el-sayed rafed sak 32 (medjay)

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  • r' n M.iw lingua blemmyica tu-bedawi. Ein Sprachenkontinuum im Areal der nubischenOstwste und seine (sprach-) historischen ImplikationenAuthor(s): Rafed El-SayedSource: Studien zur Altgyptischen Kultur, Bd. 32 (2004), pp. 351-362Published by: Helmut Buske Verlag GmbHStable URL: http://www.jstor.org/stable/25152924 .Accessed: 01/05/2013 11:06

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  • r' n Mdi.iw - lingua blemmyica -

    tu-bec[awi?. Ein Sprachenkontinuum im Areal der nubischen Ostwiiste

    und seine (sprach-) historischen Implikationen*

    Rafed El-Sayed

    Manfred Weber in Dankbarkeit zum 65. Geburtstag

    Abstract Anhand der kontaktlinguistischen Evidenz der geschriebensprachlichen Uberlieferungen aus dem unteren und mittleren Niltal laBt sich ein diachrones Sprachenkontinuum von der Sprachsubstanz medja sprachlicher Eigennamen aus dem Alten Reich bis in die 2. Zwischenzeit uber die blemmyischen Eigen namen der griechisch-romischen Zeit bis zum neuzeitlichen tu~beq\awiye, der Sprache der nord kuschitischen Bedja, nachzeichnen.

    1 Zur Frage der Zugehorigkeit des blemmyischen Dialektes zum tu-be

  • 352 R. El-Sayed SAK 32

    Weitaus selbstbewufiter war der von Browne und zuvor von Satzinger3 zitierte E. Zyhlarz nach seiner Untersuchung der ihm damals bekannten blemmyischen Personennamen zu der

    Uberzeugung gelangt, in der ?Sprache" der Blemmyer eine historische Stufe des tu

    bec[awie, der Sprache der modernen nordkuschitischen Sprechergemeinschaft der Bedja,4 zu sehen:

    ? Die hiermit gewonnenen Sprachmaterialien fur das nationale Idiom der Blemmyer genugen restlos zur eindeutigen Entscheidung, dafi die Sprache dieses Volkes das

    damals gesprochene Bedauye war. Die bisher unbewiesene Vermutung, in den

    Blemmyern einen Zweig des glieder- und stammreichen Volkstums der Bedscha sehen zu wollen, hat damit ihre sprachwissenschaftliche Begriindung erhalten. Das ?Alt

    Bedauye ", wie wir nunmehr mitRecht die Sprache der Blemmyernamen nennen konnen, hatte nach Ausweis der Wortmaterialien vor eineinhalbtausend Jahren ein dhnliches

    Sprachbild geboten wie heute. "5

    Sieht man einmal von der methodischen Bedenklichkeit ab, die sich aus der Diskrepanz zwischen den wenigen damals verfugbaren Sprachdaten sowie weiterer Erkenntnislucken

    und der Eindeutigkeit seiner recht pathetisch formulierten Ruckschliisse ergeben, so

    scheinen sich Zyhlarz Schliisse vor dem Hintergrund der seither vorgebrachten und in

    diesem Beitrag durch neue Befunde erweiterten Indizien grundsatzlich zu bestatigen. In dem vorliegenden kurzen Beitrag mochte der Verfasser seine Hypothese eines

    Sprachenkontinuums im Areal der nubischen/agyptisch-sudanesischen Ostwuste in die Dis kussion einftihren und eine vorlaufige Darstellung der relevanten Befunde und ihrer

    Implikationen prasentieren. Der Ansatz sprachgeschichtlicher Kontinua im Rahmen der

    Rekonstruktion der Sprachgeschichte des nordostafrikanischen Groliraumes anhand der

    kontaktlinguistischen Evidenz der hauptsachlich agyptischen geschriebensprachlichen Uberlieferung aus dem unteren und mittleren Niltal stellt eine zentrale Arbeitshypothese der

    Untersuchungen des Verfassers dar.6 Ausgehend von den Transferenzbefunden der schrift

    lichen Quellen vor dem Hintergrund der zugehorigen archaologischen Kulturhorizonte lassen sich diachrone Anschltisse friiher und spater Reflexe agyptisch-afrikanischer Sprach

    kontakte herstellen und weiter Ruckschliisse auf die reflektierten Quellsprachen ziehen.7

