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www.sjnoe.at/direkt Das linksbündige Magazin der Sozialistischen Jugend Niederösterreich. Ausgabe 10 | Juli 2012 Sponsoring Post 02Z032327 Sozialistische Jugend Niederösterreich www.sjnoe.at „Freiheit für die Sahauris!“ LRin Karin Scheele appeliert für selbstbestimmte Westsahara Seite 10 Millionenschwere Geisterstadien Wer vom Hype um den Spitzensport profitiert Seite 16 JETZT AUCH ONLINE LESEN! www.sjnoe.at/direkt EXKLUSIVREPORT Der vergessene Nazistollen KZ-Häftlinge schlugen 42.000 m 2 in Wachberg bei Melk Verein kämpft für Öffnung und historische Aufarbeitung NR-Präsidentin Prammer bezieht im Interview Stellung Seite 4

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Das dIREKT versteht sich als Medium zur Information von Mitgliedern, FunktionärInnen und SympathisantInnen der SJ NÖ. Das dIREKT informiert über aktuelle politische Debatten und thematisiert jugendrelevante Ereignisse.

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Page 1: dIREKT Ausgabe 10

www.sjnoe.at/direkt

Das linksbündige Magazin der Sozialistischen Jugend Niederösterreich.

Ausgabe 10 | Juli 2012

Sponsoring Post02Z032327

Sozialistische JugendNiederösterreichwww.sjnoe.at

„Freiheit für die Sahauris!“LRin Karin Scheele appeliert für

selbstbestimmte Westsahara

Seite 10

Millionenschwere Geisterstadien

Wer vom Hype um den Spitzensport profitiert

Seite 16

JETZT AUCH

ONLINE LESEN!

www.sjnoe.at/d

irekt

EXKLUSIVREPORT

Der vergessene Nazistollen KZ-Häftlinge schlugen 42.000 m2 in Wachberg bei Melk Verein kämpft für Öffnung und historische Aufarbeitung NR-Präsidentin Prammer bezieht im Interview Stellung

Seite 4

Page 2: dIREKT Ausgabe 10

0 0 2 _ I N H A L T S V E R Z E I C H N I S

IMPRESSUM

Medieninhaberin und Herausgeberin: SJ Niederösterreich, 3100 St. Pölten, Kastelicgasse 2, Tel.: +43 (0)2742 22 55-226; E-Mail: offi [email protected]; Website: www.sjnoe.atRedaktion: Paul Ameli, Andreas Beer, Mirza Buljabasic, Naomi Dutzi, Michael Gogola, Martin Gutlederer, Bernhard Habusta, Sigrid Horn, Benjamin Jaquemar, Meike Kolck-Thudt,

Matthias Punz, Katharina Rabl, Marlene Reinberger, Daniel Riegler, Peter Schicho, Jutta Schmitzbeger, Jakob Winter, Grundlayout: Peter Rüpschl, Florin Buttinger, Satz und Layout: Florin Buttinger, Coverfoto: Quarz Team,

Produktion: NGL-Mediamondial, 3151 St. GeorgenGrundlegende Richtung: Das dIREKT versteht sich als Medium zur Information von Mitgliedern, FunktionärInnen und SympathisantInnen der SJ NÖ.

Das dIREKT informiert über aktuelle politische Debatten und thematisiert jugendrelevante Ereignisse.

INTRO

003 EDITORIAL

DER ROTE FALKE

004 UWE SCHEUCH UND DIE TETSCH‘N

IM BRENNPUNKT

004 DER VERGESSENE NAZISTOLLEN

INTERNATIONAL

008 QUO VADIS, EUROPA?

0 10 DIE LETZTE KOLONIE

ÖSTERREICH

0 12 BEST-OF U-AUSSCHUSS

AKS/BILDUNGSPOLITIK

0 13 SCHULEN MIT DEMOKRATIE DURCHFLUTEN!

JUGENDKULTUR

014 FESTIVALSUMMER 2012

ARBEITSWELT

015 ARBEIT. LEHRE. WÜRDE. RECHT.

GESELLSCHAFT

016 KICK I LIKE... CAPITALISM!

FRAUEN

017 WA(H)RE SCHÖNHEIT

ORGANISATION

018 LEHRLINGSKAMPAGNE, ORTSGRUPPENGRÜNDUNG

019 STEH AUF! KAMPAGNE, ANTIFA

TERMINE

020 TERMINE

SCHMANKERL

021 SEHEN. HÖREN. LESEN.

DR. MARX

022 NICHTS ALS KETTEN ZU VERLIEREN

008004

013 014012

017016 018 019

015

004 010

Page 3: dIREKT Ausgabe 10

Liebe Genossinnen,

liebe Genossen,

Das Schul- und Studienjahr ist zu Ende und die Ferien- und Ur-

laubszeit beginnt – hoffentlich auch für unsere ArbeiterInnen

und Lehrlinge. Damit beginnen auch die Sommeraktivitäten der

SJ Niederösterreich. Im Juli und August sind wir wieder mit un-

serer Bädertour durch die Freibäder und Badeseen in Niederös-

terreich unterwegs.

Im Juli geht das ECOSY Summercamp über die Bühne, welches

in diesem Jahr direkt am kroatischen Meer in Savudrija stattfin-

den wird. Von 13. – 20. Juli gibt es wieder die Möglichkeit un-

zählige Workshops und spannende Diskussionen zu besuchen,

gepaart mit viel Spaß, Sonne, Meer und Sozialismus.

Von 3. – 5- August gibt es dann unser legendäres Sommersport-

fest im Europacamp in Weißenbach am Attersee. Dort werden

Spaß, Party und Action sicher nicht zu kurz kommen!

Vor dem Sommer ist nach dem Sommer – Der EU Fiskalpakt

Auch nach dem Sommer wird uns die tiefe Krise der Finanz-

märkte noch weiter begleiten. Die herrschende Anti-Krisenpo-

litik hält weiter fest an derselben wirkungslosen Medizin: Der

harte Sparkurs, der bisher nichts gebracht hat, soll zukünftig

Verfassungsrang bekommen. So sollen mit dem Fiskalpakt so

genannte Schuldenbremsen europaweit und für alle Ewigkeit

festgeschrieben werden. Wir sagen ganz klar „NEIN!“ zum Fis-

kalpakt, denn er löst die Probleme Europas nicht, sondern ver-

schlimmert sie nur. Die Austeritäts- und Kürzungspolitik muss

beendet werden. Die enormen Geldvermögen in Europa müssen

in realwirtschaftliche Investitionen gelenkt werden. Der Fiskal-

pakt ist unsozial und ökonomisch schädlich.

Die sozialen Probleme können nur durch eine gerechte Besteuerung

von Gewinnen, Vermögen und Spekulationen beseitigt werden.

Freundschaft!

Text: Andreas Beer, Foto: Sebastian Reich E D I T O R I A L _ 0 0 3

Andreas Beer, Landesvorsitzender der SJ Niederösterreich

EDITORIAL

Page 4: dIREKT Ausgabe 10

Der vergessene Nazistollen Im bei Roggendorf nebst Melk gelegenen Wachberg liegt seit Jahrzehnten ein Nazistollen von unglaublichen Dimensionen im Verborgenen. Für die Aufarbeitung der grausamen Geschichte will sich niemand zuständig fühlen. Die dIREKT-Redaktion begab sich auf eine Spurensuche.

COVERSTORY

Stollen-Strategie der NS-Kriegsmaschinerie

Wir schreiben das Jahr 1944. Der Zweite Weltkrieg zieht seine

letzten Furchen der Zerstörung. Die Übermacht der Alliierten

wird zu diesem Zeitpunkt immer deutlicher. Beinahe täglich wer-

den strategisch wichtige Städte und Ziele innerhalb der deut-

schen Gebiete bombardiert. Die nationalsozialistische Kriegs-

produktion droht allmählich ins Stocken zu geraten, da Fabriken

den Bombenabwürfen zum Opfer fallen. Zu diesem Zeitpunkt

entscheiden sich die NS-Strategen dazu, mittels Stollenanlagen

von überdimensionalem Ausmaß ihre Kriegsmaschinerie unter

die Erde zu verlagern. Die Wahl fällt schließlich unter anderem

auf den Wachberg in Roggendorf bei Melk. Ein von den Nazis be-

auftragtes Architekturbüro entwirft daraufhin einen Geheimplan

für eine Stollenanlage, die im Endstadium über 70.000m2 groß

werden soll. Unter dem Codenamen „Quarz Roggendorf B9“ wird

das Projekt zügig vorangetrieben. Zum Bau der Stollenanlage

wurden circa 15.000 Gefangene des Konzentrationslagers Melk

herangezogen, die unter grauenvollsten Bedingungen für den Bau

dieser Anlage schufteten. In nur einem Jahr – von 1944 bis 1945

– wurden Stollen mit einer Gesamtfläche von 40.000m2 in den

Wachberger Quarzsand geschlagen. Etwa 5000 Häftlinge muss-

ten bis zur Befreiung im Mai 1945 ihr Leben lassen. Die Anlage

wurde zwar nur zum Teil fertig gestellt, doch Steyr-Daimler-Puch

begann bereits in einigen Stollen mit der Fertigung von Kugella-

gern, die für die Panzerproduktion von Nöten waren.

