expose volodina
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ExposeTRANSCRIPT
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EXPOS DES DISSERTATIONSVORHABENS BER DAS THEMA
KAUSALE STRUKTUREN IN TEXTEN
DER HEUTIGEN DEUTSCHEN UMGANGSSPRACHE
VON ANNA VOLODINA HIRTENAUE 10 69118 HEIDELBERG [email protected]
WISSENSCHAFTLICHER BETREUER:
PROF. DR. OSKAR REICHMANN
RUPRECHT-KARLS-UNIVERSITT GERMANISTISCHES SEMINAR
STAND 16.12.04
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ANNA VOLODINA Kausale Strukturen in Texten der heutigen deutschen Umgangssprache
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EINLEITENDES
In dem Dissertationsprojekt wird eine korpusbasierte Analyse von kausal-
konditionalen Relationen gesprochener Sprache angestrebt, die in diesem Um-
fang und unter Bercksichtigung der Gesprchssortenproblematik des gegenwr-
tigen Deutschen bisher nicht geleistet wurde.
Kausalitt in der Linguistik wurde schon seit langem als eine wesentliche Be-
schreibungskategorie erkannt. In der germanistischen Forschung der letzen Jahre
zeichnet sich ein noch zunehmendes Interesse an diesem zum Teil definitorisch
umstrittenen Begriff ab. Den Gegenstand der meisten, auch jngeren Untersu-
chungen bildet die sogenannte allgemeine Gegenwartssprache, die eher Zge
geschriebener als gesprochener Sprache aufweist. Eine systematische Untersu-
chung von Kausalitt in der gesprochenen Sprache gibt es nicht.
DREI GRNDE, DIESE ARBEIT ZU VERFASSEN
I. Gegenber der Schriftsprache verfgt die gesprochene Sprache ber ein
deutlich reduziertes Konnektorenarsenal. Innerhalb der gesprochenen Sprache
selbst zeigen sich wiederum auffllige Differenzen hinsichtlich des
Konnektorengebrauchs. Besonders transparent werden diese Differenzen im
Vergleich einzelner Gesprchssorten untereinander. Das Problem, inwiefern
solche Charakteristika wie "spontan" - "vorbereitet", "privat" - "offiziell",
"dialektnah" - "schriftsprachennah" bei der Wahl des Konnektors bzw. seinem
Wegfall im Sinne einer asyndetischen Verbindung von Bedeutung sind, wird
in der traditionellen Grammatiken nicht thematisiert und in der Sekundrliteratur
nicht systematisch behandelt.
II. Bisher konnten kategorial unspezifische (= nicht primr oder nicht aus-
schlielich kausal zu verwendende) Ausdrucksmittel der Kausalitt sowie ihre
kommunikative Funktion nicht adquat beschrieben werden. Erst in den letzten
Jahren erschienen ansatzweise Untersuchungen zu einzelnen nicht prototypisch
kausalen Konnektoren, die in bestimmten Diskursen eine zustzliche Bedeutung
annehmen knnen; vergleiche etwa Gnthner zu wobei (1999) und wo (2002),
Gohl zu begrndendem wenn (2002), Tenbrink zu nachdem und bevor (2004).
Einen systematischen Anspruch haben diese Arbeiten aber nicht; man erfhrt
nicht, welche Gewichtung die kategorial unspezifischen Ausdrucksmittel der Kau-
salitt den anderen gegenber tragen. Ebenso wenig werden asyndetische im
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weiten Sinne kausale Konnexionen unter die Lupe genommen, obwohl ihre Fre-
quenz gerade in der gesprochenen Sprache bedeutend ist. Einschlgig in diesem
Gebiet sind Untersuchungen von Slawisten zum Russischen und Polnischen (Gir-
ke (1999), Burkhardt (1999).
III. Theoretisch fundierte Anstze zur Konnektorensemantik basieren oft auf
konstruierten Beispielen, die meist ohne oder in einem ebenfalls konstruierten
Kontext analysiert werden. Das fhrt dazu, dass eine plausible Unterscheidung
zwischen der "tatschlichen" und "potentiell mglichen" uerungsbedeutung
nicht mehr eindeutig getroffen werden kann: die Bedeutung einer uerung kann
bekanntlich nur in einer ganz konkreten Redesituation bestimmt werden, in der
sie geuert wird.
