entwicklung in fragilen staaten: krisen bewältigen ... · krisen überwinden, staaten stärken ....
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Stand: Mai 2012
Entwicklung in fragilen Staaten: Krisen bewältigen, Perspektiven schaffen
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JAHRESBERICHT ÜBER DIE ZUSAMMENARBEIT MIT ENTWICKLUNGSLÄNDERN 2011
Bank aus Verantwortung
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INHALT
Highlights 4
Vorwort 5
Schritt für Schritt den Staat aufbauen 6
Interview: „Aufgeben gilt nicht“ 11
Entwicklung braucht Frieden 12
– Drei Fragen an … 17
– Afrikas Krisen, Afrikas Chancen 19
– Signal für schnelle Hilfe 20
Krisen überwinden, Staaten stärken 22
– Handeln, bevor die Gewalt ausbricht 26
– Das Handy ist immer dabei 28
– Das Engagement der KfW Entwicklungsbank in fragilen Staaten von 2007-2011 30
– Die Kriegswirtschaft überwinden 31
– Neue Hoffnungen durch den „Arabischen Frühling” 32
Krisenregion Afghanistan 34
– Gewaltige Herausforderungen 38
– Mutige Unternehmer 40
Das Jahr 2011 im Überblick 42
– KfW Entwicklungsbank 43
– Unser Beitrag zu den UN-Millenniumszielen (MDGs) 48
– DEG 49
– Auszahlungen von KfW Entwicklungsbank und DEG 55
Statistischer Anhang 56
Die Organisationsstruktur der KfW Entwicklungsbank 62
Die Organisationsstruktur der DEG 63
Engagement weltweit 64
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HIGHLIGHTS
Nach dem Ende von Krisen und Konfl ikten – fragile Staaten brauchen Unterstützung.
Rekordergebnis bei Zusagen übertroffenDie KfW Entwicklungsbank und die DEG haben ihr historisches Rekordergebnis von 2010 noch
einmal leicht übertroffen: Sie sagten 2011 für Entwicklungsprogramme in Asien, Afrika, Latein-
amerika und Europa insgesamt rund 5,8 Mrd. EUR zu. Die KfW Entwicklungsbank förderte mit
mehr als 4,5 Mrd. EUR vor allem staatliche Institutionen in ihren Partnerländern. 2,6 Mrd. EUR der
Fördersumme stammten aus Mitteln, die die KfW auf dem Kapitalmarkt mobilisierte. Die Neuzu-
sagen der DEG in Höhe von mehr als 1,2 Mrd. EUR tragen dazu bei, die Privatwirtschaft zu stärken.
„Zukunftsentwickler“: Das gemeinsame Jahresthema „Zukunftsentwickler“ lautet das Jahresthema 2012, das die KfW Entwicklungsbank gemeinsam
mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und erstmals auch
mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ge-
staltet. Es beleuchtet aktuelle Herausforderungen in der internationalen Zusammenarbeit.
Dabei wird diskutiert, wie globale Probleme gemeinsam bewältigt werden können und welche
innovativen Ansätze sich dafür eignen.
Nachgefragt: Risikokapitalfi nanzierungenUnternehmen in Entwicklungsländern fehlen häufi g die notwendigen langfristigen Mittel für
Investitionen. Nachgefragt, aber kaum erhältlich sind nicht nur Kredite, sondern gerade auch
Eigenkapitalbeteiligungen. Daher engagiert sich die DEG gezielt dafür, den Zugang zu solchen
Finanzierungen zu ermöglichen. Allein 2011 sagte sie Risikokapital – Eigenkapital und beteili-
gungsähnliche Darlehen – in Höhe von knapp 510 Mio. EUR zu. So beteiligte sie sich mit Eigen-
kapital an 30 Unternehmen, unter anderem in Kirgistan und Ruanda.
Entwicklungsbanken gründen weltweites NetzwerkSie bündeln ihre Kräfte, um noch mehr zu erreichen: Die KfW war an führender Stelle dabei, als
die Vorsitzenden und Geschäftsführer von 19 Förder- und Entwicklungsbanken aus Afrika,
Asien, Europa und Lateinamerika in Washington den „International Development Finance Club“
(IDFC) gründeten. Sie wählten Dr. Ulrich Schröder, den Vorstandsvorsitzenden der KfW Banken-
gruppe, zum 1. Vorsitzenden des Clubs. Durch das neue Netzwerk wollen die Banken stärker von
den gegenseitigen Erfahrungen profi tieren, neue Geschäftsfelder erschließen und Zukunfts-
themen wie die Finanzierung grüner Infrastruktur und den Klimaschutz angehen.
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VORWORT
Fragile Staaten geraten zunehmend in das
Blickfeld der Entwicklungszusammenarbeit.
Dort lebt ein hoher Anteil der weltweit von
Armut betroffenen Menschen. Die staatlichen
Strukturen dieser Länder sind meist schwach,
der Investitionsbedarf ist hoch, nach Krisen
und Konfl ikten ist das Vertrauensverhältnis
zwischen Staat und Bürgern zerrüttet. Dadurch
können diese Länder Einfl üssen wie Naturka-
tastrophen, Gewaltausbrüchen oder ethnischen
Auseinandersetzungen wenig entgegensetzen.
Fragile Staaten bleiben krisenanfällig und
müssen als eigene Staatengruppe mit be-
sonderen Problemlagen, aber auch Chancen
betrachtet werden. Die Sicherheit kann oft
nicht gewährleistet werden. Fragile Staaten
sind nicht selten Rückzugsgebiete für inter-
nationalen Terrorismus und stellen damit ein
globales Sicherheitsrisiko dar.
Wer sich wie die KfW Entwicklungsbank und
die DEG – Deutsche Investitions- und Ent-
wicklungsgesellschaft im Auftrag der Bundes-
regierung in diesen Staaten engagiert, muss
seine Herangehensweise den Herausforderun-
gen anpassen. Dabei müssen sichtbare Fort-
schritte für die Menschen rasch geschehen.
Wenn die Bevölkerung spürt, dass sich die
Lebensbedingungen verbessern, kann sich ein
Friedens- und Stabilisierungsprozess entwickeln.
Für die Menschen in fragilen Staaten ergeben
sich dann tragfähige Zukunftsperspektiven.
„Zukunftsentwickler“ lautet auch das gemein-
same Jahresthema des Bundesministeriums
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung (BMZ), der Deutschen Gesellschaft
für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und
der KfW Entwicklungsbank.
Die KfW Entwicklungsbank hat Instrumenta-
rien entwickelt, die den Situationen in den
jeweiligen Ländern angepasst sind. In der frü-
hen Phase der Zusammenarbeit spielt die
Zivilgesellschaft eine Schlüsselrolle. Wenn der
Staat noch zu schwach ist, ermöglichen Nicht-
regierungsorganisationen einen schnelleren
Zugang zu den Menschen. Dabei bleibt es
wichtig, den Staat in die entwicklungspoli-
tischen Anstrengungen einzubeziehen, damit
die Bürger Vertrauen zu staatlichen Instituti-
onen entwickeln.
Der längerfristige Aufbau leistungsfähiger
staatlicher Strukturen ist entscheidend für
die nachhaltige Transformation von einem
fragilen zu einem stabilen Land. Die KfW Ent-
wicklungsbank trägt dazu bei, Institutionen
so zu stärken, dass sie den Bürgern jene Dinge
bieten, die ihnen ein normales Leben ermög-
lichen: Wasser und Strom, Wege und Straßen,
Krankenhäuser und Schulen.
Die DEG setzt auf der Ebene des privaten
Sektors an. Private Unternehmen leisten
wichtige Beiträge, um die Lebensbedingungen
zu verbessern und eine wirtschaftliche und
soziale, nachhaltige Zukunftsperspektive für
die Menschen zu schaffen: Mit Wirtschafts-
kraft entstehen Beschäftigung und Einkom-
men, verbessert sich die Infrastruktur, erhalten
die Staaten wieder Zugang zu den regionalen
und globalen Märkten.
Es bleibt wichtig, die Situation im Land genau
zu kennen und konfl iktsensibel zu agieren.
So können in schwierigen Umfeldern die rich-
tigen Prioritäten gesetzt werden. So kann
der Staat Vertrauen zurückgewinnen und den
gesellschaftlichen Sozialvertrag erneuern.
Dr. Norbert Kloppenburg(Mitglied des Vorstands der KfW Bankengruppe)
Bruno Wenn(Sprecher der Geschäftsführung der DEG)
„In fragilen Staaten sind die
Herausforderungen besonders
groß. Wir müssen dort ange-
passt, fl exibel und mit Geduld
agieren. Der Staatsaufbau
braucht Zeit.“
Dr. Norbert Kloppenburg
„Privatwirtschaftliches Engage-
ment schafft Arbeit und Ein-
kommen, leistet wichtige Beiträge
für die lokale Entwicklung und
trägt dazu bei, fragile Staaten in
regionale und globale Märkte
zu integrieren.“
Bruno Wenn
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SCHRITT FÜR SCHRITT DEN STAAT AUFBAUEN
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NEUE SCHULEN, STRASSEN UND PARKS: IM PALÄSTINENSISCHEN AUTONOMIEGEBIET TRÄGT EIN FONDS ZUM AUFBAU VON KOMMUNALER INFRASTRUKTUR BEI
Ein strahlend blauer Himmel wölbt sich über
die Hügel südlich von Nablus. Im Herzen des
Westjordanlandes sorgt die Sonne für ange-
nehme Temperaturen: Kinder tummeln sich
auf den Schaukeln, Rutschen und Kletterge-
rüsten im neuen Park in dem kleinen Dorf
Beita. Die zehnjährige Fanan Salame ist be-
geistert. „Wir freuen uns sehr, dass es den
Spielplatz gibt“, sagt das Mädchen mit fröh-
licher Stimme. Früher konnte sie mit ihren
Freundinnen nur auf dem benachbarten Schul-
hof spielen, aber Spielgeräte und ein Sand-
kasten existierten dort nicht.
Seit einem Jahr gibt es den neuen Park. Die
Idee, solche Orte des Rückzuges und der
Ruhe im krisengeschüttelten Nahen Osten zu
entwickeln, entstand bereits 2005. Damals
lief gerade der erneute Aufstand der Palästi-
nenser – die sogenannte „zweite Intifada“.
Die israelische Armee belagerte Nablus und
die Umgebung, um gewalttätige Ausschrei-
tungen und Anschläge im Keim zu ersticken.
Es gab Ausgangssperren, Sicherheitskräfte
durchsuchten Häuser und kontrollierten Wege
und Straßen. „Mit dem Park wollten wir einen
Platz zum Atmen für Familien und Kinder
schaffen“, beschreibt es der Bürgermeister von
Beita, Fayez Hamayel. Denn in den Park kom-
men nicht nur Kinder, auch Erwachsene freuen
sich über den Treffpunkt. „Wir Frauen haben
hier Gelegenheit, uns in Ruhe zu unterhalten“,
erzählt Umm Mohammed, 41 Jahre alt. Sie
trifft Freundinnen und passt gleichzeitig auf
ihren sechsjährigen Sohn auf.
Die neue Freizeitanlage in Beita gehört zu
einer Vielzahl von Infrastrukturprojekten, die
vom Kommunalentwicklungsfonds (Munici-
pal Development and Lending Fund – MDLF)
fi nanziert werden. In den Palästinensischen
Gebieten entstehen neue Straßen und Schulen,
kleine Kliniken und Gesundheitsstationen,
Sportstätten und Freizeitzentren.
