das leben im kasten
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Recherche, Besuch im Knast!TRANSCRIPT
Inhaltsverzeichnis
07 Vorwort
09 Einleitung
11 Gefängnis
25 Alltag
51 Enge
67 Innen oder Aussen
73 Persönliches
79 Lexikon
Vorwort Im Rahmen des Buch - Projektes im Fach Art Direc-
tion habe ich mich mit dem Thema „Fremd“ beschäftigt. Dazu habe ich
alles gesammelt, was für mich persönlich fremd ist, was mich neugie-
rig macht oder aber auch gewisse Ängste mit sich bringt.
Nach langer Überlegung und Recherche entschied ich mich für das
Thema „Das Leben im Kasten“ und damit für das Fremde im Gefäng-
nis. Es dauerte eine Zeit, bis ich mich wirklich mit dem Thema ausein-
andergesetzt habe, denn es ist klar, dass man nicht auf legalem Weg so
einfach in ein Gefängnis spazieren kann.
Das Erste was ich gemacht habe, war auf google nach sämtlichen Jus-
tizvollzugsanstalten in der Umgebung zu suchen. Während ich eine
JVA nach der anderen anrief und mehr Absagen als Zusagen für Auf-
nahmen oder Gespräche bekommen habe, wollte ich mir schon aus
Verzweiflung ein anderes Thema suchen. Doch dann ein Lichtblick, an
einem Donnerstagmorgen habe ich in der JVA in Bochum angerufen
und sofort eine Woche später einen Besichtigungstermin bekommen.
Ich war „Happy“ und als dann die Zusage aus der Wuppertaler JVA
gekommen ist, war ich doch ganz schön erleichtert.
Das Buch beinhaltet einige Themen, mit denen ich mich in den letzten
Wochen beschäftigt habe und mit denen ich den Leuten „Da draussen“
das Fremde im Gefängnis ein Stück näher bringen möchte und die
Welt des Gefängnisses ins Bewußtsein rufen. Ich habe den Zugang zu
dem gesucht, was dort an Angst und Verachtung, Gewalt, an Hoff-
nungslosigkeit und Resignation unbewusst unter der Oberfläche
bleibt. Dieses Buch soll Einblicke geben in das Verborgene und Un-
heimliche des Gefängnisalltags. Das geht uns alle an - denn einsperren
und eingesperrt sein, geschieht immer im Namen des Volkes.
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Einleitung Im Gefängnis können die Häftlinge keine zehn
Schritte alleine gehen, ohne dass das System sie bremst und leitet. Es
ist ein Raum, der der Aussenwelt gegenüber verschlossen bleibt.
Genau diesen Raum habe ich im Rahmen des Buch - Projektes mehr-
fach besucht. Nachdem ich die Besichtigungstermine vereinbart habe,
bekam ich ein komisches Bauchgefühl, will ich da wirklich hin? Mein
Unterbewusstsein sprach immer wieder zu mir, in dem Moment habe
ich in der Fremde eine Art Angst gefühlt, was mich ein wenig beunru-
higt hat. Aber trotz aller Gedanken habe ich die JVA in Wuppertal und
in Bochum besucht.
Ich parke das Auto auf dem dafür gekennzeichneten Bereich „Parken
nur für Besucher“, vor mir eine große Mauer und ein Wachturm, schon
jetzt fühle ich mich kontrolliert. Am Eingang der JVA geht die Türe auf
und gegenüber hinter dickem Glas sitzt ein Beamter, der mich über
eine Gegensprechanlage fragt, was er für mich tun kann und zu wem
ich wollte. Ich gebe an, dass ich bei der Sozialarbeiterin der JVA einen
Termin habe. Mein Handy und meinen Personalauzsweis muss ich ab-
geben, um weiter durch eine Türschleuse zu kommen, im Austausch
bekomme ich einen Schlüssel mit einer Nummer für ein Schließfach.
Zwei weitere Beamte nehmen mich in Empfang, um meine Tasche zur
Durchsuchung abzugeben. Es ist wie am Flughafen, danach sperre ich
meine Tasche in das Schließfach. Ich komme in einen kleinen Vorraum
und warte bis ich abgeholt werde. In der Zwischenzeit begegnen mir
eine Menge Menschen, wer sind die wohl und wen besuchen die hier?
Wahrscheinlich stellen sie sich die gleichen Fragen über mich, sie ken-
nen mich ja auch nicht. Das laute Schloss der Tür geht und ich werde
abgeholt, ich fühle mich leer, denn ich darf nur einen Stift und meinen
Block mitnehmen. Wir gehen durch lange Gänge, ein Treppenhaus und
immer wieder müssen wir Türen vor uns öffnen und hinter uns schlie-
ßen. Schließlich kommen wir in ein Büro, auch hier sind die Fenster
vergittert. Ich bekomme einige Eindrücke und eine Menge erzählt über
den Alltag und den Ablauf in einer JVA. In diesem Buch möchte ich
über meine Eindrücke und Erfahrungen berichten.
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Gefängnis Gefängnis steht umgangssprachlich für eine
Vollzugs- bzw. Strafanstalt. Als JVA (Justizvollzugsanstalt) wird in
Deutschland ein Gebäude zur Unterbringung von Gefangenen bezeich-
net, die zu einer Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe verurteilt worden
sind, beziehungsweise zur Unterbringung von Untersuchungsgefange-
nen. In einer JVA sitzen Verbrecher ihre Haftstrafe in geschlossenen
Einzelzellen oder in Mehrinsassenzellen ab. Es gibt verschiedene Ge-
fängnisse, für Männer, für Frauen und für Frauen die ein Kind erwarten
und für Jugendliche. In einem Gefängnis findet man die unterschied-
lichsten Straftäter. Vom Betrüger, Steuerhinterzieher, Vergewaltiger,
Kinderschänder oder auch Mörder.
Gefängnis
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Auf Antrag können Insassen des offenen Vollzuges sogar ihrer Arbeit
nachgehen oder Freigang erhalten. Während der Haft ist ein Wechsel
zwischen beiden Einrichtungen möglich. Ein Gefangener wird dann im
offenen Vollzug untergebracht, wenn keine Befürchtung besteht, dass
der Gefangene entweichen oder die besonderen Möglichkeiten miss-
brauchen würde.