Keine Aufarbeitung in Sicht

Nach der Befreiung machten sich die russischen Besatzer dar-

an, die Stollenanlage zu sprengen. Der massive Bau trug jedoch

kaum Schäden davon. Und so schlummert im Wachberg bis heu-

te ein stiller Zeitzeuge der Nazibarbarei, mit dessen Aufarbeitung

sich niemand so recht befassen will. Selbst ehemalige Schüle-

rInnen des Stiftsgymnasium Melk wissen recht wenig über das

Uwe Scheuch und die Tetsch‘nKürzlich ließ der Kärntner Politiker und Bildungsreferent

der FPK Uwe Scheuch aufhorchen, als er in einem In-

terview für mehr Durchgriffsrechte der Lehrer plädierte.

Eine „kleine Tetsch‘n“ sei durchaus legitim, immerhin

wäre es „sehr schwierig mit den pubertierenden Da-

men und Herren umzugehen“. Wenn man an Scheuchs

Staatsbürgerschaftsvergabe und sein Telefonat zurück-

denkt, könnte man auch sagen: Die Tetsch‘n ist „part

of the game“. Eigentlich sollte man bei den Blauen den

Posten des Bildungsreferenten auflassen, immerhin wird

sich in dieser Partei nie jemand Qualifizierter für diese

Stelle finden lassen.

Und vielleicht erfahren wir ja in ein paar Jahren über auf-

gezeichnete Telefonprotokolle, dass die Forderung nach

einer „kleinen Tetsch‘n“ bloß durchdachte Strategie der

Freiheitlichen ist: Durch die ständigen Ohrfeigen sollen

die SchülerInnen Gehirnzellen verlieren, wodurch der IQ

fällt und die Zahl der FPÖ-WählerInnen stetig wächst.

Text: Bernhard Habusta, Foto: SJ Archiv

DERROTE

FALKE

0 0 4 _ R O T E R F A L K E

Page 5: dIREKT Ausgabe 10

fact box

Antifaschistische Spurensuche

Eine Führung durch das ehemalige KZ Melk und zu

den Eingängen des Nazistollen am Wachberg bie-

tet die SJNÖ in Kooperation mit dem „Quarz Team“

kostenlos an. Die Spurensuche dauert in etwa 3-4

Stunden und wird vorzugsweise am Wochenende

angeboten.

Terminvereinbarungen:

SJNÖ Landessekretariat

[email protected] | 02742/2255-222

Der vergessene Nazistollen Im bei Roggendorf nebst Melk gelegenen Wachberg liegt seit Jahrzehnten ein Nazistollen von unglaublichen Dimensionen im Verborgenen. Für die Aufarbeitung der grausamen Geschichte will sich niemand zuständig fühlen. Die dIREKT-Redaktion begab sich auf eine Spurensuche.

COVERSTORY

Außenlager Melk und die damit verbundene Geschichte. Im Ge-

schichtsunterricht wird das Thema aufgrund von Zeitmangel nur

geringfügig angeschnitten und eine einmalige Exkursion ins KZ

Mauthausen lässt viele Detailfragen über den Nationalsozialis-

mus im Unklaren. Gut gemeint ist, eben nicht immer gut. Als sich

die dIREKT-Redakteure nach dem Weg zur KZ-Gedenkstädte in

Melk erkundigen, können die BewohnerInnen der Bezirkshaupt-

stadt kaum Auskünfte geben. Die grausame Geschichte scheint

hier kein Thema mehr zu sein. Im Gegensatz zur Bevölkerung hat

die Wirtschaft gewichtige Gründe der Aufarbeitung keine Auf-

merksamkeit zu schenken: Der Wachberg wird von der Agrarge-

meinschaft Roggendorf verwaltet und derzeit an die Quarzwerke

verpachtet, die dort im großen Stil Quarzsand abbauen. Für bei-

de ein lukratives Geschäft, das man sich nur ungern durch eine

öffentliche Gedenkstädte zerstören lässt.

Lichtblicke und Courage

Doch es gibt auch Lichtblicke am Ende des Stollens: Die enga-

gierte Arbeitsgemeinschaft „Quarz Roggendorf“ hat sich der

Erforschung des NS-Projektes verschrieben. Das sogenannte

Quarz-Team hat sich nun der Aufarbeitung und dem Erhalt dieses

unterirdischen Stollenwerks trotz bürokratischer Schwierigkeiten

(näheres im Interview) verschrieben. Wir möchten hier von der

Homepage zitieren, die die Dinge auf den Punkt bringt: „Die Stol-

lenanlage Quarz ist ein einzigartiges Denkmal von überregionaler

Bedeutung. Sie stellt noch immer die größte derartige Tunnelanla-

ge in Österreich dar und verkörpert eindrucksvoll Rüstungswahn-

sinn und Massenvernichtung des NS-Regimes. Bis heute existiert

keine adäquate Gedenkstätte. Der Erhalt der Stollenanlage ist

durch einen nahen Sandabbau bedroht. Ziel ist die Rettung der

Stollenanlage [...].“ Für Interessierte werden nun in Kooperation

mit der Sozialistischen Jugend NÖ auch Führungen angeboten,

beginnend beim ehemaligen KZ in Melk und einer Vorort-Bege-

hung am Wachberg (siehe Factbox). Die Arbeit des Team Quarz

ist von enormer Bedeutung, da von vielen öffentlichen und pri-

vaten Stellen das „Gedenken und Mahnen“ vernachlässigt wird.

Obwohl gerade in Zeiten eines wieder erstarkenden Rechtsext-

remismus und nach den Vorfällen in Utøya das Motto „Niemals

vergessen“ nichts an Aktualität und Brisanz verloren hat.

Webtipp: www.quarz-roggendorf.at – Die Homepage der

Arbeitsgemeinschaft „Quarz Roggendorf“

Die Coverstory geht auf Seite 6 und 7 weiter

Text: Martin Gutlederer, Matthias Punz, Jakob Winter; Fotos: Quarz Team, Bernhard Wurm C O V E R S T O R Y _ 0 0 5

Page 6: dIREKT Ausgabe 10

0 0 6 _ C O V E R S T O R Y Interview: Matthias Punz; Foto: Bernhard Wurm

COVERSTORY

Quarz Team: „Staat hat Angst vor Kosten!“

Waghalsig und auf eigene Gefahr erforschen die Mitglieder des Teams im Geheimen noch immer das nicht mehr zugängliche unterirdische Stollensystem in stundenlangen Wanderungen durch die Finsternis.

Manches hat man schon entdeckt, doch vieles liegt buchstäblich noch im Dunkeln. Nach einer Führung durch das ehemalige KZ Außenlager Melk und der Begehung des Wachberges,

konnte Matthias Punz für das dIREKT drei „Quarzianer“ zum Gespräch bitten. Der Vorsitzende Michael Urmann, sein Stellvertreter Patrick Rautner und Schriftführerin Anita Heindl

gaben Einblick in die außergewöhnliche Arbeit der „Arbeitsgemeinschaft Quarz Roggendorf“.

Wann begann eure Arbeit?

Michael: Das war vor eineinhalb Jahren.Wir haben uns gesagt

irgendwas muss da geschehen, und haben begonnen eine Web-

site zu gestalten.

Anita: Der Sinn war Informationen zusammenzutragen, weil es

keine zentrale Stelle gibt, wo solche zugänglich wären.

Gab es vor euch auch schon Bemühungen dieser Art?

Michael: Es haben sich in der Vergangenheit auch schon viele

Leute mit dem Thema und dem Berg befasst, aber das hat sich

dann alles verlaufen, weil keiner die Ausdauer hatte.

Welcher Umstand verhindert die Öffnung der Stollen?

Patrick: Der größte Stein der uns im Weg liegt ist noch immer

die Besitzfrage. Es äußert sich keiner dazu und es will natürlich

keiner die Stollenanlage haben, weil das mit großen finanziellen

Aufkommen verbunden ist.

Ist eine Lösung in Sicht?

Michael: Es gibt eine interne Lösung an der wir noch arbeiten,

aber die können wir an dieser Stelle nicht verraten.

Warum kommt der Staat Österreich seiner historischen Verant-wortung nicht nach?

Michael: Weil der Staat Angst vor der Kostenfrage hat. Der Staat

hat bei anderen Gedenkstätten gesehen wie teuer das werden

kann und will sich das Geld sparen

Herrscht im Bereich der Gedenkarbeit ein bisschen Willkür vor?

Michael: Ich würde eher sagen, dass ist keine Willkür sondern

Glückssache.

...also doch willkürlich.

Michael:(Schmunzelt) Ja, aber nicht im Sinne von Freunderl-

wirtschaft.

Hat euch euer Engagement schon viel Geld gekostet?

Ja. Zum Beispiel die Anschaffungen von Luftbildern kostet ei-

nen Haufen Geld. Die ganze Ausrüstung, die vielen Fahrten, man

muss sich frei nehmen für Behördengänge usw.

Was sind eure kurz- und langfristigen Ziele, die ihr in Roggendorf erreichen wollt?

Michael: (lacht) Die kurzfristigen, sind eigentlich die langfristi-

gen Ziele.

Anita: Die Öffnung zu Forschungszwecken auf jeden Fall, dann

langfristig die Zugänglichmachung für die Öffentlichkeit und die

Errichtung einer Gedenkstätte und einer Austellung etc.

