die welt mit anderem herzen sehen - dso.de · • arbeitsblatt 3: transplantationsgesetz ......

38
Die Welt mit anderem Herzen sehen UNTERRICHTSMATERIALIEN Organspende und Transplantation

Upload: dinhthuan

Post on 18-Sep-2018

246 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Die Welt mit anderem Herzen sehen

U N T E R R I C H T S M A T E R I A L I E N

Organspende und Transplantation

Page 2: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

1

Organspende im UnterrichtWarum sind die Themen Organspende

und Transplantation wichtige Aspekte

für den Schulunterricht? Bereits mit 14

Jahren können Jugendliche sich eigenstän-

dig dagegen entscheiden, Organspender

zu sein. Mit 16 Jahren haben sie das Recht,

selbstständig eine Entscheidung pro Organ-

spende zu treffen. Gemäß der Novelle des

Transplantationsgesetzes im Jahr 2012

erhalten alle Bundesbürger ab 16 Jahren

regelmäßige Informationen ihrer Kranken-

versicherer zur Organspende.

Die Voraussetzung für eine eigene, selbst-

bestimmte Entscheidung zur Organspende

sind fundierte Informationen und auch die

Möglichkeit, sich über das Thema auszu-

tauschen. Daher sollte die Organspende im

Unterricht Platz erhalten.

Diese Unterrichtsmaterialien bieten einen

Überblick über die wichtigsten Regelun-

gen zur Organspende und Transplantation.

Betroffene werden mit ihren Geschichten

vorgestellt: Angehörige von Organspen-

dern, Patienten auf der Warteliste für eine

Transplantation, Menschen, die ein neues

Organ erhalten haben.

An mehreren Stellen gibt es Hinweise für

weitere eigenständige Recherchen, Ideen

für Gruppenarbeiten, Vorschläge, um den

Unterricht durch Vorträge von Betroffenen

zu ergänzen.

Die Unterrichtsmaterialien werden durch

Folien vervollständigt, die zur Präsentation

verwendet werden können, und Vorlagen

für Arbeitsblätter zu verschiedenen Aspek-

ten.

Anknüpfungspunkte zum Thema Organ-

spende bestehen in den Fächern Biologie

oder Religion/Ethik. Dabei können die gesell-

schaftlichen, ethisch-religiösen, medizini-

schen und juristischen Aspekte der Organ-

spende beleuchtet werden.

Deutsche Stiftung Organtransplantation

(DSO)

Page 3: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

2

Hinweise zur Verwendung der MaterialienIn dieser Broschüre gibt es an mehreren

Stellen Hinweise auf ergänzende Materi-

alien oder Aktionen:

• Einsatz von Folien

• Ansatzpunkte für eigenständige

Recherchen der Schüler

• Ideen für Gruppenarbeiten

• Vorschläge, um den Unterricht durch

Vorträge von Betroffenen zu ergänzen.

Dabei werden die folgenden Symbole ver-

wendet:

Symbol Folie 3Die Unterrichtsmaterialien werden durch

Folien ergänzt, die zur Präsentation ver-

wendet werden können. Sie können von

der Homepage der Deutschen Stiftung

Organtransplantation (DSO) unter dem

folgenden Link heruntergeladen werden:

http://www.dso.de/organspende-und-

transplantation/thema-organspende/ma-

terialien-fuer-den-unterricht.html

Symbol Maus 8Hier finden Sie Links zu weitergehenden

Recherchemöglichkeiten.

Symbol Hand IHier finden Sie Anregungen für Gruppen-

arbeiten oder Diskussionen in der Klasse.

Symbol Ausrufezeichen ?!

Hier finden Sie zusätzliche Informationen

oder Verweise innerhalb der Broschüre.

ArbeitsblätterZum Einsatz im Unterricht finden Sie Vor-

lagen für Arbeitsblätter mit Lösungen auf

der Homepage der Deutschen Stiftung Org-

antransplantation (DSO) unter dem folgen-

den Link: http://www.dso.de/organspende-

und-transplantation/thema-organspende/

materialien-fuer-den-unterricht.html

Es gibt Arbeitsblätter zu folgenden

Themenbereichen:

• Arbeitsblatt 1: Organspendeausweis

• Arbeitsblatt 2: Häufige Fragen

zur Organspende

• Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz

• Arbeitsblatt 4: Aufgabenverteilung

• Arbeitsblatt 5: Ablauf einer Organspende

Page 4: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

3

TEXT

Page 5: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

4

Die Welt mit anderem Herzen sehen

Inhalt

Kapitel 1: Einführung – Organspende und Transplantation 5

Kapitel 2: Gewebespende 9

Kapitel 3: Rechtliche Grundlagen: Das Transplantationsgesetz 11

Kapitel 4: Der Hirntod 14

Kapitel 5: Ethische Grundlagen – Standpunkte der Weltreligionen 17

Kapitel 6: Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) 18

Kapitel 7: Ablauf einer Organspende 19

Kapitel 8: Angehörige von Organspendern 21

Kapitel 9: Zehn Fragen und zehn Antworten 23

Kapitel 10: Das Leben mit einem neuen Organ 26

Kapitel 11: Warten auf die Transplantation 27

Kapitel 12: Patientenverbände 29

Kapitel 13: Prominente für Organspende 30

Kapitel 14: Infos im Web 33

Impressum 35

Page 6: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

5

1 Informationen zur Organspende

5

In Deutschland warten rund 11.000 Menschen auf ein Spenderorgan,

auf eine Lunge, eine Niere, ein Herz, eine Leber, auf ein Pankreas

(Bauchspeicheldrüse) oder einen Dünndarm. Viele von ihnen hoffen

vergebens auf das lebensrettende Organ, nur für rund 4.000 Menschen,

also etwa für jeden Dritten, findet sich ein passendes Organ. Dann setzt

ein Wettlauf mit der Zeit ein. Nur das perfekt aufeinander abgestimmte

Zusammen spiel zwischen der fortgeschrittenen Transplantationsmedizin,

der i Stiftung Eurotransplant (Vermittlungsstelle zwischen Spender

und Empfänger) und der i Deutschen Stiftung Organtransplantation

DSO (Koordinierungsstelle für Organspende) rettet Leben.

Seit der ersten Nierenübertragung in

Deutschland durch 3Professor Wilhelm

Brosig 1963 im damaligen Berliner Klini-

kum Charlottenburg sind in Deutschland

über 116.000 Organe transplantiert worden.

Nierentransplantationen finden am häu-

figsten statt, gefolgt von Leber- und Herz-

verpflanzungen. Seltener, aber mit anstei-

gender Tendenz, sind Übertragungen der

Bauchspeicheldrüse und der Lunge. Welt-

weit wurden im Jahr 2011 über 76.000

Nieren, mehr als 23.000 Lebern und

über 5.000 Herzen verpflanzt (Newsletter

Transplant, Vol. 18, No. 1, 2013).

Viele Patienten warten vergebens

In Deutschland warten rund 11.000 Men-

schen auf ein Spenderorgan, auf eine

Lunge, eine Niere, ein Herz, eine Leber,

eine Bauchspeicheldrüse oder einen Dünn-

darm. Viele von ihnen hoffen vergebens.

Im Jahre 2013 gab es im bundesweiten

Durchschnitt gerade mal 11 Menschen

pro eine Million Einwohner, die nach ih-

rem Tod Organe gespendet haben. Und

das, obwohl sich Organspende nach dem

Tod auf eine sehr breite Zustimmung in

der Bevölkerung stützen kann. Ein großes

Missverhältnis zwischen Denken und Han-

deln.

i Nähere Informationen

zu Eurotransplant

und der DSO

auf den Seiten 18 und 20

Einführung – Organspende und Transplantation

ILehrer in Aktion:

Was fällt

euch zum Thema

Organspende ein?

Welche Organe können

gespendet und

transplantiert werden?

3 Siehe auch

Folien 1 und 2

1

Page 7: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende 1

6

?! Siehe auch

„10 Fragen und 10 Antworten“

auf den Seiten 23 bis 25

ILehrer in Aktion:

Warum, glaubt ihr,

gibt es einen Mangel

an Organspenden?

Es gibt verschiedene Gründe für den

Mangel an Organspenden. Zum einen sind

viele Menschen nicht dazu bereit, sich mit

dem Thema auseinanderzusetzen. Weiter-

hin haben die bekannt gewordenen Mani-

pulationen bei der Organvergabe zu einem

Vertrauensverlust in der Bevölkerung und

bei den Mitarbeitern in den Krankenhäu-

sern geführt. Derzeit liegen auch keine

validen Daten dazu vor, wie viele mögliche

Qrganpender es gibt.

Es gibt jedoch einige Gründe, sich vorur-

teilsfrei über das Thema Organspende zu

informieren und eine eigene Entscheidung

dazu zu treffen:

• Organspende rettet Leben und ist ein Zei-

chen der Solidarität und Nächstenliebe.

Jeder Organspender kann nach seinem

Tod bis zu sieben schwerkranken Men-

schen die Chance auf ein neues Leben

schenken.

• Organspende geht jeden an: Jeder kann

durch eine Krankheit oder einen Unfall

plötzlich in die Situation geraten, auf ein

neues Organ angewiesen zu sein. Daher

ist es sinnvoll, dass sich jeder mit dem

Thema auseinandersetzt.

• Die Anzahl der Organspenden geht bun-

desweit zurück. Das eigentliche Problem

des Organmangels wird durch die zurück-

gehende Spendenbereitschaft noch wei-

ter verschärft.

• Wer in Deutschland ein Organ spendet,

hat die Sicherheit, dass dieses Organ ein

Patient bekommt, der es dringend benö-

tigt. Es wurden umfassende Maßnahmen

ergriffen: Die betreffenden Richtlinien

zur Transplantationsmedizin wurden

reformiert. Intensive Kontrollen sorgen

für Transparenz und sollen zukünftig

Manipulationen verhindern.

• Aus Fürsorge gegenüber den Angehöri-

gen. Im Falle eines Hirntods müssen diese

in einer schwierigen Situation nach

dem mutmaßlichen Willen des Verstor-

benen entscheiden. Deshalb ist es wich-

tig, die Familie über die eigene, selbst-

bestimmte Entscheidung zur Organ-

spende zu informieren.

• Die Transplantationsmedizin gehört

heute zum Standard der medizinischen

Versorgung und ist so erfolgreich, dass

die gespendeten Organe über Jahrzehnte

hinweg funktionsfähig bleiben und die

Empfänger ein fast normales Leben füh-

ren können.