    3 H. Satzinger, Die Personennamen von Blemmyern in koptischen und griechischen Texten: ortho graphische und phonetische Analyse, in: E. Ebermann/E.R. Sommerauer/K.E. Thomanek (Hgg.), Komparative Afrikanistik. Sprach-, geschichts- und literaturwissenschaftliche Aufsatze zu Ehren von Hans G. Mukarovsky anlaBlich seines 70. Geburtstags, Beitrage zur Afrikanistik 44, Veroffent lichungen der Institute fur Afrikanistik und Agyptologie 61,1992, 313. 4 Zu den Bedja vgl. denUbersichtsartikel von F.C. Gamst, Beja, in: R.V. Weekes (Hg.), Muslim Peoples:

    A World Ethnographic Survey, 1984,130-137. 5 E. Zyhlarz, in: Zeitschrift fur Eingeborenensprachen (ZES) 31,1940, 20-21. 6 Der Begriff des Kontinuums wird hier weiter gefaBt und bezieht sich weniger auf einzelne inner sprachliche Elemente, als vielmehr auf die Kontinuitat einzelsprachlicher Sprachformen. 7 Zum Ansatz weiterer sprachlicher Kontinua im GroBraum Nordostafrika s. R. El-Sayed, Afrikanisches Lehngut in agyptischen Schriftquellen des Alten Reiches bis in griechisch-romische Zeit. Unter suchungen zur Graphemik, Phonemik und Lexikologie des in agyptischen Schriftquellen uberlieferten afrikanischen Lehnwortschatzes als Beitrag zur Rekonstruktion fruher Kultur- und Sprachkontakte in

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  • 2004 r' n Mdi.iw - lingua blemmyica -

    tu-bed{awie 353

    P. Behrens, der das tu-bec[awie in sein ?sprachliches Sequenzmodell" miteinbezog, war,

    ausgehend von der Axiomatik einer Spiegelung veranderter Umweltbedingungen im Wort schatz wandernder Sprechergemeinschaften, speziell tiber die Untersuchung des Faunen

    vokabulars des Nubischen, Berberischen und tu-be

  • 354 R. El-Sayed SAK 32

    zum tu-be

  • 2004 r' n Mdi. iw - lingua blemmyica -

    tu-bed(awie 355

    daB die Bedja selbst keine sprachliche Eigenbezeichnung etwa in Form eines gemeinsamen Ethnikons besitzen, alle Bedjagruppen ihre Sprache aber wohl ubereinstimmend als tu

    bec[awiE bezeichnen.17

    Updegraff, der sich im Rahmen seiner umfassenden Studie zu den Blemmyern auch mit der Frage der Verwandschaft von Blemmyern und Bedja auseinandersetzt, kommt nach einer eingehenden Sichtung der Materialien zu dem SchluB, in den Blemmyern eine Unter

    gruppe der friihen Bedja-Nomaden zu sehen und geht fur die Antike von einer den modernen Verhaltnissen weitestgehend entsprechenden starken Zersplitterung in einzelne

    Verbande aus.18

    Ausgehend von der Beobachtung einer erstaunlichen kulturellen Ubereinstimmung im

    Bereich der materiellen Hinterlassenschaften der aus dem Areal zwischen dem slid

    agyptisch-sudanesischen Niltal und dem Roten Meer stammenden Kulturen, der Pfannen

    graber-, Gebel Moya-, Blemmyer- und X-Gruppen-Kultur, hat Hofmann ein kulturelles Kontinuum nachgezeichnet, dessen Trager fur die Zeitspanne vom Mittleren Reich bis ins fruhe Neue Reich mit den Medjaiu der agyptischen Quellen zu identifizieren sind.19 Die archaologischen Befunde, insbes. die Kleinheit und Wtistenrandlage der Friedhofe sowie

    die reiche Ausstattung der Begrabnisse mit Waffen, weisen eindeutig auf eine nomadische

    Lebensweise und soldnerische Tatigkeit in agyptischen Diensten hin.20 Die kulturelle Verbindung zum Roten Meer spiegelt sich selbst in den mittelagyptischen Friedhofen der Pfannengraber-Kultur im Vorhandensein der fur diese so typischen Seeschnecken- und

    Muschelarmbander.21 Auch Bietak, der sich eingehend mit dem archaologischen Pfannengraber-Horizont und

    den textlichen Evidenzen zu den Medjaiu auseinandergesetzt hat, kommt zu dem SchluB, fur den Zeitraum der spaten 12. Dyn. bis zur 2. Zwischenzeit in den Medjaiu die Trager der