Michael: Der Historiker Gerhard Flossmann hat früher schon ein-

mal einen Gedenkweg vom ehemaligen KZ Melk bis nach Roggen-

dorf zum Stollen geplant gehabt, und diesen Plan sollte man auch

wieder aufleben lassen und in einer Gedenkstätte integrieren.

Page 7: dIREKT Ausgabe 10

Interview: Matthias Punz, Naomi Dutzi; Foto: Jakob Winter C O V E R S T O R Y _ 0 0 7

Was geschah bzw. geschieht grundsätzlich mit Besitz bzw. Liegenschaften des ehemaligen Deutschen Reiches nach 1945?

Was bis heute nicht gelungen ist, ist ein österreichisches Gesamt-

konzept zu entwickeln. Rechtlich geklärt ist es für die Gedenkstätte

Mauthausen, aber darüber hinaus nicht. Ich würde es sehr befür-

worten, wenn man hier endlich eine einheitliche Lösung findet.

Woran scheitert das bzw. wo sammelt sich hier Widerstand?

Das Mauthausen Komitee hat sich natürlich in erster Linie um

Mauthausen gekümmert, nimmt sich aber zunehmend auch um

den Gesamtkomplex an. Aber es ist nicht so, dass man jetzt davon

reden könnte, dass niemand will. Es hat einfach nicht begonnen.

Manchmal entsteht der Eindruck, dass die Gedenkstätte Mauthausen die Aufmerksamkeit  der gesamten historischen Gedenkarbeit einnimmt.

Es wäre natürlich im Ausland und den Überlebenden und den Op-

fern gegenüber ein unglaublicher Schlag, würde man Mauthausen

nicht als das österreichische Mahnmal schlechthin sehen.

Wie würdest du die Rechtslage in Roggendorf beurteilen?

Die kann ich nicht beurteilen, das ist unmöglich. Das muss aber

rechtskundig geklärt sein.

An wen könnte man sich wenden um das in Erfahrung zu brin-gen? Wo wird das geklärt bzw. wer ist zuständig?

Im Innen- bzw. Außenministerium muss es meiner Meinung

nach geklärt werden, weil es kann in einem Rechtsstaat ja nicht

sein, dass eine Rechtslage ungeklärt bleibt.

Kannst du dir vorstellen das Quarz Team in ihren Anliegen zu unterstützen?

Es ist ja bekannt, dass ich die Vorsitzende des Kuratoriums des Na-

tionalfonds bin. Es gab immer wieder finanzielle Unterstützungen

durch den Fonds. Ich bin immer froh wenn es solche Initiativen gibt.

COVERSTORY

Prammer: „Rechtslage muss gelöst werden!“

Naomi Dutzi und Matthias Punz interviewten für das dIREKT Nationalratspräsidentin Barbara Prammer.

Page 8: dIREKT Ausgabe 10

0 0 8 _ I N T E R N A T I O N A L Text: Paul Ameli, Meike Kolck-Thudt, Daniel Riegler; Foto: Naomi Dutzi

INTERNATIONAL

Quo vadis, Europa? Italiens Regierung wurde nicht gewählt und ist nun „technisch“, eine gut ausgebildete spanische Jugend

muss auf öffentlichen Plätzen campieren um für grundlegende Bedürfnisse zu kämpfen und in Frankreich regiert seit kurzem ein Karamellpudding. Diese Zeilen erinnern an einen dystopischen Science-

Fiction Roman. Ein Roman, dessen Ende noch ungewiss ist und die Frage offen lässt:wohin gehst du, Europa?

governo tecnico

„Ministerpräsidenten kommen und gehen, Professoren bleiben“,

entgegnete Mario Monti einem Journalisten, als dieser sich für

seine inkorrekte Anrede entschuldigte. Nun kam also Monti am

16. November 2011 mit seinem ExpertInnen-Team ins Parlament.

Der Auftrag lautet „Italien retten“. Somit wurde, wie in unzäh-

ligen anderen europäischen Staaten, ein Sparpaket geschnürt.

Hier sind vor allem die Pensionen aller ArbeitnehmerInnen be-

troffen. So müssen beispielsweise Männer mindestens 42 Jahre

arbeiten, um Anspruch auf eine Pension zu haben und bei den

Frauen wird das Antrittsalter bis 2016 auf 65 erhöht. Weiters

wurden im öffentlichen Verkehr Einsparungen getroffen und öf-

fentliche Immobilien privatisiert.Bis 2013 soll damit der Fiskus

konsolidiert werden.

Die italienisch genannte governo tecnico, zu Deutsch techni-

sche Regierung, die eben seit Ende 2011 im Amt ist, ist wohl

gemessen an der Politik von Berlusconi ein Fortschritt für Italien,

jedoch höchstens ein marginaler.

Es sind nun ganz klar ExpertInnen am Ruder, ExpertInnen des

neoliberalen Gedankens, der diese governo tecnico, welche für

schwere Krisen vorgesehen ist, durch die das System überhaupt

erst bestehen kann, möglich gemacht hat.

Gedränge unterm Schirm

Nachdem Spanien nun öffentlich verkündet hat, dass die Banken

des Landes in massiven Finanzproblemen stecken, sind viele der

Meinung, dass der einzige Ausweg unter den Rettungsschirm führt.

Besonders starker Druck wird auch von ExpertInnen ausgeübt, die

fürchten, dass die Krise von Spanien auf Italien und Portugal über-

greift und das Gedränge unterm europäischen Schirm dadurch zu

groß wird. Deswegen fordern sie von der Regierung schnelle Ent-

scheidungen und Lösungen. Um Spanien allerdings fürs Erste über

den Berg zu bringen, wären um die 250 Milliarden Euro notwendig.

Währenddessen ist man in Griechenland schon einen Schritt

weiter: nach dem knappen Wahlsieg der neoliberalen Neo Dimo-

kratia (Wahlergebnis: 29,6%) ist eine Diskussion um Euro- und

EU- Austritt und um ein Ende der Austeritätspolitik beendet wor-

den. Die neue griechische Regierung wird den Sparkurs fortsetzen!

Enttäuscht wurden die Hoffnungen und Erwartungen die in die lin-

ke Partei Syriza (Wahlergebnis: 26,9%) gesteckt worden waren,

welche sich in ihrem Wahlkampf vehement gegen den Sparkurs

auflehnte und u.a. für eine Höhere Besteuerung von Vermögen,

Vergesellschaftung von rekapitalisierten Banken, eine Erhöhung

des Mindestlohns auf 750€ und ein Ende des Sparens bei Sozi-

alausgaben kämpfte. Sie wird nun eine Opposition gegen das

Page 9: dIREKT Ausgabe 10

INTERNATIONAL

Quo vadis, Europa? Italiens Regierung wurde nicht gewählt und ist nun „technisch“, eine gut ausgebildete spanische Jugend

muss auf öffentlichen Plätzen campieren um für grundlegende Bedürfnisse zu kämpfen und in Frankreich regiert seit kurzem ein Karamellpudding. Diese Zeilen erinnern an einen dystopischen Science-

Fiction Roman. Ein Roman, dessen Ende noch ungewiss ist und die Frage offen lässt:wohin gehst du, Europa?

fact box

Arbeitslosenquote in Prozent

Frankreich: 10,2; Griechenland: 19,7

Irland: 14,2; Italien: 9,8

Österreich: 4,3; Portugal: 15,5

Slowakei: 13,2; Spanien: 24,4

Quelle: EUROSTAT

(http://wko.at/statistik/eu/europa-arbeitslosenquoten.pdf)

Spardiktat bilden und selbst die Hoffnung hegen, in naher Zukunft

durch die Unterstützung der breiten Masse Griechenland von den

neoliberalen Fittichen befreien zu können.

Hoffnung

Bis vor wenigen Monaten glich Frankreichs politisches Schicksal

jenem der vorhin erwähnten Länder, wenn da nicht ein sozialisti-

scher Karamellpudding die Präsidentschaftswahl gegen den kon-

servativen Sarkozy gewonnen hätte: Francois Hollande!

Gleich zu Beginn seiner Präsidentschaft kürzte er die Gehälter

des Ministerrats um 30 % und setzte eine Geschlechterparität

durch. Im Wahlkampf sprach er auch von einer hohen Besteue-

rung von Vermögen und einer Neuverhandlung des Fiskalpakts.

Der politische Kurswechsel in Frankreich ist eine einmalige

Möglichkeit, als Sozialdemokratie europaweit in die Offensive

zu gehen: Nach Jahren des neoliberalen Spardiktats widersetzt

sich eines der beiden wichtigsten EU-Länder dieser Politik. In

dieser Situation muss die europäische Sozialdemokratie insge-

samt aktiv werden, um der Sparpolitik des Fiskalpakts mit ih-

ren gravierenden Folgen den Kampf anzusagen. Auch Thierry

Marshall-Beck, Vorsitzender der französischen sozialistischen

Jugend, meinte bei einer Veranstaltung der SJ Österreich, dass

die neoliberale Politik von Merkel und Sarkozy schon genug

Menschen, großteils junge, auf die Straße gesetzt hat. Dem

muss nun Hollande endlich ein Ende setzen!

