Probleme durch die Entnahme eines Ersatzgewebes für das Kreuzbandtransplantat werden somit vermieden.

Fokussierte, minimal-invasive KnieprothetikIn der modernen Endoprothetik gilt keines-falls mehr das Credo „eine Prothese für alle Pathologien und jeden Patienten“. Für jeden Abschnitt des Kniegelenks gibt es spezifische Ersatzmöglichkeiten, und es sollte nur das ersetzt werden, was zerstört ist – weniger ist also mehr. Vor allem die sogenannten Schlit-tenprothesen (Abb. 3) im Rahmen eines uni-kompartimentellen Gelenkersatzes zeichnen sich durch ein natürliches Gelenkgefühl und ausgezeichnete Funktionalität bei langlebiger Standzeit aus. ▪

3

4

titelthema

20 Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

Tennis-/GolferellenbogenRelativ häufig hat der Hausarzt mit dem Ten-nis- bzw. Golferellenbogen (Epicondylitis hu-meri radialis bzw. ulnaris) zu tun. Im Fallbeispiel (vgl. Kasten) kam es infolge einer (chronischen) Überlastung der Muskulatur der Handgelenk-strecker dazu. Typische Auslöser sind zudem eintönige, sich wiederholende Bewegungen des Unterarms. Differenzialdiagnostisch sollten

TENNISARM, FERSENSPORN, BALLENZEH

Orthopädische Krankheiten in der Hausarztpraxis

Stefan Rehart, Moritz Arndt, Martina Henniger

Schmerzen in Ellenbogen, in den Fin-gern oder am Fuß führen Patienten vielfach zuerst zum Hausarzt. Wie häufige orthopädische Erkrankungen wie Epicondylitis, Fersensporn oder Hallux valgus diagnostiziert und kon-servativ oder auch operativ behan-delt werden können, soll im folgen-den Beitrag dargestellt werden.

Dan

Race

- Fot

olia

Der Fall

Eine 35-jährige Frau stellt sich mit zunehmenden Schmerzen im Bereich des rechten Ellenbogens vor. Sie ist Bürokauffrau und seit kurzem wieder regel-mäßig sportlich aktiv. Es fand kein Sturz und auch kein anderweitiges Trau-maereignis statt. Zunächst seien die Schmerzen nur bei Hebebelastungen im Alltag aufgetreten, berichtet sie. Seit einigen Tagen zeige sich jedoch – trotz Analgetikatherapie mit Paracetamol – auch in Ruhe ein ziehender Schmerz.

titelthema

21www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

te. Auch können Achsabweichungen sichtbar sein. Der Arzt erhebt hierbei die Familienana-mnese, die berufliche und sportliche Belastung sowie die Dauer der Beschwerden. Je nach Ri-sikoprofil sollten eine Hyperurikämie bzw. ei-ne rheumatische Grunderkrankung abgeklärt werden. Degenerative Ursachen lassen sich so von akut entzündlichen, also dem rheumati-

schen Formenkreis, abgrenzen. Eine Osteoporose sollte ausge-schlossen werden [2].

Bei der Fingerpolyarthrose können sowohl die Endgelen-ke (DIP) = Heberden-Arthrose, die proximalen Interphalange-al-Gelenke (PIP) = Bouchard-Ar-

throse als auch – was eher seltener vorkommt – die Fingergrundgelenke (MCP) betroffen sein. Eine Synoviaanalyse ist anzuraten, wenn man bei einer erforderlichen Punktion (nur bei Er-guss!) etwa zwei Milliliter Flüssigkeit gewin-nen kann. Ein eventueller Kristallnachweis er-gibt weitere Hinweise auf die Ursache.

Die Therapie erfolgt zunächst konservativ. Hier kann die medikamentöse Therapie mit NSAR und Bewegungsübungen oft in Eigenregie kom-biniert werden. Ergänzend stehen die physika-lische Therapie (Kälte- und Wärmetherapie), Salbenverbände und physiotherapeutische Behandlungen (mit eigenständigen Bewegun-gen!), aber auch Stromanwendungen (Diady-namik und Iontophorese) zur Wahl. Eine Rönt-genreizbestrahlung ist vielfach bei aktivierten,

Artikel zum Thema Gelenkschmerzen

www.allgemeinarzt- online.de/a/1825010

Abb. 1: Fingerpolyar- throse mit Destruktion

im Bereich der Interpha-langealgelenke D1 sowie der Endgelenke (DIP) D2, D3, D5, Bouchard-Arth-rose der proximalen In-

terphalangealgelenke (PIP) D2, D5

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Arthrose findet sich am

häufigsten an den kleinen Gelenken der Hand.

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

dabei immer Beschwerden an der Halswirbel-säule (Zervikalsyndrom), Nervenkompressions-syndrome (Supinatorlogen- bzw. Pronator-te-res-Syndrom), eine Ellenbogengelenkarthrose (radiologische Abklärung) bzw. eine Bursitis olecrani (Entzündungszeichen?) ausgeschlos-sen werden.

Der Tennisellenbogen kann durch gezielte Pal-pation und Druckschmerz über dem lateralen und medialen Epicondylus humeri festgestellt werden. Beim sogenannten Cozen-Test, mit dem man radiale Beschwerden nachweisen kann, wird die Faust des Betroffenen gegen den Wi-derstand des Untersuchers nach dorsal exten-diert, wobei man gleichzeitig auf eine radiale Deviation des Handgelenks und eine Unterarm-pronation achten sollte. Im beschriebenen Fall-beispiel war diese Untersuchung positiv und eindeutig mit Schmerzen loco typico. Analog dazu kann beim umgekehrten Cozen-Test ei-ne ulnare Epicondylitis humeri durch Flexion und Pronation gegen Widerstand nachgewie-sen werden („Golferellenbogen“) [1]. In der So-nografie kann sich ein Flüssigkeitssaum am El-lenbogen zeigen.

Der Patient sollte zunächst die „Noxe“ vermei-den und Dehnübungen zur Tonusminderung der überbelasteten Muskulatur durchführen. Zudem kann eine physiotherapeutische Behandlung hilf-reich sein. Im Alltag führt eine sog. Epicondyli-tis-Spange zur Linderung. Eine temporäre me-dikamentöse Schmerztherapie mit einem NSAR für zehn Tage begleitet den initialen konservati-ven Ansatz. Führt dieses Therapieregime nicht zu einer zunehmenden Symptomreduktion in-nerhalb von 14 Tagen, kann die Behandlung in-tensiviert werden: mit einer Strombehandlung (z.  B. Diadynamik und/oder Iontophorese) so-wie mit einer lokal infiltrativen Therapie (Korti-son mit oder ohne Lokalanästhetika). Bestehen therapieresistente Beschwerden über mehr als sechs Monate, ist an eine Operation zu denken. Die Op. nach Wilhelm/Hohmann hat die dauer-hafte Entlastung der chronisch angespannten Muskulatur zum Ziel.

FingerpolyarthroseEine Arthrose findet sich nicht, wie vielfach an-genommen, am häufigsten am Knie- oder Hüft-gelenk, sondern an den kleinen Gelenken der Hand (Abb. 1). Leitsymptome der Fingerpolyar-throse sind Anlaufschmerzen, Schwellungen, leichte Überwärmung und Bewegungsdefizi- alle A

bb. S

tefa

n Re

hart

titelthema

22 Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

entzündeten Situationen sinnvoll. Bei wieder-kehrenden Synovialitiden empfehlen sich in-traartikuläre Injektionen mit Kortison und/oder Lokalanästhetika (CAVE: potenzielle Chondro-toxizität). Der Infiltrationsvorgang sollte einer strengen Indikationsstellung unterliegen und unter sterilen Bedingungen durch einen erfah-renen Arzt erfolgen [3].

Als Ultima Ratio kann eine offene Synovekto-mie erfolgen oder – in fortgeschrittenen Sta-dien – eine Versteifung des PIP- oder DIP-Ge-lenks indiziert sein (Abb. 2). Im Gegensatz zu den Endgelenken ist bei den PIP-Gelenken auch eine Prothesenversorgung möglich. Kann auf-

grund von Kontraindikationen keine Operation erfolgen, ist die Radiosynoviorthese (nuklear-medizinische ß-Strahler-Applikation) in betrof-fene Gelenke eine weitere Behandlungsoption der therapieresistenten, entzündlichen Schwel-lung (keine Schmerztherapie!).

M. DupuytrenDie Fibromatose der Palmarfaszie (M. Dupuy-tren) kann eine eingeschränkte Beweglichkeit der Hand sowie Schmerzen durch den Druck der Knoten verursachen (Abb. 3). Risikofaktoren sind Rauchen, Alkoholabusus, Diabetes melli-tus und Lebererkrankungen. Aufgrund der – zum Teil hohen – Progressionstendenz sollte bei Bedarf auch die Diagnostik und Behand-lung einer Grunderkrankung erfolgen.

Männer sind vom M. Dupuytren häufiger be-troffen als Frauen. Die Erkrankung tritt oft beid-seits auf und kann sich in 20 % der Fälle auch am Fuß (sog. Morbus Ledderhose) manifestie-ren. Durch die Hyperproliferation von Bindege-webe entstehen meist in der Hohlhand Kno-ten und Stränge, die deutlich tastbar sind. Oft werden diese vom Patienten erst wahrgenom-men, wenn es zu Funktionsdefiziten kommt. Für die Frühstadien gibt es keine therapeuti-schen Richtlinien. Heute werden in individu-eller Therapie die DMSO-(Dimethylsulfoxid-)Salbe, die Stoßwellentherapie und (nur in akti-

ven Frühstadien) die Radiotherapie angewen-det. Die Stadieneinteilung nach Tubiana (1961) dient der Objektivierung einer Beugekontraktur an den Fingern. Bei der Klassifikation werden fünf Schweregrade unterschieden:

0: keine Krankheitszeichen1: Summe der Kontrakturen: 0 – 45 Grad2: Summe der Kontrakturen: 45 – 90 Grad3: Summe der Kontrakturen: 90 – 135 Grad4: Summe der Kontrakturen: > 135 Grad

Eine Operation ist ab dem Tubiana-Stadium 2 bis 3 angezeigt. Gering invasive Maßnahmen können eine Op.-Alternative bei niedrigen Tu-biana-Stadien darstellen: Die Nadelfaszioto-mie und die Injektion von clostridialer Colla-genase (z. B. Xiapex®) zeigen in bestimmten Situationen einen Behandlungserfolg [4]. Bei zunehmender Beugekontraktur muss operiert werden. Wegen möglicher Wundheilungsstö-rungen empfiehlt sich eine engmaschige Nach-behandlung mit regelmäßigen Wundkontrollen.

FersenspornEin häufiges orthopädisches Krankheitsbild an den unteren Extremitäten ist der plantare Fer-sensporn am Calcaneus. Patienten berichten über morgens auftretende starke Schmerzen – meist medial im Fersenbereich bei Belastung.

Abb. 2: Möglichkeiten der ope-rativen Versorgung: Z. n. Im-plantation einer Swanson-TEP am PIP- und n. Arthrodese am DIP-Gelenk D3 linke Hand

Abb. 3: Z. n. offener (partiel-ler) Fasziektomie mit Lösung der Knoten und Bindegewebs-stränge durch Z-förmige Zu-gänge bei M. Dupuytren

Der Grund ist eine Entzündung der Plantarfas-zie ansatznah am Calcaneus, die sich mit einer Sonografie (Flüssigkeitssaum ansatznah) nach-weisen lässt; ebenso wie radiologisch (Rönt-gen Calcaneus streng seitlich) – aber nur bei Bedarf – und mittels MRT sowie Szintigraphie.

Bei typischen Symptomen raten wir zunächst zur konservativen Therapie. Die Patienten wer-

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Im Gegensatz zu den Endgelen-

ken ist bei den PIP auch eine Prothesenversorgung möglich.

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ all

e Abb

. Ste

fan

Reha

rt

titelthema

23www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

den zu (exzentrischen) Dehnübungen der Wa-denmuskulatur angeleitet. Auf Sprung- und Laufsportarten muss zunächst verzichtet wer-den. Meist wird eine Beschwerdelinderung nach drei bis vier Wochen erreicht. Zudem empfeh-len sich Gewichtsreduktion, physiotherapeuti-sche Querfriktion, Diadynamik, Iontophorese, Stoßwellentherapie und Salbenverbände sowie die Gabe von NSAR. Hohllegende Schuheinla-gen erleichtern oft die Beschwerden. Bei The-rapieresistenz können die Röntgenreizbestrah-lung oder die Injektion von Lokalanästhetika bzw. Kortison am Schmerzpunkt eingesetzt werden. Bei frustraner maximalkonservativer Therapie ist auch die Operation durch Inzisi-on der Plantarfaszie möglich.

Hallux valgusBeschwerden im Vorfußbereich können sich auf die gesamte Fußstatik auswirken. Bei 85 – 100 % aller Patienten mit einer rheumatoiden Arth-ritis bestehen z. B. solche Fußdeformitäten, vielfach treten sie jedoch völlig ohne irgend-ein bekanntes Vorleiden auf [5]. Oft liegt eine Hallux-valgus-Deformität vor. Eine Fehlstel-lung der Großzehe zeigt sich durch fibulare Achsabweichung (Valgus) bei gleichzeitiger ti-bialer Abweichung des Metatarsale I (Varus). Medialseitig wird der Metatarsale-I-Kopf mit einer sog. „Pseudoexostose“ prominent und druckschmerzhaft. Ein schleichender Verlust der (medialen) Fuß-Längswölbung wird durch veränderte Zugwirkungen der Sehnen und ei-ne Hallux-valgus-Positionierung begünstigt, die oft in Kombination mit einer Varisierung der Kleinzehe („Digitus quintus varus“) auftritt. An der Kleinzehe kann die Sehnendysbalance zu einer Hyperextension im MTP-Gelenk und zur kontrakten Krallenzehdeformität führen.

Die Patienten beklagen im Krankheitsverlauf eine verminderte Gehstrecke, ein Instabilitäts-gefühl und erhebliche Schwierigkeiten bei der Schuhversorgung. Auch die kosmetische Situ-ation, vor allem bei jungen Frauen, ist meist problematisch. Die Familienanamnese kann Hinweise auf die Progressionstendenz geben. Der Arzt sollte auch Druckstellen über der Pseu-doexostose, Funktionseinschränkungen, eine Instabilität des TMT-Gelenks D1, andere Fehl-formen wie Krallenzehen, Fußpulse, sportli-che Belastungen und Begleiterkrankungen wie Dia betes beachten. Diagnostisch wird ei-ne Röntgenaufnahme des Fußes im Stehen a. p. und streng seitlich gemacht (Abb. 4). Zur ra-

Abb. 4: Röntgenaufnahme des Fußes seitlich im Stehen: Ver-lust der Längswölbung und Krallenzehdeformität Dig. 5 sowie TMT-1-Arthrose (Pfeil).

Abb. 5: Röntgen linker Fuß dorsoplantar stehend: Planungsaufnahme des Hallux valgus mit Dig. quintus varus und Luxation des Grundgelenkes D5 (IM-Winkel 17 Grad und HV-Winkel 35 Grad) sowie klinischer Befund.

diologischen Beurteilung misst man den IM-Winkel (intermetatarsal zwischen MFK I und II) sowie den HV-Winkel (Hallux-valgus-Win-kel) aus (Abb. 5). Eine Abweichung der Groß-zehe bis zu 8 Grad (IM-Winkel bis zu 15 Grad) wird noch als „normal“ gewertet. Der Arthro-segrad des MTP D1 (Differenzialdiagnose: Hal-lux rigidus) sowie Protrusionen von D2 bis D5 sind im Kontext des gesamten Fußes zu kon-trollieren. Eine Ganganalyse bzw. Pedographie kann Hinweise auf mögliche Fehl- bzw. Mehr-belastungen im Fußbereich geben.

Liegt eine Vorfußdeformität vor, sollten die kon-servativen Therapiemöglichkeiten frühzeitig ge-nutzt und z. B. Sprung- sowie Laufsportarten gemieden werden. Neben der medikamentö-sen Therapie mit NSAR eignen sich Einlagen- →

titelthema

24 Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

Prof. Dr. med. Ste-fan Rehart (Foto)Dr. med. Moritz Arndt, Dr. med. Martina Henninger

Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie Agaplesion Markus Krankenhaus60431 Frankfurt

INTERESSENKONFLIKTE: Die Autoren haben keine deklariert.

online

Die vollständige Literaturliste finden Sie unter

www.allgemeinarzt-online.de

a) b)

c) d)

Abb. 6: Präoperative und postoperative Röntgenaufnahmen dorsoplantara) Milder Hallux valgus (IM-Winkel 11 – 15 Grad) mit Digitus superductus D2 vs. D1b) Op. nach Austin, PIP-Arthrodese D2, Weil-Osteotomie D2/D3c) Schwerer Hallux valgus (HV-Winkel 48 Grad) mit Dig. superductus D1 vs. D2d) Lapidusarthrodese und Weil-Osteotomie D2/D3/D4

versorgungen mit Weichbettung der Metatar-saleköpfchen und retrokapitaler Pelotte, aber auch hohllegende Pflaster. Dauerhaft sollte auf geeignetes Schuhwerk geachtet werden. Die-se Maßnahmen können Deformitäten jedoch nicht korrigieren oder das Fortschreiten der Fußdeformität aufhalten. Im Verlauf ist des-halb vielfach eine Operation nötig (Abb. 6) [6].

Meist wird eine (distale) Umstellungsosteoto-mie des ersten Mittelfußknochens mit einem Weichteileingriff kombiniert, z. B. durch eine Op. nach Austin (Chevron) mit lateralem Re-lease. Je nach Schweregrad kann bei hohem IM- (über 20 Grad) oder HV-Winkel (über 40

Grad), aber Instabilität des TMT-Gelenks, eine Arthrodese des ersten Mittelfußknochens mit dem Fußwurzelknochen (Lapidusarthro dese) notwendig sein. Die anderen Zehen und Me-tatarsalia kann man durch Umstellungsosteo-tomien (z. B. nach Weil) oder PIP-Arthrodesen (oft mit K-Draht) behandeln. Je nach Operation erfolgt entweder die Vollbelastung im Vorfuß-entlastungsschuh für sechs Wochen (Austin/Chevron) – hier kann die beidseitige Op. in einer Sitzung stattfinden – oder in einem VACOped-Schuh bzw. -Stiefel (Lapidusarthrodese) mit Teil-belastung für acht bis zehn Wochen. ▪

alle A

bb. S

tefa

n Re

hart

Der Allgemeinarzt

Schlaganfallprävention bei nicht valvulärem VHF

Risiko für Osteoporose-Frakturen verringert

Seit mit Dabigatran (Pradaxa®) im Jahr 2011 der erste Vertreter der NOAK in Deutschland zur Schlag-anfallprävention bei nicht valvu-lärem VHF die Zulassung erlang-te, hat sich das Sicherheitslevel in der antikoagulatorischen The-rapie erhöht (1). Jüngste Analysen beschäftigen sich mit dem Risiko für osteoporotische Frakturen un-ter Antikoagulation.

Nebenwirkung Osteoporose

Geraten Knochenabbau und -auf-bau zu Ungunsten des Knochen-aufbaus aus der Balance, wird von Osteoporose gesprochen. Be-troffen sind 23 % der Frauen so-wie 6 % der Männer ab 65 Jahren (2). Der Verlust an Knochenmas-se und -festigkeit begünstigt hüft-gelenksnahe Knochenbrüche und Wirbelfrakturen, die zu chroni-schen Schmerzen, Einbußen an Lebensqualität und lebenslanger Behinderung führen können.

VKA beeinflussen Knochenstoff-wechsel

In Studien wurde immer wieder ein erhöhtes Risiko für Osteoporo-se bei VHF-Patienten beobachtet, die mit einem VKA wie Warfarin behandelt wurden (3-6). Ursäch-lich hierfür ist der Wirkmechanis-mus der VKA. Durch die Antago-

nisierung von Vitamin K kommt es auch zu Veränderungen im Knochenstoffwechsel, die Osteo-porose fördern können.

Neue Daten zum Risiko für os-teoporotische Frakturen

Anders als VKA greift Dabiga-tran nicht in den Knochenstoff-wechsel ein, sondern verhindert über eine direkte Thrombinin-hibition die Umwandlung von Fibrinogen zu Fibrin. Gleichzei-tig wird die thrombininduzierte Thrombozytenaggregation nega-tiv beeinflusst, sodass es zur An-tikoagulation ohne Erhöhung des Osteoporose-Risikos kommt. Be-stätigt werden konnte dies durch die Ergebnisse einer 2017 veröf-fentlichten großen retrospektiven Kohortenstudie von Lau WCY et al. (7), die zeigte, dass Dabiga-tran bei Patienten mit VHF im Vergleich zu Warfarin mit einem signifikant geringeren Risiko für osteoporotische Frakturen ein-herging.

Dabigatran zeigt Vorteile

Insgesamt wurden die Daten von 8.152 Patienten mit neu di-agnostiziertem nicht valvulärem VHF über 18 Jahre ausgewertet, die auf der Grundlage der elek- tronischen Datenbanken der Ge-

sundheitsbehörde in Hongkong (Hong Kong Hospital Authority) von 2010-2014 erhoben wurden. Eingestellt auf Dabigatran waren 3.268 Patienten, 4.884 auf War-farin. Das Follow-up begann mit dem Indexdatum und endete mit dem Auftreten einer Fraktur, dem Tod, dem Wechsel zu einem an-

deren oralen Antikoagulans oder einem Therapieabbruch. Ausge-wertet wurde der kombinierte Endpunkt aus Hüft- und Wirbel-körperfraktur. Unterschiede in der Baseline wurden mittels Propensi-ty Score Matching adjustiert.

Überzeugende Studiendaten

Von den eingeschlossenen 8.152 Patienten erlitten 104 eine osteo-porotische Fraktur: 32 unter Da-

Um das Risiko eines ischämischen Schlaganfalls zu senken, benötigen Patienten mit nicht valvu-lärem Vorhofflimmern eine effektive Antikoagulation. Nicht-Vitamin-K-Antagonisten orale Anti-koagulantien (NOAK) wie Dabigatran haben wiederholt ein positives Sicherheits- und Wirksam-keitsprofil vs. Warfarin gezeigt. Neue Daten aus der klinischen Praxis vergleichen das Risiko für osteoporotische Frakturen unter Dabigatran mit dem unter Warfarin und zeigen einen Vorteil für den direkten Thrombinhemmer.

Foto

: psd

esig

n1 -

Fot

olia

Abb. 1: Geringeres Risiko für os-teoporotische Frakturen unter Da-bigatran im Vergleich zu Warfa-rin [6]

Dabigatran

Inzid

enz p

ro 10

0 Pe

rson

enja

hre

1,4

1,2

1,0

0,8

0,6

0,4

0,2

0

0,7

Warfarin

1,1

IRR = incidence rate ratio

Adjustierte IRR: 0,38 (95 % KI 0,22 – 0,66)

p < 0,001

Der Allgemeinarzt bigatran (1 %), 72 unter Warfarin (1,5 %). Dabigatran war mit 0,7 Ereignissen pro 100 Personen-jahre mit einem geringeren Risi-ko für osteoporotische Frakturen assoziiert als Warfarin mit 1,1 Er-eignissen pro 100 Personenjahre (vgl. Abb. 1). Bei Patienten mit

Stürzen oder Frakturen in der Vorgeschichte erreichte der Da-bigatran-Vorteil statistische Signi-fikanz. Zudem war der Vorteil in der Langzeittherapie stärker aus-geprägt als nach kürzerer Behand-lungszeit.

Positives Sicherheitsprofil im Praxisalltag

In einer landesweiten, dänischen Kohortenstudie werteten Larsen TB et al. (8) die Daten des natio-nalen Bevölkerungsregisters, der nationalen Verschreibungsdaten-bank und des nationalen Patien-tenregisters aus. Analysiert wur-de, ob bei Patienten, die mit Warfarin oder den NOAK Dabiga-tran, Rivaroxaban bzw. Apixaban behandelt wurden, Unterschiede in der Inzidenz von Blutungen auftraten. Ausgewertet wurden 61.678 Patienten mit nicht valvu-lärem VHF: 57 % erhielten Warfa-rin, 21 % Dabigatran, 12 % Riva- roxaban und 10 % Apixaban in der jeweiligen Standarddosierung (7).Hinsichtlich der Prävention isch-ämischer Schlaganfälle waren al-

le drei NOAK mit Warfarin ver-gleichbar. Beim Sicherheitsprofil zeigten sich Dabigatran und Apixaban jedoch Warfarin über-legen. Die gewichtete Ereignis-rate der einjährigen Nachbeob-achtung wies für Dabigatran mit 2,66 bzw. Apixaban mit 5,23 Er-

eignissen pro 100 Personenjah-re im Vergleich zu Warfarin mit 8,52 Ereignissen pro 100 Perso-nenjahre ein signifikant geringe-res Mortalitätsrisiko auf, während dies für Rivaroxaban mit 7,69 Er-eignissen pro 100 Personenjahre nicht belegt werden konnte. Beim kombinierten Endpunkt alle Blu-tungen (intrakranielle, schwe-re und gastrointestinale Blutun-gen) traten unter Dabigatran mit 2,77 bzw. Apixaban mit 3,78 Er-eignissen pro 100 Personenjah-re im Vergleich zu Warfarin mit 5,53 Ereignissen pro 100 Per-sonenjahre signifikant weniger Blutungen auf, während Rivaro-xaban mit 5,57 Ereignissen pro 100 Personenjahre mit Warfarin vergleichbar war. Schwere Blu-tungen wurden unter Dabiga-tran und Apixaban im Vergleich zu Warfarin und Rivaroxaban si-gnifikant seltener gesehen. Auch bei der Gesamtmortalität schnit-ten die beiden NOAK Dabigatran und Apixaban vs. Warfarin signi-fikant besser ab, während Rivaro-xaban diesbezüglich keine Signifi-kanz erreichte (vgl. Abb. 2).

Konsistente Daten in Klinik und Praxis

Klinische Studiendaten bescheini-gen Dabigatran eine hohe Wirk-samkeit und Sicherheit (8-10). So konnte in der Zulassungsstudie RE-LY® (im PROBE-Design: pro-spektiv, randomisiert, offen, mit

verblindeter Endpunktauswer-tung) gezeigt werden, dass es un-ter 2 x 150 mg Dabigatran täg-lich im Vergleich zu Warfarin zu einer relativen Risikoreduktion von Schlaganfällen und systemi-schen Embolien um 35 % kam. Die Niedrigdosierung 2 x 110 mg täglich war diesbezüglich mit Warfarin vergleichbar.

Zusätzliche Sicherheit: Antidot für den Notfall

Obwohl Dabigatran über ein po-sitives Sicherheitsprofil verfügt, kann es in Notsituationen erfor-derlich sein, die antikoagulatori-sche Wirkung rasch aufzuheben. Für Dabigatran steht mit Idaru-cizumab (Praxbind®) seit Januar 2016 ein spezifisches Antidot in Deutschland flächendeckend zur Verfügung. Zugelassen ist die Sub-stanz für den Einsatz in Notfallsi-tuationen, wenn eine Notoperati-on oder -intervention erforderlich ist sowie bei Patienten mit einer nicht beherrschbaren oder lebens-bedrohlichen Blutung (11).

ImpressumVerlag Kirchheim + Co GmbH, Kaiserstr. 41, 55116 Mainz Telefon 0 61 31/9 60 70-0Redaktion: Dr. Claudia-Viktoria SchwörerMit freundlicher Unterstützung derBoehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co.KGDie Herausgeber der Zeitschrift übernehmen keine Verantwortung für diese Inhalte.

Literatur1. Fachinformation Pradaxa®,

Stand: Februar 2017.2. Statistisches Bundesamt 2012;

www.destatis.de/publikationen.3. Sugiyama T et al. Osteoporos

Int. 2015;26(3): 1231-1232.4. Caraballo PJ et al. Arch Intern

Med. 1999;159(15):1750-1756.5. Gage BF et al. Arch Intern Med.

2006;166(2):241-246.6. Rejnmark L et al. Int J Cardiol.

2007;118(3):338-344.7. Lau WCY et al. JAMA.

2017;317(11):1151-1158.8. Larsen TB et al. BMJ.

2016;353:i3189.9. Connolly SJ et al. N Engl J Med.

2009;361(12):1139-1151.10. Connolly SJ et al. N Engl J Med.

2010;363(19):1875-1876.11. Connolly SJ et al. N Engl J Med.

2014;371(15):1464-1465.12. Fachinformation Praxbind®,

Stand April 2017.

Abb. 2: Unter Dabigatran wur-den signifikant weniger schwe-re Blutungen und eine signifikant geringere Gesamtmortalität im Vergleich zu Warfarin und Rivaro-xaban beobachtet [7]

Hazard Ratio, HR (95 % Konfidenzintervall); p < 0,05 zeigt statistische Signifikanz; n.s.: kein signifikanter Unterschied (p ≥ 0,05)

Dabigatran Apixaban Rivaroxaban Warfarin

Gew

ichte

te E

reig

nisr

ate

(1

-jähr

ige

Nach

beob

acht

ung)

%6

5

4

3

2

1

0

◼ HR 0,58 (0,47 – 0,71) p < 0,05◼ HR 0,61 (0,49 – 0,75) p < 0,05◼ HR 1,06 (0,91 – 1,23) n.s.

Dabigatran Apixaban Rivaroxaban Warfarin

10

8

6

4

2

0

◼ HR 0,63 (0,48 – 0,82) p < 0,05◼ HR 0,66 (0,56 – 0,75) p < 0,05◼ HR 0,92 (0,82 – 1,03) n.s.

Schwere Blutungadjustierte HR (95 %-KI) vs. Warfarin

Gesamtmortalitätadjustierte HR (95 %-KI) vs. Warfarin

27www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

Als kürzlich in der Tageszeitung stand, dass ein führender Ge-

sundheitsexperte den hausärztlichen Nachwuchsmangel mit einem Imagepro-blem der Landärzte zu begründen glaub-te, dachte ich spontan an meine ersten klinischen Schritte vor fast vierzig Jahren.

Ich hatte direkt nach dem Staatsexamen eine Ausbildung in der Hals-Nasen-Oh-renheilkunde begonnen, weil mich da-mals der Facettenreichtum, die sinnes-physiologische Bedeutung und die sowohl chir urgischen wie auch konservativen Ar-beitsoptionen faszinierten. Aber schon anfänglich beschlich mich immer ein la-tentes medizinisches Unwohlsein, wenn fachüberschreitende Patientenprobleme auftauchten.

