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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege 69 Teil I, Deutschland

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pfl ege

69

Teil I, Deutschland

Im Jahr 2050 werden in Deutschland nach Prognosen des Statistischen Bundesamtes mehr als 10 Millionen über 80 jährige Menschen leben. Die Gesellschaft muss sich damit auf einen deutlich wachsenden Pfl egebedarf einrichten. So ist heute in der Altersgruppe von 80 bis 85 Jahren fast jeder Fünfte pfl egebedürftig. Bei den über 90 jährigen steigt der Wert auf fast 60 Prozent.

In der Versorgung ist ein Trend hin zur vollstationären Pfl ege in Pfl egeheimen festzustellen. Die heute noch überwiegend im Familienverbund geleistete informelle Pfl ege wird durch sich ändernde Lebensmodelle und die Zunahme von Singlehaushalten eine rückläufi ge Entwicklung nehmen. Selbst wenn die Anzahl der in Gesundheit verbrachten Jahre weiter zunehmen wird, lässt sich doch bereits heute erkennen, dass Handlungsbedarf im Hinblick auf die Gewinnung von professionellen Pfl egekapazitäten besteht.

Der vorliegende Band 69 der GVG Schriftenreihe leistet einen Beitrag zu dieser Diskussion. Neben der Darstellung des künftigen Pfl egebedarfs wer-den die Berufsbedingungen der Pfl egekräfte beleuchtet und Empfehlungen für die Zukunft gegeben. Neben Änderungen im Bereich der Ausbildung von Pfl egekräften und einer Optimierung der Abläufe und Rahmenbedin-gungen im Berufsalltag kommt der Frage des Images der Pfl ege eine beson-dere Bedeutung zu. Gesellschaftliche Wertschätzung und Anerkennung der Pfl egeleistungen sind neben monetären Anreizen und Verbesserungen der Karrierechancen eine wichtige Voraussetzung, um mehr Menschen in den Beruf zu bringen bzw. dort zu halten.

ISBN 978-3-939260-04-2

Sozi

ale

Sich

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g| S

olida

rität | Subsidiarität | Pluralismus

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Fachkräftemangel in der Pflege

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Schriftenreihe der GVG, Bd. 69

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Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und -gestaltung e.V. (GVG) (Hrsg.)

Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege Teil I, Deutschland

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Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung der Herausgeberin unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen sowie die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme.

© 2011 Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und -gestaltung e.V. (GVG), Hansaring 43, 50670 Köln

Koordination: Sylvia Weber, GVGRedaktion: Susanne Hofsäss-Kusche und Jürgen Dolle, GVGSatz: www.dk-copiloten.de, Köln Druck: Druckhaus Süd GmbH, Köln 2. AuflagePrinted in Germany ISBN 978-3-939260-04-2

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Inhalt

1 Einleitung: Pflege in einer alternden Gesellschaft 9

2 Status quo und Entwicklung der Pflegebedürftigen 112.1 Status quo 112.2 Prognose zur Entwicklung der Pflegebedürftigkeit in Deutschland bis 2050 132.2.1 Status-quo-Szenario 132.2.2 Szenario sinkender Pflegequoten 152.2.3 Zusammenfassung 15

3 Status quo und Prognose zur Entwicklung des Pflegepersonals 173.1 Status quo 173.2 Prognose zur Entwicklung des Pflegepersonals in Deutschland bis 2025 203.2.1 Status-quo-Szenario 213.2.2 Szenario sinkender Behandlungsquoten 223.2.3 Zusammenfassung 22

4 Entwicklung und Ausblick zu den Bereichen pflegende Angehörige und Ehrenamt 254.1 Entwicklung 254.1.1 Pflegende Angehörige 254.1.2 Ehrenamt 274.2 Ausblick 28

5 Ursachen für Fachkräftemangel 315.1 Bedarfsentwicklung 315.2 Einstiegshemmnisse 325.3 Vergütung 345.4 Belastungen des Berufs 355.5 Wiedereinstieg und Verbleib im Beruf 385.6 Sozialrecht, Pflegewissenschaft und Pflegepraxis 43

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6 Ausbildung/Umschulung/Weiterbildung 456.1 Ausbildung 456.2 Ausbildungsplatzentwicklung in den Pflegeberufen 466.3 Zuständigkeiten und Ausbildungsfinanzierung im Pflegebereich 506.4 Ausbildungsvergütungen und Refinanzierung 516.5 Reformen der Ausbildung und aktuelle Entwicklungen 536.6 Reformprojekt Gemeinsame Ausbildung der Pflegeberufe 536.7 Akademisierung der grundständigen Ausbildung 556.8 Spezialisierung und Weiterbildung 566.9 Umschulung 57

7 Empfehlungen 59

Anhang 67

Abkürzungsverzeichnis 73

Dank 74

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1 Einleitung: Pflege in einer alternden Gesellschaft

1995 ist das Jahr, in dem die Pflegeversicherung in Deutschland eingeführt wurde. Allein von damals bis heute ist die Lebenserwartung der Männer von 73,31 auf 77,32 Jahre und die der Frauen von 79,73 auf 82,54 Jahre gestiegen. Im Jahre 2050 soll sie sich Prognosen zufolge auf bis zu 85,45 Jahre für Männer und knapp 906 Jahre für Frauen erhöhen. Obwohl immer mehr Lebensjahre in relativer Gesundheit verbracht werden, nimmt doch zugleich der Bedarf an Pflegeleistungen zu. Mehr Einpersonenhaushalte sowie der Anspruch von Frauen und Männern auf Berufs- und Karrierechancen verändern zuneh-mend die bisherigen Pflegestrukturen. Künftig wird es weniger Pflegemög-lichkeiten innerhalb der Familien geben. Veränderte Lebens- und Familien-modelle, die der jungen Generation ein hohes Maß an Flexibilität abverlangen, passen zunehmend nicht mehr mit der lang andauernden Regelmäßigkeit des Pflegealltags zusammen. Auch der Anteil der demenziell Erkrankten mit er-höhtem Betreuungsaufwand wird steigen. Fachleute gehen davon aus, dass sich der Anteil der an Demenz Erkrankten von heute 1,2 Millionen bis 2060 auf 2,5 Millionen erhöhen wird7. Somit zeichnet sich bereits jetzt deutlich ab, dass der Bedarf an professioneller Pflege steigen wird.

Um die pflegebedürftigen Menschen auch künftig gemäß einem modernen Pflegeleitbild zu betreuen, bedarf es gut ausgebildeter und motivierter Pflege-kräfte. Eine aktivierende und zugewandte Pflege, die den Menschen erlaubt, ihre Potenziale auszuschöpfen und soweit wie möglich am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, ist in einer stetig älter werdenden Bevölkerung von beson-derer Bedeutung. Dies zeigt die aktuelle Diskussion um den Pflegebedürftig-keitsbegriff. Die Orientierung an den Ressourcen und Bedürfnissen der zu Pflegenden bildet eine gesellschaftliche Wertentscheidung sowohl in der sta-tionären als auch in der ambulanten Pflege und in der Häuslichkeit. Der zunehmende Bedarf an professioneller Pflege darf keinesfalls zu Lasten der Pflegequalität gelöst werden.

1 gbe-bund.de; Mittlere Lebenserwartung 19952 Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung 425 vom 18.11.20103 gbe-bund.de; Mittlere Lebenserwartung 19954 Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung 425 vom 18.11.20105 Statistisches Bundesamt, 11. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung 2006, S. 426 Statistisches Bundesamt, 11. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung 2006, S. 427 Vgl. BARMER GEK Pflegereport 2010, S. 12.

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

Der vorliegende Band 69 der GVG-Schriftenreihe greift daher dieses brisante Thema auf. Es ist das Ziel, die heutige Situation der in der Pflege Beschäftig-ten zu beleuchten und einen Blick auf die Situation in der Zukunft zu werfen. Dabei steht der Bereich der Altenpflege im Zentrum der Betrachtung. Da, wo es sinnvoll erscheint, wird allerdings der Bogen weiter gespannt und die Situation anderer Pflegebereiche mit einbezogen. Im Wesentlichen ergeben sich drei Kernelemente, die diese Publikation in den Fokus nimmt.

Zunächst stellt sich die Frage nach einer Bestandsaufnahme. Neben einer Erhebung des Status quo sowie den verfügbaren Prognosen für den künftigen Pflegebedarf sollen daraus Einschätzungen der hierfür notwendigen Pflege-kapazitäten getroffen werden. Auch die Frage nach einer weiteren Einbindung des Ehrenamtes, das in jüngster Zeit immer mehr in Anspruch genommen wird, wird beleuchtet.

Im Weiteren werden die Ursachen für den Fachkräftemangel dargestellt und geeignete Lösungsansätze aufgezeigt. Dabei gilt es am Anfang, die Einstiegs-hemmnisse in den Beruf näher zu betrachten. Insbesondere Fragen nach dem Image der Pflege und den Belastungen im Beruf werden thematisiert. Auch die Frage nach der Berufstreue, also dem Verbleib aufgrund der Berufszu-friedenheit, wird erörtert. Hier geht es um Facetten wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die Vergütung und die Chancen der beruflichen Weiter-entwicklung sowie um den Transfer akademischer Erkenntnisse aus der Pflegewissenschaft in den Berufsalltag.

Um den Bedarf der Zukunft decken zu können, kommt der qualifizierten Ausbildung eine Schlüsselfunktion zu. Deshalb wird dieser Frage ein eigener Abschnitt gewidmet. Es werden Grundfragen der inhaltlichen Ausgestaltung sowie der Finanzierung der Ausbildung und Umschulung erörtert. Auch der Stand der Debatte zu den Möglichkeiten, den Beruf attraktiver zu gestalten, wird dargestellt.

Wichtig für die Pflegenden – seien es die professionell oder als Laien Pflegen-den – sind neben der eigentlichen Tätigkeit die Wertschätzung der Gesell-schaft, Gestaltungsmöglichkeiten in der täglichen Arbeit, Sinngebung und soziale Verbindungen.

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2 Status quo und Entwicklung der Pflegebedürftigen

2.1 Status quo

Seit der Erhebung der Pflegestatistik auf Bundesebene ist durchgängig eine Zunahme der Zahl der Pflegebedürftigen zu beobachten. Auch der Anteil der Pflegebedürftigen an der Bevölkerung insgesamt hat leicht zugenommen.8 Einen wichtigen Faktor für den Anstieg stellt die zunehmende Lebenserwar-tung der Bevölkerung dar.

Im Jahr 2009 gab es in Deutschland 2,34 Mio. Pflegebedürftige, die Leistun-gen9 nach dem SGB XI respektive von der privaten Pflegeversicherung (knapp 140 Tsd. Pflegebedürftige10) erhalten haben. In der sozialen Pflege-versicherung wurden knapp 1,62 Mio. Pflegebedürftige zu Hause (69 %), rd. 700 Tsd. im Pflegeheim (31 %) versorgt. Eine ähnliche Verteilung ist in der privaten Pflegeversicherung festzustellen. Von den knapp 140. Tsd. Pflege-bedürftigen in der privaten Pflegeversicherung erhielten knapp 97 Tsd. ambu-lante Leistungen (70 %), knapp 41 Tsd. (30 %) lebten im Pflegeheim.

Pflegebedürftige – zuhause versorgt

PS I

1.050.000

850.000

650.000

450.000

250.000

50.000

PS II PS III

54.974

946.175

30.937

487.149

10.637

143.479

PPV

SPV

8 Der Anteil der Pflegebedürftigen an der Bevölkerung insgesamt hat im Zeitraum 1999 bis 2007 von 2,5 auf 2,7 % zugenommen.

9 Vgl. Stat. Bundesamt, Pflegestatistik 2009 – Deutschlandergebnisse.10 Vgl. Zahlenbericht der PKV 2009/2010.11 Gesundheitsberechterstattung des Bundes; Zahlenbericht der PKV 2009/2010

Abbildung 111: Anzahl der Pflegebedürftigen, die zuhause versorgt werden

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

Die Abbildungen 1 und 2 zeigen die Verteilung der Pflegebedürftigen insge-samt nach Pflegestufen im ambulanten und stationären Bereich.

