das lichtbrechungsvermögen der cellulose in funktion des quellungsgrades

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- 1428 - 179. Das Lichtbrechungsvermogen der Cellulose in Funktion des Quellungsgrades von Madeleine Meyer und A. Frey-Wyssling. (29. X. 35.) E. Eianamarul) hat an gereinigten Cellulosefasern von ver- schiedenem Wassergehalte Messungen des Lichtbrechungsvermogens ausgefuhrt und ist dabei zu einem uberraschenden Ergebnis gelangt. Der grossere Brechungsindes der doppelbrechenden Faser parallel zur Faserachse n,, der 1,596 betragt, nahm bei zunehmender Quellung zuerst ab, durchlief ein Minimum und erreichte bei maximaler Quellung im dampfgesattigten Raume wieder ungefahr den Aus- gangswert. Der Breehungsindex 12, quer zur Faserachse, der einen bedeutend kleineren Wert 1,530 besitzt, zeigte nur unbedeutende Schwankungen. Dieses auffallende Verhalten e d e besagen, dass das Brechungsvermogen bei der Quellung trotz fortschreitender ,,Verdiinnung" nicht, wie zu erwarten ware, st&ndig sinkt, sondern von der Einlagerung des Wassers mit seinem niederen Brechungs- index 1,333 unberuhrt bleibt (no) oder in unerklarlicher Weise be- eintrachtigt wird (fla). K~anamaru~) hat versucht eine Deutung fur dieses Phanomen zu geben. Offenbar kommt diesem Versuche prinzipielle Bedeutung zu und mir haben ihn daher nach den Angaben Eunarnarc~'sl) z, wieder- holt. Gebleichte Ramiefasern wurden wahrend 2 Monaten in Schme- felssure-Exsikkatoren von versehiedener Wasserdampfspannung auf- bewahrt, und dann die Brechungsindices fur Natriumlicht mit Hilfe der Becke'schen Linie im Polarisationsmikroskop gemessen3) Zum Vergleich der Probe uber 100-proz. Schmefelsaure wurde ein weiteres Praparat zuerst bei llOo und d a m iiber PhosphorpentoTyd scharf getrocknet (s. Tab. 1). Die Fasern wurden in Gemische von organischen Flussigkeiten mit fallendem Brechungsindes (Wschreihen Zimto1/Amylalkohol) ubertragen, und untersucht, bei melchem Brechungsvermogen der Mischung die Beckesche Linie verschwindet. Wenn man nun wie Kanamaru. die Fasern vor der Messung 2 Tage in der Flussigkeit belasst, erhalt man tatsachlich fiir na eine Minimumkurve (Fig. 1). 1) Ifanamaru, K., Helv. 17, 1425 (1934). 2) Ifammaru, R., Helv. 17, 1037 (1934). 3, Frey, A., Bmbronn-Festschrift, Koll. Beih. 1926, S. 40. *) Schmidt, W. S., Abderkalden's Hdb. d. biol. Arbeitsmethoden, Abt. V, Teil 10, 852 (1935).

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179. Das Lichtbrechungsvermogen der Cellulose in Funktion des Quellungsgrades

von Madeleine Meyer und A. Frey-Wyssling. (29. X. 35.)

E. Eianamarul) hat an gereinigten Cellulosefasern von ver- schiedenem Wassergehalte Messungen des Lichtbrechungsvermogens ausgefuhrt und ist dabei zu einem uberraschenden Ergebnis gelangt. Der grossere Brechungsindes der doppelbrechenden Faser parallel zur Faserachse n,, der 1,596 betragt, nahm bei zunehmender Quellung zuerst ab, durchlief ein Minimum und erreichte bei maximaler Quellung im dampfgesattigten Raume wieder ungefahr den Aus- gangswert. Der Breehungsindex 12, quer zur Faserachse, der einen bedeutend kleineren Wert 1,530 besitzt, zeigte nur unbedeutende Schwankungen. Dieses auffallende Verhalten e d e besagen, dass das Brechungsvermogen bei der Quellung trotz fortschreitender ,,Verdiinnung" nicht, wie zu erwarten ware, st&ndig sinkt, sondern von der Einlagerung des Wassers mit seinem niederen Brechungs- index 1,333 unberuhrt bleibt (no) oder in unerklarlicher Weise be- eintrachtigt wird ( f l a ) . K~anamaru~) hat versucht eine Deutung fur dieses Phanomen zu geben.