Ein besonderes Schlüsselerlebnis hatte ich dann bei einer nur einwöchigen Pra-xisvertretung in der tiefsten Provinz: War ich als Facharzteleve selbst im nächtli-chen Bereitschaftsdienst in meinen Kli-nikmauern schon relativ sicher, so lösten die Erfahrungen dieser Woche nächtli-che Transpirationsattacken bei mir aus. In acht von zehn Fällen fühlte ich mich unbehaglich, überfordert, hilflos.

Hausarztmedizin: anspruchsvoll, komplex und nachhaltig

Das hat mich dann dazu bewogen, die Me-dizin nicht am Kehlkopfunterrand enden zu lassen. Mit der Facharzturkunde im Tor-nister schloss ich in einem Peripheriekran-kenhaus der Grundversorgung mit fach-übergreifenden Nacht- und Notdiensten meine allgemeinmedizinische Ausbildung an und schließlich ab. Seitdem verstehe ich mich als medizinischer Zehnkämpfer und habe diesen Schritt bis zum heutigen Tag nicht bereut.

Fehlender Applaus, langweiliger Ar-beitsalltag, Routinemedizin, Minder-wertigkeitskomplexe? Fehlanzeige! Im Gegenteil: Ich schätze die respektvolle Anerkennung meiner Patienten, die mir das bunte Spektrum einer ganzheitlichen Medizin auch noch im vierten Jahrzehnt ärztlichen Tuns Tag für Tag eröffnen. Und diese von mir erlebte und gefühlte Kom-plexität ist durchaus messbar. Ein texa-nisches Autorenteam wertete vor eini-gen Jahren fast 30.000 Konsultationen von Hausärzten, Kardiologen und Psy-chiatern hinsichtlich Konsultationsgrund, nachfolgender Untersuchungen sowie re-sultierender Handlungsweisen aus. Das Ergebnis war und ist für mich nicht wirk-lich überraschend: Die Komplexität pro

Heiter bis wolkig

Stunde Hausarztdienst war um ein Drit-tel anspruchsvoller als beim Kardiolo-gen und gut fünfmal komplexer als bei einem Psychiater.

Zugegeben, der hausärztliche Beruf ist nicht gerade spektakulär, weniger telegen wie der des scharfsinnigen Gerichtsmedi-ziners und pekuniär armselig gemessen an einem Schönheitschirurgen. Doch er nährt seinen Mann, ist anspruchsvoll und nachhaltig im Stillen, ganz im Sinne von Adalbert Stifter: „Die großen Taten der Menschen sind nicht die, welche lärmen.“

Das meint auch Ihr

Fritz Meyer, Allgemeinarzt

28 Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

berufsbild und politik

Auch wenn es beim Hauptstadtkon-gress noch kein ausgearbeitetes

Wahlprogramm der Union gab, zeichneten sich die gesundheitspolitischen Grundlinien schon ab und wurden von Gröhe beim Kongress vertieft. Die Eröffnungsrede wird von Gröhe routiniert abgewickelt. Kaum überraschend nimmt der Er-folgsbericht der auslaufenden Legislaturperiode einen wesentlichen Teil der Redezeit ein. Interes-sant dabei aber ist die Motivation des Ministers. Gröhe betrachtet sämtliche Gesetze, die unter sei-ner Ägide auf den Weg gebracht wurden, als „Ver-netzungsgesetze“. Wer Netze spannt, will Halte-seile nicht kappen. So erscheint nur konsequent, dass im Ringen um das duale System der bundes-deutschen Krankenversicherung bei Gröhe Evo-lution vor Revolution geht. Die PKV soll bleiben.

Keine ExperimenteDas „einzig Gute“ an der Bürgerversicherung ist ihr Name, so ätzt der Bundesgesundheitsminis-ter gegen die Pläne von Rot-Rot-Grün. Private und Gesetzliche Krankenversicherungen sollten im dualen System gehegt werden, auch wenn in beiden Bereichen „Hausaufgaben zu erledi-gen seien“. Das mühsam austarierte Nebenein-

ander sollte nicht durch Experimente ohne Not aufs Spiel gesetzt werden.

Bei der Podiumsdiskussion unter dem Titel „Zu-kunft des Gesundheitswesens Paritätische Finan-zierung – Bürgerversicherung“ hatte Dr. Stefan Etgeton von der Bertelsmann Stiftung als einsa-mer Anhänger der reinen Lehre in Sachen Bürger-versicherung einen schweren Stand, nachdem seine potenzielle Mitkämpferin Sabine Dittmar, MdB der SPD-Fraktion, kurzfristig abgesagt hatte. Dies nahm der Diskussion aber nichts an Schär-fe. Im Kreuzfeuer der Gegenargumente droht der politische Dauerbrenner erneut zum Ladenhü-ter zu werden. Als Schreckgespenst für die Priva-te Krankenversicherung taugt das Thema nicht. Zum einen sind die verfassungsrechtlichen Hür-den einer Enteignung der Altersrückstellungen zu hoch. Zum anderen sind die von den Befür-wortern vorgelegten Modelle auch untereinan-der nicht kompatibel.

„Heimholungswerk“ oder „Schildbürgerversicherung“Etgeton legt in seinem Eingangsstatement die ver-schiedenen Finanzierungsmöglichkeiten und zu

Bundesminister Her-mann Gröhe befindet sich im Wahlkampf-modus und der Haupt-stadtkongress bildet da eine passende Bühne. Aber die Veranstaltung dient nicht nur der Selbstdarstellung der „gefühlt“ 300 (!) Refe-renten, sondern es wer-den auch Pflöcke für die Gesundheitspolitik der nächsten Legislatur-periode eingeschlagen. Dabei steht die Diskus-sion um die Einführung einer obligatorischen Bürgerversicherung im Zentrum heißer Debat-ten.

HAUPTSTADTKONGRESS

Gegenwind für Bürgerversicherung

yulkapopkova_iStock

erwartenden Kostenbelastungen der Bür-gerversicherung dar. Wichtig sei für ihn ei-ne breite, umfassende Basis unter Einbezie-hung aller Beamten und Selbstständigen sowie sämtlicher Einkunftsarten. Die dafür notwendige Verwaltungsbürokratie zur Er-fassung könnte über ein Steuermodell auf 100 bis 170 Millionen Euro reduziert werden. „Das ist nicht die Welt“, so versucht der ge-lernte Theologe Bürokratie-Kritiker zu beru-higen. Parallel dazu müsste an einer einheit-lichen Gebührenordnung für Ärzte „gebohrt werden“, so die versteckte Drohung.

Dr. Rudolf Henke, MdB der CDU/CSU-Frak-tion, hält dem Modell entgegen, die Ber-telsmann Stiftung kandidiere nicht für den Bundestag und „braucht deshalb auch kei-

_021ZK_0020767.pdf; s1; (210.00 x 135.00 mm); 24.Jul 2017 13:59:06; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien

ne politische Verantwortung dafür über-nehmen“. Als Knackpunkt für ein mögliches Scheitern der Bürgerversicherung sieht Hen-ke die Aushebelung der Eigentumsgarantie im Grundgesetz, wenn die Altersrückstellun-gen der PKV-Versicherten zur Verfügungs-masse der GKV würden. Er verwahrt sich gegen einen Übergang in ein stark regulier-tes System „entworfen von Schlaubergern, die zentrale Entscheidungen für angeblich unmündige Bürger treffen“. Eine derartige „Schildbürgerversicherung“ stärke nicht die Position der Kranken und der Leistungsträ-ger sondern derjenigen Kräfte, die das Ni-veau absenken wollten.

Dr. Volker Hansen von der Bundesvereini-gung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) findet es furchtbar, wenn die Wahl-freiheit abgeschafft würde. Es gebe schon heute keinen Bundesbürger ohne Kranken-schutz. Das Bürgerversicherungs-Modell versuche nur im Rahmen eines „Heimho-lungswerkes“ an die PKV-Rückstellungen heranzukommen. Das Ergebnis werde für alle nur teurer, verweist Hansen auf die Bei-

tragsentwicklung in der GKV. Es gebe hier angesichts guter Konjunktur „kein Einnah-me-, sondern ein Ausgabenproblem.

PKV ohne BudgetzwangDr. Volker Leienbach, Hauptgeschäftsführer beim Verband der Privaten Krankenversiche-rung e. V. wunderte sich in der anschließen-den Diskussion, „kein Wort zur Verbesse-rung der medizinischen Versorgung durch die Bürgerversicherung“ gehört zu haben, und fragt nach der Evidenz. Deutschland habe keine Zweiklassenmedizin, sondern ein gemeinsames Versorgungssystem, das durch eine Gleichschaltung laut IGES-Stu-die nur teurer käme. Die Herausnahme von Leistungen würde aber in einer Einheits-Krankenkasse erleichtert. Die PKV verfüge über Rücklagen von neun Jahresausgaben, die GKV für sieben Wochen. Hier sei auch der Gesetzgeber mit einem klaren kalkulier-baren Rechtsrahmen gefordert. Der Vorteil der PKV sei die Einzelleistungsvergütung und Behandlung ohne Budgetzwang. ▪Hans Glatzl

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Der Bürgerversicherung droht,

vom Dauerbrenner zum Ladenhüter zu werden.

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

30 Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

berufsbild und politik

WANN ES SICH LOHNT ABZUWARTEN

Keine Verzweiflungstaten am Rezeptblock!

Wie blicken junge Ärztinnen und Ärzte auf die Hausarztme-dizin? Wie beurteilen sie berufs- und ge-sundheitspolitische Entwicklungen?Sandra Blumenthal, Mitglied im Vor-stand der Jungen Allgemeinmedizin Deutschland (JADE) und derzeit in der Weiterbildung zur All-gemeinärztin, kom-mentiert die Sorgen und Nöte des Haus-arzt-Nachwuchses.

Sandra Blumenthal

Das Ärzteehepaar Jan und Ragnhild Schweitzer hat ein Buch unter dem

Titel „Fragen Sie weder Arzt noch Apotheker! Warum Abwarten oft die beste Medizin ist“ veröffentlicht. Die Message soll sein, banale Beschwerden erst einmal ohne medizinische Hilfe auszusitzen.

Ich weiß nicht, wie Ihre letzte Sprechstunde so ablief, aber es gibt Tage, da möchte ich mir die-se Nachricht auf die Stirn tätowieren. Ich kom-me vom Land und die Generation 60 plus er-zählt sich gerne, wie man vor 50 Jahren Würmer noch durch aggressives Zuwarten und Warzen mit Löwenzahn kurierte. Meine Großmutter hatte am Ende Zehen, die einem der schicken Ku´damm-Dermatologen vermutlich Tränen in die Augen getrieben hätten. Ein Diabetes fiel in ihrer Jugend oft erst durch ein hypergly-kämisches Koma auf. Es ist nicht so, dass ich mir diese Zeiten zurückwünsche, aber ich fra-ge mich doch, warum die Menschen damals so viel gelassener waren, als sie es heute sind.

In meinen Konsultationen geht es nicht sel-ten um Rückversicherung: „Ich wollte nur mal schnell einen Arzt draufschauen lassen. Ich wollte nur mal abklären, ob das nichts Schlim-mes ist.“ Ich gebe die Frage häufig zurück und frage nach dem Bauchgefühl der Patienten – und meistens wird der banale Husten oder

der gerötete Insektenstich auch als eben sol-cher eingeschätzt. Nur habe man sich nochmal rückversichern wollen. Wir Ärzte geraten in die-sen Situationen nicht selten unter Zugzwang, dem Patienten, der eine Stunde im Wartezim-mer gesessen hat, dann doch etwas anbieten zu müssen. Eine Vitamin-D-Bestimmung, weil das schon der dritte Infekt in diesem Frühjahr ist – oder ein Probiotikum, weil der Stuhlgang immer noch breiig ist. Auch Rückenschmerzen sind eine immerwährende Versuchung, doch noch Diagnostik oder Therapien anzustoßen, von denen wir eigentlich wissen, dass sie nicht indiziert sind.

Aber wir dürfen uns nicht zu Komplizen der Unsicherheit machen lassen. Die 8. DEGAM- Zukunftsposition postuliert: Hausärztliche Versorgung – der beste Schutz vor zu viel und falscher Medizin. Das bedeutet nicht nur, dass wir die Medikamentenpläne, die Patienten aus Kliniken mitbringen, kritisch prüfen müssen. Es heißt auch, dass wir unseren Patienten sa-gen, dass ein Zeckenbiss vorerst kein Weltun-tergang ist und ein Virusinfekt, der länger als vier Tage dauert, kein Anlass zur Sorge. Leit-linien, insbesondere die unserer Fachgesell-schaft, unterstützen uns bei der Frage, wann Diagnostik und Therapie indiziert sind – und wann es sich lohnt abzuwarten. Patienten-leitlinien, die dieses Wissen mit den uns auf-suchenden Menschen teilen, sind deshalb ei-ne gute Alternative zu Verzweiflungstaten am Rezeptblock. Jedes Scheinplazebo, das wir hin-zufügen, befeuert nur die bereits vorhandene Unsicherheit unserer Patienten: Gut, dass ich doch noch zum Arzt gegangen bin. Er hat mir dann ja doch noch zu diesem Präparat geraten.

Es ist an uns zu signalisieren, manchmal fra-gen Sie vielleicht besser nicht Ihren Arzt oder Apotheker – vertrauen Sie doch auch mal auf Ihr Bauchgefühl. Den Strich durch die Rech-nung macht uns dann leider manchmal ein geschäftstüchtiger Apotheker!

Der Allgemeinarzt

Multi-Target-Therapie von Harnwegsinfektionen

Meerrettich zeigt antiphlogistische Wirkung

Die Entzündungsreaktion ist ein wichtiger Bestandteil der ange-borenen Immunität, die die Be-seitigung der Infektion und Wie-derherstellung der normalen Gewebestruktur und -funktion zum Ziel hat. Gleichzeitig ist die Inflammation bei Infektionen wie z. B. Blasenentzündungen primär für die Beschwerdesymptoma-tik verantwortlich. Daher sollten neueren Erkenntnissen zufolge bei Zystitiden nicht nur die bakte-riellen Erreger beseitigt, sondern begleitend auch die entzündliche Reaktion bekämpft werden [7].

Meerrettich besitzt mehrere antientzündliche Wirkstoffe

Für den Nachweis des anti-inflammatorischen und anti-bakteriellen Potenzials der in Meerrettich sowie auch in der Kapuzinerkresse enthaltenen Iso-thiocyanate liegen zahlreiche For-schungsarbeiten vor. Die aktuelle In-vitro-Untersuchung der Univer-sität Freiburg liefert nun einen zu-sätzlichen Beleg, dass noch weite-re Inhaltsstoffe des Meerrettichs eine antientzündliche Wirkung besitzen [1]. Die durch einen Meerrettichwurzel-Extrakt – wel-cher keine Isothiocyanate enthielt – induzierte antientzündliche Wirkung in mononukleären Zel-

len des peripheren Blutes (PBMC) ist auf die Wirkung anderer Be-standteile aus dem Meerrettich zurückzuführen, heben die Wis-senschaftler hervor.

Meerrettich und Kapuzinerkresse wirken multimodal

Mit der Studie wurde zudem erst-mals eine weitreichende bioche-mische Analyse eines wässrigen Meerrettichextrakts umgesetzt. „In der Kombination mit Kapu-zinerkresse ergibt sich ein einzig-artiges Phytopharmakon, dessen Wirkstoffe im Sinne einer Multi-Target-Therapie an verschiedenen Punkten im Krankheitsgeschehen angreifen und sich teilweise sogar gegenseitig in ihrer Wirkung ver-stärken“, erläutert der Mikrobio-loge und Infektiologe Prof. Uwe Frank, Freiburg. „Das multimo-dale Wirkungsprofil der Arznei-pflanze Meerrettich erklärt ihren erfolgreichen nebenwirkungsar-men Einsatz bei Blasenentzün-dungen“, so der Mikrobiologe weiter.

Schnell wirksame und gut verträgliche Hilfe bei Zystitiden

Ein aktuelles umfangreiches Re-view [8] fokussiert ebenfalls die antiinflammatorischen Ei-genschaften bedeutender Heil-

pflanzen. Dazu gehört auch die Kapuzinerkresse, die wie der Meerrettich ebenfalls gegen Bak-terien und Viren sowie antient-zündlich wirkt und 2013 zur Arzneipflanze des Jahres gewählt wurde. Die Wirksamkeit und Si-cherheit der Pflanzenkombinati-on (ANGOCIN® Anti-Infekt N) ist bei Erwachsenen und Kindern durch mehrere klinische Studien belegt, auch bei häufig wieder-kehrenden Blasenentzündungen [9–11]. „Die Vorteile für eine The-rapie von unkomplizierten Zystiti-

den mit einem derartigen pflanz-lichen Arzneimittel liegen damit auf der Hand“, so Frank. „Eine gute und schnelle, sowohl anti-bakterielle als auch antiinflamm-atorische Wirkung bei zugleich guter Verträglichkeit“, resümiert der Forscher.

Pflanzliche Arzneimittel mit einem breiten antibakteriellen und zugleich antientzündlichen Wirk-spektrum ermöglichen eine umfassende Therapie von Blasenent zündungen. So wird z. B. eine Kombination aus Kapuzinerkresse und Meerrettich aufgrund ihrer 3fach-Wirkung – antibakteriell, antiviral und antiphlogistisch – seit Jahrzehnten erfolgreich bei unkomplizierten Harn- und Atem-wegsinfektionen eingesetzt. Eine aktuelle In-vitro-Studie [1] liefert neue Hinweise für die bereits belegte antientzündliche Wirkung von Inhaltsstoffen des Meerrettichs [2-6].

Foto

: Tho

mas

Wei

dner

ImpressumVerlag Kirchheim + Co GmbH, Kaiserstr. 41, 55116 Mainz Telefon 0 61 31/9 60 70-0Redaktion: Dr. Ingolf DürrMit freundlicher Unterstützung der Repha GmbH Biologische Arznei-mittel, Langenhagen.Die Herausgeber der Zeitschrift übernehmen keine Verantwortung für diese Inhalte.

Wie Meerrettich in der aktuellen Studie die Entzündung hemmtDie Ergebnisse der Studie aus Freiburg lassen vermuten, dass die über den MAP-Kinase-Weg initiierte Regulation des COX- und LOX-Signalpfads für die entzündungshemmende Wirkung in mononukleären Zellen des peripheren Blutes verantwortlich ist. Zudem konnten die Forscher eine Hem-mung der COX-2-Expression feststellen, ohne gleichzeitige Beeinflussung der COX-2 Enzymaktivität. Auf COX-1 konnte hingegen keine Wirkung beobachtet werden. Darüber hin-aus wurde auch die Freisetzung von TNF-alpha reduziert.

Literatur1. Herz, C. et al. Complementary and

Alternative Medicine, Vol. 20172. Marzocco, A. et al. Food Func. 6

(12): 3778–88 (2015)3. Dey, M. et al. J pharmacol expe-

riment therapeutics 317(1): 326–333 (2006)

4. Tsai, J. et al. Mediators of Inflam-mation (2010)

5. Boyanapalli, S.S. et al. Chem. Res. Toxicol. 27(12), pp 2036–2043 (2014)

6. Cheung, K.L. et al. Pharmaceut Res, Vol. 26, Issue1,pp 224–231 (2009)

7. Naber, KG. Urologe A., 53(10): 1489-94; doi: 10.1007/s00120-014-3564-7 (2014)

8. Villanueva, J.R. et al. J Intercult Ethnopharmacology, Vol. 6, Is-sue 1 (2017)

9. Goos, K.-H. et al. Drug Res 56: 249–257 (2006)

10. Goos, K.-H. et al. Drug Res. 57: No. 4, 238-246 (2007)

11. Albrecht, U. et al. Curr Med Res Opin 23(10): 2415-2422 (2007)

32 Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

berufsbild und politik

Wenngleich die Arbeit der Schlichtungsstel-

len in der Ärzteschaft nicht durch-weg bekannt ist, so ist sie für das Ansehen der Medizin, die Be-reitschaft, sich mit Fehlern auseinanderzusetzen und ge-gebenenfalls dafür einzuste-hen, von großer Bedeutung. Sie zeigt die Bereitschaft der Ärzte, sich mit fraglichen Fehlern auseinanderzusetzen, was von Patienten sehr anerkannt wird.

Transparente VerfahrenSchlichtungsstellen decken meist meh-rere Bundesländer ab, sodass nicht jede Ärztekammer über eine Schlichtungsstel-le verfügt. Es handelt sich um Organisa-tionen mit einer Reihe fest angestellter Juristen, Sachpersonal und einem Kreis freiwillig tätiger Ärzte, die jeweils ihr Fach vertreten. Diese erstellen auf der Basis der Angaben des Patienten und der Darstel-lung des betroffenen Arztes Fragestel-lungen und wählen einen fachgleichen Gutachter aus. Anhand des Gutachtens und einer (möglicherweise) ergänzen-den Stellungnahme des Patienten und der Schlichtungsstelle wird ein Fehler an-erkannt oder nicht. Das Verfahren ist für alle Beteiligten stets völlig transparent.

Auch Ärzte machen Fehler, keine Frage. Die Verfolgung der von der Patienten gesehenen ärztlichen Fehler stellt eine wichtige Aufgabe der Ärzteschaft dar. Sie wird durch die Ärztekammern übernommen. Diese klären die Frage, ob ein Fehler des Arztes vorliegt ab und entschieden, ob somit eine „Schlichtung“ ein-tritt, die ohne Gerichtsurteil von den Patienten, deren Anwälten und den Haftpflichtversicherungen der Ärzte anerkannt wird.

SCHLICHTUNGSSTELLENHausärzte machen eher bei der Diagnose Fehler

vcha

lup

- Fot

olia

Alle 4 Wochen treffen sich (bei der Schlich-tungsstelle Hannover) alle medizinischen Fachvertreter, um Grundsatzfragen oder auch strittige Fälle zu besprechen. Die meisten Ärzte, die seitens der Schlich-tungsstelle angesprochen werden, stim-men einem Schlichtungsverfahren zu. Nur sehr selten wird die Teilnahme verweigert. Die Norddeutsche Schlichtungsstelle um-fasst alle Kammern der Länder im Norden

und im Osten und die LÄK Saarbrücken. Sie stellt bundesweit 40 % aller Fälle.

Typische Fehler in der Allge-meinmedizinDie Autorin ist seit etwa 15 Jahren in der Schlichtungsstelle in Hannover als Ver-treterin für das Fach Allgemeinmedizin tätig. Die Statistik zur Allgemeinmedi-zin zeigt bezogen auf die Schlichtungs-stelle für Arzthaftpflichtfragen Hanno-ver folgende Sachverhalte: Es gibt keine besonderen Krankheiten, die vorrangig immer wieder nicht erkannt oder falsch behandelt werden. Das Spektrum bezieht sich auf alles, was an Diagnosen in der Allgemeinpraxis gestellt wird.

Deutlich wird aber, dass es einige immer wiederkehrende Fehler gibt, die für die Allgemeinmedizin typisch sind. So geht es mehr um Diagnose- als um Behand-lungsfehler, also die Erkennung eines be-stimmten Befundes, dessen Einordnung im Sinne eines angemessenen Verdachts, eine Differenzialdiagnose und eine darauf bezogene diagnostische Klärung dessel-ben. Fehler der Behandlung zeigen sich in Form einer fehlerhaften medikamen-tösen Therapie, in der unzureichenden Verzögerung der Behandlung und einer mangelhaften Zuweisung zum richtigen Spezialisten.

Fehler sind nicht immer offen-kundigImmer wieder zeigt sich, dass eine vorder-gründige Diagnose gewählt wird, aber ei-ne weiterreichende differenzialdiagnosti-sche Klärung fehlt. So wird z. B. Schwindel indifferenten Voraussetzungen zugeord-net und z. B. die Frage nach einem Klein-hirntumor erst sehr spät gestellt, nach vie-len Monaten, wenn weitere gravierende

33www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

berufsbild und politik

Die Tabelle verdeutlicht, dass fast in jedem Fach ungefähr die gleiche Menge an begründeten bzw. unbegründeten Ansprüchen besteht. Fach / Bewertung Allgemeinme-

dizinInnere Medizin Dermatologie HNO

Gesamtfälle 448 906 160 310

UnbegründeteAnsprüche

339 = 76 % 664 = 73 % 116 = 72 % 256 = 83 %

Begründete An-sprüche

109 = 24 % 664 = 27 % 116 = 28 % 256 = 17 %

tabelle 1

Befunde hinzukommen, oder der Retro- sternalschmerz wird einer Refluxösopha-gitis zugeordnet, ohne an die Möglich-keit eines Myokardinfarktes zu denken.

Als besondere Schwierigkeit stellt sich eine schleichend entstehende Verände-rung bei wohlbekannten, immer wieder in der Praxis gesehenen Patienten dar. Der Patient klagt, nachdem sich die Ver-änderung auch ihm als spürbar darstellt, über eine gewisse Müdigkeit oder Mat-tigkeit, die klinische Untersuchung und die Laborbefunde zeigen normale Ergeb-nisse, sodass zunächst abgewartet wird, mehr Schlaf empfohlen wird und geraten wird, eine gewisse Überlastung durch Be-ruf, Verein und Sport zu vermeiden. Dem Patienten wird empfohlen, bei Anhalten der Beschwerden wieder zu kommen. Der Patient geht davon aus, dass es wohl die Überlastung sei, und versucht seine Ak-tivitäten einzugrenzen. Plötzlich kommt es zu einem gravierenden Befund mit z. B. erheblichen Bauchschmerzen, der Patient gelangt über einen Notdienst in eine Klinik und es wird z. B. ein Pankre-astumor festgestellt.

Hier tritt nun der Verdacht auf, der Haus-arzt habe fehlerhaft die Krankheit über-sehen. An diesem Beispiel zeigt sich, dass gerade in der Allgemeinmedizin die Ent-scheidung, ob ein Fehler vorliegt oder nicht, keineswegs immer offenkundig ist. Dabei ist immer zu bedenken, dass es sich um eine Ex-ante-Entscheidung handelt, dass also keineswegs feststand, wie der weitere Krankheitsverlauf sein würde.

Dieses Beispiel zeigt auch die Schwierig-keiten einer Verlaufsgestaltung. Es fehlt relativ häufig eine programmatische, mit

Blick auf verschiedene Differenzialdia- gnosen geplante systematische Verlaufs-beobachtung. Diese ist mit dem Patien-ten eingehend zu erörtern, Termine sind festzulegen, der Plan ist zu dokumentie-ren und wie vermittelt auch durchzufüh-ren. Auch sollte der Patient wissen, bei welchen Beschwerden er früher in die Praxis kommen sollte.

Problemfall: Schwierige PatientenBesondere Probleme können sogenannte „Schwierige Patienten“ hervorrufen. Sie treten nicht selten an die Schlichtungs-stellen heran. Es handelt sich um Pati-enten, die der Medizin mit Misstrauen

gegenüberstehen. Sie beklagen die äuße-ren Bedingungen, z. B. Wartezeiten, un-zureichende Behandlungen auch in Apo-theken; sie verstehen nicht, was der Arzt warum verordnet hat; sie haben Zweifel an einer Diagnose. Oft suchen sie paral-lel mehrere Ärzte auf, ohne dass dies dem Hausarzt bekannt ist. Verordnete Medi-kamente werden nicht ordnungsgemäß eingenommen, die Behandlung wird als unzureichend erlebt. Diese Patienten er-fordern einen bestimmten Umgang, der von dem eigentlichen differenzialdiagnos-tisch erforderlichen Spektrum ablenkt. So ist auch nach den Erfahrungen der

Schlichtungsstellen die Anzahl der Feh-ler bei solchen „Schwierigen Patienten“ höher als bei allen anderen.

Was interessanterweise kaum seitens der Patienten beklagt wird, sind unzurei-chende Formen der psychischen oder psy-chosomatischen Betreuung. Auch findet sich kaum ein Hinweis, dass z. B. der Arzt nicht angemessen auf den Tod eines Ehe-partners eingegangen sei. Auch nach der Feststellung einer Krebserkrankung des Patienten wird nicht als selbstverständ-lich erwartet, dass der Arzt darauf in ei-ner beruhigenden und Mut machenden Weise eingeht. Nicht selten hingegen er-scheinen Hinweise darauf, dass der Arzt sich etwas gar nicht richtig angehört habe und dass der Patient sich in seinem An-liegen nicht verstanden fühlt. Aber dies wird alles nicht vom Patienten als Feh-ler angesehen.

GrenzfälleIn der Hausarztpraxis gibt es Grenzfälle der Entscheidung. Eine normalerweise durchzuführende Diagnostik, insbeson-dere mit aufwendigen Verfahren, die nur in anderen Spezialpraxen oder im Kran-kenhaus durchgeführt werden können und oft der Aufdeckung eines Tumorlei-dens dienen, kann besonders bei hoch-betagten Patienten fragwürdig werden. Hochbetagte Menschen wünschen oft keinen Aufenthalt im Krankenhaus. Es ist immer zu fragen, was mit der Aufde-ckung für den Patienten gewonnen wä-re? Ist eine operative Therapie oder eine Chemotherapie so ergiebig, dass sie zum einen toleriert werden kann und zum anderen eine Verbesserung der Lebens-qualität erzeugt, die der Patient als sol-che erlebt? Entscheidend ist es vielfach, das Leiden zu mindern. Dies gilt beson-ders dort, wo eine Lebensverlängerung, die der Patient als solche nach seinem Le-bensstil ausfüllen kann, keineswegs ge-währleistet ist. Hier ist mit dem Patien-ten eine Abwägung zu treffen, was der Patient möchte, was die Belastungen ei-ner Diagnostik und Therapie für ihn be-deuten und wie weit sich hieraus ein für ihn lebenswertes Dasein ergibt. ▪Univ. Prof. Dr. Gisela Fischer14199 Berlin

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Es gibt einige Fehler, die

für die Allgemeinmedizin typisch sind.

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

fortbildung

34 Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

Die Konzepte der lokalen Wund-behandlung unterscheiden sich

nicht zwischen Diabetikern und Nicht-Diabe-tikern. Grundzüge der Wundbehandlung wur-den in den Leitlinien wie z. B. der NVL zur Ver-sorgung des diabetischen Fußsyndroms und der S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Wundheilung und Wundtherapie zur Behand-lung chronischer Wunden festgehalten und die – allerdings spärliche – Evidenz bewertet.