Über einen langfristigen Zeitraum zeigt sich ein Trend hin zur professionellen Pflege in Pflegeheimen und durch ambulante Pflegedienste, während die Pfle-ge von Angehörigen (reine Pflegegeldempfänger) unterdurchschnittlich zu-nimmt.13 Perspektivisch wird erwartet, dass die Möglichkeiten zur familiären Pflege durch eine abnehmende Zahl der Eheschließungen, höhere Erwerbs-beteiligung der Frauen und berufliche Mobilitäten eingeschränkt werden.14 Diese Lücke wird allerdings z. T. durch die Bereitschaft von Nachbarn oder Bekannten, in die Pflegeverantwortung einzutreten, geschlossen. (Vgl. hierzu Kap. 4.1.1)

Pflegebedürftige – stationär versorgt

PS I

350.000

300.000

250.000

200.000

150.000

100.000

PS II PS III

14.379

273.650

17.423

277.793

9.831

136.919

PPV

SPV

12 ebenda13 Vgl. Statistisches Bundesamt, Demographischer Wandel in Deutschland, Auswirkungen auf

Krankenhausbehandlungen und Pflegebedürftige im Bund und in den Ländern, Heft 2, 2010.14 Vgl. Statistisches Bundesamt, Entwicklung der Privathaushalte bis 2025, Ergebnisse der

Haushaltsvorausberechnungen 2007.

Abbildung 212: Anzahl der Pflegebedürftigen, die stationär versorgt werden

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Status quo und Entwicklung der Pflegebedürftigen

2.2 Prognose zur Entwicklung der Pflegebedürftigkeit in Deutschland bis 2050

Das Statistische Bundesamt hat zwei Szenarien zur Entwicklung der Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland aufgezeigt, das Status-quo-Szenario und das Szenario sinkender Pflegequoten. Zur Abbildung der veränderten Bevöl-kerungsstruktur wurde vom Statistischen Bundesamt die 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung verwendet.15 Hierbei ist zu beachten, dass in den folgenden beiden Szenarien zum Einen von „Pflegequoten“, also dem prozentualen Anteil an Pflegebedürftigen im Verhältnis zur Gesamtbevölke-rung, und parallel von der „Zahl“ der Pflegebedürftigen im Sinne der tatsäch-lichen Anzahl die Rede ist.

2.2.1 Status-quo-Szenario

Betrachtet man die Pflegebedürftigen einer Bevölkerung (Pflegequote) alters-differenziert und zu einem bestimmten Zeitpunkt, zeigt sich, dass die Pflege-bedürftigkeit mit zunehmendem Alter steigt. Dieser momentane Status der Pflegequoten wird auf die veränderte Bevölkerungsstruktur in den Jahren bis 2050 übertragen. Bei diesem Szenario wird folglich davon ausgegangen, dass die erwartete Zunahme der Lebenserwartung in den Altersgruppen keine Auswirkungen auf die Pflegequoten haben wird und somit ein längeres Leben nur dazu führt, dass mehr Jahre in Pflegebedürftigkeit verbracht werden.

Bei der Vorausberechnung wird weder nach Versorgungsarten noch nach Pflegestufen differenziert. Auch bleiben Faktoren wie das Potenzial pflegender Familienangehöriger oder die Neudefinition des Pflegebedürftigkeitsbegriffs unberücksichtigt (siehe Abbildung 3, S. 14).

15 untere Grenze der mittleren Bevölkerungsentwicklung

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

Status-quo-Szenario

Pflegebedürftige in Mio.

2010 2020 2030

5,0

4,5

4,0

3,5

3,0

2,5

2,0

2015 2050

2,42,65

2,9

3,37

4,5

Abbildung 316: Entwicklung der Zahl der Pflegebedürftigen im Zeitraum 2010 – 2050

16 Statistisches Bundesamt, Demographischer Wandel in Deutschland, Auswirkungen auf Krankenhausbehandlungen und Pflegebedürftige im Bund und in den Ländern, Heft 2, 2010.

17 Statistisches Bundesamt, Demographischer Wandel in Deutschland, Auswirkungen auf Krankenhausbehandlungen und Pflegebedürftige im Bund und in den Ländern, Heft 2, 2010.

Szenario sinkende Pflegequoten

Pflegebedürftige in Mio.

2010 2030 2050

4,0

3,5

3,0

2,5

2,0

2020

2,4

2,723,0

3,76

Abbildung 417: Entwicklung der Zahl der Pflegebedürftigen im Zeitraum 2010 – 2050

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Status quo und Entwicklung der Pflegebedürftigen

2.2.2 Szenario sinkender Pflegequoten

Bei der demographischen Entwicklung kann der Anstieg der Lebenserwar-tung Einfluss auf die Pflegebedürftigkeit nehmen, aber auch steigender Wohl-stand, bessere Ernährung sowie veränderte körperliche Belastung. In diesem Szenario wird davon ausgegangen, dass durch die Verbesserung des Gesund-heitszustandes in den jeweiligen Altersgruppen auch das Pflegerisiko in den Altersgruppen abnimmt (sinkende Pflegequote). Es erfolgt daher eine Ver-schiebung des Pflegerisikos in ein höheres Alter entsprechend der steigenden Lebenserwartung (siehe Abbildung 4, S. 14).

2.2.3 Zusammenfassung

Im Status-quo-Szenario wurde ein Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen von 2,40 auf 2,90 Mio. im Jahr 2020 und 3,37 Mio. im Jahr 2030 errechnet. Im Jahr 2050 werden dann 4,5 Mio. Pflegebedürftige prognostiziert. Dies bedeutet eine Steigerung um 87,5 % gegenüber heute.

Der gesamte Anteil der Pflegebedürftigen in der Bevölkerung wird zunehmen. Im Jahr 2020 wird er auf 3,6 % geschätzt, bis zum Jahr 2030 auf 4,4 % und im Jahr 2050 soll er auf 6,5 % ansteigen.

Der Anteil der Pflegebedürftigen an der Gesamtbevölkerung liegt im Szena-rio sinkender Pflegequoten entsprechend mit 3,4 % im Jahr 2020 und 3,9 % im Jahr 2030 etwas niedriger als im Status-quo-Szenario. Im Jahr 2050 wären 5,4 % der Gesamtbevölkerung pflegebedürftig.

Im Szenario sinkender Pflegequoten wird generell ein Dämpfungseffekt vor-hergesagt – allerdings steigt auch hier die Zahl der Pflegebedürftigen bis zum Jahr 2050 um 57 %.

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3 Status quo und Prognose zur Entwicklung des Pflegepersonals

3.1 Status quo

Mit der Zunahme der Zahl der Pflegebedürftigen ist ein Anstieg des Versor-gungsbedarfes durch ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen fest- zustellen. Mit dieser Entwicklung geht auch ein zunehmender Bedarf an Beschäftigten einher.

Im Jahr 2009 waren laut Pflegestatistik des Statistischen Bundesamtes 269.000 Personen bei ambulanten Pflegediensten und insgesamt 621.000 Personen in stationären Pflegeeinrichtungen beschäftigt. Bei einer Umrech-nung dieser Beschäftigungsverhältnisse auf Vollzeitstellen ergaben sich daraus 177.000 Vollzeitäquivalente in der ambulanten Pflege und 453.000 in der stationären Pflege. Die Mehrheit der Beschäftigten (71 %) in der ambulanten Pflege war teilzeitbeschäftigt; in der stationären Pflege betrug der Anteil 59 %. Ausschließlich für den Bereich der Pflegeversicherung (SGB XI) arbeiteten bei ambulanten Pflegediensten 22 % des Personals und in stationären Pflege-einrichtungen 70 %.18

Mit einem Anstieg der ambulanten Pflegedienste um 4,3 % nahm gleichzeitig die Anzahl der versorgten Pflegebedürftigen im Vergleich zu 2007 um 10,1 % zu. Die Zahl der Mitarbeiter(innen) erhöhte sich gegenüber 2007 um 13,9 %. In den Bereichen Teilzeit war ein Anstieg um 13,3 % und in Vollzeit um 15,3 % festzustellen. Auch in der stationären Pflege ist die Anzahl der Einrichtungen um 5,5 % gestiegen. Damit verbunden ist die Zunahme der Beschäftigten um 8,3 %, die zu einem Anstieg der Anzahl der Vollzeitbeschäftigten um 2,2 % und der Teilzeitbeschäftigten um 15,1 % führte.19

Die Gründe für eine Teilzeitbeschäftigung sind sehr unterschiedlich. Einerseits ist die hohe Anzahl an Teilzeitbeschäftigten und geringfügig Beschäftigten auf den hohen Frauenanteil von 84 % (2005) in den Pflegeberufen in Verbin-dung mit der Erziehung von Kindern zurückzuführen. Andererseits bestehen zwischen Ost und West unterschiedliche Gründe für die Ausübung einer

18 Vgl. Statistisches Bundesamt, Pflegestatistik 2009.19 Vgl. Statistisches Bundesamt, Pflegestatistik 2009.

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

Teilzeitbeschäftigung. Persönliche oder familiäre Verpflichtungen werden im Westen von 69 % als Grund für diese Beschäftigung genannt, wohingegen im Osten mit 46,2 % als Grund fehlende Angebote zur Ausübung einer Vollzeit-beschäftigung geäußert wurden.20 Der nachstehenden Abbildung 5 sind wei-tere Gründe für die Ausübung von Teilzeitbeschäftigungen zu entnehmen.

Die folgenden Abbildungen stellen die Aussagen zur Personalsituation in Pflegeeinrichtungen nochmals grafisch dar:

20 Vgl. Statistisches Bundesamt, Wirtschaft und Statistik 11/2010, Seite 995.21 Statistisches Bundesamt, Wirtschaft und Statistik 11/2010, Tabelle 2, Seite 995.22 Eigene Darstellung, vgl. Statistisches Bundesamt, Pflegestatistik 2009

Abbildung 5: Weibliche Teilzeitbeschäftigte 2005 in Pflegeberufen21

Pflegepersonal

Personal in Tsd.

2005 2009

1.000

500

0

2007

214.307

546.397

760.704

ambulant

stationär

insgesamt

236.162

573.545

809.707

268.891

621.392

890.283

Abbildung 622: Pflegepersonal gesamt

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Status quo und Prognose zur Entwicklung des Pflegepersonals

Der Anteil der Teilzeitbeschäftigung in ambulanten wie auch in stationären Pflegeeinrichtungen zeigt die Bedeutung dieser Beschäftigungsart, die jedoch nicht unerheblichen Einfluss auf die Anzahl der zur Verfügung stehenden Pflegevollkräfte ausübt.

23 Eigene Darstellung, vgl. Statistisches Bundesamt, Pflegestatistik 2009

Voll- und Teilzeitbeschäftigte in:

Anzahl Beschäftigte

Vollzeit Teilzeit

400.000

200.000

0

Teilzeit Vollzeit

56.354

62.405

71.964

2005

2007

2009

151.138

167.479

189.827

296.108

327.992

369.331

208.201

202.764

207.126

ambulanten Plegeeinrichtungen stationären Plegeeinrichtungen

Abbildung 723: Beschäftigte in ambulanten und in stationären Pflegeeinrichtungen jeweils nach Voll- oder Teilzeitbeschäftigung

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

3.2 Prognose zur Entwicklung des Pflegepersonals in Deutschland bis 2025

Durch das Statistische Bundesamt und das Bundesinstitut für Berufsbildung wurden Projektionen des Personalbedarfs und Personalangebots in Pflegebe-rufen auf Basis der Beschäftigungsstrukturen im Jahre 2005 für den Zeitraum bis 2025 durchgeführt, die auf zwei Szenarien beruhen. Hierbei handelt es sich um das Status-quo-Szenario und das Szenario sinkender Behandlungs-quoten. Im Status-quo-Szenario wird davon ausgegangen, dass die künftige Zahl der Krankenhausfälle sowie der Pflegebedürftigkeit allein von der Bevöl-kerungsentwicklung abhängig ist. Demgegenüber unterstellt das Szenario sinkender Behandlungsquoten, dass Menschen bei steigender Lebenserwar-tung verglichen mit heute erst in einem späteren Lebensalter krank oder pflege-bedürftig werden. In den Szenarien werden Bedarfs- und Angebotsprojektio-nen von Pflegevollkräften24 mit und ohne Berücksichtigung der beruflichen Flexibilität erstellt. Bei den Bedarfsprojektionen wird über den gesamten Pro-gnosezeitraum eine fixe Pflegepersonal-Patient(inn)en-Relation aus dem Jahr 2005 unterstellt; bei den Angebotsprojektionen wird zwischen Pflegevollkräf-ten ohne berufliche Flexibilität (ausschließlich ausgebildete Pflegekräfte) und Pflegevollkräften mit beruflicher Flexibilität (auch un- und angelernte Pflege-kräfte) unterschieden.25 Diese Berechnungen sind daher vollkommen unab-hängig von den Daten aus der Pflegestatistik 2009 zu betrachten.