Anders sieht es im Ausland aus, vergleicht man einen Teil der auslän-
dischen Gefängnisse mit den deutschen Gefängnissen, geht es unse-
ren Inhaftierten sicherlich in mancher Beziehung deutlich besser. Oft-
mals sind ausländische Gefängnisse total überfüllt, es gibt kaum
Einzel- oder Doppelzellen. Meist wird improvisiert mit einer Matratze
auf dem Boden, Meuterei und stetig wachsende Aggressionen, über-
fordertes Personal sind an der Tagesordnung. Wobei es in vielen Län-
dern Verbote gibt, die kein Ausländer kennt. So wurde schon mach ein
Urlaub zum Abenteuer. Man kommt schneller ins Gefängnis als man
denkt.
Als Beispiel habe ich mir unteranderem das Gefängnissystem der Ver-
einigten Staaten angeschaut. Das Gefängnissystem setzt sich aus den
Gefängnissen der Bundesregierung und den einzelnen Bundesstaaten
zusammen. Neben diesen zivilen Gefängnissen verschiedener Sicher-
heitsstandards und Zuständigkeit existieren auch US-amerikanische
Militärgefängnisse. Die USA haben mit 751 pro 100.000 Einwohner
(laut einer Statistik von 2006) abgesehen von China, dessen Zahl nicht
eindeutig ist die höchste Inhaftierungsrate der Welt. Darunter stehen
die Gewaltverbrechen an oberster Stelle.
In den USA unterscheidet man ausserdem noch nach „Rassen“. Die
Rassen werden primär aufgrund physischer Merkmale wie die Hautfar-
be und der Behaarung unterschieden, zumeist werden jedoch auch Un-
terschiede im Charakter und bei Fähigkeiten angenommen. Diese An-
sichten gelten seit den 1990er Jahren als überholt, da genetische
Untersuchungen gezeigt haben, dass die Unterschiede zwischen den
vermeintlichen Rassen wesentlich geringer sind als die Variabilität in-
nerhalb dieser Population und dass es sich somit nicht um Rassen im
Insgesamt gibt es 36 Justizvollzugsanstalten in Nordrhein - Westfalen.
In meinem Buch habe ich die JVA´s in Bochum und in Wuppertal be-
sucht. Vor 1970 existierten in der Bundesrepublik Deutschland ver-
schiedene Arten von Freiheitsstrafen: Zuchthaus, Gefängnis, Einschlie-
ßung, Haft. Mit dem 1. Strafrechtsreform-Gesetz vom 25. Juni 1969
wurde diese Unterscheidung zum 31. März 1970 aufgehoben.
In Deutschland werden heute Gefängnisse als Justizvollzugsanstalten
bezeichnet. Geregelt ist der Strafvollzug im Strafvollzugsgesetz vom
16. März 1976, welches im Wesentlichen seit dem 1. Januar 1977 in
Kraft ist. Eine Justizvollzugsanstalt beschäftigt sich ausserdem mit der
„Resozialisierung“, der Begriff geht von der Vorstellung aus, ein Straf-
täter habe sich durch seine Tat ausserhalb der Gesellschaft gestellt
oder jedenfalls offenbart, dass er nicht im erforderlichen Maße in diese
Gesellschaft eingebunden sei.
Ziel des staatlichen Strafens habe es daher zu sein, den Täter wieder in
die Gesellschaft einzugliedern. Dabei ist zwischen dem Zweck der
Strafverhängung und dem Ziel des Strafvollzuges zu unterscheiden.
Im ersten Fall gilt die Resozialisierung als ein möglicher Strafzweck
neben anderen, im zweiten Fall wird die Resozialisierung als „Voll-
zugsziel“ von der herrschenden Meinung als alleiniges Ziel des Voll-
zugs angesehen. „Im Vollzug der Freiheitsstrafe soll der Gefangene
lernen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu
führen.“ Unter Strafvollzug im weitern Sinne des Wortes versteht man
den Vollzug gerichtlich ausgesprochener Strafen, beispielsweise auch
der Todesstrafe. Die in Deutschland allerdings nicht angewendet wird.
Der Strafvollzug wird durch das Strafvollzugsrecht geregelt. Er erfolgt
in Gefängnissen, die in Deutschland Justizvollzugsanstalten heißen.
Nach dem die Verurteilung rechtskräftig geworden ist, kommt der In-
haftierte in eine Anstalt des offenen oder des geschlossenen Vollzu-
ges. Das Leben im offenen Vollzug ist den allgemeinen Lebensverhält-
nissen weit stärker angeglichen als im geschlossenen Vollzug. Des
weiteren haben Anstalten des offenen Vollzuges keine oder nur ver-
minderte Vorkehrungen gegen Entweichung.
Gefängnis
biologischen Sinne handelt.
Ein weiterer Unterschied besteht in den Strafen, in den USA gibt es die
Todesstrafe. Wegen Kapitalverbrechen befinden sich zur Todesstrafe
verurteilte Personen in US-Gefängnissen und warten auf ihre Hinrich-
tung. Kapitalverbrechen bezeichnet eine schwere Straftat wie Mord.
Die Todesstrafe ist die Tötung eines Menschen als gesetzlich vorgese-
hene Strafe für ein Verbrechen, dessen er für schuldig befunden wur-
de. Ihr geht in der Regel ein Todesurteil nach einem Gerichtsverfahren
voraus, das mit der Hinrichtung des Verurteilten vollstreckt wird. Zur
Hinrichtung wurden und werden immer noch folgende Methoden ver-
wendet: Elektrischer Stuhl, Enthauptung, Erhängen, Erschießung,
Steinigung und Vergiftung. Seit dem Jahr 2000 sind nach Kenntnis von
Amnesty international in den USA der Elektrische Stuhl, das Erhängen,
die Gaskammer und die Giftspritze für die Vollstreckung der Todesstra-
fe zur Anwendung gekommen.