Die Angst ist groß, dass ihm dies angesichts der neoliberalen Vor-

herrschaft in Europa nicht gelingen könnte.

erde. luft. wasser. wiesen. blumen. flüsse.

paddeln. täler. wälder. wege. laufen. almen.

berge. klettern. touren. schi. firn. boarden.

pulver. träume. lachen. gipfel. sonne. weite.

freiheit. natur. freunde

Das Leben fängt draußen an.www.niederösterreich.naturfreunde.at

Page 10: dIREKT Ausgabe 10

0 1 0 _ I N T E R N A T I O N A L Interview: Jutta Schmitzberger, Jakob Winter

INTERNATIONAL

Die letzte Kolonie Jutta Schmitzberger und Jakob Winter führten mit der niederösterreichischen Landesrätin

und Vorsitzenden der Österreichisch –Sahaurischen Gesellschaft Karin Scheele ein Gespräch über den Westsaharakonflikt und darüber, in wieweit Österreich dabei eine Rolle spielt.

Du bist Vorsitzende der österreichisch- sahaurischen Gesellschaft. Wie kam es dazu?

Für das Interesse an der Solidaritätsarbeit für das sahaurische

Volk ist die Sozialistische Jugend NÖ verantwortlich. Ich war

dabei als in meiner Heimatgemeinde eine Aktion der SJNÖ

stattfand, wo Geld für den Brunnenbau in sahaurischen Flücht-

lingslagern gesammelt wurde. Wir wussten noch wenig über den

Konflikt, damals war ich noch keine 18 Jahre alt. Unser damaliger

Landesvorsitzender, der jetzige Nationalrat Hannes Wenninger,

war aus meiner Sicht dafür verantwortlich, dass die SJNÖ diesen

internationalen Schwerpunkt hatte.

Wofür setzt sich die Gesellschaft konkret ein?

Konkret geht es darum, dass man die Freundschaftsverhältnisse

zwischen ÖsterreicherInnen und Sahauris vertieft. Generell ver-

suchen wir auch, den Westsaharakonflikt immer wieder auf die

politische Tagesordnung zu setzen.

Der Westsaharakonflikt lodert seit über 30 Jahren. Wie steht die Gesellschaft zur Unabhängigkeitsbewegung Frente Polisario, die für das Selbstbestimmungsrecht der Demokratischen Arabischen Republik Sahara kämpft?

Die Westsahara war bis 1975 eine spanische Kolonie. Nach

internationalem Recht gehört es noch immer zu Spanien.Seit

1965 steht die Westsahara auf der Liste der Vereinten Natio-

nen jener Länder, die darüber abstimmen sollen, ob sie lieber

unabhängig werden, oder Teil von Spanien sein wollen. Das ist

bis heute nicht passiert. Die Frente Polisario wird von der UNO

als Sprachrohr der sahaurischen Bevölkerung bezeichnet. Die

Frente Polisario hat breite Unterstützung bei der sahaurischen

Bevölkerung und ist deswegen auch ein wichtiger Partner für

die Arbeit der österreichisch-sahaurischen Gesellschaft. Es ist

aber nicht nur der Wunsch der Frente Polisario, dass das Land

endlich unabhängig wird, sondern dieser Wunsch kommt wirk-

lich aus der Bevölkerung. Das ist für mich auch ganz klar der

Unterschied z.B. zu Kosovo. Ich glaube auch wie Bruno Kreisky

gesagt hat, bei so einer Ungerechtigkeit gibt es keine Neutrali-

tät. Hier muss man einfach Partei ergreifen.

Welche Rolle spielt aus deiner Sicht Marokko im Konflikt um das Gebiet?

Marokko hat ja 1974 einen Antrag beim Internationalen Ge-

richtshof gestellt, dass die Westsahara marokkanisch sei. 1975

hat der IGH entschieden, dass es keinen Grund gibt, warum

Marokko diese Gebiete legal beanspruchen könnte, weil die

Gebiete der Westsahara auch vor der Kolonialisierung nicht

Teil Marokkos gewesen sind. 1975 hat man dann eben diesen

Gebietsansprüchen eine klare Absage erteilt. Das wollte König

Hassan II nicht hören. Er hat dann den grünen Marsch orga-

nisiert, so nach dem Motto „heim ins Reich, wir holen uns die

Page 11: dIREKT Ausgabe 10

Westsahara!“ Man hat die Antwort Den Hags einfach nicht

akzeptiert. Das Interesse Marokkos an der Westsahara war

damals auch sicher Ablenkung von internen sozialen Spannun-

gen und Konflikten, aber natürlich haben auch die Rohstoffvor-

kommen in der Westsahara eine Rolle gespielt. Damals war es

Phosphat. Diese Rohstoffvorkommen entdeckte man einen Mo-

nat bevor Marokko Anspruch auf die Westsahara erhob. Mitt-

lerweile hat sich das Interesse mehr auf Erdöl, Erdgas und die

Möglichkeit Solarenergie zu gewinnen verlagert.

Wie sollte sich die Republik Österreich in dem Konflikt verhalten?

Das wichtigste ist für mich einfach, wie Österreich sich bei Ab-

stimmungen in der EU zu diesem Thema verhält. Weil es mir

als sehr begeisterte Europäerin schon immer auf die Nerven

gegangen ist, dass auch österreichische Nationalratsabgeord-

nete sich immer wieder über Entscheidungen der EU bezüg-

lich des Westsaharakonfliktes aufgeregt haben, aber der ös-

terreichische Nationalrat selbst nichts weitergebracht hat. Für

mich ist es einfach wichtig, wie sich das neutrale Österreich,

in einem Konflikt in dem wir einfach eine klare Position haben

sollten, verhält. Hier erwarte ich mir einfach mehr Ecken und

Kanten und aktive Neutralität. Wir haben als ÖSG damals viel

Arbeit geleistet als es darum gegangen ist, dass auf EU- Ebe-

ne im Ministerrat eine Entscheidung getroffen wurde, die dem

internationalen Recht nicht entsprach. Als es darum ging, ob

es eine Neuauflage des Fischereiabkommens mit Marokko ge-

ben soll oder nicht. Dieses Abkommen ist ja völkerrechtswidrig,

weil es Gebiete der Westsahara inkludiert. Damals haben wir

dann auch ein Gespräch mit dem österreichischen Außenmi-

nister geführt, wir haben eine E-Mail Kampagne gemacht und

schlussendlich bei der Letztabstimmung hat Österreich dann

dagegen gestimmt.

Das Vorzeigeprojekt der ÖSG nennt sich „Ferien vom Krieg“. Worum geht es?

Es geht darum, dass 10 sahaurische Kinder aus den Flücht-

lingslagern in Algerien während der heißen Sommermonate für

8 Wochen nach Österreich kommen können und sich hier von

schwierigsten Lebensbedingungen erholen können. Sie werden

hier medizinisch durchgecheckt und auch neu eingekleidet. Au-

ßerdem bieten wir ihnen ein interessantes Ausflugsprogramm.

Es kommen jetzt schon seit 3 Jahren dieselben Kinder weil das

von den Westsahauris so gewünscht wird, weil die Kinder so die

Möglichkeit haben, etwas Deutsch zu lernen. Man muss auch

dazu sagen, dass Österreich nur eine sehr kleine Gruppe auf-

nimmt. Spanien zum Beispiel nimmt 1000 Kinder auf und auch

in die Toskana kommen fast 1000 Kinder.

Nach welchen Kriterien werden die Kinder ausgewählt?

Als ich angefangen habe, wurden immer die Klassenbesten be-

lohnt. Mittlerweile bekommen alle Kinder im Grundschulalter die

Möglichkeit.

Wie finanziert sich dieses Projekt?

Ein Teil wird von den Mitgliedsbeiträgen der ÖSG finanziert. Wir

kriegen in den letzten Jahren auch immer wieder großzügige Un-

terstützung vom Viktor Adler Fonds der SPÖ Wien. Auch von

privaten Firmen bekommen wir immer wieder Unterstützung.

Und ganz wesentlich sind auch die Strukturen der SPÖ und der

Vorfeldorganisationen. Wir bekommen Unterstützung von den

SPÖ Frauen, von den Orts- oder Bezirksorganisationen, von den

Kinderfreunden, die einen Tag lang das Programm gestalten.

Danke für das Gespräch.

Fotos: Jakob Winter, SJ Archiv I N T E R N A T I O N A L _ 0 1 1

Page 12: dIREKT Ausgabe 10

fact box

– politisches Kontrollinstrument

– Prüfung der Geschäftsführung einer

Bundesregierung

– untersucht, ob sich Mitglieder einer Regierung

strafbar gemacht oder wider dem öffentlichen

Interesse gehandelt haben

– dient nur der Beschaffung von Informationen und

der Aufdeckung von Tatbeständen

– hat keine Befugnis, Personen zur Rechenschaft

zu ziehen

– kann Gerichte und öfftl. Ämter verpflichten,

Akten auszuhändigen

– Anträge auf einen U-Ausschuss müssen mit Stim-

menmehrheit im Nationalrat beschlossen werden

ÖSTERREICH

Best-of U-Ausschuss Auf Antrag von SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ wurde 2011 der „Untersuchungsausschuss* zur

Klärung von Korruptionsvorwürfen“ beschlossen. Behandelt werden vor allem die dubiosen Geschäfte und Machenschaften der Ära Schwarz-Blau.