Bei den Modellrechnungen wurde der Bedarf an Pflegevollkräften aus der Gesundheitspersonalrechnung und der Vorausberechnung der Zahl der Krankenhausfälle und Pflegebedürftigen von Destatis ermittelt. Die Entwick-lung des Angebots wurde über das BIBB-DEMOS-Modell26 geschätzt, indem die Pflegevollkräfte aus der Projektion der Beschäftigten in den Gesundheits-berufen ohne Approbation abgeleitet wurden. Zu den Pflegeberufen zählen hier Gesundheits- und Krankenpfleger(innen) einschließlich Hebammen und Entbindungspfleger(innen), Gesundheits- und Krankenpflegehelfer(innen) sowie Altenpfleger(innen) einschließlich Altenpflegehelfer(innen). Die Anzahl

24 Die Zahl der Pflegevollkräfte gibt die auf die volle tarifliche Arbeitszeit umgerechnete Zahl der Beschäftigten in Pflegeberufen an. Eine Pflegevollkraft entspricht dabei einer vollzeitbeschäftigten Person in Pflegeberufen.

25 Vgl. Statistisches Bundesamt, Wirtschaft und Statistik 11/2010, Seite 994 – 997.26 Vgl. Statistisches Bundesamt, Wirtschaft und Statistik 11/2010, Seite 992.

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Status quo und Prognose zur Entwicklung des Pflegepersonals

der Beschäftigten im Jahr 2005, die einen der genannten Pflegeberufe aus-übten, betrug demnach 1,3 Millionen; umgerechnet in Pflegevollkräfte ergibt sich eine Anzahl von 968.000. In Krankenhäusern, ambulanten oder (teil-)stationären Pflegeeinrichtungen arbeiteten hiervon 76,3 % (738.584).

3.2.1 Status-quo-Szenario

In diesem Szenario steigt der Bedarf an Pflegevollkräften in Krankenhäusern und ambulanten sowie stationären Pflegeeinrichtungen (Prognoseeinrichtun-gen) ab dem Jahre 2005 bis zum Jahr 2025 insgesamt um 27,3 %. In diesem Zeitraum entwickelt sich die Nachfrage in diesen Einrichtungen nach Be-schäftigten in Pflegeberufen unterschiedlich stark. Durch die steigende An-zahl der Pflegebedürftigen und somit auch der Anzahl der ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen wächst die Nachfrage nach Pflegevollkräften um 48,1 % (465.608). Bei Beschäftigung von ausschließlich ausgebildetem Pflegepersonal wäre bereits im Ausgangsjahr 2005 ein Personalmangel in Höhe von 39.000 Pflegevollkräften vorhanden gewesen. Ein Überangebot an Pflegevollkräften in Höhe von 28.000 läge in 2005 dann vor, wenn die Be-schäftigungsstruktur wie in den neuen Bundesländern aussähe (z. B. höhere Anzahl von Vollzeitbeschäftigung bei Frauen, höhere wöchentliche Arbeits-zeit).27 Der Bedarf an ausgebildeten Pflegekräften könnte bei Anpassung der Beschäftigungsstruktur an den Osten bis zum Jahr 2016 durch das Angebot gedeckt werden. Bis zum Jahr 2025 entstünde jedoch auch unter diesen Be-dingungen ein Mangel an Pflegevollkräften in Höhe von 121.000.28

Werden auch un- und angelernte Pflegekräfte in die Berechnung einbezogen, so ergibt sich bei einer Beschäftigungsstruktur wie im Osten ein Pflegeperso-nalmangel ab dem Jahr 2018. Einem Bedarf an Pflegevollkräften im Jahr 2025 in Höhe von 940.000 stehen rund 828.000 Pflegevollkräfte auf der Angebotsseite gegenüber, so dass ein Defizit in Höhe von 112.000 Pflegevoll-kräften im Jahr 2025 entsteht.

27 Vgl. Statistisches Bundesamt, Wirtschaft und Statistik 11/2010, Seite 998.28 Vgl. Statistisches Bundesamt, Wirtschaft und Statistik 11/2010, Seite 998.

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

3.2.2 Szenario sinkender Behandlungsquoten

Der Bedarf nach Pflegevollkräften bis zum Jahr 2025 steigt in diesem Szenario um insgesamt 19,5 %; der Bedarf in ambulanten und stationären Pflegeein-richtungen wächst um 35,4 %.30 Der Mangel an ausgebildetem Pflegepersonal nimmt bei einer Beschäftigungsstruktur vergleichbar dem früheren Bundes-gebiet – wie im Jahre 2005 angenommen – auf 157.000 Pflegevollkräfte zu. Bis zum Jahr 2019 könnte der Bedarf an ausgebildetem Pflegepersonal durch das Angebot gedeckt werden, wenn alle ausgebildeten Pflegekräfte eine Beschäftigungsstruktur wie im Osten hätten. Ein Mangel an ausgebildeten Pflegekräften in Höhe von 64.000 Pflegevollkräften würde sich jedoch auch unter dieser Bedingung bis zum Jahr 2025 entwickeln.31 Werden un- und angelernte Pflegekräfte zusätzlich berücksichtigt und hätten alle Beschäftig-ten in Pflegeberufen eine Beschäftigungsstruktur wie in Deutschland 2005, so läge ein Pflegepersonalmangel im Jahr 2025 in Höhe von 55.000 Pflege-vollkräften vor. Bei einer Beschäftigungsstruktur wie im Westen würde ein Pflegepersonalmangel bereits im Jahre 2023 eintreten.32

3.2.3 Zusammenfassung

Im Status-quo-Szenario ergibt sich durch die steigende Nachfrage ein Mangel an Pflegevollkräften im Jahre 2025 in Höhe von 112.000. Im Szenario sinken-de Behandlungsquoten fällt das Defizit an Pflegevollkräften aufgrund der günstigeren Annahmen mit 55.000 entsprechend geringer aus.

Ein ausreichendes Angebot an Pflegevollkräften bis zum Jahr 2025 ist nur dann zu erreichen, wenn sich die Zahlen der Krankenhausfälle und der Pflege-bedürftigen nach dem Szenario der sinkenden Behandlungsquoten ent- wickeln und alle Beschäftigten in Pflegeberufen künftig eine Beschäftigungs-struktur wie in den neuen Bundesländern aufweisen. Im Status-quo-Szenario würde auch bei einer Beschäftigungsstruktur wie im Osten im Jahr 2025 ein Pflegepersonalmangel von 34.000 Pflegevollkräften eintreten.33

30 Vgl. Statistisches Bundesamt, Wirtschaft und Statistik 11/2010, Seite 998.31 Vgl. Statistisches Bundesamt, Wirtschaft und Statistik 11/2010, Seite 998.32 Vgl. Statistisches Bundesamt, Wirtschaft und Statistik 11/2010, Seite 998 – 999.33 Vgl. Statistisches Bundesamt, Wirtschaft und Statistik 11/2010, Seite 999.

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Status quo und Prognose zur Entwicklung des Pflegepersonals

Die stetige Zunahme der Beschäftigungsverhältnisse in Teilzeit, die zumin-dest in den alten Bundesländern durch persönliche oder familiäre Verpflich-tungen begründet ist, weist darauf hin, dass zur Abmilderung des Pflegevoll-kräftemangels auch eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf dazu beitragen kann, die Attraktivität des Pflegeberufes zu steigern.

In den beiden nachfolgenden Abbildungen sind die Ausführungen nochmals grafisch dargestellt.

34 Statistisches Bundesamt, Wirtschaft und Statistik 11/2010, Schaubild 8, Seite 998

Abbildung 834: Entwicklung der Bedarfs- und Angebotsentwicklung an Pflegevollkräften in Prognose-einrichtungen ohne berufliche Flexibilität im Zeitraum 2005 – 2025

Bedarfs- und Angebotsentwicklung

Tausend1000

900

800

700

600

0

2005 2010 2015

Bedarf: Pflegevollkräfte nach dem „Status-quo-Szenario“

Bedarf: Pflegevollkräfte nach dem „Szenario sinkender Behandlungsquoten“

Angebot: Pflegevollkräfte1) mit einer Beschäftigungsstruktur wie in Deutschland 2005 in Pflegeberufen

Angebot: Pflegevollkräfte1) mit einer Beschäftigungsstruktur wie in den neuen Ländern und Berlin-Ost 2005 in Pflegeberufen

Angebot: Pflegevollkräfte1) mit einer Beschäftigungsstruktur wie im früheren Bundesgebiet 2005 in Pflegeberufen

1) Personen mit höchstem Berufsabschluss in Pflegeberufen.

2020 2025

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

Bedarfs- und Angebotsentwicklung

Tausend1000

900

800

700

0

2005 2010 2015

Bedarf: Pflegevollkräfte nach dem „Status-quo-Szenario“

Bedarf: Pflegevollkräfte nach dem „Szenario sinkender Behandlungsquoten“

Angebot: Pflegevollkräfte1) mit einer Beschäftigungsstruktur wie in Deutschland 2005 in Pflegeberufen

Angebot: Pflegevollkräfte1) mit einer Beschäftigungsstruktur wie in den neuen Ländern und Berlin-Ost 2005 in Pflegeberufen

Angebot: Pflegevollkräfte1) mit einer Beschäftigungsstruktur wie im früheren Bundesgebiet 2005 in Pflegeberufen1) Personen mit höchstem Berufsabschluss in Pflegeberufen.

2020 2025

Abbildung 935: Entwicklung der Bedarfs- und Angebotsentwicklung an Pflegevollkräften in Prognoseeinrichtungen mit beruflicher Flexibilität im Zeitraum 2005 – 2025

35 Statistisches Bundesamt, Wirtschaft und Statistik 11/2010, Schaubild 9, Seite 998

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4 Entwicklung und Ausblick zu den Bereichen pflegende Angehörige und Ehrenamt

4.1 Entwicklung

4.1.1 Pflegende Angehörige

Von insgesamt 2,34 Millionen Pflegebedürftigen werden mehr als zwei Drittel (69 % bzw. 1,62 Millionen) zu Hause versorgt. 1,07 Millionen Pflegebedürf-tige werden nur durch Angehörige versorgt. Bei weiteren 555.000 Pflegebe-dürftigen erfolgt die Versorgung mithilfe oder allein durch ambulante Pflege-dienste.36 Valide Daten zur Anzahl der pflegenden Angehörigen liegen nicht vor. Hilfsweise sind im Folgenden daher die Zahlen der pflichtversicherten Pflegepersonen in der gesetzlichen Rentenversicherung dargestellt.