    Pfannengraber-Kultur zu sehen.22

    17 A.L. Palmisano, Ethnicity: The Beja as Representation, Ethnizitat und Gesellschaft Occasional Papers 29,1991,9; F.F. Jacobsen, Theories of Sickness and Misfortune amongst the Hadandowa Beja:

    Narratives as Point of Entry into Beja Cultural Knowledge, 1998, 5,23. 18 Updegraff, op.cit., 156-159, 178. Fiir eine ahnliche Zersplitterung der Medjaiu in einzelne noma disierende Verbande sprechen neben den archaologischen Befunden meist sehr kleiner Friedhofe auch diverse den Texten zu entnehmende Hinweise. So ist haufig die Rede von den Medja-Landern im Plural, von denen zwei, Iwsq und wbl. t-sp. t namentlich erwahnt werden. Vgl. K. Zibelius, Afrikanische

    Orts- und VSlkernamen in hieroglyphischen und hieratischen Texten, Beihefte zum Tubinger Atlas des Vorderen Orients, Reihe B Nr. 1,1972,72, resp. 104 (im folgenden: Zibelius, AOV). Weiterhin ist die Region von jbhl.t als Siedlungsplatz von Medjaiu bekannt (Zibelius, op.cit., 74-75). Auch die Semna Despatches weisen in diese Richtung, denn aus diesen geht hervor, daB Medja-Scouts in agyptischem Auftrag Angehorige ihrer Volksgruppe in der Wiiste auf spuren, um jene an der Einwanderung in das Niltal zu hindern (M. Bietak, Sayala, 75-76), ein Szenario, das vor dem Hintergrund einer Stammes gesellschaft gut vorstellbar ist. 19 I. Hofmann, in: ZDMG Supplementa 1,1969,1114-1135. 20

    Hofmann, op.cit., 1115-1116. 21 Hofmann, op.cit., 1115. 22 Bietak, op.cit., insbes. 70-78; ders., in: LA IV, 999-1005; ders., C-Group, 123-125. Vgl. a. T. Save Soderbergh (Hg.), Middle Nubian Sites, SJE 4:1,1989,14-19.

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  • 356 R. El-Sayed SAK 32

    Gerade fiir die Region der nubischen Ostwiiste besteht weiterhin ein groBer Bedarf an

    archaologischer Forschung, um das Bild der friihen Kulturen dieses Raumes zu vervoll

    standigen.23 Dennoch zeichnen die bisherigen Befunde das Bild einer groBen kultur

    historischen Linie, die vom dritten Jt. v.Chr. bis in das friihe Mittelalter reicht.

    3 Die Medjaiu des Alten und Mittleren Reiches als bec[awie-sprachliche Entitdt Wahrend sich die Identifikation der Blemmyer als kultur- und sprachgeschichtliche Untergruppe der friihen Bedja zum einen aufgrund der relativ iiberschaubaren Zeitspanne von rund tausend Jahren, zum anderen aufgrund der relativ leicht zuganglichen Sprachdaten noch verhaltnismaBig einfach darstellt, fallt es weitaus schwerer, den Bogen von den Bedja bis zu den Medjaiu des Alten und Mittleren Reiches zu spannen. Die Hypothese eines derartigen Kontinuums sieht sich aus methodischer Sieht in der Hauptsache mit dem

    Problem einer betrachtlichen Zeitspanne von rund 3000 Jahren bei einer gleichzeitig diinnen Materiallage insbes., was die Verfugbarkeit von Sprachdaten aus den frtihesten Zeit

    schichten anbelangt, konfrontiert. Ein weiteres methodisches Erschwernis muB in dem

    unbefriedigenden Stand der linguistischen Erforschung des tu-beclawie, der Sprache der

    modernen nordkuschitischen Sprechergemeinschaft der Bedja, gesehen werden und zwar sowohl was die Sprachdokumentation anbelangt, als auch hinsichtlich des fast volligen

    Fehlens historischer Rekonstruktionen.24

    23 Einen kleinen Baustein stellen die Ergebnisse Save-Soderberghs, op.cit. fur die Region des sudlichen Atbai dar. Vgl. auch allgem. K.A. Kitchen, The Land of Punt, in: Th. Shaw et al. (Hg.), The Archaeo logy of Africa: Food, metals and towns, 1993,587-608 und R. Fattovich, in: SAK Beih. 4,1976,257 272.