Das spezielle Risiko des Diabetikers besteht zum einen darin, dass sich aufgrund der Neu-ropathie schmerzlose Druckläsionen bilden

DIABETISCHES FUSSULKUS

So heilen chronische Wunden

Andreas Maier-Hasselmann

Menschen mit Diabetes haben ein erhöhtes Risiko, chronische Wunden zu entwickeln. Die Füße stellen dabei aufgrund der mechanischen Beanspruchung und der oftmals für den Pati-enten schlechten Einsehbarkeit eine besondere Gefahrenzone für schmerzlose Fußulzera dar. Welche an das Wundstadium angepasste Therapieoptionen es gibt, wie man Infektionen be-kämpft und welche Fallstricke sonst noch beim Wundmanage-ment drohen, behandelt der folgende Beitrag.

alle A

bb.: A

ndre

as M

aier-H

asse

lman

n

CME fortbildung

35www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

können mit Eintrittspforten für Erreger und Infektionen oft erst spät erkannt werden. Zum anderen stellt die diabetische Stoffwechsella-ge ein besonderes Risiko für die Entstehung ei-ner peripheren arteriellen Verschlusskrankheit dar (Abb. 1), wobei die durch die Mangelperfu-sion entstehende Sauerstoffunterversorgung im Wundgebiet wiederum die Ausbreitung von Infektionen begünstigt und die Fibroblasten-migration in die Wunde behindert.

Das Risiko für eine chronische Wundheilungs-störung steigt mit einer Reihe von endogenen

und exogenen Störfaktoren. Hauptrisikofakto-ren für diabetesassoziierte Ulzerationen und schließlich Extremitätenamputationen sind:

• schlechte Einstellung des Diabetes • Neuropathie • pAVK • Alter des Patienten • mangelnde oder falsche Fußpflege • medikamentöse Immunsuppression • eingeschränkte Beweglichkeit der Füße • ungeeignetes Schuhwerk

Die jährliche Inzidenz des diabetischen Fußul-kus soll bei 2 –6 % der Menschen mit Diabetes liegen [1]. Ein Teil dieser Fußulzerationen führt im schlechtesten Fall zur Amputation von Ze-

Ein typischer Fall

Frau R. wird von ihrer Tochter in der Sprechstun-de vorgestellt, die alte Da-me ist Diabetikerin. Ih-rer Tochter ist heute eine plötzlich hochrote und ge-schwollene Großzehe an ihrer Mutter aufgefallen. Starke Schmerzen hat die Patientin nicht und in ih-rem Schuh ist die Sohle im Bereich der Großzehe röt-lich verfärbt (Abb. oben).

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Fußläsionen sind bei Diabeti­kern das Ergebnis eines multi­faktoriellen Geschehens.▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

hen, des Fußes oder der gesamten Extremi-tät. In Deutschland werden nach den Zahlen der AOK etwa 29.000 Diabetiker jährlich am-putiert [2, 3].

TherapiekonzeptAm Anfang der Behandlung steht die Differen-zialdiagnose der Wunde und die anschließende Behandlung der ggf. komplizierend hinzukom-menden Erkrankung, v. a. die Revaskularisati-on bei einer peripheren Perfusionsstörung. Ei-ne Revaskularisation durch Intervention oder Bypasschirurgie führt häufig zur Abheilung der Ulzerationen, meistens zumindest zu einer Ver-schiebung des Amputationsrandes nach distal.

Die zweite Säule der Ursachenbehandlung ist die konsequente Druckentlastung des Fußes im Wundbereich durch entsprechendes Schuhwerk, für Diabetiker geeignete Weichbettschuhsohlen bzw. vollständige Druckentlastung durch Orthe-sen oder einen Total Contact Cast.

Die dritte Säule ist die systemische Behandlung des Patienten durch konsequente Therapie des Diabetes ebenso wie eine konsequente, dem Keimspektrum angepasste Antibiotikatherapie, die beim immunsupprimierten Patienten sicher früher erfolgen muss als bei einem immunkom-petenten. Für die lokale Wundbehandlung ist ei-ne systematische Vorgehensweise erforderlich, die zum einen eine nachvollziehbare Dokumen-tation ermöglicht und zum anderen zu rational nachvollziehbaren Therapieentscheidungen füh-ren soll. In jedem Fall muss bei jedem Verbands-wechsel der Wundzustand nach definierten Kri-terien beurteilt werden [4, 5, 6]. Dazu gehören:

Abb. 1: Pedaler Bypass von der A. femoralis superficialis auf die A. tibialis posterior

alle A

bb. A

ndre

as M

aier-H

asse

lman

n

fortbildung

36 Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

1. Zustand des Wundgrundes (Wundheilungs-phase, Debris, Fibrin oder Biofilm)

2. Vorhandene Wundinfektion, Ausprägung3. Exsudation der Wunde4. Zustand des Wundrandes

Je nach Wundbeurteilungen ergeben sich hier-aus dann die entsprechenden therapeutischen Konsequenzen.

Inflammationsphase Die Wundheilung läuft in verschiedenen Pha-sen ab, die spezielle Anforderungen an die topische Wundbehandlung stellen. Am An-fang steht die Inflammationsphase mit einer katabolen Stoffwechselsituation, einer Ent-zündungsreaktion und daraus resultieren-der starker Exsudation. Im Wundgrund fin-den sich Debris, reichlich Fibrinbeläge und durch die bakterielle Besiedlung ggf. auch ein Biofilm. Aufgabe der Wundbehandlung in dieser Phase ist zum einen, die autochthone Wundreinigung durch ein Wunddebridement (Entfernung von Gewebsteilen bis in intakte anatomische Strukturen hinein [9]) zu unter-stützen, zum anderen, die Wundumgebung vor der Exsudation zu schützen und eine In-fektion zu bekämpfen.

Das Wunddebridement kann entweder chirur-gisch, biochirurgisch oder physikalisch erfolgen. Die chirurgische Therapie (Abb. 2) ermöglicht eine radikale Wundreinigung, erfordert jedoch möglicherweise eine Anästhesie, eine Blutungs-kontrolle sowie steriles Arbeiten.

Unter biochirurgischem Debridement (Abb. 3) versteht man den Einsatz von steril gezüchteten Maden der Stubenfliege Lucilia sericata. Diese Maden produzieren Verdauungsenzyme, durch ihre Bewegungen auf dem Wundgrund wird die Wunde mechanisch gereinigt, ihre Darmflora wirkt zudem bakterizid v. a. auf grampositive Keime. Der positive Effekt der Wundreinigung setzt allerdings eine regelrechte arterielle Per-fusion der Wunde voraus. Das rein neuropa-thisch bedingte Fußulkus des Diabetikers stellt die ideale Indikation zum Einsatz der Maden dar. Die Maden werden für drei Tage auf den Wunden belassen und können danach im nor-malen Müll entsorgt werden.

Nach Durchführung der Wundreinigung kommt in der Inflammationsphase v. a. der Kontrolle der Exsudation eine entscheidende Rolle zu,

die hierfür infrage kommen-den Auflagen und Verfahren werden weiter unten erläutert.

Außerdem ist die Infektkontrol-le der Wunde in dieser Phase von entscheidender Bedeutung (Abb. 4). Neben der systemi-schen Behandlung mit An-tibiotika kommt hierbei v. a. der lokalen antiseptischen Behandlung, z. B. mit Spüllösungen, eine wichtige Rolle zu. Das Wunddebridement ist dabei sicher der erste und wahrscheinlich auch effektivste Weg zur Infektbekämpfung.

GranulationsphaseAuf die Inflammationsphase folgt die Granu-lationsphase oder Proliferationsphase (Abb. 5),

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Das Wunddebridement kann entweder chirurgisch, bio­chirurgisch oder physikalisch erfolgen. ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

in der es zu einer Transformation der im Wund-grund vorhandenen Zellen kommt und ein zu-nehmend sauber granulierender, aber immer noch stark exsudierender und sehr vulnerab-ler Wundgrund entsteht. Therapeutisch steht hier v. a. der mechanische Schutz des Wund-grundes und wieder das Exsudatmanagement im Vordergrund. Für die Proliferation der Fib-roblasten ist ein feuchtes Milieu erforderlich, der Wundrand kann durch ein zu nasses Mili-eu jedoch erheblichen Schaden nehmen und den Fortschritt der Wundheilung erheblich ver-

Abb. 2: Chirurgisches Wundde-bridement

Abb. 3: Biochirurgisches Wund-debridement mit sterilen Ma-den

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪In der Inflamma­tionsphase muss

die Wundreinigung gefördert und die Wundumgebung vor Mazerationen geschützt werden.

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

CME fortbildung

37www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

zögern. In dieser Phase muss eine Wundauf-lage sowohl polsternde, schützende als auch Exsudat-regulierende Eigenschaften besitzen.

EpithelisationsphaseIst der Wundgrund durch das saubere Granu-lationsgewebe aufgefüllt, können sich nun vom Wundrand in der Epithelisationsphase die Hautzellen über den Wundgrund schieben. In dieser Phase geht die Exsudation deutlich zu-

rück, im Vordergrund der Anforderung an die Wundauflage steht nun der Schutz der zarten Einzellschicht vor mechanischer Belastung.

Behandlung der WundinfektionDie Wundinfektion wird je nach Stadium, d. h. Ausbreitung des Infektes, lokal oder lokal und systemisch behandelt (Abb. 6 und 7). Die Abgren-zung zwischen physiologischer Entzündungsre-aktion und behandlungsbedürftiger Infektion ist im Einzelfall oft schwierig. Umso wichtiger ist es, beim Einsatz der topischen Therapeutika ein wichtiges Augenmerk auf die Zytotoxizität des jeweiligen Therapeutikums zu haben. Nach chirurgischer Reinigung der Wunde bzw. Debri-dement sind lokale Antiinfektiva indiziert. Hier-für stehen im Wesentlichen die in Tabelle 1 auf-geführten Substanzen zur Verfügung:

Von den genannten Antiinfektiva zeigt das Po-lyhexanid bei In-vitro-Versuchen die geringste Zytotoxizität, bei breitem Wirkspektrum und stabiler Wirkung auch in Anwesenheit frei-er Eiweiße. Daher stellt das Polyhexanid heu-te in der Regel das topische Antiseptikum der ersten Wahl dar, wobei die für die Wirkung er-forderliche Einwirkzeit zu beachten ist. Octe-nidin stellt aufgrund seiner deutlich kürzeren Einwirkzeit eine interessante Alternative dar, wobei die Herstellerangaben bzgl. der Appli-kation in Hohlräume und der gesamten An-wendungsdauer zu beachten sind.

PVP-Jod ist das topische Antiinfektivum mit dem breitesten Wirkspektrum und wirkt gegen sporenbildende Bakterien, allerdings kommt es zu einer Resorption des Jods, Jod reagiert mit allen in der Wunde vorhandenen Eiweißen und verfärbt die Wunde und ihre Umgebung, was die Beurteilung weiter erschwert. Aus diesen Gründen ist die Indikation zur Langzeitbehand-lung offener Wunden mit PVP-Jod sicher sehr einzuschränken.

Silberionen reagieren mit SH-Gruppen sowohl in der Bakterienwand als auch in der Bakteri-en- DNA, leider reagieren die Silberionen aber auch mit allen SH-Gruppen in anderen Eiwei-ßen und vor allem in den Zytoblasten. Die hohe Zytotoxizität des Silbers (v. a. auf Monolayer-kulturen = z. B. frisch epithelisierendes Gewe-be) ist in zahlreichen In-vitro-Untersuchungen belegt [7, 8]. Die angebotenen Silberpräparate unterscheiden sich erheblich darin, wie das Sil-ber mit der Auflage verbunden ist und damit

Abb. 4: Granulationsphase

Abb. 5: Epithelisationsphase

Lokale AntiinfektivaWirkspektrum Zyto-

toxizität Eiweiß- fehler

Anwen-dungsdauer

Bakt. Viren Pilze Sporen

Polyhexanid +++ +++ ++ - - - 20 – 30 min

Octenidin +++ +++ +++ - + + 30 sec – 2 min

Polyvidonjod +++ +++ +++ ++ + ++ 5 min

Silber ++ (Resis-tenzen)

+++ ++ - +++ +++

Honig +++ ++ +++ + +

tabelle 1

fortbildung

38 Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

in der Freisetzung der wirksamen Silberionen (vgl. Tabelle 2). Dabei schwankt die Menge der aus der Wundauflage freigesetzten Silberio-nen von kaum messbar bis zu über 1.000 ppm (Sellmer). Studien zur erforderlichen Menge an freigesetzten Silberionen, die für eine Desin-fektion der Wunde erforderlich ist, liegen nicht vor. Neben der Technologie muss auch die To-xizität bei dem Einsatz von silberhaltigen Ver-bandsmaterialien berücksichtigt werden bzw. dem Anwender überhaupt bekannt sein. Dann kann die Verwendung dieser Substanzen v. a. bei gramnegativen Wundinfektionen durchaus zu einer Besserung der Infektsituation führen. Silberhaltige Wundauflagen sollten daher al-lenfalls als Reserveantiseptika und nicht für ei-ne längere Dauer verwendet werden.

Die Anwendung von medizinischem Honig gehört zu den Verfahren der „osmotischen Wundreinigung“. Abgedeckt werden muss das Honiggel bzw. der Honig genauso wie ein ande-res Hydrogel mit einer nicht haftenden Wund-auflage, die ein effizientes Exsudatmanagement gewährleisten soll. Methodisch relativ gute Stu-dien zeigen allerdings keine signifikant besse-re Wundheilung unter Honigbehandlung im Vergleich mit wirkstofffreiem Hydrogel. Die in diesen Studien belegte Schmerzhaftigkeit der Behandlung sollte die Anwendung von Honig in der Wundtherapie einschränken.

Das ExsudatmanagementWunden heilen in feuchtem Milieu schneller und besser als unter trockenen Bedingungen.

Silber enthaltende Wund-auflagen Elementares Silber

Nanokristallin Acticoat, Polymem

Silberummantelte Fäden Silvercel, Atrauman

Silberbeschichteter Schaumstoff

VAC Granufoam

Verkohlung Actisorb, Vliwaktiv, Noba-carbon

Silbersalze

Silberchlorid Aquacel

Silbersulfat Mepilex Ag, Urgocell Ag

Silbersulfadiazin Allevyn Ag, Urgotül SAg

Silbersalzkomplex

Silber-Na.thiosulfat Contreet Hydrocolloid

Ionenaustauscher

Silberalginat AlgiSite Ag, Askina Cal-gitrol Ag

Silber-Na.hydrogen Zirko-niumphosphat

Biatain Ag, Urgosorb Sil-ver

Zeolith Textus bioaktiv

Nach Probst, Vasel-Biergans, Wundmanagement, 2. Auflage, WVA Stuttgart 2010

Gleichzeitig gilt es aber, Mazerationen durch das mit toxischen Substanzen angereicherte Exsudat zu verhindern. Ein breites Spektrum von Wundauflagen dient dazu, dieses Exsudat-management zu erleichtern. Dazu sollte man die Eigenschaften der einzelnen Wundauflagen kennen und diese entsprechend den aktuellen Bedürfnissen der Wunde einsetzen (vgl. Abb. 8).

Hydrogele enthalten pflanzliche oder halb-synthetische Gelbildner, haben nur eine sehr geringe Aufnahmekapazität und werden zum Befeuchten von zu trockenen Wunden einge-setzt. Sie schaffen ein ideal feuchtes Wundmi-lieu, um die autolytische Wundreinigung zu er-möglichen. Die Studienlage zeigt eine Evidenz für schnellere Wundabheilung bei korrekt indi-zierter Anwendung von Hydrogelen [9].

Hydrokolloide sind dünne Polyurethanfolien und/oder Schaumstoffe mit selbstklebender Masse (Carboxymethylzellulose, Pektin, Gela-tine, eingebettet in synthetischen Kautschuk). Die Exsudataufnahme lässt die Hydrokollo-idmasse aufquellen und schafft ein feuchtes Wundmilieu. Ihre Feuchtigkeitsaufnahmeka-pazität ist höher als die der reinen Hydroge-

Abb. 6: Lokale Entzündungszeichen

Abb. 7: Systemische phlegmo-nöse Wundinfektion

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Hydrogele zeigen die geringste, Un­terdruck­Sogver­

bände die höchste Exsudataufnahme.

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

tabelle 2

CME fortbildung

39www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

Dr. med. Andreas Maier-Hasselmann

Klinik für Gefäßchirurgie, vasku-läre und endovaskulä-re ChirurgieStädtisches Klinikum München Bogen-hausen81925 München

INTERESSENKONFLIKTE: Der Autor hat keine deklariert.

online

Die vollständige Literaturliste finden Sie unter

www.allgemeinarzt­online.de

• Hydrogele

• Hydrokolloide

• Schaumstoffkompressen

○ Hydropolymere

○ Offenporige Schaumstoffe

• Alginate/Hydrofaserverbände

• Kollagen-Wundauflagen

• Unterdruck-Sogverbände (NPWT)

le. Angewendet werden sie bei flachen, wenig sezernierenden Wunden, z. B. im Granulati-onsstadium der Wundheilung. Zu beachten ist die Gefahr der Mazeration des Wundran-des bei Überlastung der Aufnahmekapazität des Verbandes.

Bei den Schaumstoffen wird zwischen offenpori-gen Polyurethanen und hydrophoben Hydropoly-meren mit niedrigerer Aufnahmekapazität unter-schieden. Es kommt bei längerem Wundkontakt zum Einwachsen von Granulationsgewebe in die Schaumstoffporen. Die Verbandswechsel führen daher zur Verletzung der hochvulnerablen Ober-fläche dieser frischen Wundflächen und sind zu-dem schmerzhaft. Offenporige Schaumstoffe werden auch für die Anlage von Unterdruck-Sog-verbänden (NPWT) verwendet und ermöglichen in diesem Zusammenhang auch die Ableitung extremer Exsudatmengen.

Kalzium-Alginate und Hydrofaserverbände sind watteartige Alginat- oder Zelluloseverbindun-gen, die in die Wunde eingelegt werden und eine sehr hohe Aufnahmekapazität haben. Die Alginate bilden mit dem Wundsekret ein Gel, das wie Eiter imponiert, allerdings leicht aus der Wunde entfernt werden kann. Zu be-achten ist die Dochtwirkung der Alginate, die die aufgenommene Flüssigkeit in der gesam-ten Auflage verteilen, wohingegen die Hyd-rofaser die Flüssigkeit nur bis zum Oberrand des Flüssigkeitsstandes aufnimmt. Daraus re-sultiert ein suffizienter Schutz des Wundran-des vor Mazeration, wohingegen die Alginate beim Überschreiten des Wundrandes diesen auch mit Nässe belasten.

Kollagenverbände zeichnen sich durch ein sehr hohes Aufnahmevermögen für Flüssigkeiten aus, zudem wirken sie blutstillend. Sie sind resorbierbar und können daher in der Wunde belassen werden.

Die Unterdrucksogbehandlung (NPWT) unter Verwendung eines Wundfüllers (meist offen-poriger Schaumstoff), einer Folienabdeckung und einer den permanenten Sog aufrechter-haltenden Pumpe kann große Exsudatmengen aus einem Wundgebiet ableiten und gleich-zeitig die Granulation in der Wunde stimulie-ren. Zu beachten ist bei dieser Therapieform, dass bei Reduktion der Exsudatmenge auf ei-ne andere angepasste Wundauflage gewech-selt werden sollte.

Schutz des Wundrandes Der Wundrand wird durch Infektion, Feuchtig-keit, aber auch allergische Reaktionen belas-tet. Zum Schutz des Wundrandes vor Feuch-tigkeit können die o. g. Hydrofaserverbände ebenso eingesetzt werden wie Acrylatkleber. Infektionen bzw. allergische Reaktionen kön-nen eine Behandlung mit kortikoidhaltigen Topika erfordern. Zinksalben bieten einen gu-ten Schutz, können allerdings je nach Galenik der Zinksalbe erhebliche Probleme beim Ent-fernen des Topikums generieren.

Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass die Wunde kritisch und regelmäßig zu untersu-chen ist, um ggf. unerwünschte Effekte einer gewählten Wundauflage frühzeitig korrigieren zu können. Ebenfalls sei vor der großzügigen Kombination verschiedener Wundauflagen ge-warnt, Untersuchungen über Wechselwirkun-gen oder Allergieentstehung liegen nicht vor.

Fazit • Denken Sie an die pAVK, die Diabeteseinstel-lung und die konsequente Druckentlastung

• Beseitigen Sie die Wundheilhindernisse • Achten Sie auf Infektionen • Ziel ist die feuchte, nicht die nasse Wund-therapie

• Vergessen Sie nicht die benachbarte Haut

Der Fall: Wie ging es weiter?Unserer alten Frau R. konnte durch konsequente Ruhigstellung des Fußes, kurzfristige Antibio-tikabehandlung sowie topische Wundbehand-lung – anfänglich mit Polyhexanid-getränkten Kompressen, dann bei zunehmender Mazerati-on der Wundumgebung mit einer Hydrofaser-Auflage – gut geholfen werden. Die Entzündung ging zurück und die drohende Amputation konnte vermieden werden. ▪

Abb. 8: Exsudataufnahmeka-pazität verschiedener Wund-auflagen

fortbildung

40 Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

FRAGEN ZUR ZERTIFIZIERTEN FORTBILDUNG

„Diabetisches Fußulkus“

1. Welcher der genannten Faktoren spielt keine Rolle für die Entstehung chronischer Wundheilungsstörungen?

a) Schlechte Diabeteseinstellungb) Alter des Patienten c) Medikamentöse Antikoagulationd) PAVKe) Ungeeignetes Schuhwerk

2. Wie viele Menschen mit Diabetes werden nach den Zah-len der AOK in Deutschland pro Jahr amputiert?

a) Etwa 500b) Etwa 1.200c) Etwa 10.500d) Etwa 29.000e) Etwa 45.000

3. Welche Aussage zum Therapiekonzept beim diabetischen Fußulkus trifft nicht zu?

a) Die Revaskularisierung bei einer peripheren Perfusions-störung beeinflusst die Ulzeration nicht.

b) Eine Druckentlastung des Fußes im Wundbereich ist wichtig.c) Der Diabetes muss konsequent behandelt werden.d) Eine dem Keimspektrum angepasste Antibiotikatherapie

bei Infektionen ist essenziell.e) Wundheilhindernisse müssen beseitigt werden.

4. Welches Kriterium spielt bei der Beurteilung des Wund-zustands keine Rolle?

a) Zustand des Wundgrundsb) Anzahl der Verbandswechselc) Wundinfektiond) Exsudatione) Zustand des Wundrands

5. In welcher Phase der Wundheilung bzw. Situation spielt das Exsudatmanagement keine große Rolle?

a) Ìnflammationsphaseb) Granulationsphasec) Wundinfektiond) Proliferationsphasee) Epithelisierungsphase

6. Welches lokale Antiinfektivum weist die niedrigste Zyto-toxizität auf?

a) Octenidinb) Polyhexanidc) Polyvidonjodd) Silbere) Honig

7. Welches lokale Antiinfektivum hat das breiteste Wirk-spektrum?

a) Octenidinb) Polyhexanidc) Polyvidonjodd) Silbere) Honig

8. Welche Aussage zu Silber in Wundauflagen trifft nicht zu?a) Silberionen reagieren mit SH-Gruppen.b) In-vitro-Untersuchungen belegen eine hohe Toxizität.c) Die einzelnen Silberpräparate setzen Silberionen in sehr

unterschiedlicher Menge frei.d) Silberhaltige Wundauflagen sollten allenfalls als Reser-

veantiseptika verwendet werden.e) Silberhaltige Wundauflagen können vor allem bei gram-

positiven Wundinfektionen sehr wirksam sein.

9. Welche der folgenden Wundauflagen kann am wenigsten Exsudat aufnehmen?

a) Alginateb) Kollagen-Wundauflagenc) Hydrokolloided) Hydrogelee) Schaumstoffkompressen

10. Welche der folgenden Wundauflagen kann am meisten Exsudat aufnehmen?

a) Kollagen-Wundauflagenb) Hydropolymerec) Alginated) Offenporige Schaumstoffee) Hydrokolloide

CME fortbildung

41www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

Der AllgemeinarztANTWORTBOGEN: DIABETISCHES FUSSULKUS

So sichern Sie sich Ihre Fortbildungs-PunkteFür jede Folge unserer zertifizierten Fortbildung werden nach den Fortbil-dungsrichtlinien der Landesärztekam-mer Rheinland-Pfalz bis zu zwei Fort-bildungspunkte vergeben, und zwar unter folgenden Voraussetzungen:

• Mindestens 70 % der Fragen wurden korrekt beantwortet = ein Punkt

• Alle zehn Fragen wurden richtig beantwortet = zwei Punkte

Antwortfeld(nur eine Antwort pro Frage ankreuzen)

a b c d e

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

Auf unserem CME-Portal www.med-etraining.de können Sie u. a. auch diesen Beitrag bearbeiten und bekommen bei Erfolg Ihre Punkte sofort gutgeschrieben. Al-ternativ können Sie diesen Antwort-bogen an folgende Nummer faxen: 06131 - 9607040. Bei erfolgreicher Teil-nahme erhalten Sie per Fax oder E-Mail eine Bestätigung, die Sie bei Ihrer Lan-desärztekammer einreichen können. Die Teilnahme an dieser CME-Fortbil-dung ist bis zu ein Jahr nach Erschei-nen möglich.Für das Freiwillige Fortbildungszerti-fikat, das viele Ärztekammern anbie-ten, können 150 CME-Punkte in maxi-mal drei Jahren erworben werden, u. a. durch eine strukturierte interaktive Fortbildung (also z. B. durch die in Der Allgemeinarzt angebotene CME-Fort-bildung). Die seit dem 1.1.2004 geltende Pflicht-fortbildung gemäß § 95d SGB V fordert 250 Punkte innerhalb von fünf Jahren, nachzuweisen mit Stichtag 30.6.2019. Weitere Informationen erfragen Sie bit-te bei Ihrer zuständigen Ärztekammer.

Ort, Datum Unterschrift

Praxisstempel

Persönliche Daten Titel Vorname Nachname

Berufsbezeichnung

Straße Hausnummer

Postleitzahl Ort

E-Mail (Fax)

Ich bin damit einverstanden, dass meine Daten gespeichert und der zuständigen Landesärztekammer gemeldet werden und bei mindestens 70 % korrekt beantworteten Fragen eine entsprechende Bestätigung an die angegebene Mail-Adresse gemailt wird. Achtung: Bitte wenn möglich Mail-Adresse angeben, ein korrekter Versand via Fax kann nicht garantiert werden! Ich versichere, alle Fragen ohne fremde Hilfe beantwortet zu haben.

Einheitliche Fortbildungsnummer (EFN)

42

fortbildung

Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

ENTWICKLUNGSDIAGNOSTIK BEI KINDERN

Früh erkennen –  früh fördern!

In der KIGGS-Studie [1], in die mehr als 12.000 Kinder und Jugendliche einge-

schlossen sind, fanden sich bei ca. 20 % der Teilnehmer psychische Störungen, bei 5 % ein ADHS. In deutschen Kohortenstudien konnten ca. 8 % sprachauffällige Kinder [2] konstatiert werden. Sprachauffällige Kinder sind häufig schwierig im Verhalten, viele weisen zusätzlich psychiatrische Diagnosen auf, die sich nicht nur als sekundäre Folge der Sprachentwicklungs-störung, sondern auch als Zusatzsymptom ei-ner Erkrankung zeigen.

Folgen fehlender SprachbeherrschungDas Beherrschen der Sprache ist Voraussetzung für die Teilhabe am sozialen Leben, für das Erler-nen von Lesen und Schreiben, für Kommunika-tion und für die Entwicklung eines mathemati-schen Verständnisses. Ferner ist die Ausbildung einer Lese-Rechtschreibstörung bei bestehen-der schwerer Sprachentwicklungsstörung um-so wahrscheinlicher, je später das Kind einer adäquaten Therapie zugeführt wird. Je größer die entstandenen Entwicklungsdefizite gewor-den sind, desto mehr Aufwand muss betrieben werden, um diese teilweise wieder aufzuho-len. Sekundäre psychiatrische Erkrankungen

Mon

key B

usin

ess

Uta Lummert-Brünger

Viele Hausärzte, die Kinder be-treuen, führen auch Früherken-nungsuntersuchungen durch bzw. sind erste Ansprechpartner, wenn die Eltern sich Sorgen über die Entwicklung ihrer Kinder machen. Die Auswirkungen kindlicher Ent-wicklungsauffälligkeiten können sehr gravierend sein. Je früher eine Störung erkannt wird, desto besser die Fördermöglichkeiten.

33. SeminarkongressLüneburg

12.-14. Mai 2017

Seminar: Entwicklungs-auffällige Kinder in der hausärzt lichen Praxis

Referentin: Dr. med. Uta Lummert-Brünger

www.allgemeinarzt-online.de

wie Konzentrationsstörungen, Depressionen, Schulangst, Schulverweigerung, psychosomati-sche Störungen, oppositionelles Verhalten etc. können die Folge sein.

Untersuchungen zeigten, dass bereits Säuglin-ge kleine Mengen erfassen und unterscheiden können, lange bevor sie sprechen lernen [3]. Kinder, die keine Mengenvorstellung haben, die sich Zahlen nicht merken können, die keine Vorstellung vom Zahlenraum entwickeln, die Zahlen nicht Worten zuordnen können, leiden an einer Dyskalkulie –  einer Rechenstörung, die sich nicht nur im Mathematikunterricht nega-tiv äußert, sondern ebenso im täglichen Leben beim Umgang mit Geld, Abmessen usw. Wird diese Störungen frühzeitig erkannt, so kann ei-ner Fixierung mit langfristiger Therapie sowie der Entwicklung von Folgeerkrankungen posi-tiv begegnet werden.

Normvariante oder Störung?Sprachauffällige Kinder sind häufig nicht nur in der Sprache auffällig, sondern auch in anderen Be-reichen, wie v. a. der Motorik und dem Verhalten. Das bedeutet, dass bei sprachauffälligen Befun-den nicht nur die Sprache beurteilt werden darf.

Es gibt viele Entwicklungsauffälligkeiten, die nur eine Normvariante darstellen und keiner Therapie, manchmal nicht mal einer Förderung bedürfen (z. B. Laufbeginn). Die Eltern müssen jedoch über die Harmlosigkeit der Befunde auf-geklärt werden. Am häufigsten finden sich si-cherlich gut therapierbare Entwicklungsstörun-gen wie Artikulationsstörungen mit kurz- bis mittelfristigem Therapiebedarf. Es existieren aber auch die schwerwiegenden Störungen, die nicht übersehen werden sollten, um den Kindern eine positive soziale Entwicklung zu ermöglichen. Verschiedene Entwicklungsauf-fälligkeiten müssen sicherlich unterschiedlich gewichtet werden. Das Erkennen von entwick-lungsauffälligen Kindern weist auf ein verant-wortungsbewusstes ärztliches Handeln hin.