Page 8: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

7

1i Nähere Informationen

zum Transplantationsgesetz

ab Seite 11

Organspendeausweis schon ab 16 Jahren

Aufklärung über Organspende und

-transplantation sollte schon bei Jugend-

lichen beginnen, denn bereits ab dem 14.

Lebensjahr kann man einer Organentnahme

widersprechen, ab dem 16. Lebensjahr kann

jeder für sich entscheiden, ob er nach dem

Tode Organe spenden möchte. Schüler soll-

ten über die Möglichkeiten der Organspen-

de und -transplantation informiert werden,

denn nur so können sie sich eine eigene

Meinung bilden und das Gehörte in den

Familien- und Freundeskreis tragen. Die

Behandlung des Themas im Unterricht kann

somit für die Organspende sensibilisieren

und eine Entscheidungsfindung fördern.

Das Transplantationsgesetz

Erschreckende Nachrichten über Organ-

handel und unerlaubte Entnahmen von

Organen in Ländern wie beispielsweise

Indien oder Brasilien verlangen nach einer

eindeutigen gesetzlichen Regelung. Das

am 1. Dezember 1997 in Kraft getretene

i Transplantationsgesetz (TPG) schließt

jeden Missbrauch aus und schafft Rechts-

sicherheit für Spender, Empfänger und alle

an der Organentnahme Beteiligten. Es sorgt

für Chancengleichheit unter allen Organ-

emp-fängern, da die Verteilung streng nach

bundesweit einheitlichen Richtlinien erfolgt.

Konsequenzen aus Manipulationsvorwürfen

Im Juli 2012 wurde öffentlich bekannt,

dass einzelne Ärzte am Transplantations-

zentrum in Göttingen Daten manipuliert

haben, um ihren Patienten schneller zu

einem Organ zu verhelfen. In der Folge

wurden auch an weiteren Kliniken Mani-

pulationen aufgedeckt.

In der Folge haben die Bundesärztekam-

mer, die Deutsche Krankenhausgesell-

schaft und der Gesetzgeber eine Reihe von

Maßnahmen umgesetzt, um die Trans-

parenz zu erhöhen und die Kontrolle zu

stärken.

Unter anderem werden nun alle Trans-

plantationszentren mindestens einmal in

drei Jahren unangekündigt vor Ort ge-

prüft. Auch die Richtlinien der Bundesärz-

tekammer zur Wartelistenführung wurden

geändert: Eine Transplantationskonferenz

entscheidet jetzt unter Gewährleistung

eines mindestens Sechs-Augen-Prinzips

über die Aufnahme von Patienten auf die

Warteliste.

ILehrer in Aktion:

Was meint ihr, wie stehen

die meisten Menschen

zur Organspende?

8 Die Ergebnisse von

Umfragen zur Organspende

finden Sie unter

www.dso.de/organspende-

und-transplantation/thema-

organspende/umfragen-zur-

organspende.html

Page 9: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende 1

8

die erste Niere 1954 in Boston und die

erste Leber 1967 in Denver transplantiert.

1966 konnte die erste Bauchspeicheldrü-

se in Minneapolis übertragen werden.

Die erste Lunge wurde 1963 in Jackson,

Mississippi verpflanzt. Aber auch in den

letzten Jahren gab es durch die Weiterent-

wicklung in der Transplantationsmedizin

neue Erfolge. 1997 wurde in München

die erste erfolgreiche Herz-Lungen-Leber-

Transplantation durchgeführt und 1999

in Bad Oeynhausen zum ersten Mal ein

Kunstherz implantiert.

Auch heute reagiert der menschliche

Körper grundsätzlich mit Abstoßung auf

fremdes Gewebe. Dank Medikamenten zur

Verhinderung der Abstoßung beträgt die

Ein-Jahres-Transplantationsüberlebensrate

durchschnittlich 75 Prozent und nach fünf

Jahren über 60 Prozent. Das heißt, 75

bzw. 60 Prozent der verpflanzten Organe

funktionieren noch nach einem bzw. fünf

Jahren.

Meilensteine der Transplan- tationsmedizin – vom medizi- nischen Wunder zum etablierten Behandlungsverfahren.

Über halbes Jahrhundert ist es nun

her, seit weltweit die erste Niere erfolg-

reich transplantiert wurde. Das medizini-

sche Wunder von Boston, welches 1954

dem amerikanischen Chirurgen Joseph

E. Murray gelang, gehört heute weltweit

zum medizinischen Alltag. In Deutschland

werden derzeit in rund 50 Transplan-

tationszentren jedes Jahr bei tausenden

Patienten Organe transplantiert. Aber

nicht nur die Anzahl, sondern auch die

langfristige Erfolgsrate der Organver-

pflanzung ist gestiegen. Das war zu Be-

ginn der Transplantationsmedizin noch

ganz anders. Am 3. Dezember 1967 im

Groote-Schuur-Hospital in Kapstadt trans-

plantierte ein 30-köpfiges medizinisches

Team unter der Leitung des südafrikani-

schen Herzchirurgen Dr. Christiaan N.

Barnaard dem 55 Jahre alten Patienten

Louis Washkansky das Herz eines anderen

Menschen. 18 Tage nach der Organtrans-

plantation starb Louis Washkansky, sein

Körper stieß das fremde Herz ab.

Die Transplantationsmedizin entwickelt

sich ständig weiter, immer wieder kom-

men neue 3 Meilensteine in der Erfolgs-

geschichte der Transplantationsmedizin

hinzu. So wurde weltweit zum Beispiel

3 Ausführliche

Informationen zu den

„Meilensteinen der

Organtransplantation“

gibt es auf der Folie 3

& Abbildung:

„Illustrated History of Organ

Transplantation“, von R. Küss,

und P. Bourget, Sandoz, 1992.

Louis Washkansky überlebte seine Herzoperation gerade mal 18 Tage. Das war 1967. Heute funktioniert

ein Spenderorgan dank der standardisierten Operationstech-nik und der Entwicklung von Medikamenten, die eine Abstoßung besser unterdrücken, über viele Jahre hinweg.

Page 10: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

9

2

Die Hornhauttransplantation am Auge

ist die am häufigsten durchgeführte und

erfolgreichste Transplantation weltweit.

Ein Mensch, der durch eine Hornhaut-

trübung fast erblindet war, kann durch die-

sen Eingriff das Sehvermögen vollständig

wiedererlangen. Dr. Eduard Konrad Zirm

war 1905 der erste Arzt, der eine erfolg-

reiche Hornhauttransplantation vornahm.

Die Gewebe stammen von Mehrorgan-

spendern. Die Transplantate werden in

Krankenhäusern entnommen und in

Gewebebanken auf ihre Verwendbarkeit

geprüft, aufbereitet und bis zur Transplan-

tation aufbewahrt. So sind Herzklappen,

präpariert und auf 180° Celsius tiefgefro-

ren, bis zu fünf Jahre haltbar. Zwischen

Entnahme und Transplantation kann hier

also ein sehr langer Zeitraum liegen. Horn-

haut dagegen kann sogar noch 72 Stunden

nach dem Tod eines Spenders entnommen

werden. Sie muss allerdings, entsprechend

präpariert, schon innerhalb von zwei bis

drei Wochen transplantiert werden.

Da Gewebepräparate vor der Trans-

plantation zahlreiche Verarbeitungsschrit-

te durchlaufen, gelten für sie zusätzliche

und umfangreichere gesetzliche Bestim-

mungen als für die Organtransplantation.

Das Gewebegesetz regelt seit dem 1. Au-

gust 2007 den Umgang mit menschlichen

Geweben und Zellen. Das Gewebegesetz

findet seine Umsetzung im Arzneimittel-

und Transplantationsgesetz.

Im Transplantationsgesetz (TPG) wer-

den die Voraussetzungen zur Entnahme

von Organen und Gewebe geregelt. So

ist eine Entnahme ohne Zustimmung des

Spenders z. B. durch Organspendeausweis,

Patientenverfügung oder seiner nächsten

Angehörigen nicht zulässig.

Weiterhin werden Spenderkriterien festge-

legt und die Auflagen für Gewebeeinrich-

tungen geregelt. Auch das Handelsverbot,

die Dokumentations- und Meldepflicht, so-

wie das Gewebeeinrichtungsregister sind

hier festgeschrieben.

iDie am häufigsten

durchgeführten Gewe-

betransplantationen in

Deutschland pro Jahr:

5.000 – 6.000

Hornhauttransplantationen

700 – 800

Herzklappen- und Gefäß-

transplantationen

Neben Organspende ist Gewebespende ein weiterer wichtiger Bereich

der Transplantationsmedizin. Übertragbare Gewebe wie Hornhaut der

Augen, Teile der Haut, Herzklappen und Teile der Blutgefäße, des

Knochengewebes, des Knorpelgewebes und der Sehnen können

transplantiert werden.

Gewebespende

Dr. Eduard Konrad Zirm

Bild

: ww

w.d

rzirm

.org

Page 11: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

10

2Im Paragraph 9 Absatz 3 des TPG ist fest-

geschrieben, dass die Organentnahme Vor-

rang vor der Gewebespende hat. Die Orga-

nentnahme darf nicht durch die Gewebe-

entnahme beeinträchtigt werden.

Das Arzneimittelgesetz regelt die Erlaub-

nis der Gewinnung, der Be- und Verarbei-

tung menschlicher Gewebe sowie die dafür

geforderten Laboruntersuchungen. Auch

die Anforderungen an das zu entnehmen-

de Personal und die Räumlichkeiten sind

hier festgelegt.

Kommt ein verstorbener Mensch für eine

Gewebespende in Betracht, informieren die

behandelnden Ärzte die zuständige Gewe-

bebank. Dabei kann es sich um eine kran-

kenhauseigene Gewebebank, eine selbst-

ständige oder gemeinnützige Gewebebank

handeln, mit der das Krankenhaus zu-

sammenarbeitet. Die Entnahme kann im

OP, im Sektionssaal eines pathologischen

oder rechtsmedizinischen Instituts oder

sogar in einem Bestattungsinstitut vorge-

nommen werden. Gewebespenden werden

nicht sofort transplantiert, sondern zu-

nächst in speziellen Gewebebanken ge-

reinigt, aufgearbeitet und konserviert und

fallen so unter das Arzneimittelschutzge-

setz. Das dort gelagerte Gewebe wird auf

Krankheitserreger untersucht und nach

bestimmten Methoden gelagert, um Infek-

tionen beim Empfänger zu verhindern. Es

folgen serologische und mikrobiologische

Untersuchungen des Spendermaterials.

