Julian Müller, M.Sc. M.Sc., Johannes Veile, M.Sc., Lukas Maier, B.Sc., Prof. Dr. Kai-Ingo VoigtLehrstuhl für Industrielles Management
04.10.2017, Haus der Wirtschaft, Stuttgart
P OTENTIALE UND H ERAUSFORDERUNGEN FÜR DIE E INFÜHRUNG VON A RBEIT4 .0 IN KMU – EIN B RANCHENVERGLEICH
04.10.2017 | S. 2Potentiale und Herausforderungen für die Einführung von Arbeit 4.0 in KMU – ein Branchenvergleich
Die Wissenschaft und die Praxis gehen davon aus, dass wir am Beginn eines neuen Paradigmenwechsels stehen
Historischer Abriss der industriellen Revolutionen
Dombrowski et al., 2014; Kagermann et al., 2013
2. Industrielle Revolutiondurch Einführung arbeitsteiliger Massenproduktion mithilfe von elektrischer Energie
3. Industrielle Revolutiondurch Einsatz von Elektronik und IT zur weiteren Automatisierung der Produktion
4. Industrielle Revolutionauf Basis von Digitalisierung, Intelligenter Fabrik, Internet der Dinge & Dienste und CPS
1. Industrielle Revolutiondurch Einführung mechanischer Produktionsanlagen mithilfe von Wasser- und Dampfkraft Zeit
Ende 18. Jh. Beginn 20. Jh. Beginn 70er Jahre Heute
Kom
plex
itäts
grad Computer-integrated manufacturing
04.10.2017 | S. 3Potentiale und Herausforderungen für die Einführung von Arbeit 4.0 in KMU – ein Branchenvergleich
0,6%
2,8%
96,9%
unwichtig/völligunwichtig
teils/teils
wichtig/sehrwichtig
Der Mensch spielt weiterhin eine zentrale Rolle in der Fabrik von morgen
Expertenmeinungen bezüglich menschlicher Arbeit in der Digitalen Fabrik
Schlund & Gerlach, 2013; Spath et al., 2013
„Ich denke, die Fabrik der Zukunft ist genauso
menschenleer, wie heutige Büros papierlos sind.“
Dr. Klaus Mittelbach
Wie wichtig wird menschliche Arbeit in fünf Jahren sein?
n=661 Unternehmer
04.10.2017 | S. 4Potentiale und Herausforderungen für die Einführung von Arbeit 4.0 in KMU – ein Branchenvergleich
In der Digitalen Fabrik muss der Mensch in Zukunft anderen Anforderungen genügen
Zusammenspiel von Digitaler Fabrik und geänderten Anforderungen an den Menschen
Änderungen auf …Mensch
Organisation
Mensch
Technik
Integration in …
Arbeitssystem
Intelligente Fabrik
Änderungen auf …
Änderungen auf …
Anforderungen
Dombrowski et al., 2014; Dombrowski & Wagner, 2014; Gnahs, 2010; Hirsch-Kreinsen, 2014; Kagermann et al., 2013; Laurig, 1990; Löwer, 2016; Richter & Pohlandt, 2011; Yang et al., 2011
Aus der Integration des Menschen können sich Potentiale aber auch Herausforderungen für Unternehmen ergeben!
Industrie 4.0Auswirkungen
04.10.2017 | S. 5Potentiale und Herausforderungen für die Einführung von Arbeit 4.0 in KMU – ein Branchenvergleich
Der Kern von Industrie 4.0 bildet der Gedanke der unternehmens-übergreifenden Vernetzung der zukünftigen Wertschöpfung
Definitionen von Industrie 4.0
Bauer et al., 2014; Plattform Industrie 4.0, 2014
Im Mittelpunkt von Industrie 4.0 steht die echtzeitfähige, intelligente, horizontale und vertikale Vernetzung von Menschen,
Maschinen, Objekten und IKT-Systemen zum dynamischen Management von komplexen Systemen.
Durch die Verbindung von Menschen, Objekten und Systemen entstehen dynamische, echtzeitoptimierte und selbst organisierende,
unternehmensübergreifende Wertschöpfungsnetzwerke, die sich nach unterschiedlichen Kriterien wie bspw. Kosten, Verfügbarkeit und
Ressourcenverbrauch optimieren lassen.