    24 Die bisher publizierten Beitrage zum tu-beq\awie bauen fast ausnahmslos auf dem Sprachmaterial auf, welches von H. Almkvist (Die Bischari-Sprache Tu-Bedawiye in Nordost-Afrika, Bd. I-III, 1881-1885

    [im folgenden: Almkvist, Bischari-Sprache]) und L. Reinisch (Die Bedauye-Sprache in Nordost-Afrika, Bd. II. u. HI., Kaiserliche Akademie der Wissenschaften, 1893 [im folgenden: Reinisch, Bedauye Sprache]; ders., Worterbuch der Bedauye-Sprache, 1895 [im folgenden: Reinisch, Worterbuch]) im 19. Jh. gesammelt wurde (vgl. z.B. A.N. Tucker/M.A. Bryan (Hgg.), Linguistic Analysis: The Non-Bantu Languages of North-Eastern Africa, 1966, 495-555). Almkvist und Reinisch scheinen die letzten gewesen zu sein, die Sprachdaten zum tu-beq\awie selbst in groBerem MaBe systematisch erhoben und in der Folge auch umfassend publiziert haben; (eine detaillierte Darstellung der Forschungsgeschichte zum tu-beq\awie bis 1987 gibt A. Zaborski, Reinisch and some problems of the study of Beja today, in: H.G. Mukarovsky (Hg.), Leo Reinisch. Werk und Erbe, SOAW Phil. hist. Kl. 492,1987,123-139; zum Forschungsstand und -ethos innerhalb der Kuschitistik bis 1981 s.a. die Feststellungen von H.-J. Sasse, Die kuschitischen Sprachen, in: B. Heine/T. Schadeberg/E. Wolff (Hgg.), Die Sprachen Afrikas, 1981,187-215, insbes. 195 u. 200 sowie A. Zaborski, Cushitic Overview, in: M.L. Bender (Hg.), The

    Non-Semitic Languages of Ethiopia, 1976, 67-84). Dire Publikationen miissen - trotz der positiven Beurteilung von R.A. Hudson, Beja, in: Bender, op.cit., 97-131, insbes. 97 - nach den heutigen Standards als veraltet bzw. unvollstandig und somit nur bedingt verwendbar angesehen werden. Sprach historische Studien zum tu-beq\awie sind quasi nicht existent. Insbesondere in vergleichend-historische Rekonstruktionen innerhalb der Kuschitistik findet man das tu-beclawie kaum einbezogen (vgl. wieder um Sasse, op.cit., 201-205). Vielmehr drehte sich der Diskurs lange um die Frage der Position des tu beq\awie innerhalb des Gemeinkuschitischen (R. Hetzron, in: SUGIA 2, 1980, 7-126; A. Zaborski,

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  • 2004 r' n Mdi. iw - lingua blemmyica -

    tu-bec[awie 357

    Im Rahmen der hier anzusprechenden Problematiken kommt insbes. die weitestgehende

    Vernachlassigung der historischen Phonologie des tu-bee

  • 358 R. El-Sayed SAK 32

    Sinne der agyptischen (Sprach-) Geographie ausgewiesen sind. Aus diesem Korpus sollen hier lediglich einige Instanzen mit ihren bec[awie-sprachlichen Kognaten angefuhrt werden, um einen ersten Eindruck der postulierten Konvergenzen zu vermitteln.29

    Unter den agyptisch-hieroglyphisch iiberlieferten Eigennamen der Soldnerkolonie von

    Gabalayn, deren Mitglieder sich auf ihren agyptischen Grabstelen ikonographisch und inschriftlich als Nubier (nhs.i) zu erkennen geben,30 befinden sich einige, die z.T. eindeutig

    nicht-agyptischsprachig zu erklaren sind und somit als ?nubischen" Ursprungs im Sinne der

    agyptischen (Sprach-) Geographie anzusehen sind.31 Uber die genaue Herkunft der

    (hbalayn-Soldner besteht bisher kein Konsens. Wahrend Fischer von einer unternubischen

    (wiwi.t) Provenienz ausgeht,32 halt O'Connor die Soldner fiir Medjaiu.33 Aus dem relativ schlecht dokumentierten archaologischen Kontext der (hbalayn-Region ergeben sich keine

    schlagenden Evidenzen, auf deren Grundlage eine Entscheidung iiber die Provenienz der

    Angehorigen der nubischen Soldnerkolonie moglich ware.34 Dennoch sind Pfannen

    graberbestattungen aus Gabalayn bekannt, womit die Anwesenheit von Pfannengraber leuten in der Region nachgewiesen ist.35