Was gehört zur Entwicklungsdia-gnostik?Viele Hausärzte betreuen Kinder und führen bei diesen Kinderfrüherkennungsuntersuchun-gen durch bzw. werden aufgesucht, wenn die Eltern sich Sorgen über die Entwicklung ihrer Kinder machen. Neben Kenntnissen der kind-lichen Entwicklung gehören zur Entwicklungs-

Quelle: Fachinformation Ciclopoli gegen Nagelpilz (Stand: Januar 2017)

Randomisierte, zweiarmige Studie über 48 Wochen, die Ciclopoli Nagellack,täglich angewendet, mit einem handelsüblichen 5% Amorolfin Nagellack aufAcrylatbasis, zweimal wöchentlich aufgetragen, verglich. Alle Effektivitätspara-meter wurden am Großzehennagel als Zielnagel ausgewertet. Die Studie er-reichte ihr primäres Ziel, nach 12 Wochen Behandlung war Ciclopoli Nagellackhinsichtlich der Umwandlung zu negativer Kultur vs. Amorolfin 5% Nagellacknicht unterlegen. Nach 48 Wochen waren die Prozentzahlen der Patienten mitKomplett-Heilung, Therapie-Erfolg und mykologischer Heilung durchgängighöher als in der Referenzgruppe.

*Therapie-Erfolg = Konversion zu negativer KOH-Mikroskopie und negativerPilzkultur und ≤ 10% Restbefall des Nagels (verblindeter Gutachter)

Ciclopoli® gegen NagelpilzWirkstoff: 8% Ciclopirox. Zusammensetzung: 1 g wirkstoffhalt. Nagellackenthält 80 mg Ciclopirox. Sonst. Bestandteile: Ethylacetat, Ethanol 96%, Ce-tylstearylalkohol, Hydroxypropylchitosan, gereinigtes Wasser. Anwendungs-gebiete: Pilzerkrankungen der Nägel durch Dermatophyten und/oder andereCiclopirox-sensitive Pilze. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen einenInhaltsstoff. Kinder unter 18 Jahren (fehlende Erfahrung). Nebenwirkungen:Sehr selten Rötung, Schuppung, Brennen und Jucken an den behandeltenStellen. Warnhinweis: Enthält Cetylstearylalkohol, örtlich begrenzte Haut-reizungen (z. B. irritative Kontaktdermatitis) möglich. Apothekenpflichtig.Stand: Jan. 2017. Polichem SA; 50, Val Fleuri; LU-1526 Luxemburg. Mitvertrieb:Almirall Hermal GmbH, Geschäftsbereich Taurus Pharma; Scholtzstraße 3;D-21465 Reinbek; [email protected]

Der einzige wasser-lösliche Anti-Pilz-Lack

StarkeWirkung

Einfache Anwendung

Ohne lästiges Feilen

gegen Nagelpilz

Wirkung,die überzeugt!

Amorolfin5% Nagellack

Ciclopoli®gegen Nagelpilz

Therap

ie-Erfolgin

%*

60

50

40

30

20

10

0

58,3%

26,7%

p < 0,001

_1785F_0020139.pdf; s1; (102.00 x 280.00 mm); 13.Mar 2017 08:56:24; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien

44

fortbildung

Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

beurteilung eine ausführliche Anamnese einschließlich Beurteilung der alterstypi-schen Fertigkeiten, ein vollständiger kör-perlicher Status, die Bestimmung der Kör-permaße, die Überprüfung von Hör- und Sehsinn und des Zahlen- und Mengenver-ständnisses, ein standardisierter Sprach-test, Überprüfung der auditiven Merkfä-higkeit und der Motorik. Bei Hinweisen auf eine Entwicklungsstörung sollte eine weitere Diagnostik bei einem sozialpäd-iatrisch tätigen Kollegen oder an einem SPZ erfolgen.

Fälle aus der PraxisBeispielhaft für Entwicklungsstörungen, die in der hausärztlichen Praxis vorkom-men könnten, werden hier zwei Fälle aus der kinderärztlichen Praxis vorgestellt.

Fallvorstellung 1 Barbara, 7 Jahre alt, hat seit Wochen je-den Tag Bauchschmerzen. Wenn sie zu Hause bleiben könne oder aus der Schu-le abgeholt werde, gehe es ihr bald wie-der besser und sie lache wieder und sei unbeschwert. Eigentlich gehe sie ger-ne zur Schule, aber seit ca. vier Mona-ten werden die Bauchschmerzattacken immer häufiger. In den letzten Wochen könne sie abends, v. a. am Sonntag, nicht mehr so gut einschlafen und habe Angst. Barbaras Entwicklung ist seit der Säug-lingszeit nie auffällig gewesen. Die kör-perlichen und laborchemischen Unter-suchungsergebnisse sind unauffällig. In einem Vieraugengespräch erzählt Bar-bara, dass sie nicht mehr zur Schule ge-hen möchte, weil alles anders sei als sie dachte. Wenn sie Matheunterricht habe, würde sie gar nicht verstehen, worüber geredet würde.

Barbara hatte als Folge eines Versagens im Fach Mathematik eine psychosoma-tische Störung entwickelt. Sie wurde un-ter dem Verdacht auf Vorliegen einer Dys-kalkulie einem Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie zur weiteren Testung vorgestellt. Der Verdacht bestätigte sich. Nach Wechsel der Schule in eine Grund-schule mit weniger Kindern pro Klasse und anderem Unterrichtskonzept sowie einer von den Eltern privat finanzierten Lerntherapie verschwanden die Bauch-

Dr. med. Uta Lummert-Brünger

Fachärztin für Kinder-und Jugendmedizin,Naturheilverfahren, Rettungsmedizin31311 Uetze-Hänigsen

INTERESSENKONFLIKTE: Die Autorin hat keine deklariert.

online

Die vollständige Literaturliste finden Sie unter

www.allgemeinarzt-online.de

schmerzen. Barbara entwickelte sich auch schulisch gut, auch wenn Mathematik nicht ihr bestes und liebstes Fach war. Heute macht sie eine Ausbildung zur So-zialassistentin nach erfolgreichem Real-schulabschluss.

Fallvorstellung 2Die Entwicklung von Alexander, 3,5 Jah-re, verlief bis zur U6 normal. Bei der U7 fiel auf, dass er nicht sprach, sondern nur Laute von sich gab. Die Mutter hatte den Eindruck, dass er nicht alles verstehen würde. Alexander sollte dem Pädaudio-logen zum Ausschluss einer Hörstörung und der Kinderärztin in drei Monaten nochmals vorgestellt werden. Beides er-folgte nicht.

Ca. ein Jahr später, im Rahmen der U7a, erledigte Alexander den Steckkasten (drei Formen zuordnen) sehr schwerfäl-lig, konnte Perlen nicht auffädeln und war sehr ungeduldig. Den Sehtest verstand er nicht, da er die zu benennenden Wörter nicht kannte. Er hörte weder der Mutter, den MFA noch der Ärztin zu. Stattdessen schmiss er sich auf den Boden, trampelte und schrie hysterisch. Die Mutter berich-tete, dass sie am Ende sei. Alexander ver-halte sich den ganzen Tag störrisch und bockig und auch im Kindergarten sei er auffällig. Keiner möchte mit ihm spielen.

Alexander ist in mehreren Bereichen auf-fällig: Er spricht, kommuniziert und ver-hält sich nicht altersgerecht. Zusätzlich zeigt er ein oppositionell-verweigerndes Verhalten. Hier muss eine mehrdimensi-onale Diagnostik und Unterstützung mit regelmäßigen Entwicklungskontrollen er-folgen und die Mutter in ihrem Tun un-terstützt werden.

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Bei Hinweisen auf eine Ent-wicklungsstörung sollte ei-ne weitere Diagnostik bei einem sozialpädiatrisch tä-tigen Kollegen oder an ei-nem SPZ erfolgen.▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

Alexander wurde nach einem langen und eindringlichen Gespräch mit der Mutter einer intensiven Logopädie zugeführt. Der Mutter wurde geraten, pädagogische Beratung und Unterstützung zu suchen (z. B. Familienberatungsstelle, Unterstüt-zung in der Familie etc.). Zusätzlich er-folgte die pädaudiologische Vorstellung und die Mitanbindung an ein Sozialpäd-iatrisches Zentrum. Nach ca. vier Mona-ten Logopädie zeigt sich bei dem Patien-ten schon eine Veränderung: Alexander ist weniger wütend, er spricht von sich aus mehr, imitiert Äußerungen, ist aus-geglichener. Im Kindergarten spielt er mit anderen Kindern. Zurzeit erfolgt eine mehrdimensionale Diagnostik im SPZ, um zu entscheiden, ob Alexander zukünftig den heilpädagogischen oder den Sprach-heilkindergarten besuchen wird, um ihn entsprechend seiner Defizite intensiver zu fördern.

Die oben beschriebenen Einzelschicksale können jedem Hausarzt täglich begegnen. Grundkenntnisse der kindlichen Entwick-lung erleichtern die Entscheidung über notwendige weitere Maßnahmen und bewirken so eine rechtzeitige Zuführung der Kinder zu jeweiligen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen. ▪

45

fortbildung

www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

_0066F_0020732.pdf; s1; (210.00 x 280.00 mm); 27.Jun 2017 14:47:58; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien

46

fortbildung

Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

SCHWACHSICHTIGKEIT BEI KINDERN

Altbewährte und neue Therapieverfahren

Die Schwachsichtigkeit ist mit einer Prävalenz von mehr als 3 bis 8 %

weltweit [1, 2] eine der häufigsten kindlichen Sehstörungen, in Deutschland liegt die Prävalenz bei 5 bis 6 %. Unter bestimmten Voraussetzungen kann jedes Kleinkind in Deutschland durch eine Schwachsichtigkeit (Amblyopie) betroffen sein.

Unbehandelt führt eine Amblyopie zu einer lebenslang stark reduzierten Sehschärfe auf einem oder sogar beiden Augen mit Konse-quenzen für das ganze Leben. Im Extremfall ist Lesen ohne Vergrößerungshilfen, eine spä-tere Berufswahl wie Pilot, Busfahrer etc. oder auch Autofahren nicht möglich.

Die häufigste Ursache – etwa jede zweite Schwachsichtigkeit – sind Fehlsichtigkeiten des Auges wie eine Weit- oder Kurzsichtigkeit, sowie eine Hornhautverkrümmung. Weitere relevante Ursachen sind Schielen oder eine Kombination von Fehlsichtigkeit und Schielen. Auch organische Störungen können zu einer Schwachsichtigkeit führen. Hierzu zählen ty-pischerweise eine kindliche Katarakt (Linsen-trübung) oder eine Ptosis (hängendes Ober-lid) [1, 3].

Dies führt jeweils zu einem unscharfen oder unterdrückten Bild, so dass sich bis zur Schul-zeit kein volles Sehvermögen entwickeln kann.

Foto

: VISU

S Gm

bH

Charlotte Schramm, Doro-thea Besch, Kai Januschowski

Wenn eine Schwach-sichtigkeit (Amblyo-pie) bei Kindern früh erkannt wird, ist sie voll korrigierbar. Die Standardbehandlung besteht aus der Korrek-tur einer Fehlsichtigkeit mit einer Brille und der Abdeckung des besser sehenden Auges mit einem Pflaster. Bald könnte aber auch die digitale Technik die Therapie der Schwach-sichtigkeit unterstützen und verändern.

Abb. 2: Amblyz®-Shuttlebrille: Ein Brillenglas wird im 30-Sekunden-Rhythmus abgedunkelt.

onlineDie vollständige Literaturliste finden Sie unter

www.allgemeinarzt-online.de

47

fortbildung

www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

Abb. 1: Okklusionspflaster mit blauem Mikrosensor zur Therapieüberwachung

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Digitale Trainingsverfahren

(Computerspiele, 3D-Brillen) könnten bald die Therapie

der Amblyopie sinnvoll ergänzen.

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

Foto

: Cha

rlotte

Schr

amm

_1EGN4_0020678.pdf; s1; (210.00 x 135.00 mm); 22.Jun 2017 07:30:12; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien

Aktuelle Therapie In den ersten sechs bis sieben Lebensjah-ren ist die Entwicklung des visuellen Sys-tems noch beeinflussbar. Daher wird die-se Zeit die sogenannte „sensitive Phase“ des Sehens genannt und eine frühzeitige Therapie ist hier entscheidend. In dieser Phase der Sehentwicklung ist die Ambly-opie vollständig oder zumindest teilweise reversibel. Im Erwachsenenalter ist nicht mehr mit einer Verbesserung der Sehschär-fe zu rechnen [4].

Die aktuelle Standardtherapie der Schwachsichtigkeit besteht auch bei ei-

nem erst sechs bis zwölf Monate alten Kind zunächst in der optimalen Korrektur einer eventuellen Fehlsichtigkeit durch ei-ne Brille oder in seltenen Fällen Kontakt-linsen. Im nächsten Schritt erfolgt die Ab-deckung (Okklusion) oder Vernebelung (Penalisation) des besseren Auges, um das schlechtere Auge zu fördern und ei-ne kortikale Suppression des schwächeren Auges zu verhindern [5, 6]. Hierbei ist ei-ne gute Aufklärung der Eltern und Kinder ausschlaggebend, da hier eine gute Mit-arbeit therapieentscheidend ist. Studien belegen immer wieder, dass die getrage-ne Pflasterzeit oft deutlich unter der an-geordneten liegt [7, 8]. Ziel ist es, für das kindliche Gehirn möglichst früh ein schar-fes Bild auf beiden Augen zu erreichen.

Neue ergänzende Therapie­optionen Im Kleinkindalter werden eine Brille oder eine Abdecktherapie sehr unterschiedlich akzeptiert. Bisher war es schwer möglich, dies zu kontrollieren oder zu überwachen.

Man war auf die Aussagen der Eltern an-gewiesen. Inzwischen können über Mik-rosensoren die Tragezeiten von Okklusi-onspflastern effektiv kontrolliert werden [8, 9, 10]. Mittels Temperatur- und Tem-peraturdifferenzmessungen auf kleins-ter Chipgröße (9 x 13 x 4 mm) im Pflaster (Abb. 1) können die Tragezeiten elektro-nisch erfasst werden. Dies ermöglicht ei-ne bessere Therapiesteuerung und kann besonders in schwierigen Fällen einge-setzt werden. →

48

fortbildung

Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

Einsatz von digitalen Medien und Shutter­brillenMomentan werden auch wieder Trainingsverfahren auf Basis von psychophysischen Übungen als Computer-spiel in „App-Funktion“ zur Ergänzung oder als Ersatz der Abdecktherapie getestet. Dadurch soll eine beidäu-gige Zusammenarbeit gefördert werden, indem die Au-gen z. B. unterschiedlichen Kontrasten ausgesetzt und die Bildinhalte unterschiedlich auf beide Augen verteilt werden. Das schwächere Auge soll durch dieses dich-optische Training gefördert werden [11, 12].

Eine weitere neue Option ist die Entwicklung einer elek-tronischen Shutterbrille (Amblyz®, Abb. 2). Hierbei wird ein Brillenglas im 30-Sekunden-Rhythmus abgedunkelt. In den USA ist diese Shutterbrille seit 2015 von der Ge-sundheitsbehörde FDA zugelassen. Eine Studie aus In-diana ergab gleichwertige Ergebnisse der Shutterbril-le im Vergleich zu einer täglichen Abdecktherapie von zwei Stunden [13].

Die neuen Therapiemöglichkeiten werden in Deutsch-land nicht regulär eingesetzt, da die Ergebnisse der Studien aus den USA nur beschränkt auf das europäi-sche Therapieschema übertragbar sind. Aufgrund zu-nehmender Nachfrage von Eltern und Patienten nach Nutzung der neuen digitalen Techniken und Medien werden diese Übungen zum Kontrastsehen und räum-lichen Sehen momentan diskutiert, da diese als Grund-lagen für visuelle Übungen mittels Apps und Computer-spielen dienen, und europäische Studien sollen folgen.

Computerspiele oder 3D-Brillen könnten daher zukünf-tig gleichzeitig die Nachfrage nach visuellem Training sinnvoll befriedigen und die aktuelle Amblyopiethera-pie ergänzen. ▪

Kopfschmerzen – ein „typisches“ Zoster-Symptom?

Hinter Kopfschmerzen unklarer Ursache kann ein Herpes Zoster stecken

Impressum | Verlag Kirchheim + Co GmbH, Kaiserstr. 41, 55116 Mainz, Telefon 0 61 31/9 60 70-0. Redaktion: Factory Seven GmbH

Dr. Jörg Zorn. Die Herausgeber der Zeitschrift übernehmen keine Verant-wortung für diese Inhalte.

www.allgemeinarzt-online.de/dialogcenter

Lesen Sie mehr auf unserer Website! Unser DialogCenter rund um den Herpes Zoster ist wieder gut gefüllt mit neuen Studienreferaten und Fallberichten. Weitere Themen, die dort auf Sie warten, sind z.B.: ▪ Erhöhtes Zoster-Risiko unter Therapie mit Anti-EGFR-Antikörper –

ein Fallbericht▪ Botulinumtoxin bei Post-Zoster-Neuralgie: mehr als eine Drittlini-

enoption?▪ Immunkompetenter Erwachsener mit generalisiertem Exanthem:

Windpocken oder Gürtelrose?▪ Neue britische Daten belegen erhöhtes Zoster-Risiko nach Krebs▪ Post-Zoster-Neuralgie: Wer ist besonders gefährdet?

DialogCenterINFOBO

X

In etwa 20% der Fälle sind Hirnnerven und damit der Kopf-bereich von einer Reaktivierung der Varizella-Zoster-Viren (VZV) betroffen. Das Erscheinungsbild ist dabei sehr variabel, Kopf-schmerzen gehören häufig dazu. Fehlt das herpetiforme Exan-them oder wird es übersehen, ist die Diagnose schwierig. Worauf sollte man achten?

Wenn Kopfschmerzen de novo oder mit ande-rer Qualität als üblich auftreten, kommt der Zoster als eine sekun-däre Ursache prinzipi-ell in Frage. Im Zwei-felsfall sollte der ganze Kopf sorgfältig nach „versteckten“ Zoster-Effloreszenzen abgesucht werden. Beim Zoster des Nervus intermedi-us etwa bilden sich die Bläschen im äußeren Gehörgang und am Trom-

melfell. Werden sie übersehen, ver-längert sich die vermeintliche „prä-eruptive Phase“, wie die Autoren einer aktuellen Beobachtungsstudie aus Südkorea anmerken. Sie geben als Ergebnis ihrer Analyse einige Hinweise, wann es sich bei Kopf- oder Gesichtsschmerzen um ein Zoster-Geschehen handeln könnte.Dass es auch bei jungen und im-munkompetenten Patienten zu ei-

ner disseminierten Gürtelrose mit neuro-logischen Komplika-tionen bzw. mit me-ningealer Beteiligung kommen kann, zei-gen diverse Kasuisti-ken. Der PCR-Einsatz zum Nachweis von VZV-DNA im Liquor sollte frühzeitig erwo-

gen werden – und noch vor der un-mittelbar einzuleitenden antiviralen Therapie.

www.aa-dc.de/zoster

Dr. med. Charlotte Schramm (Foto)Prof. Dr. med. Dorothea BeschPD Dr. med. Kai Januschowski

Universitätsaugenklinik Tübingen 72076 Tübingen

INTERESSSENKONFLIKTE: Die Autoren haben keine deklariert.

Der Allgemeinarzt

Strukturierte Diabetesversorgung

Mit Teamwork zur ersten Injektion

Diabetes ist als Volkskrankheit ein Paradebeispiel für eine Indikation, bei der nur durch eine gut funk-tionierende Zusammenarbeit von Hausarzt und Spezialist eine mög-lichst optimale Versorgung der Pa-tienten erreicht werden kann.

Therapiestart beim Hausarzt

Laut der Nationalen Versorgungs-leitlinie sind die ersten Schritte in der Therapie des Typ-2-Diabetes Lebensstil-Maßnahmen und eine Behandlung mit Metformin. [1] „Bei 70 bis 80 Prozent der Pati-enten kommt der HbA1c damit in den Normalbereich“, berichtete Gisela Schell, Fachärztin für All-gemeinmedizin aus Offenbach, aus ihrer Praxis. Ist diese orale Therapie nicht oder nicht mehr ausreichend, sind weitere Schritte erforderlich. Mit der Einführung neuer antidiabetischer Substanz-klassen ist die Auswahl des Kom-binationspartners von Metformin komplexer geworden. Dies ist für Schell jedoch kein zwingen-der Grund für eine Überweisung zum Diabetologen. Den Facharzt bindet die Haus-ärztin in Fällen ein, bei denen sie beim Beginn einer Insulintherapie Schwierigkeiten bemerkt. „Sobald das Thema Gewichtzunahme un-ter einer Insulin-Behandlung zur

Abb. 1: Was wünschen sich Patien-ten von einer Injektionstherapie? Eine Befragung von Erwachsenen mit Typ-2-Diabetes gibt Antwor-ten. [mod. nach 4]

Sprache kommt, werden die Pati-enten doch sehr verhalten“, gibt Dr. med. Gerd Nitzsche, nieder-gelassener Diabetologe aus Offen-bach, ein Beispiel für ein Thema, das den Insulinstart erschweren kann.Als unkomplizierter hat Schell die zusätzliche Therapie mit dem ein-mal wöchentlichen GLP-1-Rezep-tor-Agonisten Dulaglutid (Truli-city®) erfahren und mittlerweile einige Patienten selbst darauf ein-gestellt.

Flexibel und einfach

Dulaglutid ist einfach in der An-wendung. Der Wirkstoff wird mit einem sofort gebrauchsfertigen Pen über eine integrierte, verdeck-te Nadel per Knopfdruck auto ma- tisch injiziert. [2, 3] Es ist keine aufwändige Schulung notwendig. Die einmal wöchentliche Anwen-dung von Dulaglutid ist unabhän-gig von Tages- und Mahlzeiten. [3] Die Wirksamkeit von Dulaglu- tid wurde im AWARD-Studien-programm [a] klinisch untersucht, auch im Vergleich mit einigen an-deren Antidiabetika. [3, b] Dula-glutid zeigte eine signifikante und anhaltende HbA1c-Senkung und im Mittel einen günstigen Ein- fluss auf die Entwicklung des Körpergewichts. [3, c] Im Vergleich

zu Insulin glargin führte Dula-glutid beispielsweise zu einer si-gnifikant höheren Absenkung des HbA1c (p < 0,001; jeweils in Kombination mit Metformin und Glimepirid) bei gleichzeitiger Ge-wichtsabnahme. [5, c]Nitzsche wies darauf hin, dass Dulaglutid den AMNOG-Prozess komplett durchlaufen hat und so-

mit auch als wirtschaftlich gilt.Die Verordnungs- und Erstat-tungsfähigkeit des Medikaments ist gesichert.

Hausärzte und Diabetologen arbeiten bei der Diabetesversorgung Hand in Hand. Schon die Prä-valenzzahlen zeigen, dass eine Behandlung nicht ausschließlich von Spezialisten geleistet wer-den kann. Gut acht Millionen Menschen mit Diabetes gibt es in Deutschland – und nur rund 1.400 niedergelassene Diabetologen. Auch fachlich ist die strukturierte Arbeitsteilung sinnvoll. Mit ein-fach anwendbaren Medikamenten ist der Behandlungsbeginn mit einer Injektionstherapie durch den Hausarzt darstellbar.

Foto

: fot

ofab

rika

- Fot

olia

Pressegespräch: Die Rolle des Hausarztes in der interdisziplinä-ren Behandlung des Diabetes – mehr als nur Tabletten?, Frankfurt am Main, 28. Juni 2017; Veranstal-ter: Lilly Deutschland GmbH

ImpressumVerlag Kirchheim + Co GmbH, Kaiserstr. 41, 55116 Mainz Telefon 0 61 31/9 60 70-0Redaktion: Marcus SefrinMit freundlicher Unterstützung derLilly Deutschland GmbHDie Herausgeber der Zeitschrift übernehmen keine Verantwortung für diese Inhalte.

Literatur1. BÄK, KBV, AWMF. Nationale Ver-

sorgungsleitlinie Therapie des Typ-2-Diabetes – Langfassung, 1. Auflage. Version 4. 2013, zu-letzt geändert: November 2014

2. Trulicity® Pen Gebrauchsinfor-mation. Stand Dezember 2016

3. Trulicity® Fachinformation. Stand Juni 2017

4. Otto T et al. Gesundh Ökon Ma-nag 2016;21:181-98

5. Giorgino F et al. Diabetes Care 2015;38(12):2241-9

Häufigkeit und Zeitpunkte der Injektion

Therapie und Lebensgefühl

Häufigkeit von Unterzuckerungen

flexible Teilhabe am täglichen Leben

Körpergewicht

Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall als Nebenwirkung

Zwischenmahlzeiten

Einstellungsmöglichkeit der Blutzuckerwerte

Diabeteswirkstoff (Insulin/nicht Insulin)

Therapie findet innerhalb oder außerhalb von zuhause statt

relative Bedeutung (%)0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50

33,1

16,7

15,0

10,6

10,0

7,9

5,0

1,0

0,7 *

0,0

* nach Gewichtsabnahme

a. AWARD steht für Assessment of Weekly Ad-ministRation of LY2189265 (Dulaglutid) in Di-abetes.

b. Die Studien mit Dulaglutid wurden durchgeführt in Kombination mit Metformin, Pioglitazon, Glimepirid, Insulin lispro und Insulin glargin. In den Vergleichsarmen wurden Sitagliptin, Lira-glutid, Exenatide 2x täglich, Metformin, Glime-pirid, Insulin glargin und Placebo untersucht (AWARD-1 bis -6, -8, -9 [3]).

c. Dulaglutid ist nicht angezeigt zur Gewichts-abnahme; die Änderung des Körpergewich-tes war in den klinischen Studien ein sekundär-er Endpunkt.

50

fortbildung

Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

In dieser Reihe sind bisher erschienen:

www.allgemeinarzt- online.de/a/1834146

FALL 2

Plötzlich bewusstlos – der gan-ze Körper zuckt

Was ist das Problem?Der Vater des 26-jährigen Dachdeckers Rudi H. ruft gegen 18 Uhr aufgeregt in der Abendsprech-stunde an: „Herr Doktor, kommen Sie schnell, der Rudi liegt vor dem Haus. Er ist bewusstlos und zuckt am ganzen Körper.“ Bei Herrn H. ist ein Alkoholabusus (bis zehn Bier am Wochen-ende) bekannt.

Welche Anweisungen geben Sie am Telefon?

• Sie kündigen einen sofortigen Hausbesuch an und fordern simultan Rettungsdienst und Notarzt an.

• Es sollte alles aus dem Weg geräumt wer-den, was den Patienten beim wilden Umsich-schlagen verletzen könnte. Eine Polsterung mit Kissen oder Decken um den Patienten herum ist sinnvoll, damit er sich so wenig wie möglich verletzt.

• Keine Gewalt anwenden – Patient nicht fest-halten!

Welche Maßnahmen ergreifen Sie am Notfallort?Bei Ihrem Eintreffen zuckt der Patient immer noch. Da unmittelbares Handeln erforderlich ist, um den Status zu durchbrechen, beschränkt sich die Diagnostik auf ein Minimum: Inspektion (Zy-anose/Atemfrequenz?), falls möglich Puls- und Blutdruckkontrolle, PO2. Diagnostik und Thera-pie gehen simultan Hand in Hand:

Folgende Erstmaßnahmen sind beim Status epilepticus indiziert:

• Stabile Seitlagerung, Atemwege frei machen, evtl. Larynxtubus.

• Sicheren venösen Zugang schaffen. • Benzodiazepine i. v. (4 mg Lorazepam oder

Mon

key B

usin

ess -

Foto

lia

Notruf in der vollen Sprechstunde: Ein junger Mann wurde plötzlich bewusstlos. Was sagen Sie am Telefon? Welche Maß-nahmen sind am Notfallort nötig bzw. möglich? Was ist bei der Langzeitbetreuung zu beachten? Der Patient beißt sich nachts auf die Zunge, was müssen Sie nun veranlassen? Wie sieht ein typischer Zungenbiss aus? Beantworten Sie diese Fragen zuerst und lesen erst dann weiter. Haben Sie richtig gelegen?

F A L L

51

fortbildung

www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

12 – 20 mg Diazepam), cave Atemdepression! Nach über zwei Monaten stationärem und anschließendem Reha-Aufenthalt stellt sich der Patient wieder in der Praxis vor. Außer der Epilepsie Z. n. ausgedehnter Aspirationspneu-monie bds. Entlassungsmedikation: Phenytoin (Phenhydan®) Tabletten 2 × 100 mg.

Wie sieht die Langzeitbetreuung aus?

• Regelmäßige Kontrolluntersuchungen: An-fallsanamnese, Laborkontrollen (Phenytoin: cave Leber! – Spiegelbestimmung)

• Mitbehandlung durch Neurologen • Umschulung (als Dachdecker absturzge-fährdet)

• kein Alkohol • für regelmäßigen Tag-Nacht-Rhythmus sorgen • stroboskopische Blitze meiden (Disco!) • eine Fahrerlaubnis erst nach zwölfmonati-ger Anfallsfreiheit beantragen

Was tun bei Zungenbiss?Nach sechs Monaten konsultiert Sie der Pati-ent erneut wegen Zungenschmerzen (Abb. 1). Zu denken ist an einen nächtlichen Zungen-

Prof. Dr. med. Reinhold Klein Facharzt für Allgemein-medizinLeiter der Lehre am Insti-tut für Allgemeinmedizin der TU München85235 Pfaffenhofen a. d. Glonn

biss im Rahmen eines epileptischen Anfalls. Was tun Sie jetzt?

• Blutentnahme zur Phenytoinspiegelbestim-mung, da die Serumkonzentration des An-tiepileptikums unmittelbar nach dem An-fall entscheidend für die weiter notwendige Aufdosierung ist.

• Überweisung zum Neurologen, um erneut ein EEG anzufertigen und in geteilter Verant-wortung mit dem Spezialisten das weitere Prozedere festzulegen.

Was lernen wir?Schutz vor Selbstverletzung, Freihalten der Atem-wege und medikamentöse Durchbrechung des Anfalls sind die wichtigsten Sofortmaßnahmen beim Status epilepticus. Nach Entlassung aus der Klinik erfordert die Betreuung von Epileptikern eine intensive Zusammenarbeit zwischen Haus-arzt und Neurologen. Anfallsauslösende und im Anfall gefährliche Situationen sind zu vermeiden.

Die Frage der Fahrtüchtigkeit muss ggf. durch einen Gutachter geklärt werden. Die Fahrtüch-tigkeit ist jedoch frühestens nach einem Jahr Anfallsfreiheit gegeben.

Abb. 1: Typischer Zungenbiss? Der Zungenbiss ist insofern atypisch, als der Patient sich auf die Zungenspitze gebis-sen hat. Normalerweise sind i. d. R. seitliche Bissstellen zu er-warten.