Der aktuelle U-Ausschuss widmet sich unter anderem der Staats-

bürgerschaftsvergabe unter Haider/Scheuch und der Inseratenver-

gabe unter Faymann, hauptsächlich werden jedoch die Tätigkeiten

der ÖVP-FPÖ-Koalition in den frühen 2000er-Jahren geprüft:

Grasser und die BUWOG-Privatisierung, Telekom-Geldflüsse an

Gorbach und Reichhold, Novomatic-Zahlungen an Meischber-

ger sowie die Blaulichtfunk-Vergabe unter Strasser.

Grasser und seine „weiße Weste“

Seit April behandelt der U-Ausschuss die Causa BUWOG, bei

deren Privatisierung der damalige Finanzminister Grasser mit-

profitiert haben soll. Beim Verkauf der BUWOG erhielten Gras-

sers Freunde Meischberger und Plech rund 10 Mio.€ Provision,

wobei hinter einem liechtensteinischem Konto, auf das große

Teile der Summe überwiesen wurde, Grasser zu stecken scheint.

Im Ausschuss dementiert er das „magisches Dreieck“ Meisch-

berger-Plech-Grasser, die aufgezeichneten Telefonate lassen ihn

aber alles andre als „supersauber“ aussehen. Im Gespräch mit

Walter Meischberger zieht er beispielsweise die Option in Er-

wägung, einen Staatsanwalt zu bestechen, um an Informationen

heranzukommen.

Meischberger und das „Projekt Nordbergstraße“

2002 wollte die Wirtschaftsuniversität Wien auf ein Telekom-

Gebäude in der Nordbergstraße expandieren. Ein PORR-Konsor-

tium erwarb die Immobilie und schnappte sie der BundesImmo-

bilienGesellschaft unter Ernst Plech weg. Walter Meischberger

erhielt dabei eine satte Provision von 708.000€ seitens der

PORR. Die Vermutung: Plech gab Insiderinfos der BIG an sei-

nen Freund Meischberger weiter, der für dafür von der PORR

großzügig honoriert wurde. Bis heute weiß Meischberger nicht,

was offiziell seine Leistung war. Im Telefonat mit Plech fragte er:

„Wos hob i daun zsammenbrocht? (. . .) Wo woar mei Leistung?“

Im U-Ausschuss verwechselte er sogar WU und TU. Peter Pilz

erklärte ihm, dass sich die TU nicht in der Nordbergstraße be-

finde. Meischberger korrigierte sich selbst: „WU, die WU woas!“

Wenn alle Geschäfte korrekt abliefen, stellt sich bloß die Frage,

warum Meischberger Plech am Telefon warnte: „(...) was Ab-

hörung und so weiter betrifft. Da müssen wir extrem vorsichtig

sein.“ Grasser und Meischberger nahmen übrigens an, sie könn-

ten einer Abhörung mit acht bzw. fünf SIM-Karten entgehen.

0 1 2 _ Ö S T E R R E I C H Text: Bernhard Habusta; Foto: freeimageslive.co.uk by akphoto

Page 13: dIREKT Ausgabe 10

Seit der Wahlrechtsreform 2007 haben alle Österreicherinnen und

Österreicher ab dem Alter von 16 Jahren das Recht ihre politischen

Vertreterinnen und Vertretern auf allen Ebenen zu wählen. Egal ob

es um den Gemeinderat oder die Bundespräsidentschaft geht. Da

ist es doch paradox, dass sich Schülerinnen und Schüler ihre eige-

ne Vertretung nicht selbst wählen dürfen. Nur wenige kennen die

LandeschülerInnenvertretung (LSV) oder BundesschülerInnenver-

tetung (BSV), viele wissen nicht einmal, dass eine überschulische

Vertretung überhaupt existiert. Obwohl diese Institutionen das

Sprachrohr von etwa 1,2 Millionen SchülerInnen sind und eben

deren Interessen nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch ge-

genüber EntscheidungsträgerInnen und dem Ministerium vertreten

soll. Die Unwissenheit über die eigene Vertretung kommt ganz klar

von dem Wahlsystem der LSV – sie wird nur von SchulsprecherIn-

nen gewählt. Pro Schultypus (AHS, BHS, BS) gibt es pro Bundesland

eine Vertretung, die sich aus 4 – 8 Personen zusammensetzt, an

deren Spitze der/die LandesschulsprecherIn steht. Die BSV setzt

sich aus den jeweiligen LandesschulsprecherInnen zusammen

welche die Bundesschulsprecherin oder den Bundesschulsprecher

wählen. Das heißt die oberste Vertretung von 1,2 Millionen Schü-

lerinnen und Schülern wird nur von 29 (27 Landesschulspreche-

rInnen + 2 SprecherInnen der Zentrallehranstalten) gewählt. Ein

gewaltiges Demokratiedefizit! Ein direktes LSV/BSV-Wahlsystem

würde nicht nur der mangelnden Bekanntheit der überschulischen

Vertretung bei den SchülerInnen selbst entgegenwirken und ihrer

Vertretungsarbeit mehr Legitimation geben, sondern ihr auch mehr

Gewicht gegenüber der Politik verleihen. Es wäre nicht nur eine bes-

sere Vertretungsarbeit seitens der LSV und BSV möglich, es würde

auch den Schülerinnen und Schülern Demokratie näher bringen,

denn Demokratie muss erlernt werden und die Schule würde eine

idealen Rahmen dafür bieten. Die Direktwahl von LSV und BSV ist

also ein wichtiger Schritt, Demokratie praktisch zu erleben und für

das spätere Leben bereits in der Schule Erfahrungen zu sammeln!

fact box

Seit 1981 gibt es in Österreich das SchVG, das Schü-

lerInnenvertretungsgesetz, seither gibt es eine ge-

setzlich festgelegte SchülerInnenvertretung (SV)

auf überschulischer Ebene. Bevor die BSV in ihrer

heutigen Form geschaffen wurde, gab es ab dem

Jahr 1972 einen bundesweiten SchülerInnenbeirat.

Dieser setzte sich aus je einem/einer VertreterIn der

Bereiche AHS, BMHS und BS und aus acht Vertre-

terInnen von Jugendorganisationen zusammen. Aus

diesen Strukturen wurde dann die gesetzliche über-

schulische Vertretung geschaffen. Die AKS forderte

als erste SchülerInnenorganisation bereits 1987 das

direkte Wahlrecht für die SV. So wurde erreicht, dass

alle OberstufenschülerInnen das Recht haben ihre

SV selbst zu wählen. Davor waren nur die Klassen-

sprecherInnen berechtigt ihre Stimme abzugeben.

Mit der letzten Novellierung des SchVG im Jahr

1990 wurde die LSV und BSV in der Form geschaf-

fen, in der sie heute noch existiert.

AKS NÖ / BILDUNGSPOLITIK

Schulen mit Demo- kratie durchfluten!

Seit Jahren setzt sich die AKS (Aktion Kritischer SchülerInnen) für mehr Demokratie an Schulen und deswegen auch für die Direktwahl der überschulischen Vertretung ein. Eine Direktwahl

würde das Demokratiedefizit welches zurzeit in diesem Bereich herrscht, endlich beenden.

Text: Benjamin Jaquemar; Foto: Naomi Dutzi A K S N Ö / B I L D U N G S P O L I T I K _ 0 1 3

Page 14: dIREKT Ausgabe 10

Österreich

Nachbarländer

JUGENDKULTUR

Festivalsummer 2012 Es ist wieder soweit, die Festivalsaison 2012 ist bereits voll im Gange!

Hier ein kleiner Überblick mit den wichtigsten Festivals des Sommers.

0 1 4 _ J U G E N D K U L T U R Zusammenfassung: Peter Schicho; Foto: www.photography.mattfield.com

Harvest of Art

Wo: Ottakringer Arena, Wiesen

Wann: 06.07.2012

Line Up: The KOOKS, Mumford & Sons, Glen Hansard, Thees

Uhlmann,…

Kosten: 44,50 EUR

Mit dem Harvest of Art gelingt es neben dem Frequency, ein wei-

teres großes Festival mit Schwerpunkt Indie Rock zu etablieren.

Gleich beim Debut glänzt das Harvest of Art mit Größen, wie The

KOOKS und Mumford &Sons, für alle Liebhaber_innen von Indie

Rock und Folk ein neuer Stern am österreichischen Festivalhimmel.

Forestglade

Wo: Ottakring Arena, Wiesen

Wann: 14.07.2012

Line Up: Incubus, Billy Idol, The Ting Tings

Kosten: 44,50 EUR

Eine Festivallegende verabschiedet sich. Nachdem das Forest-

glade der Vorreiter der Alternativ Festivals in Österreich war,

macht es nun die Bühne frei für seine Nachkommen. Mit Incu-

bus und The Ting Tings ist jedoch noch eine gebührende Ab-

schiedsveranstaltung sicher.

BEATPATROL

Wo: VAZ St. Pölten

Wann: 20.07.2012 bis 22.07.2012

Line Up: Armin Van Buuren, AVICII, Steve Aoki, Joachim

Garraud,…

Kosten: 97,90 EUR

4 Jahre Beatpatrol, ein Grund zum Feiern, denn die St. Pöltner Ei-

genproduktion in Sachen Festivals hat sich am österreichischen

Festivalhimmel als das größte Festival im Bereich der elektroni-

schen Musik etabliert.