Nicht nur in den USA wird die Todesstrafe immer wieder angewendet,
weitere Staaten sind der Irak, Iran, Israel, Japan, Libyen, Saudi-Arabi-
en, Singapur und die Volksrepublik China. In der Volksrepublik China
werden weltweit die meisten Menschen pro Jahr hingerichtet, es sind
meist über 3500 Menschen, nach inoffiziellen Angaben liegt die Anzahl
bei ca. 10.000. Todesurteile werden in China für 68 verschiedene Delik-
te verhängt, darunter Bestechung, Menschenhandel, Geld- und Scheck-
fälschung oder aber Steuerhinterziehung. Zum Tode Verurteile werden
in der Regel innerhalb einer Woche nach der endgültigen Urteilsbestä-
tigung hingerichtet. Ein Teil der Hinnrichtungen findet vor wichtigen
Feiertagen statt, von zehntausenden Zuschauern beobachtet und im
Lokalfernsehen übertragen. Seit 2006 dürfen Todesstrafen nur noch
nach Zustimmung des höchsten chinesischen Gerichts vollstreckt wer-
den, seit 2008 überwiegend nur noch mit der Giftspritze oder durch
Erschiessen. Die Todesstrafe ist und bleibt immer wieder umstritten,
wenn man sich überlegt, das man bei einem Bankraub oder bei Ehe-
bruch in Saudi-Arbien mit der Todesstrafe bestraft wird, hört es sich im
ersten Moment völlig banal an.
Man darf hinsichtlich dieses Themas auch die religiösen Hintergründe
in den Einzelstaaten nicht ausser Acht lassen, denn hier gibt es einfach
andere Sitten.
Eine weitere Variante ist die Gefängnisinsel, es ist die Bezeichnung für
eine Insel, die vollständig als Gefängnis genutzt wird. Hierbei ergänzt
oder ersetzt die Insellage selbst die sonst üblichen Sicherheitsbarrie-
ren. Das Wasser um die Insel stellt eine natürliche Barriere für Ausbre-
cher dar. Ebenso können Gerüchte z.B über die Existenz von Haien,
eine psychologische Schwelle für Ausbrecher darstellen. Die wohl be-
kannteste Gefängnisinsel ist Alcatraz in den USA vor San Francisco.
Zuerst war es ein Militärgefängnis und 1993 wurde es zu einem Bun-
desgefängnis umfunktioniert und so das bekannteste Hochsicherheits-
gefängnis der Welt. Man hat von dort einen wunderschönen Blick auf
das „normale“ Leben, auf die pulsierende Stadt San Francisco und auf
die Golden Gate Bridge. Was ihr Übriges zur bedrückenden Stimmung
beigetragen hat. Briefverkehr wurde zensiert, Besuche waren selten
und Zeitungen, Radio und Fernsehen verboten. Auch die Behandlung
der Häftlinge galt als brutal.
Mittlerweile ist das Gefängnis geschlossen, heute haben Besucher die
Möglichkeit das Gefängnis zu besichtigen und Gefühle der Gefangenen
nachzuempfinden.
||||| ||||| ||||| Gefängnis
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§§Die Freiheitsstrafe
ist eine staatliche
Sanktion, um auf eine
Straftat zu reagieren.
Die Strafe wird in
demokratischen
Rechtssystemen von
einem unabhängigen
Gericht durch ein
Urteil ausgesprochen.
Höchstmaß ist die
lebenslange Freiheits-
strafe, sie wird für
schwerste Verbre-
chen angedroht, wie
für Mord. Die Frei-
heitsstrafe greift
ganz erheblich in das
Grundrecht der
Freiheit der Person
ein. Sie dient dem
Gemeinwohl und ist
Ausdruck des Straf-
anspruches des
Staates.
Die Jugendstrafe
ist in dem deutschen
Jugendstrafrecht eine
speziell für Jugendli-
che (14 bis 17 Jahre)
und Heranwachsende
(18 bis 21 Jahre)
konzipierte Freiheits-
strafe. Sie darf nur
wegen sogenannter
schädlicher Neigung
oder wegen der
besonderen Schwere
der Schuld verhängt
werden. Maßgebend
für die Anwendung
von Jugendstrafe ist
das Alter des Täters
bei Begehung der Tat,
nicht bei ihrer Abur-
teilung. Sie dauert
mindestens 6 Monate
und maximal 5 Jahre.
Das Höchstmaß sind
10 Jahre, wenn der
Jugendliche schuldig
ist.
Untersuchungsgefan-
gene oder aber
häufig einfach nur
U-Haft genannt, ist
eine verfahrenssi-
chernde Ermittlungs-
maßnahme im
Rahmen der Ermitt-
lung einer Straftat.
Die U-Haft darf nur
durch den Richter
durch Haftbefehl und
einem Ersuchen um
Aufnahme zum
Vollzug der U-Haft
angeordnet werden.
Ihr geht in der Regel
eine Festnahme
durch die Polizei oder
der Staatsanwalt-
schaft voraus.
Freiheitsstrafe Jugendstrafe U-Haft
Ein Gefangener ist
eine Person, die ihre
Freiheitsrechte legal
beschränkt oder
illegal beraubt ist,
sich also unfreiwillig
in hoheitlichem
Gewahrsam befindet.
Gefangener
Gefängnis
Eine andere Welt? Das Gefängnis, ist nicht nur Teil
der äußeren Welt, als Institution beziehungsweise als Anstalt heute
meist irgendwo an den Stadtrand ausgelagert und so weitgehend un-
seren Blicken wie unserer Wahrnehmung entzogen.