Die Gewebebanken sind jeweils auf ganz

bestimmte Transplantate ausgerichtet. Es

gibt zum Beispiel Knochen-, Augenhorn-

haut- (Cornea) und Herzklappenbanken.

Grundsätzlich ist die Gewebespende

bis ins hohe Alter möglich. Der älteste

Augenhornhautspender war 102 Jahre alt.

Es gibt verschiedene Ausschluss-

kriterien, wie zum Beispiel Hepatitis, HIV,

Creutzfeldt-Jacob und andere Erkrankun-

gen, die im Einzelfall geprüft werden müs-

sen. Eine Ausnahme: Die Augenhornhaut

kann auch bei einer akuten Krebserkran-

kung außer bei Blutkrebs und Gehirntu-

moren entnommen werden.

Wer Organe oder Gewebe erhalten hat

darf nicht Gewebe spenden. Durch die ein-

genommenen Immunsuppressiva werden

die Werte der serologischen Untersuchun-

gen verfälscht und Krankheiten können

dadurch nicht erkannt werden.

Page 12: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

11

3

I Lehrer in Aktion:

• Welche Bereiche regelt dieses Gesetz?

• Was sind die Voraussetzungen einer Organspende?

• Wer muss einer Organentnahme zustimmen?

8 Das TPG steht im Internet unter

www.dso.de

Kernpunkte des

Transplantationsgesetzes:

Organspende,

Organvermittlung und

Organtransplantation sind

getrennte Verantwortungs-

bereiche.

Organhandel

sowie der Versuch

werden in Deutschland

unter Strafe gestellt.

Voraussetzung

zur Organentnahme

Die Entscheidung des

Verstorbenen zu Lebzeiten

für oder gegen eine Organ-

spende ist maßgeblich.

Ist diese nicht im Organ-

spendeausweis dokumentiert

oder bekannt, entscheiden die

nächsten Angehörigen auf der

Grundlage des mutmaßlichen

Willens des Verstorbenen.

Organe dürfen erst entnommen

werden, wenn der Hirntod

zweifelsfrei festgestellt wurde.

Dies muss von zwei in dieser

Diagnostik erfahrenen Ärzten

festgestellt werden, die nicht

Mitglied des Organentnahme-

teams und nicht in die nach-

folgende Organübertragung

eingebunden sein dürfen.

Das Untersuchungsergebnis

ist in einem bundesweit

einheitlichen Protokoll

zu dokumentieren,

das von den Angehörigen

eingesehen werden kann.

Jeder Mensch sollte zu Lebzeiten eine Entscheidung zur Organspende

treffen, sie dokumentieren und im Familien– und Freundeskreis

besprechen. Dazu ist es wichtig, die wesentlichen Regelungen zur

Organspende, die im Transplantationsgesetz (TPG) festgelegt sind,

zu kennen.

Rechtliche Grundlagen: Das Transplantationsgesetz

Nach kontrovers geführten Diskussio-

nen mit Vertretern aus Medizin, Politik,

Ethik und Öffentlichkeit im Vorfeld der Ge-

setzgebung wurde das TPG im Juni 1997

fraktionsübergreifend mit großer Mehr-

heit durch den Bundestag verabschiedet.

Das Gesetz gilt für die Spende und die

Entnahme von menschlichen Organen oder

Geweben zum Zwecke der Übertragung

sowie für die Übertragung der Organe oder

der Gewebe einschließlich der Vorberei-

tung dieser Maßnahmen. Ziel des TPG ist

es, Unsicherheiten auszuräumen, Gleich-

behandlung zu gewährleisten und das

Vertrauen der Bevölkerung in die Organ-

spende zu stärken. 3

Im Jahr 2012 wurde die bisherige erweiterte

Zustimmungslösung durch die Entschei-

dungslösung ersetzt mit dem Ziel, die Bereit-

schaft zur Organspende zu steigern. Alle

Bundesbürger sollen ihre eigene Bereitschaft

zur Organ- und Gewebespende auf Grund-

lage fundierter Informationen prüfen und

schriftlich festhalten. Die Krankenkassen

stellen ihren Versicherten dazu alle zwei

Jahre einen Organspendeausweis und Infor-

mationsmaterial zur Verfügung. Niemand

wird jedoch zu einer Entscheidung gezwungen.

Der Wille des Verstorbenen zu Lebzeiten hat

Vorrang. Ist er nicht dokumentiert oder be-

kannt, entscheiden die nächsten Angehöri-

gen auf der Grundlage des mutmaßlichen

Willens des Verstorbenen.

Seit 2012 schreibt das Gesetz auch vor, dass

alle Krankenhäuser mit Intensivstation einen

Transplantationsbeauftragten bestellen müs-

sen. Der Transplantationsbeauftragte hat

dafür Sorge zu tragen, dass die Kranken-

häuser ihrer Pflicht zur Meldung möglicher

Organspender an die DSO nachkommen.

Er kümmert sich darum, dass es in seinem

Krankenhaus feste Handlungsabläufe für

den Fall einer Organspende gibt. Er infor-

miert das ärztliche und pflegerische Personal

im Krankenhaus regelmäßig über die Organ-

spende.

3 Hierzu gibt es

die Folien 4 und 5

Page 13: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

12

3

Vermittlung

und Transplantation

Für die Übertragung vermitt-

lungspflichtiger Organe führen

Transplantationszentren

Wartelisten. Die Organzutei-

lung erfolgt nach Regeln, die

dem Stand der Erkenntnisse

der

medizinischen Wissenschaft

entsprechen (in Deutschland

nach den Richtlinien der

Bundesäztekammer), insbeson-

dere aber nach den Kriterien

Erfolgsaussicht und Dringlich-

keit über eine zentrale Ver-

mittlungsstelle. Dies ist die

gemeinnützige Stiftung

Eurotransplant im niederländi-

schen Leiden.

Die Transplantation von

Organen wie Herz, Lunge,

Leber, Bauchspeicheldrüsen,

Dünndarm oder Niere darf nur

in von den Landesregierungen

dafür zugelassenen Kliniken,

den Transplantationszentren,

vorgenommen werden.

Andere Länder, andere Gesetze

IAndere Länder haben oft andere ge-

setzliche Regelungen. Deutsche Bundes-

bürger sollten auch die von der in Deutsch-

land geltenden Entscheidungslösung ab-

weichenden Regelungen kennen, da im

Todesfall im Ausland vom Grundsatz

her das entsprechende Ländergesetz

gültig ist. Ausnahme ist Belgien, dort

beschränkt sich das Gesetz ausdrück-

lich auf belgische Staatsangehörige. Im

europäischen Ausland werden jedoch im

Fall einer Organspende – unabhängig von

der gesetzlichen Regelung – immer auch

die Angehörigen befragt. Deshalb ist es

wichtig, seine Entscheidung zur Organ-

spende der Familie mitzuteilen. Für alle

Fälle kann ein Beiblatt zum Organspende-

ausweis in neun verschiedenen Sprachen

von der Internetseite der Bundeszentrale

für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)

heruntergeladen werden.

Entscheidungslösung:Jede Bürgerin und jeder Bürger soll die eigene Bereitschaft zur Organ- und Ge-webespende auf der Grundlage fundierter Informationen prüfen und schriftlich festhalten. In Deutschland stellen die gesetzlichen und privaten Krankenkassen ihren Versicherten derzeit noch alle zwei Jahre einen Organspendeausweis zur Verfügung, verbunden mit der Aufforderung seine persönliche Entscheidung in diesem Dokument schriftlich festzuhalten. Dabei kann die Entscheidung sowohl für oder gegen eine Organ- und Gewebespende getroffen werden oder ganz auf eine Entscheidung verzichtet werden.

Widerspruchslösung: Die Organentnahme ist grundsätzlich zulässig, wenn der Spender zu Leb- zeiten nicht ausdrücklich mündlich oder schriftlich widersprochen hat.

Enge Zustimmungslösung: Organentnahme ist verboten, wenn der Spender nicht schriftlich oder mündlich zugestimmt hat. Eine fehlende Einwilligung kann später durch niemanden nachgereicht werden.

Erweiterte Zustimmungslösung: Liegt keine schriftliche Stellungnahme vor, kann die Einwilligung zur Organent-nahme auch nach dem Tod vom nächsten Angehörigen nach dem mutmaßlichen Willen des möglichen Organspenders gegeben werden. Das heißt, die Entschei-dung wird in diesen Fällen im erweiterten Kreis (nächste Angehörige) getroffen.

I Lehrer in Aktion:

Wo war euer letzter Urlaub?

Auf welchen rechtlichen

Grundlagen basiert die Organ-

spende in diesem Land?

Was könnten die Vorteile,

was die Nachteile der unter-

schiedlichen Regelungen sein?

8 Die rechtlichen Rege-

lungen der Länder im Euro-

transplant-Bereich finden

sich im Internet unter

www.dso.de

Page 14: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

13

3 Ganz wichtig: Der Organspendeausweis

ist nur eine Möglichkeit, seinen Willen

schriftlich zu äußern. Jede andere schrift-

liche Erklärung ist auch gültig. Mit dem

Ausweis kann sich jeder zu Lebzeiten für

oder gegen Organspende entscheiden. Au-

ßerdem kann man im Ausweis festhalten,

!? welche Organe entnommen werden

dürfen bzw. welche nicht. Auch kann man

für den Fall seines Todes die Entscheidung

über eine Organspende auf eine andere

Person übertragen.

Der Organspendeausweis

Mit dem Transplantationsgesetz hat

der Gesetzgeber Rechtssicherheit und

i Transparenz in der Organspende ge-

schaffen; gleichzeitig wurde der Organ-

spendeausweis 3 eingeführt. Er kann

kostenlos bei der DSO (www.dso.de),

der Bundeszentrale für gesundheitliche

Aufklärung (www.bzga.de) oder beim

gebührenfreien Infotelefon Organspende

(0800-90 40 400) angefordert werden.

Wissenswertes zum Thema Organspendeausweis:Man sollte immer den Organspendeausweis oder eine andere

schriftliche Erklärung bei sich haben. Es gibt keine zentrale

Erfassung von Personen, die bereit sind, nach ihrem Tod

Organe zu spenden. Jede Entscheidung kann also jederzeit im

Organspendeausweis geändert werden.

Eine Zustimmung ist ab dem 16. Lebensjahr, eine Ablehnung

bereits ab dem 14. Lebensjahr möglich.