Offenbar kommt diesem Versuche prinzipielle Bedeutung zu und mir haben ihn daher nach den Angaben Eunarnarc~'sl) z , wieder- holt. Gebleichte Ramiefasern wurden wahrend 2 Monaten in Schme- felssure-Exsikkatoren von versehiedener Wasserdampfspannung auf- bewahrt, und dann die Brechungsindices fur Natriumlicht mit Hilfe der Becke'schen Linie im Polarisationsmikroskop gemessen3) Zum Vergleich der Probe uber 100-proz. Schmefelsaure wurde ein weiteres Praparat zuerst bei l l O o und d a m iiber PhosphorpentoTyd scharf getrocknet (s. Tab. 1).

Die Fasern wurden in Gemische von organischen Flussigkeiten mit fallendem Brechungsindes (Wschreihen Zimto1/Amylalkohol) ubertragen, und untersucht, bei melchem Brechungsvermogen der Mischung die Beckesche Linie verschwindet. Wenn man nun wie Kanamaru. die Fasern vor der Messung 2 Tage in der Flussigkeit belasst, erhalt man tatsachlich fiir na eine Minimumkurve (Fig. 1).

1) Ifanamaru, K., Helv. 17, 1425 (1934). 2 ) Ifammaru, R., Helv. 17, 1037 (1934). 3, Frey, A., Bmbronn-Festschrift, Koll. Beih. 1926, S. 40. *) Schmidt, W . S., Abderkalden's Hdb. d. biol. Arbeitsmethoden, Abt. V, Teil 10,

852 (1935).

- 1429 - Tabelle I.

Brechungsindices und Doppelbrechung der Ramiefaser von verschiedenem Feuchtig- keitsgrad bei Anwendung der I m b i b i t i onsm e t hod e.

Wassergehalt der Faser

~

Ausser- Ordentlieher ~ ~ ~ ~ ~ l - ordentlicher Strahl brechung Strahl

I % Gew.-% 1 Vo1.-%

0 0

2 5 3

12 17,3

0,3

'Lo , %--.no

0 0 0,46

8,2 17,4 244

3,1

p205 100%H,SO, 80% ,, 60% >)

1,5968 1,5963

1,5950

1,5955 1,5962

1,5956

1,5946

0 0,03 2

18

1,5300 1,5300

1,5295 1,5292 1,5295 1,5300

1,5298

0,0668 0,0663 0,065s 0,0655 0,0654 0,0660 0,0662

I .,.... _, I li.4 24.4 Olo H,O 0.46 3.1 82 n.4 24.4 % HzO

Fig. 1. Fig. 2. Verlauf des Lichtbrechungsvermogens von gebleichter Ramie von verschiedenem

bei Anwendung der I m b i b i t i o n s n i e t h o d e bei Anwendung der I m m e r s i o n s m e t h o d e

Feuchtigkeitsgrad : Fig. 1. Fig. 2.

Abscisse: Wassergehalt der Faser in Volum% Ordinate: Brechungsindex fur Na-Licht _ _ _ _ _ _ _ - Verlauf der Indexkurve nach den Xischformeln yon W i e n e r (s. Tab. 3).