04.10.2017 | S. 6Potentiale und Herausforderungen für die Einführung von Arbeit 4.0 in KMU – ein Branchenvergleich
Der Großteil der Wertschöpfung in Deutschland wird von KMU des verarbeitenden Gewerbes erwirtschaftet
Relevanz der KMU in der Wertschöpfung
Bundesministerium für Wirtschaft und Forschung , 2014; Günterberg & Wolter, 2002; Kommission der europäischen Union, 2003; OECD, 2013
35,9%
54,8%
59,4%
84,2%
99,6%
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Umsatz
Wertschöpfung
Arbeitnehmern
Auszubildenden
Unternehmen
Anteil von KMU bei…
IfM Bonn EU
MaximaleMitarbeiterzahl 499 249
MaximalerJahresumsatz 50 Mio € 50 Mio €
Was ist ein kleines bzw. mittleres Unternehmen? (KMU)
Verwendete Definition
04.10.2017 | S. 7Potentiale und Herausforderungen für die Einführung von Arbeit 4.0 in KMU – ein Branchenvergleich
Der Schlüssel zum Erfolg von Industrie 4.0 liegt in der Integration der Menschen auf allen Stufen der Wertschöpfung
Gegenstand der Untersuchungen
Untersuchung der Potentiale und Herausforderungen für die Einführung von Arbeit 4.0 in KMU
04.10.2017 | S. 8Potentiale und Herausforderungen für die Einführung von Arbeit 4.0 in KMU – ein Branchenvergleich
Zur Untersuchung des Forschungsgegenstandes wenden wir eine quantitative empirische Methode an
Forschungsdesign
Atteslander, 2006; Diekmann, 1995; Friedrichs, 1985
QUANTITATIVE BEFRAGUNG Quantitative Methodik erlaubt es empirische
Sachverhalte systematisch und standardisiert zu messen
Das Forschungsdesign ermöglicht eine objektive Messung und Quantifizierung von Sachverhalten
Industrie 4.0 ist ein neuartiges, sich entwickelndes Phänomen innerhalb eines realen, sozialen und organisationalen Kontextes zu welchem bislang sehr wenig quantitative Forschung existiert
Fragebogen mit 5-stufiger Likert-Skala
1 2
DATENERHEBUNG 214 wissenschaftlich verwertbare Rückläufer
(Rücklaufquote 25%) Befragte arbeiten im mittleren und gehobenen
Management von 214 KMU in den Branchen:• Maschinen- und Anlagenbau• Elektrotechnik• Automobilzulieferer• Informations- und Kommunikationstechnik• Papier- und Textilindustrie• Kunststofftechnik
Beschränkung auf deutsche Unternehmen
04.10.2017 | S. 9Potentiale und Herausforderungen für die Einführung von Arbeit 4.0 in KMU – ein Branchenvergleich
In Zukunft müssen die KMU die notwendigen MitarbeiterInnen ausbilden oder beschaffen, deren Akzeptanz sicherstellen sowie deren Rollen definieren
Ergebnisse I
Dehnbostel & Habenicht, 2002; Geisberger & Broy, 2012; Hirsch-Kreinsen, 2014; Hirsch-Kreinsen, 2015; Löwer, 2016; Thom & Ritz, 2008
22,22,42,62,8
33,2
Automobilzulieferer
Kunststoffindustrie
Elektrotechnik
IKTMaschinen &Anlagenbau
Papier &Textilindustrie
Stahl &Metallverarbeitung
Wertschöpfung beruht aufmenschlichem Mitwirken
Mangelnde Akzeptanz derArbeitnehmer
Automatisierung/Digitalisierungnicht sinnvoll (z.B. Handarbeit)
In allen Branchen erfolgt die Wertschöpfung auch in Zukunft mithilfe der Menschen, relativ geringere Relevanz bei den Automobilzulieferern sowie in der Papier- und TextilindustrieHerausforderungen: Adäquate Mitarbeiteranzahl und -qualifikationGeringe Akzeptanz der Arbeitnehmer von Industrie 4.0 in fast allen Branchen, Ausnahme bildet die Papier- und TextilindustrieHerausforderungen: Umgang mit Skepsis und Ungewissheit, Arbeits- und Datensicherheit, angemessener Grad der PartizipationAutomatisierung/Digitalisierung wird in KMU der Automobilzulieferer und der Papier- und Textilindustrie als sehr wichtig erachtetHerausforderungen: Rolle der MitarbeiterInnenerarbeiten, Dilemma zwischen Standardisierung und Individualisierung spezifisch abwägen
1=sehr geringe Relevanz , 5=sehr hohe Relevanz,Skaliert für eine bessere Übersicht
04.10.2017 | S. 10Potentiale und Herausforderungen für die Einführung von Arbeit 4.0 in KMU – ein Branchenvergleich
Eine entscheidende Rolle in der Wertschöpfung von Morgen spielt die Beschaffung von MitarbeiterInnen und deren Integration