Die Palästinensische Autonomiebehörde
hat den Fonds mit Unterstützung der KfW Ent-
wicklungsbank und verschiedener interna-
tionaler Geber von 2007 an aufgebaut: Mit
seinen Geldern werden kleine Gemeinden
als unterste Ebene des Staates im Westjor-
danland und im Gazastreifen gezielt dabei
unterstützt, kommunale Projekte zu identi-
fi zieren, zu bewerten und umzusetzen. Die
KfW Entwicklungsbank hat den Fonds im Auf-
trag der Bundesregierung seit 2008 bereits
mit rund 22,5 Mio. EUR gefördert. Im Dezem-
ber 2011 wurde ein Vertrag über weitere
9,5 Mio. EUR aus Deutschland unterschrieben.
Ein wichtiger Beitrag zum „Staatsaufbau
von unten“, wie ihn sich die Bundesregierung
wünscht.
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Leben im Krisengebiet: Checkpoints gehören zum Alltag.Leben im Krisengebiet: Checkpoints gehören zum Alltag.
NEUE STRASSEN TRAGEN ZUR LEBENSQUALITÄT BEI
Der Fonds unterstützt mit einem signifi kanten
Beitrag auch den Straßenbau. Zwar sind die
Entfernungen zwischen den palästinensischen
Städten nicht weit, aber die Autofahrten
dauern oft lange angesichts zahlreicher israe-
lischer Checkpoints. Sie können zur Qual
werden, denn viele Straßen sind mit Schlag-
löchern und Unebenheiten übersät, bei Re-
gen sammelt sich der Matsch. Khaled Osaily,
der Bürgermeister Hebrons, kennt das Pro-
blem. Er ließ mit Geldern aus dem Fonds in
Wadi Alkarm, im Süden Hebrons, 1,4 Kilo-
meter einer Durchgangsstraße erneuern. Sie
ist eine wichtige Verbindung in die Stadt,
denn in dieser Gegend gibt es nur wenige Ar-
beitsplätze, die meisten Anwohner arbeiten
in Hebron. Die Straße ist zudem ein Impuls für
die Wirtschaft und den Aufbau.
„Mit dem Straßenbau tragen wir dazu bei, die
Lebensqualität der Menschen zu verbessern“,
sagt Osaily. In nur sechs Monaten wurde die
Straße von acht auf 16 Meter verbreitert,
davon jeweils zwei Meter Gehweg auf jeder
Seite. Dort sitzen ein paar Männer zusam-
men und trinken Kaffee. Sie freuen sich über
das neue, saubere Stadtbild. Zudem seien die
Kinder im Straßenverkehr besser geschützt,
weil „die Straße mit den Gehwegen sicherer
geworden ist“, sind sich die Anwohner einig.
ANWOHNER WERDEN IN PLANUNGEN EINBEZOGEN
Wenn es darum geht, die Projekte, die der
Fonds fördert, auszuwählen, wird die Bevöl-
kerung intensiv beteiligt. Dies geschieht bei
Gemeindeversammlungen oder durch einen
Kommunalentwicklungsplan, den „Strategic
Development and Investment Plan“ (SDIP). In
dem Ortsteil Taffouh im Westen Hebrons
wurde ein solcher Plan im Jahr 2011 neu aus-
gearbeitet. Über Facebook, Handynachrich-
ten und das Radio erfuhren die Menschen
den Stand der Planungen; alle zwei Monate
diskutierten alle interessierten Bewohner
Taffouhs den Fortgang des Projektes. „Wir
versuchen so, die Bedürfnisse aller Einwohner
zu berücksichtigen“, sagt Nimer Khamayseh,
der Bürgermeister von Taffouh. Das erleichtere
auch die Zusammenarbeit und stärke das Ver-
trauen zwischen Stadtverwaltung und Bevöl-
kerung: Wer dem Bau einer Straße zustimmt,
protestiert später nicht gegen den Baulärm und
ist auch eher bereit, einen Teil seines Grund-
stückes für das Projekt abzugeben.
Spielen auf dem Pausenhof: Schulen schaffen Zukunftsperspektiven.Spielen auf dem Pausenhof: Schulen schaffen Zukunftsperspektiven.
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Auch die Frauen beteiligen sich an den Dis-
kussionen und stimmen mit ab. Dadurch
wurden soziale Aspekte stärker berücksich-
tigt und vermehrt Projekte aufgenommen,
die familienfreundlich sind und die Zukunft
der Kinder in den Mittelpunkt stellen – dazu
gehören Spielplätze und Parks, neue Schulge-
bäude und Klassenzimmer. In Karm Al-Ashqar
im südlichsten Zipfel des Westjordanlandes
erhielt die Al-Dahrieh-Schule im Jahr 2009
fünf neue Klassenzimmer und einen Lehrraum
für Naturwissenschaft.
Bis zu diesem Zeitpunkt mussten zusätzliche
Räume in umliegenden Wohnhäusern ange-
mietet werden, um die 450 Schüler überhaupt
zu unterrichten. Diese notdürftigen Schulge-
bäude waren zum Teil stark heruntergekommen
und für den Unterricht eigentlich nicht ge-
eignet. Zu viele Schüler saßen dort in engen
Räumen, die als Schlaf- oder Wohnzimmer
gedacht waren.
In den neuen Klassenzimmern fällt das Unter-
richten leichter, und in dem Lehrraum kön-
nen die Kinder jetzt selbst experimentieren.
Mit Hilfe des Fonds wurden auch neue Bücher,
Hefte und Stifte und eine Laborausrüstung
angeschafft. „Früher gab es keine Materialien,
um die Kinder zu unterrichten“, erzählt Bio-
logielehrer Murad Ishneawer. Dadurch seien
auch die Leistungen der Kinder schlecht ge-
wesen. Jetzt seien die Lernerfolge der Schüler
deutlich besser.
In dem Experimentierraum stehen Bunsen-
brenner, Reagenzgläser und Mikroskope
auf dem Tisch. Die Jungen aus der 9. Klasse
ziehen sich nach den Anweisungen ihres
Lehrers Schutzhandschuhe an und warten
gespannt darauf, gleich zu experimentieren.
„Wir können jetzt selbst Versuche machen.
Deshalb verstehen wir vieles besser“, sagen
die Jungen übereinstimmend. Durch bessere
Lernerfolge steigen später auch die Chancen
der Jugendlichen auf einen Arbeitsplatz.
Knappes Gut: Wer Strom mit der Prepaidkarte zahlt, geht sparsamer mit Energie um. Knappes Gut: Wer Strom mit der Prepaidkarte zahlt, geht sparsamer mit Energie um.
NEUES BEZAHLSYSTEM SPART STROM UND ENERGIE
In Krisengebieten ist Energie ein knappes Gut.
Mit innovativen Projekten trägt der Kom-
munalentwicklungsfonds deshalb zum spar-
samen Umgang damit bei – etwa in dem
kleinen Dorf Beit Ommar nördlich von Hebron.
Dort wurden im Jahr 2009 Prepaid-Strom-
zähler installiert, um das Kostenbewusstsein
beim Energieverbrauch zu schärfen. Alle 3.000
Häuser Beit Ommars erhielten diese Geräte.
Rund 15.000 Menschen haben jetzt einen
größeren Anreiz, den Verbrauch zu reduzieren.
Auch im Hausfl ur der Palästinenserin Kholud
Tomars hängt ein Zähler. „Das neue System
spart Geld“, sagt sie. Denn nun schaltet sie
bewusster das Licht an und aus. Sie hat für den
Strom, der durch die Leitungen fl ießt, schon
bezahlt – und ein hoher Verbrauch macht sich
in ihrem Geldbeutel sofort bemerkbar. Wenn
der Zähler im Haus nur noch 30 Kilowatt an-
zeigt, gibt er Alarm. Dann muss ihre Prepaid-
karte im Rathaus aufgeladen werden.
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GUTE HAUSHALTSFÜHRUNG WIRD BELOHNT
Der Fonds verteilt sein Geld nicht nach dem
Gießkannenprinzip: Vielmehr erhalten jene
Gemeinden besonders viele Fördermittel, die
solide Haushalte und Finanzführungen nach-
weisen können. So wird Transparenz als Grund-
prinzip staatlichen Handelns verankert. Der
fi nanzielle und buchhalterische Leistungsstand
der Gemeinden wird dabei in sechs Stufen
eingeteilt: Je höher die Stufe, umso mehr Mit-
tel können fl ießen. „Wir sind schließlich keine
Maschine, die einfach nur Geld verteilt“, sagt
der Generaldirektor des Fonds, Abdel Mughni
Nofal, „wir sind eine Institution, die staatliche
Strategien in Projekte übersetzt.“
Gemeinden, die über keine oder ungenaue In-
formationen zu ihrem Finanzhaushalt und
zum Budget notwendiger Projekte verfügen,
können daher zunächst kein Geld erhalten.
Ihnen wird aber geholfen, ihre Finanzen und
Projektplanungen zu organisieren. Laut Nofal
ist die Einstufung für jeden nachvollziehbar:
Jede Gemeinde könne sich darüber informie-
ren, auf welcher Stufe sie gerade steht und
was sie tun muss, um aufzusteigen und mehr
Geld für notwendige Projekte zu erhalten.
Dieses Vergabesystem hat mittlerweile einen
konstruktiven Wettbewerb zwischen den
palästinensischen Gemeinden ausgelöst: Alle
sind bemüht, ihre Finanzen und Planungen
in Ordnung zu halten.
Der Kommunalentwicklungsfonds hilft so unter
Beteiligung der Menschen mit, die Lebens-
bedingungen in den Palästinensischen Gebie-
ten zu bessern und Zukunftsperspektiven zu
schaffen: Er unterstützt die Bemühungen
der Autonomiebehörde, verlässliche staatliche
Institutionen aufzubauen, die Dienstleistungen
für die Bevölkerung bereitstellen und für das
Wohl der Bürger sorgen. Denn in dem von Kri-
sen, Konfl ikten und Gewalt geprägten Nahen
Osten ist es unerlässlich, dass die Menschen
Vertrauen zu den staatlichen Behörden auf-
bauen und Erfolge beim Staatsaufbau sicht-
bar sind.
Für den 40-jährigen Jassir Awadeh und seine
Frau Alia, 37 Jahre alt, ist es bereits ein klei-
ner Erfolg, dass sie ihre Freizeit im Sama-Park
in Nablus genießen können – einer weiteren
Freizeitanlage, die der Fonds fi nanziert hat.
Hier gibt es im Sommer Livemusik, die Men-
schen grillen, singen mit und unterhalten sich:
Der Blick fällt von hier oben über das West-
jordanland bis nach Israel. Awadeh und seine
Frau genießen die Ruhe bei einem Picknick.
Sie sind gerne hier, sagt Alia: „Nablus hat so
viel gelitten, es ist gut, dass es jetzt einen
Platz zum Entspannen gibt.“
Ein Platz zum Entspannen und Spielen im Konfl iktgebiet: ein Freizeitpark in NablusEin Platz zum Entspannen und Spielen im Konfl iktgebiet: ein Freizeitpark in Nablus
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„AUFGEBEN GILT NICHT“DORIS KÖHN, DIREKTORIN DER
KFW ENTWICKLUNGSBANK, ÜBER FRAGILE STAATEN
Doris Köhn
Frau Köhn, welche Bedeutung hat die
Zusammenarbeit mit fragilen Staaten für
die KfW Entwicklungsbank?
In fragilen Staaten ist die menschliche Not be-
sonders groß. Krisenprävention und Friedens-
förderung sind daher seit Mitte der 90er-Jahre
wichtige Schwerpunkte unserer Arbeit. In ei-
ner Welt, die immer mehr zusammenwächst,
können wir es uns zudem aus Gründen der
globalen Sicherheit gar nicht leisten, uns dort
nicht zu engagieren. Allein im Jahr 2011
haben wir im Auftrag der Bundesregierung
über 900 Mio. EUR für Vorhaben in soge-
nannten „fragilen Staaten“ zugesagt.
Was sind die besonderen Herausforde-
rungen in fragilen Staaten?