Als „gesellschaftlicher Überbau“ ist es zugleich auch Teil unserer inne-
ren Welt. Die Drohung und Vorstellung für unsere Missestaten eines
Tages im Gefängnis zu landen begleitet uns seit unserer Kindheit. Und
wenngleich wir auch dazu neigen mögen, die Insassen von Gefängnis-
sen als Straftäter und Verbrecher zu betrachten und abzuspalten, so
ist letzlich wohl keiner davor gefeit, auf die eine oder andere Weise
derart mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten, dass eine begangene
Straftat oder gar ein Verbrechen dazu führen können, eine kürzere
oder längere Haftstrafe antreten zu müssen. Gefangenschaft und Ge-
fängnis haben nicht nur eine lange Geschichte, sie haben auch eine
Vielzahl von Geschichten und Bildern entstehen lassen, die das Den-
ken, die Fantasien und häufig auch das Erleben der Menschheit bis in
die Gegenwart hinein prägen. Das Gefängnis ist beispielsweise ein Teil
der alt- und neutestamentarischen sowie der griechischen Mythologie,
es findet sich in einer Vielzahl literarischer Werke, in der Musik, der
bildenden Kunst sowie in Filmen wieder - ganz abgesehen einmal von
der kaum noch zu überschauenden wissenschaftlichen Literatur.
||||| ||||| ||||| ||||| | Gefängnis
JVA Bochum1, Etage
Einzel-zelle8 m2
Gänge
Treppenhaus
2 3 4 5 6 7
8 9 10 11 12 13 14
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Türe
n
Gefängnis
Tagesablauf
6:00 Uhr Wecken, anschließend Frühstück in der Zelle
6:40 Uhr Ausrücken in die Arbeitsbetriebe
11:45 Uhr Mittagessen in der Zelle
12:30 Uhr Ausrücken in die Arbeitsbetriebe
15:05 Uhr Einrücken, Freistunde, Sport
17:00 Uhr Abendessen auf der Zelle
22:00 Uhr „Nachtruhe“
Alltag||||| ||||| ||||| ||||| |||||
Alltag Das Gefängnisleben verläuft nach einem System, wäh-
rend meiner Recherche und der Besuche in der JVA war ich ein Teil
dieses Systems. Angefangen damit, dass es bestimmte Besuchszeiten
gibt an denen man nur in die JVA kommt und sich ankündigen muss.
Gefangene haben ein Recht auf Besuch. Die Mindestbesuchszeit be-
trägt allerdings nur eine Stunde pro Monat. In vielen JVA´s sind den-
noch mehrere Besuche möglich, ein Anspruch darauf besteht aber
nicht. In der Bochumer JVA gibt es fast nur Einzelzellen, in denen darf
geraucht werden. in unterschiedlichen zeitlichen Abständen finden
über die Beamten Zellendurchsuchungen statt, um einen möglichen
Drogenkonsum aufzudecken. Jeder Häftling ist für die Sauberkeit sei-
ner Zelle selbst verantwortlich. Aus datenschutzrechtlichen Gründen
dürfen an den Zellentüren keine Namensschilder hängen, es wird auch
nicht öffentlich gemacht, warum der eine oder der andere im Gefäng-
nis sitzt, um den Stress unter den Gefangenen etwas zu entschärfen.
Die JVA Bochum gehört mit ihren 721 Haftplätzen für erwachsene
Männer zu den großen geschlossenen Anstalten des Landes Nordrhein
- Westfalen. Rund 19 % der Haftplätze werden von Untersuchungsge-
fangenen belegt. Von den Strafgefangenen sind die meisten Rückfall-
täter mit einer längeren kriminellen Karriere. Der Strafvollzug bietet
sichere Arbeitsplätze, im Alltag arbeitet ein Abteilungsbeamter in drei
Schichten. Zum Ausgleich gibt es zusätzliche Freizeit. Der Tag beginnt
um 6 Uhr mit der Ausgabe des Frühstücks an die Gefangenen in ihren
Hafträumen. Beim Essenverteilen helfen die Hausarbeiter. Hausarbei-
ter sind Gefangene, die durch „Gute Führung“ eine bessere Position in
der JVA erlangt haben und nicht negativ in Erscheinung getreten sind.
In deutschen Justizvollzugsanstalten essen die Gefangenen nicht ge-
meinsam in großen Sälen, sondern einzeln in ihren Zellen. Es folgt um
6:40 Uhr das Ausrücken der arbeitenden Gefangenen. Um 11:45 Uhr
kommen sie wieder zum Mittagessen zurück in ihre Zellen. Das Essen
wird in einer eigenen Anstaltsküche zubereitet, in der auch ein Teil der
Gefangene arbeitet. Um 12:30, erneutes Ausrücken zur Arbeit, um
15:05 Uhr wieder Einrücken.
Dann Verteilung des Abendessens, Freistunde, Duschen, Arbeitersport
und Freizeitaktivitäten. Das Besteck in der JVA ist vom Metall etwas
weicher als herkömmliches Besteck, um jegliche Ausbruchversuche zu
erschweren. Jeder Häftling hat das Recht auf eine Freistunde im Hof,
entweder mit anderen Häftlingen auf dem Hof oder aber im Freistun-
denkäfig. Im Käfig sind die Gefangenen isoliert und haben keinen Kon-
takt untereinander, werden jedoch bewacht. Für Gefangene, die nicht
arbeiten, gilt ein anderer Tagesablauf mit anderen Zeiten für Freistun-
den und Sport. In Bochum gibt es auch eine Krankenabteilung, auf der
jedoch keine Operationen durchgeführt werden können, däfür müssen
die Gefangenen in ein Krankenhaus gebracht werden. Ein eigenes Jus-
tizkrankenhaus gibt es in Fröndenberg im Sauerland.
Alle 14 Tage gibt es einen „Supermarkt“ im Gefängnis, wo die Gefan-
genen sich Kleinigkeiten kaufen können, z.B. Zigaretten, Kaugummis
etc. Im Gefängnis wird sehr darauf geachtet, dass die Häftlinge einer
Arbeit nachgehen, oftmals gibt es eine Schreinerei, Buchbinderei oder
Druckerei. Die Gefangenen sollen einen regelmäßigen Alltag haben, in
manchen JVA´s hat man die Möglichkeit, als Häftling eine Berufsaus-
bildung zu erlernen.
||||| ||||| ||||| ||||| ||||| |||| Alltag
Wer sitzt hinter dieser Mauer? Ist
das auch wirklich alles sicher? Die JVA in Bochum sowie auch die in
Wuppertal liegen beide am Stadtrand, mitten zwischen den Wohn-
gebieten. Nicht jeder ist darüber begeistert als „Nachbarn“ eine JVA
zu haben, daher löst jeder Neubau einer JVA heftige Diskussionen
und teilweise auch Bürgerinitiativen aus. Doch meist ist man macht-
los, und hat keine Chance dagegen anzugehen. In der Bochumer
JVA hat die Gefängnismauer eine Höhe von 5m und in Wuppertal ca.