    Zu den eindeutig nicht-agyptischen Personennamen des (jb6tf/

  • 2004 r' n Mdi. iw - lingua blemmyica -

    tu-bed(awie 359

    Unter den iiberlieferten blemmyischen Personennamen befindet sich der mannliche

    Personenname eiA^vreK */jahatak/,38 der sich als Kompositum erklaren laBt, dessen zweiter Bestandteil das in blemmyischen Personennamen haufig segmentierbare beclawie-Wort fur

    Mann /tak/ ist.39 Eine &eqfow*?-sprachliche Bestimmung des ersten Bestandteils */jah-/ mufi vorerst offen bleiben.40 Satzinger hat fiir einige Blemmyernamen unter Vorbehalt bed(awis sprachige Etymologien vorgeschlagen, unter denen sich einige Bildungen mit /tak/ finden.41

    Eine Zusammenstellung der Namen ()ra_^^ /j h t k / und eu?XT6K Vjahatak/ erscheint nicht nur aufgrund der volligen phonemischen Ubereinstimmung hinsichtlich des

    Konsonantenbestandes plausibel,42 sondern ebenso aus lexikologisch-onomastischen

    Erwagungen, da es sich bei beiden Belegen um ein (maskulines) Anthroponym handelt.

    Als eine weitere linguistische Evidenz fur beclawie-spmchiges Substrat laBt sich das

    Bildungsmorphem < 1J|, U*>> {?b-} einer Anzahl nubischer Toponyme anfuhren, die sich entweder mit dem Siedlungsbereich der Medjaiu, das Areal der nubischen Ostwiiste, oder aber auch direkt mit den Medjaiu verbinden lassen. {jb-}, das sich u.a. in den Topo nymen ,43 41 ,u ,45 ,43 ,46 ,47 45 als Bildungslexem segmentieren laBt,48 kann aus phonemischen49 wie lexikalischen

    38 Vgl. zu den Belegstellen G.M. Browne, Textus blemmyicus aetatis christianae, 2003, 15. 39 Browne, op.cit., 13, 26; Reinisch, Worterbuch, 224; Almkvist, Bischari-Sprache III, 63, V. Blazek, Beja Kinship and Social Terminology, in: M.R.M. Hasitzka /J. Diethart/G. Dembski (Hgg.), Das Alte Agypten und seine Nachbarn. Festschrift zum 65. Geburtstag von Helmut Satzinger mit Beitragen zur Agyptologie, Koptologie, Nubiologie und Afrikanistik, 2003, 327-328. 40 Vielleicht ist beq\awie Ijaikl ? Wildschwein" zu vergleichen, was sich in die durch die Blemmyernamen gespiegelte beq]awie-Onomastik u.U. gut einfugen wiirde, und man hatte bereits sehr friih mit der im tu-beq\awie bekannten Altemanz von [k] und [h] zu rechnen. Vgl. Reinisch, Bedauye Sprache, 30 48).

    Es ist aber m.W. keineswegs klar, wie dieses Phanomen lautgeschichtlich einzuordnen ist. 41 */jasatak/ ?Hundemann", */haq]arytak/ ?L6wenmann" und */kurbarytak/ ?Elefantenmann" (Satzinger, op.cit., 322; vgl. a. Browne, op.cit., 8). Noch aus dem mittelalterlichen beq\awie-sprachlichen Anthro ponomastikon sind Namen bekannt, die mit Tierbezeichnungen gebildet werden, wie z.B. /kurbab/, Ikurubl ?Elefant" (A. Paul, A History of the Beja Tribes of the Sudan, 1954,95), /hadab/ ?L6we" (Paul, op.cit., 77). 42 Zur graphemisch-phonemischen Interpretation s. u. Anm. 49. 43 Zibelius, AOV, 74. 44 Zibelius, AOV, 74-75. Zur Lokalisierung in die Ostwuste vgl. auch K. Zibelius-Chen, Die Kubanstele Ramses' II. und die nubischen Goldregionen, in: C. Berger/G. Clerc/N. Grimal (Hgg.), Hommages a Jean Leclant II: Nubie, Soudan, Ethiopie, BdE 106/2,1994,411-417, insbes. 412-413. 45 Zibelius, AOV, 75. 46 Zibelius, AOV, 75-77. 47 Zibelius, AOV, 77. 48 K. Zibelius, in: Meroitic Newsletter 5,1970, 9-17, insbes. 13; dies., op.cit., 195. 49 Im Rahmen seiner graphemisch-phonemischen Untersuchungen kommt der Verfasser hinsichtlich der Interpretation des fur das synchrone System des alteren Agyptisch bestehenden problematischen Be fundes einer phonemischen Polyvalenz des Graphonems Jj ~ ?/ zu dem SchluB, j und ? als allo phonische Varianten eines Archiphonems /J/ zu werten. Fallweise wird mittels Allographie die