Dieser Messmethode haftet jedoch ein prinzipieller Fehler an. Wenn man namlich so lange Imbibitionszeiten wahlt, gelangt nicht das Brechnngsvermogen der Faser als ganzes, sondern dasjenige der submikroskopischen Cellulosestabchen zur JIessung. Die Faser ist ein Mischkorper, bestehend aus krystalliner Cellulose und ilem Intermicellarsystem. Wenn man nun tagelsng imhibiert, dringt die Messfliissigkeit ins Intermicellarsystem und umpibt die krystal- linen Cellulosestiibchen, wodurch die Faser optisch vollstiindig homogenisiert wird. Dies ist daher die Methode, nm die Brechungs- indices der krystallinen Cellulose zu erniitteln. Ranamaru hat aber ein anderes Ziel verfolgt. Er wollte das Brechungsvermogen

- 1430 - des Xschkorpers Cellulose/Wasser bestimmen. In diesem Falle sol1 die Faser als Ganzes wirken und man muss claher im Gegensatz zur Indexmessung der festen Komponente des Xischkorpers so gut vie moglich ve rh inde rn , dass die Messflussigkeit ins Intermicellar- system eindringt. Das heisst, man muss zu diesem Zwecke die Faser n i c h t durchtranken (Imbibition), sondern nur umhullen (Im- mersion).

Wenn man die Messung nach diesen Gesichtspunkten vornimmt, indem man die Fasern direkt nach dem Einbringen in die Fliissig- keitsreihe misst, erhalt man die Werte, wie sie in Tabelle 2 und Fig. 2 dargestellt sind. Sowohl rb, als such no nehmen mit zunehmender Quellung langsam ab. Bei den Messungen muss auf strenge Tem- peraturkonstanz geachtet werclen, da wie ersichtlich die Variation der Brechungsindices bei steigendem Wassergehalt der Faser sehr klein ist, so dass man an der Grenze der mit der Immersionsmethode f i i r Kolloide, mit im Vergleich zu Krystallen weniger genau definierter Zusammensetzung, zu erreichenden Messgenauigkeit arbeitet. Trotz- dem muss wenigstens der qualitative Verlauf der Kurven von Fig. 2 als gesichert gelten. Eln Minimum tritt sicher nicht a d . Den Befund von Kunamaru, der in Fig. 1 seine Bestatigung erfahrt, muss man daher so verstehen, dass bei liingerer Imbibition das intermicellare Wasser verdrangt wird. Dieser Effekt wirkt in dem Sinne, dass Fliissig- keiten mit einem etwas hoheren Brechungsindex als dem Wsch- korper Faser/Wasser zukommt, verwendet werden miissen, urn die Beckesche Linie unsichtbar zu machen. Denkt man sich das Wasser vollig verdrangt, so muss man natiirlich auf die urspriinglichen Indices der trockenen Cellulosefaser stossen. Solange nur wenig Wasser von der Faser adsorbiert ist, tritt offenbar die Verdrangung nicht auf, da die Adsorptionskrafte gross genug sind, um das Wasser festzuhalten. Hieraus erklart sich die Ubereinstimmung des anfang- 1ichenAbsinkens der Kurven von Fig. 1 und 2. In diesem Gebiete liefern Immersions- und Imbibitionsmethode keinen Unterschied.

Tabelle 2. Brechungsindices und Doppelbrechung der Ramiefaser von verschiedenem

Feuchtigkeitsgrad bei Anwendung der Immers ions met h ode.

-

0 0

1,5962 1,5958

n 0

1,531~ 1,5312 1,5307 1,5304 1,5299 1,5291 1,5251

~~

1 ' i

~ 0,064s I 0,063s 1 0,0632

I 0,0621 i 0,0619

I 0,0646

i 0,0632

- 1431 -

Wenn aber durch die Quellung so vie1 Wasser aufgenommen worden ist, dass ihrn eine gewisse Beweglichkeit im Intermicellarsystem zukommt, macht sich der erwahnte Effekt geltend, so dass die Messergebnisse nach der Imbibitionsmethode eine ansteigende Ten- denz zeigen und schliesslich beinahe zum Ausgangswert zuruck- kehren, wahrend bei der Immersionsmethode ein fortlaufendes Ab- sinken der Kurven festzustellen ist.