ROCK FOR PEOPLE

Wo: Festival Park, Hradec Králové, Tschechien

Wann: 03.07.2012 bis 06.07.2012

Line Up: Faith No More, The Prodigy, Franz Ferdinand, Skrillex,

Crystal Castles; …

Kosten: 79,50 EUR

SZIGET Festival

Wo: Budapest, Ungarn

Wann: 06.08.2012 bis 13.08.2012

Line Up: Placebo, Korn, Friendly Fires, The Vaccines, Noah and

the Whale, LMFAO,…

Kosten: 225 EUR

FM4 Frequency Festival

Wo: Green Park, St. Pölten

Wann: 16.08.2012 bis 18.08.2012

Line Up: The Killers, Placebo, The Cure, Bloc Party, The XX,

Sportfreunde Stiller, …

Kosten: 134,50 EUR

Bereits zum vierten Mal beehrt das FM4 Frequency heuer die

Landeshauptstadt. Wie auch schon in den letzten Jahren bringt

es auch diesmal wieder jede Menge musikalische Schmankerl mit

sich. Von The Killers über Korn bis hin zu Paul Kalkbrenner ist für

fast jede_n Fesivalliebhaber_in etwas dabei. Be there or be square!

Page 15: dIREKT Ausgabe 10

Aufgrund eines ministeriellen Erlasses aus dem Jahr 2004 ist es

jungen AsylwerberInnen nicht mehr erlaubt, eine Lehrausbildung

zu besuchen. Viele jener Jugendlichen stehen nach einer abge-

schlossenen Pflichtschulausbildung vor einer Perspektivlosigkeit,

die mitunter diesem Erlass zugrunde liegt.

Warum Perspektive schaffen?

Arbeit ermöglicht Chancengleichheit, Menschenwürde und de-

klariert sich letztendlich als Menschenrecht. AsylwerberInnen

ist es in Österreich nicht erlaubt legalen Arbeiten nachzuge-

hen abgesehen von der Saison- und Erntearbeit und von freien

Gewerben. Das Leben von AsylwerberInnen ist bestimmt von

Aussichtslosigkeit und Zukunftsangst. Gesetzeslagen, wie jener

Erlass von 2004, tragen somit zu einem Zwiespalt bei, den sich

Österreich folglich selbst erschaffen hat: Einerseits sollen sich

AsylwerberInnen integrieren und dem Staat und der Gesell-

schaft als nützlich erweisen, andererseits setzt man Grenzen,

die dies größten Teils unmöglich machen. Schwierig ist diese

Lage bereits für erwachsene AsylwerberInnen, doch besonders

misslich zeigt sie sich für jene jungen Menschen, die bereit sind

zu lernen, zu arbeiten und etwas für die Gesellschaft zu tun, in

der sie auch zukünftig leben wollen.

Was tun?

Unzureichende Ausbildungschancen kommen weder den

AsylwerberInnen, noch dem österreichischen Staat zugute.

Jugendliche werden zum Nichtstun verdammt, der oftmalige

Überschuss an Lehrstellen wird nicht gedeckt. Asylverfahren

dauern oft Jahre, die vergehen, ohne dass die AsylwerberInnen

einer Arbeit oder Lehre nachgehen können – das ist ungerecht,

menschenfeindlich und wenn man es für die WirtschafterIn-

nen unter uns ausdrücken möchte, auch hochgradig unökono-

misch. Deshalb fordern Organisationen, wie die Vereinigung

„Machen wir uns stark“, eine Aufhebung des ministeriellen Er-

lasses aus 2004, vollen Zugang zum Arbeitsmarkt spätestens

6 Monate nach Asylantragsstellung, sowie Zugang zu Lehr-

ausbildung und anderweitiger Berufsaus- und Weiterbildung.

Österreich wird häufig als vielfältiges Land bezeichnet. Darauf

sollte aufgebaut werden.

Österreich

Nachbarländer factbox

Lage junger AsylwerberInnen in Österreich

Kein Zugang zu Berufsausbildung und Arbeits-

markt außer Saison- und Erntearbeit. Jugendliche

werden zum Nichtstun verdammt. Perspektivlo-

sigkeit und Zukunftsangst bestimmen den Alltag.

Österreich begünstigt mittels Gesetzen und

Erlässen diese Zustände.

Forderungen von „Machen wir uns stark“

Aufhebung des ministeriellen Erlasses vom

20.5.2004. Voller Zugang zum Arbeitsmarkt spä-

testens 6 Monate nach Asylantragsstellung.

Zugang für junge AsylwerberInnen zu Lehrstellen.

Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für

Asylwerber/-innen.

Text: Marlene Reinberger; Foto: Machen wir uns stark A R B E I T S W E L T _ 0 1 5

ARBEITSWELT

Arbeit. Lehre. Würde. Recht.

Über Ausbildungs- und Berufschancen junger AsylwerberInnen: Österreich wird oftmals als Asylparadies bezeichnet. Die Realität zeigt jedoch, dass die Zustände,

die AsylwerberInnen in Österreich vorfinden, keinesfalls paradiesisch sind. Dieses Faktum bestätigt sich auch im Zugang zum Arbeitsmarkt. Besonders verdrießlich ist die Lage für junge AsylwerberInnen.

Page 16: dIREKT Ausgabe 10

GESELLSCHAFT

Kick it like….Capitalism!

„Hast du den Ronaldo schon? Nein, ich hab dafür den Gomez!“ Alle zwei Jahre, also zur WM oder zur EM, ziehen kleine Kinder ihre Eltern an den Ärmeln und wollen die beliebten Sticker. Der Panini-Verlag

aus Modena macht damit einen Jahresumsatz von 800 Millionen Euro (Stand 2010). Aber auch die Werbe- und Marketingindustrie macht mit Sport Großereignissen Profit. Und wo es wirtschaftliche

Gewinner gibt, gibt es auch Verlierer.

Die Ausrichter, große Verlierer der Meisterschaften

Für die momentan stattfindende Europameisterschaft in Polen

und der Ukraine mussten die beiden Staaten 2 Milliarden Euro in

den Stadionausbau investieren, in Stadien, die viel zu groß sind für

die heimischen Klubs. Ein ähnliches Szenario in Portugal, das die

Arenen vor der EM 2004 aufrüstete: Das Algarve-Stadion zu Faro

mit einer Kapazität von 30000 ZuschauerInnen beheimatet einen

Regionalligisten, in Leiria, einer der Ärmsten Städte Portugals, kickt

ein Zweitligist, ebenfalls in einer 30000 Zuschauer-Arena. Die Be-

triebskosten sind exorbitant hoch.

Die Spuren der Euro 2008

Schauplatz Klagenfurt: das Wörtherseestadion wurde für die Euro

2008 in Österreich und der Schweiz auf 30.000 Sitzplätze ausge-

baut. Drei Vorrundenspiele fanden dort statt, nachher gähnende

Leere. Die Betriebskosten betragen jährlich 500.000 Euro.

Griechenland, Heimat der Olympischen Spiele

2004 wurde Griechenland vom Internationalen Olympischen

Komitee regelrecht gezwungen, die Olympischen Sommerspiele

in der Wiege des olympischen Gedankens auszutragen. In dem

Land, über dem heute das Damoklesschwert des Staatsbankrotts

taumelt, mussten Investitionen in Höhe von 7 Milliarden getätigt

werden. Milliarden, die man heute dringend brauchen würde – vor

allem, da das Gros der Sportstätten heute leer steht.

Die Profiteure – Uefa, Fifa, IOC und die Wirtschaft

Der Gewinn, den Griechenland aus dem finanziellen Fiasko zog, war

mit geschätzten 33 Millionen Euro überschaubar. Doch wo gehen

die Milliarden an Gewinn hin? Einerseits profitieren die Bauunter-

nehmen, die von den Weltverbänden bestimmt werden, durch die

Bauprojekte extrem – regionale Unternehmen haben dabei aber

häufig die Nachsicht, da sie im Vergleich zu Multinationalen Kon-

zernen nicht konkurrenzfähig sind. Der Tourismus wird natürlich

kurzfristig angekurbelt, doch das gewährleistet keine langfristige

Entwicklung. Zweiter Profiteur sind die Sponsoren, die durch ihre

Verträge eine Imagesteigerung erfahren und Exklusivrechte erhal-

ten. In Griechenland durften zum Beispiel nicht einmal Getränke

in die Sportstätten mitgenommen werden, die nicht zur Coca Cola

Company gehörten. Doch ganz oben auf der kapitalistischen Nah-

rungskette stehen UEFA, FIFA und IOC. Sie wälzen einerseits alle

Schulden auf die Ausrichterstaaten, andererseits profitieren sie von

den Sponsoreneinnahmen und vor allem von den Fernsehrechten.