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  • 360 R. El-Sayed SAK 32

    Erwagungen mit dem bectawie-Lexem {?aba} ?Wadi" verbunden werden.50 Bezeichnungen fur das Wadi spielen auch in der Toponymik der Bedja eine zentrale Rolle.51

    In P. Boulaq 18 aus der Zeit der 13. Dynastie findet sich der Name eines Fiirsten der Medjaiu (wr mdi.iw) des Medja-Fiirstentums von Auschek (iwsq) ^ *

  • 2004 r' n Mdi. iw - lingua blemmyica -

    tu-bed(awie 361

    Agyptischen auffindbare Lehngut anzusehen sind, vorkommen.58 Eine dieser Quellsprachen ist das Meroitische, aus welchem einige Lexeme mit labialisierten Velaren in das Agyp tische entlehnt wurden.59 In den betreffenden Instanzen wird meroitisch *lkwl durch

    gangig durch agyptisch Ikl wiedergeben, was zunachst dahingehend gewertet werden

    kann, dafi dem Merkmal [+LAB] keine besondere graphische Korrespondenz bei den agyptischen Lehngutschreibungen entspricht. Nun weisen die entlehnten meroitischen

    Lexeme allerdings eine u-vokalische Umgebung bei den labialisierten Velaren auf.60 Eine

    Lautfolge [kw-u] kann ohne weiteres als [k-u] aufgefaBt werden, was in der lautphysio

    logischen Ahnlichkeit des labiovelaren Vokals [u] und des labiovelaren Approximanten ["], des sekundaren Artikulationsmerkmals in [k"]9 begriindet ist.61 Die Wiedergabe fremder labialisierter Velare durch im Agyptischen sollte vor dem besagten phonologischen

    Hintergrund also nicht verwundern. Aus der Entsprechung von "^

    ^ ST */kwj/ und lkwa:jal liefie sich aber folgern, dafi dem Merkmal [+LAB] in a-vokalischer Umgebung hingegen ein

    graphischer Ausdruck - in diesem Fall - entspricht, was als Bestatigung des Befundes

    zu werten ist.

    Das bekannte Bukranion aus der Pfannengraberbestattung 3252 von dem Friedhof Musta

    gidda, das eine Darstellung eines Medja-Kriegers o.a. in signifikanter Ikonographie zeigt,62

    58 Die labialisierten Velare sind mit H.-J. Sasse, Die kuschitischen Sprachen, in: B. Heine/ T. Schadeberg IE. Wolff (Hgg.), Die Sprachen Afrikas, 1981,204-205 als gemeinkuschitisch anzusehen und verfugen damit iiber eine erhebliche chronologische Tiefe. Innerhalb des Phoneminventars des tu-beq]awie

    miissen die labialisierten Velare somit zum ererbten Lautbestand gerechnet werden und stellen keines wegs, wie von Almkvist, Bischari-Sprache, 42 und jiingst von M. Lamberti, The Correspondence ?Labial-Velar-Glottal" in Cushitic, in: M. Bechhaus-Gerst/F. Serzisko (Hgg.), Cushitic Omotic: Papers from the International Symposium on Cushitic and Omotic Languages. Cologne, January 6-9, 1986, 1988,302-208, insbes. 307 vertreten, sekundare Laute dar. Hieraus und aus der Tatsache, daB ihr Vor

    kommen keineswegs marginal ist, sollte man entsprechende Reflexe innerhalb des beq]awie-spmch lichen Lehnguts im Agyptischen erwarten konnen. 59