Regelmäßige Hilfe und Betreuung erhalten in der Regel 92 % der Pflege-bedürftigen von den nächsten eigenen Angehörigen. Die Mehrheit dieser Personen (60 %) ist bereits 55 Jahre alt oder älter. In der Altersgruppe 55 bis 70 Jahre besteht aufgrund einer starken Familienbindung eine hohe Bereit-

36 Vgl. Statistisches Bundesamt, Pflegestatistik 2009, Seite 4 – 5.37 Eigene Darstellung, vgl. Zahlen und Fakten zur Pflegeversicherung (03/11), BMG

Pflichtversicherte Pflegepersonen

2000

600.000

500.000

400.000

300.000

200.000

100.000

0

2003 20052001 2002 2004 2006 2007 2008

Abbildung 1037: Entwicklung der Zahl der pflichtversicherten Pflegepersonen im Zeitraum 2000 – 2008

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

schaft, die Pflege eigener Angehöriger zu übernehmen. Feststellbar ist auch die Zunahme neuer Konstellationen, insbesondere wenn keine familiären Netze vorhanden sind, so dass Pflege durch Nachbarn, Freunde oder Bekannte erfolgt.38

Abbildung 11: Merkmale von privaten Hauptpflegepersonen39

38 Vgl. MuG III-Studie, 2005, Seite 76 – 77 (Selbständigkeit im Alter) Studie im Auftrag des BMFSFJ.39 MuG III-Studie, 2005, Tabelle 2.7, Seite 77

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Entwicklung und Ausblick zu den Bereichen pflegende Angehörige

4.1.2 Ehrenamt

Im Rahmen des ehrenamtlichen Engagements, z. B. in Form von Besuchs-diensten, werden 11 % der Pflegebedürftigen betreut, was einen nicht uner-heblichen Umfang darstellt. Neuere Studien zeigen, dass in Deutschland die Bereitschaft zum freiwilligen Engagement noch nicht ausgeschöpft ist.40 Nach Feststellungen des Freiwilligensurveys 2009 ist das freiwillige Engage-ment von quantitativer Stabilität geprägt. Die Verbreitung des freiwilligen Engagements in der Bevölkerung (Engagementquote) betrug im Jahre 1999 34 %, 2004 36 % und 2009 ebenfalls 36 %. Betrachtet man die Engagement-quote für einzelne Bereiche, so ist ein Anstieg des freiwilligen Engagements im sozialen Bereich41 von 4,1 % im Jahre 1999 auf 5,4 % im Jahre 2004 zu verzeichnen und ein Rückgang auf 5,2 % im Jahre 2009 festzustellen; im Bereich Gesundheit42 war ein Rückgang von 1,2 % im Jahre 1999 auf 0,9 % im Jahre 2004 zu verzeichnen, dem ein Anstieg auf 2,2 % im Jahr 2009 folgte. Insbesondere das Engagement Älterer für Ältere bzw. das Engagement von Älteren mit Älteren gewinnt zunehmend an Bedeutung. Jede dritte Tätigkeit im Rahmen des Engagements der Personen ab 66 Jahren richtet sich speziell an ältere Menschen; ab 75 Jahren steigt dies auf 38 %.43

40 Vgl. MuG III-Studie, 2005, Seite 232.41 Sozialer Bereich: Aktivitäten in einem Wohlfahrtsverband oder einer anderen Hilfsorganisation, in der

Nachbarschaftshilfe oder einer Selbsthilfegruppe42 Bereich Gesundheit: Aktivitäten als Helfer/in in der Krankenpflege oder bei Besuchsdiensten, in einem

Verband oder einer Selbsthilfegruppe43 Vgl. Hauptbericht des Freiwilligensurveys 2009, Seiten 93 ff. und 240 ff.44 Hauptbericht des Freiwilligensurveys 2009, Seite 241, Tabelle C14.

Abbildung 12: Zusammensetzung der Zielgruppe „Ältere Menschen“ (2009)44

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

4.2 Ausblick

Die Entwicklung der Zahl der Hilfe- und Pflegebedürftigen wird sich voraus-sichtlich auch in der Zukunft fortsetzen. Zu beachten sind vor diesem Hin-tergrund die sich abzeichnenden Verbesserungen in der Alltagskompetenz alter Menschen und deren Einfluss auf den Pflege- und Hilfebedarf. Die heute bestehenden Möglichkeiten, präventiv eine Hilfe- und Pflegebedürf-tigkeit zu vermeiden oder vorhandene Beeinträchtigungen zu kompensieren, sind so intensiv wie möglich zu fördern. Ebenso sind rehabilitative Maßnah-men auszuschöpfen, um den Gesundheitszustand derart zu stabilisieren, dass Hilfe- und Pflegebedürftigkeit nicht eintreten oder sich die Situation nicht verschlechtert.

Die große Bereitschaft der privaten Netzwerke zur Übernahme der Pflege über längere Zeiträume – insbesondere vor dem Hintergrund veränderter familiärer Beziehungen – ist zum Erhalt und zum Ausbau dieses Potenzials aktiv zu unterstützen und zu fördern.45 Auch die Pflegebereitschaft und Pfle-gefähigkeit alter und älter werdender Angehöriger ist durch geeignete Maß-nahmen, wie z. B. Beratung von Pflegepersonen nach § 7a SGB XI, Qualitäts-sicherung in privaten Pflegearrangements und niedrigschwellige Angebote, z. B. zur Betreuung von Menschen mit Demenz nach § 45c SGB XI, zu unter-stützen.46 Als weitere Maßnahmen kommen Pflegekurse nach § 45 SGB XI und die Förderung von Selbsthilfegruppen nach § 45d SGB XI in Betracht. Zudem können im Sinne des Grundsatzes Reha vor Pflege rehabilitative Maßnahmen dazu beitragen, die aktive Teilhabe der Hilfe- und Pflegebedürf-tigen zu erhalten und dadurch die Pflegesituation zu erleichtern. Die Beglei-tung und Einbindung der professionellen Pflege in die Tätigkeit der betreuen-den Angehörigen ist für diesen Weg ebenso wichtig wie die Mobilisierung und Nutzung von ehrenamtlichem Engagement. Ehrenamt kann professio-nelle Pflege nicht ersetzen, jedoch im Bereich der sozialen Betreuung eine wichtige Rolle übernehmen.47

45 Vgl. Möglichkeiten und Grenzen selbständiger Lebensführung in privaten Haushalten (MuG III), 2005, Seite 241 ff.

46 Vgl. Gesundheit und Krankheit im Alter, Gesundheitsberichterstattung des Bundes, 2009, Seite 203 ff.47 Vgl. Möglichkeiten und Grenzen selbständiger Lebensführung in privaten Haushalten (MuG III), 2005,

Seite 241 ff.

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Entwicklung und Ausblick zu den Bereichen pflegende Angehörige

Leider bilden sich bei vielen pflegenden Angehörigen im Laufe ihrer Pflege-karriere Anzeichen von Überlastungen. Um diesen Symptomen vorzubeugen und die Pflegepersonen in ihrer verantwortungsvollen Aufgabe zu unterstützen, stellen neben den medizinischen und pflegerischen Informationen die Sensi-bilisierung der pflegenden Angehörigen in Bezug auf die eigene Prävention und Rehabilitation, die Selbstsorge und den Selbsterhalt einen Schwerpunkt bei den genannten Unterstützungen dar. Bewältigungsstrategien werden in Pflegekursen, individuellen häuslichen Schulungen und in Selbsthilfegruppen effektiv vermittelt.

Die Überlastung der Angehörigen bildet nach wie vor den wichtigsten Grund für eine nicht hinreichende Pflege und Versorgung sowie eine faktische Gren-ze der häuslichen Pflege. So gilt für 64 % der Hauptpflegepersonen, dass sie im Prinzip täglich rund um die Uhr zur Verfügung stehen müssen. 41 % dieser Personen fühlen sich in ihrer Aufgabe sehr stark belastet. Die erhebli-chen Belastungen, die mit der privaten Pflege verbunden sind, gehen damit einher, dass Laienpfleger(innen) nur zu einer Minderheit regelmäßig auf Be-ratungen oder sonstige allgemeine Unterstützungsleistungen zurückgreifen. So konnte festgestellt werden, dass sich lediglich 7 % der Pflegepersonen mit Fachkräften austauschen. In der Regel sind es auch nur 16 %, die einen Pflege-kurs der Pflegeversicherung absolviert haben.

Die Gründe für die geringe Resonanz der angebotenen Leistungen sind sicher-lich vielfältig. Die Sorge der pflegenden Angehörigen, für eine Veranstaltung das Haus und den Pflegebedürftigen/die Pflegebedürftige verlassen zu müssen, steht hier ebenso im Vordergrund wie das ungute Gefühl, für eine individu-elle Schulung jemand Fremden zuhause Eintritt gewähren zu müssen. Ver-mutlich kommen zu diesen Schwellenängsten auch die Befürchtungen hinzu, dass eine Pflegefachkraft eine bisher eingespielte häusliche Situation negativ bewerten und Maßnahmen empfehlen könnte, die zu Unsicherheiten bei den pflegenden Angehörigen sowie den Pflegebedürftigen führen.

Trotz all dieser Unsicherheiten müssen weitere Konzepte im Bereich der Beratung, Qualifizierung und Unterstützung von pflegenden Angehörigen

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

entwickelt werden, damit familiäre Pflegepotenziale erhalten bleiben und stabilisiert werden.48

Zum Abbau der Belastungen der meist älteren Angehörigen kommen z. B. Vorsorgemaßnahmen in Betracht. Im Vorsorgeprogramm eingebaute Weiter-bildungsmodule dienen der Qualitätsverbesserung der Pflege.

48 Vgl. Möglichkeiten und Grenzen selbständiger Lebensführung in privaten Haushalten (MuG III), 2002, Schnellbericht, Seite 22 – 23.

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5 Ursachen für Fachkräftemangel

5.1 Bedarfsentwicklung

Der Bedarf an Fachkräften nimmt ständig zu, die Zahlen für Pflegeplätze und ambulante Dienstleistungen steigen. Zwischen 1999 und 2009 ist die Anzahl der pflegebedürftigen Bewohner(innen) stationärer Einrichtungen um 31 % gewachsen und die Anzahl der pflegebedürftigen Kunden ambulanter Pflege-einrichtungen um 33 %49. Pflegeeinrichtungen unterliegen sowohl gesetzlich als auch vertraglich vorgegebenen Fachkraftquoten. Mit der Heimpersonal-verordnung wurde 1993 eine bundesweit geltende Fachkraftquote für die stationären Pflegeeinrichtungen installiert; es ist zu erwarten, dass die neuen Landesheimgesetze, die nach der Übertragung der Zuständigkeit für die ordnungsrechtlichen Teile des Heimrechts auf die Bundesländer (durch die Föderalismusreform 2006) entstanden sind, die Quote – wie z. B. im nord-rhein-westfälischen Wohn- und Teilhabegesetz bereits geschehen – im Wesent-lichen übernehmen. Für den ambulanten Bereich sehen verschiedene Rah-menverträge (§ 75 SGB XI; § 132 SGB V) Mindestausstattungen mit (Pflege-)Fachkräften und die Bindung der Abrechenbarkeit eines Teils der Leistungen an Fachkraftqualifikationen vor.

Zugleich nimmt aufgrund der demographischen Entwicklung das Arbeits-kräftepotenzial in Deutschland insgesamt nach allen Vorausschätzungen ab. Die Prognosen variieren lediglich in ihrem Ausmaß und in der zeitlichen Dimension. Beides hängt u. a. davon ab, wie sich die Aus- und Zuwanderung entwickeln wird. Wichtig ist ebenfalls der Anteil der arbeitsfähigen Bevölke-rung, der tatsächlich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht. Weltweit befin-den sich alternde Industrienationen in Konkurrenz um pflegerische und medizinische Fachkräfte. Mit abnehmender arbeitsfähiger Bevölkerung geht zwangsläufig die verstärkte Konkurrenz um Fachkräfte einher. Spätestens um das Jahr 2020 ist mit einer spürbaren Verschärfung der Nachfrage um quali-fizierte Arbeitskräfte zu rechnen.

49 Vgl. Statistisches Bundesamt: Pflegestatistik 2009, Deutschlandergebnisse.

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

5.2 Einstiegshemmnisse

Von der Schule zum AusbildungsberufSchüler(innen) entscheiden sich meist aus Interesse oder Neigung für einen möglichen Ausbildungsberuf. Eine Voraussetzung für eine sichere Entschei-dung ist eine sachgerechte und ausreichende Information. Neben dem Inter-net können Jugendliche auch auf die Beratungsstellen der Arbeitsagenturen zurückgreifen, die Informationen zu allen gängigen Berufsbildern bereitstel-len. Aber auch gesellschaftliche Trends, welche Berufe gerade als „in“ betrach-tet werden, spielen bei der Auswahl des Ausbildungsberufs eine große Rolle.

Wie sich nun Interessierte über die Ausbildung in einem Pflegeberuf infor-mieren und welches Image der Pflegeberuf bei Jugendlichen aufweist, unter-suchte das IPP Bremen in einer Studie mit dem Titel „Imagekampagne für die Pflegeberufe auf der Grundlage empirisch gesicherter Daten – Einstellun-gen von Schülerinnen und Schülern zur möglichen Ergreifung eines Pflege-berufs“, die 2010 abgeschlossen wurde.50

Das ifd Allensbach Institut hat im Februar 2011 seine jüngste Umfrage zum Berufsprestige ausgewählter Berufe in Deutschland veröffentlicht. Demnach rangiert der Beruf „Krankenschwester“/„Krankenpfleger“ nach dem Arzt- und Ärztinnenberuf auf Platz 2 bei der Beantwortung der Frage, welche Berufsgruppe die Befragten am meisten schätzen und welche die meiste Ach-tung erfährt.51 Im Vergleich zur Betrachtungsweise von außen durch die Bevölkerung ist die eigene Wahrnehmung beim Pflegepersonal eine andere. Das von den Medien negativ skizzierte Image der Pflegeberufe sorgt dafür, dass Pflegeberufe nicht zu den favorisierten Ausbildungsberufen zählen. Hier spielen vor allem auch die Einflüsse von Eltern, Lehrer(innen) und Berufs-berater(innen) eine große Rolle. Pflegeberufe werden von den Jugendlichen explizit als „out“-Berufe benannt. Nur 1,9 % der Schüler und 10,4 % der Schülerinnen können sich die Wahl eines Pflegeberufs vorstellen.52

50 Vgl. Institut für Public Health und Pflegeforschung, IPP Bremen: „Imagekampagne für Pflegeberufe auf der Grundlage empirisch gesicherter Daten“ – Einstellungen von Schüler/innen zur möglichen Ergreifung eines Pflegeberufes“, Bremen 2010.