ZUM THEORETISCHEN UND METHODISCHEN ANSATZ DER ARBEIT
Den Untersuchungsgegenstand der Arbeit bilden Strukturen des kausal-
konditionalen Bereichs des Deutschen, nmlich die Relationen, die in der traditi-
onellen Grammatik als i.e.S. kausale, konditionale und konzessive klassifiziert
werden.
Unter Kausalitt wird in der Arbeit eine komplexe bergreifende linguistische Ka-
tegorie verstanden, die in einem weiten Sinne betrachtet wird. Deshalb sind ne-
ben den i.e.S. kausalen Relationen auch konzessive und konditionale in die ge-
plante Analyse einzubeziehen. Einerseits ist jedes dieser Verhltnisse selbstn-
dig, semantisch relevant, kann gegebenenfalls durch bestimmte lexikalische Mar-
ker Konnektoren einen eigenen kategorialen Wert reprsentieren. Anderer-
seits sind die genannten Relationen eng semantisch miteinander verbunden und
bilden alle zusammen einen Kausalkomplex.
Unter Umgangssprache verstehe ich eine variable, nicht homogene Sprachschicht
zwischen Dialekt und Hochsprache, eine vor allem durch Spontaneitt gekenn-
zeichnete, konzeptionell mndliche Form der Sprache, die im Normalfall keine
groben dialektalen Zge aufweist und weniger fr bestimmte Sprachschichten als
fr bestimmte Kommunikationssituationen charakteristisch ist. Als Grundunter-
suchungskategorie der Umgangssprache wird die der Gesprchssorte angewen-
det.
Ein wichtiges Konzept der Arbeit besteht in der Beschreibung von Relationsbe-
deutungen nach dem Modell, dem das hierarchische Prinzip der Theorie des Kau-
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salfeldes (die kausale Bindung nimmt mit zunehmender Entfernung vom Kern
ab) zugrunde liegt. Im Rahmen dieses Konzepts werden die empirisch gewonne-
nen Daten der korpusbasierten Untersuchung gesprochensprachlicher Diskurse
ausgewertet und analysiert. Dabei werden im ersten Schritt kategorial spezifi-
sche und kategorial unspezifische Ausdrucksmglichkeiten von kausal-
konditionalen Relationen in der deutschen Umgangssprache ermittelt. Im zweiten
Schritt wird der Frage nachgegangen, welche Konnektoren des kausal-
konditionalen Bereichs in den ausgewhlten Diskursen universell gebraucht wer-
den, d.h. einerseits auf allen Realisierungsebenen des Feldes (auf der Sachver-
haltsebene, der epistemischen Ebene, der Sprechaktebene nach Sweetser
1990) und andererseits in den verschiedenen Gesprchssorten auftreten, und
welche ebenen- bzw. gesprchssortenspezifisch verwendet werden.
ZUR KORPUSERSTELLUNG
Um die Analyse im weiten Sinne kausaler Relationen im angestrebten Umfang
vornehmen zu knnen, ist ein reprsentatives, mglichst diachron gebautes Kor-
pus ntig, dessen Inhalte gem der Definition von Umgangssprache spontan,
situationsgebunden und sozialbezogen sind.
Das Korpus basiert auf den gegenwartssprachlichen Gesprchsaufzeichnungen
aus einer Zeitspanne von vier Jahrzehnten:
1966-1971 Private Unterhaltung: ALLTAGSKOMMUNIKATION 1979-1980 Beratungsgesprche: STUDIENBERATUNG 1981 Dialektnahe Umgangssprache: SMALL TALK IN EINEM KIOSK 1983-1985 Gerichtsverhandlungen: SCHLICHTUNG 1989-1996 Gesprche im Fernsehen: TALKSHOWS
Die Gesprchssortenbreite des Korpus reicht von dialekt- bis standardsprachena-
hen Varietten der Umgangssprache. Die Pole sind durch SMALL TALK AN EINEM KI-
OSK einerseits und SCHLICHTUNGS- UND GERICHTSVERHANDLUNGEN andererseits ver-
treten. Als fr die sogenannten "oberen" Soziolekte typische Umgangssprache
nehme ich die Gesprchssorte BERATUNGSGESPRCHE am Beispiel der STUDIENBERA-
TUNG, fr "untere" Soziolekte eine Art der privaten Unterhaltung FAMILIRE ALL-
TAGSKOMMUNIKATION, fr die sogenannte "ffentliche" Umgangssprache relativ
spontanen natrlichen Charakters FERNSEHTALKSHOWS. Damit wird der pragmati-
sche Aspekt der Dissertation durch einen soziolinguistischen ergnzt. Eine Verab-
solutierung einer der beiden Anstze scheint mir zu eingeschrnkt, so dass die
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Belegbeispiele nicht adquat und nicht in ihrer Vielfalt und Komplexitt systema-
tisiert und analysiert werden knnten.
