Querida familia, queridos amigos y conocidosFür Schweizer ganz normale Dinge lassen uns mittlerweile schmunzeln. Aus der Ferne reflektieren wir schweizerische und guatemaltekische Arbeitsweisen. Und bald schon reisen wir zurück.
SchweizMärz 2017, Nr. 18
Geniessen und Schmunzeln in der Schweiz
Draussen ist es grau in grau in grau. An freien Tagen fährt
man in die Berge auf der Suche nach ein paar Sonnen-
strahlen. Im Bus erschallt keine ohrenbetäubende Musik aus
dem Lautsprecher. Man hat einen ganzen Sitzplatz für sich
allein. Der Zug fährt auf die Minute genau – ist er einmal drei
Minuten zu spät, kriegt man eine Entschuldigung via
Lautsprecher. Wir machen unsere Besuche wieder mehrere
Wochen im Voraus ab und müssen uns nicht am Vorabend
rückversichern, ob die Gastgeber noch mit uns rechnen. Wir
drucken eine Wanderkarte aus, auf dem auch der
abgelegenste Baum verzeichnet ist, und brechen zu langen
Spaziergängen auf. Spät abends laufen wir durch die Stadt.
Wir essen die ausgefallensten Brot- und Käsesorten zum
Frühstück und Znacht. Sonntags sind wir mindestens fünf
Minuten zu früh im Gottesdienst und warten zusammen mit
den andern Gottesdienstbesuchern auf den Stundenschlag.
Ausser beim Singen machen wir keinen Mucks, die Ruhe und
die guten Denkanstösse tun uns gut.
Wir sind für drei Monate in der Schweiz! Vieles geniessen
wir, über anderes schmunzeln wir. Es ist schön, hier zu sein
und wir geniessen die vielen tollen Gespräche mit euch!
Lateinamerikanische Spontaneität
Unsere Zeit in der Schweiz bietet uns Gelegenheit, über unsere
Erfahrungen in Guatemala zu reflektieren. Einige von euch
haben uns Fragen gestellt, die uns dazu angeregt haben.
Herzlichen Dank! Hier einige Gedanken:
Wir haben gemerkt, dass wir bei unserer sendenden Organisa-
tion Latin Link genau am richtigen Ort sind. Im Leitbild steht
unter anderem: «Latin Link gründet und führt keine eigenen
Projekte oder Gemeinden, sondern arbeitet immer in Partner-
schaft mit lokalen Organisationen und Kirchen.» Man hört es
immer und wir haben es auch schon in Guatemala beobachtet:
Viele ausländische Organisationen kommen mit ausländi-
schem Personal und gründen ein Hilfswerk. Dieses läuft gut
und stellt sogar lokale Mitarbeitende an. Aber wenn die
ausländische Organisation Finanzen und Personal zurückzieht,
fällt alles in sich zusammen und das Hilfswerk verschwindet
von der Bildfläche. Genau deswegen macht die Arbeitsweise
von Latin Link Sinn: Wir arbeiten in lokalen Projekten mit,
ohne die Leitung zu übernehmen, und in der Regel existieren
diese Projekte auch ohne uns weiter.
So ist auch unser Weiterbildungszentrum Centro Esdras eine
guatemaltekische Stiftung mit 100% guatemaltekischer
Leitung. Das ist für uns natürlich genauso herausfordernd wie
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es für einen Guatemalteken in einer rein schweizerischen
Institution wäre. Gewisse Dinge würden wir anders angehen,
planen oder durchführen. Wir merken aber, dass es auch
«lateinamerikanisch» geht, mit anderen Worten: Die Sponta-
neität von Lateinamerikanern hat durchaus seine Vorteile. In
der Schweiz beginnt man ja ein Projekt erst, wenn alle
Instanzen zehnmal darüber diskutiert haben und mindestens
90% der Finanzen zugesichert sind. In Guatemala beginnt
man einfach und stellt eine Person an, ohne auch nur eine
Spende generiert zu haben. Was von uns als völlig verantwor-
tungslos betrachtet wird, kann durchaus zu grossem Segen
und Erfolg führen. Lange nicht immer, aber in der Schweiz
hätte man es nicht einmal versucht.