Ergebnisse II
Dehnbostel & Habenicht, 2002; Geisberger & Broy, 2012; Hirsch-Kreinsen, 2014; Hirsch-Kreinsen, 2015; Löwer, 2016; Thom & Ritz, 2008
1,8
2,3
2,8
3,3
3,8
4,3
Automobilzulieferer
Kunststoffindustrie
Elektrotechnik
IKTMaschinen &Anlagenbau
Papier &Textilindustrie
Stahl &Metallverarbeitung
Arbeitskräftemangel
Größere Unternehmen bindenFachkräfteUnbesetzte Ausbildungsplätze
Integration älterer Arbeitnehmer
Arbeitskräftemangel erwartet, in allen Branchen insbesondere bei den AutomobilzulieferenBefürchtung große Unternehmen binden Arbeitskräfte, in allen Branchen insbesondere bei den AutomobilzulieferenUnbesetzte Ausbildungsplätze spielen eine untergeordnete RolleHerausforderungen: Notwendige Mitarbeiter-anzahl und adäquat qualifizierte Mitarbeiter beschaffenIntegration von älteren ArbeitnehmerInnenspielt ebenfalls eine geringe RolleHerausforderungen: Wissensvermittlung und Aufklärung, Umgang mit Ängsten um den Arbeitsplatz, schrittweise Implementierung
1=sehr geringe Relevanz , 5=sehr hohe Relevanz,Skaliert für eine bessere Übersicht
04.10.2017 | S. 11Potentiale und Herausforderungen für die Einführung von Arbeit 4.0 in KMU – ein Branchenvergleich
Die Integration der Menschen ist insbesondere für KMU eine relevante Fragestellung der Zukunft
Zusammenfassung
Menschliche Arbeit spiel eine Rolle in der Wertschöpfung der Zukunft
Herausforderungen für KMU: Integration von Arbeit 4.0
Mensch
Intelligente Fabrik
Anforderungen
Integration der Menschen stellt einen Wettbewerbsfaktor der Zukunft dar
Industrie 4.0 als wertschöpfungs-übergreifende Vernetzung Hohe Relevanz von KMU
04.10.2017 | S. 12Potentiale und Herausforderungen für die Einführung von Arbeit 4.0 in KMU – ein Branchenvergleich
Es bestehen noch zahlreiche Forschungslücken bei der Integration des Menschen in die KMU im Rahmen von Industrie 4.0
Limitationen und weiterer Forschungsbedarf
Dombrowski et al., 2014; Dombrowski & Evers, 2014; Kagerman et al., 2013; Zuelch, 2012
Berücksichtigen der Erfahrungen von MitarbeiterInnen in der Forschung
Befragte entstammen aus dem mittleren und gehobenen Management
Betrachten des individuellen Arbeitssystems und Inkludieren der Erkenntnisse der
Arbeitswissenschaften
Abstraktes Level der Organisation ist Gegenstand der Studie
Untersuchen weiterer Volkswirtschaften, Validieren der Ergebnisse in weiteren
Kontexten und Aufzeigen von Unterschieden
Erkenntnisgewinn auf Deutschland beschränkt, Übertragbarkeit auf andere
Volkswirtschaften und Kontexte eingeschränkt
1
2
3
Herausarbeiten der Unterschiede und Eruieren der Gründe, Ableiten von
Handlungsempfehlungen
Beschränkte Aussagekraft über Branchenunterschiede, Unterschiede im
Vergleich zu großen Unternehmen4
04.10.2017 | S. 13Potentiale und Herausforderungen für die Einführung von Arbeit 4.0 in KMU – ein Branchenvergleich
VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT!
04.10.2017 | S. 14Potentiale und Herausforderungen für die Einführung von Arbeit 4.0 in KMU – ein Branchenvergleich
Eine Reihe von wissenschaftlichen Quellen dient als Grundlage unserer Untersuchungen
Literaturverzeichnis I
Atteslander, P. (2006). Methoden der empirischen Sozialforschung. 11., Auflage. Berlin: Erich Schmidt.
Bauer, W., Schlund, S., Marrenbach, D. & Ganschar, O. (2014). Industrie 4.0 – Volkswirtschaftliches Potential für Deutschland. Berlin: Bundesverband für Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien.
Bundesministerium für Wirtschaft und Forschung (2014). German Mittelstand: Motor der deutschen Wirtschaft.
Dehnbostel, P. & Habenicht, T. (2002). Arbeitnehmer orientierte Weiterbildung braucht lernförderliche Arbeit und Partizipation. Gewerkschaftliche Bildungspolitik, (3/4), 24-28.
Diekmann, A. (1995). Empirische Sozialforschung – Grundlagen, Methoden, Anwendungen. Reinbek: Rowohlt
Dombrowski, U. & Evers, M. (2014). Approach for determining the ideal workload of employees. 20th ICE Conference – IEEE TMC Europe Conference.