Fragile Staaten sind von Krisen und Konfl ikten
geprägt. In den staatlichen Institutionen fehlt
oft ein Kontrollsystem, Korruption und Vettern-
wirtschaft sind verbreitet. Die staatlichen
Gehälter sind in vielen fragilen Staaten gering,
es mangelt an gut ausgebildetem Personal.
Wir arbeiten in fragilen Staaten in einem sehr
schwierigen Kontext, und die Herausforde-
rungen sind groß. Wir müssen daher realistisch
einschätzen, was wir in welchen Zeiträumen
erreichen können.
Wie geht die KfW damit um, dass es in
vielen Ländern Korruption gibt und Geld
in den Taschen von Eliten versickert?
Wir schauen genau hin, mit wem wir zusam-
menarbeiten. Gerade weil in fragilen Staaten
die Not so groß ist, sind wir es den Menschen
schuldig, dass die Hilfe bei ihnen tatsächlich
ankommt. Korruption von Regierungseliten
behindert den Staatsaufbau. Wenn sich die Zu-
sammenarbeit mit staatlichen Stellen schwierig
gestaltet, schauen wir uns nach Alternativen
um. Dann arbeiten wir zum Beispiel zuerst mit
Nichtregierungsorganisationen zusammen.
Dabei muss aber der Staat mit seiner zentralen
Planungs- und Steuerungsfunktion einge-
bunden werden.
Fragile Staaten sind oft von Gewalt
geprägt. Wie garantieren Sie den Schutz
Ihrer Mitarbeiter?
Kein Mitarbeiter darf einem unzumutbaren
Risiko ausgesetzt werden. Unsere Mitarbeiter
werden gezielt auf die spezifi schen Risikola-
gen vorbereitet. In den Partnerländern, aber
auch in unserer Zentrale in Frankfurt beob-
achten wir aufmerksam die Sicherheitslage
und haben verschiedene Möglichkeiten, um
schnell reagieren zu können. Wenn Gefahr für
unser Personal droht, ziehen wir uns präven-
tiv aus der Krisenregion zurück.
Wie sind Ihre persönlichen Erfahrungen
in fragilen Staaten?
Ich war zum Beispiel mehrmals in der Demo-
kratischen Republik Kongo. Zunächst in den
80er-Jahren im damaligen Zaire und dann
wieder 2006 und 2010. 2006 war es für mich
ein großer Schock, wie sehr sich die Lage
verschlechtert hatte, sicher auch durch den
Krieg. Auch in den 80er-Jahren waren die
Menschen arm, aber es gab einen Staat, der
zwar korrupt war, aber funktionierte. Ich konn-
te unbehelligt mit dem Sammeltaxi fahren und
auf dem Markt einkaufen. 2006 war dagegen
die Spannung greifbar. Man hatte das Gefühl,
jeder kämpft um das Überleben. Die Menschen
liefen vor Polizisten weg – sie wurden nicht als
Ordnungsmacht wahrgenommen, sondern
als Gefahr. Es war eine völlige Verkehrung von
Staatlichkeit. 2010 – vier Jahre später – war
die Lage noch immer schwierig, aber zumindest
nicht mehr so viel Aggressivität zu spüren.
Wie motivieren Sie sich bei Ihrer Arbeit,
wenn sich ein Land zurückentwickelt?
Ich habe noch nie geglaubt, dass Entwicklung
ein linearer Prozess ist. Und: Aufgeben gilt
nicht. Entscheidend ist, ob das, was wir tun,
einen Unterschied für die Menschen macht.
Dabei habe ich größte Hochachtung vor
Menschen in Krisengebieten, die trotz aller
Schwierigkeiten und Gefahren ausharren
und weiter ihre Arbeit machen. Veränderungen
brauchen Zeit und der Staatsaufbau ganz
besonders. In fragilen Staaten ist ein langer
Atem notwendig.
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ENTWICKLUNG BRAUCHT FRIEDEN1,5 MRD. MENSCHEN IN FRAGILEN STAATEN UND KONFLIKTGEBIETEN
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Kriege, Krisen und Konfl ikte sind die größ-
ten Entwicklungshemmnisse weltweit.
Wo Kämpfe, Gewalt und Menschenrechts-
verletzungen verbreitet sind, leidet die
Bevölkerung, kommt die Wirtschaft zum
Erliegen, gibt es stark ausgeprägte Armut
und Not. Laut Weltentwicklungsbericht
2011 leben weltweit 1,5 Mrd. Menschen
in sogenannten „fragilen Staaten“ oder
sind von Konfl ikten und organisierter Kri-
minalität betroffen.
Es ist international nicht einheitlich defi niert,
was einen „fragilen Staat“ ausmacht. In der
Regel werden darunter aber Staaten gefasst,
die nicht in der Lage sind, ihre grundlegen-
den Aufgaben wahrzunehmen und den Bür-
gern Sicherheit zu gewährleisten. Es kommt
in solchen Staaten immer wieder zu regio-
nalen oder landesweiten Ausbrüchen von
Gewalt und Konfl ikten.
In fragilen Staaten herrscht keine Rechtssi-
cherheit, Polizei und Justiz sind sehr schwach
und mitunter korrupt. Die staatlichen Insti-
tutionen sind nicht willens oder in der Lage,
die Menschen mit Basisdienstleistungen
wie Schulen, Gesundheitseinrichtungen oder
Straßen zu versorgen. Der für die gesellschaft-
liche Ordnung unverzichtbare „Sozialvertrag“
zwischen dem Staat und seinen Bürgern ist
gestört. Der Staat agiert zum Teil auf Basis von
nicht legitimierten Strukturen.
Weil es keine einheitliche Defi nition von „fra-
gilen Staaten“ gibt, ist auch ihre Zahl nicht
genau festgelegt. Nach einer Einordnung der
Organisation für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung (OECD) gehören
45 Länder zur Gruppe der fragilen Staaten.
Neben Afghanistan, Pakistan, den Palästinen-
sischen Gebieten, dem Jemen und Haiti sind
es viele afrikanische Länder wie Liberia, die
Demokratische Republik Kongo, der Südsu-
dan oder die Côte d´Ivoire.
„In meiner Stadt gibt es ständig
Spannungen und Konfl ikte,
Straßen und Städte werden ab-
geriegelt: Die Menschen hier
leben unter schwierigen Bedin-
gungen. Sie brauchen sauberes
Wasser, Straßen und Zentren für
die Jugend. Die KfW Entwick-
lungsbank hat uns dabei unter-
stützt, diese Infrastruktur für
die Menschen bereitzustellen. Das
hat Vertrauen geschaffen und
Hoffnung auf eine bessere
Zukunft.“
Nasri Sabarna, Bürgermeister
von Beit Ommar (Westjordanland)
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Zahl der Kriege geht weltweit zurück
In ihren Problemstrukturen gleichen sich fra-
gile Staaten. Sie können ihre Kernaufgaben
nicht erfüllen und auf Herausforderungen nicht
angemessen reagieren. Ethnische Spannun-
gen und Machtkämpfe zwischen verfeindeten
Rebellengruppen um Rohstoffe führen häu-
fi g zu kriegerischen Auseinandersetzungen.
Das Auftreten von zusätzlichen negativen
Entwicklungen kann verheerend sein. So sind
die staatlichen Institutionen zu schwach, um
zum Beispiel sich verschärfende Nahrungs-
mittelknappheiten abzufedern. Die Gefahr von
Hungerrevolten und gewalttätigen Ausschrei-
tungen ist groß. Als Hoffnungsschimmer gilt,
dass die Zahl der Länder, in denen Kriege oder
Bürgerkriege herrschen, in den vergangenen
30 Jahren tendenziell gefallen ist. Allerdings
hat sich die Art der Gewalt verändert. An die
Stelle von Kriegen zwischen Staaten treten
innerstaatliche Auseinandersetzungen, Gewalt
bei Drogen- und Menschenhandel sowie
Kriminalität und Bandenkriege.
Wo Frieden und Stabilität fehlen, greifen Not
und Elend um sich. Die Menschen leiden. Der
Anteil der Armen an der Bevölkerung ist in
fragilen und konfl iktbetroffenen Staaten im
Schnitt um 20 % höher als in anderen
Entwicklungsländern. Das Risiko, an Hunger
und Unterernährung zu leiden, ist doppelt
so hoch. Die durchschnittliche Lebenserwar-
tung liegt oft nur bei etwa 50 Jahren. Die
Zahl der Einwohner, die Zugang zu sauberem
Wasser haben, ist um die Hälfte geringer als
in politisch stabileren Entwicklungsländern.
Fragile Staaten sind weiter davon entfernt als
andere Entwicklungsländer, die Millenniums-
ziele der Vereinten Nationen, darunter die
Halbierung der Armut bis 2015 und die Redu-
zierung der Kindersterblichkeit, zu erreichen.
UN-Millenniumsentwicklungsziele: fragile Staaten mit größeren Schwierigkeiten
Stabile Entwicklungsländer Fragile Entwicklungsländer
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Die Weltbank hat errechnet, wie sich Fragilität auf die Erreichung der UN-Millenniumsentwicklungsziele auswirkt. Als Referenzwert werden die durchschnittlichen Fortschritte stabiler Entwicklungsländer mit dem Wert „1“ festgelegt. Die Situation der Menschen in fragilen Staaten wird dazu in Beziehung gesetzt. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind in Konfl ikt- und Krisengebieten unterernährt ist, ist demnach in fragilen Staaten mehr als doppelt so hoch wie in stabilen Entwicklungsländern – und die Gefahr, keine Schule besuchen zu können, ist sogar dreimal höher.
Quelle: Weltentwicklungsbericht 2011
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Folgen von Konfl ikten – ein Mann in Afghanistan erklärt, wie man Minen erkennt.
Herausforderung für die globale Sicherheit
Fragile Staaten sind auch eine Gefahr für die
globale Sicherheit. Wo Gesetz und Ordnung
und staatliche Strukturen fehlen, etablieren
sich lokale Milizen und Rückzugsgebiete für
Terroristen – wie in Afghanistan, Pakistan
und Somalia. Konfl ikte destabilisieren darüber
hinaus die Nachbarstaaten. Diese werden
geschwächt durch Flüchtlingsströme, grenz-
übergreifenden Drogen- und Waffenhandel
oder das Eindringen kriegsbeteiligter Gruppie-
rungen. Die Folge: Bauern können nicht mehr
ihr Land bewirtschaften, Händler erhalten
keine Waren mehr, Handwerker keine Aufträge.
Somalia ist ein Beispiel dafür, wie ein Konfl ikt
eine ganze Region destabilisiert: In dem Land
am Horn von Afrika existieren seit dem Sturz
von Diktator Siad Barre 1991 in einzelnen
Landesteilen praktisch keine staatlichen Struk-
turen mehr. Anhaltende Kämpfe und ein
brutales Terrorregime drangsalieren die eige-
ne Bevölkerung und verschärften dort die
Hungersnot, unter der 2011 in Ostafrika rund
13 Mio. Menschen litten: Millionen von Hun-
gernden fl üchteten in das benachbarte Kenia.
Die Piraterie im Süden Somalias ist zu einem
globalen Problem geworden.
Ohne funktionierende Strukturen wie in So-
malia oder Teilen von Afghanistan ist sich in
fragilen Staaten jeder selbst der Nächste. Um
zu überleben, suchen viele Menschen Kontak-
te zu lokalen und gewaltbereiten Milizführern
oder werden zwangsrekrutiert. Immer größere
Teile der Bevölkerung – auch Kinder – werden
so in gewalttätige Konfl ikte hineingezogen.
Unzählige Kleinwaffen zirkulieren, Kinder wer-
den als Soldaten missbraucht. Wer eine
Pistole oder ein Maschinengewehr besitzt,
verschafft sich Macht und Ansehen und
kann seine Interessen besser durchsetzen. Es
entsteht ein Teufelskreis der Gewalt. Gesell-
schaftliche und zwischenmenschliche Bezie-
hungen und Vertrauen sind auf Jahrzehnte
hinaus gestört.