    Vgl. dazu El-Sayed, op.cit 60 S. zu einer innermeroitischen Analyse der meroitischen labialisierten Velare und der Relevanz der vokalischen Umgebungen C. Rilly, in: GM 169, 1999, 101-110, insbes. 106-107. 61 Vgl. dazu T.A. Hall, Phonologic Eine Einfuhrung, 2000,198-199. Zu vergleichbaren innersprachlichen LautubergSngen im tu-heq\awie vgl. Almkvist, Bischari-Sprache, 42, der das Phanomen als Argument fur die Annahme einer sekundareren Entwicklung der labialisierten Velare anfuhrt. 62 G. Brunton, Mostagedda and the Tasian Culture, 1929, 120-121, pi. LXXVI. Die Bestattung wird in die 2. Zwischenzeit datiert. Vor dem Hintergrund der kiirzlich entdeckten bemerkenswerten Inschrift im Grab des Sobeknacht in El-Kab, die von einem militarischen VorstoB einer antiagyptischen Allianz

    nubischer Gruppen unter der Fuhrung des Reiches von Kusch bis El-Kab berichtet, wird man die Rolle der Medjaiu bei den militarischen Auseinandersetzungen der ausgehenden 2. Zwischenzeit differenzierter zu sehen haben, als bisher angenommen (S.V. Davies, in: British Museum Magazine 46,2003,18-19 und ders., in: BSFE 157,2003,38-44 sowie in: EA 23,2003,3-6). DaB Medjaiu nicht nur von den Thebanern, sondern, wie aus der Sobeknakhtinschrift hervorgeht auch von Kusch rekrutiert worden sind, laBt sich jedenfalls gut mit der hier vertretenen Vorstellung von den Medjaiu als losem Bund von Stammen mit divergierenden und von Pragmatismus gesteuerten Loyalitaten vereinbaren.

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  • 362 R. El-Sayed SAK 32

    uberliefert in hieroglyphischer Schrift den Namen des Grabinhabers. Aus der Tatsache, dafi der Name in eine rechteckige Umrandung eingefafit ist, die moglicherweise einer Kartusche

    nachempfunden sein konnte, wurde geschlossen, in der dargestellten Person einen

    Stammeshauptling o.a. zu sehen.63 Der hieroglyphisch wiedergegebene Name ^ U _k __,

    ist eindeutig nicht agyptisch, worauf bereits die auffallige Graphie verweist.64 Aus dem archaologischen Kontext und vor dem Hintergrund der hier vertretenen Auffassung von den Pfannengraberleuten/Medjaiu als 6e^aw/?-sprachliche Entitat erscheint eine

    6eeqfowz_>sprachliches

    Kognat wird in einem Kompositum des Typs N - kuna/kina ?Herr, Besitzer von N"

    gesehen.65 Derartige Komposita finden sich zudem unter den blemmyischen Personen

    namen,66 wie beispielsweise der als ?Herr des Jagdwildes" gedeutete Name tiodtikvoc

    */tijuti-kina/.67 Einige der Bedja-Untergruppen (badana) fiihren Eigenbezeichnungen, die nach dem Typ Toponym

    - /kuna/kina/ konstruiert sind, wie z.B. die Sinkatkinab, eine

    Subgruppe (hissa) der Hadareb, die zu den Bani 'Amir gehoren, und die Melhitkinab, die von Paul als eigener Stamm aufgefiihrt werden.68 Moglicherweise liegt in dem in Rede stehenden Fall aus der 2. Zwischenzeit bereits eine vergleichbare Konstruktion vor.69

    Neben den hier in aller Kiirze vorgestellten Befunden und Implikationen sprechen eine Reihe weiterer Indizien und Befunde, die der Verfasser im Rahmen seiner Untersuchungen zusammengetragen hat, fur die Plausiblitat des beschriebenen Sprachenkontinuums, das sich auch in den groBeren historischen Befundkontext des nordostafrikanischen GroBraumes sowohl aus linguistischer, als auch aus archaologischer Perspektive einreiht.

    63 I. Hofmann, in: ZDMG Supplementa I, 1114-1135, insbes. 1116. Es ist fraglich, ob wirklich eine Kartusche intendiert war, oder ob man nicht vielleicht die rechteckigen Namensplaketten aus el-Kurru, z.B. Label 19-3-704, Ku. Turn. 6 (T. Kendall, in: Meroitica 15, 1999, 3-117, insbes. 110, fig. 13) vergleichen muB (freundlicher Hinweis von K. Zibelius-Chen). 64 Die Graphie wird vom Verfasser bereits dem jungeren Transkriptionssystem (Gruppenschreibung) zugeordnet (vgl. T. Schneider, Auslander in Agypten wahrend des Mittleren Reiches und der Hyksoszeit. Teil 1: Die auslandischen Konige, AAT 42, 1998, 35-36). korrespondiert daher mit */ku/. ist als Morphographonem (Femininendung) zu werten und korrespondiert nit -*/a/, -*/e/. 65