Grundsätzlich kann jeder seine Organe nach dem Tod spenden;

Ausnahmen sind akute Krebserkrankungen oder Infektionskrank-

heiten wie HIV. Endgültig kann erst im Todesfall entschieden

werden, ob eine Organspende tatsächlich möglich ist.

Organspende ist in Deutschland gesetzlich geregelt. Die Entscheidung jedes Einzelnen liegt im ganz persön-

lichen Ermessen. Deshalb: Darüber nachdenken, im Fami-lien- und Freundeskreis über Organspende sprechen, eine Entscheidung treffen und diese im Organspendeausweis dokumentieren!

i Einfluss darauf, wer nach

dem Tod die Organe

bekommt, hat man nicht.

Auch die Empfänger werden

nie erfahren, wer die Organe

gespendet hat. Grund:

Strikter Datenschutz und

Wahrung der Anonymität

des Spenders.

!? Siehe auch

„10 Fragen und 10 Antworten“

auf den Seiten 23 bis 25

3 Informationen zum

Organspendeausweis

auf Folie 6

ILehrer in Aktion: Was kann man im Organspendeausweis regeln?

Stell dir vor, jemand in deinem Verwandten- oder Bekanntenkreis

stirbt und könnte Organe spenden. Welche Probleme haben

die Hinterbliebenden bei der Entscheidungsfindung?

Page 15: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

14

4Bis vor rund fünfzig Jahren galt der Stillstand der Atmung sowie der

Herz-Kreislauf-Tätigkeit als eindeutiges Zeichen für den Tod eines

Menschen. Fortschritte in der intensivmedizinischen Behandlung

verlangten danach, diese bis dahin gültigen Todeskriterien zu über-

denken und zu ergänzen.

Der Hirntod

Mit der Einführung der modernen Inten-

sivmedizin war es möglich, Patienten über

einen längeren Zeitraum künstlich zu be-

atmen und in einigen Fällen mittels Herz-

druckmassage, Elektrostimulation und

Medikamenten den Herzstillstand zu über-

winden. Problematisch in dieser Situation

ist somit nicht die Wiederbelebung des

Herzens sondern die „Wiederbelebung“ des

Gehirns, das am empfindlichsten auf Sauer-

stoffmangel reagiert.

Das endgültige Erlöschen aller Hirnfunktionen gilt als sicheres Todeszeichen

In diesem Zusammenhang beobachten

Ärzte, dass die Gehirnfunktion zum Bei-

spiel durch einen schweren Autounfall,

einen Schlaganfall, einen Gehirntumor

oder länger dauernden Sauerstoffmangel

unwiederbringlich verloren gehen kann,

trotz künstlicher Beatmung und auf-

rechterhaltener Herz-Kreislauf-Tätigkeit.

Mit dem Hirnfunktionsverlust ist die zen-

trale Steuerung von Herz, Kreislauf und

Atmung nicht mehr möglich.

Jede bewusste Wahrnehmung, auch die

der Schmerzempfindung und des Den-

kens, ist für immer verloren. Eine Wieder-

erlangung des Bewusstseins und der zen-

tralen Steuerungsfähigkeit für alle Körper-

funktionen ist ausgeschlossen.

Der Grund: Das 3 Gehirn ist von der

Gesamtdurchblutung abgekoppelt. Selbst

wenn der übrige Körper noch durchblutet

wird, zerfallen die Gehirnzellen.

Diesen endgültigen, durch keine Thera-

pie behebbaren Ausfall der Gesamtfunk-

tion des Groß- und Kleinhirns sowie des

Hirnstamms bezeichnet man als Hirntod,

genauer als Gesamthirntod. Er ist nach

weltweit anerkanntem wissenschaftlich-

medizinischem Erkenntnisstand ein siche-

res Todeszeichen des Menschen.

3 Hierzu gibt es

die Folie 7 und 8

Page 16: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

15

4 Bedeutung des Hirntods

Die Bedeutung des 3Hirntods als

sicheres Todeszeichen liegt darin, dass mit

dem irreversiblen Ausfall der Gesamtfunk-

tion des Gehirns die leiblich-seelische, kör-

perlich-geistige Einheit unwiederbringlich

beendet ist.

Im Transplantationsgesetz (TPG) wurde

festgeschrieben, dass für die postmor-

tale Organspende eine Organentnahme

nur zulässig ist, wenn zuvor der Tod

des Organspenders durch speziell darin

erfahrene Ärzte zweifelsfrei festgestellt

wurde. Die Aufgabe dieser Ärzte ist es,

den eingetretenen Tod mit geeigneten Me-

thoden nachzuweisen, die dem Stand der

Erkenntnisse der medizinischen Wissen-

schaft entsprechen (in Deutschland nach

den Richtlinien der Bundesärztekammer).

Das Gesetz bestimmt zwar nicht, mit wel-

chen diagnostischen Mitteln der Hirntod

festzustellen ist, legt jedoch fest, dass er

die medizinische Voraussetzung für die

Organentnahme ist.

Die Feststellung des Hirntods ist nicht

nur die Voraussetzung für die Organent-

nahme, sondern auch für die Beendigung

einer erfolglos gewordenen Behandlung.

Feststellung des Hirntods

Der Hirntod lässt sich zweifelsfrei fest-

stellen. Die Hirntoddiagnostik verläuft in

Deutschland nach einheitlichen Kriterien:

Die Voraussetzungen und Vorgehensweise

werden in einem bundesweit einheitlichen

Protokoll dokumentiert und sind somit

jederzeit überprüfbar.

Unter intensivmedizinischen Bedingun-

gen, bei künstlicher Aufrechterhaltung von

Atmung und Kreislauf, ist es für die An-

gehörigen oft nur schwer nachvollziehbar,

dass die Gehirnfunktion unwiederbringlich

erloschen ist. Deshalb ist es wichtig, die

Schritte der Hirntoddiagnostik genau zu

erklären.

Nur wenige sterben am Hirntod

Spender können demnach nur hirntote

Patienten mit künstlich aufrechterhalte-

nem Herz-Kreislauf-System sein. Da aber

in den meisten Fällen zuerst der Herzstill-

stand eintritt, kommen nur wenige Verstor-

bene als Organspender infrage.

3 Hierzu siehe auch

Folie 7 und 8

Page 17: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

16

4Die Meinung der Kirchen zum Hirntod

Die beiden großen Kirchen haben sich

schon 1990 mit Organspende und -trans-

plantation und den theologischen und ethi-

schen Fragestellungen dazu beschäftigt. Organspende und -transplantation wird

von beiden Glaubensgemeinschaften als

Möglichkeit gewürdigt, über den Tod hin-

aus sein Leben in Liebe für den Nächsten

hinzugeben.

„Im Auferstehungskapitel, dem 15. Kapi-

tel des 1. Korintherbriefs, wird die Leiblich-

keit des Auferstandenen, also die Leiblich-

keit des Auferstehungskörpers, wesentlich

unterschieden von der vergänglichen, ver-

weslichen, sterblichen Leiblichkeit, in der

wir alle existieren. Wir alle wissen, dass

der Körper in dem wir leben nicht unbe-

einträchtigt und unbeschädigt auf die Auf-

erstehung wartet, sondern dass der Körper

nach dem Tod zerfällt. Die Auferstehungs-

hoffnung geht also über diese Sterblichkeit

und Verweslichkeit des menschlichen Kör-

pers hinaus. Krankheit soll nicht einfach

hingenommen werden, ohne alles Men-

schenmögliche zu tun. Jesus heilte Kranke

mit ihm zur Verfügung stehenden Mitteln.

Genauso ist es kein Zeichen des Unglau-

bens, wenn wir heute alle Möglichkeiten

und Fortschritte der Medizin in Anspruch

nehmen.“

& Bischof Wolfgang

Huber, Vorsitzender

des Rates der Evangeli-

schen Kirche in Deutsch-

land, 2004, Auszug aus

dem TV-Beitrag „Das

zweite Leben fünf Jahre

später“, 2004, rbb

& Abbildung:

„Illustrated History of

Organ Transplantation“,

von R. Küss und P.

Bourget, Sandoz, 1992

Die Schutzheiligen Cosmas und Damian. Nach einer Sage haben sie um 280 nach Christus

einem Kaufmann, dessen Bein durch einen Tumor zerstört war, das Bein eines verstorbenen

Mohren transplantiert.

Herz- und Atemstillstand können überwunden werden, der Verlust der Gehirnfunktionen dagegen nicht.

Der Hirntod gilt als sicheres Todeszeichen und ist Voraus- setzung für eine Organentnahme.

Page 18: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

17

5„Die Organspende ist eine besondere Form, die Nächstenliebe zu bezeu-

gen. (...) Tatsächlich gibt es eine Verantwortung der Liebe und Barmher-

zigkeit, die dazu verpflichtet, das eigene Leben zu einem Geschenk für

die anderen zu machen, wenn man sich wirklich selbst verwirklichen will.

Wie der Herr Jesus uns gelehrt hat, wird nur derjenige sein Leben retten

können, der bereit ist, es hinzugeben (...)“ Papst Benedikt XVI, 2008

Ethische Grundlagen

Hier sind sich die beiden großen deut-

schen Kirchen einig. Sie erklären, dass

Organspende nach dem Tod aus christli-

cher Sicht ein Zeichen der Nächstenliebe

und Solidarität ist. 1990 gaben sie dazu

eine gemeinsame Erklärung ab.

Standpunkte der WeltreligionenEs ist interessant zu vergleichen, wie

sich weltweit verschiedene 8 Religio-

nen zur Organspende äußern. Die meisten

großen Religionen unterstützen die Organ-

spende als einen Akt der Nächstenliebe

und Solidarität.

Die katholische und die evange-lische Kirche in DeutschlandDie Deutsche Bischofskonferenz unter

der Leitung des damaligen Bischofs Karl

Lehmann erarbeitete zusammen mit dem

Rat der Evangelischen Kirche 1990 eine

Aus christlicher Sicht ist die Bereitschaft zur Organspende nach dem Tod ein Zeichen der

Nächstenliebe und Solidarisierung mit Kranken und Behinderten

Aus der Gemeinsamen Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, 1990

I Hier ist ein fächer-

übergreifender Unterricht

möglich, z.B. in Biologie,

Ethik oder Kunst.