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16
Staatsaufbau und Basisdienstleistungen
für die Menschen
Um Wiederaufbau und Entwicklung zu errei-
chen, müssen Gewalt und Kämpfe beendet,
Krisen und Konfl ikte friedlich beigelegt werden.
In fragilen Staaten kümmern sich Regierende
oft nicht um die Belange der Bevölkerung. So-
zialer und wirtschaftlicher Fortschritt für alle
Menschen ist für ihren Machterhalt nicht
erforderlich. Die Entwicklungszusammenarbeit
stößt an Grenzen, wenn die politischen Rah-
menbedingungen nicht stimmen. Eine gute
Regierungsführung („Good Governance“) ist
eine Voraussetzung für eine Beteiligung der
Bürger am Aufbau der Demokratie. Wahlen und
Demokratie tragen umgekehrt dazu bei, dass
der Sozialvertrag erneuert wird und staatliche
Strukturen legitimiert werden.
Die KfW Entwicklungsbank und die DEG unter-
stützen fragile Staaten auf ihrem Weg zu
mehr Belastbarkeit, Strukturaufbau und dem
(Wieder-)Aufbau der Wirtschaft. Das ist
keine leichte Aufgabe: Durch das Wiederauf-
leben von Konfl ikten und Gewalt kann es
zu Rückschlägen kommen, die Nachhaltigkeit
der Projekte und Programme ist gefährdet.
Die schwachen staatlichen Institutionen sind
überfordert. Es kommt immer wieder zu Ver-
zögerungen. Die mitunter prekäre Sicherheits-
lage gefährdet die persönliche Sicherheit
für die Mitarbeiter und macht besondere Vor-
sichtsmaßnahmen notwendig. Wegen solcher
Schwierigkeiten braucht die Entwicklungs-
zusammenarbeit in fragilen Staaten ein rea-
listisches Anspruchsniveau. Sie muss sich
langfristig engagieren und akzeptieren, dass
auch kleinere Schritte für die betroffenen
Menschen viel bedeuten können.
Gewaltsame Konfl ikte hinterlassen eine Trümmerlandschaft – der Wiederaufbau braucht Zeit.
Damit Konfl ikte dauerhaft enden und der
Frieden stabilisiert wird, muss die Bevölkerung
rasch die „Friedensdividende“ spüren, also
unmittelbar greifbare Vorteile durch die Ab-
wesenheit von Gewalt. Wo staatliche Struk-
turen und Institutionen noch zu schwach sind,
kommt der Zivilgesellschaft eine Schlüssel-
rolle zu. In fragilen Staaten sorgen häufi g
Nichtregierungsorganisationen (NRO) dafür,
dass die Bevölkerung von Dienstleistungen
wie Schulen und Gesundheitseinrichtungen,
sauberem Wasser und Strom, Brücken und
Straßen profi tiert. Um Lebensbedingungen
rasch zu verbessern, ist oft eine Zusammen-
arbeit mit den NRO hilfreich. Denn NRO wei-
sen zumeist eine große Basisnähe auf. Sie
waren häufi g bereits während des Konfl iktes
aktiv und kennen die einheimischen Verhält-
nisse. NRO beziehen die Menschen in ihre Pro-
jekte mit ein und arbeiten gleichzeitig schnell
und professionell. Das Wissen über lokale Struk-
turen ermöglicht es ihnen, in einer schwie-
rigen Sicherheitslage zu arbeiten, da sie die
Gefahren aus ihrer langjährigen Erfahrung
gut einschätzen können.
Bei der Zusammenarbeit mit NRO besteht aller-
dings immer die Gefahr, dass die Bürger kein
Vertrauen zum Staat aufbauen, sodass staat-
liche Strukturen delegitimiert bleiben und der
Staatsaufbau weiter verzögert wird. Eine effek-
tive Entwicklungszusammenarbeit fährt daher
zweigleisig: Für rasche Hilfe kooperiert sie mit
NRO, gerade in abgelegenen Gebieten, in
denen der Staat noch nicht präsent ist. Gleich-
zeitig wird die Legitimation des Staates ge-
stärkt, indem staatliche Institutionen sichtbar
Schritt für Schritt die Planung und die Um-
setzung von Projekten übernehmen.
-
Privatsektor als Motor für Entwicklung
In fragilen Staaten spielt der Privatsektor
eine wichtige Rolle als Motor für Entwicklung.
Es fehlt jedoch an langfristigem Kapital, um
notwendige Investitionen zu tätigen. Zudem
steht die nachhaltige Entwicklung der Privat-
wirtschaft angesichts der schwierigen lokalen
Rahmenbedingungen – wirtschaftliche und
soziale Infrastruktur, Bürokratie und Rechts-
staatlichkeit, Sicherheit – vor immensen
Herausforderungen.
Von der „Fragilität“ zum wirtschaftlichen
Erfolg
Längst gibt es einige Staaten, die es nach langen
Phasen der Gewalt geschafft haben, einen
vielversprechenden Entwicklungsweg einzu-
schlagen: In Mosambik herrschte über drei
Jahrzehnte bis 1992 ein blutiger Bürgerkrieg.
Nach Waffenstillstand, Friedensabkommen
und Wahlen zeigen die Wirtschaftsdaten des
südostafrikanischen Landes nach oben. Die
KfW ist ein langjähriger Partner und hat das
Land auf diesem Weg begleitet. Die DEG hat
bereits 1998 eines der ersten Industrieprojekte
des Landes mitfi nanziert, das heute mehr als
1.000 Menschen beschäftigt.
Auch in Nepal endete der jahrelange Kampf
der Maoisten gegen die Regierung mit einem
Friedensschluss. Nach freien Wahlen stellten
die Maoisten zeitweise sogar den Regierungs-
chef, der aber eine gemäßigte Politik betrieb.
Zwar ist Korruption immer noch verbreitet,
aber die Auseinandersetzung um den richtigen
Entwicklungsweg zwischen Maoisten und
den traditionellen Parteien wird nicht mehr
mit Waffen, sondern im Parlament und mit
Worten ausgetragen.
Drei Fragen an …
Joel Hellman, Direktor des „Global Center on Confl ict, Security and Development“ der
Weltbank, über Entwicklungszusammenarbeit in fragilen Staaten
Herr Hellman, was sind die Herausforde-
rungen für die Entwicklungszusammen-
arbeit in fragilen Staaten?
Die drei wichtigsten Themen sind Sicherheit,
Rechtsstaatlichkeit und Arbeitsplätze. Diese
sind eng miteinander verknüpft. Die Menschen
müssen sich sicher fühlen, sie brauchen Ver-
trauen in ein unabhängiges Rechtssystem und
natürlich Arbeitsplätze, um ihren Lebensun-
terhalt zu sichern.
Was ist das Besondere bei der Zusammen-
arbeit mit fragilen Staaten?
Mit fragilen Staaten muss man anders zu-
sammenarbeiten als mit anderen einkommens-
schwachen Ländern. Sie sind volatiler, die
Risiken des Scheiterns sind größer, der Aufbau
von Kapazitäten ist wichtiger und es gibt dort
weniger leistungsfähige Institutionen. Doch die
Gebergemeinschaft hat eine moralische Ver-
pfl ichtung, sich für diese Länder zu engagieren.
Es besteht immer das Risiko eines Staatszerfalls,
und das hätte, global gesehen, Auswirkungen
auf die internationale Sicherheit, den Terroris-
mus und die Lebensbedingungen der Menschen.
In fragilen Staaten besteht immer die Ge-
fahr des Wiederauffl ammens der Gewalt
und dass damit die meisten entwicklungs-
politischen Aktivitäten umsonst waren?
Ja, in vielen fragilen Staaten kommt es zu Zyklen
von Gewalt. Dabei ändert sich manchmal auch
die Erscheinungsform des Konfl ikts: Zunächst
bricht ein Bürgerkrieg aus, später kommt es
zu Bandenkriminalität, krimineller Gewalt oder
Drogenkriminalität. Andererseits haben es
einige Länder geschafft, diesen Kreislauf der
Gewalt zu durchbrechen. Ihnen ist es gelun-
gen, starke und leistungsfähige Institutionen
zu schaffen.
-
18
Instabile Strukturen: In fragilen Staaten bleibt die Sicherheitslage oft prekär.
Der Frieden bleibt oft zerbrechlich
Natürlich ist damit die Gefahr des Wiederauf-
fl ammens von Gewalt noch nicht gebannt.
Die Verhältnisse in Ländern wie Liberia, Sierra
Leone, aber auch in Nepal gelten weiterhin
als „fragil“. Die Wunden der vorangegangenen
Konfl ikte sitzen dort oft noch tief, wirken
nach. Täter und Opfer leben weiter in dersel-
ben Gesellschaft, mitunter Tür an Tür. Vor
allem die Opfer des Konfl iktes müssen spüren,
dass der Staat um ihr Wohl besorgt ist.
Flüchtlinge, Vertriebene, vergewaltigte Frauen,
Invaliden oder Menschen, die bei Übergriffen
Angehörige verloren haben, brauchen zudem
gezielte und längerfristige medizinische und
psychosoziale Hilfen, damit sie wieder ihren
Platz in der Gesellschaft fi nden können.
Mancher Frieden ist brüchig: Im Südsudan
endete der Bürgerkrieg mit dem Norden, das
Land erlangte seine Unabhängigkeit – trotz-
dem kommt es immer wieder zu Gewaltaus-
brüchen zwischen verschiedenen ethnischen
Völkern mit Hunderten von Toten. In vielen
Ländern gibt es solche „Zyklen“ von Gewalt;
Krisen brechen erneut aus und entladen sich
in gewalttätigen Konfl ikten, weil friedliche
Formen der Auseinandersetzung nicht ver-
breitet sind.
Mit dem Ende kriegerischer Handlungen sind
auch Ex-Kombattanten, Rebellen, aktive Kämp-
fer oder Kindersoldaten nicht verschwunden.
Oft verfügen sie noch über Waffen, drohen
in Kriminalität abzugleiten.
Krisen vorbeugen und Perspektiven
schaffen
In vielen Ländern helfen sogenannte „Demo-
bilisierungs- und Reintegrationsprogramme“,
den Frieden zu festigen: Solche Programme
unterstützt die KfW im Auftrag des BMZ in
der Demokratischen Republik Kongo, im Süd-
sudan und in Nepal. Ehemalige Kämpfer wer-
den entwaffnet, sie werden ausgebildet und
erhalten mit Beschäftigungsprogrammen
neue wirtschaftliche Perspektiven. Wenn die
Menschen Einkommen erzielen und Arbeits-
plätze geschaffen werden, ist das ein wichti-
ger Beitrag für die Krisenprävention und die
dauerhafte Überwindung von Fragilität.
Zur Prävention von Krisen und Konfl ikten und
um die „Gewaltzirkel“ zu beenden, spielt nach
den Erfahrungen der KfW Entwicklungsbank
auch das Sicherheits- und Rechtssystem
eine große Rolle: Das Gewaltmonopol muss
beim funktionierenden Staat liegen – dafür
müssen die Bürger Vertrauen in Polizei und
Justiz haben und von ihnen Schutz erfahren.
Die Gewaltbereitschaft sinkt, wenn der Ein-
zelne die gesellschaftliche Grundordnung als
gerecht und akzeptabel empfi ndet.