8m. Die Wuppertaler JVA gilt allerdings auch als Hochsicherheits-
trakt, wo auch Häftlinge mit Terroristischem Hintergrund so ver-
schlossen sind, dass es schwer werden würde sie von aussen zu
befreien. Entlang der Mauer gibt es immer wieder diese Wachtürme,
sie sind Tag und Nacht besetzt und die Beamten haben dadurch ei-
nen Rundumblick. In Bochum gibt es 400 Angestellte, die im Schicht-
dienst 8 Stunden am Tag arbeiten. Derzeit sind 830 Gefangene in
Bochum untergebracht die bewacht und versorgt werden müssen.
Es gibt in jeder JVA verschiedene Religionsgruppen und Nationen.
Die größte Gruppe der Straftaten sind Diebstähle und Raub, die
schwereren Straftaten darf man dennoch nicht ausser Acht lassen.
In Deutschland bedeutet lebenslänglich bis zu 32 Jahren Haft. Die
Beamten, die innerhalb der JVA arbeiten, sind aus Sicherheitsgrün-
den nicht bewaffnet, damit diese Waffen nicht gegen sie verwendet
werden können. Der tägliche Umgang mit inhaftierten Menschen
fordert die ganze Person. Neben Überwachungs- und Kontrollaufga-
ben sind es die Probleme der Gefangenen, die den Dienst eines JVA
Beamten bestimmen.
Alltag
44791.
Hinter jedem Gitter oder vielmehr hinter jeder Tür sitzt eine Persön-
lichkeit. Was auch immer derjenige getan haben soll, er ist und bleibt
ein Mensch. Im Gefängnis ist es so, das alles anonym ist, jeder der dort
einsitzt bekommt eine Nummer. Es sind Menschen, wie Du und ich,
auch sie haben menschliche Bedürfnisse, im Gefängnis wird einem
eine Menge zur Strafe für die Taten genommen.
In dieser abgebildeten Zelle sitzt die Nummer
Alltag||||| ||||| ||||| ||||| ||||| ||||| |||||
Der Gong. Du hörst ihn nicht, aber erwachst. Wie jeden Morgen,
zur gleichen Stunde. Die Handgriffe des Morgens. Gewohnheitsmä-
ßig. Ohne zu denken. Das Denken übernehmen andere. Für Dich.
Kein Blick zum Fenster. Kein Blick hinaus. Du siehst die Sonne
nicht. Den Himmel nicht. Spürst nicht den leichten Morgenwind
auf Deiner Haut. Es hat keine Bedeutung. Für Dich. Die Schrit-
te. Das metallische Klappern. Das knirschende Schieben des
Riegels. Wie jeden Morgen. Zur gleichen Stunde. Die schwere Tür
schwingt langsam und quietschend auf. Mürrische Gesichter und
ein paar Scheiben Brot. Kein Gruss. Gleichgültige Augen. Die
Tür schliesst sich hinter Dir, langsam und quietschend. Der
Riegel rastet knirschend ein. Du isst dein Brot, ohne einen
Gedanken. Es gibt nichts zu denken. Nicht an den vergangenen
Tag. Nicht an den kommenden Tag. Das Denken ist unnötig für
Dich. Du rauchst und verfolgst die weissen Wölkchen mit Deinem
Blick. Siehst sie zum Fenster schweben, durch die Gitter flie-
gen. Die blassen Wolken am Himmel siehst Du nicht. Die letzten
Handgriffe. Der Morgenbedarf an Tabak. Eine Scheibe Brot, für
das zweite Frühstück. Später. Der Gong, es ist Arbeitsbeginn.
Der Riegel knirscht, die Tür öffnet sich, Du trittst hinaus.
Ohne Eile und ohne Gruss. Überall blaue Arbeitsanzüge, die aus
quietschenden Türen treten. Nacheinander die Treppe herabstei-
gen, langsam und müde. Es geht zum Sammelplatz, um gezählt zu
werden. Der Bestand muss geprüft werden. Bestand am Menschen,
an billigen Arbeitskräften.Danach Abmarsch in die Betriebe,
unter Bewachung. Der Bestand muss stimmen. Darum Bewachung. Du
stehst am Arbeitsplatz, lustlos und gedankenlos, einfache
Handgriffe, ohne Anforderung. In einem dunklen Raum, mit
schlechter Luft und vergitterten Fenstern, durch die keine Luft
hereinströmen kann. Die den dunklen Raum nicht erhellen können.
Neonlicht, Gestank und der Lärm der Maschinen.
Neben Dir andere blaue Arbeitsanzüge. Hinter Dir andere Ar-
beitsanzüge. Du kennst sie, vom Sehen, ihre Gesichter. Die
aussehen wie Dein eigenes, müde und lustlos. Arbeitspflicht für
alle, es gibt Taschengeldlohn, für alle. Unternehmerbetriebe
kaufen billige Arbeitskräfte. Der Gong, das zweite Frühstück,
Du isst Dein Brot und schweigst wie alle anderen. Wie jeden
Morgen, zur gleichen Stunde. Du rauchst, die weissen Wölkchen
schweben zur Decke. Von dort zum Fenster und fliegen durch die
Gitter. Den Himmel siehst Du nicht. Ein blauer Arbeitsanzug
bricht das Schweigen, einsilbig antwortet ein anderer. Niemand
schaut hoch und beteiligt sich, die Blicke zum Boden gerichtet.