Abb.:

Rein

hold

Klei

n

50 Fälle

Der hier vorgestellte Fall wurde dem Buch „Die 50 wichtigsten Fälle Allge-meinmedizin“ von Prof. Dr. med. Reinhold Klein, erschienen bei Elsevier Urban & Fischer, Mün-chen, ISBN: 978-437-43157-9, 2. Auflage 2016, entnommen.

52

forschung und technik

Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

Homo sapiens ist älter als gedachtEin internationales Forscherteam hat bei archäologischen Aus-grabungen in Jebel Irhoud (Marokko) fossile Knochen des Homo sapiens sowie Tierknochen und Steinwerkzeuge entdeckt. Die Funde sind rund 300.000 Jahre alt und damit die ältesten sicher datierten fossilen Belege unserer eigenen Art — 100.000 Jahre älter als die bis dato ältesten Homo-sapiens-Funde in Äthiopi-en. Die Funde zeigen, dass sich Homo sapiens bereits vor etwa 300.000 Jahren innerhalb Afrikas ausgebreitet hatte, also lan-ge bevor der moderne Mensch Afrika verließ.Richter D et al. (2017) Nature. DOI: 10.1038/nature22335

Shan

non

McP

herro

n/M

PI EV

A Le

ipzig

/dpa

Philip

p Gu

nz/M

PI EV

A Le

ipzig

Typ-1-Diabetes: Künstliche Bauchspeichel-drüse ab 2018

Die bei Typ-1-Diabetes bislang mehrmals täglich notwendigen Blutzuckermessungen und daran angepassten Insulingaben sind besonders für die hierzulande etwa 31.000 betroffenen Kinder und Jugendlichen häufig mit hohem Aufwand verbunden. Ab dem Jahr 2018 soll nun auch in Deutschland die sogenannte Closed-Loop-Tech-nologie verfügbar sein. Dabei wird eine Insulin-pumpe mit einem Sensor zur kontinuierlichen Glukosemessung im Unterhautfettgewebe, ei-nem Blutzuckermessgerät zur Kalibrierung des Sensors sowie einem Computerprogramm, das die automatische Steuerung der Insulinpumpe übernimmt, vernetzt. Alle Geräte kommunizieren drahtlos miteinander. Das Closed-Loop-System entspricht also in der Wirkungsweise einer künst-lichen Bauchspeicheldrüse. Allerdings erfordert es vom Nutzer zu den Mahlzeiten eine manuelle Eingabe des Insulinbedarfs. Die Alltags-Anwen-dung bei jugendlichen und erwachsenen Men-schen mit Typ-1-Diabetes habe sich im Rahmen einer klinischen Studie bewährt. Die Stoffwech-sellage der Probanden verbesserte sich signifi-kant, gleichzeitig sank bei ihnen auch deutlich die Gefahr einer Unterzuckerung.Diabetes Kongress 2017

Nützliche Service-Angebote für die tägliche Arbeitmit Ihren Patienten unter: janssen-med.de/jurnistaund janssen-med.de/durogesic-smat

www.janssen.com/germany

Janssen-Cilag GmbH

_1BVZW_0020368.pdf; s1; (178.00 x 58.00 mm); 17.May 2017 08:01:21; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien

53

forschung und technik

www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

Magen ge schwür-Op. bremst ParkinsonDie Verbindung zwischen Darm und Ge-hirn haben Parkinson-Forscher schon län-ger im Visier. Dieses Modell zum Krank-heitsverlauf, die Aszensionshypothese, geht davon aus, dass Parkinson zumindest teilweise im Verdauungstrakt beginnt. Ei-ne Schlüsselrolle spielt das fehlgefaltete Eiweißmolekül Alpha-Synuklein, das sich bei der Parkinson-Erkrankung typischer-weise in den erkrankten Gehirnzellen ab-lagert. Ablagerungen von Alpha-Synuklein entstehen – womöglich durch den Einfluss von Umweltgiften – aber auch im Nerven-system des Magens und des Darms. Von dort aus, so die Hypothese, klettern die Ablagerungen ins Gehirn. Dabei nutzen sie den Vagusnerv und seine Verästelun-gen wie eine Steigleiter. Frühere Untersu-chungen an Mäusen haben gezeigt: Kappt man diesen Nerv, wird der Krankheitspro-zess zumindest verlangsamt. Bestätigt wurde dies nun in einer aktuellen Studie mit Patienten, die sich zur Behandlung eines Magengeschwürs einer Vagotomie unterzogen hatten. Die Wissenschaftler verglichen die Häufigkeit von Parkinson-Erkrankungen unter Patienten, deren Va-gusnerv getrennt worden war, mit einer Kontrollgruppe. Das Ergebnis: Gegenüber der Kontrolle war das Risiko, an Parkinson zu erkranken, nach einer vollständigen Va-gotomie um 22 % geringer, und wenn der Eingriff bereits mindestens 5 Jahre zurück-lag, sogar um 41 %. Liu B et al. Neurology.. DOI: 10.1212/WNL.0000000000003961

Seba

stian

Kaul

itzki

- Fot

olia

Besuchen Sieunseren Messestand:Kongress der deutschenGesellschaft für Urologie20. – 23.09.2017

in Dresden

Kongress der deutschenKontinenz-Gesellschaft10. – 11.11.2017

in Dresden

Besuchen Sie unseren Messestand:

NEUNUR IN DERAPOTHEKE

Blasenentzündung?Zur Prävention von Zystitis

„Muss ich oder muss ich nicht?“Mehr zum �ema finden Sie auf

facebook.com/mussichodermussichnicht

1Gebrauchsinformation

Cassella-med GmbH & Co. KG · Gereonsmühlen-gasse 1 · 50670 Köln · Telefon: 0800 1652-200

Telefax: 0800 1652-700 · www.femannose.deEin Unternehmen der Klosterfrau Healthcare Group

Synergistische Wirkweisemit Antibiotika1

Keine Resistenzbildung:Bakterien werden inaktiviertund ausgeschieden

Sehr gute Verträglichkeitdank natürlicher D-Mannose undCranberry-Extrakt; nach Absprachemit dem Arzt auch in Schwanger-schaft und Stillzeit anwendbar

_01L0G_0020381.pdf; s1; (102.00 x 280.00 mm); 17.Jul 2017 12:33:01; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien

54

praxis

Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

Zunächst ist zwischen Kranken-behandlung, Vorsorge (Präven-

tion) und Rehabilitation zu unterschei-den. Bei der Krankenbehandlung steht die Heilung bzw. Vermeidung der Verschlim-merung einer bestehenden Krankheit

Häufig erachten wir Hausärzte eine Rehabilitationsmaßnahme für unsere Patienten für sinnvoll, füllen komplizierte Formulare aus und stellen dann enttäuscht und verärgert fest, dass all unsere Mühe umsonst war, der Antrag abgelehnt wurde. Dies liegt manchmal an der Geldknappheit der Krankenkasse oder des Rentenversicherungs-trägers, oberflächlicher Beurteilung durch den Sachbearbeiter, aber manchmal auch an einem nicht zielführenden Ausfüllen der Formula-re. Damit die Antragstellung erfolgreich verläuft, soll in diesem Artikel Grundsätzliches zur Rehabilitation und Prävention dargestellt werden. In einem Folgeartikel in der nächsten Ausgabe Der Allgemeinarzt gibt es dann wertvolle Tipps und Formulierungshilfen zum Ausfüllen des Antragsformulars Muster 61.

PRÄVENTION UND REHABILITATIONBegutachtung verstehen – Anträge meistern

gran

dedu

c - Fo

tolia

Sozialmedizin

Robe

rt Kn

esch

ke - F

otol

ia/

blue

desig

n - F

otol

ia

oder weiterer Krankheitsfolgen im Vor-dergrund. Bei der Prävention geht es um Verhinderung der Entstehung oder Ver-schlimmerung von Erkrankungen sowie um Besserung der Krankheitsfolgen. Da-bei unterscheiden wir:

• Primärprävention: Verhinderung der Krankheitsentstehung. Beispiel: Imp-fung, Sorge um gesunde Ernährung u. körperliche Betätigung

• Sekundärprävention: Früherkennung von Erkrankungen. Beispiel: Vorsorge-untersuchung wie Check-up oder Mam-mographie-Screening

• Tertiärprävention: Verhinderung von Folgeschäden oder Rückfällen. Beispiel: Koronarsport, Diabetikerschulung

• Quartärprävention: Verhinderung un-nötiger Untersuchungen, Behandlun-gen oder Medikation (neuere Definiti-on). Beispiel: hausärztlich-geriatrischer Betreuungskomplex mit Medikations-prüfung

Vorsorgemaßnahmen im engeren Sinne sind der Primär- und Sekundärpräventi-on zuzuordnen, Rehabilitationsmaßnah-men der Tertiärprävention.

Der Begriff der Kur findet nur noch An-wendung bei der ambulanten Vorsorge-

praxis

www.allgemeinarzt-online.de

maßnahme am Kurort („Badekur“) und der Mutter-/Vater-Kind-Kur.

PräventionsleistungenPräventionsleistungen waren bis 2015 aus-schließlich Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Mit dem Flexiren-ten-Gesetz wurde aber die Prävention eine Pflicht-Leistung der Rentenversicherung (§14 SGB VI). Im Arbeitsalltag des Haus-arztes spiegelt sich dies aber nicht wider. Solche Leistungen werden häufig von gro-ßen Betrieben bzw. deren Betriebsärzten bei der Rentenversicherung beantragt, z. B. wenn sich eine Gruppe von Arbeit-nehmern mit ähnlichen gesundheitlichen Gefährdungen findet. Zunächst wird eine kurze stationäre Maßnahme über ein bis zwei Wochen durchgeführt, im Anschluss erfolgt dann eine ambulante Betreuung über einige Wochen und ein Anschluss-treffen nach mehreren Monaten.

Begutachtung auf Basis der ICFAls Hausärzte sind wir gewohnt, mit dem ICD, der Internationalen Klassifikation der Krankheiten, umzugehen. Es handelt sich um die Einteilung der Krankheiten in be-stimmte Gruppen je nach Ursache oder betroffenem Organsystem. Dem ICD liegt wie unserer täglichen Arbeit am Patienten der Gedanke zugrunde, dass es eine Ur-sache (Erreger, Fehlfunktion, Unfall) gibt, die über bestimmte pathophysiologische Veränderungen zu einer Erkrankung führt (Ursache-Wirkungsprinzip).

Eine umfassendere Sicht auf den Pa-tienten bietet die ICF (Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit). Die MDK-Gutachter sind angehalten, der Begutach-

tung von Anträgen auf Reha-Maßnahmen diese Klassifikation zugrunde zu legen. Schon deshalb sind Grundkenntnisse da-rüber für uns Hausärzte wichtig. Außer-dem kommt diese Klassifikation der Art und Weise, wie wir unsere Patienten in der hausärztlichen Praxis betreuen, viel näher. Leider ist sie aktuell sehr unhand-lich, daher soll hier nur eine kurze Dar-stellung erfolgen:

• Die Funktionsfähigkeit der Person steht im Vordergrund.

• Als Behinderung wird die Einschrän-kung dieser Funktionsfähigkeit bezeich-net. Durch eine Schädigung ist die Per-son beeinträchtigt in Aktivitäten und der Teilhabe am Leben.

• Nicht allein die Schädigung bedingt die Beeinträchtigung, sondern sogenann-te Kontextfaktoren bedingen, wie stark und ob überhaupt sich eine Schädigung auf Aktivitäten und Teilhabe auswirkt. Es gibt personenbezogene Faktoren und Umweltfaktoren.

Beispiel: • Schädigung: Verlust des Vorfußes durch traumatische Amputation

• Funktionseinschränkung: unsicherer Einbeinstand, verminderte Gehfähigkeit

• Behinderung: Einkauf kann zu Fuß nicht mehr selbstständig erledigt werden

• Kontextfaktoren: ○ Ein PKW zum Einkaufen ist vorhan-den, Einkaufen somit dennoch mög-lich

○ Eine Schuhzurichtung kann das Gang-bild bessern und Einkaufen ermög-lichen

Grundsätze

Für die Rehabilitation gilt: • Ambulant vor stationär • Rehabilitation vor Rente/Pflege • Zuständige Leistungsträger:

○ Im erwerbsfähigen Alter, keine Erwerbsunfähigkeits-Rente: RVT

○ Rentner (außer Tumorkrankheit): Krankenkasse

○ Nachsorge nach Tumorkrankheit: RVT

○ Kinder: Wahlrecht der Eltern, kön-nen Antrag bei Kasse oder RVT ab-geben

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Bei der Antragstellung zu

berücksichtigen: Die Begutachtung von

Reha-Anträgen erfolgt oft nicht auf Basis der ICD-,

sondern der ICF-Klassifikation.▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

→ Orthomol arthroplus® ist ein diätetisches Lebensmittel

für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät).

Orthomol arthroplus® zur diätetischen Behandlung von

arthrotischen Gelenkveränderungen. www.orthomol.de

Die ernährungsmedizinischeArthrosetherapie mit syner-gistischen Knorpelbestandteilenund gelenkaktiven Mikronähr-stoffen

Bewegungaktiv erleben

_15GUD_0019809.pdf; s1; (72.00 x 280.00 mm); 02.Jan 2017 12:15:46; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien

56

praxis

Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

In der nächsten Ausgabe Der Allgemeinarzt

Heft 14/2017 gibt unser Autor Dr. Herbers

wertvolle Tipps und Formulierungshilfen

zum Ausfüllen des Antragsformulars

Muster 61.

○ Eine Knie- und Hüftarthrose des an-deren Beines führt dazu, dass das Haus gar nicht mehr verlassen wer-den kann

○ Der Lebenspartner geht einkaufen

Somit kann ein und dieselbe Schädigung (Erkrankung) zu ganz unterschiedlich stark ausgeprägten Beeinträchtigungen der Teil-habe am Leben führen. Fazit: Die Angabe einer Krankheit auf einem Reha-Antrag reicht nicht aus, um die Notwendigkeit einer Rehabilitation erkennen zu können.

Das bio-psycho-soziale Krankheitsmodell der ICF spiegelt die typisch hausärztliche Herangehensweise an die Symptome und Leiden unserer Patienten wider (wir be-handeln nicht Laborwerte oder Röntgen-bilder, sondern Patienten mit ihren Lei-den). Gleichzeitig ist es dieser Denkansatz, der im Reha-Antrag gefordert wird. Mit den Einzelheiten der Kodierung müssen wir als Hausärzte nicht vertraut sein, die-se sind sehr kompliziert; weder wir noch der MDK müssen die Fähigkeitsstörungen verschlüsseln.

Ambulant oder stationär?Für die Entscheidung, ob eine Reha-Maß-nahme ambulant oder stationär durch-zuführen ist, haben der GKV-Spitzenver-band und der MDS (Medizinischer Dienst des GKV-Spitzenverbandes) einen Indika-tionskatalog für ambulante Maßnahmen erstellt. Hier finden sich Argumente für eine stationäre Reha:

• Ständige ärztliche Überwachung und pflegerische Versorgung ist erforderlich.

• Es ist keine ausrei-chende Mobilität vor-handen für Inanspruchnahme der ambulanten Rehabilitation, keine ausreichenden Aktivitäten zur Selbst-versorgung.

• Für eine ambulante Leistungserbrin-gung ist der Patient physisch oder psy-chisch nicht ausreichend belastbar.

• Die Fahrtzeit zur Reha-Einrichtung ist nicht zumutbar.

• Die Herausnahme aus dem sozialen Umfeld ist notwendig.

• Die hauswirtschaftliche Versorgung ist nicht sichergestellt.

RentenversicherungNach §9 SGB VI erbringen die Träger der Rentenversicherung Leistungen zur Prä-vention, zur medizinischen Rehabilitati-on, zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Nachsorge sowie ergänzende Leistun-gen, um den Auswirkungen einer Krank-heit oder Behinderung auf die Erwerbsfä-higkeit vorzubeugen, entgegenzuwirken oder sie zu überwinden. Voraussetzung für die Leistung ist nach §10, dass die Er-werbsfähigkeit erheblich gefährdet oder gemindert ist. Dies bedeutet, dass ohne eine entsprechende Maßnahme mit (Teil-)Erwerbsunfähigkeit in den nächsten Mo-naten zu rechnen ist.

Die Träger der Rentenversicherung haben zweiseitige Formulare, die vom behan-delnden Arzt ausgefüllt werden können; als Hausärzte sind wir aber nicht zur Er-stellung eines Befundberichtes oder eines Gutachtens verpflichtet. Sollte sich der Hausarzt z. B. wegen Arbeitsüberlastung dazu nicht imstande sehen, kann ein Be-fundbericht auch vom Ärztlichen Dienst der Rentenversicherung erstellt werden.

Bei der Rentenversicherung kann jedoch vom Patienten nicht nur ein Antrag auf medizinische Rehabilitation, sondern auch zur Teilhabe am Arbeitsleben beantragt werden. Für diese Anträge gilt Vergleich-bares. Auch hier sind die Funktionsein-schränkungen und Behinderungen im Arbeitsalltag darzulegen. Wenn eine me-dizinische Rehabilitation keine Aussicht auf Erfolg bietet oder schon durchgeführt wurde, dann kann eine Leistung zur Teil-habe am Arbeitsleben noch zu Erleichte-rungen führen. Hierzu zählen z.B.

• eine berufliche Weiterqualifikation, • behindertengerechter Fahrzeugum-bau, um die Arbeit wieder zu erreichen,

• ein Spezialmonitor für Sehbehinderte, • ein wirbelsäulengerechter Bürostuhl und höhenverstellbarer Schreibtisch. ▪

Dr. med. Jürgen HerbersFacharzt für Allgemein-medizin, Sozialmedizin, Sportmedizin, Ernäh-rungsmedizin (DAEM/DGEM), Naturheilverfah-ren und Palliativmedizin;74385 Pleidelsheim

Artikel zur Sozialmedizin-Serie

http://www.allgemein-arzt-online.de/a/

sozialmedizin-1799941

57

praxis

www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

Im stark regulierten Bereich der ambulan-ten Versorgung wird die ärztliche Berufs-

ausübung durch zahlreiche normative Vorgaben eingeschränkt. Viele Vorgänge rund um die Arzt-praxis setzen ein förmliches Anzeige- oder Geneh-migungsverfahren voraus. Die entsprechenden Bescheide stellen verbindliche Verwaltungsakte

dar, deren Entscheidungsgründe für den Antrag-steller häufig kaum nachvollziehbar sind. Möchte man die eigene Praxisstruktur erfolgreich verän-dern, ist ein Verständnis für diese unumgängli-chen Prozesse eine wesentliche Voraussetzung.

Im Zentrum steht die vertragsärztliche Zulas-sung, die im Grunde nichts anderes ist als ei-ne Art nur in begrenzter Anzahl verfügbarer Abrechnungslizenzen für die GKV. Aber auch für die Bildung einer Berufsausübungsgemein-schaft (BAG) durch bereits zugelassene Ärzte, den Betrieb einer Zweigstätte (Filiale), die MVZ-Gründung oder die Anstellung eines Medizi-ners sind förmliche Genehmigungen einzuho-len. Dies muss grundsätzlich vorab erfolgen.

Bei wem stelle ich den Antrag? Zuständiges Gremium ist für fast alles der Zulas-sungsausschuss (ZA) – mit Ausnahme der Geneh-migung von Praxisfilialen, deren Beantragung an

Wo früher die Entscheidung zwischen Krankenhaus und Nieder-lassung beinahe schon alle Optionen für Ärzte abdeckte, gibt es heute allein für den ambulanten Sektor einen bunten Strauß an Möglichkeiten der Gestaltung von Arbeit und Arbeitsumfeld. Um im Geflecht der Möglichkeiten – darunter Gemeinschaftspraxis, Praxisgemeinschaft, MVZ – nicht den Überblick zu verlieren, ist es wichtig zu wissen, wer für was zuständig ist, wen man fragen kann und wann man professionelle Unterstützung benötigt.

NEUE PRAXISFORMEN (TEIL 4)Von der Idee zum Ziel – wer hilft mir?

fresh

idea

- Fot

olia

58

praxis

Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

die Kassenärztliche Vereinigung (KV) zu richten ist. Der ZA wird jedoch häufig fälschlicherweise mit der KV in denselben Topf geworfen. Zwar sind die ZA meist tatsächlich bei den KVen angesiedelt, aber dennoch agieren sie eigenständig und mit eigenen Regeln. Wichtigster Unterschied zur KV: Bei allen Entscheidungen ist die Krankenkasse gleichberech-tigt beteiligt. Hierdurch entsteht naturgemäß bei vielen Antragsverfahren ein Spannungsfeld zwi-schen den Leistungserbringern (KV-Vertreter) und den Leistungszahlern (Kassenvertreter).

Das A und O: Eine gute Vorbereitung Ein wesentlicher Schlüssel für die erfolgreiche Genehmigung eines Antrags ist ein gewisses Ver-ständnis für die notwendigen Verwaltungsrou-tinen. Doch wie lässt sich die unvermeidliche Verhandlung im Zulassungsausschuss optimal vorbereiten? Die naheliegendsten Auskunfts-stellen sind die Geschäftsstellen der ZAs selbst. Aber auch an die sogenannten Niederlassungs-beratungen der KVen ist zu denken. Diese richten sich zwar vornehmlich an neu ins System treten-de Ärzte. Da es sich bei der Umgestaltung einer bestehenden Praxis aber grundsätzlich um ähn-liche Vorgänge und Abwägungen handelt, sind sie trotzdem eine sehr sinnvolle Anlaufstelle – insbesondere für Informationen zu den regional spezifischen Antragsprozessen und Besonder-heiten. Es ist allein deshalb hilfreich, die regiona-len Besonderheiten zu kennen, da diese die zeit-lichen Abläufe bestimmen können: So ist als ein wesentlicher Unterschied in den 17 KV-Regionen die Sitzungshäufigkeit der ZAs zu nennen. Wäh-rend z. B. in Berlin wöchentlich getagt wird, gibt es in Hamburg nur vier Sitzungen im Jahr, für die größtenteils Monate im Voraus alle Anträge ein-zureichen sind. Ein weiterer Unterschied: Wäh-rend die KV Niedersachsen neun ZAs mit jeweils örtlich abgegrenzter Zuständigkeit hat, ist der Zuschnitt in Nordrhein viel gröber und bei deut-lich mehr Ärzten in nur vier Gebiete unterteilt.

Informationen einholen und absichern – aber wo?Da sich im Bereich der ärztlichen Kooperationen die rechtlichen Rahmenbedingungen in den letz-ten Jahren oft und schnell verändert haben, ist davon auszugehen, dass nicht jeder Mitarbeiter von KV und ZA jede Finesse kennt. Wenn also die Basisinformationen zum angestrebten Verfahren eingeholt sind, ist es sinnvoll, diese einem ergän-zenden Faktencheck zu unterziehen. Anlaufstellen hierfür können die ärztlichen Fachverbände sein,

die jedoch – nach meiner Erfahrung – höchst un-terschiedliche Beratungsqualität bieten und z. B. zum Thema MVZ teils wenig kompetent sind. Sehr hilfreich kann auch eine Anfrage bei den auf Ärzte spezialisierten Banken sein, da diese schon aus In-teresse an der Kreditsicherung oft über profunde Fachkenntnisse rund um das Thema Praxisorgani-sation und -gestaltung verfügen. Als gemeinnüt-ziger Verband zur Förderung ärztlicher Kooperati-onen soll an dieser Stelle der Bundesverband MVZ – Gesundheitszentren – Integrierte Versorgung e. V. als Quelle für Fachinformationen zu komplexen Praxisstrukturen nicht unerwähnt bleiben. Auch die spezifische Fachliteratur – Bücher, Onlinefo-ren und Aufsätze – gibt inzwischen viele Infor-mationen mit durchaus hohem Praxisnutzen für den interessierten Laien her. Zur konkreten Frage passende Leseempfehlungen lassen sich bei einer der vorgenanntenten Stellen erfragen.

Grundsätzlich ist einzuplanen, dass von der Praxis idee bis zu ihrer Genehmigung und Um-setzung in aller Regel mehrere Monate vergehen und eine genaue Vorhersage über die Zeitdauer nicht getroffen werden kann. Oft geben die An-tragsformulare sowie entsprechende Merkblät-ter, die von fast allen KVen online vorgehalten werden, erste Anhaltspunkte zum zeitlichen Ab-

lauf und stellen damit eine nicht zu unterschätzende, zusätzliche Informationsquelle dar. Ebenso lohnt es, auch mal einen Blick auf fremde KV-Webseiten zu riskieren. Denn die Informati-onsqualität und -quantität ist durchaus sehr unterschiedlich. Hierbei ist es meine persönliche Wahrnehmung, dass insbeson-dere die Merkblätter der Kassen-ärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) einen stets aktuellen und

sehr komplexen Informationsgehalt aufweisen und den (frei verfügbaren) Informationen ande-rer KVen oftmals überlegen sind.

Kommt es dann zur Antragstellung, erreicht man selbstverständlich schneller und komplikations-freier sein Ziel, wenn alle notwendigen Unterla-gen, Begründungen und Erklärungen direkt voll-ständig eingereicht werden. Die Erfahrung lehrt auch, dass sich viele Missverständnisse und Pro-bleme durch den kurzen Griff zum Telefon oft schnell klären oder gar vermeiden lassen. Auch deshalb ist es ausgesprochen nützlich, von vorn-herein auf eine gute Kommunikation mit den Sachbearbeitern zu achten.

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Ein gewisses Verständnis für die Antragsprozesse ist eine

wesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche Veränderung

der eigenen Praxisstruktur.▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

Alle Beiträge dieser Serie

http://www.allgemein-arzt-online.de/a/1798104

praxis

Mit Expertenhilfe juristische und steuerrechtliche Fallen meisternGesellschaftsrechtliche Umgestaltungsprozesse haben so gut wie immer sowohl eine komple-xe juristische als auch eine steuerlich brisante Komponente, die von den jeweiligen Experten begleitet bzw. geprüft werden sollte. Denn Pra-xisabgabe- und überleitungsprozesse erfordern eine vorausschauende Planung, bei der auch an-stehende Gesetzesänderungen sowie die Recht-sprechung ebenfalls zu beachten sind.

Klar, Anwälte kosten Geld, Steuerberater auch. Anderseits tragen sie einen Teil des Gestaltungs-risikos und sind nun einmal in diesen, für Ärzte zumeist fremden Verfahren Profis. Außerdem

können sie klar zu verstehen geben, wenn Ge-staltungswünsche im geltenden Normenrahmen nicht seriös umsetzbar sind. Denn im Sinne von „Das muss doch gehen“, können Laien sich auch mal verschätzen. Versierte Berater können dies-bezüglich ein ausgesprochen nützliches Korrek-tiv darstellen, um schwerwiegende Rechtsfehler, die später sehr teuer oder existentiell werden können, zu vermeiden.

Diese Erkenntnis in Verbindung mit der Nutzung der angebotenen und vergleichsweise leicht zu-gänglichen Informationsquellen ist entsprechend die beste Vorbereitung für das Gelingen von ge-planten Strukturveränderungen. ▪

DOC

RABE

Med

ia - F

otol

ia

Susanne Müller

Geschäftsführerin des Bundesverbandes Medizinische Versor-gungszentren – Gesund-heitszentren – Integrier-te Versorgung e. V.10117 Berlinhttp://www.bmvz.de

Obwohl Rückenschmerzen in den seltensten Fällen lebensbedrohlich sind, können sie die Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit erheblich be-einträchtigen.1 Im Jahr 2013 entstanden 125 Millionen Arbeitsunfähig-keitstage und 13 Milliarden Euro Produktionsausfallkosten aufgrund

von Muskel-Skelett-Erkran-kungen.2

Der einzigartige Wirkstoff Tapentadol hat sich mit über 100 Rabattverträgen und ca. 5 Mio. behandelten Patienten mittlerweile als ein Standard für die Behandlung starker anhaltender Rückenschmer-zen etabliert.2,3 Dank der

starken Wirksamkeit und zugleich guten Verträglichkeit von Tapentadol (Palexia® retard) könne, insbesondere bei frühzeitigem Einsatz, die Le-bensqualität und Arbeitsfähigkeit der Patienten wiederhergestellt wer-den, so Dr. Thomas Hofmann, Dortmund. Darüber hinaus ermöglicht

Mit Tapentadol die Arbeitsfähigkeit erhalten

die Substanz aufgrund ihres geringen Interaktionspotenzials auch bei Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus oder Bluthochdruck eine effektive Schmerztherapie, ergänzte Dr. Martina Bida, Lebus.

1 Gesundheitsreport 2014 – Veröffentlichungen zum Betrieblichen Gesundheits-management der TK, Band 29

2 Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2013, Hrsg. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Ar-beitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) (Stand Dezember 2014)

3 IMS Media cons. Data Q2 20164 Lauertaxe Stand Februar 2017Fachinformation und Pflichttext Palexia® unter: fachinformation.grunenthal.de

Mit freundlicher Unterstützung der Grünenthal GmbH

WISSENKOMPAKT

good

luz -

Foto

lia

TIPP Weitere Informa-tionen zu Palexia® unter: www.infocenter. palexia.de.

62

praxis

Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

Insbesondere die Berufsgruppe der Ärzte sieht sich bei einer Betriebsprüfung mit

einem Informationsdilemma konfrontiert: der Zwiespalt zwischen gesetzlicher Mitwirkungs-pflicht bei der Prüfung und der gleichzeitigen Einhaltung der ärztlichen Schweigepflicht. Da-rüber hinaus können Veränderungen des Leis-tungsangebotes und der Praxisorganisation zu ungeahnten umsatz- und gewerbesteuer-lichen Risiken führen.

Betriebsprüfung – Hintergründe kennen und verstehenDoch die Risiken aus einer Betriebsprüfung kön-nen minimiert werden. Dies gelingt am besten,

wenn man die Hintergründe der Prüfung kennt und versteht. Die Betriebsprüfung ist Bestand-teil des deutschen Besteuerungsverfahrens, um die gleichmäßige Besteuerung der Steuerpflich-tigen zu gewährleisten. Es handelt sich um ein gesetzlich angeordnetes Verfahren durch eine Prüfungs anordnung. Grundsätzliche Voraus-setzung für die Bekanntgabe einer Betriebs-prüfung ist, dass die zu prüfenden Steuerarten noch nicht der sogenannten Festsetzungsver-jährung unterliegen.

In Arztpraxen steht die Überprüfung der steuer-lichen Sachverhalte mittlerweile deutlich stär-ker im Fokus der Finanzämter als noch vor zehn Jahren. Dies liegt im Wesentlichen daran, dass die ärztlichen Behandlungsmethoden vielfälti-ger und komplexer geworden sind. Arztpraxen erbringen neben der klassischen Heilbehandlung zunehmend Leistungen, die nicht zwangsläufig der Diagnose, Linderung oder Behandlung von Krankheiten dienen müssen.