Der Umfang des erstellten Korpus umfasst etwa 4 Stunden Tonaufnahmen pro
Gesprchssorte. Die Arbeit an der Digitalisierung des Korpus ist vollstndig abge-
schlossen. Insgesamt wurden 42 zeilennummerierte Transkripte authentischer
Gesprche in die Analyse einbezogen. Jedem Transkript liegt eine detaillierte Be-
schreibung der zu bercksichtigenden Kommunikationsbedingungen bei.
ZUM BESCHREIBUNGSMODELL AUF DER BASIS VON EVE SWEETSERs "DREI-EBENEN-THEORIE DER PRAGMATISCHEN AMBIQUITT"
Dem pragmatischen Ansatz der geplanten Arbeit entspricht das von Eve Sweet-
ser (1990) vorgeschlagene Modell, dem zufolge i.w.S. kausale Relationen auf drei
verschiedenen semantischen Ebenen operieren knnen, deren "pragmatische
Kontexte" funktional und semantisch verschieden sind, und zwar
(i.) auf der Sachverhaltsebene ("content domain") (ii.) auf der epistemischen Ebene ("epistemic domain") (iii.) auf der Sprechaktebene ("speech akt domain")
Diese Ebenen knnen wie folgt skizziert und an Beispielen erlutert werden:
Auf der Sachverhaltsebene werden Tatsachen begrndet:
(i-a) Er geht zum Khlschrank, weil er Hunger hat.
Internes Konnekt des Beispielsatzes (i-a) drckt einen tatschlichen, wahren,
realen Grund aus. Die Relation basiert auf einer generischen, zeitlich determi-
nierten WENN-DANN-Beziehung:
er Hunger hat (p), geht er zum Khlschrank (q).
Mgliche Paraphrase: Er geht zum Khlschrank, und der Grund dafr ist die Tatsache, dass er Hunger hat.
Auf der epistemischen Ebene werden Vermutungen und Annahmen begrndet:
(ii-b) Er ist sicher zu Hause, weil das Licht bei ihm brennt.
Auf dieser Ebene knnen Sprecher Sachverhalte begrnden, "die nicht durch eine
unmittelbar kausale WENN-DANN-Beziehung realiter verknpft sind, sondern nur
auf dem Wege einer z.T. komplexen Schlussoperation miteinander korreliert
werden" (GDS, 1997, 2296). Fr diese Art der Relationen ist das "verkehrte"
Grund-Folge-Verhltnis im Sinne eines reduktiven Schlusses typisch.
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Grund (p): Er ist zu Hause. Folge (q): Daher brennt bei ihm das Licht. Reduktiver Schluss: ich sehe q, schliee p.
Mgliche Paraphrase: Ich bin mir sicher, dass er zu Hause ist, und der Grund fr meine Annahme ist die Tatsache, dass ich in diesem Moment sehe, dass das Licht bei ihm brennt.
Auf der Sprechaktebene wird das interne Konnekt in Form einer Aufforderung
bzw. Bitte oder Empfehlung, eines Rates oder Befehls ausgedrckt mit anderen
Worten handelt es sich hier um direktive Illokutionen, die hufig begrndet wer-
den:
(iii-c) Jetzt erzhl! Weil ich nicht so viel Zeit hab.
Mgliche Paraphrase: Ich bitte dich: "Jetzt erzhl!", und der Grund fr meine Bitte ist die Tatsache, dass ich nicht so viel Zeit habe.
Die drei oben vorgestellten Realisierungsebenen der Kausalitt sind grundlegend
fr die Konzeption des gesamten Dissertationsvorhabens, was sich in der Gliede-
rung der Arbeit niederschlgt. Die Unterscheidung von drei Ebenen ist fr folgende
Fragestellungen relevant:
Sind alle zu beschreibenden Relationen auf allen drei Ebenen sprachlich realisierbar?
Welche Konnektoren werden ebenenspezifisch, d.h. nicht auf allen Ebe-nen realisierbar, welche dagegen ebenenneutral, d.h. auf allen Ebenen realisierbar, gebraucht und warum?
Inwiefern ist eine asyndetische Verbindung auf den verschiedenen Ebe-nen mglich?