Der Gong, in die Gedanken hinein, wieder Neonlicht, Gestank und
der Lärm der Maschinen. Rattern, stampfen und die Blicke der
Bewacher. Der Bestand muss stimmen. Noch eine Stunde bis zum
Mittag, die Gedanken trennen sich von der Arbeit. Das Rattern
der Maschinen wird zu Musik. Ein paar Worte, Berührungen und
der Himmel über Dir. Dein Arm bewegt sich, bedient den Hebel,
Du merkst es nicht. Die Blicke der Bewacher, sie prüfen den
Bestand. Du siehst die blassen Wolken, ihre bizarren Formen,
sie wandern. Wie Deine Gedanken und die Blicke der Bewacher.
Die Du finanzierst mit Deiner Arbeit, zu einem Taschengeldlohn.
Der Gong reisst Dich aus Deinen Gedanken, nicht aus den Blicken
der Bewacher. Der Gong und Du gehorchst, wie ein Hund auf seine
Pfeiffe. Sammeln und anzählen, der Bestand muss stimmen. Ab-
marsch in den Zellentrakt, unter Bewachung, es sind überall
blaue Arbeitsanzüge. Wie jeden Morgen, zur gleichen Stunde, der
Riegel wird zurückgeschoben und der Schlüssel knirschend ge-
dreht. Hinter Dir verschlossen. Alles nach Vorschrift. Du bist
allein mit Deinem Fleisch und Deinem Apfel. Du isst, weil Du
essen musst. Du denkst dabei an den Himmel, an bizarre Wolken.
Es gibt keinen Grund zu denken, das besorgen andere für Dich.
Nr. 44791
Wolfram Marggraf
Alltag
Alltag
Berufe in der JVA. Jeden Morgen, zur gleichen
Stunde wird der Gefangene 44791 von einem Beamten an seiner Zel-
le zum Ausrücken in den Arbeitsbetrieb abgeholt. Es gibt eine vor-
gegeben Anstaltskleidung, die zu dem Zeitpunkt getragen werden
muss. Eine geregelte Arbeit sowie schulische und berufliche Bildung
haben bei den Bemühungen um die Wiedereingliederung eines Ver-
urteilten einen hohen Stellenwert. Nach dem Strafvollzugsgesetz
sind Strafgefangene zur Arbeit verpflichtet. Es gibt verschiedene
Möglichkeiten eine Arbeit aufzunehmen in der JVA, zum Beispiel in
der Buchbinderei, in der Anstaltsküche, Wäscherei, Druckerei,
Schlosserei, Schuhmacherei, Bücherei, Elektrowerkstatt, Sanitär,
Garten- und Landschaftsbau oder aber in der Schreinerei. Jeder Ge-
fangene sollte täglich zur Arbeit gehen, sie sollen so einen regelmä-
ßigen Alltag haben. In der Schreinerei werden unter anderem Kin-
derwiegen, Lichterbögen oder Weihnachtspyramiden gefertigt, die
am Ende des Jahres auf einem Basar verkauft werden. Alle die in der
Schreinerei gearbeitet haben müssen ihre Werkzeuge wieder zu-
rücklegen. Der beaufsichtigende Beamte kontrolliert die Werkzeuge
und verschließt die Feilen. Ausserdem gibt es auch noch die soge-
nannten Unternehmerbetriebe, dass sind Arbeitsplätze von Firmen,
die in der JVA ihre Produkte produzieren lassen. Das Arbeitsentgeld
ist in fünf Vergütungsstufen eingeteilt. Je nach Art der Arbeiten, ein-
fache Art, keine Vorkenntnisse, mit Einarbeitungszeit, mit Anlern-
zeit oder Kenntnisse und Fähigkeiten eines Facharbeiters erhalten
Strafgefangene zwischen 7,71 € und 12,85 € pro Tag, erwachsene
Untersuchungsgefangene zwischen 4,28 € und 7,14 € pro Tag. Der
durchschnittliche Verdienst beträgt 210 € monatlich. Das monatlich
erarbeitete Arbeitsentgeld wird zu drei Siebteln als Hausgeld zum
Verbrauch während der Inhaftierung und zu vier Siebteln als Über-
brückungsgeld für die Zeit nach der Entlassung auf das Konto des
Gefangenen gebucht. Bargeldbesitz ist in der JVA verboten.
Frust und Freizeit Arbeitsende ist für die Gefange-
nen um 15:13 Uhr. Sie haben dann die Freistunde auf dem Hof oder
gehen zum Sport. Daneben gibt es auch ungeleitete Aktivitäten wie
gemeinsames Fernsehen oder Spielrunden. Zu den schwierigen Auf-
gaben in einer JVA gehört es, arbeitslose Gefangene zu beschäfti-
gen. Ein wichtiger Faktor ist dabei das Sportangebot auch tagsüber.
Ausserdem besteht auch die Möglichkeit zum Umschluss, dass
heisst der Gefangene kann einen Kollegen in einer anderen Zelle be-
suchen. Neben dem Sport stellt auch der Fernseher eine wichtige
Freizeitbeschäftigung dar. Alle paar Wochen gibt es die sogennan-
ten „Highlights“, dann treten Bands in der JVA auf oder es wird
Theater gespielt, Stücke, die die Gefangenen mit der eigenen Thea-
terwerkstatt ausarbeiten und anschließend inszenieren. Freizeitge-
staltung, die für den Gefangenen selbst möglichst ein Gewinn und
für andere kein Schaden bedeutet, muss geübt werden.
Alltag
Alltag
Gitterstäbe gehören überall zum Erscheinungsbild. Es gibt keinen
Raum wo es keine Gitterstäbe gibt. Zwar gibt es den Freizeitraum, wo
man probieren kann vom „Alltag“ abzuschalten, allerdings der Blick
zum Fenster lässt das nicht lange zu.
Ein Leben auf 8m2! Mit einem Gefängnis verbindet
man vorallem die Gitter, das Verschlossen sein und die Enge. Für viele
ist es kaum vorstellbar auf 8m2 zu leben! So leben die Häftlinge in einer
JVA. Ihre Zellen sind so groß, dass ein Schrank, ein Bett, ein Tisch, ein
Stuhl, ein Regal, eine Toilette und ein Waschbecken gerade einmal
Platz finden. Ein Fenster gehört zu jeder Zelle. Geduscht wird in Ge-
meinschaftsbädern. Die Häftlinge die arbeiten, haben jeden Tag die
Möglichkeit zu duschen, die anderen dreimal in der Woche. In jeder
Zelle ist ein Fernseher zu finden, den sich die Gefangenen mit ihrer
Arbeit im Gefängnis verdienen können. In den Zellen darf geraucht
werden, es finden jeweils unregelmäßige Durchsuchungen der Zellen
statt. Jeder Häftling ist für die Sauberkeit selbst zuständig.