Es handelt sich dabei um korrupte Dachverbände, die ihr Monopol

an Sportgroßereignissen eiskalt ausnutzen und sich selbst vorzüg-

lich bereichern. Anders zu erklären ist eine Vergabe der WM 2022

nach Qatar nicht: in einem Land, mit der Gesamtfläche Oberöster-

reichs, werden 9 Stadien gebaut und 3 ausgebaut, jedes einzelne

klimatisiert, da es bis zu 50 Grad Außentemperatur im Emirat ha-

ben kann. Und die üblichen Verdächtigen reiben sich die Hände…

0 1 6 _ G E S E L L S C H A F T Text: Mirza Buljabasic; Fotos: Naomi Dutzi

Page 17: dIREKT Ausgabe 10

fact box

Durchgeführt bei österreichischen Kindern und Ju-

gendlichen im Alter 11, 13 und 15; 92 % der Mädchen

und 83 % der Burschen sind normalgewichtig. 43 %

der Mädchen und 29 % der Burschen empfinden sich

gleichzeitig zu dick. Das Gefühl zu dick zu sein, nimmt

vor allem bei den Mädchen mit dem Älterwerden

deutlich zu, obwohl der Anteil der SchülerInnen mit

einem erhöhten BMI (17 % der Burschen und 8 % der

Mädchen) relativ konstant bleibt. Während bereits

34 % der 11-jährigen Schülerinnen ihren Körper als

zu dick einstufen, ist bei den 15-Jährigen bereits jedes

zweite Mädchen dieser Überzeugung (49 %).

(Dür, W., Griebler, R.: Die Gesundheit der österreichi-

schen SchülerInnen im Lebenszusammenhang. Er-

gebnisse des WHO-HBSC-Survey 2006. Bundesmi-

nisterium für Gesundheit, Familie und Jugend 2007)

FRAUEN

Wa(h)re Schönheit In Isreal gibt es seit März 2012 ein Gesetz, das die Kennzeichnung von photoshopmanipulierten Bildern

in Medien vorschreibt. Nun zieht Österreich mit einem Vorschlag der SPÖ Frauen nach.

Hamburg. Die neue H&M Plakatserie zeigt braungebrannte, su-

perschlanke Models, die sich im Bikini sexy räkeln. Links am 16 Bo-

gen Plakat prangert eine Photopshop Werkzeugleiste. Zeigt H&M

Mut zur Selbstironie? Nein, Adbusters haben sich über die H&M

Werbekampagne hergemacht und das aufgezeigt, was in der Wer-

be- und Medienwelt längst Usus ist: Photoshopmanipulation auf

die Spitze getrieben. Setzt man diese manipulierten, geschönten

und omnipräsenten Vorbilder in einen kausalen Zusammenhang

mit den Zahlen und Fakten zu Schlankheitswahn, Essstörungen

und Schönheitsoperationen in Österreich, ist das Ergebnis er-

schreckend. In Europa haben 25 % der 7- bis 10-jährigen Mädchen

bereits Erfahrung mit Diäten und laut einer Studie fühlt sich ein

nicht unerheblicher Prozentsatz der österreichischen Kinder und

Jugendlichen, während sie einen normalen Body Maß Index auf-

weisen, zu dick.*

Dagegen wollen jetzt auch die SPÖ Frauen mobil machen und for-

dern ein Bildbearbeitungsgesetz, das mittels eines Ampelsystems

den Grad der Bearbeitung aufzeigen soll. Die Forderung an sich

ist nicht neu. Schon im Jahr 2009 lieferte die konservative fran-

zösische Abgeordnete Valérie Boyer einen Gesetzesentwurf für

die Kennzeichnung von Retuschen in Magazinen, kam damit aber

nicht durch. Knapp ein Jahr später griff die Mädchenorganisation

der Pfadfinder in England „Girlguiding“ die Forderung wieder auf

und erreichte damit eine hohe Medienpräsenz in ganz Europa. Im

März 2012 kam die Forderung dann in Israel auf und wurde dort

sogar in ein Gesetz gegossen.

Ignoranz seitens der Profiteure

Wer sich zu dem SPÖ Frauen Vorstoß noch nicht äußern will,

sind wenig überraschend die, die von manipulierten Bilder pro-

fitieren. dIREKT Anfragen bei zwei namhaften Werbeagenturen

blieben bisweilen unbeantwortet und auch dem österreichischen

Werberat, der „Gesellschaft zur Selbstkontrolle der Werbewirt-

schaft“, konnte bisher kein Statement abgerungen werden. Dort

will man noch ein Gespräch mit Frauenministerin Heinisch-Ho-

sek Anfang Juli abwarten, bevor man Stellung bezieht. Fraglich

ist, ob das Bewusstsein für die Tricksereien der Werbeindustrie

nicht schön längst in den Köpfen der Menschen vorhanden ist

und ob nicht allein die optische Präsenz - gekennzeichnet oder

nicht- der überperfektionierten Körper ausreicht, um unser

Selbstwertgefühl zu zerstören?

Text: Naomi Dutzi; Foto: iStockphoto F R A U E N _ 0 1 7

Page 18: dIREKT Ausgabe 10

Antifa SeminarEine große Delegation aus Niederösterreich beschäftigte sich am Antifa Seminar 2012 mit dem großen Themenkomplex Rechtsextremis-mus und Antifaschismus.

Ortsgruppengründung

Seit der letzten dIREKT Ausgabe sind

auch schon wieder zwei neue moti-

vierte Ortsgruppen offiziell gegründet

worden: St. Aegyd, wo sich Benjamin

Hofbauer dem Vorsitz annimmt und

Wiener Neustadt mit der Vorsitzen-

den Julia Gonter.

Amstetten

Lehrlingskampagne

Bereits zum 3. mal tourt die SJ Niederösterreich nun mit

dem Partybus durchs Land und macht vor allen niederös-

terreichischen Berufsschulen Halt. Wir kämpfen gemeinsam

für eine bessere Ausbildung, für eine faire Bezahlung und ge-

gen die tägliche Schikane in den Berufsschulheimen.

Wr. Neustadt

Eggenburg

St. Aegyd0 1 8 _ O R G A N I S A T I O N Text: Naomi Dutzi; Fotos: SJ Archiv

Page 19: dIREKT Ausgabe 10

||Auch||in||einem||sehr||aktiven||SJ||Bezirk||Niederösterreichs,||

||in||Amstetten,||wurde||gewählt||und||Mirza||Buljabasic||als||

||Bezirksvorsitzender||bestätigt.||

Antifa Kampagne„Wer sein Kreuz bei Strache macht,

muss wissen, dass es einen Haken hat!“,

fanden in Mistelbach ganz viele und

überrannten unseren Antifa Aktions-

stand regelrecht.

ORGANISATION

Poechlarn

Eggenburg

BefreiungsfeierWie jedes Antifa Seminar endete auch dieses mit dem gemeinsa-men Besuch der eindrucksvollen Befreiungsfeier im ehemaligen KZ Mauthausen. Die SJ stellte wieder den größten Block beim Marsch der Jugend dar.

O R G A N I S A T I O N _ 0 1 9

Insgesamt gab es 1

5 Antifa Aktio

ns-

tage in ganz Niederösterreich und

natürlich durfte Heidi,

der Antifa

Hai dabei nicht fehlen.

Page 20: dIREKT Ausgabe 10

Sommersportfest

03. – 05. August, Europacamp | Weißenbach am Attersee

Nach einer IUSY bedingten Pause im Vorjahr startet das SSF

2012 wieder mit tollen Sport- und Freizeitangeboten durch. Ne-

ben dem bereits traditionellen Programm, wie Streetsoccer, Sau-

trogregatta, Soapslide und diversen Workshops gibt es heuer

erstmals einen Frauen Selbstverteidigungskurs und einen Street

Dance Workshop.

Auch das abendliche Feiern wird mit dem Angebot einer Party-

schiffrundfahrt am Attersee nochmal gepimpt. Also Schlafsack,

Bikini und Zelt nicht vergessen und ab geht’s ins wunderschöne SJ

Camp am Attersee.

TeilnehmerInnenbeitragErsteinzahlerInnen: EUR 19,–Mitglieder: EUR 34,–Nichtmitglieder: EUR 49,–

ECOSY Summer Camp

13. – 20. Juli, Savudrija (Kroatien)

Das ECOSY-Summercamp führt uns dieses Jahr direkt ans kroati-

sche Meer nach Savudrija. Unzählige Workshops, spannende Dis-

kussionen, interessante Menschen, Spaß, Meer und eine Woche

lang gelebter Sozialismus. Dabei lernst du die sozialistischen Ju-

gendorganisationen anderer Länder näher kennen und kannst dich

mit GenossInnen aus ganz Europa über die politische Grundsätze

austauschen.

TeilnehmerInnenbeitrag220 Euro (ab 1. Mai 2012)

restart.tc Finale 2012

06. Oktober 2012 | VAZ St. Pölten

Wenn 10.000 skate- und musikbegeisterte Jugendliche das VAZ

St. Pölten stürmen, dann kann nur eines gemeint sein. Das restart.

tc Skate Contest Finale mit der After Show Party. Ab 14 Uhr mat-

chen sich die besten SkaterInnen um den Titel und am Abend lädt

die SJ NÖ bereits zum 11. Mal zur größten indoor Party des Landes.

Mit 4 Floors und mit über 20 Acts ist für alle das passende dabei.

Für SJ Mitglieder ist das ganze Spektakel, inklusive der VIP Lounge,

gratis. Aber auch sonst kommt man mit 5 Euro Eintritt gut davon.