So sitzen wir also jeweils in den Planungssitzungen des Centro
Esdras und suchen einen Mittelweg: Wir bringen manche
gute Schweizer Denkweise beratend ein, aber versuchen uns
auch manchmal zurückzuhalten, um die lateinamerikanische
Spontaneität nicht zu stoppen. Wir sind da um zu dienen,
nicht um zu bestimmen. Diesen Satz müssen wir uns immer
wieder neu hinter die Ohren schreiben – gerade wenn wir bei
einem Misserfolg denken: «wir haben es ja gesagt», oder bei
einem spontanen Erfolg staunen, weil wir es selber nie
gewagt hätten.Unsere Zukunftspläne
Am 11. März 2017 verlassen wir die Schweiz wieder Richtung
Guatemala. Und fühlen immer noch gleich: Wir verlassen
unsere Heimat, in der wir uns wohlfühlen, freuen uns aber auch
auf unser Zuhause in Guatemala, in dem wir gerne leben und
arbeiten.
Viele haben uns gefragt, wie lange wir noch in Guatemala sein
werden. Wir haben bei Latin Link den Vertrag um weitere zwei
Jahre verlängert. Wir haben den Eindruck, dass es gut ist, ins
Centro Esdras zurückzukehren, um dort die von uns aufgebau-
ten Bereiche zu stärken und das Weitergehen derselben zu
sichern. Auch aus familiären Gründen finden wir es sinnvoll,
zuerst in der Heimat unserer Adoptivtochter zusammenzufin-
den, bevor wir mittelfristig in die Schweiz zurückkehren.
Übrigens: Wir werden sie nach unserer Rückkehr im Kinder-
heim kennenlernen und danach zu uns nach Hause nehmen
können.
Wir danken allen von Herzen, die uns so treu unterstützen.
Ohne euch wäre es nicht möglich, unsere Arbeit im Centro
Esdras zu tun. Wir haben uns gefreut über die vielen persönli-
chen Kontakte in den letzten Monaten.
Herzliche Grüsse,
Angela & Stefan Hochstrasser48 Avenida “A” 3-51Colonia Molino de las FloresZona 2Mixco [email protected] [email protected]
Stiftung Latin Link SwitzerlandSchloss-Schürstrasse 12CH-8409 Winterthurtel: +41 052 202 08 84web: www.latinlink.chmail: [email protected]
Bankverbindung:Zürcher Kantonalbank, 8010 ZürichIBAN: Ch71 0070 0113 2001 4398 7 BIC: ZKBKCHZZ80A | BC: 732 PC Bank: 80-151-4Betreff: 3065 A & S Hochstrasser
GebetsanliegenDank: Ÿ Für die vielen tollen und ermutigenden Begegnungen in
der Schweiz. Ÿ Für die vielen Menschen, die uns auf verschiedenste
Weisen unterstützen und unsere Arbeit mittragen. Bitte:Ÿ Dass in Sachen Adoption die bürokratischen Schritte
ohne Probleme weitergehen. Ÿ Für einen guten Wiedereinstieg in Guatemala
Bis auf Weiteres keine Post nach Guatemala
Wie bereits im letzten Rundbrief geschrieben, funktioniert momentan die guatemaltekische Post nicht. Wir werden uns genauer erkundigen, wenn wir in Guatemala sind. Falls ihr uns dennoch etwas schicken möchtet, dann setzt euch doch mit Stefans Vater, Werner Hochstrasser, in Ver-bindung (Juraweg 9, 3250 Lyss, 032 384 [email protected],55 24). Ab und zu bekommen wir Besuch aus der Schweiz, der allfällige Post mitbringen könnte. Und natürlich funktioniert Email ohne Probleme. ;-)
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