8 Informationen zur

Einstellung der Religionen

unter

www.organspende-info.de

& Herausgeber:

Sekretariat der Deutschen

Bischofskonferenz,

Kaiserstraße 161, 53113 Bonn

– und Kirchenamt der

Evangelischen Kirche in

Deutschland, Herrenhäuser

Straße 12, 30419 Hannover

3 Siehe auch

Folie 9

&gemeinsame Erklärung zur Organ-

spende. Diese Erklärung befürwortet beide

Formen der Organspende, sofern Organ-

handel ausgeschlossen, die Würde des hirn-

toten Spenders gewahrt und die Freiwillig-

keit der Lebendspende gegeben ist. Betont

wird, dass niemand „einen Anspruch auf

Körperteile eines lebenden oder toten

Mitmenschen“ hat.

Zur postmortalen Organspende besagt

die Erklärung: „Vom christlichen Verständ-

nis des Todes und vom Glauben an die

Auferstehung der Toten kann auch die

Organspende von Toten gewürdigt werden.

(...)“ Wer einer Organspende zustimmt,

handelt gemäß der gemeinsamen Erklä-

rung ethisch verantwortlich.

Page 19: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

18

6Die DSO fördert gemeinsam mit allen Partnern in Gesundheitswesen

und Politik das Engagement für die Gemeinschaftsaufgabe Organspende.

Dabei setzt sie auf eine aktive, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit

allen Krankenhäusern und stellt den Organspendeprozess durch um-

fassende Unterstützung des Krankenhauspersonals während der Organ-

spende sicher. Die Versorgung der Patientinnen und Patienten auf

der Warteliste mit dem lebensnotwendigen Organ ist das Ziel der DSO.

Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO)

1984 wurde die Deutsche Stiftung Organ-

transplantation gegründet. Sechzehn Jahre

später, im Juli 2000, erhielt die DSO von der

Bundesärztekammer, dem GKV-Spitzenver-

band und der Deutschen Krankenhausge-

sellschaft den im Transplantationsgesetz

festgelegten Auftrag als bundesweite Koor-

dinierungsstelle für Organspende. Seitdem

fungiert die DSO als Bindeglied zwischen

Organspende und Organtransplantation.

Denn Transplantationen sind nur möglich,

wenn Menschen bereit sind, nach dem Tod

zu spenden.

Organspende ist eine gemeinsame Aufgabe

Organspende ist der erste Schritt in einer

langen Behandlungskette. Hierfür will die

DSO das Bewusstsein vor allem in den

Krankenhäusern, aber auch in der Bevöl-

kerung schärfen. Nur wenn viele bereit

sind und mitmachen, kann mehr Menschen

geholfen werden. Die Aufgabe der DSO als

bundesweite Koordinierungsstelle ist es,

dem Willen des Verstorbenen zu folgen und

diesen umzusetzen.

Die DSO will in der Bevölkerung Vertrauen schaf-fen, das Engagement in den Krankenhäusern stär-

ken und eine stabile Entscheidung pro Organspende fördern. Nur wer umfassend informiert ist, kann sich eine Meinung zum Thema bilden.

8 Weitere Infor-

mationen im Internet

unter www.dso.de

Page 20: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

19

7Der Ablauf einer Organspende ist detailliert in Prozessschritten 3

festgelegt. Spezialisten arbeiten routiniert zusammen mit dem Ziel,

die gespendeten Organe mit einer guten Funktion zu übertragen.

Ablauf einer Organspende

Vom Spender zum Empfänger Kontaktaufnahme mit der DSO Die Intensivstation eines Krankenhauses meldet bei der DSO einen

möglichen Spender. Zwei Ärzte führen unabhängig voneinander die Hirntoddiagnostik nach den Richtlinien der Bundesärztekammer durch.

Frage nach der Einwilligung zur Organentnahme Wenn der Hirntod festgestellt wurde erfolgt das Gespräch mit den

Angehörigen, das in der Regel die behandelnden Ärzte führen. Für eine umfassende Information zur Organspende und -transplantation ist es sinn-voll, dass an diesen Gesprächen ein/e Koordinator/in der DSO teilnimmt.

Medizinische Untersuchungen des Verstorbenen Liegen alle Voraussetzungen für eine Organentnahme vor, wird der

Spender sorgfältig untersucht. In diesem Zusammenhang wird auch geklärt, ob bei dem Verstorbenen Infektionen oder Tumorerkrankungen vorliegen, die den Empfänger gefährden könnten.

Übermittlung der Untersuchungsdaten an die Vermittlungsstelle Die gewonnenen medizinischen Daten werden an die internationale

Organvermittlungsstelle Eurotransplant in Leiden, Niederlande, weiter- geleitet, die so mit der Vermittlung der Spenderorgane beginnen kann.

Organentnahme und Versorgung des Leichnams Sobald der Vermittlungsentscheid vorliegt, organisiert die DSO in Absprache

mit dem Krankenhaus und den entsprechenden Transplantationszentren die Organentnahme und den Organtransport. Nach der Operation wird der Körper des Organspenders sorgfältig ver- schlossen. Er kann nun für eine Aufbahrung vorbereitet und anschließend bestattet werden.

Organtransport und Transplantation Die Organe werden sorgfältig konserviert und zu den entsprechenden

Transplantationszentren transportiert. Dort werden die Organe in Empfang genommen. Hier endet die Aufgabe der DSO. Die Organe werden dem Patienten übertragen.

3 Siehe auch

Folie 10

Page 21: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

20

7Aufgaben von Eurotransplant

Die 8 gemeinnützige Stiftung Euro-

transplant im niederländischen Leiden

vermittelt die gespendeten Organe. Seit

ihrer Gründung 1967 ist die Stiftung für

die Vermittlung von Spenderorganen ver-

antwortlich. Auf einer einheitlichen Warte-

liste führt Eurotransplant alle Warte-

listen aus Deutschland, Österreich, Belgien,

Luxemburg, den Niederlanden, Slowenien,

Kroatien und Ungarn zusammen. Durch

den Zusammenschluss dieser Länder soll

vor allem den hochdringlichen Patienten

schneller ein geeignetes Organ vermittelt

werden. In einer Computerdatenbank sind

die für die Vermittlung notwendigen Daten

von derzeit etwa 15.000 Wartelistenpati-

enten (Stand: 2014) des Eurotransplant-

verbundes gespeichert. Eurotransplant

regelt die Verteilung von Spenderorga-

nen und vermittelt und koordiniert auch

den internationalen Austausch. Die Vertei-

Verteilungskriterien

Organ Kriterien

Niere Blutgruppe, Gewebeeigenschaften, Dringlichkeit und Wartezeit

Pankreas Blutgruppe, Gewebeeigenschaften, Dringlichkeit und Wartezeit

Herz Blutgruppe, Größe und Gewicht des Spenders und Dringlichkeit

Lunge Blutgruppe, Größe des Spenders, Dringlichkeit und Erfolgsaussicht

Leber Blutgruppe, Gewicht des Spenders und Dringlichkeit

Die Organvermittlung erfolgt nicht nach Kran-kenversicherung, sozialem Status, Einkommen

oder Geschlecht, sondern rein nach medizinischen Kriterien. Ein Punktesystem garantiert nachprüfbare Gerechtigkeit bei der Organzuteilung.

8 Mehr Informationen

zur Stiftung Eurotransplant

finden Sie unter

www.eurotransplant.org

8 Mehr Informationen

zur Bundesärtzekammer

finden Sie unter

www.baek.de

lungsregeln für die Organe in Deutschland

werden von der 8 Bundesärztekammer

festgelegt.

Kriterien für die Organvermitt-lung

Wird von der DSO ein Spender gemel-

det, so ermittelt Eurotransplant computer-

gesteuert die passenden Empfänger. Als

Kriterien für die Organvermittlung wer-

den die medizinische Dringlichkeit sowie

die bisherige Wartezeit auf ein Spender-

organ berücksichtigt. Ferner gibt es noch

je nach Organ unterschiedliche Kriterien

wie Übereinstimmung der Blutgruppe

und Gewebemerkmale von Spender und

Empfänger, die bei der Entscheidung über

die Vergabe herangezogen werden. Sobald

der Empfänger computergesteuert ausge-

wählt wurde, wird das zuständige Trans-

plantationszentrum durch Eurotransplant

informiert.

Page 22: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

21

8Angehörige, die plötzlich Mutter, Vater, Kind oder einen anderen

geliebten Menschen verloren haben, beschreiben ihre Trauer als tiefes

Tal, aus dem sie glauben, nie mehr herauszukommen. In ihrem Trauer-

prozess können verschiedene, auch widersprüchliche Gefühle auftreten.

Angehörige von Organspendern

Angehörige, die einen vertrauten Men-

schen verloren haben, der seine Organe

gespendet hat, sind oftmals erleichtert

und fühlen sich in ihrer Trauer ein wenig

getröstet. Es hilft ihnen zu wissen, dass

dank der Spende ein anderer Mensch

weiterleben oder ein Leben in besserer

Qualität führen kann. Es gibt aber auch

Angehörige, die daran zweifeln, ob sie die

richtige Entscheidung getroffen haben,

weil sie sich von ihrer Umgebung un-

verstanden fühlen oder sogar Ablehnung

erfahren.

Bereits im Entscheidungsprozess zur

Organspende entstehen viele Fragen.

Ängste und Sorgen, aber auch Zweifel an

der endgültigen Todesdiagnose beschäf-

tigen die Angehörigen in einer Situation,

die sowieso schon als sehr belastend

erlebt wird. Der verstorbene Angehörige,

der weiter beatmet wird, um die Organ-

funktionen aufrechtzuhalten, sieht nicht

tot aus, sondern wirkt wie ein Schlafender

oder Bewusstloser warm und lebendig. In

dieser Situation fällt es schwer, den Hirn-

tod und damit den Tod des Menschen zu

begreifen und zu akzeptieren. Deshalb ist

es besonders wichtig, dass das Gespräch

mit den Angehörigen ohne Zeitdruck ge-

führt wird und dass die Frage nach der

Organspende so gestellt wird, dass sich

niemand überredet oder bedrängt fühlt.

Wenn Angehörige eine Entscheidung ge-

troffen haben, dann soll diese stabil sein.

Im Gegensatz zu anderen Ländern wie

den USA oder Spanien, in denen das The-

ma Organspende hohe gesellschaftliche Ak-

zeptanz genießt und Angehörige für ihre

Entscheidung zur Organspende öffentlich

geehrt werden, ist das Thema in Deutsch-

land lange Zeit tabuisiert worden.