Dombrowski, U. & Wagner, T. (2014). Arbeitsbedingungen im Wandel der Industrie 4.0. Mitarbeiterpartizipation als Erfolgsfaktor zur Akzeptanzbildung und Kompetenzentwicklung. Zeitschrift für wirtschaftlichen Fabrikbetrieb, S. 351-354.
04.10.2017 | S. 15Potentiale und Herausforderungen für die Einführung von Arbeit 4.0 in KMU – ein Branchenvergleich
Eine Reihe von wissenschaftlichen Quellen dient als Grundlage unserer Untersuchungen
Literaturverzeichnis II
Dombrowski, U., Riechel, C. & Evers, M. (2014). Industrie 4.0 – Die Rolle des Menschen in der vierten industriellen Revolution. In: Kersten, W., Koller, H. & Lödding, H. (Hrsg.) Industrie 4.0 – Wie intelligente Vernetzung und kognitive Systeme unsere Arbeit verändern (S. 129-153), Berlin: GITO.
Friedrichs, J. (1985). Methoden empirischer Sozialforschung. 13. Auflage. Opladen: Westdeutscher Verlag.
Geisberger, E. & Broy, M. (2012). agendaCPS: Integrierte Forschungsagenda Cyber-Physical Systems (Vol. 1). Berlin: Springer.
Gnahs, D. (2010). Kompetenzen – Erwerb, Erfassung, Instrumente. Bielefeld: Bertelsmann.
Günterberg, B. & Wolter, H.-J. (2002). Unternehmensgrößenstatistik 2001/2001 – Daten und Fakten. Bonn: Institut für Mittelstandsforschung, 157.
Hirsch-Kreinsen, H. (2014). Wandel von Produktionsarbeit-" Industrie 4.0". TU Dortmund.
Hirsch-Kreinsen, H. (2015). Entwicklungsperspektiven von Produktionsarbeit. In: Botthof, A. & Hartmann, E. (Hrsg.) Zukunft der Arbeit in Industrie 4.0 (S. 89-98). Berlin: Springer.
Kagermann, H., Wahlster, W. & Helbig, J. (2013). Deutschlands Zukunft als Produktionsstandort sichern-Umsetzungsempfehlungen für das Zukunftsprojekt Industrie 4.0 - Abschlussbericht des Arbeitskreises Industrie 4.0. Frankfurt/Main.
04.10.2017 | S. 16Potentiale und Herausforderungen für die Einführung von Arbeit 4.0 in KMU – ein Branchenvergleich
Eine Reihe von wissenschaftlichen Quellen dient als Grundlage unserer Untersuchungen
Literaturverzeichnis III
Kommission der europäischen Union. (2003). Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen. Amtsblatt der Europäischen Union (S. 36-41).
Laurig, W. (1990). Grundzüge der Ergonomie: Erkenntnisse und Prinzipien. Beuth.
Löwer, C. (2016). „Die Arbeit wird uns nicht ausgehen“. In VDI Nachrichten exklusiv (2016) Produktion der Zukunft, Nr. 2 April 2016.
OECD (2013). Abgerufen von http://www.oecd-library.org/sites/9789264125476-de/03/04/01/index.html?itemId=/content/chapter/9789264125469-28-de
Plattform Industrie 4.0. (2015). Abgerufen von http://www.plattform-i40.de
Richter, F. & Pohlandt, A. (2011). Arbeitsintegrierte Ansätze der Personalentwicklung. In: Ryschka, J. Solga M. & Matteklott, A. (Hrsg.) Praxishandbuch Personalentwicklung: Instrumente, Konzepte, Beispiele (S. 131-165). Wiesbaden: Gabler.
Schlund, S. & Gerlach, S. (2013). Der Mensch im industriellen Holozän. Economic Engineering, S. 22-26.
Spath, D., Gerlach, S., Hämmerle, M., Krause, T. & Schlund, S. (2013). Produktionsarbeit der Zukunft–Industrie 4.0. Studie des Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO).
04.10.2017 | S. 17Potentiale und Herausforderungen für die Einführung von Arbeit 4.0 in KMU – ein Branchenvergleich
Eine Reihe von wissenschaftlichen Quellen dient als Grundlage unserer Untersuchungen
Literaturverzeichnis IV
Thom, N. & Ritz, A. (2008). Public Management – Innovative Konzepte zur Führung im öffentlichen Sektor. 4. Aufl., Wiesbaden: Springer.
Yang, X., Deines, E., Lauer, C. & Aurich, J. C. (2011). A human-centered virtual factory. International Conference on Management Science and Industrial Engineering (MSIE), 2011 (S. 1138-1142). IEEE.
Zuelch, G. (2012). Features and limitations of digital human models-a new German guideline. Work, 41 (Supplement 1), S. 2253-2259.