Auch diese Jahr suchen wir wieder VorverkäuferInnen. Also melde

dich einfach unter [email protected]

Termine

Y

3. bis 5. August 2012

SOMMER

FEST

R s

SPORT

0 2 0 _ T E R M I N E Text: Naomi Dutzi; Fotos: ZVG / Nina Oberleitner

Page 21: dIREKT Ausgabe 10

SCHMANKERL

Sehen. Hören. Lesen. FILM: Vielleicht in einem anderen Leben Ö 2011

Kurz vor Ende des zweiten Weltkrieges wird eine kleine Gruppe

ungarischer Jüdinnen und Juden in einem kleinen niederösterrei-

chischen Dorf versteckt und angehalten, bevor sie zur Vernichtung

nach Mauthausen weiter transportiert werden. Die Dorfbevölke-

rung, vergiftet von der nationalsozialistischen Ideologie, ist wenig

erfreut über die Neuankömmlinge im Dorf und so droht die Situation

zu eskalieren. Regie: Elisabeth Scharang

BUCH: Das Ende der Krawattenpflicht

Erschienen am 5. März 2012 im Czernin Verlag

Frauen an der Macht? Die Autorinnen Barbara Blaha und Sylvia

Kuba die fehlende Gleichberechtigung in der Politlandschaft an

und öffnen die Augen der LeserInnen für unsichtbare Macht-

strukturen. Gründe für ungleiche Partizipationschancen, Ge-

schlechterrollen und ihre Wirkmacht, gesteuerte körpersprach-

liche Inszenierungen und Unterschiede zwischen Politikern und

Politikerinnen sind Thema.

Ein lesenswertes Buch, indem die Autorinnen ein polarisierendes

Thema ansprechen, das schon längst Diskurs eines jeden Kü-

chentisches hätte sein sollen.

Texte: Peter Schicho, Sigrid Horn, Katharina Rabl S C H M A N K E R L _ 0 2 1

MUSIK: Fiva & Das Phantom Orches-ter - Die Stadt gehört wieder mir

Hip-Hop, niveauvoll und massen-

tauglich? Geht nicht? Geht doch! Die

Münchner Hip-Hopperin Fiva hat es

mit ihrem neuesten Album wieder

bewiesen! Wesentlich poppiger als

ihr bisheriges Werk eignet sich diese

Platte als Hip-Hop-Einstiegsdroge.

Aber seid gewarnt: So leicht kommt

ihr davon nicht mehr weg!

Page 22: dIREKT Ausgabe 10

fact box

Bund der Kommunisten

Geheimbund, gegründet 1847 in London u.a. von K.

Marx und F. Engels, gilt als Vorläuferorganisation der

Internationalen Arbeiterassoziation / der „ersten In-

ternationalen“

DR. MARX

Nichts als Ketten zu verlieren

Über die Bedeutung des „Kommunistischen Manifest“

Das „Manifest der Kommunistischen Partei“ war das erste und

gilt gemeinhin wohl als das wichtigste historische Dokument

des wissenschaftlichen Sozialismus. Kurz vor den bürgerlichen

„Märzrevolutionen“ 1848 in Deutschland und Österreich erschie-

nen, hat es programmatischen Charakter und sollte die Weltan-

schauung des „Bundes der Kommunisten“ auf verständliche Wei-

se erklären und einem breiteren Publikum zugänglich machen.

Die Verfasser Karl Marx und Friedrich Engels umreißen auf etwa

30 Seiten ihr philosophisches Konzept – später als Marxismus

bezeichnet. Der Kern dieses Konzeptes setzt sich zusammen aus

dem historischen und dem dialektischen Materialismus. Die mar-

xistische Philosophie macht das Kommunistische Manifest auch

so bedeutsam: Die bis dahin bloß diffuse Idee der Überwindung

der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse und der Errich-

tung eines „Sozialismus“ wird erstmals auf eine wissenschaftli-

che Grundlage gestellt, die heute noch das Denken und Handeln

vieler fortschrittlicher Parteien und Organisationen beeinflusst.

Durch historische Analyse erkennen Marx und Engels im Kom-

munistischen Manifest: „Was beweist die Geschichte der Ideen

anders, als daß die geistige Produktion sich mit der materiellen

umgestaltet? Die herrschenden Ideen einer Zeit waren stets nur

die Ideen der herrschenden Klasse.” Im viel zitierten Schluss des

Dokuments wird gefolgert: „Die Proletarier haben nichts (...) zu

verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen. Prole-

tarier aller Länder, vereinigt euch!“

Weiterführende (Einstiegs-)Literatur:

Hermann Duncker: Einführung in das Studium des Marxismus

Friedrich Engels: Die Entwicklung des Sozialismus von der

Utopie zur Wissenschaft

W.I. Lenin: Drei Quellen und drei Bestandteile des Marxismus

0 2 2 _ D R . M A R X Text: Michael Gogola; Foto: SJ Archiv

Page 23: dIREKT Ausgabe 10

Das heutige Leben ist durch gravierende Umbrüche und ständi-

gen Wettbewerb gekennzeichnet. Um hier bestehen zu können,

sind Ideen und Antworten gefordert, die erst durch eine völlig

andere Art der Wissensvermittlung erlernt werden müssen. „Die

kürzliche Fixierung der Neuen Mittelschule durch Bundesminis-

terin Claudia Schmied war in dieser Sache ein wesentlicher Re-

formschritt. Erstmals seit fünfzig Jahren erhält Österreich damit

einen neuen Schultyp im Regelschulwesen, der einen Qualitäts-

schub und eine neue Lehr- und Lernkultur bringen wird“, hält der

Bildungssprecher der SPÖ Niederösterreich, Klubobmann LAbg.

Mag. Günther Leichtfried, fest.

Leichtfried weiter: „Die Reise in Richtung eines modernen Bil-

dungssystems darf aber hier nicht enden, sondern muss weiter

fortgesetzt werden. Dazu ist es allerdings notwendig, dass ‚alte

bildungspolitische Zöpfe’ aus der grauen Vorzeit endlich abge-

schnitten werden und Bildung & Schule neu gedacht werden.“

Wichtig sei vor allem, so Leichtfried, dass künftig jedes Kind

und jeder Jugendliche individuell nach den Interessen und Bega-

bungen durch qualitativ hochwertig ausgebildete Pädagoginnen

und Pädagogen gefördert werden. Der nächste logische Schritt

sei daher die Realisierung der gemeinsamen Schule aller Zehn-

bis 14-Jährigen, wie sie in weiten Teilen Europas bereits erfolg-

reich praktiziert werde, und die flächendeckende Einrichtung

von Ganztagsschulen: „Unser kleines Land kann es sich nämlich

unter keinen Umständen leisten, aufgrund nicht mehr zeitgemä-

ßer Unterrichtsformen das geistige Kapital unserer Jugend unge-

nützt liegen zu lassen.“

Günter Leichtfried: Bildungssystem muss weiter entstaubt werden!

BEZAHLTE ANZEIGE

Page 24: dIREKT Ausgabe 10

PREISEDer TeilnehmerInnenbetrag be-inhaltet Halbpension, Nächtigung und die Teilnahme am gesamten Programm.

ErsteinzahlerInnen: € 19,-SJ Mitglieder: € 34,-Nichtmitglieder: € 49,-

ANMELDUNGAnmelden kannst du dich persönlich im Landessekretariat der SJ Niederösterreich oder per Telefon unter 02742/2255226, per Mail an offi [email protected] oder direkt über die Homepage www.sjnoe.at!

Sommer, Sonne, Sozialismus – das Motto des SSF 2012.Bei strahlendem Augustwetter belagern 300 Jugendliche den Attersee. Mit Beachvolleyballturnieren, einer Sautrogregatta oder dem Soapslidecontest vertreiben wir uns die Zeit. Dazu gibt’s heiße Lounge Sounds direkt am Strand.

Auch das politische Programm ist abwechslungsreich. Am Samstagvormittag erwarten dich Workshopeinheiten zu den Themen Faschismus, Umwelt und Arbeitsrecht. Gleichzeitig gibt es dieses Jahr erstmals auch einen Frauen Selbstverteidigungskurs und einen DJ/DJane-WS. Auch eine EU-Diskussion ist eingeplant.

Das Herzstück des SSF bildet natürlich das Sport- und Freizeitprogramm: mit dem Streetsoccerturnier, einem Kletterturm, einer Slackline, diversen Sport-aktivitäten im Strandbad und der Möglichkeit sich kreativ zu betätigen ist bestimmt für alle was dabei. Ganz neu im Programm ist auch der Streetdance Workshop.

Party kann es nie genug geben. Deshalb starten wir mit einer Welcome Party ins SSF und machen am nächsten Tag direkt am Strand mit einer Cocktaillounge weiter. Außerdem wird es wieder ein ArbeiterInnen-liedersingen am Lagerfeuer geben.

Das absolute Highlight stellt allerdings die Rundfahrt am Partyschiff dar, wo du 2 Stunden lang bei ausgelassener Stimmung und guter Musik mitten am Attersee abtanzen kannst.

Wir verwandeln das Europa-camp am Attersee in eine Zelt-stadt. Das bedeutet, dass du ein eigenes Zelt, einen Schlafsack und auch warme Kleidung mitnehmen solltest. Solltest du kein Zelt haben, kannst du vor Ort eines um EUR 10,- kaufen.

SOMMERSPORTFEST03. – 05. August | Europacamp, Weißenbach am Attersee

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