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19
AFRIKAS KRISEN, AFRIKAS CHANCENWO KRISEN ENDEN UND STABILITÄT HERRSCHT, WÄCHST DIE WIRTSCHAFT
Es gibt anhaltende Gewalt, aber auch mehr
Frieden in den 54 afrikanischen Ländern. Der
Kontinent, der noch immer mit Bürgerkriegen
und bewaffneten Konfl ikten Schlagzeilen macht,
wandelt sich: Von 2002 bis 2010 fi el nach
Angaben der Arbeitsgemeinschaft Kriegsur-
sachenforschung die Zahl der Kriege und
bewaffneten Konfl ikte in Subsahara-Afrika
von 19 auf 11. Inzwischen ist sie wieder leicht
gestiegen, aber es existieren mehr Länder mit
demokratischen Strukturen. Dem Deutschen
Institut für Entwicklungspolitik zufolge ist
die Zahl der Demokratien in Subsahara-Afrika
von 3 im Jahr 1989 auf mehr als 20 gestiegen.
Sichtbares Zeichen für afrikanische Fortschritte
ist die Vergabe des Friedensnobelpreises 2011
an zwei liberianische Frauen: die Präsidentin
Ellen Johnson-Sirleaf und die Bürgerrechtlerin
Leymah Gbowee, die während des Bürgerkrie-
ges eine Frauenprotestbewegung gründete.
Liberia leitete nach Ende des Konfl iktes Refor-
men ein, schuf Freiräume für die Wirtschaft,
bekämpfte Korruption und verzeichnete 2010
Wachstumsraten von mehr als 6 %.
Wo Krisen enden und es Stabilität und ver-
besserte Rechtsstaatlichkeit gibt, profi tiert
auch die Wirtschaft. In vielen afrikanischen
Ländern ist das heute der Fall: Subsahara-Afrika
ist mittlerweile nach Asien die Region mit
den höchsten Wachstumsraten. Man spricht –
analog zu den „asiatischen Tigern“ – von
den „afrikanischen Löwen“. Mit diesen „lions
on the move“ sind laut einer McKinsey-Studie
nicht nur die als wirtschaftlich stark gelten-
den Staaten Südafrika, Namibia oder Botswana
gemeint. Auch Länder wie Ghana, Burkina
Faso oder Uganda, wo lange ein Bürgerkrieg
herrschte, legen zu.
Solche Erfolge dürfen nicht darüber hinweg-
täuschen, dass Afrika weiter vor großen He-
rausforderungen steht: Insgesamt lebt mehr
als die Hälfte der etwa 750 Mio. Menschen
südlich der Sahara in Armut. Ein Drittel der
Afrikaner hungert oder ist unterernährt.
Krankheiten wie Malaria, Tuberkulose oder
die Immunschwächekrankheit HIV/Aids sind
weit verbreitet. Auch die Millenniumsent-
wicklungsziele der Vereinten Nationen werden
in vielen afrikanischen Ländern voraussicht-
lich bis 2015 nicht erreicht werden. Ein Kind,
das heute in der Demokratischen Republik
Kongo, im Niger oder in Burundi geboren wird,
hat im weltweiten Vergleich die geringsten
Chancen, das fünfte Lebensjahr zu erreichen.
Alle drei Länder sind fragile Staaten.
Die Unterstützung von KfW und DEG setzt in
Subsahara-Afrika auf verschiedenen Ebenen
an: Gute Regierungsführung und das Engage-
ment der Privatwirtschaft spielen dabei eine
wichtige Rolle. Rund 874 Mio. EUR hat die KfW
2011 im Auftrag der Bundesregierung für
Vorhaben in Subsahara-Afrika zugesagt. Für
die DEG ist die langfristige Finanzierung von
privaten Unternehmen in Afrika ein wichtiger
Schwerpunkt und strategisches Ziel. 2011
sagte sie dort für unternehmerische Investi-
tionen Mittel in Höhe von mehr als 230 Mio.
EUR zu.
Damit tragen KfW und DEG auch dazu bei,
fragile Staaten zu stabilisieren. Sie fördern
die afrikanischen Reforminitiativen, die es
immer zahlreicher gibt. Trotz Rückschlägen,
anhaltender Konfl ikte und gewalttätiger
Auseinandersetzungen überwiegen in Afrika
derzeit die Chancen auf eine nachhaltige,
demokratische und friedliche Entwicklung.
Nach dem Ende des Krieges – in vielen afrikanischen Staaten geht es aufwärts.
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20
SIGNAL FÜR SCHNELLE HILFEDIE DEMOKRATISCHE REPUBLIK KONGO IST EIN PROTOTYP EINES FRAGILEN STAATS:
Nono schaut kaum hoch: In ihrer Schuluni-
form – einer weißen Bluse und einem blauen
Rock – sitzt sie am Tisch und arbeitet kon-
zentriert. Die 16-jährige Schülerin mit kurzen,
gefl ochtenen Haaren näht sich einen Rock.
Handarbeit ist ihr Lieblingsfach, sie will einmal
Modedesignerin werden. Den ersten Schritt auf
dem Weg zu diesem Traum hat sie geschafft.
Nono, die nicht hören kann, hat einen Platz an
der „Ecole Village Bondeko“ in der kongolesi-
schen Hauptstadt Kinshasa bekommen – einer
Schule für Gehörlose.
Das Gebäude wird von einer hohen Mauer ge-
schützt, „damit wir die Sicherheit unserer
Kinder gewährleisten können“, sagt die Schul-
leiterin Marie-Louise Malu-Kanda. Denn die
Demokratische Republik Kongo ist ein von
Fragilität geprägter Staat. Gewalt ist allgegen-
wärtig, auch in der Hauptstadt Kinshasa.
Im ganzen Land wurden durch Kriege und
Konfl ikte viele Schulgebäude zerstört, der
Wiederaufbau kommt nur schleppend voran.
Dem schwachen Staat fehlen Geld und Ka-
pazitäten, Kindern mit Behinderungen fehlen
die Perspektiven. Sie werden als Letzte be-
rücksichtigt.
Die Gehörlosen-Schule in Kinshasa wird von
der einheimischen Nichtregierungsorgani-
sation „Village Bondeko“ betrieben. Für den
Bau und den Betrieb steuern die deutsche
Christoffel-Blindenmission und der „Friedens-
fonds“ der KfW Entwicklungsbank Gelder bei.
Die Schule verfügt über 28 Klassenzimmer,
2.000 Jungen und Mädchen lernen dort. Be-
hinderte Kinder, die im krisengeschüttelten
Kongo sonst kaum eine Chance hätten, erhal-
ten so neue Perspektiven für ihr Leben. Aber
auch Arbeitslose aus der Nachbarschaft von
Nono bekamen beim Bau der Schule für
einige Monate einen Arbeitsplatz und damit
ein Einkommen.
„Mit dem Friedensfonds unterstützen wir
solche Projekte, die die Lebensbedingungen
der Menschen nach dem langen Krieg rasch
verbessern“, sagt der hierfür zuständige
Sektorökonom der KfW Entwicklungsbank,
Philipp Wyrsch. Die KfW hat den Fonds im
Auftrag der Bundesregierung zusammen mit
der kongolesischen Regierung 2007 aufge-
legt. Er unterstützt im Osten des Landes so-
wie rund um die Hauptstadt Kinshasa den
Bau von Schulen, Gesundheitseinrichtungen,
Wasserleitungen und Straßen oder Brücken.
In den ländlichen Regionen geht es vor allem
darum, Wege und Anbaufl ächen nutzbar zu
machen, um damit die brachliegende Land-
wirtschaft wieder in Gang zu bringen.
Im Ostkongo haben die Menschen am meisten
unter den Bürgerkriegen und bewaffneten
Auseinandersetzungen gelitten, die von 1996
bis 2002 tobten. Der Konflikt hat das an
Bodenschätzen reiche Land mit seinen mehr
als 70 Mio. Einwohnern in ein Armenhaus ver-
wandelt. Schulen, Krankenstationen und
Straßen wurden zerstört, Felder vom Dschun-
gel überwuchert. Bis zu 6 Mio. Menschen
sollen getötet worden sein, weitere Millionen
wurden vertrieben. Kein Krieg nach 1945 hat
weltweit so viele Opfer gefordert. Im Osten
bedrohen bewaffnete Gruppen in eini gen Re-
gionen noch immer die Zivilbevölkerung.
Friedensfonds fördert raschen
Wiederaufbau
„Nach dem Waffenstillstand und den Wahlen
hat sich die Lage im Land beruhigt, aber die
Regierung konnte bisher zu wenig zum Wieder-
aufbau beitragen“, erläutert Oliver Jünger,
der als Büroleiter der KfW Entwicklungsbank
in Kinshasa lebt. Zudem behindere die ver-
breitete Korruption die Arbeit der Verwaltungen,
erklärt er weiter. Die staatlichen Sicherheits-
kräfte seien oft nicht in der Lage zu verhindern,
dass Kriminelle und Jugendbanden Städte
wie Kinshasa unsicher machten.
Nono schaut optimistisch in die Zukunft.
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21
DIE KFW ENTWICKLUNGSBANK FÖRDERT DORT DEN WIEDERAUFBAU UND DIE ENTWICKLUNG
Weil funktionierende staatliche Verwaltun gen
oft noch fehlen, arbeitet der Friedensfonds
mit Nichtregierungsorganisationen und kirch-
lichen Trägern zusammen. Ihre Projekte wer-
den von einer unabhängigen Fondsverwaltung
überwacht, das zuständige Plan ministerium
hat eine zentrale Funktion im Steuerungsgre-
mium. Dabei wird auch geprüft, ob verschie-
dene ethnische Gruppen gleichberechtigt
profi tieren. Sonst könnten in dem Vielvölker-
staat Kongo neue Konfl ikte entstehen.
Ökonomische Aussichten für Kleinunternehmen – Mikrokredite schaffen Perspektiven.
Durch Bauarbeiten verdienen die
Menschen Geld
Die KfW Entwicklungsbank bindet bei den Pro-
jekten und Programmen die lokale Bevölkerung
intensiv mit ein: Die Bauarbeiten werden von
den Kongolesen erledigt. Dadurch verdienen
die Menschen Geld, und lokale Wirtschaftskreis-
läufe kommen in Gang. „Wenn für die Men-
schen neue Zukunftsperspektiven entstehen,
verringert sich das Konfl iktpotenzial“, betont
Jünger. Der Friedensfonds hat seit seiner Grün-
dung zahlreiche Projekte gefördert: 59 Schu-
len, 82 Brücken, 5 Krankenhäuser und 43
Gesundheitsstationen wurden gebaut oder
renoviert, außerdem 78 Kilometer Leitungen
für 162 Trinkbrunnen verlegt und 552 Kilo-
meter ländliche Wege rehabilitiert. Eine posi-
tive Signalwirkung für eine bessere Zukunft.
Wirtschaftlicher Fortschritt bringt
dauerhafte Stabilität
Dauerhaft kann sich der Frieden im Kongo aber
nur stabilisieren, wenn es für die Menschen
langfristig eine ökonomische Perspektive gibt.
Der Wiederaufbau der Infrastruktur ist dabei
„ein“ Schritt. Wirtschaftlicher Erfolg stellt sich
nur ein, wenn stabile und vertrauenswürdige
Institutionen geschaffen werden, die es den
Menschen ermöglichen, ihre Ideen umzu-
setzen und Geschäfte zu machen. Dafür fehlt
vielen Kongolesen das Startgeld. Und Banken,
die faire und auf die Bedürfnisse von Klein-
unternehmern angepasste Kredite vergeben,
sind im Kongo bisher selten.
Isaac Kayembe Ntumba wartete jahrelang,
bis er schließlich seinen Traum verwirklichen
konnte: den Ausbau seiner kleinen Bäckerei.
2007 erfuhr der 52-Jährige von der „ProCredit
Bank Congo“, einer Mikrofi nanzbank, die die
KfW 2004 mitgegründet hat. Ntumba erhielt
einen Kredit über 16.000 USD für Umbau
und neue Teigmaschinen. „Dieser Kredit hat
mein Geschäft verändert“, sagt Ntumba
heute. „Wir sind enorm gewachsen.“ Heute
beschäftigt der Unternehmer 20 bezahlte
Bäcker und zehn Teilzeitkräfte, Menschen, die
nicht mehr um das tägliche Überleben kämp-
fen müssen.