W8hrend auf diese Weise das unwahrseheinliche & h i m u m der Indevkurve von Fig. 1 eine plausible Erklzirung findet, bleibt die zweite von Kanamaru gefundene r&tselhafte Tatsache zu Recht bestehen ; namlich die relative Unempfindlichkeit des Brechungs- vermogens der Cellulose gegeniiber Wassereinlagerung. Wahrend im dampfgesattigten Raume das Wasser niit n, = 1,333 ungefiihr 25 Volumprozent des Nischkorpers einnimmt (Dichte der CeIIulose = 1,55), werden die Faser-Indices kaum merklich, nur von 1,596 auf 1,590, bzw. von 1,530 auf 1,528 herabgedriickt. Dieses Verhalten widerspricht allen bekannten Mischregeln, denen ausnahmslos For- meln mit einer gewisssen Symmetrie zugrunde liegen, nach welcher der Einfluss des Brechungsvermogens beider Komponenten des Gemisches gleichwertig ist. Bei der Cellulosefaser ist hievon keine Rede, da das Wasser allem Anschein nach fiir das Brechungsvermogen des Mischkorpers Cellulose/Wasser kaum mitbestimmend ist. In Tab. 3 sind die nach verschiedenen Mischformelnl) zu erwartenden Brechungsindices der im dampfgesattigten Raume gequollenen Faser (von 2 4 4 Volum- % Wasser) zusammengestellt. Die ver- wendeten FormeIn sind im Kopfe der Tab. 3 aufgefiihrt. rba und .no bedeuten die beiden gesuchten Hauptbrechungsindices des als optisch einachsig aufgefassten Mischkorpers, bzw. in der Faser- langsrichtung (ausserordentlicher Strahl) und in der Faserquer- richtung (ordentlicher Strahl). 6 , und 6, sind die relativen Volum- anteile der beiden den Mischkorper zusammensetzenden Phasen Cellulose und Wasser. Entsprechend lauten die Brechungsindices der beiden Komponenten n, und n2. Da jedoch die Cellulose anisotrop ist, besitzt sie keinen einheitlichen Index nl, sondern man muss fur die Messung parallel zur Fsserachse den in dieser Richtung gelten- den Index n, und quer dazu n, der submiliroskopischen krystallinen Cellulosestsbchen einsetzen 2). Die verschiedenen Grossen betragen :

krystalline Cellulose 8, = 0,796 7ty = 1,596 = 1,530

Quellungswasser 8, = 0,244 i i 2 = 1,333

Wie man sieht, miisste nach allen iCIischformeln das Brechungs- vermogen der Cellulosefasern parallel zur Faserarhse von 1,59 auf

l ) Lzehte9zecker, X., Physikal. Z. 27, 115 (1926). ?) JfdArilzg, d., Ambroil.n-E’estschrift, Iioll. Beih. 1926, S. 162.

l I. 11. 111. IV. '

logarithmisch gemessen lmmtrr-

(1 + 6,) n2 + 6 R2 lg n,=611g ny + 6,lg n, SIOIIS-

2'lgn,=6,1gn,+6,1gn, methode

1,590 1,479 1,528

linear n. Sewton n. W w t e r n i = 6,n; + 6, n:

n, = 6, n,+ 6,n, 4 = 6,n; + 6 , ~ : no= fin, + 6,n, nt = 6,n: + 6,ni .' - ns- -

(1 + 61) .;3 6&

l) Liehtenecker, I<., Physikal. Z. 27, 115 (1926). ,) Bailey and K e r r , J. Arnold Brboretum 16, 273 (1936). 3, Lzidlke, JI., A. 466, 27 (1925).