Die Einrichtung ist immer gleich, der Häftling kann seine wenigen Sa-
chen nach seinem Belieben unterbringen. Es gibt keine erste und zwei-
ter Klasse Zellen. Die einen haben den Ausblick auf den Hof und die
anderen auf die Mauer. Aussuchen kann man sich seinen Trakt nicht,
denn auch hier gibt es ein System. Es wird unterteilt nach der Schwere
des Verbrechens. In Einzelfällen gibt es Doppelzellen, die man oft auch
im Jugendgefängnis findet. Suizidgefährdete Häftlinge, kommen ge-
nerell in eine Doppelzelle.
Aus datenschutzrechtlichen Gründen dürfen an den Zellentüren keine
Namensschilder hängen, es sind nur die Arbeitsbereiche wie zum Bei-
spiel: Buchbinderei, Vordrucker oder ähnliches aufgeführt. Durch gute
Führung kann man sich zum „Hausarbeiter“ hocharbeiten und hat ge-
wisse Privilegien.
Enge||||| ||||| ||||| ||||| ||||| ||||| ||||| ||||| ||||| ||||| |||
Enge oder sagt man besser eingeschränkt? Für viele Leute ist der Ge-
danke allein schon eine Strafe, bei der Überlegung auf kleinstem Raum
mit den nötigsten Sachen zu leben. Luxus ist ein Fremdwort im Knast,
jeder bekommt die Anstaltskleidung und nur in der Freistunde ist es
erlaubt, sein persönliches Outfit zu wählen. Von daher ist das Leben im
Gefängnis ganz schön eingeschränkt und von Gesetzen und Beamten
vorgeschrieben. Zelle an Zelle, es sieht aus wie Tiere hinter Gittern im
Zoo, auch sie Leben in einer Enge. Der Tagesablauf ist im Detail ge-
plant, um 22 Uhr ist Schluss, wo andere da „draussen“ am Wochenen-
de sich von ihrem engen Alltag erstmal erholen.
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an
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Die Häftlinge haben ein Waschbecken und eine Toilette auf ihren Zel-
len. Bei einer Doppelzelle befindet sich das Waschbecken und die Toi-
lette in einem separaten Raum innerhalb der Zelle. Jeder Häftling ist
für die Sauberkeit in seiner Zelle selbst verantwortlich. In einem „Su-
permarkt“ der innerhalb des Gefängnisses alle zwei Wochen stattfin-
det, kann der Gefangene kontrolliert einkaufen und persönliche Dinge
dort erwerben. Die Besucher dürfen dem Gefangenen keinerlei Gegen-
stände mitbringen. An Festtagen, wie zum Beispiel Geburtstag, Weih-
nachten oder Ostern müssen die Angehörigen die Geschenke vorzeitig
anmelden. Ein Gefangener darf nach gesetzlicher Vorschrift dreimal im
Jahr ein Paket mit Nahrungs- und Genussmitteln empfangen.
||||| ||||| ||||| ||||| ||| Enge
Die Härtefälle Innerhalb des Strafvollzugs gibt es auch
Strafen, die bei Ungehorsam verhängt werden. Dazu gehört auch
die Arrestzelle. In die Arrestzelle kommen die Gafangenen, wenn sie
sich an gewisse Regeln innerhalb des Gefängnisses nicht halten.
Meist gibt es nur eine dünne Matratze, eine Decke, vorgeschriebene
Wäsche, ein Waschbecken und eine in den Boden eingelassene Toi-
lette, damit die Gefangenen sich nicht selbst verletzen können. In
der Zelle werden die Häftlinge zusätzlich videoüberwacht und sitzen
nur ein paar Tage hier, um einen klaren Kopf zu bekommen! Oftmals
werden Gefangene auch hier eingesperrt, um sie vor sich selbst zu
schützen, gegebenenfalls müssen die Gefangenen an Händen und
Füssen fixiert werden.
Enge
Immer wieder erscheinen Momente, Situationen und Bilder in unse-
ren Köpfen, die wir meinen erlebt zu haben oder irgendwo schon
einmal gesehen zu haben. In dem Kapitel „Innen oder Aussen“ habe
ich Bilder aus meinen Besuchen in der JVA ausgewählt, die den Be-
trachter täuschen können. Es sind Bilder, die man in vielen Berei-
chen auf der ganzen Welt vermuten kann. Es sind nicht typische Ge-
fängnisbilder. Welche Aufnahmen wo und ob überhaupt in einem
Gefängnis entstanden sind, überlasse ich der Fantasie des Betrach-
ters.
||||| ||||| ||||| ||||| ||||| ||||| ||||| ||||| ||||| ||||| ||||| ||||| ||||| ||||Innen oder aussen
6:30 Uhr Wecken, anschließend mit dem Hund raus
7:30 Uhr Frühstücken, dann zum Bahnhof
9:00 Uhr am IND Düsseldorf
12:00 Uhr Mittagspause
15:00 Uhr Rückweg nach Wuppertal
16:30 Uhr Stall
18:00 Uhr Hausaufgaben
... Uhr Nachtruhe
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Persönliches
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Persönliches Wie kommt man auf das Thema Gefäng-
nis? Nach dem wir die Themen Fremd und Spielraum für das Fach Art
Direction genannt bekommen haben, notierte ich Gefängnis auf mei-
nem „Merkzettel“! Ich habe mir genau 2 Wochen Zeit gegeben, ob eine
Umsetzung überhaupt machbar ist.