Der Bäcker ist mittlerweile einer von rund
100.000 Kunden der ProCredit Bank Congo.
Sie ist in drei Provinzen des Landes aktiv und
vergibt nicht nur Darlehen, sondern nimmt
auch Spareinlagen an, um das Geld der Men-
schen sicher zu verwahren. Mit rund 36 % der
Marktanteile ist die ProCredit Marktführer bei
den Mikrofinanzleistungen im Kongo. „Für
den Wiederaufbau des Landes ist es ein
essenzieller Schritt, dass die Menschen sparen
und Kleinunternehmer mit guten Ideen aus
allen Bevölkerungsschichten Kredite erhalten
können“, betont KfW-Projektmanager Simon
Bleidiesel.
Die Geschäftsidee der Kleinkunden wird dabei
genau überprüft. Bei der ProCredit sorgen
über 500 Mitarbeiter in mittlerweile elf Filialen
dafür. Sie schauen, ob die Kunden qualifi ziert
sind, prüfen ihre Businesspläne und den Markt
dafür. „Die Rückzahlungsquote insgesamt
liegt bei über 95 %. Ein sehr guter Wert“, sagt
Bleidiesel. Die ProCredit Bank hilft dabei
mit, dass Unternehmen im Kongo expandieren
oder neue Betriebe entstehen, die Arbeits-
plätze anbieten. Solche neuen ökonomischen
Perspektiven für die Menschen tragen dazu
bei, dass sich der Frieden im Kongo stabilisiert
und das Land sicherer wird.
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KRISEN ÜBERWINDEN, STAATEN STÄRKENIN KONFLIKTREGIONEN MUSS DAS VERTRAUEN DER MENSCHEN NEU WACHSEN
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23
Die Aufgaben in fragilen Staaten sind groß:
Es gibt keine funktionierenden Instituti-
onen, die Privatwirtschaft liegt brach, oft
besteht eine latente Gewaltbereitschaft.
Der Staat ist nicht in der Lage, öffentliche
Dienstleistungen anzubieten, das Ver-
hältnis zwischen Staat und Bürgern ist
gestört. Für die KfW Entwicklungsbank
und die DEG geht es darum, auf diese
Herausforderungen im richtigen Moment
die richtigen Antworten zu fi nden: Ver-
trauen muss wieder aufgebaut werden,
zwischen den Menschen und zum Staat.
Die KfW Entwicklungsbank trägt mit ihren
Partnern dazu bei, neue Perspektiven in fra-
gilen Staaten zu schaffen: Sie hilft, legitime
staatliche Strukturen zu stärken. Damit soll der
Staat belastbarer werden und Konfl iktzyklen
dauerhaft überwinden können. Gleichzeitig in-
vestiert sie im Auftrag der Bundesregierung
in soziale und wirtschaftliche Infrastruktur. Die
DEG fördert die Privatwirtschaft als Motor
für Entwicklung. So entsteht Hoffnung auf die
Zukunft. Die Menschen spüren, dass sich die
Lebenssituation verbessert.
Nach Krieg und Katastrophen: wenn
schnelle Hilfe gefordert ist
Manchmal muss es sehr schnell gehen. Dann,
wenn Fragilität und Naturkatastrophen zu-
sammenfallen und dadurch menschliches Leid
noch vergrößern: 2011 war das der Fall, als
eine lang anhaltende Dürre am Horn von Afrika
rund 13 Mio. Menschen zu Hungernden
machte. Die bürgerkriegsähnlichen Zustände
und die Rechtlosigkeit in Somalia verschlim-
merten die Lage. In Somalia kümmerte sich
kein Staat um die Not leidenden Menschen.
Hilfsorganisationen hatten nur eingeschränk-
ten Zutritt.
Hunderttausende abgemagerter Männer, Frauen
und Kinder fl üchteten nach Kenia und in an-
dere Nachbarländer, wo sie in Zelten in Lagern
Zufl ucht fanden und internationale Hilfe unter
anderem vom Welternährungsprogramm (WFP)
erhielten. Die Nahrungsmittelhilfe in Kenia,
Äthiopien, Dschibuti, Uganda und im Jemen
hat die KfW Entwicklungsbank aus Mitteln
der Bundesregierung mit rund 81,5 Mio. EUR
unterstützt.
„Während des Krieges in Liberia
war ich in der Frauenbewegung
aktiv, zusammen mit der Frie-
densnobelpreisträgerin Leymah
Gbowee. Wir setzten uns für ein
Ende der Kämpfe ein. Heute
arbeite ich vor allem mit Frauen
in den Dörfern – viele von ihnen
sind vergewaltigt worden. Sie
brauchen jetzt Hilfe.“
Cerue Konah Garlo, Friedensaktivistin
aus Liberia, 48 Jahre alt
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24
Nach dem Beben auf Haiti – die Menschen packen beim Wiederaufbau selbst mit an.
Auch Haiti in der Karibik gilt als fragiler Staat:
Das ohnehin bettelarme und von Gewalt
gebeutelte Land wurde im Januar 2010 von
einem schweren Erdbeben heimgesucht –
mehr als 200.000 Menschen kamen ums Leben,
mehr als 1 Mio. Menschen wurden obdach-
los. Und dort, wo Menschen nach Katastrophen
leiden und hungern, ist die Gefahr von Ge-
waltausbrüchen hoch.
Im Auftrag der Bundesregierung war die
KfW Entwicklungsbank daher mit wirksamer
Hilfe rasch zur Stelle. Sie unterstützte die hai-
tianische Regierung bei der Schadensanalyse
und förderte in der Kleinstadt Leogane den
Wiederaufbau von dringend benötigter Infra-
struktur. Dabei wurde eine offene und fl exible
Vorgehensweise gewählt, um auf die vielfälti-
gen Bedürfnisse der Bevölkerung reagieren
zu können. Das kann der Wiederaufbau der
Schulen, die Wiedereröffnung einer Straße
oder der Zugang zu sauberem Trinkwasser sein.
Dabei ging es nicht nur darum, neuen Wohn-
raum und Infrastruktur zu schaffen. Die
Menschen brauchten auch Arbeit und Einkom-
men. „Männer und Frauen packten deshalb
selbst mit an“, betont KfW-Projektmanager
Markus Rühling. Sie halfen Trümmer wegzu-
räumen, eingestürzte Häuser zu sichern und
Abwasserkanäle zu reinigen. Für die geleistete
Arbeit wurden die Menschen entlohnt und
konnten mit den Einnahmen ihre Lebenssitu-
ation verbessern.
Schwache staatliche Strukturen: der
Beitrag der Zivilgesellschaft
Solche Programme nach Katastrophen sind
eher kurzfristig angelegt; mittel- und lang-
fristig unterstützt die KfW Entwicklungsbank
in fragilen Ländern den Aufbau eines funktio-
nierenden Staates. In diesen Ländern mangelt
es meist an effektiven staatlichen Institu-
tionen, das Verwaltungspersonal ist schlecht
ausgebildet und wird unregelmäßig oder gar
nicht bezahlt; es fehlt an wirksamen Kontrollen.
Abseits der urbanen Zentren ist der Staat
kaum präsent. In diesen Situationen spielt die
Zivilgesellschaft oft eine Schlüsselrolle.
Nichtregierungsorganisationen arbeiten dort,
wo der Staat zunächst selbst keine Basis-
dienstleistungen für die Menschen erbringen
kann. Zu einem späteren Zeitpunkt können
sie in seinem Auftrag handeln.
So arbeitet die KfW Entwicklungsbank zum
Beispiel in der Côte d´Ivoire: Auf dem Hof
der Schule Koumassi toben dort bis zu 350
Kinder. Die gewalttätigen Unruhen, die
dort nach den Wahlen im November 2010
ausbrachen und etwa 3.000 Menschen
das Leben kosteten, sind in diesen Momenten
vergessen.
Der methodistisch-protestantische Träger be-
treibt als NRO die staatlich anerkannte Schule,
die von der KfW Entwicklungsbank gefördert
wird. Sie unterstützt im Auftrag der Bundes-
regierung den Bau von 30 Vor-, Primar- und
Sekundarschulen der Methodisten, vor allem
im benachteiligten Südwesten des Landes.
So erhalten die Eltern eine Chance, ihre Kinder
zur Schule zu schicken. Dies ist eine jener
Basisdienstleistungen, die in fragilen Staats-
gebilden zunächst oft zu kurz kommen.
Private Schulträger füllen die Lücke
Solche privaten Schulträger füllen die Lücken
des staatlichen Bildungswesens. Auch der
Schulbetrieb hatte in dem Land nach den Wah-
len 2010 sehr gelitten: Vier von fünf Schulen
waren geplündert oder zerstört worden. Um
langfristig den Frieden zu stabilisieren, ist
ein funktionierendes Bildungssystem aber
unabdingbar.
Perspektivisch ist es in der Côte d’Ivoire und
bei ähnlichen Kooperationen wichtig, zivil-
gesellschaftliche und staatliche Akteure mit-
einander zu verzahnen. Der Staat steuert
und kontrolliert, der nichtstaatliche Partner
leistet die unmittelbare Arbeit vor Ort in en-
ger Zusammenarbeit mit dem Staat. „Die
Methodisten orientieren sich an den staatlichen
Lehrplänen, und die Schüler können pro-
blemlos zwischen privaten und öffentlichen
Schulen wechseln“, sagt KfW-Projektma-
nagerin Elke Bindewald. Unter bestimmten
Umständen subventioniere der Staat sogar
die privaten Schulträger.
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25
Basisdienstleistung Schule: Kinder brauchen Zukunftschancen.
Perspektiven schaffen durch den Aufbau
von Infrastruktur
In fragilen Staaten ist die für einen funktio-
nierenden Staat notwendige Infrastruktur oft
kaum noch vorhanden: Straßen und Wege,
Schulen und Krankenhäuser sind verkommen
oder zerstört. Eine Folge von Krisen, Konfl ik-
ten und gewalttätigen Auseinandersetzungen.
Für die Menschen ist es ein starkes positives
Signal, wenn sich die Infrastruktur verbessert.
Dadurch wird das Vertrauen in die öffentli-
chen Einrichtungen und damit in den Staat
gestärkt, gleichzeitig werden Wirtschafts-
kreisläufe angekurbelt.
In Liberia unterstützt die KfW Entwicklungs-
bank für das BMZ das ehemalige Bürgerkriegs-
land unter anderem beim Bau von Brücken
und Straßen. Für die Finanzierung von großer
Infrastruktur in Schlüsselsektoren und damit
mit hoher Signalwirkung hat die KfW Entwick-
lungsbank gemeinsam mit der Weltbank einen
sogenannten „Multi-Donor-Trust-Funds“ ins
Leben gerufen. In diesen Fonds, der meist von
einer multilateralen oder UN-Organisation ver-
waltet wird, zahlen verschiedene Geber ihre
Beiträge ein. Das Finanzierungsinstrument
wird besonders in fragilen Staaten eingesetzt.
Denn die oft schwachen staatlichen Institu-
tionen können den Wiederaufbau noch nicht
aus eigener Kraft vorantreiben und sind auf
Unterstützung von außen angewiesen. So
müssen sie sich nur mit einem Geberkomi-
tee auseinandersetzen, und es können hohe
Summen für große Infrastrukturprojekte
mobilisiert werden.
In den Fonds zahlen heute neben Deutschland
auch andere Geber wie die Europäische Union,
Großbritannien, Irland und Norwegen ein. Der
deutsche Beitrag betrug 34 Mio. EUR, ins-
gesamt wurden in den Fonds bis heute 170 Mio.