51 Vgl. Institut für Demoskopie Allensbach, Berufsprestige-Skala 2011.52 Vgl. Institut für Public Health und Pflegeforschung, IPP Bremen: „Imagekampagne für Pflegeberufe

auf der Grundlage empirisch gesicherter Daten“ – Einstellungen von Schüler/innen zur möglichen Ergreifung eines Pflegeberufes“, Bremen 2010.

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Ursachen für Fachkräftemangel

Die gesellschaftliche Wertschätzung und Anerkennung sind trotz der positi-ven Bewertung des Berufs der Krankenschwester/des Krankenpflegers eher eingeschränkt. Die Rahmenbedingungen der täglichen Arbeit haben sich nicht verbessert und die veröffentlichte Meinung fokussiert vor allem auf Pflegefehler, was einen hohen Erwartungsdruck erzeugt. Dies führt zu einem negativen Image bei Schulabgänger(innen) und ihren Eltern.

Das Pflegepersonal selbst bewertet das Image des Berufs vorwiegend als schlecht und für Schulabgänger(innen) stellt der Beruf der Altenpflegerin oder des Altenpflegers keine attraktive Option dar.53 Als Gründe werden defizit-orientierte Altersbilder, ungünstige und belastende Arbeitsbedingungen wie Pflege nach Zeittakt (Minutenpflege), ungünstige Bezahlung sowie eine oft geringe Qualität der Ausbildung genannt.54

Die Entscheidungsfindung hängt laut Angaben der IPP-Studie in einem hohen Maße von der Beratung durch Eltern, Berufsberater(innen) und Lehrer(innen) ab. So scheinen für 83,4 % der Jugendlichen die Eltern einen großen Einfluss auf die Berufswahlentscheidung zu haben, gefolgt von Berater(innen) der Arbeitsagentur mit 76,2 % und Lehrer(inne)n mit 66,6 %.55

Neben dem Image und der Einflussnahme durch Dritte wurde durch die IPP-Befragung deutlich, dass die Informationsbeschaffung über den Pflege-beruf von den Schulabgänger(innen) als unzureichend eingeschätzt wird. 77 % der Schüler(innen) gaben an, dass für sie nicht genügend Möglichkeiten bestanden, sich ein realistisches Bild über die Pflegeberufe verschaffen zu können. Dass es an ausreichenden Informationen fehlt, bestätigen auch die in der Studie befragten Auszubildenden in der Pflege.56

Mit Imagekampagnen (z. B. „Moderne Altenpflege“, Bund, 2008/2009), dem Aufbau eines Beratungsnetzwerks für potenzielle Ausbildungsträger

53 Vgl. Sechster Altenbericht 2010, S. 363 – 365.54 Vgl. ebenda S. 364.55 Vgl. Institut für Public Health und Pflegeforschung, IPP Bremen: „Imagekampagne für Pflegeberufe

auf der Grundlage empirisch gesicherter Daten“ – Einstellungen von Schüler/innen zur möglichen Ergreifung eines Pflegeberufes“, Bremen 2010, S. 30 ff.

56 Vgl. Institut für Public Health und Pflegeforschung, IPP Bremen: „Imagekampagne für Pflegeberufe auf der Grundlage empirisch gesicherter Daten“ – Einstellungen von Schüler/innen zur möglichen Ergreifung eines Pflegeberufes“, Bremen 2010, S. 62 ff.

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

(„Servicenetzwerk Altenpflegeausbildung“, Bund, 2007 – 2010) und der Ent-wicklung eines bundeseinheitlichen Qualifikationsrahmens für Altenpflege-berufe (FH Bielefeld, DIP, 2008 – 2011) werden ideelle Anreize für Interes-sierte, Berufsfachschulen und Einrichtungsträger platziert. Diese reichen anscheinend nur zum Teil aus.

Wenn die Pflege den Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte bestehen will, müssen sowohl die Ausbildungsbedingungen als auch die Arbeitsbedingun-gen attraktiver sein als in anderen Berufen. Die Ausbildungsbedingungen sind mit anderen Dienstleistungsbereichen durchaus vergleichbar. Es kommt darauf an, diejenigen zu gewinnen, für die soziale Verantwortung und der Umgang mit Menschen wichtige Entscheidungskriterien bei der Berufswahl darstellen und die Freude am Umgang mit alten Menschen haben.

5.3 Vergütung

Im Geltungsbereich des Tarifvertrags öffentlicher Dienst (TVöD) werden Altenpfleger(innen) oder Gesundheits- und Krankenpfleger(innen) in die Entgeltgruppe 7 a TVöD eingruppiert. Berufsanfänger(innen) werden mit 2.050,15 € brutto im Monat nach Stufe 1 vergütet. Nach sechs Jahren im Beruf erreichen sie Stufe 4 und erhalten 2.568,08 € brutto im Monat. Nicht berücksichtigt wurden dabei Zuschläge und die Zulagen sowie die Jahresson-derzahlung. Das entsprechende Stundenentgelt beträgt in Stufe 1 11,79 € (Ost) und 12,25 € (West). In Stufe 4 liegt die Stundenvergütung bei 14,77 € (Ost) bzw. 15,34 € (West). Der Ost-West-Unterschied bei den Stundenent-gelten erklärt sich durch die unterschiedlich vereinbarten Wochenarbeits-zeiten aufgrund einer 38,5-Std.-Woche im Bereich West gegenüber einer 40-Std.-Woche im Bereich Ost. Die Vergütung variiert je nachdem, ob ein Konzern- oder Haustarifvertrag gilt, der sich an den Entgelten des öffentlichen Dienstes orientiert, oder ob es sich um eine einzelvertragliche Entgeltverein-barung in einer Einrichtung ohne Tarifbindung handelt. Der Mindestlohn für Pflegehelfer(innen) wurde 2010 von der Bundesregierung auf 7,50 € (Ost) bzw. 8,50 € (West) festgelegt.

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Ursachen für Fachkräftemangel

5.4 Belastungen des Berufs

Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) hat in verschiedenen Studien und Projekten herausgefunden, welche Arbeitsbedingungen die Beschäftigten in der Pflege am stärken belasten.

Pflege im Krankenhaus

So zeigen die neuen Erkenntnisse aus dem von der Robert-Bosch-Stiftung geförderten Projekt „Älter werden in der Pflege“57, dass z. B. die Belastungen für die Beschäftigten im Krankenhaus je nach Lebensalter unterschiedlich ausfallen. Für jüngere Pflegekräfte ist z. B. die Unvereinbarkeit von Familie und Beruf sehr belastend. Ebenso gehören der Umgang mit Sterben und Tod und Konflikte mit Patient(inn)en und Angehörigen zu den häufigsten Arbeitsbelastungen. Bei älteren Beschäftigten dagegen ist der Bereich der physischen Arbeitsbelastungen hervorzuheben. Nacht- und Schichtarbeit und körperlich belastende Tätigkeiten werden von dieser Zielgruppe am schwersten verkraftet.

Auch das Pflegethermometer 2009 stellt für die Krankenpflegekräfte fest, dass die Krankheitszahlen regelmäßig über dem Durchschnitt anderer Branchen liegen.58

Die Gründe für die Arbeitsbelastungen der Krankenpflegekräfte werden vor allem in der Erhöhung der Anzahl der zu pflegenden Patient(inn)en gesehen. Dies steht in direktem Zusammenhang mit dem Stellenabbau im Pflege- bereich. Überstunden bei 94,4 % der Mitarbeiter(innen) sind die Folge.59

In der Krankenpflege stehen den Belastungen aber auch Ressourcen gegen-über. Neben guten Weiterbildungsmöglichkeiten zur Erhöhung der Fach-kompetenz werden von den Pflegekräften auch die Vielfalt der Aufgaben und die soziale Unterstützung als entlastende Aspekte genannt.60

57 Älter werden in der Pflege, Kooperationsprojekt Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) und der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, 2009 – 2010

58 Vgl. Dip: Pflegethermometer 2009.59 Vgl. Dip: Pflegethermometer 2009.60 Vgl. DAK-BGW Gesundheitsreport 2005, stationäre Krankenpflege.

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

Ambulante Alten- und Krankenpflege

Als Trend in der ambulanten Pflege wird auch hier eine hohe körperliche und psychische Belastung erkennbar.

In einer von der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohl-fahrtspflege (BGW) durchgeführten Befragung zeigt sich, dass die häufigsten psychischen Belastungen im ambulanten Bereich Zeitdruck, fehlende Pausen und Leistungsdruck sind.61 Als stärkste Veränderungen wurden die Zunahme des Arbeitstempos und der Anteil der Dokumentations- und Verwaltungs-aufgaben genannt. Aus anderen Studien ergibt sich übereinstimmend, dass

„Heben, Tragen und Lagern“ von Patient(inn)en und „das Verrichten von Arbeiten in ungünstiger Körperhaltung“ Schwerpunkte der physischen Belas-tung bilden.

Vergleicht man die Arbeitsbedingungen der ambulanten mit der stationären Pflege, zeigt sich, dass die Mitarbeiter(innen) in der häuslichen Pflege ihre Arbeitssituation in Bezug auf die Belastungssituation wie auch im Hinblick auf die Ressourcen positiver bewerten.62

Interessant ist die Tatsache, dass ambulante Dienste, die ihren Beschäftigten viele Partizipationsmöglichkeiten anbieten, auch in zentralen Belastungs- und Qualitätsmerkmalen der Tätigkeiten bessere Werte aufweisen. Flache Hierarchien scheinen z. B. trotz der eingetretenen Professionalisierung der Pflegedienstorganisation gute Voraussetzungen für ein mitarbeiterorientiertes Management zu schaffen.63

Stationäre Altenpflege

Vor allem im hohen Alter und bei demenziell Erkrankten steigt die Zahl der in Pflegeheimen lebenden Bewohner(innen).64 Während die Nachfrage nach Angeboten wächst, sehen sich Pflegeeinrichtungen zugleich höheren

61 Vgl. DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – ambulante Pflege.62 Vgl. DAK-BGW Gesundheitsreport 2006 – ambulante Pflege.63 Vgl. ebd.64 Vgl. Pflegestatistik des Statistischen Bundesamtes 2009.

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Ursachen für Fachkräftemangel

Anforderungen an Wirtschaftlichkeit, Effizienz und Qualität gegenüber. Die BGW registrierte in den letzten Jahren einen Anstieg von psychosomatischen Beschwerden bei den Beschäftigten in der stationären Altenpflege. Hinzu kommen auch hier die körperlichen Belastungen, die oftmals zu Haut- und Rückenerkrankungen führen.

Von Beschäftigten in der stationären Pflege werden in Studien stets dieselben Arbeitsbelastungen und ihre Folgen genannt. So hat auch die neue 3Q-Studie65 der bergischen Universität Wuppertal ergeben, dass die Hauptbelastungen in folgenden Bereichen liegen:

n Arbeit und Familie,n Arbeitstempo,n Angst vor Fehlern.

Auch Untersuchungen der BGW bestätigen, dass ständiger Zeitdruck, sich wiederholende Arbeitsunterbrechungen und zu viel Arbeit die häufigsten Auslöser für psychische Belastungen bilden.66 Einer AOK-Studie zufolge liegt die von Altenpfleger(innen) subjektiv eingeschätzte psychische Gesundheit 12 % unter dem Durchschnitt der berufstätigen Bevölkerung.67

Mit Blick auf die Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals in Deutschland geht es also sowohl um Fragen des Gesundheitsschutzes als auch um organi-satorische, gesetzliche und vertragliche Rahmenbedingungen und Fragen der Arbeitszufriedenheit.

Gesundheitsschutz in der PflegeNur 25 % der Altenpfleger(innen)68 sagen, sie können sich vorstellen, ihre Tätigkeit unter den jetzigen Anforderungen bis zum Rentenalter auszuüben (siehe Abbildung 13, S. 38).