Mit Krankenkassen können beispielsweise be-sondere Verträge abgeschlossen werden, de-ren Leistungsbestandteile unter Umständen umsatz- und/oder gewerbesteuerliche Risi-ken enthalten können. Neben der Angebots-

Die Ankündigung einer Betriebsprüfung ist für jeden Arzt unan-genehm, da Steuernachzahlungen drohen können. Die Fragen, wie sich Ärzte für die Prüfung wappnen können und wie das Un-ternehmen Arztpraxis gestaltet werden sollte, um das Risiko aus einer Betriebsprüfung zu minimieren, waren Themen in einem Seminar im Rahmen des 33. Seminarkongresses in Lüneburg.

BETRIEBSPRÜFUNG Arztpraxen zunehmend im Fokus

mau

ritiu

s im

ages

/ Pix

tal /

WE1

2247

8

33. SeminarkongressLüneburg

12.-14. Mai 2017

Seminar: Besteuerung von Arztpraxen

Referent: Björn Sievers, Lüneburg

praxis

vielfalt werden auch die zivil- und ver-tragsarztrechtlichen Strukturen jährlich anspruchsvoller. Die Berufsausübung in Berufsausübungsgemeinschaften, Teil-Berufsausübungsgemeinschaften oder mittels sogenannter Kostengemein-schaften kann erhebliche umsatz- und/oder gewerbesteuerliche Risiken mit sich ziehen. Selbst Inhaber von Einzel-praxen können unwissentlich den Status des umsatzsteuerlichen Kleinunterneh-mers verlieren, z. B. bereits dann, wenn eine Photovoltaikanlage auf dem priva-ten Wohnhaus alleine betrieben wird. Diese speziellen Sachverhalte werden mittlerweile durch besonders geschulte Betriebsprüfer zunehmend kontrolliert. Darüber hinaus wendet die Finanzver-waltung digitale Prüfungsmethoden an, um die Vollständigkeit der Praxiseinnah-men oder die Zulässigkeit der Praxisaus-gaben überprüfen zu können.

Gründe einer BetriebsprüfungAuch wenn die Zulässigkeit einer Betriebs-prüfung in der Abgabenordnung gesetz-lich verankert ist – tatsächlich wird eine Arztpraxis während ihres Bestehens nur unregelmäßig geprüft.

Das Betriebsprüfungsrisiko steigt insbe-sondere bei folgenden Sachverhalten:

• Es werden wesentliche Veränderun-gen in der Praxis vollzogen, z. B. durch Gesellschafterwechsel in einer Berufs-ausübungsgemeinschaft (BAG), Erwei-terung einer Einzelpraxis durch Grün-dung einer BAG oder bei altersbedingter Praxisaufgabe.

• Die Praxiseinnahmen schwanken stark über mehrere Jahre und trotzdem blei-ben die Praxisüberschüsse gleich.

• Betriebsprüfungen der Vorjahre führ-ten zu hohen Steuernachzahlungen.

• Auf der Praxishomepage werden Leis-tungen angeboten, die nicht unter die umsatzsteuerfreie Heilbehandlung fal-len könnten. Noch vor Erlass einer Prü-fungsanordnung können bereits Inter-netrecherchen nach Schlüsselbegriffen wie „kosmetisch“ oder „ästhetisch“ im Zusammenhang mit dem angebotenen Leistungsspektrum erfolgen.

Die Mitwirkungspflichten des PraxisinhabersDen Praxisinhaber treffen grundsätzlich die gleichen steuerlichen Anforderun-gen wie andere Freiberufler und Gewer-

betreibende. Immer gilt das Grundprin-zip „keine Buchung ohne Beleg“. Darüber hinaus gelten jedoch einige Branchenbe-sonderheiten, die nachfolgend näher dar-gestellt werden.

Ein häufiger Irrglaube ist, dass sich der Praxisinhaber auf ein Auskunftsverwei-gerungsrecht berufen kann, welches ihm in der Eigenschaft als Arzt/Ärztin zusteht. Selbstverständlich sind die Grundsätze der ärztlichen Schweigepflicht auch im Rahmen einer Betriebsprüfung zu wah-ren, sie führen aber nicht so weit, dass sich der Arzt einer Prüfung komplett entzie-hen kann. Sämtliche Unterlagen, die da-zu dienen, den Sachverhalt darzulegen, müssen auf Nachfrage vorgelegt wer-den. Soweit die angeforderten Unterla-gen patientenindividuelle Informationen aufweisen, sind diese zu anonymisieren. Die vollständige Anonymisierung sämt- →

Die Individualisierung der Asthmatherapie stellt eine Herausforde-rung für jeden Arzt dar. Deshalb wurde eine neuartige Studie konzi-piert: Die Salford Lung Study Asthma (SLS Asthma) [1]. Dabei handelt

es sich um die erste Studie, in der Wirksamkeit und Si-cherheit des Medikaments Fluticasonfuroat/ Vilanterol (Relvar Ellipta) unter All-tagsbedingungen ermit-telt werden. Zwei Besonder-heiten sind hervorzuheben: Zum einen fand die Studie in

haus ärztlichen Praxen statt – therapeutische Entscheidungen wur-den durch den Hausarzt getro� en. Zum anderen wurde der Grad der Asth makontrolle als primärer Endpunkt gewählt. Die Beurteilung er-folgte anhand des Asthma Control Tests (ACT). Die Ergebnisse er-möglichen, den Einfl uss der verschiedenen Asthmatherapien auf das

Asthmakontrolle in der Praxis: Die Salford Lung Study

Befi nden des Patienten unter Alltagsbedin-gungen zu untersuchen. Der ACT ist ein va-lidiertes und zuverlässiges Messinstrument, das mithilfe eines einfachen 5-Punkte-Fra-gebogens den Grad der Asth makontrolle ei-nes Patienten ermittelt.

1) Woodcock A, et al., BMC Pulm Med 2015; 15: 1602) Asthma Control TestTM © QualityMetric Incorporated 2002, 2004, 2009.

All Rights Reserved. Asthma Control TestTM is a trademark of QualityMetric Incorporated.

Mit freundlicher Unterstützung der GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, München

WISSENKOMPAKT

psde

sign1

- fot

olia

DE/F

FT/0

023/

17b;

07/

2017

ACT Der Fragebogen für den Asthma Control Test [2] – eben-so wie der Kinderfragebogen – kann angefordert werden beim Informations- und Servicecenter von GSK unter der kostenfreien Rufnummer 0800–1223355. Ebenso kann der Test online durch-geführt werden auf der Website www.asthmacontroltest.com.

64

praxis

Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

licher Patientendaten im Vorhinein ist wirtschaftlich jedoch nicht sinnvoll und auch die Einholung einer patientenbe-zogenen Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht ist eher unpraktikabel.

Die Betriebsprüfer sind jedoch häufig dis-kussionsbereit und ziehen ihre Stichpro-ben auf Basis von Patientennummern oder ähnlichen neutralen Angaben. Dann sind lediglich die Unterlagen der Stichpro-ben entsprechend zu schwärzen.

Besonders hilfreich ist eine leistungsfähige Praxissoftware, die insbesondere eine voll-ständige Anonymisierung sämtlicher pati-entenbezogener Daten ermöglicht. Unsere Erfahrungen zeigen jedoch, dass es an die-ser wichtigen Funktionalität häufig fehlt.

Prüfungsschwerpunkte der Betriebsprüfer und mögliche RisikenZum einen gibt es natürlich die klassi-sche Belegprüfung: Sind alle Einnahmen vollständig erfasst? Waren sämtliche gel-tend gemachte Betriebsausgaben auch tatsächlich betrieblich? Zudem werden zunehmend aber auch die Praxisorga-nisation und das angebotene Leistungs-spektrum kritisch geprüft. Hier geht es insbesondere um die Feststellung, ob um-satz- und/oder gewerbesteuerpflichtige Einnahmen erzielt werden.

Wird Umsatzsteuerpflicht festgestellt, schuldet der Praxisinhaber 19 % der be-troffenen Einnahmen als Umsatzsteuer, es entsteht also unmittelbar eine wesent-liche finanzielle Mehrbelastung. Umsatz-steuerpflicht kann immer dann gegeben sein, wenn die angebotene ärztliche Leis-tung nicht originär als Heilbehandlung einzustufen ist. Vortrags- und schrift-stellerische Tätigkeiten sind grundsätz-lich umsatzsteuerpflichtig. Insofern soll-te bei verändertem Leistungsangebot grundsätzlich mit einem Steuerberater Rücksprache gehalten werden. Gerade um den Jahreswechsel herum kann die Umsatzsteuerpflicht häufig vermieden werden, indem Rechnungen erst im neu-en Jahr versendet werden. Es ist ratsam, sämtliche Einnahmearten getrennt buch-halterisch zu erfassen.

Björn Sievers

Steuerberater, Dipl.-Kfm., Fachberater für den Heilberufebereich (IFU/ISM gGmbH)Ackermann, Meyer & Partner mbB, 21335 Lüneburg

INTERESSENKONFLIKTE: Der Autor hat keine deklariert.

Ärzte erzielen grundsätzlich freiberufli-che Einkünfte und unterliegen insofern keinen gewerbesteuerlichen Verpflich-tungen. Sollte die Gewerbesteuerpflicht dennoch festgestellt werden, kann dies unmittelbar zu einer Liquiditätsmehrbe-lastung des Praxisinhabers führen. Ge-werbesteuerpflicht kann sich insbeson-dere in folgenden Fällen ereignen:

• Anstellung von Fachärzten der gleichen oder einer anderen Fachrichtung, sofern der Praxisinhaber keine Kontrolle der Ar-

beitsergebnisse durchführt und die an-gestellten Ärzte vollkommen weisungs-frei Patienten behandeln können. In diesem Fall fehlt der sogenannte „Stem-pel der Persönlichkeit“ des Praxisinha-bers. Hier müssen die organisatorischen Vorkehrungen angepasst werden. Der Praxisinhaber sollte sich insbesondere das Recht vorbehalten, komplexe Be-handlungen selbst durchzuführen so-wie Arbeitsergebnisse der angestell-ten Ärzte fortlaufend zu kontrollieren.

• Der Verkauf von Nahrungsergänzungs-mitteln und sonstige Tätigkeiten, die auch durch einen Gewerbetreibenden erbracht werden könnten, führen zur Gewerblichkeit der Einkünfte. In Ein-zelpraxen können die Sachverhalte in der Regel buchhalterisch getrennt er-fasst werden mit der Folge, dass nur die tatsächlich erzielten Gewinne aus dem Verkauf der Nahrungsergänzungsmittel der Gewerbesteuerpflicht unterliegen. Bei Berufsausübungsgemeinschaften besteht allerdings das Risiko, dass durch Überschreitung eines Umsatzvolumens von 24.500 Euro oder einer Überschrei-tung von 3 % der Gesamtumsätze der

Praxis sämtliche Einkünfte der Gewer-besteuer unterliegen können.

Im Grunde wird die zu zahlende Gewer-besteuer zwar auf die Einkommensteu-er angerechnet, damit keine Doppelbe-steuerung derselben Einkünfte erfolgt. Allerdings kommt es gerade in Ballungs-zentren häufig zu einer faktischen Dop-pelbesteuerung, da die Anrechnung der gezahlten Gewerbesteuer auf die Ein-kommensteuer der Höhe nach begrenzt ist und einige Städte und Kommunen Gewerbesteuerhebesätze oberhalb des Anrechnungshöchstbetrages fordern.

Lösungsansätze zur Mini­mierung des Betriebsprüfungs­risikosFeststellungen in einer Betriebsprüfung führen zu einer steuerlichen Mehrbe-lastung des Praxisinhabers, die zusätz-lich auch noch pro Jahr mit 6 % verzinst wird. Erweiterungen der angebotenen Dienstleistungen, aber auch organisato-rische Veränderungen Ihrer Praxis sollten immer zeitnah mit Ihrem Steuerberater besprochen werden. Dieser kann beur-teilen, ob aus dem angebotenen Leis-tungsspektrum bzw. der angepassten Organisationsstruktur möglicherweise umsatz- und/oder gewerbesteuerliche Pflichten resultieren. Durch rechtzeitiges Handeln kann das Betriebsprüfungsrisi-ko von vornherein minimiert werden. ▪

▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪Hilfreich ist eine leistungs-fähige Praxissoftware, die

insbesondere eine voll-ständige Anonymisierung sämtlicher patientenbezo-

gener Daten ermöglicht.▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪

67

verordnung

www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

Bei der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) handelt es sich um eine Krankheit, die durch anhaltende Atem- und Luftstrombe-grenzung gekennzeichnet ist [1]. Schätzungen der WHO zufolge wird COPD bis zum Jahr 2030 weltweit die dritthäufigste Todesursache sein

[2]. Die pharmakologische Basistherapie bei COPD ist die Bronchodilatation [1]. Welche Patienten von einer zusätzlichen antientzünd-lichen Therapie profitieren, steht aktuell noch zur Dis-kussion. Auf dem letzten Internisten Update erklär-te Prof. Dr. Lommatzsch, Rostock, anhand der

Post-hoc-Analyse der WISDOM-Studie, dass unter anderem Patien-ten mit einer erhöhten Anzahl von Blut-Eosinophilen von der Gabe ei-

Individualisierte Therapie bei COPD im Fokus

nes inhalativen Steroids profitieren können [3]. Darüber hinaus emp-fiehlt GOLD bei COPD-Patienten mit asthmatischer Komponente und bei Häufig-Exazerbierern als eine erste Wahl den Einsatz einer ICS/LABA-Fixkombination [1] wie z.B. FOSTER®. Patienten mit häufigen Exazerbationen können einen bis zu 25 Prozent höheren FEV1-Verlust pro Jahr aufweisen [4]. Mit schweren Exazerbationen steigt auch die Mortalität an [5], weshalb die frühe Identifikation und die Einleitung einer individualisierten Behandlung dieser instabilen Patientengrup-pe wichtig sind. Den gesamten Vortrag vom Internisten-Update von Prof. Dr. Lom-matzsch finden Sie unter www.smallairways.de.

1. GOLD 2017 http://goldcopd.org/gold-2017-globalstrategy-diagnosis-ma-nagement-prevention-copd/

2. http://www.who.int/respiratory/copd/en, Stand:19.03.173. Watz et al: Lancet Respir Med 2016; 4 (5):390-3984. Donaldson et al: Thorax 2002; 57 (10):847-8525. Soler-Cataluna et al: Thorax 2005; 60 (11): 925-931

Mit freundlicher Unterstützung der Chiesi GmbH

WISSENKOMPAKT

Rido

franz

- iSt

ockp

hoto

Hypertonie – noch längst nicht alles im GriffNeue Daten zeigen, dass von den ca. 36 Millionen Bundes-bürgern mit Hypertonie le-diglich 22 Millionen um ih-re Erkrankung wissen und nur etwa 18 Millionen anti-hypertensiv behandelt wer-den. Von den Behandelten erreicht jedoch nur etwa die Hälfte den gewünschten Ziel-wert von <140/90 mmHg. Für eine wirksame Blutdrucksen-kung und eine gute Therapie-adhärenz werden fixe Kombi-

fligh

tdog

- Fot

olia

nationspräparate empfohlen. Auch die Leitlinien internatio-naler Fachgesellschaften zum Blutdruck-Management, z. B. der Europäischen Gesellschaft für Hypertonie (ESH) und der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC), favorisieren Fixkombinationen statt Ein-zelpräparate, um die niedri-ge Therapietreue bei vielen Hypertonikern zu verbessern. „Patienten nehmen ihre Tab-letten nicht mehr ein, wenn das Therapieregime kompli-zierter wird“, erklärte Prof. Dr. Thomas Unger aus Maas-tricht. Zwei Drittel der Hyper-toniker benötigen zum Errei-chen der Zielwerte mehr als

ein Antihypertensivum. Da-rüber hinaus unterstrich Un-ger, dass eine Monotherapie nicht zu lange erfolgen soll-te, wenn der Blutdruck nicht unter Kontrolle zu bringen ist. Er empfahl für eine fixe Kombinationstherapie ei-nen Angiotensin-1-Rezeptor-antagonisten oder ACE-Hem-mer (in so hoher Dosierung wie möglich) plus Kalziumant-agonisten (hoch titrieren!). Reiche dies nicht aus, könne als dritte Substanz ein Diure-tikum (so niedrig dosiert wie möglich) gegeben werden. Be-tablocker sollten nur bei Pati-enten mit kardialen Begleit-erkrankungen hinzugefügt werden. CandeAmlo HEXAL®, die Kombination von Cande-sartan plus Amlodipin, bietet sich als Substitutionstherapie bei Patienten an, deren Blut-druck mit der gleichzeitigen Gabe von Candesartan und Amlodipin im selben Dosie-rungsbereich adäquat kon-trolliert wird.Quelle: Hexal

HILFE BEI PERIANALEN SCHMERZENBei Analfissuren können die Schmerzen nach Defäkation noch über Stunden anhalten. Für die cinchocainhaltige DoloPoste-rine® N Salbe dokumentiert eine Doppelblindstudie bei 183 Pati-enten die schnelle Schmerzlinde-rung: Nach 30 Minuten war die Schmerzintensität bei der ma-nuellen rektalen Untersuchung auf einer visuellen Analogskala (VAS, 0–100 mm) von 73 auf 50 Scorepunkte signifikant stärker reduziert als unter Plazebo (Rück-gang von 74 auf 57). Cinchocain ist in niedriger Dosierung rela-tiv lang wirksam. Die gute Haf-tung der Salbe gemeinsam mit dem lipophilen Lokalanästheti-kum bewirkt eine gute Penetra-tion des Wirkstoffes ins Epithel. Quelle: Dr. Kade

68

verordnung

Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

DIABETES EINFA-CHER MANAGENMit MyTherapy steht Diabetes-Patienten und Praxisteams eine App zur Verfügung, die das Durchführen der vielfältigen the-rapiebezogenen Aufgaben erleichtert. Di-abetologen profitieren unter anderem von einem aus der App erstellbaren Ge-sundheitsbericht: Er gibt eine Übersicht z. B. über den Verlauf der Blutzuckerwerte und damit über den Erfolg der Behand-lung. MyTherapy erhielt jetzt das Dia-Digital-Siegel der DiaDigital AG, einem Zusammenschluss der Deutschen Diabe-tes Gesellschaft (DDG), dem Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberu-fe in Deutschland (VDBD), der Deutschen Diabetes-Hilfe ( diabetesDE) und der Deut-schen Diabetes- Hilfe – Menschen mit Di-abetes (DDH-M). Die App verspricht da-mit digitale Therapieunterstützung auf höchstem Niveau. MyTherapy ist einge-bunden in das Kommunikationskonzept TheraKey® der Berlin-Chemie AG, das für Praxisteams und Patienten mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes zur Verfügung steht. My-Therapy verspricht Nutzern zudem ein hohes Maß an Datenschutz und Daten-sicherheit. Die App erhielt dafür im März 2017 bereits das TÜV-Zertifikat „Geprüf-te App“.Quelle: Berlin-Chemie

Richtig IGeLn bei rezidivierenden Harn-wegsinfektionenDie Hälfte aller Frauen erleidet mindestens einmal im Leben eine Harnwegsinfektion. Bei jeder vierten Patientin treten die Infekti-onen rezidivierend auf. Sie führen zu häufigen Antibiotikaverord-nungen und dadurch zunehmend zu bakteriellen Resistenzen. Als Alternative hat sich eine Impfung mit inaktivierten Keimen spezi-fizierter Enterobakterien bewährt (StroVac®). Sie konnte ihre star-ke Wirksamkeit und gute Verträglichkeit in insgesamt sieben klini-schen Prüfungen und vier Anwendungsbeobachtungen an 2.758 Patienten mit rezidivierenden Harnwegsinfektionen unter Beweis stellen. Die Grundimmunisierung erfolgt durch drei Injektionen in-nerhalb von vier Wochen, die einen Rezidivschutz von ca. 12 Mona-ten bietet. Nach einem Jahr wird der Impfschutz mit einer weiteren

Injektion der Vakzine aufgefrischt. Die Zahl der Patienten, die im Studienverlauf infektfrei waren, liegt zwischen ca. 60 und 89 %, in einer Subgruppe mit rezidivierender Harnwegsinfektion sogar bei 95 %. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen beschränken sich auf die bei Impfungen typischen lokalen und systemischen Impfreak-tionen. Bleibende Impfschäden traten bisher nie auf. Ihre ärztliche Leistung können Sie nach GoÄ wie folgt abrechnen:

Abrechnung der Impfleistung nach GoÄ

GoÄ Einfacher Satz 2,3-facher Satz

Beratung 1 4,66 € 10,72 €

Impfung 375 4,66 € 10,72 €

Die Kosten für den Impfstoff – drei Impfdosen zur Grundimmu-nisierung und einen Booster – über insgesamt 150,71 € trägt der Patient. Quelle: Strathmann

Ein Pflaster gegen SchmerzenSeit Dezember 2016 informiert die Grünenthal GmbH mit der neuen Broschüre „NORSPAN® auf einen Blick“ über die Vorteile des Buprenorphin-Schmerzpflasters. Das 7-Tage-Pflaster ist zur lokalen Anwendung bei opi-oidsensiblen chronischen Schmerzen indiziert und in den Buprenorphin-Dosierungen 5, 10, 20, 30 und 40 μg/h verfügbar. Die Broschüre bietet Behandlern in Klinik und Praxis umfassende Informationen zur Anwendung des Schmerzpflasters. Sie präsentiert au-ßerdem aktuelle Studienergebnisse, die nach Umstellung auf Norspan® eine deutlich verringerte Schmerzintensität im Vergleich zur Vorbehandlung sowie eine verbesserte Lebens- und Schlafqualität belegen. Die Verfügbarkeit in den fünf Wirkstärken erlaubt einen niedrigdosierten Einstieg in die transdermale Opioidtherapie und eine bedarfsgerechte Dosisstei-gerung ohne Umstellung auf andere Applikationsformen oder Wirkstoffe. Durch die transdermale Applikationsform werden konstante Plasmaspiegel und somit eine gleichmäßige und anhaltende Analgesie über sieben Tage gewährleistet. Äl-teren Patienten, die vielfach multimorbide und infolgedessen polymediziert sind, bietet die lokale transdermale Applikation zudem den Vorteil einer reduzierten Tablettenlast und geringerer Wechselwirkungen mit anderen Wirkstoffen. Insbe-sondere bei Schluckstörungen, Einschränkungen der peroralen Aufnahme und Störungen der gastrointestinalen Funktion ist das Pflaster eine geeignete Alter-native bzw. Ergänzung zur oralen Schmerztherapie. Der Wirkstoff Buprenorphin kann selbst bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion bis hin zur termi-nalen Niereninsuffizienz ohne Dosisanpassung angewendet werden, da die Sub-stanz überwiegend hepatisch metabolisiert wird. Die Substanz weist gegenüber anderen Wirkstoffen wie Fentanyl oder Morphin ein besseres Sicherheitsprofil auf. Das geringe Interaktionspotenzial und die geringe zu erwartende Toleranz-entwicklung machen Buprenorphin zum Analgetikum der Wahl bei geriatrischen Schmerzpatienten. Die Broschüre erhalten Sie unter www.schmerz-infocenter.de.Quelle: Grünenthal

Yael

Weis

s - Fo

tolia

verordnung

Eiscreme, Obsttorte, Baguette – im Sommer locken viele Lebensmittel, die den Blutzucker schnell in die Höhe treiben. Bei Patienten mit gestör-ter Glukosetoleranz, ob mit diagnostiziertem Diabetes oder nicht, bewirkt der dadurch ebenfalls hohe Insulinspiegel ein Zurückhalten von Natrium

in der Niere sowie eine verstärk-te Ausschüttung von Kalium. So wurde ein verminderter Ka-liumspiegel in Studien bei Hy-pertonikern mit Glukoseintole-ranz, Prädiabetes, dem Risiko von Typ-2-Diabetes und neu di-agnostiziertem Diabetes in Ver-bindung gebracht – auch unab-hängig vom Einsatz diuretischer Wirkstoffe [1, 2]. Doch auch Ma-

gnesium, der zweitwichtigste Mineralstoff im menschlichen Körper, kann durch erniedrigte Kaliumwerte schlechter in die Zelle aufgenommen wer-

Schwankende Blutzuckerspiegel: Hohe Insulinwerte bringen den Elektrolythaushalt durcheinander

den, so dass ein intrazellulärer Mangel entstehen kann. Kalium und Mag-nesium haben allerdings eine entscheidende Rolle bei der Erregungswei-terleitung in der Herzmuskelzelle: sind sie nicht im Gleichgewicht, können Herzrhythmusstörungen auftreten [2]. In diesem Fall können Diabetiker in besonderem Maß von einer Kalium- und Magnesium-Supplementierung profitieren [1].

1) Meisinger C et al., Diabetologia 2013, 56(3): 484–4912) Zehender M et al., J Am Coll Cardiol 1997, 29(5): 1028–1034

Mit freundlicher Unterstützung der Trommsdorff GmbH & Co. KG

WISSENKOMPAKT

Rom

ario

Ien

- Fot

olia

TIPP Sinnvoll bei einer Supplementierung ist die Einnahme einer auf das Herz abgestimmten Elektrolytkombination wie Tromcardin® complex mit den herzwichtigen Mikronährstoffen Kalium, Magnesium, Folsäure, Vitamin B12, Vitamin B3 und Coen-zym Q10 – für ein Herz im Takt.

Mehr Lebens-qualität für Asth-ma-Patienten Eine neue Analyse bei Pa-tienten mit Asthma – die MUSCA-Studie – ist die erste Studie, die die Wir-kung des antiasthmati-schen Biologikums Mepoli-zumab ( Nucala®; anti-IL-5) auf die krankheitsspezifi-sche, gesundheitsbezoge-ne Lebensqualität bei Asth-ma-Patienten als primären Endpunkt untersuchte. Die Analyse prüfte das Anspre-chen der Behandlung mit Mepolizumab vs. Plazebo in Woche 24. Beides wurde zusätzlich zur Standardthe-rapie (hochdosierte Korti-kosteroide plus mindestens eine weitere Asthma-Kon-trollmedikation) verabreicht. In der Analyse verbesser-te Mepolizumab konstant die gesundheitsbezoge-ne Lebensqualität (gemes-sen anhand des St. George’s

Respiratory Questionnaire Score) sowie die Lungen-funktion (gemessen anhand des FEV1-Wertes) bei Pati-enten mit schwerem Asth-ma mit Bluteosinophilen-Werten ab 150 Zellen/μl. Die Daten zeigten auch einen Zusammenhang zwischen der Verbesserung der Lun-genfunktion und erhöhten Eosinophilen-Werten. Dr. Frank Albers, GSK, erläuter-te: „Eosinophilen-Werte im Blut werden herangezogen, um Patienten mit schwe-rem Asthma, die für eine Be-handlung mit Mepolizumab geeignet sein könnten, zu identifizieren. Die Post-hoc-Analyse der MUSCA-Studie zeigt, dass Mepolizumab bei Patienten mit schwerem Asthma und Eosinophilen-Werten von 150 Zellen/μl und mehr das Potenzial hat, signifikante Verbesserungen bei klinisch relevanten End-punkten sowie bei patien-tenrelevanten Parametern zu erzielen.Quelle: GSK

Einfach gut schlafenIn einer aktuellen Anwendungs-beobachtung sollten Erkenntnis-se zum bestimmungsgemäßen Gebrauch von Hoggar® Night mit dem Wirkstoff Doxylamin unter Alltagsbedingungen bei Patienten mit primären Schlaf-störungen gewonnen werden. In einem Zeitraum von Dezember 2015 bis Oktober 2016 wurden in einer bundesweiten Zusam-menarbeit mit Allgemeinme-dizinern und hausärztlich täti-gen Internisten klinische Daten bei 293 Patienten mit primären, nicht chronischen Schlafstörun-gen erfasst. Die akuten Schlaf-beschwerden sollten gemäß den Empfehlungen des Arztes kurzzeitig mit dem Doxylamin-Präparat behandelt werden. Ab der ersten Einnahme dokumen-tierten die Patienten anhand ei-nes vom Arzt ausgehändigten Schlaftagebuchs über 14 Tage zu Hause ihr Schlafverhalten und ihr Tagesbefinden, am En-de fand eine Abschlussbewer-

tung zusammen mit dem be-handelnden Arzt statt. Bei 70 % der Patienten verbesserte sich nach Einschätzung des Arztes die subjektive Schlafqualität. Die Einschlaflatenz verkürzte sich von 52,5 auf 16 Minuten. Da-rüber hinaus belegt die Studie, dass 75,8 % der Ärzte die Durch-schlafqualität ihrer Patienten als besser bzw. viel besser be-urteilen: Die Häufigkeit des Auf-wachens im Median wurde von dreimal auf 0,9-mal reduziert, so dass die gesamte Schlafdauer im Median von 5,5 Stunden auf 7,2 Stunden verlängert werden konnte. Die Tagesbefindlichkeit verbesserte sich im Median um 42,9 %. 85,8 % der Patienten be-urteilten die Verträglichkeit mit sehr gut oder gut. Bei 64,3 % der Patienten besserte sich die durch Schlafstörungen beeinträchtig-te Lebensqualität.Quelle: Stada

72

verordnung

Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

ARZNEI VON ABISZ Acarizax® (ALK-Abelló) Die Zulassung der sublingualen Immuntherapie (SLIT) Acarizax® gegen Hausstaubmilbenallergie wurde erweitert. Es war bisher nur für Erwachsene zugelassen, um die Ursache einer hausstaub-milbeninduzierten allergischen Atemwegserkrankung in den obe-ren und unteren Atemwegen zu bekämpfen. Die erweiterte Zulas-sung deckt nun auch Patienten im Alter von 12–17 Jahren mit mode-rater bis schwerer hausstaubmil-beninduzierter allergischer Rhini-tis ab, die trotz der Verwendung symptomlindernder Medikamen-te Beschwerden haben.Zulassung erweitert

AntiJump® (Hennig Arzneimittel) Seit Juni 2017 steht mit AntiJump® ein wirksames Läuse-Abwehrspray zur Verfügung. Die abwehrende Wirkung wird durch den Extrakt des Zitroneneukalyptus hervor-gerufen, der eine Art Schutzschild um das Haar bildet und bis zu 12 Stunden vor einem möglichen Be-fall schützt. Es ist in der Apothe-ke zum Preis von 9,98 Euro (UVP) erhältlich.Neues Produkt