Um dieses Tabu aufzubrechen und Organ-

spendern sowie Angehörigen eine ange-

messene Würdigung zuteil werden zu

lassen, werden in Zusammenarbeit der

DSO mit den Sozialministerien der Län-

der Organspender und Angehörige im

Rahmen von Veranstaltungen für ihre

Entscheidung öffentlich gewürdigt.

I Lehrer in Aktion:

Wer kennt Blutspender?

Wer kennt die Familie

eines Organspenders?

Wo liegen

die Unterschiede?

Page 23: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

22

8Viele Angehörige wünschen sich eine

weitere Betreuung nach der Organspende

und die Möglichkeit zum Austausch mit

anderen Betroffenen. Da die bestehenden

Patientenverbände für Transplantierte

oder Wartelistepatienten diese Lücke

nicht schließen können, bieten die Regio-

nen Nord, Mitte, Ost, Bayern und Baden-

Württemberg der DSO Angehörigentreffen,

teilweise auch mit der Ausrichtung auf

Eltern von kindlichen Organspendern an.

Das JA zum Geschenk des Lebens

Ihre letzten Worte zu ihrem Sohn waren: „Tschüss und einen schönen

Tag.“ – Worte, die Jan Breidenbach nie mehr vergisst. Wenige Stun-

den später wurde er als Rettungsassistent zu seiner eigenen Mutter

gerufen. Es war der 6. Mai 2004 um exakt 13.24 Uhr.

„Sie war doch erst 50 und kerngesund“, erklärt er mit stockender

Stimme. „Als ich eintraf, stürmten Kollegen auf mich zu und

fragten, ob ich wüsste, dass meine Mutter der Notfall sei.“ Jan Breidenbach war

geschockt, reagierte aber automatisch so professionell wie er es gelernt hatte.

Mit notärztlichen Sofort-Maßnahmen rettete er das Leben seiner Mutter.

Dann begleitete er seine Mutter ins nächste Krankenhaus. Dort stellte man eine

spezielle Form des Schlaganfalls fest und verlegte sie in ein Uniklinikum, wo Intensiv-

mediziner weiter um ihr Leben kämpften. Man sagte ihm sofort, dass es sehr schlecht

um seine Mutter stehe, aber alles Menschenmögliche getan werde, um ihr Leben

zu retten. Tagelang schwebte seine Mutter zwischen Leben und Tod.

„Am 9. Mai – dem Muttertag – rief mich um 23 Uhr der diensthabende Arzt an und

erklärte mir, dass der Kreislauf meiner Mama immer instabiler würde.“ Sofort machte

er sich auf den Weg ans Krankenbett. Dort angekommen, teilten ihm die Ärzte mit,

dass der Hirntod eingetreten sei. „Das war sehr schlimm für mich“, erinnert sich

Jan Breidenbach.

Im Gespräch mit dem Oberarzt sprach er selbst das Thema Organspende an. „Meine

Mutter hatte mir einmal einen ausgefüllten Organspendeausweis gezeigt und ich hatte

mich sehr negativ dazu geäußert.“ Er konnte den Ausweis nicht mehr finden und sollte

aber eine Entscheidung treffen. Die Worte seiner Tante halfen ihm dabei: „Selbst wenn

Deine Mutter den Ausweis Dir zuliebe vernichtet hat, ist ihre Einstellung zur Organ-

spende positiv gewesen.“

Dieser Satz gab den Ausschlag, einer Organspende doch noch zuzustimmen. Jetzt,

einige Jahre später, ist Jan Breidenbach überzeugt, dass man auf diesem Weg „sehr

kranken Menschen noch eine Chance geben kann, die es für den Spender leider nicht

mehr gibt.“ Und er ist froh über seine Entscheidung, die er letztendlich mit seiner

Mutter gemeinsam getroffen hat.

Page 24: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

23

9Organspende ist ein komplexes Thema, das jeden betrifft und viele

Fragen aufwirft. Hier gibt es Antworten auf häufig gestellte Fragen.

Zehn Fragen und zehn Antworten

Ich bin 16 Jahre alt. Benötige ich die Zustimmung eines Erziehungsberechtigten zur Organspende?

Jugendliche können eine eigene Entschei-

dung zur Organspende treffen. Das Trans-

plantationsgesetz sieht vor, dass Jugend-

liche ihre Bereitschaft zur Organspende

ab dem vollendeten 16. Lebensjahr, ihre

Ablehnung ab dem vollendeten 14. Lebens-

jahr erklären können. Empfehlenswert ist

es, diese Entscheidung gegenüber den

Eltern zu kommunizieren.

Gibt es eine Altersgrenze für Organspende?

Eine feste Grenze gibt es hier nicht.

Früher einmal festgelegte Altersgrenzen

haben sich längst durch die medizinischen

Entwicklungen erübrigt. Entscheidend ist

das biologische, nicht das kalendarische

Alter – das heißt, der Funktionszustand

des Organs ist maßgebend.

Für bestimmte angeborene Krankheiten

ist schon im Babyalter eine Transplantation

die einzige Chance, das Leben eines Kindes

zu retten. Die Übertragung eines Herzens

von Erwachsenen auf ein Baby oder Klein-

kind ist nicht möglich. So wird auch im

Todesfall bei Kleinkindern die Bitte um

Zustimmung zur Organspende an die Eltern

gerichtet.

Muss man sich ärztlich untersuchen lassen, um Organspender zu werden? Schließen bestimmte Krankheiten eine Organspende aus?

I Gruppenarbeit:

In kleinen Gruppen werden

3 – 5 Fragen zur

Organspende notiert.

Eine jeweils andere

Gruppe recherchiert die

Antworten z.B. im Internet.

8 Weitere Informationen

finden Sie im Internet unter

www.dso.de

www.organspende-info.de

Eine ärztliche Untersuchung ist für die

eigene Entscheidung zur Organspende nicht

nötig. Bestimmte Krankheiten wie Infekti-

onskrankheiten oder Diabetes können die

Spendefähigkeit einschränken. Nur akute

Krebserkrankungen und bestimmte Infek-

tionen wie HIV schließen eine Organspende

aus. Eine abschließende Beurteilung der

Organe auf ihre Funktion erfolgt allerdings

erst nach Feststellung des Hirntodes und

Einwilligung zur Organentnahme.

Page 25: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

24

9

Was passiert bei der Abstoßung eines transplantierten Organs?

Das Abwehrsystem des Körpers sorgt

dafür, dass keine fremden Organismen

in den Körper gelangen. Dabei richtet es

sich vor allem gegen Viren, fremde Ei-

weiße oder Bakterien. Bei der Abstoßung

versucht das Immunsystem des Körpers,

den Eindringling, das heißt in diesem Fall

das neue, fremde Organ zu zerstören. Des-

halb müssen die Patienten lebenslang mit

Medikamenten behandelt werden, die die

Abwehrreaktion unterdrücken, damit das

Transplantat nicht abgestoßen wird. Diese

Therapie ist eine Gratwanderung zwischen

der Vermeidung einer Abstoßung und der

Verhinderung von Infektionen.

Erfährt der Empfänger, von wem das Transplantat stammt?

Der Name des Spenders wird dem Emp-

fänger gemäß dem Transplantationsgesetz

nicht mitgeteilt. Umgekehrt erfahren die

Angehörigen eines Spenders auch nicht

den Namen des Empfängers. Damit soll

ausgeschlossen werden, dass wechselseiti-

ge Abhängigkeiten durch eine Organspen-

de entstehen.

Ist eine Einschränkung der Organspende auf bestimmte Organe im Organspendeausweis möglich?

Ja, eine Einschränkung ist möglich. Hier-

für ist im Organspendeausweis eine Spalte

vorgesehen. Der Ausschluss bestimmter

Organe wird in jedem Fall respektiert.

Welche Zeitspanne darf maximal zwischen Organentnahme und -transplantation vergehen?

Für alle Organtransplantationen gilt:

die Aussicht auf Erfolg ist umso höher, je

kürzer die Zeit zwischen Organentnahme

und -verpflanzung ist. Dennoch können

Organe unter gewissen Bedingungen auch

noch Stunden nach der Entnahme über-

tragen werden. Am häufigsten werden

in Deutschland die Nieren transplantiert.

Wenn sie sofort nach der Entnahme mit

einer speziellen Nährstoff-Lösung kalt

durchgespült werden, kann man sie bis

etwa 24 Stunden später verpflanzen. An-

dere Organe lassen sich nicht so lange

konservieren und müssen daher innerhalb

weniger Stunden übertragen werden. So

darf ein Herz nicht länger als vier Stunden

außerhalb des Körpers sein. Nicht durch-

blutetes Gewebe (z. B. Hornhaut der Augen)

kann auch längere Zeit gekühlt in einer

Gewebebank aufbewahrt werden.

Page 26: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

25

9 Wo bekommt man einen Organspendeausweis?

Organspendeausweise können bei der

Bundeszentrale für gesundheitliche Auf-

klärung (BZgA) und bei der DSO angefor-

dert werden. Auch Krankenkassen und

private Krankenversicherungsunterneh-

men stellen Organspendeausweise zur Ver-

fügung. Bei Apotheken, Krankenhäusern,

Einwohnermeldeämtern und Arztpraxen

sind solche Ausweise in der Regel eben-

falls erhältlich. Der Organspendeausweis

ist kostenlos und niemals mit der Bitte

um eine finanzielle Spende verbunden.

Wie erfolgreich lassen sich Organe übertragen?

Dank vielfältiger medizinischer Fortschrit-

te sind die Erfolgsraten für alle transplantier-

baren Organe ständig gestiegen und liegen

heute sehr hoch. Beispielsweise sind bei

Nieren bis zu 80 Prozent der transplantier-

ten Organe nach einem Jahr noch funkti-

onstüchtig; nach fünf Jahren arbeiten noch

bis zu 70 Prozent der Spendernieren.

Bei Herz-, Leber-, Lungen- und Bauch-

speicheldrüsentransplantationen liegen

die Erfolgsraten nur geringfügig darun-

ter. Augenhornhäute weisen mit 95 Pro-

zent Funktionstüchtigkeit nach einem Jahr

beziehungsweise 80 Prozent nach fünf

Jahren noch höhere Erfolgsraten auf.

Sollte man den Ausweis ständig bei sich tragen?

Ja, es ist sinnvoll, ihn beim Führerschein

oder Personalausweis mit sich zu tragen.

Außerdem sollte man seine Entscheidung

zur Organspende den Angehörigen mit-

teilen und auf den vorliegenden Organ-

spendeausweis hinweisen. Selbstverständ-

lich kann man auch die Anschrift einer

Vertrauensperson auf dem Organspende-

ausweis vermerken, die dann die Entschei-

dung an die Ärzte weitergibt.