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unter l,54 und senkrecht dazu von 1,53 auf unter S,49 sinken. Am einfachsten ist die lineare Mischformel (I). Aber diese Formel ist theoretisch am schlechtesten fundiert, so dass sie von Newton durch die iVIischformelI1, in der die Indices im Quadrat erscheinen, ersetzt wurde. Die extremsten Werte liefert die empirische Xischformel IV von Lichteneckerl). Fur unsere Zwecke am geeignetsten sind die Formeln 111 von Wiener, weil sie die einzigen sind, die auf Grund theoretischer Uberlegungen dem anisotropen Stabchenbau der Cellu- lose Rechnung tragen. Aber auch diese Theorie liefert nicht einmal entfernt eine Ubereinstimmung zwischen berechneten und gemessenen Werten .

Tabelle 3. Berechnung der Brechungsindices der Ramiefaser mit Hilfe verschiedener

Mischformeln') fur 24,4 Velum% Wassergehalt.

Hieraus muss man schliessen, dass entweder die von Wiener verlangten theoretischen Voraussetzungen nicht erfiillt sind, oder (lass die Messmethode auch jetzt noch nicht den Anforderungen genugt. Der zweite Fall wurde eintreten, wenn die Faser an ihrer Oberflache aus dichterer Cellulose bestehen wiirde sls im Inneren, so dsss dort, wo die Beckesche Ljnie erzeugt wird, 6, nicht 0,244 betragt, sondern vie1 kleiner ware, wahrend gegen das Innere der Wassergehalt bis uber den durch WBgung ermittelten durchschnitt- lichen Wassergehalt ansteigen wurde. Diese Moglichkeit kann nicht von der Hand gewiesen werden, da tatsachlich eine dichfere Ober- flachenhaut zu erwarten ist 2) . Dass diese Hiille ausschliesslich dem Fremdhautsystem von Liidtke3) entspreche, ist unmahrscheinlich, d s bei gebleichten Fasern nach bestmoglicher Zerstorung aller Fremdsubstanz dieses Hautchen so diinn sein muss, dass es wohl k m m imstande ist, selbstandig e k e Beckesche Linie zu erzeugen ; denn dann miisste e h e zweite Phasengrenze gegenuber der Cellulose und daher eine doppelte Beckesche Linie auftreten. Ausserdem verursacht sicher die Anisotropie der Cellulose das nach Richtungen verschiedene Brechungsvermogen, so datss zweifellos die zur Messung

l) Liehtenecker, I<., Physikal. Z. 27, 115 (1926). 3, Bazley and K e r r , J. Arnold Brboretum 16, 273 (1933). 3, Lztdlke, JI., A. 466, 27 (1925).

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verwendete Beckesche Linie, wenn auch nicht ausschliesslich, so doch zur Hauptsache vom Mischkorper Cellulose/Wasser erzeugt wird.

Vie1 schwerer ist zu entscheiden, wie schnell im Intermicellar- system das Wasser durch die Messfliissigkeit ersetzt wird. Es besteht namlich die Moglichkeit, dass sich beim Eintauchen der Fasern das bewegliche Wasser sofort verdrangen Iasst, so dass auch bei der ,,Immersionsmethode" 6, gar nicht 0,244 betragt, sondern direkt suf einen vie1 niedrigeren Wert herabgedruckt wird. Das bedeutet, dass man die Fasern iiberhaupt nicht nach dem Immersions- verfahren messen kann, da sogleich Imbibition eintritt, ahnlich wie in einem Farbebad der Farbstoff unmittelbar eindringt. Die Messungen von Fig. 1 und 2 sind deshalh nicht prinzipiell, sondern nur graduell (Iange und kurze Imbibition) voneinander verschieden. Die Bezeichnung ,,Immersion" ist daher fur unser Objekt ungenau und nur verwendet worden, um den Unterschied gegeniiber der langen Imbibition deutlich ins Licht zu setzen. Da sich die ver- wendeten organischen Flussigkeiten nicht durch besondere Hygros- kopizitiit auszeichnen, ist allerdings nicht anzunehmen, dass sie der Faser ihr Wasser schnell entreissen. Bevor man sich jedoch durch quantitative Messungen ein Bild vom zeitlichen Verlauf der Entwasserung der Fasern in den betreffenden Flussigkeiten gemacht hat, kann man nicht angeben, bei welchem Wassergehalte (6,) die feuchten Fasern zur Messung gelangen. Es ist daher durchaus moglich, dass nur das festadsorbierte Wasser in der Faser verbleibt, wodurch das verzogerte Absinken der Indexkurven von Fig. 3 verstandlich wiirde. Hiefur spricht auch, dass man mit den Formeln von Wiener fur die ersten beiden Punkte der Burven von Fig. 1 und 2 mit der Messung iibereinstimmende Werte erhalt.