65 Vgl. Arbeitsbelastungen in der stationären Altenpflege 2007 – 2010, www.3Q-uni-wuppertal.de66 Vgl. BGW-DAK Gesundheitsreport Altenpflege 2003.67 Vgl. BGW Aufbruch Pflege, Moderne Prävention für Altenpflegekräfte, 2006.68 Vgl. DGB-Index Gute Arbeit 2007/2008, Arbeitsqualität aus der Sicht von Altenpfleger/innen

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

Neben den genannten Untersuchungen zur Situation in der Kranken- und Altenpflege beinhalten die Fehlzeitenreporte der Krankenkassen weitere In-formationen über krank machende Faktoren und deren Umfang. So belegt z. B. der BARMER Gesundheitsreport von 2009, dass Krankenpflegepersonal beim Krankenstand in der Spitzengruppe aller Berufe liegt. Psychische und Verhaltensstörungen standen sowohl bei den Fehltagen als auch bei der Er-krankungsdauer auf Platz 2.70 Kurssysteme im Rahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung wirken diesen Entwicklungen entgegen.

5.5 Wiedereinstieg und Verbleib im Beruf

Bedeutsam ist die Frage, inwieweit die derzeit nicht in der Pflege tätigen Fachkräfte motiviert werden können, um später wieder in der Pflege zu arbei-ten. Bei den bekannten Statistiken über die heute in der Pflege Arbeitenden sind die „Aussteiger(innen)“ im Wesentlichen berücksichtigt. Jedoch ist dies unter der Einschränkung zu sehen, dass ein Ausstieg auch partiell erfolgen kann. Es kann zu einer Reduzierung der Arbeitszeit von einer sozialversiche-

Selbsteinschätzung

Bitte denken Sie an Ihre Arbeit und Ihren Gesundheitszustand: Meinen Sie, dass Sie unter den derzeitigen Anforderungen Ihre jetzige Tätigkeit bis zum Rentenalter ausüben können?

Ja, wahrscheinlich

Nein, wahrscheinlich nicht

Weiß nicht

51%

25%

25%

Abbildung 13: Selbsteinschätzung der zukünftigen Arbeitsfähigkeit von Altenpfleger(inne)n69

69 DGB-Index Gute Arbeit 2007/2008, Arbeitsqualität aus der Sicht von Altenpfleger/innen, S. 1670 Vgl. BARMER Ersatzkasse (2009): BARMER Gesundheitsreport 2009, S. 36 f und S. 75 ff.

Differenz rundungsbedingt

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Ursachen für Fachkräftemangel

rungspflichtigen Beschäftigung zu einer geringfügigen Beschäftigung kom-men. Mit dieser Thematik haben sich beispielhaft zwei Studien befasst, die zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen:

Die europäische NEXT-Studie (2005)71 Ziel der Studie war es, die Gründe und die begleitenden Umstände für den vorzeitigen Ausstieg aus dem Pflegeberuf zu ermitteln und dabei die Konse-quenzen dieses Schrittes für die Pflegeinrichtung und die betroffenen Personen zu erfassen.

Die Autoren der NEXT-Studie gehen von einer Verschärfung der Situation eines Fachkraftmangels in den nächsten 20 – 30 Jahren aus, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Dieses Szenario ist gekennzeichnet durch drei Aspekte:

n Abnahme des Anteils jüngerer Arbeitnehmer(innen),n Zunahme des Anteils älterer Arbeitnehmer(innen),n Zunahme der Menschen über 64 Jahre an der Gesamtbevölkerung.

Die wichtigsten Ergebnisse der NEXT-Studie

n Pflegekräfte gehören in vielen EU-Ländern überwiegend jüngeren Alters-gruppen an, während Pflegekräfte mittleren bis höheren Alters ihren Beruf früher verlassen als in anderen Berufsgruppen.

n Mit Ausnahme Spaniens ist von einem steigenden Mangel an Pflegepersonal in der EU auszugehen. Wenngleich ausreichend Ausbildungsplatzkapazi-täten zur Sicherstellung der pflegerischen Versorgung der Bevölkerung vorhanden sind, ist es dabei entscheidend, dem ausstiegswilligen Pflegeper-sonal eine längere Tätigkeit im Pflegeberuf zu ermöglichen.

n 18,4 % der befragten Pflegekräfte in Deutschland dachten öfter als einmal im Monat daran, den Pflegeberuf zu verlassen. Dazu bekannten sich hoch-qualifizierte, junge Pflegende genauso wie erfahrene Fachkräfte, die hohen physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt waren.

71Europäische NEXT Studie, Bergische Universität, Wuppertal, 2005

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

n Als Gründe wurden unter anderem Schwierigkeiten mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die fehlenden persönlichen Entwicklungsmög-lichkeiten genannt.

Die Forschungsstudie zur Verweildauer aus Rheinland-Pfalz (ViPb) (2009):72 Ziel dieser Studie war es, die Verweildauer von Pflegekräften mit unterschied-lichen Qualifikationen und deren Verbleib im Beruf zu untersuchen.

Zentrale Ergebnisse der Studie sind:

n Die Verweildauer nach (Erst-)Ausbildung im Alter zwischen 20 – 24 Jahren unterscheidet sich nach Qualifikation und Berufsfeld: Krankenpfleger-(innen) haben eine längere Verweildauer im Beruf als Krankenpflege-helfer(innen) sowie Alten- und Sozialpflegekräfte.

n Die Verweildauer bei Berufseintritt im Alter von 35 – 44 Jahren liegt bun-desweit nach zehn Jahren noch bei über 80 %, Krankenpflegehelfer/innen sind nach zehn Jahren noch zu rund 70 % in ihrem Beruf tätig. Dazwischen liegen die Alten- und Sozialpflegekräfte.

Auf der Basis der Forschungsergebnisse lassen sich unterschiedliche Schluss-folgerungen feststellen. In der ViPb-Studie zeigt sich ein hohes Potenzial an Berufseinsteiger(inne)n im Alter von 35 – 44 Jahren, die eine lange Verweil-dauer im Beruf aufweisen. Deshalb spielt die Förderung dieser Personengruppe z. B. durch Umschulungsmaßnahmen über die Bundesagentur für Arbeit eine wichtige Rolle.

Es sind im zweiten Schritt die konkreten Arbeitsbedingungen, die über Er-folg oder Misserfolg beim Wettbewerb um Arbeitskräfte entscheiden. Welche Arbeitsbedingungen wirken sich negativ auf die Arbeits- und Beschäftigungs-fähigkeit des Pflegepersonals in Deutschland aus?

Die Professionalisierung der Pflege schreitet voran und auch die damit ver-bundenen Arbeitsanforderungen und Belastungen nehmen zu. So stehen z. B.

72 Forschungsstudie zur Verweildauer in Pflegeberufen in Rheinland-Pfalz im Auftrag des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen, Mainz 2009

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Ursachen für Fachkräftemangel

dem Anspruch auf Umsetzung pflegewissenschaftlicher Erkenntnisse die Be-dingungen in der Arbeitswirklichkeit ebenso gegenüber wie Schichtarbeit und der Wunsch nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Da die Pflege heute überwiegend von Frauen erbracht wird, ist das Potenzial der zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte auch abhängig von den (unbe-wussten und bewussten) Vorstellungen über das geschlechtsspezifische Rollen-verhalten in Familie und Beruf. Pflegende bilden eine motivierte Berufs- gruppe, von denen auch viele längerfristig in ihrem Beruf bleiben wollen. Die berufliche Perspektive und der berufliche Alltag werden allerdings von den Pflegenden eher negativ wahrgenommen. Vor dem Hintergrund der sich ver-ändernden Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen mit einer Zunahme des ökonomischen Drucks auf die Einrichtungen spielen Führung, Manage-ment sowie Personalplanung und -entwicklung eine immer wichtigere Rolle. Arbeitszufriedenheit im Berufsfeld der Pflege, das aktuell geprägt ist von stei-genden Fallzahlen, kürzeren Behandlungszeiten/Verweildauern und (im Be-reich der Altenpflege) der Zunahme von Schwerstpflegebedürftigen lässt sich neben der Veränderung der Rahmenbedingungen durch ein entsprechend professionelles Management erreichen und sichern.

Es ist eine zentrale Herausforderung aller an der stationären und ambulanten Kranken- und Altenpflege Beteiligten, Strategien zu entwickeln, mit denen die Qualitätsanforderungen erfüllt und gleichzeitig die Kompetenzen und die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten berücksichtigt werden. Sicher ist aber, dass gesunde, motivierte und leistungsfähige Fachkräfte einen wichtigen Er-folgsfaktor für ein demografiefestes Unternehmen darstellen. Damit das Pfle-gepersonal lange im Beruf arbeiten kann, sind die Arbeitsbedingungen und vertraglichen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass dies auch möglich ist.

Neben den „objektiven“ Arbeitsbedingungen“ spielt der „subjektive“ Faktor der Arbeitszufriedenheit eine wichtige Rolle für die Zufriedenheit mit dem Beruf. Ein wichtiger Aspekt für die Arbeitszufriedenheit wiederum liegt in der Qualität der interprofessionellen Kooperation.

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

Pflegekräfte arbeiten täglich mit einer Vielzahl unterschiedlicher Berufsgrup-pen zusammen (z. B. mit Sozialarbeiter(inne)n, (Haus)Ärzt(inn)en, haus-wirtschaftlichen Mitarbeiter(inne)n, Physiotherapeut(inne)n, Ergothera-peut(inn)en, Diätassistent(inn)en, Medizinisch-technischen Assistent(inn)en oder Medizinischen Fachangestellt(inn)en). Die Vielfalt der Professionen ist in einem arbeitsteilig organisierten Gesundheitswesen unverzichtbar, bedeutet jedoch auch einen hohen Abstimmungs-, Kooperations- und Koordinierungs- sowie Vernetzungsbedarf zwischen den Leistungserbringern unterschiedlicher Sektoren.73

Insbesondere Rationalisierungstendenzen im Zusammenhang mit Ressourcen-problemen führen zunehmend zu einem Optimierungsdruck in den Prozess-abläufen. Dies hat zur Folge, dass Berufsgruppen von bestimmten Zuständig-keiten und (Routine-)Tätigkeiten und Prozeduren entlastet werden oder neue Aufgaben übernehmen. Es entstehen veränderte Aufgabenverteilungen, andere Schnittstellen oder neue Berufsbilder/Profile für spezialisierte Tätig-keiten. Die derzeitige Umbruchsituation im stationären wie ambulanten Be-reich ist für viele Pflegekräfte durch ein hohes Maß an Unklarheit in den Zuständigkeiten oder Verantwortlichkeiten gekennzeichnet, was vor allem bei der Übernahme ärztlicher Aufgaben mit Unsicherheiten bezüglich der haftungsrechtlichen Konsequenzen verbunden ist. Hier wird vielfach der Wunsch nach klareren rechtlichen Regelungen geäußert.

Sofern jedoch die bestehenden Möglichkeiten der Zusammenarbeit genutzt werden, führt dies zu einer besseren Versorgung der Pflegebedürftigen und einer hohen Arbeitszufriedenheit aller Beteiligten. Untersuchungen legen nahe, dass sich Möglichkeiten der Mitgestaltung und der Beteiligung am Arbeitsplatz positiv auf die empfundene Belastung und die Qualität der Tätigkeit auswirken. Zentral sind dabei sowohl verbindliche Regelungen von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten (z. B. in Form von klinischen Pfaden oder Leitlinien) und von Kommunikation (z. B. in Form von Fallbesprechun-gen) als auch Gestaltungsmöglichkeiten in der täglichen Arbeit.

73 Vgl. Konferenz der Fachberufe im Gesundheitswesen bei der Bundesärztekammer, Prozessverbesserung in der Patientenversorgung durch Kooperation und Koordination zwischen den Gesundheitsberufen, Berlin 2011.