USD eingezahlt. Der Fonds trägt vor allem
dazu bei, das marode Straßennetz instand zu
setzen: Über 320 Kilometer werden neu ge-
baut oder wiederhergestellt. Straßen, die die
Lebensadern für die Wirtschaft des Landes
sind. Sie erleichtern den Transport von Waren
und den Handel. Besonders die geplante Sa-
nierung der Hauptverkehrsachse zum Nachbar-
land Guinea bringt eine neue wirtschaftliche
Perspektive für Liberia.
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Staatsaufbau von unten – lokale Strukturen
werden gestärkt
Fragile Staaten sollen in die Lage versetzt
werden, die Bevölkerung mit Basisdienstleis-
tungen und einer sozialen und wirtschaft-
lichen Infrastruktur zu versorgen. Dabei sind
Geduld und ein angepasstes Vorgehen not-
wendig. Es kann sinnvoll sein, an dezentralen
Staatsstellen anzusetzen und den Staatsauf-
bau von unten voranzutreiben. Zum Beispiel
in Ostafrika.
Im Norden Ugandas litten die Menschen lan-
ge unter einem blutigen Bürgerkrieg. Die
„Widerstandsarmee des Herrn“ (LRA) terrori-
sierte die Menschen: Kinder wurden ent-
führt und als Soldaten missbraucht, Frauen
vergewaltigt. Das staatliche Militär konnte
sie nicht schützen. 2008 kam es zum Waffen-
stillstand. Die Region bleibt dennoch be-
nachteiligt und ist von den Folgen des Bürger-
krieges gezeichnet: Gewalt, auch innerhalb
der Familie, und Landkonfl ikte gehören zum
Alltag. Dazu ein trockenes, stürmisches Klima.
In den Dörfern und Kleinstädten fehlt es vor
allem an sauberem Trinkwasser und Sanitäran-
lagen. Dies führt zu Krankheiten; Kinder un-
ter fünf Jahren sind am häufi gsten betroffen.
Die KfW Entwicklungsbank unterstützt das
ugandische Ministerium für Wasser und Um-
welt auf dezentraler Ebene dabei, die Men-
schen mit sauberem Trinkwasser und verbes-
serten Sanitäreinrichtungen zu versorgen.
Bis 2015 sollen mindestens 100.000 Menschen
Trinkwasser erhalten, weitere 50.000 sollen
einen Zugang zu adäquaten Sanitäranlagen
bekommen. „Das Ministerium vor Ort plant,
beauftragt und überwacht den Bau der Sani-
täranlagen, der Zapfstellen und Hofanschlüs-
se“, erläutert KfW-Projektmanagerin Anja
Kramer, „die Neubauten wurden zuvor von den
Gemeinden beantragt.“ Die errichtete Infra-
struktur geht dann in die treuhänderische Ver-
waltung der Gemeinden über. Damit werden
die Gemeinden als unterste Einheit des Staates
gezielt gestärkt („Staatsaufbau von unten“).
Sie können ihre Verlässlichkeit unter Beweis
stellen und neues Vertrauen als staatliche
Vertreter aufbauen. Dies sind alles wichtige
Elemente zur Stabilisierung einer fragilen
und krisengeschüttelten Region.
Bevölkerung einbeziehen, Gerechtigkeit
wiederherstellen, neue Konfl ikte vermeiden
Gerade in fragilen Staaten ist es unabdingbar,
die Bevölkerung zu beteiligen und in Pro-
gramme einzubeziehen. Dabei muss auf kul-
turelle Unterschiede und unterschwellige
Konfl ikte geachtet werden, und die Interessen
aller Beteiligten sind zu berücksichtigen –
generell müssen die Projekte also besonders
konfl iktsensibel konzipiert sein. Entwick-
lungsprojekte, die eine Konfl iktpartei in einem
Krisengebiet bevorzugen, können sonst un-
gewollt sogar einen Gewaltausbruch auslösen.
Handeln, bevor die Gewalt ausbricht
In fragilen Staaten muss konfl iktsensibel
agiert werden
Wenn Krieg und Gewalt ausbrechen, sind
Not und Elend vorprogrammiert: Unzählige
Menschen leiden und sterben, Arme und
Benachteiligte verlieren ihre Lebensgrundlage.
Gewaltsame Konfl ikte schwächen die staat-
lichen Institutionen, zerstören die wirtschaft-
liche und soziale Infrastruktur. Ziel der Zu-
sammenarbeit mit fragilen Staaten muss es
sein, Krisenherde frühzeitig zu erkennen und
anzugehen, damit es gar nicht erst zu einem
Gewaltausbruch kommt. Die Krisenprävention
ist ein wichtiger Teil der Arbeit der KfW Ent-
wicklungsbank in fragilen Staaten. In der
Krisenprävention wird analysiert, welche Fak-
toren in den Partnerländern zu Konfl ikten
und gewalttätigen Auseinandersetzungen füh-
ren können. Solche strukturellen Ursachen
müssen auf lokaler, regionaler oder nationaler
Ebene reduziert und Konfl iktherde gemin-
dert werden. Wenn bestimmte Ethnien, soziale
Schichten oder Regionen in den Entwick-
lungsländern besonders benachteiligt und von
Armut betroffen sind, wächst das Konfl ikt-
potenzial.
In Krisen- und Konfl iktregionen achtet die
KfW Entwicklungsbank daher besonders
darauf, dass sich die sozialen und wirtschaft-
lichen Bedingungen in den Regionen und
für die verschiedenen Bevölkerungsgruppen
verbessern, ohne neue Ungleichheiten zu
schaffen. So wird bei einem Projekt in Sri Lanka
genau darauf geachtet, dass singhalesische
und tamilische Bevölkerungsgruppen gleich-
zeitig von einer verbesserten Wasserver-
sorgung profi tieren. Denn für alle Menschen
müssen gleichberechtigt neue Perspektiven
für eine friedliche Zukunft mit stabilen Ein-
kommen geschaffen werden.
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27
Basisdienstleistung Gesundheit: Die Bevölkerung braucht Kliniken und Ärzte.
Bei einem Gesundheitsprojekt in Kirgistan
legt die KfW Entwicklungsbank großen Wert
darauf, dass die Interessen von Kirgisen und
Usbeken berücksichtigt sind: Das kirgisische
Gesundheitsministerium wird im Auftrag des
BMZ mit 12,3 Mio. EUR unterstützt, um die me-
dizinische Versorgung in Notfällen und Kata-
strophensituationen zu verbessern. Die Zeit
zwischen der Meldung eines akuten Notfalls
und der Behandlung soll kürzer werden, denn
bislang wird ein medizinischer Notfall dort
schnell lebensbedrohlich, weil es an Personal
und Fahrzeugen mangelt und es zu wenige
gute Notfallaufnahmen gibt. Der Bau einer
solchen Notaufnahme wird am zentralen
Krankenhaus in der Region Jalal Abad im Süden
gefördert. Das Gebiet gilt als krisen anfällig
und wurde 2010 von blutigen Gewalttaten
zwischen Kirgisen und der usbekischen Min-
derheit im Land erschüttert.
Für die KfW ist es daher wichtig, dass bei die-
sen Programmen beide Ethnien berücksichtigt
werden, um nach dem Prinzip „Do-no-harm“
bestehende Konfl ikte nicht zu verschärfen.
Deshalb wird mit dem kirgisischen Gesund-
heitsministerium darauf hingewirkt, dass die
Mitarbeiter aus verschiedenen Ethnien ko-
operativ zusammenarbeiten.
Im Krankenhaus in Jalal Abad war das auch
während der Krise der Fall. Damals wurden
Opfer der Unruhen gleichermaßen medizi-
nisch behandelt; mit Personal aus beiden
Ethnien ist das Sprachverständnis gesichert.
Somit dient die Infrastruktur einerseits der
Befriedigung von grundlegenden Bedürfnis-
sen. Andererseits ist sie ein Mittel zum Zweck:
Sie baut eine Brücke zwischen zwei Ethnien.
Privatwirtschaft leistet Beitrag zur Stabi-
lisierung des Landes
In jedem Konfl iktjahr reduziert sich das
Wirtschaftswachstum eines fragilen Staates
um durchschnittlich 2 %. Zehn Jahre dauert
es im Schnitt, bis das Wachstum zu Zeiten
vor einem Krieg erreicht wird. Daher ist es in
fragilen Staaten wichtig, neben dem Auf-
bau staatlicher Strukturen die oft am Boden
liegende Privatwirtschaft zu stärken und
damit dringend benötigte Arbeitsplätze und
Einkommen zu schaffen. Damit erhalten die
Menschen neue Perspektiven. Sie bekommen
die Möglichkeit, ihr Schicksal selbst in die
Hand zu nehmen – eine Basis für Stabilität
und den Wiederaufbau eines Landes.
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28
Unternehmerische Erfolge sind zudem wichtige
Signale für andere Investoren, dass es sich
lohnt, dort wieder zu investieren. So entwickeln
sich neue wirtschaftliche Chancen für Men-
schen, Unternehmen und Staaten. Privatwirt-
schaftliches Engagement schafft Arbeit und
Einkommen, leistet darüber hinaus wichtige
Beiträge für die lokale Entwicklung und trägt
zudem dazu bei, fragile Staaten in regionale
und globale Märkte zu integrieren.
Die DEG ist Partner von Unternehmen, die
bereit sind, in fragile Staaten zu investieren.
Sie bietet ihnen Beteiligungskapital und
langfristige Darlehen, die an den Finanzmärkten
nicht verfügbar sind. Diese Finanzierungen
stellt sie Unternehmen direkt oder indirekt über
lokale Banken und Fonds zur Verfügung. Zu-
sätzlich bietet sie verschiedene Beratungspro-
gramme und ihr fast 50-jähriges Know-how
an für den Erfolg des Unternehmens und die
Menschen vor Ort. Denn Unternehmen in
fragilen Staaten sind mehr gefordert als an-
derswo. Sie können sich nicht auf staatliche
Leistung verlassen und müssen zusätzlich in-
vestieren, etwa in die lokale Infrastruktur, die
Ausbildung von Mitarbeitern, ihre medizinische
Versorgung.
Darüber hinaus leisten private Unternehmen
wichtige Beiträge zum Aufbau fragiler Staa-
ten. Straßen, Kraftwerke, Telekommunikations-
netze, Containerterminals werden heute ver-
stärkt privat entwickelt, gebaut und betrieben
und ergänzen so die Bemühungen der Staaten
und internationaler Geber um die Weiterent-
wicklung der Infrastruktur. Ein Beispiel ist die
irakische Mobilfunkgesellschaft Zain, der die
DEG ein langfristiges Darlehen in Höhe von
35 Mio. USD gewährte.
Das Handy ist immer dabei
Das Handy gehört längst zum Alltag der Menschen.
Im Irak ersetzt der Mobilfunk längst
das Festnetz
Das Handy ist immer dabei. Ob Taxifahrer,
Markthändler oder Bauern – Kleinstunterneh-
mer im Irak kommunizieren zumeist mobil.
Über das Festnetz wird wenig tele foniert: zu
teuer, zu wenige Anschlüsse. Dass es ein
funktionierendes Mobilfunknetz im Irak gibt,
hängt auch mit dem Engagement der DEG
zusammen.
Die DEG gewährt der irakischen Mobilfunk-
gesellschaft Zain ein langfristiges Darlehen
in Höhe von 35 Mio. USD. Es ist Teil eines
Pakets in Höhe von 400 Mio. USD, das von
mehreren internationalen Kapitalgebern
fi nanziert wird. Dazu gehört auch ein Darle-
hensfonds, der im Auftrag des BMZ von der
KfW mitgestaltet und -fi nanziert wurde. Zain
Irak ist eine Tochter der Zain Group aus Ku-
wait, die mit DEG-Hilfe bereits in Madagaskar,
Malawi und Uganda Mobilfunk etabliert hatte.