Neben den durch die Mess-Schwierigkeiten bedingten Pehler- quellen sol1 noch die zuerst erwahnte Noglichkeit diskutiert werden, namlich dass die theoretischen Voraussetzungen, die die Theorie von Wiener stellt, nicht erfiillt sindl). Diese verlangt, dass die beiden Komponenten des Mischkorpers mit physikalisch definierten Phasen- grenzen einander stossen. Diese Forderung wird jedoch vom Wasser nicht erfullt, da es als Hydratationswssser g e b u n d e n wird ( Quel- lungswarme !), und da bei maximaler Quellung anstelle einer scharfen Phasengrenze zwischen Wasser und Cellulose eine Ubergangszone liegt, in der sich die Eigenschaften des adsorbierten Wassers kon- tinuierlich von frei beweglichen bis zu fes tgebundenen Xolekeln andern. Bei ausschliesslicher Beriicksichtigung dieser Tatsache konnte man dann die Messergebnisse nur verstehen, wenn sich die optischen Eigenschaften der adsorbierten Wassermolekeln (vielleicht durch Deformation) andern und denen der adsorbierenden Cellulose

l) FreutadEiclt, Rogowsky und Solher, Koll. Beih. 37, 21s (1933).

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angleichen wdrden. Die von EoZkrneyer und Heynl) gemachte Entdeckung, dass das adsorbierte Wasser im Rontgenspektrum hei geeigneter Belichtungszeit die Linien des Eises liefert, kann die Losung unseres Problemes nicht fordern, da Eis sogar ein noch tieferes Brechungsvermogen als Wasser aufmeist (n, im Nittel 1,31)2). Auch hier musste man eine Angleichung des optischen Verhaltens Lies festen Wassers an dasjenige der Cellulose annehmen.

Merkwurdig hleibt fur einen solchen Erklarungsversuch, dass die Kurven ties Brechungsvermogens in Funktion der Wasserauf- nahme gerade zu Beginn der Quellung, wo das Wasser am heftigsten gebunden wird, relativ am steilsten abfallen. Dieser Effekt musste dann darauf zuriiekgefuhrt werden, dass eine gewisse Desorientierung des Cellulosegerustes eintritt 3). Balls alle Cellulose-Teilchen unter- einander verbunden sind4), muss die Abmeichung der Cellulose- st&bchen aus ihrer Parallelrichtung mit zunehmender Quellung bestgindig fortschreiten, und da ware es moglich, dass der ganze Gang der Hurve (Fig. 2) einfach ein Mass fiir die Desorientierung vorstellt. Dabei musste n. allerdings konstant bleiben5), wofur in der Tat Anzeichen vorhanden sind, da n, vie1 empfindlicher reagiert als .no. Wenn man dieser Erklarung den Vorzug gibt, wird der Einfluss des Wassers mit seinem niedrigen Brechungsindex uberhaup t vollig ausgeschaltet und es ist dam, wie wenn das Wasser von den Fasern optisch gewissermassen ,,aufgeschluckt" und als optische Kom- ponente im Sinne der Theorie des Mischkorpers verschwinden wiirde.

Bus ammenf a s sung. 1. Fur die Nessung des Brechungsvermogens 7-on quellbaren

Holloiden muss die Immersionsmethode (Umhullnngsverfahren) angewendet werden, die die Brechungsindices des Mischkorpers als Ganzes misst. Die Imbibitionsmethode (Durchtr~nlzungsverfahren) ist dazu ungeeignet, da diese die optische Gleichheit der Messflussig- keit mit den optischen Honstanten der festen Phase anstrebt. Reine Immersion ist bei durchtriinkbaren Kolloiden nicht zu erreichen, sondern nur angeniiherte Immersion durch moglichst kurz gewahlte Imbibition.

2 . Nit steigender Quellung nimmt das Brechungsvermogen von Cellulosefasern kontinuierlich, jedoch n u r seh r wenig , ab. Trotzdem bis des Volumens gequollener Fasern aus Wasser

1 ) Heya, A. Y. tJ., Protoplasms 21, 299 (1934). 2, Das Eis krystallisiert hexagonal und besitzt bei -4O C fur Sa-Licht die beiden

3, Kanumaru, Helv. 17, 1435 (1934). 4) Frey-W?yssZcng, A, Die Stoffausscheidung der hoheren Pflanzen, Berlin 1935. 5 ) Frey, d., d,nbrolzlz-Festschrift, Koll. Beih. 1926, S. 40.

Hauptbrechungsindices n, = 1,3133 und a, = 1,3083.

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besteht, ubt dieses auf das messbare Brechungsvermogen keinen merklichen Einfluss aus. Es wircl entweder vor der Messung ver- driingt oder durch Adsorption an die optischen Eigenschsften der Fasercellulose angeglichen. Vermutlich sind beide Wjglichkeiten gleichzeitig nebeneinander verwirklicht.

Ziirich, Pflanzenphysiologisches Institut der Eidg. Teehn. Hochschule, Direktor Prof. P. Jaccard.

180. Zur Synthese des Lactoflavins von P. Karrer, B. Beeker, F. Benz, P. Frei, H. Salomon und K. Sehdpp.

(31. X. 35.)

Nach dem von uns beschriebenen Verfahrenl) haben wir in letzter Zeit grossere Mengen synthetisches Lactoflavin hergestellt. Dazu sowie fiir andere Synthesen waren bedeutende Quantitaten &Ribose notwendig, die wir aus d-Arabinal durch Oxydation mit Benzopersaure darstellten. Dieses Verfahren ist fur die Gewinnung der Z-Ribose von W . C. Austin und P. L. Humoller beschrieben worden2). Wir haben es so ausgearbeitet, dass es uns erlaubte, aus 3 kg d-Arabinose 270 g &Ribose zu synthetisieren. Daruber werden genaue Vorschriften im experimentellen Teil dieser Arbeit mitgeteilt .

Die Darstellung der Ausgangsmaterialien fiir die Lactoflavin- synthese erfuhr eine weitere Vereinfachung dadurch, dass das fiir die reduzierende Kondensation mit &Ribose notwendige 2-Carbatho- xyamin0-4~5-dimethyl-anilin aus 3,4-Dimethyl-anilin, direkt dar- gestellt werden konnte. Man fiihrt 3,4-Dirnethyl-anilin (I) mittelst Chlorkohlensiiure-ester in dss Urethan (11) fiber, was mit 95-proz. Ausbeute gelingt, und nitriert hierauf zum 3,4-Dimethyl-6-nitro- carbathosyanilid (111). Die Reduktion des 3,4-Dimethyl-6-nitro- carbathoxyenilids fuhrt zu dem gemiinschten 2-CarbBthoxyamino- 4,Ei-dimethylanilin (IV) und letzteres wurde in bekannter Weise suf Lactoflavin verarbeitet. Die im Versuchsteil ansfuhrlich beschrie- bene Synthese, die sich zur Gewinnung grosserer Mengen Lacto- flavin eignet, nimmt also folgenden Verlsuf :

l) P . Karrer, R . Schopp, F . Benz, Helv. 18, 426 (1935). - H . v. Euler, P. Iiarrer,

2, Am. SOC. 56, 1152 (1934). Xalmberg, Schopp, Benz, Beeker und Frei, Helv. 18, 522 (1935).