Esbriet® (Roche) Ab Mitte Juli stehen zur Behand-lung der leichten bis mittelschwe-ren idiopathischen Lungenfibrose zwei neue Tablettenformulierun-gen von Esbriet®(Pirfenidon) zur Verfügung: 267-mg-Filmtabletten zur Auftitration und zum Therapie-management sowie 801 -mg-Film-tabletten für die Erhaltungsdosis, mit welcher nun die Einnahme von nur noch dreimal täglich einer Ta-blette möglich ist.Neue Tablettenformulierung

Vaxelis® (MSD) Der 6-fach-Kombinationsimpfstoff Vaxelis® ist jetzt in Deutschland als Injektionssuspension in einer Fer-tigspritze mit Luer-Lock-System er-hältlich. Der Impfstoff ist indiziert zur Grundimmunisierung und Auf-frischimpfung bei Säuglingen und Kleinkindern ab einem Alter von sechs Wochen gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Hepatitis B, Po-liomyelitis und durch Haemophi-lus influenzae Typ b (Hib) verur-sachte invasive Krankheiten.Neues Produkt

Einstein zeigt ÜberlegenheitPatienten mit valvulärem Vor-hofflimmern (nvVHF) haben ein erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall. Dieses steigt weiter durch fortgeschritte-nes Alter und Komorbiditä-ten wie Hypertonie, Diabetes, Nieren- und Herzinsuffizienz. Eine besondere Herausforde-rung für die Entscheidung zur Antikoagulation ist die Tatsa-che, dass höheres Alter und Komorbiditäten nicht nur das Schlaganfall-, sondern auch das Blutungsrisiko erhöhen. „Umso wichtiger ist es, das Nutzen-Risikopotenzial der Antikoagulation bei multi-morbiden Patienten beson-ders sorgfältig gegeneinander abzuwägen", betonte Prof. Dr. Hendrik Bonnemeier, Kiel. Für Rivaroxaban liegt dazu um-fangreiche Evidenz aus klini-schen Studien vor: In der Pha-se-III-Studie ROCKET AF erwies sich Rivaroxaban (Xarelto®; 1x täglich 20 mg) zur Prophylaxe von Schlaganfällen und syste-mischen Embolien bei Pati-enten mit nvVHF als ebenso wirksam wie Warfarin, ging je-doch signifikant seltener mit intrakraniellen und tödlichen Blutungen einher (p=0,02 bzw. p=0,003). Nun zeigt die aktu-ell publizierte Phase-III-Studie EINSTEIN CHOICE, dass Riva-roxaban in der verlängerten Erhaltungstherapie auch ASS überlegen ist. Eingeschlossen waren 3.365 erwachsene Pa-tienten, die zuvor wegen ei-ner Lungenembolie (LE) oder einer symptomatischen tie-fen Venenthrombose (TVT) bereits 6–12 Monate antiko-aguliert worden waren. Sie erhielten randomisiert ent-weder 1x täglich 20 mg oder 10 mg Rivaroxaban oder 1x täglich 100 mg ASS. Die Be-

handlung wurde bis zu zwölf Monate lang fortgesetzt, die Nachbeobachtungsphase um-fasste 30 Tage. Der primäre Wirksamkeitsendpunkt setzte sich zusammen aus sympto-matischen wiederkehrenden VTE und ungeklärten Todes-fällen, die möglicherweise auf eine LE zurückzuführen waren. Primärer Sicherheitsendpunkt waren schwere Blutungen. Die Inzidenzraten des primären Wirksamkeitsendpunktes be-

trugen in den beiden Rivaroxa-ban-Armen 1,5 % (20 mg) und 1,2 % (10 mg), unter ASS 4,4 %. „Dies entspricht einer relati-ven Risikoreduktion von 66 % bzw. 74 %", berichtet Prof. Dr. Knut Kröger, Krefeld (für beide Vergleiche p<0,001). Die Inzi-denz schwerer Blutungen be-trug in allen drei Armen ≤0,5 % und unterschied sich nicht si-gnifikant voneinander.Quelle: Bayer

Innovation für Diabetiker:Ein Strumpf, der Druck misstEin herabgesetztes Schmerz- und Druckempfinden an den Füßen führt bei Diabetespatienten schnell zu unbemerkten Druckstel-len, die zum Diabetischen Fußsyndrom führen können. Um die-sen Komplikationen vorzubeugen, haben Dr. Bernhard Brunner und sein Team vom Fraunhofer-Institut für Silicatforschung, Würz-burg, einen innovativen Druckmessstrumpf entwickelt. Mit ihm kann erstmals die Druckbelastung am gesamten Fuß gemessen werden. „Wir haben dazu an 40 medizinisch relevanten Stellen Sensoren in den Strumpf integriert“, erklärt Brunner. „Sie ermög-lichen eine Druckmessung nicht nur an der Fußsohle, sondern auch beispielsweise am Rist, an der Ferse und im Knöchelbereich.“ Die Sensoren sind auf eine spezielle Silikonfolie aufgebracht, wel-che in das atmungsaktive Baumwollmischgewebe des Strump-fes eingearbeitet wird. Die gemessenen Daten werden von einer Software ausgewertet und können auf Smartphone, Tablet oder PC eingesehen werden. Mit den gewonnenen Daten können bei-spielsweise auch Orthopädieschuhmacher das Schuhwerk noch besser an die Fußform von Patienten anpassen – bislang waren nur Messungen an der Fußunterseite möglich. „Der Druckmess-strumpf hat für Diabetespatienten einen enormen Vorteil: Mit ihm kann der Entstehung des Diabetischen Fußsyndroms früh-zeitig entgegengewirkt werden“, betont Jurymitglied Dr. Martin Lederle, Ahaus. „Die neuen Daten bieten für uns Ärzte ganz neue Möglichkeiten in der Behandlung und Betreuung unserer Patien-ten.“ Für den innovativen Druckmessstrumpf wurde Dr. Bernhard Brunner im Mai dieses Jahres in Hamburg der SilverStar-Förder-preis verliehen. Die Berlin-Chemie AG würdigt mit dem Förder-preis jedes Jahr ideenreiche und kreative Konzepte zur Unter-stützung von älteren Menschen mit Diabetes. Mit dem Preisgeld von 10.000 EUR wird der zum Patent angemeldete Druckmess-strumpf für die Markteinführung optimiert. Für einen höheren Tragekomfort sollen die Sensordicke verringert und das elektro-nische Modul verkleinert werden. Ein breiter Anwendertest mit Patienten und Ärzten ist geplant.Quelle: Berlin-Chemie

73

verordnung

www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

BLUTHOCHDRUCK

Therapietreue besser fixieren!

Die Blutdrucksenkung auf 140/90 mmHg ist eine der effektivsten Maßnahmen, um Schlaganfällen und Herzversagen vorzubeugen. Wie erreicht man dieses Ziel am effektivsten?

Pro 10 mmHg Senkung des systolischen Blutdrucks lässt sich eine Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse um 20 %, der ko-ronaren Herzerkrankung um 17 % und der Mortalität um 13 % erreichen, stellte Prof. Dr. Florian P. Limbourg, Hannover, fest.In Deutschland leiden ca. 20–30 Mio. Menschen an Hyper-tonie. Trotz vielfältiger therapeutischer Optionen zur Blut-drucksenkung ist nur jeder zweite Patient vor Schlaganfall oder Herzinfarkt geschützt. Zu den wichtigsten Gründen für das Therapieversagen zählt die mangelnde Adhärenz des Pa-tienten, welche mit steigender Tablettenzahl immer mehr zum Problem wird.Doch auch bei gewissenhafter Tabletteneinnahme erreichen zwei Drittel der Hypertoniker erst mit mehr als einem Wirk-stoff ihren Zielblutdruck. Anders gesagt: Nur 30 % aller Pati-enten kommen mit einer Monotherapie aus.Für die Fixkombination aus RAS-Blockern mit Kalziumant-agonisten und/oder Diuretika – wie sie z. B. mit Vocado® HCT (Olmesartan und Amlodipin plus Hydrochlorothiazid) reali-siert ist – wurde eine höhere Einnahmetreue im Vergleich zu Betablockern plus Diuretika belegt. Die TRINITY-Studie zeigte indes die Überlegenheit der Triple-Kombination ge-genüber allen Zweifach-Kombinationen. Mehr als 80 % der Patienten waren ein Jahr nach offener Verlängerung der Stu-die unter der Dreifachkombination weiterhin gut kontrolliert – bei guter Verträglichkeit. Dr. med. Nana Mosler

Fortbildungsveranstaltung: „Berliner Akademie für hausärztliche Medizin“, Berlin-Chemie, Berlin, Mai 2017

DIABETES UND SCHLAGANFALL

„Diabetes wird bagatellisiert“

Die Aufklärungskampagne „Herzenssache Lebenszeit“ informiert über die Volkskrankheiten Schlaganfall und Diabetes. Bis September werden 80 Städte per Infobus angesteuert: von Garmisch bis Rostock, von Mönchengladbach bis Dresden.

„Bei Diabetes und Schlaganfall kommen zwei große Themen zusammen“, sagte Christian Boehringer vom Unternehmen Boehringer Ingelheim auf der Mainzer Tourstart-Pressekon-ferenz. Schlaganfall ist die dritthäufigste Todesursache, so Boehringer, „270.000 Menschen erleiden in Deutschland pro Jahr einen Schlaganfall“. Laut Deutschem Gesundheitsbericht Diabetes 2017 haben mindestens 20 % aller Schlaganfallpati-enten in Deutschland Diabetes; generell ist hierbei das Risiko für eine Apoplexie zwei- bis viermal erhöht. Noch viel höher ist das Risiko für Diabetiker mit deutlich hohem Blutdruck. Und: Diabetiker mit akutem Schlaganfall haben eine deutlich schlechtere Prognose als Nichtdiabetiker. Die Initiative soll darüber aufklären, was man tun kann – und zeigen, „welche Risiken man eingeht, wenn man nichts tut“, so Boehringer.

Doppeldecker-Bus mit PraxisraumBei „Herzenssache Lebenszeit – Schlaganfall + Diabetes“ vermitteln Experten notwendiges Wissen und fördern das Risikobewusstsein. Herzstück der Kampagne ist laut Birgit Härtle von Boehringer, der „als Praxisraum umgebaute Lon-don-Doppeldeckerbus“, der in der jeweiligen Stadt immer zentral steht. Im Bus selbst kann man sein persönliches Risi-ko erfahren. Blutdruck-, Blutzucker- und Cholesterinmessun-gen geben Auskunft über den Gesundheitszustand. Jeweils sind regionale Experten vor Ort. Härtle rechnet mit 20- bis 30.000 Besuchern. Sie sagt: „Wenn wir auch nur einen ein-

zigen Schlaganfall durch die Aktion ver-hindern können, hat sich alles gelohnt!“Der Diabetes werde bagatellisiert, „vom Patienten wie auch vom Arzt“ – und auch seine Rolle beim Schlaganfall. Das sieht der Präsident der Deutschen Dia betes Gesellschaft (DDG) Prof. Dr. Dirk Müller-Wieland als Hauptproblem. „Dabei kos-tet ein Diabetes, den man mit Anfang 50 bekommt, mindestens fünf Lebensjahre.“ Kommen kardiovaskuläre Probleme dazu,

sind es schnell mindestens 15 Jahre.Schirmherr der Kampagne ist der emeritierte Bischof von Mainz Karl Kardinal Lehmann. Er hat „selbst Erfahrungen mit beiden Krankheiten“, auch deshalb engagiere er sich. Günter Nuber

Pressegespräch: „Herzenssache Lebenszeit: Risiko senken – Lebenszeit verlängern“, Boehringer Ingelheim, Mainz, Mai 2017

finea

rt-co

llect

ion

- Fot

olia

jpgo

n - F

otol

ia

74

verordnung

Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

FRÜHERKENNUNG VON HEPATITIS C

Risikokandidaten testen!

Hausärzte spielen bei der Früherkennung von Risi-kopatienten und deren Testung auf den HCV-Erreger eine wichtige Rolle. Eine Initiative soll die Öffentlich-keit und die Ärzteschaft wachrütteln und für eine Früherkennung sensibilisieren.

Mit Hilfe der direkt wirkenden antiviralen Substanzen (DAA) besteht bei Hepatitis C heute bei deutlich verkürzter Thera-piedauer eine 95 %ige Heilungschance. Das Wissen in der Be-völkerung über Risiken und Behandlungsmöglichkeiten ist jedoch gering. Das Robert Koch-Institut geht für Deutsch-land von 250.000 infizierten Menschen mit einer deutlich höheren Dunkelziffer aus. Eine wesentliche Voraussetzung zur Eindämmung der Hepa-titis C ist die intensive Testung von Patienten mit auffälligen Leberwerten oder erhöhtem Infektionsrisiko. Die Deutsche Leberstiftung, die Deutsche Leberhilfe e.V. und die Gilead Sciences GmbH haben die „Initiative pro Leber“ gegründet, um das notwendige Bewusstsein bei der Öffentlichkeit und der Ärzteschaft zu schaffen und Hepatitis C von ihrem bis-herigen Stigma zu befreien. Die Kampagne macht auf Risi-kokonstellationen aufmerksam und motiviert Menschen dazu, sich vom Arzt über ihr potenzielles Hepatitis-C-Risi-ko aufklären und testen zu lassen. „Wenn wir alle Patienten entdecken und heilen würden, gäbe es die Spätkomplikati-onen einer fortgeschrittenen Lebererkrankung von Leberfi-brose über Leberzirrhose bis hin zu Leberkrebs und Todesfäl-len gar nicht“, betont Prof. Dr. Claus Niederau, Oberhausen.Ulrike Tietze Auftakt-Pressekonferenz der Aufklärungskampagne „Bist du Chris?“, Gilead, Berlin, Mai 2017

SPRUNGGELENKSVERLETZUNGEN

Physiotherapie an erster Stelle

Akute Verletzungen des lateralen Bandapparats am oberen Sprunggelenk zählen zu den häufigsten Sport-verletzungen. Bei einer Bandruptur stehen heute nicht mehr operative Verfahren, sondern die konventionelle Therapie im Vordergrund, die mit einem natürlichen Arzneimittel unterstützt werden kann.

Die meisten Verstauchungen des Sprunggelenks geschehen beim Sport. In der Regel werden die Bänder, die das Sprung-gelenk stabilisieren, beim Umknicken verletzt oder sie reißen. Dabei handelt es sich nicht um eine Erscheinung des Leis-tungssports. In der Mehrzahl sind Freizeitsportler betroffen, die nach anfänglichen Selbstheilungsversuchen zunächst ih-ren Hausarzt aufsuchen. Laut Dr. med. Sebastian Manegold, Berlin, ist mit mehr als 8.000 OSG-Distorsionen täglich zu rechnen. Typische Zeichen der Bandverletzung sind Schwel-lung, Bluterguss, Schmerzen bei Belastung, oft auch in Ruhe sowie Bewegungseinschränkung.

Therapeutisches VorgehenDie akute Ruptur der Knöchelbänder wird heute nicht mehr operiert, sondern in erster Linie mit einer Physiotherapie be-handelt. Unterstützt werden kann die Physiotherapie durch den Einsatz von Traumeel®, mit dem der Heilungsprozess nach Studienlage sowohl in Form von Verbänden als auch syste-misch in Tablettenform effektiv unterstützt werden kann. In einer randomisierten Studie konnte zudem gezeigt werden, dass die topische Anwendung des natürlichen Heilmittels sowohl bei der Schmerzreduktion als auch bei der durch-schnittlichen Verbesserung der Beschwerden von Fuß und Sprunggelenk mit der von Diclofenac-Gel 1 % vergleichbar ist. Dr. Claudia-Viktoria SchwörerLunch-Symposium: „Verletzungen im Sport – Behandlung vom Freizeitsportler bis zum Leistungssportler“, Heel, Berlin, Juni 2017

tash

atuv

ango

- Fot

olia

psde

sign1

- Fot

olia

„Umknicken kann den Knorpel nach-haltig schädigen.“ Dr. med. Sebastian Manegold, Berlin

77

verordnung

www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

LDL UND BLUTZUCKER

Entscheidende Stellschrauben nach dem Herzinfarkt

Ein hohes LDL-Cholesterin und Diabetes mellitus sind entscheidende kardiovaskuläre Risikofaktoren. Dies erfordert eine optimierte Einstellung dieser Parameter im Rahmen der Sekundärprävention bei Postinfarkt-patienten.

Nach dem Infarkt ist vor dem Infarkt – denn Postinfarktpa-tienten haben ein hohes Langzeitrisiko. Über 10 % verster-ben innerhalb einer Woche nach dem Herzinfarkt und von den Überlebenden erleiden über 18 % innerhalb des darauf-folgenden Jahres ein erneutes Ereignis. „Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer optimalen Sekundärprävention“, er-läuterte Prof. Andreas Schäfer, Hannover, zumal die Infarkt-patienten auch immer jünger würden. Ein wichtiges Instrument im Rahmen der Sekundärprävention bei Postinfarktpatienten ist die Senkung des LDL-Cholesterins, wobei entsprechend der Leitlinie ein Zielwert von <70 mg/dl erreicht werden sollte. Das gelingt häufig mit einer Statin-Mo-notherapie nicht, auch wenn höhere Dosen eingesetzt wer-den. Deshalb ist es sinnvoll, ein Statin wie Atorvastatin mit Ezetimib (Atozet®) zu kombinieren. In der IMPROVE-IT-Studie konnte durch eine solche Kombination das Ereignisrisiko nach 7 Jahren um 6,4 %, also von 34,7 % auf 32,7 % gesenkt werden. „Es ist wichtig, dass bei Postinfarktpatienten alle Register der Sekundärprävention gezogen werden, und dabei können auch Herzinfarktnetzwerke sehr sinnvoll sein“, so Schäfer.

TECOS: Sitagliptin ist sicher Der Diabetes mellitus gilt als „KHK-Äquivalent“. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass ein Diabetiker ohne In-farkt das gleiche Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis trägt wie ein Stoffwechselgesunder nach einem Infarkt. „Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass nur Antidiabetika eingesetzt werden sollten, die aus kardialer Sicht absolut sicher sind“, so Prof. Michael Nauck, Bochum. Für Sitagliptin (Januvia®) konnte dies im Rahmen der TECOS-Studie überzeugend do-kumentiert werden. In dieser plazebokontrollierten Studie führte das Gliptin nicht zu einer Zunahme des kombinierten Endpunktes aus kardiovaskulärem Tod, Herzinfarkt, Schlag-anfall und Hospitalisation wegen eines Akuten Koronarsyn-droms. Auch mussten die mit Sitagliptin behandelten Diabe-tiker nicht vermehrt wegen einer Herzinsuffizienz stationär behandelt werden und auch die Nierenfunktion verschlech-terte sich nicht. Und im Vergleich zu einem Sulfonylharnstoff ist das Hypoglykämie-Risiko deutlich niedriger. Dr. Peter Stiefelhagen

5. Forum: „Die Hausarztpraxis im Fokus“, MSD, München, Mai 2017

REISERISIKO KLIMAANLAGE

Augen und Nase feucht halten

Jeder, der eine Reise unternimmt, kennt die Unwägbar-keiten von Klimaanlagen. Sei es im Flugzeug, Schiff, ICE, der auch in Hotels oder Einkaufszentren: Es bläst und zieht. Was bei Hitze zuerst ganz angenehm ist, lässt innerhalb kürzester Zeit den Hals schmerzen, die Nase zuschwellen, die Augen tränen. In der Reiseapotheke sollten deshalb schützende Produkte nicht fehlen.

So individuell die Reisegepflogenheiten auch sein mögen, dem Segen und Fluch von Klimaanlagen kann man kaum entkom-men. Da genügt schon eine Nacht in einem modernen Hotel-zimmer und man erwacht am Morgen mit dem Aussehen ei-nes Allergikers. Wie gut ist es dann, wenn die Reiseapotheke beruhigende Augentropfen oder benetzende Nasensprays ent-hält, die den Reizungen entgegenwirken. Und besonders vor-teilhaft ist es, wenn diese Produkte Heilkräfte der Natur nutzen. Mit Pflanzen wie der Wilden Malve oder Aloe vera hat es eine ganz eigene Bewandtnis. Beide sind weichblättrig, wachsen in heißen, trockenen Regionen und enthalten doch Feuchtigkeit, die nicht verdunstet, erklärt Apothekerin Birgit Emde, Ismaning.

Gegen Trockenheit und Reizungen Die schleimbildenden Inhaltsstoffe der Malve werden bei-spielsweise gegen gereizte, trockene Augen in den auf Hyalu-ronsäure basierenden Augentropfen Visiodoron Malva® ange-wandt. Diese gibt es für unterwegs in praktischen Monodosen.

Die seit Langem als Heilpflanze bekannte Aloe vera enthält in ihren Blättern eine Art Gel, das man herauskratzen und bei Wunden, In-sektenstichen oder Verbrennungen direkt auf die Haut auftragen kann. Als Bestandteil von Rhinodoron® Nasenspray trägt es dazu bei, die Nasenschleimhaut zu reinigen und zu befeuchten. Nicht nur für Klimaanlage-Geschädigte hilfreich, sondern auch für Aller-giker eine sinnvolle Unterstützung der antiallergischen Therapie. Dr. Ulrike RöperJournalisten-Workshop: „Von der Pflanze zur Arznei: Weleda hautnah erleben“, Weleda, Schwäbisch Gmünd, Mai 2017

wat

tana

phob

- Fot

olia

78

verordnung

Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

COPD

Exazerbationen vermeiden, Allgemeinbefinden verbessern

Eine aktuelle Post-hoc-Analyse von Studiendaten höchster Evidenz zeigt, dass die präventive Phytothera-pie mit ELOM-080 bei COPD-Patienten die Exazerbati-onsrate senkt und das Allgemeinbefinden verbessert.

Die Wissenschaftler um PD Dr. Kai-Michael Beeh, Wiesba-den, wollten wissen, welche Effekte vom prophylaktischen Einsatz von ELOM-080 bei COPD-Patienten vom Phänotyp „Exazerbation und chronische Bronchitis“ zu erwarten sind. Die Grundlage für die Analyse bildeten Daten einer klini-schen Studie, die auch im aktuellen Cochrane-Review Be-rücksichtigung fand [1]. Dabei zeigte sich unter dreimal täglicher Gabe von 300 mg ELOM-080 (GeloMyrtol® forte) eine signifikante Reduktion der Exazerbationsrate sowie eine deut-liche Verbesserung des Allgemeinbefin-dens und der Symptome Husten und Auswurf: Im Vergleich zu Plazebo ver-ringerte sich unter ELOM-080 der An-teil der Patienten mit mindestens einer Exazerbation auf 29 % (vs. 55 %, p=0,031). In jedem der sechs Behandlungsmonate hatte die ELOM-080-Gruppe deutlich we-niger Symp tome als die Plazebo-Gruppe. So hatten nach zwei bzw. drei Monaten Behandlung mit ELOM-080 73 % bzw. 76 % keine oder nur wenig Symptome mit ei-nem statistisch signifikanten Unterschied zur Plazebo-Grup-pe (37 % bzw. 48 %). Die Nebenwirkungsrate des Spezialde-stillats lag auf Plazebo-Niveau.

Für Langzeitanwendung geeignetDie aktuelle Publikation zeigt, dass COPD-Patienten vom Typ „Exazerbation und chronische Bronchitis“ hinsichtlich Exa-zerbationsrate, Symptomatik und Allgemeinbefinden vom präventiven Einsatz von ELOM-080 profitieren. Aufgrund der guten Verträglichkeit ist ELOM-080 auch für die Langzeitan-wendung geeignet – und damit insbesondere bei Patienten mit vergangenen Exazerbationen, produktivem Husten und Beeinträchtigung durch zähen Schleim als sinnvolle Zusatz-medikation im Rahmen des modernen COPD-Managements zu bewerten. Dr. Ingolf DürrLiteratur:1) Beeh KM etal., Intern J COPD 2016; 11: 2877–2884

Pressegespräch: „Kompetenz-Kolleg United Airways“, Pohl-Boskamp, Dägeling, Juni 2017

Spezialdestil­lat auch für

die Langzeit­anwendung

geeignet.

39. Jahrgang, ISSN 0172-7249

Organ für Fortbildung und Praxis des Deutschen Hausärzteverbandes e. V.

Herausgeber: Prof. Dr. med. Frank H. MaderAnschrift der Redaktion: Kaiserstraße 41, 55116 Mainz, Tel. (0 61 31) 960 70 47, Fax (0 61 31) 960 70 40, E-Mail: [email protected]; Internet: www.allgemeinarzt-online.deChefredakteurin: Dr. med. Vera Seifert (V.i.S.d.P.), Tel. (0 61 31) 960 70 44Redaktion: Dr. Ingolf Dürr, Tel. (0 61 31) 960 70 45, Yvonne Schönfelder (0 61 31) 9 60 70 48Redaktionsassistenz: Yvonne Homann, Tel. (0 61 31) 960 70 47Contentmanager: Dr. med. Torben Brückner, Schwalbach a. T.

Ständige ärztliche Mitarbeiter: Dr. med. Gerhard Bawidamann, Nittendorf; Dr. med. Peter Landendörfer, Heiligenstadt; Dr. med. Fritz Meyer, Oettingen; Dr. med. Bernhard Riedl, Wenzenbach

Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. med. Dietrich Abeck; München; Dr. med. Thomas Hausen, Essen; Dr. med. Gerhard Herzog, Regensburg; Dr. med. Carsten Isenberg, Straubing; Prof. Dr. med. Andreas Klement, Halle (Saale); Prof. Dr. med. Ludger Klimek, Wiesbaden; Prof. Dr. med. habil. Martin Konit-zer, Schwarmstedt; Dr. med. Andreas Leischker, M.A., Krefeld; Dr. med. Frederik M. Mader, Nittendorf; Dr. med. Diethard Sturm, Hohenstein-Ernstthal

Anschrift des Deutschen Hausärzteverbandes e. V.: Deutscher Hausärzteverband e. V., Edmund-Rumpler-Str. 2, 51149 Köln, Tel. (0 22 03) 57 56-0, Fax (0 22 03) 57 56-70 00, E-Mail: [email protected], Internet: www.hausaerzteverband.de

Verlagsanschrift: Verlag Kirchheim + Co GmbH, Kaiserstraße 41, 55116 Mainz, Fax (0 61 31) 9 60 70 70; Geschäfts führung: Kristian Senn; Tel. (0 61 31) 9 60 70 10, Herstellungsleitung: Reiner Wolf, Tel. (0 61 31) 9 60 70 11, E-Mail: [email protected]; Anzeigenleitung: Hardy Lorenz, Tel. (0 61 31) 960 70 21; Anzeigen: Thomas Pfisterer, Tel. (0 61 31) 960 70 22;Anzeigenpreise nach Tarif Nr. 34 vom 1. 1. 2017; Sonder drucke: Margarete Hahn, Tel. (0 61 31) 9 60 70 91, E-Mail: [email protected]; Leserservice: Steffie Wolf, Tel. 0 61 31/9 60 70-62; Bezugspreis: Jährlich 65,60 €, Studenten abonnement 37,60 €, Einzelpreis 3,70 €; Bezug: jeweils zum 10. und 25. eines jeden Monats (außer in den Monaten Januar, Juli, August und Dezem-ber nur am 25. des Monats);

Bestellung: „InTime Media Services GmbH, Postfach 1363, 82034 Deisenhofen, Tel. (0 89) 8 58 53-801, Fax: (0 89)8 58 53-8 88, E-Mail: [email protected], oder über jede Buchhandlung; Verlagsauslieferung Schweiz: Hans Huber AG, Länggass-Str. 76, CH-3000 Bern 9, Fax (0041) 31 300 4500. Die Kündigung des Abonnements ist jederzeit zur nächsten erreich-baren Ausgabe möglich.

Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildun-gen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Für unverlangt eingesandtes Material keine Haftung. Anzeigen und Fremdbeilagen stellen allein die Meinung der dort erkennbaren Auftraggeber dar. Gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen erfolgen außerhalb der Verantwortung von Redaktion und Verlag. Derartige Angaben sind vom jew. Anwender im Einzelfall auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Redaktionsschluss sechs Wochen vor Erscheinen einer Ausgabe. Wirtschaftliche Beteiligungen im Sinne des § 9 Abs. 4 LMG: E. und K. Schlüter, S. und M. Winter.Druck: pva, Druck und Medien-Dienstleistungen GmbH, Industrie-straße 15, 76829 Landau in der Pfalz.

Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Leseranalyse medizinischer Zeitschriften e.V., Internet: www.LA-MED.de

Der Allgemeinarzt

81

verordnung

www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

SCHWINDEL-THERAPIE

Gleichgewichtstraining mit neuer App

Therapeutisch hat sich bei Schwindel eine Kombination aus Phytotherapie und Gleichgewichtstraining als sehr effektiv erwiesen. Um vielen Betroffenen Zugang zu einem kontinuierlichen Gleichgewichtstraining zu er-möglichen, wird hierfür eine kostenlose, wissenschaft-lich fundierte App angeboten.

Obwohl Schwindelursachen sehr vielfältig sind, lässt sich Schwindel in der Hausarztpraxis gut diagnostizieren. Thera-peutisch ist laut Prof. Dr. med. Matthias Tisch, Ulm, immer ein multidisziplinärer Ansatz notwendig, bei dem der Hausarzt die wichtige Rolle des Lotsen einnimmt. Besonders effektiv hat sich in Studien die Kombination aus medikamentöser In-tervention etwa mit dem Phytopharmakon Tebonin® intens 120 mg und Physiotherapie mit Gleichge-wichtstraining gezeigt.

Physiotherapie per AppUm vielen Patienten mit gutartigem Lage-rungsschwindel, einem akuten vestibulä-ren Syndrom oder chronischem Schwindel ein auf ihr Schwindelsyndrom abgestimm-tes Gleichgewichtstraining zu ermögli-chen, wurde in Zusammenarbeit von PD. Dr. med. Andreas Zwergal, München, und dem Deutschen Schwindel- und Gleich-gewichtszentrum in München die wis-senschaftlich fundierte zertifizierte App „Tebonin® Übungen gegen Schwindel“ entwickelt. Ärzte können diese App ihren Patienten kostenlos zur Verfügung stellen. Nach Eingabe der ärztlichen Dia gnose werden Patienten mit Videos, Texten und sprachlichen An-weisungen durch ein auf ihren Schwindel abgestimmtes Trai-ningsprogramm mit steigender An-forderungsschwere geführt, sodass sie täglich selbststän-dig üben können.

Dr. Claudia-Viktoria SchwörerPressekonferenz: „Im Gleichgewicht bleiben“ von Dr. Willmar Schwabe, Hamburg, Juni 2017

TYP-2-DIABETES

Auf kardiovaskuläre Sicherheit fokussieren

Nach schweren Unterzuckerungen erhöht sich bei Menschen mit Typ-2-Diabetes das kardiovaskuläre Ri-siko. Dass man mit Liraglutid diesem Risiko vorbeugen kann, zeigt eine neue Analyse der LEADER-Studie.