Im Irak ist mit der Mobilfunkfi nanzierung der
erste Schritt getan. Nach drei Kriegen und
vielen Jahren der Isolation hat der Staat große
strukturelle Aufgaben vor sich. Ein gut funk-
tionierendes Netz bietet Menschen gerade in
wenig entwickelten Gebieten die Chance zur
schnelleren Kommunikation. Kleinstunterneh-
mer verbessern durch Mobilfunk ihre Ge-
schäftsmöglichkeiten. Das stärkt lokale Wirt-
schaftsstrukturen und schafft Arbeitsplätze.
Auch unmittelbar trägt der Aufbau des Mo-
bilfunknetzes zur Armutsbekämpfung bei:
Ausbau, Betrieb und Wartung der landesweit
aufgestellten Stationen verschaffen den
Menschen Jobs, ebenso der Handel mit Handys
und Mobilfunkkarten. Über Lizenzen und
Steuern nimmt der irakische Staat zudem
geschätzte 400 Mio. USD jährlich ein.
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Neben solchen großen Investitionen sind für
wirtschaftlichen Fortschritt und die Schaf-
fung von dauerhaften Arbeitsplätzen auch
Klein- und Kleinstunternehmer ein wichtiger
Faktor. Sie entwickeln Geschäftsideen, verfü-
gen aber häufi g nicht über das Geld, um sie
umzusetzen, zu expandieren oder ihr Geschäft
auszubauen. Dies betrifft insbesondere die
fragilen Staaten Afrikas, die erst nach langjäh-
rigen Bürgerkriegen zur Ruhe kommen, wie
Sierra Leone.
Der Bürgerkrieg wirkt auch zehn Jahre nach
seinem Ende noch nach und hat weitreichende
Folgen für die Menschen: Drei Viertel von
ihnen leben in Armut, die Analphabetenquote
liegt bei 70 %, die Arbeitslosenquote wird
auf 40 % geschätzt. Vor allem Jugend liche
sind betroffen.
Um das Geschäft von Klein- und Kleinst-
unternehmern anzukurbeln, gründete die
KfW Entwicklungsbank gemeinsam mit an-
deren internationalen Geberinstitutionen
2004 einen Fonds zur Refi nanzierung und
Kapazitätsstärkung von Mikrofi nanzinstitu-
tionen. Es war die Initialzündung für den
Mikrofi nanzsektor in Sierra Leone. Verschiede-
ne neu gegründete Mikrofi nanzinstitutionen
wurden über den Fonds gefördert. Heute sind
in Sierra Leone mehr als 100.000 Kredit-
nehmer registriert. Die unterstützten Mikro-
finanzinstitute sind wirtschaftlich und
institutionell gestärkt.
Die Möglichkeit, Mikrokredite zu erhalten, hat
sich als positiv für den Arbeitsplatz schaf-
fenden Privatsektor erwiesen. Dadurch haben
Handwerker, Dienstleister und Kleinbauern
Zugang zu Kapital, das ihnen vorher nicht zur
Verfügung stand. Wer Arbeit hat, hat Perspek-
tive. Und fühlt sich als Teil der Gesellschaft.
In Sierra Leone geht zudem ein Großteil der
Kredite an Frauen. Eine davon ist Auntie
Jeneba. Sie lebt als Witwe in Bo, der zweit-
größten Stadt in Sierra Leone, und versorgt
fünf Kinder. Durch einen Mikrokredit hat sie
eine kleine Seifenmanufaktur aufgebaut –
damit verdient sie Geld. Dadurch kann sie so-
gar ihre älteste Tochter auf die Universität
schicken. „Und ich habe mir ein neues Bett und
einen Teppich gekauft“, erzählt sie stolz. Als
Geschäftsfrau ist sie jetzt in ihrer Nachbar-
schaft geachtet und anerkannt.
Einnahmequelle nach Konfl ikten: Ein Berater unterstützt Kaffeebauern in Kolumbien. Besondere Herausforderungen: die Spuren
des Konfl iktes
Kolumbien ist ein Staat, in dem verschiedene
Formen der Gewalt auftreten. In Teilen des
Landes schwelt noch immer der Bürgerkrieg,
in den Städten gibt es Kriminalität und Dro-
genhandel. Kolumbien hat immer noch eine
der höchsten Mordraten weltweit.
Um die Spuren des Krieges zu überwinden,
brauchen gerade auch die Menschen im
ländlichen Raum Zukunftsperspektiven. Die
KfW Entwicklungsbank trägt im Auftrag der
Bundesregierung dazu bei, indem sie zum Bei-
spiel Kaffeebauern unterstützt. In der Kaffee-
anbauzone am Rio Magdalena ist die soziale
und wirtschaftliche Situation stabil. Doch
die Bedingungen sind für die Kaffeebauern
nicht einfach: Die Flächen der Familienbe-
triebe betragen oft weniger als fünf Hektar.
Schlechte Böden liefern oft nicht die Kaffee-
bohnenqualität, die im internationalen Handel
gefordert wird.
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In Zusammenarbeit mit dem kolumbianischen
Kaffeebauernverband und dem Landwirt-
schaftsministerium fördert die KfW daher auch
die Forstwirtschaft, damit eine alternative
Einkommensquelle besteht. So soll verhindert
werden, dass die Menschen illegale Drogen
anbauen oder zu Anhängern oder Kämpfern
der Guerillas oder Paramilitärs werden.
Neben Feldfrüchten wachsen Bäume als Bau-
und Werkstoff; 65.000 Hektar wurden be-
reits aufgeforstet. Von den Waldfl ächen pro-
fi tieren etwa 10.000 Bauernfamilien: „Die
Menschen nutzen Holz als Bau- und Werkstoff,
zudem wächst Kaffee im Schatten besser“,
sagt KfW-Projektmanager Martin Lux. In zwei
Forstwirtschaftszentren sind Sägewerke
aufgebaut worden, die von teilnehmenden
Waldbesitzern genossenschaftlich betrieben
werden. Sie schaffen zusätzliche Industrie-
arbeitsplätze. Das Projekt unterstützt zudem
gezielt Frauen und Jugendliche. Mit neuen,
verlässlichen Perspektiven für die Menschen
sinkt die Gefahr eines Wiederauffl ammens
des Konfl iktes.
Die Erfahrungen von KfW Entwicklungsbank
und DEG zeigen, dass bei der Entwicklungs-
zusammenarbeit mit fragilen Staaten beson-
dere Maßstäbe gelten: Es sind mit Bedacht
gewählte und lohnenswerte Schritte, die den
Weg zu mehr gesellschaftlicher Belastbarkeit
ausmachen. Dabei geht es im Kern darum, ver-
loren gegangenes Vertrauen wieder zurück-
zugewinnen. Vertrauen der Bevölkerung in den
Staat und seine Strukturen, Vertrauen der
Unternehmen in lohnende Investitionen, aber
auch Vertrauen der Bevölkerung in ihre eige-
nen Möglichkeiten und Perspektiven.
Das Engagement der KfW Entwicklungsbank in fragilen Staaten von 2007-2011
Die KfW Entwicklungsbank hat in den vergan-
genen fünf Jahren insgesamt 3,5 Mrd. EUR
für die Verbesserung der Lebenssituation in
fragilen Staaten zugesagt.1 Dies entspricht
18 % der Gesamtzusagen in diesem Zeitraum.
Die Bevölkerung in fragilen Staaten benötigt
klare Zeichen, dass es aufwärts geht. Die Fi-
nanzielle Zusammenarbeit verstärkt daher die
Bereiche mit hoher Signalwirkung. Dazu ge-
hören unter anderem große Infrastrukturmaß-
nahmen in den Sektoren „Energieerzeugung
und -versorgung“ (20 % der Zusagen für fra-
gile Staaten, 687 Mio. EUR) und „Wasser-
versorgung“ (16 % der Zusagen, 558 Mio. EUR).
Die Menschen in fragilen Staaten haben hohe
ungedeckte Bedarfe. Die Finanzielle Zusam-
menarbeit setzt direkt beim Menschen an. 20 %
der Zusagen für fragile Staaten fl ießen in
soziale Basisdienstleistungen wie Gesundheit
und Bildung (693 Mio. EUR).
Fragile Staaten brauchen Stabilisierung. 17 %
der Zusagen (602 Mio. EUR) sind für Post-
konfl iktvorhaben vorgesehen, die gezielt die
Bedarfe von fragilen Staaten nach Konfl ikten
adressieren. Dazu gehören Maßnahmen wie
Not- und Soforthilfe, Wiederaufbau und Frie-
densstärkung nach Konfl ikten.
Fragile Staaten haben brachliegende Wirt-
schaftskreisläufe, mangelnde Einkommens-
möglichkeiten und geringe Produktivitäten.
Mehr als ein Viertel der Zusagen sind für
multisektorale Ansätze vorgesehen, die be-
darfsgerecht diese Herausforderungen angehen
(28 %, 975 Mio. EUR). Dazu gehören Sektoren
wie Finanzwesen, Transport, Landwirtschaft,
Umwelt und Ernährungssicherung.
16 %
17 %
20 %
20 %
28 %
Multisektorale und weitere Ansätze
Gesundheit und Bildung
Energieerzeugung und -versorgung
Postkonfl iktvorhaben
Wasserversorgung Differenzen in der Summe durch Rundungen möglich
1 Auswahl fragiler Staaten gemäß OECD-Einordnung 2011
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DIE KRIEGSWIRTSCHAFT ÜBERWINDEN EIN NEUER STAAT: DIE MENSCHEN IM SÜDSUDAN HOFFEN NACH
JAHRELANGEM BÜRGERKRIEG AUF ENTWICKLUNG
Einsatz für den Wiederaufbau: der KfW-Repräsentant im Südsudan, Jochen Klaar, im Gespräch mit dem südsudanesischen Minister für Wasser und Bewässerung, Paul Mayom Akec
Manchmal ist er doch lieber nicht sofort aus
dem Auto ausgestiegen: dann, wenn in der
südsudanesischen Hauptstadt Juba Menschen
in der Nähe waren, die nicht sehr vertrauen
erweckend aussahen. Denn Jochen Klaar hatte
bei seinem Aufenthalt im Südsudan Ende 2011
„die Taschen voller Bargeld“, wie er sagt. In dem
jungen Staat werden Kreditkarten noch nicht
akzeptiert.
Der Südsudan hatte als 193. UN-Mitglieds
staat erst am 9. Juli 2011 die Unabhängigkeit
vom Norden des Landes erreicht. Dass bar
geldloses Zahlen nicht funktioniert, ist dabei
eher ein kleines Problem: Die neue Regierung
steht vor großen Aufgaben. Nach Jahrzehnten
des Bürgerkrieges mangelt es an staatlichen
Strukturen, an sauberem Wasser, an Straßen,
Schulen, Gesundheitseinrichtungen und
Arbeitsplätzen. Die Mehrzahl der Menschen
lebt in Armut – trotz des großen Ölreichtums.
„Jetzt muss die strukturelle Kriegswirtschaft
zu einer zivilen Wirtschaft umgebaut werden“,
sagt Klaar. Dafür sei das Land auf interna
tionale Hilfe angewiesen.
Der KfW-Experte war mehrere Wochen im
Südsudan unterwegs, um sich über die Lage
zu informieren, Kontakte zu anderen Gebern
zu knüpfen und das Büro der KfW Entwick
lungsbank in der Hauptstadt Juba aufzubauen.
Als langjähriger Mitarbeiter der KfW kennt
er viele Entwicklungsländer aus eigener Erfah
rung. Klaar hat lange in Westafrika gelebt.
„Der Südsudan ist noch voller Waffen“, be
richtet Klaar weiter. Und die Kämpfe sind noch
nicht vorbei: Zwischen verfeindeten ethni
schen Gruppen kommt es weiter zu Gewalt
ausbrüchen mit Hunderten