Es ist wichtig über das Thema Organspende nachzu-denken und zu diskutieren, zum Beispiel mit Freun-

den, Familienangehörigen oder mit dem Hausarzt. Darüber hinaus stehen Selbsthilfeverbände für Gespräche zur Verfügung. Außerdem kann man über das gebührenfreie Infotelefon Organspende 0800 – 90 40 400 der BZgA in Zusammenarbeit mit der DSO Antworten auf weitere Fragen bekommen.

8 Organspendeausweise

können im Internet

bestellt werden unter

www.dso.de

www.organspende-info.de

Page 27: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

26

10

„Es gibt keinen Grund, seine Organe mit ins Grab zu nehmen“

Im Dezember 2008 wurde Nicolai

Stockfisch drei Stunden lang operiert,

dann schlug ein neues, starkes Herz in sei-

ner Brust. „Als ich aufwachte, fühlte ich,

dass da Kraft dahinter ist“, erzählt Nicolai.

Nicolais Herz war von Geburt an schwach.

2005 bekam er dann einen Herzschritt-

macher. „Ich habe vieles machen können,

in der Schule, mit meinen Freunden, und

habe viel Sport getrieben.“ Doch plötzlich

veränderte sich alles. Nicolai fühlte sich

müde und schlapp, litt unter Atemnot.

Zu diesem Zeitpunkt leistete sein Herz

weniger als ein Drittel von dem eines

gesunden jungen Mannes. Viel zu wenig,

um weiter leben zu können. Seine einzige

Chance war ein neues Herz. Nicolai wurde

auf die Hochdringlichkeitsliste gesetzt und

zweieinhalb Wochen später wurde ein

Spenderherz gefunden.

Inzwischen steht Nicolai wieder

mitten im Leben. Er treibt Sport,

verbringt die Wochenenden mit

seinen Freunden. Er hat die

Schule abgeschlossen und stu-

diert. Er ist durch Deutschland

und Europa gereist und hat

ein halbes Jahr in Kanada ver-

bracht.

Nicolai wünscht allen anderen Warteli-

stenpatienten, dass sich mehr Menschen

mit dem Thema Organspende auseinander

setzen. „Es gibt keinen Grund, seine Organe

mit ins Grab zu nehmen, denn diese Orga-

ne retten Menschen und machen so viele

Menschen glücklich! Schenkt das größte

Geschenk, das man überhaupt machen

kann!“

„Ein neues Organ ist wie ein neues Leben, der Tag der Transplantation

wie ein zweiter Geburtstag“, das hört man oft von transplantierten

Menschen. Endlich hat das Warten ein Ende. Ein neues Leben kann

beginnen. Natürlich gibt es Risiken und Einschränkungen in diesem

neuen Leben. Eine Abstoßung des fremden Organs zum Beispiel ist

ein Risiko, das Leben mit Medikamenten kann als Ballast empfunden

werden. Aber all das ist nichts gegen das Geschenk des Lebens, die

neu gewonnene Freude am Leben nach der Transplantation!

Das Leben mit einem neuen Organ

i Über den Kontakt zu

Patientenverbänden können

Sie einen transplantierten

Patienten in den Unterricht

einladen

Links zu Patientenverbänden

finden Sie unter

www.dso.de

Page 28: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

27

11

Eine Plakatkampagne hat auf die Situa-

tion der Patienten auf der Warteliste auf-

merksam gemacht. Die Motive zeigen eine

beklemmenden Situation: Alle Wartenden

haben ihre Bahn oder das Flugzeug er-

reicht, nur die Patienten, die auf ein Spen-

derorgan angewiesen sind, bleiben allein

zurück. Sie warten immer noch – und im

schlimmsten Fall sogar vergeblich.

Mit den Plakatmotiven an Bahnhöfen so-

wie S- und U-Bahnstationen wurden Men-

schen in ihrer eigenen Wartesituation ge-

spiegelt.

Einer der vorgestellten Patienten ist Kevin

Kerrutt (22). Er wartet auf ein Herz. Dass

er lebt, verdankt er einem Herzunterstüt-

zungssystem.

Kevin berichtet: „Im Jahr 2009 habe ich

die Schule abgeschlossen. Ich habe dann

eine Ausbildung zum Sozialassistenten be-

gonnen, bis es mir gesundheitlich immer

schlechter ging.

Im August (2010) wollte ich meine erste

eigene Wohnung beziehen. Doch ich kam

kaum noch die Treppen in den 2. Stock

hoch, war schnell außer Atem und fühlte

mich sehr schlapp.

Mein Hausarzt hat im EKG gesehen, dass

etwas nicht stimmte. Er schickte mich

in die Klinik, wo die Ärzte feststellten,

dass mein Herz zweimal so groß war wie

normal.

Ab diesen Moment ging alles sehr schnell.

Ich wurde mit dem Hubschrauber nach

Berlin in die Charité geflogen, dort wurden

mir eine Menge Medikamente zur Stabili-

sierung verabreicht.

In Deutschland warten rund 11.000 Menschen auf eine lebensrettende

Transplantation, davon rund 8.000 auf eine Niere. Es warten etwa dreimal

so viele Menschen auf eine neue Niere, wie Transplantate vermittelt werden

können. Für Herz und Leber gilt: Einige Patienten müssen wegen schlechten

Allgemeinzustandes von der Warteliste genommen werden, andere sterben,

denen mit einer Transplantation hätte geholfen werden können

Warten auf die Transplantation

Page 29: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

28

11Informationen zur Organspende

Warten auf die Transplantation

Mein Vater hat mich ständig in dieser

schweren Zeit begleitet und mich immer

wieder aufgebaut. Nach 14 Tagen bin ich

nach Leipzig ins Herzzentrum geflogen

worden, wo man uns erklärte, dass ich ein

Spenderherz benötigte.

Nun kam ich auf die Spenderliste, doch

ich habe es gesundheitlich leider nicht ge-

schafft, so lange zu warten. Zur Überbrük-

kung wurde mir ein Kunstherz eingesetzt.

Seitdem warte ich auf ein Spenderherz.“

Page 30: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

29

12

29

Patientenverbände im Gesundheitswesen leisten einen wichtigen

gesellschaftlichen Beitrag. Sie unterstützen Menschen bei der Bewälti-

gung zum Beispiel einer Erkrankung und tragen damit zur Verbesserung

der Lebensqualität bei. Auch für Patientinnen und Patienten auf der

Warteliste kann das Engagement in einer Selbsthilfegruppe eine

große Hilfe sein.

Patientenverbände

In diesen Zusammenschlüssen wird

Selbstinitiative und Selbstverantwortung

groß geschrieben. Selbsthilfegruppen sind

so individuell wie ihre Mitglieder und

deren aktuelle Lebenssituation selbst, bil-

den sich nach Bedürfnis, verändern sich,

bleiben bestehen oder lösen sich irgend-

wann wieder auf. Und das soll auch so

sein. Denn gerade diese Unabhängigkeit

und Vielfalt sowie der nicht-professionelle

Charakter zeichnen den Selbsthilfege-

danken aus. Selbsthilfeverbände fördern

neues Selbstvertrauen, bieten wertvollen

Erfahrungsaustausch und geben alltags-

taugliche Lebenshilfe. Sie entstehen oft-

mals dort, wo die professionelle Betreuung

endet, wo bestehende Institutionen nicht

zuständig sind oder wo Menschen ihre

gesundheitlichen und sozialen Probleme

selber in die Hand nehmen wollen.

Sie leisten auch entscheidende Arbeit,

wenn es darum geht, Menschen vor Ort

mit Informationen über die Organspende

zu versorgen, Fragen zu beantworten und

das Thema öffentlich zu diskutieren. Die-

ser persönliche Kontakt und das vertrau-

liche Gespräch sind gerade beim Thema

Organspende unverzichtbar. Auch können

Betroffene die Bedeutung von Organspende

und -transplantation für den Einzelnen

glaubwürdig vermitteln. Hier liegt eine

besondere Stärke der Selbsthilfegruppen:

Öffentlichkeitsarbeit für Organspende und

Organtransplantation.

8 Sammlung von

Links zu Selbsthilfegruppen

www.dso.de/servicecenter/

angehoerige-und-patienten/

links.html

Page 31: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

30

13

8 Sportler für Organspende

unter www.vso.de

Es gibt immer wieder bekannte Persönlichkeiten, die sich für das Thema

Organspende in der Öffentlichkeit stark machen. Viele prominente Mit-

glieder schließen sich in Vereinen wie „Sportler für Organspende e.V.“

oder „Junge Helden e.V.“ zusammen.

Prominente für Organspende

„Meine Aufgabe ist es, auf die Organspende aufmerksam zu machen und, wenn nötig, den Leuten weitere Informationen zukommen zu lassen, um die Entscheidung zu erleichtern.“

Matthias Steiner, Olympiasieger 2008 im Gewichtheben, Mitglied Sportler für Organspende

Bild: Sportler für Organspende

Gut für die Organspende, wenn Promi-

nente ihre Meinung zur Organspende klar

äußern. So sagt Tennisprofi Boris Becker:

„Ich möchte natürlich 100 Jahre alt wer-

den. Aber wenn ich gehen muss, will ich

an meinem Lebensende ein anderes Leben

retten“. Es braucht Eindeutigkeit, um solch

eine bewusste Entscheidung zum Thema

Organspende zu treffen.

Sportler für Organspende

Es gehört schon einiges dazu, mitten in

einem erfolgreichen, aktiven Leben inten-

siv über Krankheit und Tod nachzudenken.

Zahlreiche Leistungssportler machen es

vor. Als 8„Sportler für Organspende“

wollen sie am Ende ihres Lebens ande-

ren Menschen ein neues Leben schenken.