ZUM KONZEPT DES KAUSALFELDES
Ein weiterer wesentlicher Aspekt bei der Beschreibung der konditional-kausalen
Relationen besteht im Erkennen der "inneren" Struktur der bereits beschriebenen
Ebenen. Da das Konnektorenarsenal auf den drei Realisierungsebenen der Kau-
salitt sich nicht als deckungsgleich erwies, sind vermutlich auch die Ebenen
selbst unterschiedlich in Kernbereich und Peripherie strukturiert, was nur auf-
grund empirischer Untersuchungen der Korpusbelege festgestellt werden kann.
Die Klassifikation der Belege auf jeder Ebene erfolgt nach dem Beschreibungs-
modell der Theorie des Kausalfelds (in Anlehnung an Bondarko, Sommerfeldt):
Die kausalsemantische Bindung nimmt mit zunehmender Entfernung vom Kern
ab. Das Kausalfeld hat einen semantischen Kern und zwei Peripherieschichten,
deren Inhalte in der Arbeit untersucht werden sollen. Die Strukturierung des Fel-
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des in Zentrum und Peripherie ermglicht bestimmte Hierarchisierung der i.w.S.
kausalen Ausdrucksmittel und eine systematische Belegbewertung. Die Struktur
des Kausalfeldes auf der Sachverhaltsebene kann man wie folgt darstellen:
Struktur des funktional-semantischen Feldes der Kausalitt
Den Kern des Feldes bildet eine Relation mit generisch-konditionaler Basis-Bedeutung, die kategorial spezifisch markiert ist:
'Basis-Bedeutung'; 'lexikalischer Marker' 'kategorial spezifisch'
Das zentrale Umfeld bilden formal vollstndige zweistellige nicht kon-nektorhaltige Relationen, zwischen deren Konnekten ein konditionales Ver-hltnis besteht, das lexikalisch nicht realisiert ist:
'Basis-Bedeutung'; < -> 'lexikalischer Marker'
Die erste Peripherieschicht mit modifizierter Basis-Bedeutung bilden Relationen nmlich die konditionale (spezifische Lesart), die kausale, die konzessive, die mit Hilfe spezifischer kategorialer Relationsmarker eine Be-deutung auf konditionaler Basis modifizieren:
'Basis-Bedeutung'; 'lexikalischer Marker' 'modifiziert' 'kategorial spezifisch'
Das Umfeld der Ersten Peripherieschicht wird durch lexikalisch nicht mar-kierte (asyndetische) Relationen der ersten Peripherieschicht gebildet:
'Basis-Bedeutung' 'lexikalischer Marker' 'modifiziert'
Die zweite Peripherieschicht mit zustzlicher nicht-kausaler Bedeutung bilden Re-lationen, deren Bedeutung ambig ist: sie sind einerseits kategorial unspezi-fisch markiert z.B. durch prototypisch temporale Konnektoren wie nachdem, andererseits knnen sie situativ auch i.w.S. kausal interpretiert werden.
'Basis-Bedeutung' 'lexikalischer Marker' 'modifiziert' < -> 'kategorial spezifisch' 'zustzliche nicht-kausale Bedeutung'
ZU MATERIALANALYSE UND BELEGAUSWERTUNG
Methodisch zweckmig ist bei einer korpusbasierten Untersuchung kausaler Re-
lationen die onomasiologische Vorgehensweise.
Die minimale Analyseeinheit einer kausalen Konnexion ist eine zweistellige a-
symmetrische Relation zwischen syntaktisch und illokutiv selbstndigen Konnek-
ten, zwischen denen ein i.w.S. kausaler Zusammenhang besteht.
Die ausgewerteten Korpusbelege sind in einer Datenbank gespeichert und wer-
den an die unten abgebildete Matrix angepasst. Die auf diese Art und Weise an-
gelegte Datenbank verschafft einen je nach erfragten Kategorie geordneten -
berblick ber alle erfassten Belege und ermglicht ihre schnelle quantitative
ka
us
ale
B
in
du
ng
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Auswertung. Die Grundprinzipien wie auch die Terminologie bei der Beschreibung
der Syntax von Konnektoren sind angelehnt an das "Handbuch der deutschen
Konnektoren" (Pasch et al. 2003).
BERBLICK BER ERGEBNISSE DER GELEISTETEN FORSCHUNGSARBEIT
Die Rohfassung des ersten Kapitels der Dissertation zum Thema "Theoretische
und empirische Grundlage der Untersuchung", in dem die Gegenstandsbereiche
der Forschungsarbeit abgegrenzt sowie bisherige Studien im Hinblick auf die Fra-
gestellung der geplanten Untersuchung skizziert worden sind, liegt vor: sie be-
darf allerdings sowohl inhaltlich als auch stilistisch noch einer gewissen berar-
beitung.