    Reinisch, Worterbuch, 143. Zur Langform ankwana vgl. id., ibid. 25-26. 66

    Browne, op.cit., 26, 13, 20, 22. 67 Vorgeschlagen von E. Zyhlarz, in: ZES 31, 1940, 13-14; H. Satzinger, Die Personennamen von

    Blemmyern in koptischen und griechischen Texten: orthographische und phonetische Analyse, in: E. Ebermann IE.R. Sommerauer/K.E. Thomanek (Hgg.), Komparative Afrikanistik. Sprach-, geschichts und literaturwissenschaftliche Aufsatze zu Ehren von Hans G. Mukarovsky anlaBlich seines 70. Geburtstags, Beitrage zur Afrikanistik 44, Veroffentlichungen der Institute fiir Afrikanistik und Agyp tologie 61,1992, 322 auBert sich skeptisch; aus der Tatsache, daB Browne, op.cit., 22 sich nur fur die Identifikation des Lexems {kina} ausspricht und auch {tiyu} nicht in seinen Index auf S. 25 aufhimmt,

    muB man wohl schlieBen, daB er nicht vollstandig mit Zyhlarz Deutung konform geht. Vgl. auch die Zustimmung P. Behrens, in: SUGIA 3, 1983, 31-32. 68 Paul, op.cit, 138. 69 Eine mogliches Korrelat fur den ersten Bestandteil ware Igaifl der FluB ?Gash", vgl. Reinisch, Worter buch, 103, wenn man den Namen nicht als */ko;sa-kuna/ ?Herr von Hornern" (Reinisch, op.cit., 148) zu deuten hat.

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    Issue Table of ContentsStudien zur Altgyptischen Kultur, Bd. 32 (2004), pp. I-VI, 1-382Front MatterThe Inscriptions of the Alabaster Sanctuary of Osiris (Temple of Ramesses II at Abydos) [pp. 1-10]Der Konvoi der Sonnenschiffe in den Pyramidentexten [pp. 11-33]Writing an Image The Formulation of the Tree Goddess Motif in the Book of the Dead, Ch. 59 [pp. 35-50]berlegungen zu den Vogelbezeichnungen mr.t und [pp. 51-58]Die Wirbelsulenverletzungen des Papyrus Edwin Smith (Fall 29-33) [pp. 59-80]Queen Tausret and the End of Dynasty 19 [pp. 81-104]The "Documents of Breathing" in the Royal Museum of Edinburgh [pp. 105-118]Richtungsbezge in gyptischen Sakralanlagen oder: Warum im gyptischen Tempel das Sanktuar hinten links in der Ecke liegt (Teil II) [pp. 119-148]Zur zeitlichen Einordnung des Knigs Djehuti an das Ende der 13. Dynastie [pp. 149-157]Die Bedeutung des Verbs nm in Ritualinschriften [pp. 159-169]Un texte de glorification [pp. 171-204]Sprachliche Bemerkungen zu den "Unterweltsbchern" [pp. 205-232]The First Intermediate Period Tombs at Asyut Revisited [pp. 233-243]Zur berlieferung (auto-) biographischer Inschriften im Alten Reich [pp. 245-254]Der Ptah des Amenemhet: Zur theologischen Konzeption einer Kniefigur am Opferbecken [pp. 255-274]August Bckh (1785-1867) und andere Autoren ber den Beginn des gyptischen Kalendertages nach Ptolemus im Almagest [pp. 275-286]Ein Webstuhl mit Zubehr: Die sptdemotische Urkunde P. Berlin P 23779+30009 [pp. 287-299]"Imitate but innovate" oder: Eine Gtterbedrohung mit hymnischer Struktur im Papyrus Genf MAH 15274 [pp. 301-309]Visuelle Poesie als eine sakrale Zeichen-Kunst der altgyptischen hohen Kultur [pp. 311-326]Der prnatale Geschlechtsverkehr von Isis und Osiris sowie eine Notiz zum Alter des Osiris [pp. 327-332]A Group of Middle Kingdom Stelae from El Rizeiqat/El Gebelein [pp. 333-349]r' n M.iw lingua blemmyica tu-bedawi. Ein Sprachenkontinuum im Areal der nubischen Ostwste und seine (sprach-) historischen Implikationen [pp. 351-362]Three Unpublished Late Period Statues [pp. 363-378]Back Matter