Der Zusammenschluss dieser bekannten

Sportler zeigt, dass Solidarität und Hilfs-

bereitschaft Charakteristika des Sports

sind. Vorbilder wie Timo Boll, Matthias

Steiner, Britta Heidemann, Henry Mas-

ke, Franzi van Almsick und viele andere

Sportgrößen sollen immer mehr Menschen

dazu bewegen, sich mit der Organspende

auseinander zu setzen und eine persön-

liche Entscheidung zu treffen. Franziska

van Almsick, Schwimm-Weltmeisterin,

sagt: „Ich war erst unsicher, dann habe

ich mich ausführlich informiert – und

jetzt mache ich mit: Je-

der Organspender ist ein

Lebensretter. Ich versu-

che, viele Freunde davon

zu überzeugen“

Page 32: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

31

13

Nach ihrer Transplantation beantwortete Claudia Kotter einige Fragen:

Wie denkst Du heute im Nachhinein über die Zeit zwischen Diagnose und Transplantation? Was war für Dich besonders schwierig? Es gab in der Zeit viele Höhen und Tiefen, aber am schwierigsten war für mich dieser

Moment, als ich aus meinem Leben gerissen wurde. Ich hatte ein sehr aktives, schnelles,

selbständiges – ja beinahe hektisches Leben. Von heute auf morgen gab es dann einen

totalen Stillstand – es gab keine Pläne mehr für mich, ich war abhängig von anderen, plötz-

lich bewegungslos – alles bewegte sich weiter, nur mein eigenes Leben stand still. Das war

damals eine sehr schlimme und tief greifende Erfahrung für mich.

Du warst lange hochdringlich gelistet, musstest in der Klinik leben. Wie hast Du diese sieben Monate im Krankenhaus empfunden und was hat Dir die Kraft gegeben, das alles durchzustehen?Ich stand seit 2003 auf der Warteliste für eine Lungentransplantation. Einen Teil der Zeit

war ich hochdringlich gelistet. Die wichtigsten Menschen in meinem Leben sind in dieser

Zeit selbst mit mir gemeinsam an den Rand ihrer Belastbarkeit gegangen. Sie haben auf

ihre Art alles mit mir zusammen durchgestanden. Weil diese wundervollen Menschen

mir das Gefühl gaben, nie alleine zu sein, war diese extreme Zeit für mich erträglich.

Wir alle haben irgendwie gelernt, das Krankenhaus in unseren Alltag zu integrieren.

Auch ich selbst habe die Wartezeit nie als verlorene Zeit betrachtet, sondern immer als

So werden besonders junge Menschen, die

mit dem Thema Organspende zuvor kaum

Berührung hatten, auf das Thema auf-

merksam. Menschen, die die Welt seitdem

mit anderem Herzen sehen.

Unter dem Motto „Entscheidend ist die

Entscheidung“ wendet sich Junge Helden

an die Öffentlichkeit. „Helden gesucht“,

so lautet der Slogan. Jeder sollte seine

Entscheidung treffen und in einem Organ-

spendeausweis festhalten. Ein Ausweis

ist ein Zeichen dafür, dass sich Menschen

aktiv mit dem Thema auseinandersetzen,

anstatt die Entscheidung den Hinter-

bliebenen zu überlassen.

Junge Helden

Der Verein Junge Helden e.V. wurde

2003 von Claudia Kotter gegründet. Sie war

selbst schwer lungenkrank und wartete

vier Jahre auf eine Transplantation. Im

April 2007 erhielt sie ein neues Organ. Im

Juni 2011 verstarb Claudia für alle völlig

unerwartet.

Für die „Jungen Helden“ gewann Claudia die

Unterstützung vieler Prominenter. Mit da-

bei sind die Schauspieler Jürgen Vogel und

Benno Fürmann, die Moderatoren Joko und

Klaas sowie der Sänger Max Herre, die ihre

Bekanntheit gern in die Waagschale wer-

fen, um sich des Themas Organspende mit

vollem Herzen anzunehmen.

8 Sie finden weitere

Informationen auf der

Internetseite

www.junge-helden.org

Page 33: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

32

13

© Peter Bayer

Lebenszeit, in der es trotz allem die Möglichkeit gab, bestimmte Pläne und Vorstellungen

zu verwirklichen. Für mich war es wichtig, mir Anforderungen an den Tag zu stellen.

Ich habe versucht, einen festen Rhythmus einzuhalten und nicht nur dazusitzen und zu

warten. Im Nachhinein betrachtet hatte das Ganze oft eher den Charakter einer niemals

endenden Klassenfahrt, als den eines Krankenhausaufenthaltes.

Was empfindest Du jetzt nach Deiner Transplantation? Denkst Du manchmal an denjenigen Menschen, der Dir seine Lunge gespendet hat?Ja natürlich - und ich bin sehr dankbar dafür. Ich sehe die Lunge aber nicht als

mein Eigentum an, sie hat vorher einem anderen Menschen gehört. Die Lunge ge-

hört nicht mir, sie ist mein Freund. Ich denke immer daran, sie mit Achtung und

Vorsicht zu behandeln. Schon allein dem Spender und seiner Familie gegenüber

sehe ich das als meine Pflicht an. Das war ein sehr großes Geschenk, das mir

diese Menschen gemacht haben. Ich bin sicher, dass derjenige, dem das Organ

gehört hat, und ich, uns – sofern wir uns im Leben begegnet wären – sehr gut

verstanden hätten. Wir wären uns nahe gewesen, das spüre ich. Wie sonst könnte

diese Lunge so gut zu mir passen und so perfekt funktionieren – sie hält mich am

Leben, mit jedem Atemzug.

Dein Leben, auch die Arbeit mit den ‚Jungen Helden‘, kostet viel Kraft. Wo tankst Du auf?Das Leben ist für mich das Wundervollste und Spannendste, was es gibt. Ich kann

mich für fast alles begeistern und habe auch an fast allem großen Spass. Bei al-

lem, was mich Kraft kostet, tanke ich aber gleichzeitig auch wieder auf, weil ich

mich so sehr darüber freue, wieder etwas Neues erreicht zu haben.

Welches sind Momente, die für Dich das Leben lebenswert machen?Jeder Moment ist für mich lebenswert. Vor allem sind es aber die Momente, in denen ich

das Leben ganz intensiv fühlen kann. Wenn ich Menschen, die ich liebe, um mich oder in

meinen Gedanken habe. Aber es sind auch die Momente, in denen ich gestresst, gehetzt

durch Berlin laufe und dann auf einmal in all der Hektik spüre, dass die Sonne scheint,

ich etwas Schönes sehe, durchatmen kann und mich einfach nur darüber freue, am Leben

zu sein. Heute weiß ich die Dinge im Leben, die mir immer selbstverständlich erschienen,

mehr zu schätzen. Ich kann zum Beispiel mit Zeit besser umgehen, weiß jede freie Minute

zu genießen. Vor allem habe ich aber gelernt, das auszudrücken, was ich fühle und denke

– auch dafür bin ich heute dankbar.

„Für mich ist wichtig, ehrlich mit sich selbst zu sein und sich zu ent-

scheiden. Das gilt auch für das Thema Organspende.“

Page 34: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

33

14

8DSO

www.dso.de

Transplant Forum

www.transplant-forum.de

Eurotranspant

www.eurotransplant.org

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

www.bzga.de

www.organspende-info.de

Bundesärztekammer

www.baek.de

Deutsche Transplantations-Gesellschaft

www.d-t-g-online.de

i8 Kostenfreie

Informationen und

Material zum Thema

Organspende/-transplanta-

tion bekommt man beim

Infotelefon Organspende

0800-90 40 400

8Links im Web

Page 35: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

Informationen zur Organspende

34

14

8! Alle auf dieser Seite aufge-

führten Links verweisen auf

externe Server; das heißt, alle

Inhalte, Texte und Grafiken

obliegen der ausschließlichen

Verantwortung des lokalen

Betreibers.

! Wir übernehmen keinerlei

Haftung oder Gewähr für

Inhalte, Texte und Grafiken

oder auf deren Wahrheits-

gehalt oder auch Richtigkeit

bezogene Daten und Links auf

diesen Servern.

Verein Sportler für

Organspende

www.vso.de

KiO (Kinderhilfe-Organtransplantation)

www.kinderhilfe-organtransplantation.de

Junge Helden

www.junge-helden.org

Forum Organspende und Transplantation

www.organspende-und-transplantation.de

Sebsthilfegruppen

www.lebertransplantation.de

www.bundesverband-niere.de

www.bdo-ev.de

www.stiftung-lebendspende.de

Page 36: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

35

IMPRESSUM

Herausgeber:Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO)Deutschherrnufer 52, 60594 Frankfurt am MainTelefon: 069/677328-9401, Telefax: 069/677328-9409E-Mail: [email protected], Internet: www.dso.de

Redaktion:Birgit Blome Dr. Susanne Venhaus Presse- und Öffentlichkeitsarbeit DSO

© DSO Deutsche Stiftung OrgantransplantationDas Werk einschließlich aller seiner Teile (Texte, Abbildungen, Fotos der Broschüre und der Folien) sind urheberrechtlich geschützt. Die Verwendung der Inhalte auch in Teilen für den gewerblichen Gebrauch ist ohne Zustimmung der DSO nicht gestattet. Inhalte des Werks dürfen nur für den Unterricht an Schulen sowie für Aufklärungsveranstaltungen zur Organspende und Transplantation vervielfältigt werden. Nachdruck nur mit Genehmigung der Deutsche Stiftung Organtransplantation.

In den Texten dieser Publikation sind immer Frauen und Männer gleichermaßen angesprochen, auch wenn aus Gründen der besseren Lesbarkeit nur eine Form verwendet wird.

Frankfurt am Main | Oktober 2014

Page 37: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den

36

IMPRESSUM

Herausgeber:Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO)Deutschherrnufer 52, 60594 Frankfurt am MainTelefon: 069/677328-9401, Telefax: 069/677328-9409E-Mail: [email protected], Internet: www.dso.de

Redaktion:Birgit Blome Dr. Susanne Venhaus Presse- und Öffentlichkeitsarbeit DSO

© DSO Deutsche Stiftung OrgantransplantationDas Werk einschließlich aller seiner Teile (Texte, Abbildungen, Fotos der Broschüre und der Folien) sind urheberrechtlich geschützt. Die Verwendung der Inhalte auch in Teilen für den gewerblichen Gebrauch ist ohne Zustimmung der DSO nicht gestattet. Inhalte des Werks dürfen nur für den Unterricht an Schulen sowie für Aufklärungsveranstaltungen zur Organspende und Transplantation vervielfältigt werden. Nachdruck nur mit Genehmigung der Deutsche Stiftung Organtransplantation.

In den Texten dieser Publikation sind immer Frauen und Männer gleichermaßen angesprochen, auch wenn aus Gründen der besseren Lesbarkeit nur eine Form verwendet wird.

Frankfurt am Main | Oktober 2014

Page 38: Die Welt mit anderem Herzen sehen - dso.de · • Arbeitsblatt 3: Transplantationsgesetz ... Kapitel 2: Gewebespende 9 Kapitel 3: ... 3 Ausführliche Informationen zu den