Die Arbeit an der Erstellung des Korpus ist abgeschlossen. Nachdem das Korpus
vollstndig digitalisiert wurde, wurden nach festgelegten Kriterien ber 1500 Be-
lege ausgewertet.
Die Analyse der Belege mit konditionaler Semantik ist anhand ihrer funktional-
semantischen und syntaktischen Merkmale (siehe Matrix S. 8) vollstndig durch-
gefhrt. Ansatzweise ist dies auch fr die Relationen des i.e.S. kausalen Bereichs
geschehen.
Reference Type: Beleg Record Number: 28 Gesprchssorte: Gerichtsverhandlungen Signatur: 3002.42.Kindsmord Beispiel: 378 AA: >das 379 CC: bitteschn/ *1,19* kommen sie rein/ * jo/ *7* 380 K TIPPT, AA KOMMT REIN TIPPT, 381 AA: geld ist da< 382 CC: ja- * danke- *8* ich werde ihnen den 383 K GERUSCHE VON DRAUEN TIPPT 384 CC: hchstwahrscheinlich- * ohne da ich ihn zur bank 385 CC: gebe/ * zurckschicken knnen- * denn ich habe in 386 CC: der zwischenzeit hier ein sachgesprch gefhrt da 387 CC: komm ich gleich noch drauf zurck// *2,19* Konnektor: denn Bedeutung der Relation: kausal Ebene: Epistemische Ebene Modus: Indikativ Faktizitt des Sachverhalts: faktisch Generalisierung/Spezifizierung des Sachverhalts: spezifisch syntaktische Position des internen Konnekts: Postposition syntaktische Vollstndigkeit der Konnekte: beide vollstndig syntaktische Integration: gering Tempus im externen Konnekt: Futur I Tempus im internen Konnekt: Perfekt
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Am Beispiel des im Korpus meistgebruchlichen Konnektors wenn (544 Belege)
wurde der Versuch unternommen, seine semantischen Verwendungsweisen an-
hand der "Drei-Ebene-Theorie" zu verifizieren und Gesprchssortenspezifika zu
zeigen. Dabei wurde ein komplexes Verfahren angewendet, das sich zum Ziel
gesetzt hat, auf der Basis der binren Oppositionen vs. , und vs. konditionale, temporale und weder
temporale noch konditionale Lesarten des Konnektors wenn voneinander abzu-
grenzen. Das Ergebnis kann wie folgt zusammengefasst werden: Im Unterschied
zur Sachverhaltsebene, auf der alle drei semantischen Varianten von wenn zuge-
lassen sind, beschrnkt sich die epistemische Gebrauchsweise auf die wenn-
Relationen, die als zu interpretieren sind.
Auf der Sprechaktebene kommt neben der erwhnten Lesart auch die konditiona-
le wenn-Relation im Sinne der nicht-faktischen spezifischen Verwendung vor.
Was die Verteilung der unterschiedlichen Bedeutungen betrifft, so ergibt sich das
folgende Bild: die konditionale wenn-Relation dominiert ber die anderen Bedeu-
tungen in allen Gesprchssorten. Die kausale Verwendungsweise auf der Sach-
verhaltsebene ist bei den Gesprchssorten mit einem relativ hohen Grad der f-
fentlichkeit (GERICHTSVERHANDLUNGEN, BERATUNGSGESPRCHE, TALKSHOWS) beson-
ders ausgeprgt. Diese Verwendungsweise von wenn ist immer auf ein eviden-
tes, vom Hrer vermitteltes Wissen bezogen und stellt sprecherwechselbergrei-
fend Kohrenz her. Wenn auf der Sprechaktebene ist vor allem fr diskursstruk-
turierende Floskeln kennzeichnend und daher ebenfalls in den ffentlichen Ge-
sprchssorten verbreitet. Im Unterschied zu Privatgesprchen, wo die Distanz
zwischen den Gesprchsteilnehmern gering ist, werden eher direkte Sprechakte
statt Hflichkeitsfloskeln verwendet.
DIE GROBGLIEDERUNG DER ARBEIT FOLGT:
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KAUSALE STRUKTUREN IN TEXTEN DER HEUTIGEN DEUTSCHEN UMGANGSSPRACHE
STAND 15.05.05
0. Einleitung
0.1 Fragestellung 0.2 Gegenstand 0.3 Vorgehen 0.4 Terminologisches Kompendium (nach HdK)
I. Theoretische und empirische Grundlagen der Untersuchung
1.1 Theoretische Voraussetzungen der Erforschung heutiger Umgangssprache 1.2 Die Umgangssprache als Untersuchungsobjekt dieser Arbeit 1.3 Gesprchssorte als Grunduntersuchungskategorie 1.4 Ein Beschreibungsmodell fr kausal-konditionale Relationen, verknpft mit der Sweetserschen
"Drei-Ebene-Theorie" 1.5 Kriterien der Belegauswertung
Zusammenfassung
II. Abgrenzung des Forschungsgegenstands: Konditionale und kausale Konnektoren in der gesprochenen Sprache (Korpusauswertung)
2.1 Prototypisch konditionale Konnektoren (wenn, falls, angenommen, dass... ) 2.2 wenn: Probleme der Abgrenzung gegen nicht-konditionale Lesarten (kausal, konzessiv, tem-
poral, adversativ...) 2.3 Prototypisch kausale Konnektoren (weil, denn, da, nmlich) 2.4 Nicht prototypisch kausale Konnektoren (wo, wenn...)
III. Ebenenselektion
3.1 Kriterien fr die Unterscheidung zwischen den Ebenen
3.1.1 Funktional-semantische Unterschiede 3.1.2 Syntaktische Unterschiede 3.1.3 Prosodische Unterschiede 3.1.4 Indikatoren (Hierarchisierung)
3.2 KONDITIONALE Relation
3.2.1 Sachverhaltsebene 3.2.2 Epistemische Ebene 3.2.3 Diskursebene
3.3 KAUSALE Relation
3.3.1 Sachverhaltsebene 3.3.2 Epistemische Ebene 3.3.3 Diskursebene
3.4 Zusammenfassung
IV. Gesprchssortenspezifische Unterschiede
4.1 Sachverhaltsebene 4.2 Epistemische Ebene 4.3 Diskursebene
Zusammenfassung
V. Schlussbemerkungen
Anhang
Auswertung der in die Analyse einbezogenen Transkripte
Tabellarische Darlegung von Ergebnissen einer quantitativen Analyse
Literaturverzeichnis
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LITERATUR
Burkhardt, Doris (1999): Konkluisivitt und Konzessivitt. In: Girke, Wolfgang (Hg.): Aspekte der Kausalitt im Slavischen. Mainzer Studien zum Problem der Kausalitt. Mnchen. (= Specimina philologiae slavicae 122). S. 72-89.
Gohl, Christine (2002): Zwischen Kausalitt und Konditionalitt: begrndete wenn-Konstruktionen. In: Deut-sche Sprache, 3, S. 193-219.
Girke, Wolfgang (1999): Kausalitt und Verstehen. In: Girke, Wolfgang (Hg.): Aspekte der Kausalitt im Slavi-schen. Mainzer Studien zum Problem der Kausalitt. Mnchen. (= Specimina philologiae slavicae 122). S. 161-179.
Gnthner, Susanne (1999): "wobei es hat alles immer zwei Seiten." Zur Verwendung von wobei im gesprochenen Deutsch. In: InLiSt, No. 18, June 2000, URL: http://www.uni-potsdam.de/u/inlist/issues/18/index.htm
Gnthner, Susanne (2003): Zum kausalen und konzessiven Gebrauch des Konnektors wo im gegenwrtigen Deutsch. In: InLiSt, No. 31, 32 S. URL: http://www.ub.uni-konstanz.de/kops/volltexte/2003/1136/
Pasch, Renate/Braue, Ursula/Breindl, Eva/Waner, Ulrich Hermann (2003): Handbuch der deutschen Konnek-toren: Linguistische Grundlagen der Beschreibung und syntaktische Merkmale der deutschen Satz-verknpfer (Konjunktionen, Satzadverbien und Partikeln) (= Schriften des Instituts fr Deutsche Spra-che 9). Berlin/New York.
Sweetser, Eve E. (1990): From Etymology to Pragmatics. Metaphorical and Cultural Aspects of Semantic Struc-ture. Cambridge u.a.
Tenbrink, Thora (2004): The German temporal connectors bevor and nachdem in discourse. University of Bre-men. (URL: www. informatik. uni-bremen.de/~tenbrink/dgfs-tenbrink.pdf)