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Ursachen für Fachkräftemangel

5.6 Sozialrecht, Pflegewissenschaft und Pflegepraxis

Die Praxis von beruflich Pflegenden wird beeinflusst durch teilweise wider-sprüchliche pflegewissenschaftliche und sozialrechtliche Begriffe. Ein Bei-spiel dafür ist der verrichtungsbezogene Pflegebedürftigkeitsbegriff des SGB XI, der als leistungsrechtlicher Begriff weniger umfassend ist als die pflegewis-senschaftliche Definition. Der verrichtungsbezogene Begriff von Pflege- bedürftigkeit nach dem SGB XI hat normsetzend auf die Praxis der Pflege gewirkt und auch das Berufsbild der Altenpflege entscheidend mitgeprägt. Er hat die Tendenz zur somatischen Orientierung der Pflege verstärkt und in der Pflegepraxis sowie der öffentlichen Wahrnehmung dazu geführt, dass z. B. Aspekte der Beziehungsaufnahme und psychiatrischer Pflege nicht auf An-hieb mit dem Begriff „Pflege“ in Zusammenhang gebracht werden. Diese somatische Orientierung wirkt sich auch auf die Pflege von Menschen mit Demenz aus, die neben dem körperlichen Hilfebedarf einen erheblichen Pflege- und Unterstützungsbedarf wegen kognitiver Störungen und herausfordern-dem Verhalten aufweisen. Zielgerichtete Interventionen bei nächtlicher Unruhe, Weglauftendenz oder anderen Formen nicht situationsgerechten Verhaltens sind wichtige Bereiche, die im Rahmen des Pflegeprozesses bear-beitet werden müssen. Sie werden aber bei einer überwiegend auf körperliche Defizite ausgerichteten Pflege nicht angemessen berücksichtigt.74 Hier könnte die Umsetzung eines umfassenden Pflegebedürftigkeitsbegriffs – neben der Verbesserung der Leistungen für Menschen mit Demenz und anderen psychi-schen Störungen – auch wesentliche Impulse für eine qualitativ hochwertige Betreuung dieser Klientel in der Langzeitpflege mit sich bringen.

In der pflegerischen Praxis hat die Differenzierung der Pflege in Grundpflege und Behandlungspflege dazu geführt, dass die Handlungskompetenzen im Bereich der Grundpflege als besonders einfach wahrgenommen werden. Daraus folgte im Laufe der Jahre eine Abwertung des Begriffs „Grundpflege“, für deren Durchführung scheinbar keine differenzierten diagnostischen und

74 Vgl. z. B. Prof. Dr. Sabine Bartholomeyczik: Zum Begriff der Pflegebedürftigkeit Fachkonferenz Pflege- bedürftigkeitsbegriff des Deutschen Vereins für Öffentliche und private Fürsorge am 08.11.2007: „(...) Es ist gefährlich, einen Pflegebedürftigkeitsbegriff im Sozialgesetzbuch zu verankern, der sich von einem theoretisch-fachlichen Begriff unterscheidet, weil die Gesetzgebung wirklichkeitsschaffend ist, d. h. [sic!] dieser Begriff wird in der (Fach-)Öffentlichkeit als fachliche Definition angesehen. Viele Akteure in der Pflegepraxis tendieren dazu, sich darauf zurückzuziehen.“

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

prognostischen Kompetenzen benötigt werden. Somit entwickelte sich die Grundpflege zu einer Domäne von Angelernten und Hilfskräften, während ausgebildete Pflegefachkräfte die medizinischen Aufgaben im Rahmen der Behandlungspflege übernahmen. Dennoch hat die Aufspaltung der Pflege in Grund- und Behandlungspflege nicht zu mehr Klarheit im Pflegealltag geführt. So ist in Deutschland nicht einheitlich geregelt, welche pflegerischen Tätigkeiten Pflegefachkräften vorbehalten sind und in welchen Bereichen Hilfskräfte oder angelernte Mitarbeiter(innen) tätig werden dürfen. Hierzu bedarf es zukünftiger gesetzlicher Regelungen auf der Bundesebene.

Die Begriffe „Grund- und Behandlungspflege“ stellen aus pflegewissenschaftli-cher Perspektive keine angemessene Differenzierung pflegerischen Handelns dar. Sie sind aber dennoch in Deutschland fest verankert und beeinflussen durch ihre Festlegung im Sozialgesetzbuch die pflegerische Praxis sehr stark.

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6 Ausbildung/Umschulung/Weiterbildung

6.1 Ausbildung

Vor dem Hintergrund rückläufiger Schulabgangszahlen erhalten Ausbildungs-platzentwicklung und Attraktivität von Ausbildungsberufen eine besondere Bedeutung.

Die Schulabgänger(innen)zahlen sinken insbesondere in den neuen Bundes-ländern. Von 105.000 im Sommer 2001 ist dort bis 2010 die Anzahl der Schulabgänger(innen) mit dem für die Altenpflegefachkraftausbildung in der Regel vorausgesetzten mittleren Schulabschluss auf 44.000 zurückgegangen, dies ist ein Rückgang um 57 %.76 Die von den Jugendlichen bei ihren Berufs-wahlentscheidungen traditionell wenig favorisierten Ausbildungsgänge, denen die Altenpflegefachkraftausbildung zuzurechnen ist, leiden darunter besonders.

Schulabgänger(innen) 2004 – 2015

980.000

960.000

940.000

920.000

900.000

880.000

860.000

840.000

820.000

800.000

780.000

2004 2008 20122005 2006 2007 2009 2010 2011 2013 2014 2015

Abbildung 1475: Entwicklung der Zahl der Schulabgänger(innen) im Zeitraum 2004 – 2015

75 Berufsbildungsbericht 2005, KM K200276 Vgl. Statistische Veröffentlichung der Kultusministerkonferenz, Dokumentation Nr. 190, Jan. 2011,

Seite 337.

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

Gleichzeitig gehen die Ausbildungsplatzzahlen für Altenpflegefachkräfte zurück, bundesweit allein zwischen 2003 und 2006 um 26,1 %77. Ambulante Pflegeeinrichtungen bilden bisher kaum aus: Ihre Auszubildendenquote (An-teil der Auszubildenden an den Beschäftigten) liegt bundesweit bei 1,5 %78.Die Konsequenz: Es macht sich ein zunehmender Altenpflegefachkräftemangel bemerkbar.

6.2 Ausbildungsplatzentwicklung in den Pflegeberufen

Im Ausbildungsjahr 2009/2010 gab es bundesweit 46.174 Schüler(innen) in der Altenpflege. Die Ausbildungsquote stellt sich in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich dar. Bis zum Inkrafttreten des bundeseinheitlichen Aus-bildungsrechts in der Altenpflege im Jahr 2003 waren die Ausbildungszahlen kontinuierlich angestiegen, in der Zeit von 2003 bis 2008 jedoch um mehr als 10 % gesunken. Erst mit der bis zum 31.12.2010 befristeten Wiedereinfüh-rung der Umschulungsförderung des dritten Ausbildungsjahrs durch die Ar-beitsagenturen konnte für 2009 wieder ein deutlicher Anstieg vermerkt werden.

77 Vgl. Becker, Wolfgang: Die Bedeutung von Service-, Assistenz- und Präsenzberufen im Care Sektor, Vortrag, 22.10.2007, Robert-Bosch-Stiftung.

78 Vgl. Zweiter Zwischenbericht des Servicenetzwerks Altenpflegeausbildung für den Projektzeitraum 01.03. – 31.12.2008.

79 Stat. Bundesamt 2010, Berufsbildungsberichte 2001 – 2007

Auszubildende in der Altenpflege

1999

47.000

45.000

43.000

41.000

39.000

37.000

35.000

2002 20042000 2001 2003 2005 2006 2007 2008 2009

37.317

37.649

39.293

42.216

45.63845.001

42.503

42.407

41.104 41.553

46.174

Abbildung 1579: Entwicklung der Zahl der Auszubildenden in der Altenpflege im Zeitraum 1999 – 2009

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Ausbildung/Umschulung/Weiterbildung

In der Mehrzahl der Bundesländer gibt es inzwischen landesrechtliche Aus-bildungsregelungen zur Altenpflegehelferin und zum -helfer, wobei vier Bun-desländer den weit überwiegenden Teil der Ausbildungsplätze anbieten.

Die Ausbildung in der Krankenpflegehilfe, die mit dem Krankenpflegegesetz von 2003 als bundeseinheitliche Ausbildung abgeschafft wurde, ist zwischen-zeitlich in einigen Bundesländern wieder eingeführt worden. Sie bewegt sich aber bundesweit hinsichtlich der Ausbildungszahlen seit Jahren mit ca. 2.500 Ausbildungsplätzen auf niedrigem Niveau (siehe Abbildung 17, S. 48).

Auszubildende in der Altenpflegehilfe

7.000

6.000

5.000

4.000

3.000

2.000

1.000

0

2001 2003 20052002 2004 2006 2007 2008 2009

242642

2.380

4.0324.722

6.2516.628

6.169

6.436

Abbildung 1680: Entwicklung der Zahl der Auszubildenden in der Altenpflegehilfe im Zeitraum 2001 – 2009

77 Dielmann, Gerd: eigene Darstellung auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamtes

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

Auszubildende in der Krankenpflegehilfe

1998

3.000

2.500

2.000

1.500

1.000

500

0

2001 20031999 2000 2002 2004 2005 2006 2007 2008 2009

Abbildung 1781: Entwicklung der Zahl der Auszubildenden in der Krankenpflegehilfe im Zeitraum 1998 – 2009

Auszubildende in der allgemeinen Krankenpflege

68.000

66.000

64.000

62.000

60.000

58.000

56.000

54.000

52.000

50.000

48.000

1998 2001 20031999 2000 2002 2004 2005 2006 2007 2008 2009

65.707

62.950

61.136

59.53358.879

58.42657.257

56.406

55.014

55.609

55.588

57.134

Abbildung 1882: Entwicklung der Zahl der Auszubildenden in der allgemeinen Krankenpflege im Zeitraum 1999 – 2009

81 Dielmann, Gerd: eigene Darstellung auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamtes82 Dielmann, Gerd: eigene Darstellung auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamtes

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Ausbildung/Umschulung/Weiterbildung

Für die Berufe nach dem Krankenpflegegesetz gelten ähnliche Entwicklungs-tendenzen. Die Zahl der Ausbildungsplätze in der allgemeinen Kranken-pflege (Gesundheits- und Krankenpfleger(innen)) wurde in der Zeit von 1998 bis 2008 um rund 10.000 reduziert. Erst mit der Einführung der Aus-bildungsfonds 2006 (nähere Ausführung unter Punkt 6.3) stieg die Zahl seit 2009 wieder erkennbar an (siehe Abbildung 18, S. 48).

Für den Beruf der Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger(innen) ist der An-stieg in jüngerer Zeit ausgeblieben, was z. B. mit rückläufigen Bettenzahlen und Liegezeiten in den pädiatrischen Abteilungen zusammenhängen könnte.83

Seit Mitte der 90er Jahre haben die Bundesländer bereits eine Vielzahl von Ergänzungsberufen auf Helfer(innen)- bzw. Assistent(inn)enniveau (Sozial-helfer(innen), Sozialpflegeassistent(inn)en u. a. m.) geschaffen; diese Ausbil-dungsgänge fungieren vor allem als Warteschleifen für ausbildungsplatz- suchende Schulabgänger(innen).

Auszubildende in der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege

8.500

8.000

7.500

7.000

6.500

6.000

5.500

5.000

1998 2001 20031999 2000 2002 2004 2005 2006 2007 2008 2009

7.944

7.554

7.177 7.1806.906

6.879

7.162

6.7136.467

6.150

6.041

6.003

Abbildung 1984: Entwicklung der Zahl der Auszubildenden in der Gesundheits- und Kinderkranken-pflege im Zeitraum 1998 – 2009

83 Vgl. Dielmann, Gerd: Trendwende auf dem Ausbildungsmarkt? In: Infodienst Krankenhäuser Heft Nr. 51, Dezember 2010, S. 31 – 33, Hannover

84 Dielmann, Gerd: eigene Darstellung auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamtes

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

6.3 Zuständigkeiten und Ausbildungsfinanzierung im Pflegebereich

Der Bund ist für die Berufszulassung zuständig. Er regelt sie mit Berufsgesetzen, die das Führen der Berufsbezeichnungen an das Vorliegen einer Erlaubnis binden. Voraussetzung für die Erlaubniserteilung ist u. a. eine Ausbildung, deren allgemeine Rahmenbedingungen durch das Berufsgesetz und eine bun-deseinheitliche Ausbildungs- und Prüfungsverordnung festgelegt werden. Die Ausführungsbestimmungen der Gesetze, Qualitätsstandards für die Ausbildung in Theorie und Praxis, Curricula und Lehrpläne werden auf der Länderebene und deshalb unterschiedlich geregelt.