Zuvor habe ich für mich überlegt, was Fremde bedeutet. Ich stolperte
während meiner Überlegungen auch über Religionen, Kulturen und an-
dere Länder! Aber neugierig war ich auf den Knast. Es war ein ge-
mischtes Gefühl zwischen Neugierde und Angst, also war klar, dass
das für mich „FREMD“ ist. Da weder ich oder meine Familie bis jetzt in
Kontakt mit diesem Thema gekommen ist, war ich auf Informanten
angewiesen.
Durch die freundliche Unterstützung der Mitarbeiter der JVA in Wup-
pertal und Bochum, standen mir alle Türen offen.
Texte und Berichte fi ndet man genügend, ich aber wollte mein eigenes
Buch. Es sollte ein Buch werden, das überwiegend aus eigenen Recher-
chen betseht, dass heißt aus Texten, Berichten und vorallem Bildern.
Ziel der Umsetzung ist es, dass Gefängnis so darzustellen, wie ich es
gesehen und erlebt habe.
Um ehrlich zuzugeben, ich hatte schon ein wenig Angst vor dem Betre-
ten in die für mich fremde Welt. Sicher macht es nicht nur mir ein ko-
misches Gefühl, sondern auch anderen. Vielleicht hilft dieses Buch,
sich das Fremde vertraut zu machen.
Durch meine Besuche in der JVA wurde mir nach langer Zeit mal wie-
der bewusst, wie gut es mir in der Freiheit geht. Für mich ist Freiheit
wenn ich ich selbst sein kann. Das bin ich, wenn ich mit meinem Pferd
oder mit meinem Hund in der Natur bin, mit Freunden und Familie egal
wann einen schönen Tag verbringe oder aber ich stundenlang telefo-
nieren kann.
All das ist für mich eine gewisse Freiheit, die in meinem Leben eine
große Rolle spielt. Es gibt Dinge die ich tun und lassen kann, es gibt
zwar ab und zu einen Rat von Eltern und Freunden, aber ich habe mei-
ne Freiheiten und meinen eigenen Tagesablauf.
Im Gefängnis hingegen ist alles für die Häftlinge durchstrukturiert, ge-
plant und entschieden. Es ist eine andere Welt, die in gewissen Maßen
von uns abgeschieden ist, mit der keiner etwas zu tun haben will.
Die Mauern und der Stacheldraht nehmen uns ein wenig die Unsicher-
heit und die Angst vor dem Fremden dahinter.
Während meines Besuches war ich immer in Begleitung eines JVA Be-
amten. Ich bin durch ein System von Gängen, Türen, und Schlössern
geleitet worden. Um mich herum nur Mauern, Gitter, Türen und Häft-
linge. Ich habe das Gefühl, dass ich angestarrt werde, ich traue mich
nicht nach oben zu schauen und probiere mich im Unterbewußtsein
hinter dem JVA Beamten zu verstecken. Es dauerte eine Weile, bis ich
mich an die Situation gewöhnt habe.
Immer wieder begegnen wir den Gefangenen, sie grüßen und sind an
meinem Projekt interessiert. Es ist merkwürdig, aber ich habe meine
Unsicherheit langsam abgelegt.
Einmal im Monat fi ndet in der Wuppertaler JVA ein Familiennachmit-
tag statt, wo Frauen und Kinder ihre Männer und Väter in einer gemüt-
lichen Runde beisammen sind. Solch einen Nachmittag durfte ich wäh-
rend meiner Recherchen mit erleben. Hätte man nicht gewusst, dass
man sich in einem Gefängnis befi ndet, könnte man meinen, in einem
Kindergarten zum Kaffee eingeladen worden zu sein. Die Kinder ließen
sich nicht beirren, sie spielten und tobten ausgelassen.
Die Besuche in der JVA waren wichtig für mich, um einen realistischen
Eindruck zu bekommen und einige Vorurteile aus dem Weg zu räumen.
Man muss sich darüber im klaren sein, dass die Welt beziehungsweise
die Menschen nicht alle gut sind. Natürlich kann man das nicht allge-
mein bestimmen, viele Menschen ändern sich, andere bleiben auf Dau-
er kriminell. Meine persönliche Erfahrung mit dem Thema hat mir ge-
zeigt, das in einem Gefängnis die Leute nicht nur weggesperrt werden,
sondern auch der Resozialisierungseffekt eine große Rolle spielt.
Für mich war es eine Reise in eine verschlossene Welt, in der ich wäh-
rend meiner Recherche sehr positiv aufgenommen wurde. Ich kann nur
sagen, dass ich mir das Fremde vertraut gemacht habe.
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Bild von mir und Weitblick
Persönliches
Angesetzter selbst angesetztes alkoholisches Getränk
aus vergorenem Orangen- oder Apfelsaft
Abreißen die Haftstrafe verbüßen
Bau Justizvollzugsanstalt
Bello die Toilette in der Zelle ( = Wohnklo)
Betonspritze starkes Beruhigungsmittel
Bombe Glas mit löslichem Kaffee
Bunker Arresthaft
Dachdecker Psychologe
Flug Flucht aus der JVA
Giftler Drogen-Straftäter
Koffer Päckchen Tabak
Nachschlag zu einer erneuten Freiheitsstrafe
verurteilt werden
Plombe Freizeitsperre
Strippen Ganzkörperkontrolle
weghängen sich erhängen
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Knastwörterlexikon, für Notfälle! Für den Fall der Fälle sollte man sich gut vorbereiten. Im Knast herr-
schen eigene Umgangsformen und Hierarchien unter den Häftlin-
gen. Der Ton ist ein wenig gewöhnungsbedürftig, reicht aber zur
Verständigung aus.
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Impressum Das Buch „Das Leben im Kasten“ ist im Jahre
2010 in einer Auflagenzahl von „1“ in Wuppertal erschienen.
Der Herausgeber des Buches ist Jessica Kruft, Wuppertal. Gestaltung
und Urheberrechte liegen beim Herausgeber.
Qellenangabe: Gestohlener Himmel, Thom Verlag Leipzig 1995.
Psychosozial, Psychosozialverlag 1996.
Hier drinnen sind irgenwie alle Türen zu, agenda Verlag 2009.
Diverse Internetseiten, freizugänglich.