Die im vergangenen Jahr ausgewertete LEADER-Studie mit 9.340 Menschen mit Typ-2-Dia betes zeigte, dass Liraglutid (Victoza®) das Risiko für kardiovaskulären Tod, nichttödlichen Myokardinfarkt und nichttödlichen Schlaganfall im Vergleich zu Plazebo signifikant um 13 % reduziert. Nun wurden die Da-ten aus der Post-hoc-Analyse der LEADER-Studie vorgestellt: Sie zeigten ein verringertes Risiko für schwere kardiovaskulä-re Ereignisse bei Typ-2-Diabetikern mit hohem kardiovasku-lären Risiko unter Anwendung des GLP-1-Rezeptoragonisten Liraglutid. Diese Beobachtung war, wie die Post-hoc-Analyse zeigte, unabhängig davon, ob sie im Beobachtungszeitraum schwere hypoglykämische Episoden erlitten. Innerhalb der ersten 60 Tage nach Auftreten einer schweren Hypoglyk-ämie erhöhe sich das Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis dramatisch [1], so Prof. Dr. Bernard Zinman, Toronto (Ontario, Kanada). Verglichen mit der Kontrollgruppe traten unter Lira-glutid signifikant seltener schwere Hypoglykämien auf. „Wäh-rend die niedrigere Inzidenz schwerer Hypoglykämien unter Liraglutid den in der LEADER-Studie beobachteten positiven Effekt auf schwere kardiovaskuläre Ereignisse stützen könn-te, deutet diese neue Analyse darauf hin, dass die Ergebnis-

se nicht durch diese Unterschiede bezüg-lich hypoglykämischer Ereignisse erklärt werden können“, stellte Prof. Dr. Steven P. Marso, Kansas City (Missouri, USA), einer der Leiter der Studie, fest.

Vorteile auch bei Hypoglykämien„Wenn man schwere Unterzuckerungen hat, ist das kardiovaskuläre Risiko größer, aber wir haben Patienten mit schwerer Hypoglykämie und ohne schwere Hypo-glykämie, beide haben Vorteile durch Li-raglutid“, erklärte Zinman in einem Inter-view während des Kongresses.Lena Schmidt; Interview: Marcus Sefrin

1) Zinman B et al., 77. Jahrestagung der American Diabe-tes Association (ADA 2017); Oral Presentation 359-OR

Symposium: „New Learnings from the Results of the Li-ragutide Effect and Action in Diabetes – Evaluation of Cardiovascular Outcome Results (LEADER) Trial“, Novo Nordisk beim Kongress der American Diabetes Associa-tion, Novo Nordisk, San Diego, Juni 2017

„Innerhalb der ersten 60 Tage nach Auf-treten einer schweren Hypoglykämie erhöht sich das Risiko für ein kardiovas-kuläres Ereig-nis drama-tisch.“Prof. Dr. Bernard Zinman, Toronto

„Bei 95 % aller Patien-

ten lässt sich die Ursache

finden.“ PD Dr. med. Andreas Zwergal,

München

82

journal

Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

ZUM 100. TODESTAGEMIL VON BEHRING

„Ich habe mir vorgenommen, die Infektionskrankheiten zu heilen und ich werde es durch-setzen.“

Emil von Behring (1854 – 1917) gilt als Pionier der Schutzimpfung. Weltbekannt wurde er durch die Entwicklung von Antitoxinen gegen Diphtherie und Tetanus – Ende des 19. Jahrhunderts gefürchtete Krank-heiten, die häufig tödlich verliefen. Mit der Gründung der Behringwerke bewies der Wissenschaftler darüber hinaus auch einen guten Geschäfts-sinn. Wir nehmen den 100. Todestag zum Anlass für einen Rückblick auf das Leben des berühmten Arztes und Forschers.

„In Berlin ist ein neuer Stern aufgegangen. Bei [Robert] Koch ist jetzt ein merkwürdiger Kerl, der Stabsarzt Behring. Er will bei Infektions-krankheiten innerlich desinfizieren und pro-biert alle möglichen Chemikalien daraufhin durch. Er ist von einer ganz unheimlichen Ar-beitswut erfüllt und soll dabei von einer gera-dezu pedantischen Genauigkeit sein. Niemand im Institut kann sich seinem Einfluss entziehen und alle erwarten Ausserordentliches von ihm. Er selbst ist voll ungeheurem Selbstbewusst-sein und sein eigener Prophet.“

Dies ist ein Auszug aus der von Max von Gruber im April 2017 gehaltenen Gedenkrede auf Emil von Behring. Auch wenn es sich nur um eine An-ekdote aus dem Mund des Koch-Schülers James Be

hrin

g-Arch

iv, Ph

ilipps

-Uni

vers

ität M

arbu

rgdpa_

Pictu

re A

llianc

e

82

journal

Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

83

journal

www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

Das Arbeitszimmer Emil von Behrings.

Eisenberg handeln sollte: Der „merkwür-dige Kerl“ sollte mit seiner Selbsteinschät-zung recht behalten. Emil von Behring war bei der Bekämpfung der Diphtherie so erfolgreich, dass er mit dem 1901 erst-mals vergebenen Nobelpreis für Medizin geehrt wurde.

Mühsamer StartWissenschaftlicher und gesellschaftlicher Erfolg waren dem jungen Behring nicht in die Wiege gelegt. Der am 15. März 1854 geborene Emil wuchs in den bescheide-nen Verhältnissen eines Dorfschulleh-rerhaushalts im damaligen Hansdorf in Westpreußen auf. Emil war das fünfte von dreizehn Kindern, das erste Kind seiner Mutter Augustine, die der Vater nach dem Tod der ersten Ehefrau geheiratet hatte.

Schon als Jugendlicher wollte Behring Medizin studieren. Aus finanziellen Grün-den fiel die Wahl auf die Pépinière, das Medicinisch-chirurgische Friedrich-Wil-helm-Institut in Berlin, in dem die preu-ßischen Militärärzte ausgebildet wurden. Hier war das Studium kostenlos, jedoch mit der Verpflichtung zu einer achtjähri-gen Dienstzeit als Militärarzt verbunden. 1878 legte Behring seine medizinische Promotion über Neuere Beobachtungen über die Neurotomia opticociliaris vor, eine theoretische, auf Protokollen aus

der Augenklinik der Berliner Charité ba-sierende Arbeit.

Doch schon bald wandte sich der junge Arzt seinem Lebensthema, der Bekämp-fung von Infektionskrankheiten und der damit verbundenen Frage von angebo-rener und erworbener Immunität, zu. So hatte er nach eigenen Worten als Arzt in Posen nicht nur die Gelegenheit, „Kranke zu elektrisieren“, sondern will sich vom er-haltenen Honorar Meerschweinchen und Kaninchen gekauft haben, deren Käfige

unter seinem Bett standen und mit de-nen er seine ersten Versuche anstellte.

Über das Zustandekommen der Diphtherie-ImmunitätAls Behring Ende 1888 nach mehreren Stationen als Militärarzt in west- und ost-preußischen Kleinstädten sowie am phar-makologischen Institut der Universität Bonn nach Berlin zurückkehrte, fand er an dem von Robert Koch (1843–1910) ge-leiteten Hygieneinstitut eine ambitionier-te Forschergruppe vor, deren Mitglieder sich im Umfeld der Bakteriologie einen Namen machen würden: Friedrich Löff-ler (1852–1915), der 1884 gemeinsam mit Edwin Klebs (1834–1913) den Erreger der Diphtherie identifizierte, Hermann Kos-sel (1864–1925), den Kliniker und späteren Hygieneprofessor in Gießen, und insbe-sondere Paul Ehrlich (1854–1915), der dank der Wertbestimmung der Antitoxindosis ganz wesentlichen Anteil am Erfolg des in Berlin entwickelten Diphtherieheilse-rums haben sollte. In diesem Umfeld ge-lang es Behring gemeinsam mit dem Japa-ner Shibasaburo Kitasato (1853–1935) und dem Freund Erich Wernicke (1858–1928), Forschungen zur künstlich erzeugten Im-munität und zur Wirkung antitoxinhalti-ger Blutseren durchzuführen.

Das am Tiermodell entwickelte neuarti-ge Verfahren zeigte die folgenden wich-tigen Ergebnisse:

• Eine Substanz im Blutserum kann die giftigen Substanzen, welche von den Bakterien produziert werden, unschäd-lich machen.

• Die Gift-zerstörenden Eigenschaften des Blutserums sind beständig.

• Die Gifte bzw. Gegengifte sind auch im Körper anderer Lebewesen wirksam – und damit sind sie vom Tier auf den Menschen übertragbar.

Am 4. Dezember 1890 publizierte Behring gemeinsam mit Kitasato den Aufsatz „Ueber das Zustandekommen der Diph-therie-Immunität und der Tetanus-Im-munität bei Thieren“. Er erregte nicht nur in wissenschaftlichen Kreisen Aufsehen. Mit der auf dem Prinzip der passiven Im-munisierung beruhenden Methode konn-ten künstlich infizierte Kleinsäuger dank Nobelpreis-Urkunde, zweite Seite.

dpa_

Pictu

re A

llianc

edp

a_Pic

ture

Allia

nce

83

journal

www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

84

journal

Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

der Seruminjektionen geheilt werden. Im Frühjahr 1894 wurde das Verfahren auf der Diphtheriestation des Instituts für In-fektionskrankheiten auf akut an Diphthe-rie erkrankte Kinder übertragen. In Reihen-untersuchungen konnte man nachweisen, dass die in die Klinik eingelieferten klei-nen Patienten mit dem Diphtherieserum geheilt werden konnten.

Die Industrie ruftDiese Arbeit erregte auch die Aufmerk-samkeit der Farbwerke in Höchst. Die 1863 gegründeten Farbwerke produzierten zunächst Teerfarben, sahen sich aber im Zuge sich vergrößernder Konkurrenz auf dem Farbenmarkt gezwungen, ihre Pro-duktpalette um Pharmazeutika zu erwei-tern. Zunächst sollte die Volkskrankheit Tuberkulose von Höchst aus mit dem von Robert Koch entwickelten Tuberkulin be-kämpft werden – bekanntlich ohne Erfolg. Auch der Diphtherie fielen, wie die Mor-talitätsstatistiken des Kaiserlichen Ge-sundheitsamtes zeigten, viele Menschen – vor allem Kinder – zum Opfer: In Preu-ßen starb Anfang der 1880er-Jahre jedes dritte Kleinkind zwischen drei und sechs Jahren an der Infektion, und da auch ande-re Länder wie beispielsweise Ungarn von Diphtherieepidemien heimgesucht wur-den, versprach der Vertrieb eines wirksa-men Diphtherieheilmittels lukrative Um-

sätze. Bereits im Dezember 1892 gab es einen ersten Vertrag zwischen Höchst und Behring. 1894 wurde eine Serum-anstalt errichtet. Schon in den ersten Mo-naten wurden mehr als 75.000 Fläschchen Heilserum verkauft. Der Gesamtreinge-winn im ersten kompletten Betriebsjahr 1895 betrug mehr als 700.000 Mark, wo-von Behring anteilig 50 %, somit 350.000 Mark, für ein Jahr erhielt.

1895 erhielt Behring einen Hygienelehr-stuhl an der Universität Marburg. Der Name Behring wurde dank der beein-druckenden Wirkungsweise des Diphthe-rieheilmittels weltberühmt. Briefe aus Europa, Russland und Übersee trafen in Marburg ein, in denen dankbare Eltern den „Retter der Kinder“ priesen.

Den offiziellen Höhepunkt der wissen-schaftlichen Anerkennung bildete neben zahlreichen Preisen und Ehrenmitglied-schaften der erstmals vergebene Nobel-preis für Medizin. Dabei nutzte das Nobel-komitee die internationale Bekanntheit ihres ersten Preisträgers, um dem sich 1901 gerade erst etablierenden Preis durch die Entscheidung für Behring seinerseits ein weltweites Renommee zu verleihen.

„Mächtig und steinreich“ „Steinreich“ wurde Behring nicht, wie oft

angenommen, durch die Summe des No-belpreises – die damals knapp 170.000 Mark entsprechen heute etwa 1 Million Euro –, sondern durch die einträgliche Ko-operation mit der pharmazeutischen In-dustrie. Nach der auf starke Differenzen zurückgehenden Trennung von den Farb-werken gründete Behring zunächst ge-meinsam mit dem Apotheker Carl Siebert das auf Tierseren spezialisierte Behring-werk, aus dem 1914 die Behringwerke Bre-men und Hamburg GmbH hervorgingen. 1916, knapp ein Jahr vor seinem Tod, zog er sich, gerade 62-jährig und von Krank-heit gezeichnet, von allen Geschäften und universitären Aufgaben zurück.

Nach dem 1. Weltkrieg geriet Behring et-was in Vergessenheit, man sah in ihm nur noch den Schüler des großen Koch. Eine Wiederentdeckung seiner Person setzte – massiv befördert durch den Ar-chivar der Behringwerke, Alexander von Engelhardt, – während des Nationalsozi-alismus ein. Obwohl Behring nach nati-onalsozialistischem Sprachgebrauch mit der „Halbjüdin“ Else von Behring (1876–1936) verheiratet war, wurde er als „gro-ßer Deutscher“ heroisiert. Die Feierlichkei-ten zum 50. Jubiläum der Serumtherapie im Jahr 1940 fanden ihren Höhepunkt in Marburg, wo unter dem Motto „Die Welt dankt Behring“ eine Behring-Feier ausge-richtet und ein Behring-Denkmal einge-weiht wurde.

In der heutigen medizinhistorischen For-schung wird Behrings Leistung als Erfinder der Serumtherapie weiterhin gewürdigt, dabei wird der Fokus jedoch auch auf die Förderung seiner Forschungen durch die staatlichen Organe und die pharmazeu-tische Industrie gerichtet. Wie man heu-te weiß, wäre der beeindruckend schnel-le Durchbruch bei der Bekämpfung der Diphtherie ohne die Einbindung in das Berliner Forschungsnetzwerk im Umkreis Robert Kochs, zu dem insbesondere Ki-tasato, Wernicke und Ehrlich gehörten, nicht möglich gewesen.

Dr. phil. Ulrike Enke

Emil-von-Behring-BibliothekArbeitsstelle für Geschichte der Medizin der Philipps-Universität Marburg, 35037 MarburgEinweihung des Behring-Denkmals in

Marburg am 4. Dezember 1940

Philip

ps-U

nive

rsitä

t Mar

burg

Dankesbrief von Ebba Othman aus St. Petersburg (um 1900)

Behr

ing-A

rchiv,

Philip

ps-U

nive

rsitä

t Mar

burg

84 Der Allgemeinarzt 13/2017 www.allgemeinarzt-online.de

85www.allgemeinarzt-online.de Der Allgemeinarzt 13/2017

Kurz & gutAusgewähltes für den Hausarzt

tore

llfo -

Foto

lia

Luther und die Avantgarde

Gilbert & George: ASTRO STAR 2013

Gilb

ert &

Geo

rge

Ulrike Kuschel, M.L. #1, 2017

Ulrik

e Kus

chel,

Ber

lin /

VG B

ild-Ku

nst,

Bonn

2017

Cooler BegleiterInsulin wird bei Temperaturen über 30°C abgebaut und un-wirksam. Auf Reisen kann das zum Problem werden. Eine in-novative Lösung hat nun die Firma TempraMed mit der Tem-peraturschutzkappe VIVI Cap1 entwickelt, die für alle gängigen Einweg-Insulinpens verwendet werden kann. Die tempera-turstabilisierende Wirkung von VIVI Cap1 basiert ausschließ-lich auf physikalische Verfahren. VIVI Cap1 benötigt dafür kei-ne Energieversorgung. Das Insulin behält aber über mehr als 12 Stunden auch bei heißer Außentemperatur von 37 °C eine stabile Innentemperatur von nicht über 28 °C. Bei Rückkehr in normale Umgebungsbedingungen mit Raumtemperatur ist die Kappe schon nach wenigen Stunden wieder „aufgeladen“ und einsatzbereit. Dieser Vorgang kann laut Hersteller beliebig oft wiederholt werden. Erhältlich ist VIVI Cap1 unter www.kirch-heim-shop.de zum Preis von 69,90 €. ID

Zellen werden zu Ausstellungsräumen, Gefängnismauern zu Bildträgern: Rund 70 Künstler aus aller Welt verwandeln das ehemalige Wittenberger Gefängnis in ein Zentrum der Kreativität und geistigen Freiheit. Ai Weiwei, Monica Bonvicini, Maurizio Cattelan, Ayşe Erkmen, Alexan-der Kluge, Pascale Tayou, Günther Uecker u. a. setzen sich in ihren Arbeiten mit relevanten ge-sellschaftlichen Themen auseinander: Freiheit und deren Gefährdung, Demagogie und Wider-stand, Verantwortung und Toleranz. Erleben kann man dies noch bis zum 17. September 2017 im Alten Gefängnis zu Wittenberg, aber auch in Berlin und Kassel. Mehr Informationen dazu unter www.luther-avantgarde.de. IDDie zentrale Ausstellung in Wittenberg läuft vom 19. Mai bis 17. September 2017. Tickets sind ein-zeln oder in Kombination mit der Weltausstellung Reformation erhältlich (r2017.org/eintritt).

Bearbeitungsgebüh-ren auch bei Unter-nehmerkrediten unzulässigBereits im Oktober 2014 hatte der Bundesgerichts-hof (BGH) entschieden, dass Banken Verbrauchern gegenüber keine Bearbei-tungsgebühren für die Ver-gabe von Darlehen erheben dürfen. Am 04.07.2017 hat der nun entschieden, dass Banken auch von Unter-nehmen keine Kreditbear-beitungsgebühren verlan-gen dürfen (Az. XI ZR 562/15 und XI ZR 233/16). Betroffe-ne können solche unzuläs-sigen Gebühren nun also von ihrer Bank zurückfor-dern. Spezialisierte Prozess-finanzierer haben sich hier schon positioniert. VSQuelle: www.lehnen-sin-nig.de

Leinen los …… für 19 neue Segeltörns der ALEXANDER von HUMBOLDT II heißt es am 15. Oktober 2017 in Bremerhaven. Auf den 8- bis 15-tägi-gen Reisen entlang der spanischen Küste Richtung Kanarische Inseln sind bis zu 55 Mitsegler willkommen. Wer dabei sein möchte, benötigt keine Vorkenntnisse. Einzige Voraussetzung

ist ein Mindestalter von 14 Jah-ren und Spaß daran, mit anzu-packen und Grundbegriffe der Seefahrt zu erlernen. Die ALEX-ANDER von HUMBOLDT II zählt zu den schönsten Großseglern der deutschen Seefahrt und steht unter der Regie einer ge-meinnützigen Stiftung. Start- und Zielhäfen im kommenden Winter sind Saint Malo, Cadiz, Funchal, Las Palmas oder Santa Cruz de Teneriffa. Die Mitseg-ler sind an Bord in Vierbettka-binen mit eigener Dusche und WC untergebracht. Den 8-Tage-Törn gibt es ab 1.043 €, buchbar unter www.alex-2.de. ID

JANUVIA®/JANUMET®

JANUVIA® Filmtabletten 25 mg/50 mg/100 mgWirkstoff: Sitagliptin.JANUMET® 50 mg/850 mg FilmtablettenJANUMET® 50 mg/1000 mg FilmtablettenZus.: Arzneil. wirks. Bestandt.: JANUVIA®: 1 Tbl. enth. Sitagliptinphosphat 1 H

2O,

entspr. 25 mg, 50 mg od. 100 mg Sitagliptin. JANUMET® 50 mg/850 mgFilmtabletten bzw. JANUMET® 50 mg/1000 mg Filmtabletten: Jede Tbl. enth.Sitagliptinphosphat 1 H

2O, entspr. 50 mg Sitagliptin, u. 850 mg bzw. 1.000 mg

Metforminhydrochlorid. Sonst. Bestandt.: JANUVIA®: Tbl.-kern:MikrokristallineCellulose (E 460), Calciumhydrogenphosphat (E 341), Croscarmellose-Natrium(E 468), Magnesiumstearat (Ph.Eur.) (E 470b), Natriumstearylfumarat (Ph.Eur.).Tbl.-überzug: Poly(vinylalkohol), Macrogol (3350), Talkum (E 553b), Titandioxid(E 171), Eisen(III)-hydroxid-oxid x H

2O (E 172), Eisen(III)-oxid (E 172). JANUMET®

50 mg/850 mg Filmtabletten bzw. JANUMET® 50 mg/1000 mg Filmtabletten:Tbl.-kern: Mikrokristalline Cellulose (E 460), Povidon K29/32 (E 1201),Natriumdodecylsulfat, Natriumstearylfumarat. Tbl.-überzug: Poly(vinylalkohol),Macrogol 3350, Talkum (E 553b), Titandioxid (E 171), Eisen(III)-oxid (E 172),Eisen(II,III)-oxid (E 172).Anw.: JANUVIA®: B. erw. Pat. mit Typ-2-Diabetes mellituszur Verbes. d. Blutzuckerkontr. indiziert: Als Monother. b. Pat., b. denen Diätu. Beweg. allein d. Blutzucker nicht ausreichend senken u. für d. Metforminaufgr. v. Gegenanz. od. Unverträglichk. nicht geeignet ist.Als orale 2-Fachther.in Komb. mit:Metformin, wenn Diät u. Beweg. plus e. Monother. mit Metformind. Blutzucker nicht ausreichend senken; e. Sulfonylharnstoff,wenn Diät u. Beweg.plus e. Monother. mit e. Sulfonylharnstoff in d. höchsten vertragenen Dosis d.Blutzucker nicht ausreichend senken u. wenn Metformin aufgr. v. Gegenanz. od.Unverträglichk. nicht geeignet ist; e. PPARγ-Agonisten (d. h. e. Thiazolidindion),wenn d. Anw. e. PPARγ-Agonisten angebracht ist u. Diät u. Beweg. plusMonother.mit e. PPARγ-Agonisten d. Blutzucker nicht ausreichend senken. Als orale3-Fachther. in Komb. mit: e. Sulfonylharnstoff u. Metformin, wenn Diät u.Bewegung plus e. 2-Fachther. mit diesen Arzneim. d. Blutzucker nicht ausreichendsenken; e. PPARγ-Agonisten u. Metformin, wenn d. Anw. e. PPARγ-Agonistenangebracht ist u. Diät u. Beweg. plus e. 2-Fachther. mit diesen Arzneim. d.Blutzucker nicht ausreichend senken. Zusätzl. zu Insulin (mit/ohneMetformin),wenn Diät u. Beweg. sowie e. stabile Insulindos. d. Blutzucker nicht ausreichendsenken. JANUMET®: Für erw. Pat. mit Typ-2-Diabetes mellitus zusätzl. zu Diätu. Beweg. in folg. Fällen indiziert: Zur Verbes. d. Blutzuckerkontr. b. Pat., b. denen

e. Monother. mit Metformin in d. höchsten vertragenen Dosis d. Blutzucker nichtausreichend senkt od. d. bereits mit d. Komb. v. Sitagliptin u. Metformin behandeltwerden; in Komb. mit e. Sulfonylharnstoff (z. B. als 3-Fachther.) od. e. PPARγ-Agonisten (d. h. e. Thiazolidindion) b. Pat., b. denen eine Komb. aus jeweilshöchster vertragener Dosis Metformin u. e. Sulfonylharnstoffs bzw. PPARγ-Agonisten nicht ausreicht, d. Blutzucker zu senken; in Komb. mit Insulin (d. h.als 3-Fachther.) b. Pat., b. denen e. stabile Insulindosis u. Metformin allein d.Blutzucker nicht ausreichend senken. Gegenanz.: Überempf.-keit gg. den/dieWirkstoff(e) od. e. d. sonst. Bestandt. Zusätzlich für JANUMET®: Jede Art v.akut. metabol. Azidose (z. B. Laktatazidose, diabet. Ketoazidose), diabet. Präkoma;schwere Niereninsuff. (GFR < 30 ml/min); akute Erkrank., welche d. Nierenfunkt.beeinträchtig. können (wie Dehydratation, schwere Infekt., Schock, intravask.Gabe v. jodhalt. Kontrastmitteln); akute od. chron. Erkrank., d. e. Gewebehypoxieverursachen können (wie Herz- od. Lungeninsuff., kürzl. erlittener Myokardinfarkt,Schock); Leberfunkt.-stör.; akute Alkoholvergiftung, Alkoholismus. Stillzeit.Vors.bei: Kdrn. u. Jugendl. < 18 J. Pankreatitis in d. Vorgeschichte. Gleichz. Anw. vonSulfonylharnstoff od. Insulin. Nicht empf.: Typ-1-Diabetiker, Schwangersch.Zusätzlich b. JANUVIA®: Pat. mit schwerer Leberfunkt.-stör., Pat. mit mäßigerbis schwerer Nierenfunkt.-stör., Pat. mit einer Nierenerkr. im Endstadium, d.Hämo- od. Peritonealdialyse benötigen. Nicht anw.: diabet. Ketoazidose, Stillzeit.Zusätzlich b. JANUMET®: Älteren Pat. Pat. mit Risikofakt. f. Laktatazidose (wieVerschlecht. der Nierenfunkt., überm. Alkoholkonsum, Leberfunkt.-stör., schlechteingest. Diabetes, Ketose, langes Fasten, m. Hypoxie assoziierte Erkrank., Komb.m. Arzeim., die Laktatazidose verursachten können). Komb. m. Arzneim., dieNierenfunkt. akut beinträchtigen können. Operationen. Nebenw.: JANUVIA®:Häufig: Hypoglykämie. Kopfschm. Gelegentl.: Schwindel. Obstipation. Pruritus.Häufigkeit nicht bekannt: Überempf.-reakt. einschl. anaphylakt. Reakt. Interstit.Lungenkrankh. Erbr.; akute Pankreatitis; let./nicht let. hämorrhag. u. nekrotisierendePankreatitis. Angioödem; Hautausschlag; Urtikaria; kut. Vaskulitis; exfoliat.Hauterkr. einschl. SJS; bullöses Pemphigoid. Arthralgie; Myalgie; Rückenschm.;Arthropathie. Nierenfunkt.-stör.; akutes Nierenversagen. Zusätzl. ungeachtet e.Kausalzusammenh.: Infekt. d. oberen Atemwege; Nasopharyngitis. Osteoarthrose.Schm. in d. Gliedmaßen. Zusätzl. häufiger in Studien mit Kombinationsther.:Hypoglykämien (sehr häufig mit Sulfonylharnstoffen u. Metformin); Influenza(häufig mit Insulin [mit od. ohneMetformin]); Übelk. u. Erbr. (häufig mit Metformin);Flatulenz (häufig mit Metformin od. Pioglitazon); Obstipation (häufig mitSulfonylharnstoffen u. Metformin); periph. Ödeme (häufig mit Pioglitazon oderd. Komb. v. Pioglitazon u. Metformin); Somnolenz u. Diarrhö (gelegentl. mitMetformin), Mundtrockenh. (gelegentl. mit Insulin [mit od. ohne Metformin]).

JANUMET®: Häufig:Hypoglykämie. Übelk.; Flatulenz; Erbr. Gelegentl.: Somnolenz.Diarrhö; Obstipation; Schm. im Oberbauch. Pruritus. Häufigkeit nicht bekannt:Überempf.-keitsreakt. einschl. anaphylaktischer Reakt. Interstitielle Lungenkrankheit.Akute Pankreatitis; letale u. nicht letale hämorrhagische u. nekrotisierendePankreatitis. Angioödem; Hautausschlag; Urtikaria; kutane Vaskulitis; exfoliativeHauterkrank. einschl. SJS; bullöses Pemphigoid. Arthralgie; Myalgie; Schm. ind. Extremitäten; Rückenschm.; Arthropathie. Nierenfunkt.-stör.; akutesNierenversagen. Zusätzl. in Studien in Komb. mit anderen Antidiabetika:Hypoglykämien (sehr häufig mit Sulfonylharnstoffen od. Insulin), Obstipation(häufig mit Sulfonylharnstoffen), periphere Ödeme (häufig mit Pioglitazon),Kopfschm. u. Mundtrockenh. (gelegentl. mit Insulin). Zusätzl. in klin. Studien mitSitagliptin-Monother.: Kopfschm., Hypoglykämie, Obstipation, Schwindel;ungeachtet e. Kausalzusammenh.: Infekt. d. oberen Atemwege; Nasopharyngitis;Osteoarthrose, Schm. in. d. Extremitäten. Zusätzl. in klin. Studien u. nachMarkteinführung mit Metformin-Monother.: Sehr häufig: Gastrointest. Symptome(wie Übelk., Erbr., Diarrhö, Schm. im Oberbauch, Appetitverlust). Häufig:metallischerGeschmack. Sehr selten: Laktatazidose; Leberfunkt.-stör.; Hepatitis; Urtikaria;Erythem; Pruritus. Vitamin-B

12-Mangel (z. B. megaloblastäre Anämie). Hinw.:

Vor Behandl.-beginn u. in regelm. AbständenGFR ermitteln.Verschreibungspflichtig.Stand: 02/2016 (JANUVIA®) bzw. 12/2016 (JANUMET®)

Bitte lesen Sie vor Verordnung von JANUVIA® bzw. JANUMET® dieFachinformation!

Pharmazeutischer Unternehmer:Merck Sharp & Dohme Ltd.Hertford Road, HoddesdonHertfordshire, EN11 9BUVereinigtes Königreich

Lokaler Ansprechpartner:MSD SHARP & DOHME GMBH, Lindenplatz 1, 85540 Haar

GUTE WIRKSAMKEIT SCHAFFT

DIAB

-1201527-000712/16

* Hinsichtlich des primären kombinierten Endpunkts definiert als Zeit bis zum Auftreten eines bestätigten kardiovaskulären Ereignisses, bestehend aus kardiovaskulärem Tod,nicht-tödlichem Herzinfarkt, nicht-tödlichem Schlaganfall oder Hospitalisierung wegen instabiler Angina pectoris.

Für Ihre Patienten mit Typ-2-Diabetes,

bei denen Metformin allein nicht ausreicht1

Effektive

HbA1c-Senkung1

Starke Daten zur

kardiovaskulären Sicherheit

in der TECOS-Studie1,*

Starke Erfahrung

über 10 Jahre2

TECOS: Trial Evaluating Cardiovascular Outcomes with Sitagliptin

1 Fachinformation JANUMET®, Stand Dezember 2016 und Fachinformation JANUVIA®, Stand Februar 2016. 2 Data on file MSD.

_1BWNH_0020580.pdf; s1; (210.00 x 280.00 mm); 17.May 2017 10:09:22; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien