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Regionales Qualitätsforum DVTAOffenburg 16.10.2012
Diagnostik der akuten und chronischen Virushepatitis
Dr. med. Daniela HuzlyAbt. Virologie – Uniklinik Freiburg
Patient mit Ikterus
HIV-positiver Patient, 60 J., kommt zum Hausarzt Seit ca. 3 Wo. kolikartige Bauchschmerzen, vor
allem nachts, im Liegen, nach fetten Speisen, insgesamt 3 Episoden Dauer 2-3h, Sistieren nach Buscopan
Entfärbter Stuhl, dunkler Urin In den letzten Tagen Sklerenikterus entwickelt Kein Fieber, keine Durchfälle Hepatitis A+B geimpft
Labor
Leuko 7,1 Tsd./µl Ery 4,4 Mio/µl Thrombo 193 Tsd./µl Natrium 139 mmol/l CRP 24mg/l Lipase 38 U/l Pankreas-Amylase 32
U/l
Quick 50%, IR 1,39 PTT 34 sec LDH 268 U/l GOT 539 U/l GPT 909 U/l -GT 515 U/l AP 144 U/l Bili ges. 9,2 mg/dl
Lebersonographie + Punktion
Leber tastbar, nicht knotig verändert Ergebnis der Leberbiopsie:
Deutliche Fibrosierung des Leberparenchyms, Hinweise für chronische entzündlichesGeschehen, zusätzlich lymphozytäre Infiltrate
Klinik der akuten Virushepatitis
Deutlich erhöhte Transaminasen (GPT>GOT; mind. 10x erhöht)
Erhöhtes Bilirubin Sklerenikterus; allgemeiner
Ikterus Oberbauchbeschwerden,
Übelkeit Relativ plötzlicher Beginn der
Symptome
Klinik der chronischen Hepatitis Oft symptomlos, Zufallsbefund Schleichend zunehmende Beschwerden,
Müdigkeit, Leistungsabfall, Appetitlosigkeit Vergrößerung, später Fibrosierung und
Schrumpfung der Leber Transaminasen nur ca. 2-5x erhöht,
GPT>GOT (bei Zirrhose Umkehr) Bilirubin und AP normal Ferritin erhöht (vor allem HCV)
Differential-Diagnose Virushepatitis
AKUT (gemeldete Fälle 2012) Hepatitis A (471) Hepatitis B (488) Hepatitis C (3599) Hepatitis D (10)
(Superinfektion) Hepatitis E (284)
CHRONISCH Hepatitis B (+D) Hepatitis C
Hepatitis A
Übertragung fäkal-oral (Schmierinfektion) Virus sehr umweltstabil und resistent gegen
Austrocknung und Detergenzien Übertragung auch über gemeinsam genutzte
Gläser, Handtücher etc. möglich Inkubationszeit 2-6 Wochen Reiseanamnese (südliche Länder, Tropen),
Nahrung (Muscheln) Impfung schützt relativ zuverlässig,
Nonresponder möglich aber selten
HAV-Infektionen in Deutschland
www.rki.de/survstat
Hepatitis A - Verläufe
Im Erwachsenenalter fast immer symptomatisch
Ca. 0,1% fulminante Verläufe Vor allem bei Älteren
In seltenen Fällen „Relapse“ : plötzliches Wiederansteigen der Transaminasen nach vorherigem Abfall Max. 3 Monate nach erster Episode, nie länger
Häufigste importierte Erkrankung (ca. 50% der Fälle)
Hepatitis A - Diagnostik
Diagnostik durch „einfache“ Serologie HAV-IgM + HAV total (IgG+IgM) Wichtig: IgM muss deutlich positiv sein
Falsch positive Befunde (niedrig) bei Autoimmunhepatitis möglich
Persistierende IgM-Antikörper sowohl nach Impfung als auch nach durchgemachter Infektion möglich (niedrig)
Stellenwert der molekularbiologischen Diagnostik: Aufklärung von Infektketten
Hepatitis B
Übertragung durch Sexualverkehr I.v. Drogenabusus (needle-sharing; filter-
sharing) Blutprodukte, Tattoos, Piercings perinatal
Inkubationszeit 4-10 Wo.
Epidemiologie der Hepatitis B
Epidemiologie der Hepatitis B
Deutschland: ca. 0,5% HBsAg positiv 2-7% durchgemachte HBV-Infektion
(Seronarbe) Impfung seit 1995 im Kindesalter empfohlen Ca. 85-90% der jetzigen Jugendlichen sind
geimpft
www.rki.de/EpiBulletin
Hepatitis B - Verläufe
Akute, ikterische Hepatitis in ca. 30% der Infektionen
In den meisten Fällen klinisch inapparenter Verlauf
Ca. 10% (abhängig vom Alter) gehen in chronischen Verlauf über Chronisch aktive Form (chron. aggressive
Hepatitis) Chronisch persistierende Form („Carrierstatus“)
Hepatitis B – Verläufe...was erst seit kurzem in den Lehrbüchern steht...
Chronisch persistierende Form kann in aktive Form übergehen Vor allem unter immunsuppressiven Bedingungen Übergang kann mit Symptomen der akuten Hepatitis
einhergehen Auch eine vermeintlich durchgemachte Hepatitis B
kann reaktivieren Genom verbleibt wahrscheinlich in den meisten Fällen
in den Hepatozyten und wird dort immunologisch kontrolliert
Gerlich et Al, G-f-V.org
Hepatitis B Diagnostik
Hepatitis B – Diagnostik
Screeningparameter: HBsAg und Anti-HBc Bei positivem HBsAg
Anti-HBc-IgM (Ausschluss bzw. Beweis akuter Infektion)
HBe-Antigen/Anti-HBe: nur noch eingeschränkt aussagekräftig (auch bei Anti-HBe hohe Replikationsaktivität möglich)
HBV-DNA: Frage der Infektiosität; Verlaufsparameter
Quantitatives HBsAg: Verlaufsbeurteilung der akuten HBV-Infektion und Einschätzung des Therapieerfolgs
Hepatitis C - Epidemiologie
Weltweit ca. 120 Mio Infizierte In Deutschland ca. 0,4% der
Allgemeinbevölkerung 0,09% der Blutspender Ca. 85% der i.v. Drogenkonsumenten Übertragung überwiegend parenteral (Blut-
Blut-Kontakt) Seit 1999 HCV-NAT im Blutspendewesen
www.rki.de/epiBulletin
Hepatitis C
Übertragung durch I.v. Drogenabusus Tattoos, Piercings Blutprodukte (in Deutschland keine Fälle seit
Einführung der PCR) Umstritten: Sexualverkehr – „Risikopraktiken“
Inkubationszeit 4-16 Wochen
Hepatitis C - Verläufe
Akute Hepatitis in ca. 20% der Fälle Vor allem bei i.v. Drogenabusus
Bei akuter Verlaufsform Elimination des Erregers in ca. 70% der Fälle
Bei inapparenter Infektion meistens Persistenz
Insgesamt ca. 80% chronische Verlaufsform
Diagnostik der HCV-Infektion
HCV-RNA nach 14 Tagen sicher nachweisbar
Späte Serokonversion: Im Durchschnitt 56 Tage PCR+ Ak-
Hepatitis C - Diagnostik
Erstes Screening durch „einfache“ Serologie Anti-HCV-IgG
Bei akuter Infektion sind nur in ca. 70% schon Antikörper nachweisbar PCR bei negativem IgG und Ausschluss
anderer Hepatitisviren Ein positiver Antikörpertest muss durch die
PCR bestätigt werden Antikörper persistieren meistens auch bei
durchgemachter Infektion
Hepatitis C - Diagnostik
Sind Antikörper und PCR positiv, kann rein labortechnisch eine akute nicht von einer chronischen Form unterschieden werden Andere Erreger der akuten Hepatitis müssen
ggf. zusätzlich ausgeschlossen werden Zur Therapieüberwachung
Quantitative HCV-PCR
Patient
Hepatitis A und B geimpft (Anamnese) HCV-Diagnostik: Anti-HCV negativ, HCV-
PCR negativ Hepatitis C Infektion ausgeschlossen
Patient - Ergebnisse der weiteren Untersuchungen Anti-HAV-total: positiv Anti-HAV-IgM : negativ
Zustand nach HAV -Infektion oder –Impfung
Anti-HBs: negativ
Anti-HBc: positiv > 8.00 HBsAg: positiv 669 Index (ab 1 positiv)
Bestimmung von weiteren Parametern Anti-HBc-IgM zur Unterscheidung
akute/chronische HBV Grenzwertig 0,99 in einem Gerät Negativ 0,6 im anderen Gerät
Frische HBV-Infektion damit ausgeschlossen
Hepatitis D - Epidemiologie
In Deutschland selten, vor allem bei Drogenabhängigen, früher auch bei Homosexuellen
Verbreitung in Italien, Nahem Osten, Türkei, Rumänien
Hepatitis D - Verläufe
HDV benötigt Hülle von HBV: bei negativem HBsAg kann keine HDV-Infektion vorliegen Akute Hepatitis bei Superinfektion einer schon
bestehenden HBV-Infektion Vermehrt fulminante Verläufe
Chronische Infektion bei Koinfektion mit HBV und chronischem Verlauf
Schlechtere Prognose bei Koinfektion
Hepatitis D - Diagnostik
Serologie Anti-HDV
Bleibt auch positiv, wenn HBV-Infektion ausheilt
PCR nur in wenigen Fachlaboratorien Nur erforderlich, falls Therapie durchgeführt
wird
Patient
Anti-HDV Negativ
HDV-Superinfektion ausgeschlossen.
Hepatitis E weltweit
Hepatitis E - Deutschland
Hepatitis E
Übertragung durch Nahrungsmittel Schweinefleisch, Wildfleisch Verarbeitung von o.g. Fleischsorten Kaum Übertragungen von Mensch zu Mensch
Inkubationszeit 2-4 Monate
Akute Hepatitis (bei Immunsuppression chron. möglich)
Hepatitis E - Diagnostik
Antikörpernachweis IgG und IgM Zu Beginn der Erkrankung evtl. noch negativ Je nach Testsystem kann IgG schnell wieder
verschwinden IgM-Teste häufig unspezifisch
Ringversuche „Bestätigung“ durch Westernblotverfahren
PCR in Serum / Stuhl Empfohlen bei Symptomen der akuten Hepatitis ohne
Erregernachweis
Patient
Hepatitis-E-IgM und IgG: negativ
Patient - Anamnese
Pat. seit 1988 bekannt HIV positiv 3 Monate vor Auftreten der Symptome
Umstellung der HIV-Kombinationstherapie wg. Resistenzentwicklung
Im Jahr 2000 3x Twinrix geimpft In den Akten keine Dokumentation von Anti-
HBs oder Anti-HAV Hepatitis-A-Immunität liegt vor, chronische
HBV-Infektion liegt vor (passend zu Leberbiopsie) Reaktivierung?
HBV-Reaktivierung?
HBe-Antikörper: negativ HBe-Antigen: >>120 PEIU/ml = hoch positiv
HBV-PCR 2 361 601 589 Kopien HBV-DNA/ml
Aufarbeitung des Falls
Impferfolg der Hep.A+B-Impfung nie überprüft, Status vor Impfung wurde nicht erhoben Vermutlich länger zurückliegende HBV-
Infektion oder seit langem bestehende chronisch persistierende Infektion
Vor Umstellung der HIV-Therapie deutlicher Abfall der CD4-Zellzahl, Immunsuppression
Aufarbeitung des Falls
Viele HIV-Medikamente wirken auch gegen HBV
Neue Medikation nicht HBV-wirksam Unter niedriger CD4-Zellzahl Reaktivierung
von HBV Bei extrem hoher Viruslast und eintretender
Immunrekonstitution Entstehung des Bildes einer akuten Hepatitis
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
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2011Chronische Hepatitis C: Kann Kaffee die Leberschädigung aufhalten?