Bei den Pflegeberufen gibt es zudem unterschiedliche Zuständigkeiten bei den Bundesministerien. So ist das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) für die Ausbildung nach dem Krankenpflegegesetz, das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) für das Altenpflege-gesetz zuständig. Auf der Länderebene sind die Zuständigkeiten wiederum gesondert geregelt. Unterhalb der Ebene der Berufszulassungsgesetze, die als Heilberufe nach Art. 74 Nr. 19 GG geregelt sind, besteht eine Zuständigkeit der Länder mit der entsprechenden Regelungsbreite insbesondere bei den Berufen des Gesundheits- und Sozialwesens. Diese sind nicht auf der Rechts-grundlage des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) geregelt.

Sowohl die Gesundheits- und Krankenpflege bzw. die Gesundheits- und Kinderkrankenpflege als auch die Altenpflege unterliegen in ihrer konkreten curricularen Ausgestaltung – auf Basis der Vorgaben der Bundesgesetze – den einzelnen Bundesländern. Dies wiederum führte im Vergleich der einzelnen Bundesländer hinsichtlich ihrer Konkretisierung zu sehr unterschiedlich aus-gestalteten Curricula. Von sehr abstrakten und weit interpretierbaren bis zu ganz detaillierten Vorgaben der zu vermittelnden Themen ist in den einzel-nen Bundesländern alles zu finden. In der Folge ist es möglich, dass bestimm-te Inhalte in verschiedenen Bundesländern unterschiedlich in der jeweiligen Tiefe vermittelt werden. Des Weiteren kann es vorkommen, dass Inhalte in dem einen Bundesland sehr konkret abverlangt werden, im anderen Bundes-land jedoch nicht. Die Ähnlichkeit mit dem deutschen Schulsystem und seiner länderspezifischen Heterogenität lässt sich nicht abstreiten.

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Ausbildung/Umschulung/Weiterbildung

In den Berufsgesetzen ist geregelt, dass für die Auszubildenden in den Pflege-berufen eine angemessene Ausbildungsvergütung zu zahlen ist.

6.4 Ausbildungsvergütungen und Refinanzierung

Die Träger der Pflegeeinrichtungen zahlen die Ausbildungsvergütung direkt an die Auszubildenden. Die Höhe der Ausbildungsvergütung ist im Vergleich zu anderen Branchen durchaus konkurrenzfähig. Die tarifliche Vergütung beträgt nach dem Tarifvertrag für Auszubildende in Pflegeberufen (Alten-pflege; Gesundheits- und Krankenpflege; Gesundheits- und Kinderkranken-pflege) des öffentlichen Dienstes (TVAöD) ab Januar 2011:

n Im ersten Ausbildungsjahr: 821,58 €n Im zweiten Ausbildungsjahr: 882,66 €n Im dritten Ausbildungsjahr: 983,46 €

Die tariflich vereinbarte Ausbildungsvergütung gilt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als angemessen im Sinne der Vor-schriften in den Berufsgesetzen (§ 17 Abs. 1 AltPflG und § 12 Abs. 1 KrPflG). Abweichungen sind in nicht tarifgebundenen Bereichen nur begrenzt zulässig: Nicht tarifgebundene Ausbildungsbetriebe müssen mindestens 80 % der tarif-lichen Vergütung zahlen.85

Die Refinanzierung der Ausbildungsvergütungen unterliegt unterschiedlichen Bestimmungen. Für die Ausbildungsgänge nach dem Krankenpflegegesetz erfolgt die Refinanzierung nach den Bestimmungen des Krankenhausfinan-zierungsgesetzes (KHG) über gesondert ausgewiesene Ausbildungsbudgets der Krankenhäuser oder über Ausbildungsfonds, die bei den Landeskranken-hausgesellschaften gebildet und von diesen verwaltet werden. Ein Wettbe-werbsnachteil für ausbildende Krankenhäuser wird dadurch vermieden.

85 vgl. BAG-Urteil 9 AZR 1091/06 vom 19.02.2008

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

Für die Ausbildung nach dem Altenpflegegesetz gelten andere Bestimmungen:

Für die Refinanzierung der Ausbildungsvergütung stehen Trägern der statio-nären Pflege zwei Varianten zur Verfügung (§ 82a SGB XI):

n Verankerung eines festen Personalschlüssels als Teil des Pflegesatzesn Jährliche Vereinbarung eines Zuschlags auf die Pflegeentgelte

Die Vergütung in der ambulanten Ausbildung kann im Rahmen der Vergütung der allgemeinen Pflegeleistungen nach § 89 SGB XI durch die Pflegekassen berücksichtigt werden. Die Punktwerte der Leistungskomplexe werden hier-bei um einen Ausbildungszuschlag erhöht.

Beide Möglichkeiten bedeuten höhere Kosten und werden von vielen Ein-richtungsträgern als negativer Wettbewerbsfaktor gesehen. Ein Instrument des Gegensteuerns war und ist die Refinanzierung über ein Landesausgleichs-verfahren (Ausbildungsumlage). Dies setzt die Einführung eines Ausgleichs-verfahrens durch die jeweilige Landesregierung voraus. Durch das Ausgleichs-verfahren wird von den Pflegeeinrichtungen (ambulant und stationär), die nicht ausbilden, ein Ausgleichsbetrag erhoben, der ausbildende Betriebe un-terstützt. Ein derartiges Ausgleichsverfahren kann jedoch nur dann erfolgen, wenn ein Mangel an Ausbildungsplätzen besteht oder droht. Derzeit werden Ausgleichsverfahren lediglich in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz durchgeführt.

Auch die Finanzierung der Altenpflegeschulen ist in den Ländern unter-schiedlich geregelt und hat erhebliche Auswirkungen auf die Nachfrage. So ist für die Altenpflegeausbildung im Unterschied zur Ausbildung nach dem Krankenpflegegesetz die Zahlung von Schulgeld zulässig und auch in einigen Bundesländern üblich (vgl. Übersicht zur Finanzierung in den einzelnen Bundesländern im Anhang).

Ein von dem/der Auszubildenden oder von der Einrichtung zu tragendes Schulgeld wirkt sich auch auf die Bewerber(innen)zahl aus.

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Ausbildung/Umschulung/Weiterbildung

6.5 Reformen der Ausbildung und aktuelle Entwicklungen

Als Königsweg zur Lösung der Nachwuchsprobleme wird überwiegend die weitere „Professionalisierung“ der Pflegeberufe favorisiert: Die Attraktivität der Pflegeausbildung soll erhöht werden, indem bisher unterschiedliche Aus-bildungsgänge zusammengeführt und diese an die begonnene Akademisie-rung angeschlossen werden. Mit der Zusammenführung der Pflegeausbildun-gen soll auch auf die Benachteiligung von Altenpflegefachkräften bei der EU-weiten Mobilität reagiert werden: Bisher gesteht die EU-Anerkennungs-richtlinie vom 07.09.2005 lediglich den Absolvent(inn)en der deutschen Krankenpflegeausbildung eine EU-weite „automatische Anerkennung“ als Krankenschwester und Krankenpfleger für „allgemeine Pflege“ zu. Zusammen mit dem beruflichen Abschluss sollen Fachhochschulreife oder fachgebundene Hochschulreife erworben werden können, um eine höhere vertikale Durch-lässigkeit zu erreichen.

Zuletzt im Koalitionsvertrag 2009 auf Bundesebene, aber auch im Koali- tionsvertrag vom 04.02.2009 in Hessen und davor auf Länderebene im ein- stimmigen Beschluss der 82. Arbeits- und Sozialministerkonferenz vom 17./18.11.2005 hat sich diese Zielrichtung niedergeschlagen. Auf der Basis der in die Bundesberufsgesetze aufgenommenen Experimentierklauseln (§ 4 AltPflG, § 4 KrPflG) wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Modell-versuche durchgeführt.

6.6 Reformprojekt Gemeinsame Ausbildung der Pflegeberufe

Mit Einführung der bundeseinheitlichen Altenpflegeausbildung im Jahre 2001 waren die Berufsgesetze der Pflegeberufe mit einer Erprobungsregelung versehen worden, die die modellhafte Erprobung gemeinsamer Ausbildungs-gänge ermöglicht haben. Seither wurden in über 40 Modellversuchen unter-schiedliche Varianten gemeinsamer und einheitlicher Ausbildung in Alten-pflege, Kinderkrankenpflege und allgemeiner Krankenpflege erprobt. Acht

86 Vgl. BMFSFJ: Pflegeausbildung in Bewegung – Ein Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der Pflegeberufe – Schlussbericht der wissenschaftlichen Begleitung, 2008

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

dieser Modellversuche wurden im Auftrag des BMFSFJ durch das dip und WIAD86 begleitet und untersucht, andere vom IPP an der Universität Bremen87.

Im Kern lassen sich zwei Modelle unterscheiden:

n Die „integrative“ Ausbildung, bei der große Teile der Ausbildung einheit-lich gestaltet sind und auch gemeinsam absolviert werden können, die aber zu unterschiedlichen Abschlüssen als Altenpfleger(in), Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger(in) oder Gesundheits- und Krankenpfleger(in) führt.

n Die „generalistische“ Ausbildung, die in allen Ausbildungsteilen einheitlich organisiert ist und zu einem einheitlichen Abschluss führen soll, was derzeit aus rechtlichen Gründen noch nicht möglich ist.

Die Modellversuche haben gezeigt, dass beide Ausbildungsmodelle realisier-bar sind und auf eine Reihe von Vorzügen durch die gemeinsame Ausbildung verweisen. Bisher wurde der Nachweis für berufliche Handlungsfähigkeit und Arbeitsmarktfähigkeit der Modellprojektabsolvent(inn)en allerdings noch nicht erbracht; darauf hat der Zweite Pflegegipfel beim BMG am 02.04.2009 hingewiesen und gefordert, dass eine Evaluation den weiteren Schritten zur Zusammenführung der Pflegeausbildungen vorausgehen muss. Eine valide Aussage darüber, dass integrative oder generalistische Ausbildungsgänge besser als die bisher spezialisierten Ausbildungen den Anforderungen der verschiede-nen Arbeitsfelder entsprechen, konnte noch nicht getroffen werden.

In der politischen Diskussion gibt es viel Unterstützung für das generalistische Modell von Berufs- und Fachverbänden und von einzelnen Bundesländern, aber auch ernsthafte Bedenken vor allem bei den Verbänden der Altenpflege und der Kinderkrankenpflege. Eine Entscheidung wurde noch nicht getroffen. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe wurde eingerichtet, in der die Vorarbeiten für einen Referent(inn)enentwurf für ein neues Berufsgesetz der Pflegeberufe erarbeitet werden sollen. Als schwer lösbar erweist sich insbesondere die Frage der Finanzierung einer gemeinsamen Ausbildung. Während die Ausbildung

87 Vgl. Institut für Public Health und Pflegeforschung (IPP)Universität Bremen: Qualitätskriterien für Best Practice in der Pflegeausbildung – Synopse evaluierter Modellprojekte – abschließender Projektbericht, Bremen 2009

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Ausbildung/Umschulung/Weiterbildung

der Berufe nach dem Krankenpflegegesetz aus einer Hand (Ausbildungsbud-gets/Ausbildungsfonds) erfolgt, werden die Kosten der Ausbildung nach dem Altenpflegegesetz über die Pflegesätze oder eine Ausbildungsumlage (praktische Ausbildung) bzw. über die Länder oder über Schulgeld (schulische Ausbil-dung) finanziert.

6.7 Akademisierung der grundständigen Ausbildung

Seit Anfang der 1990er Jahre haben sich auch in den alten Bundesländern Hochschulstudiengänge mit pflegebezogenen Abschlüssen entwickelt. In der DDR gab es schon länger Hochschulstudiengänge für Lehrkräfte mit dem Abschluss Diplom-Medizinpädagoge/Medizinpädagogin und solche für lei-tende Pflegekräfte. Die Studiengänge in den alten Bundesländern wurden überwiegend an Fachhochschulen angeboten. Sie setzten i. d. R. eine abge-schlossene Berufsausbildung in einem Pflegeberuf voraus und führten zu Diplomabschlüssen in Pflegepädagogik, Pflegewissenschaften und Pflegema-nagement. Mit der Einführung der Erprobungsregelungen wurden ebenfalls erste grundständige Studiengänge modellhaft entwickelt, die neben einem Hochschulabschluss auch die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaub-nis zur Führung der Berufsbezeichnungen schafften.

Dies ist unter den gegebenen rechtlichen Bestimmungen gemäß § 4 Abs. 6 KrPflG bzw. § 4 Abs. 6 AltPflG nur schwer zu realisieren, weil die durch die Berufsgesetze vorgeschriebene enge Anbindung der praktischen Ausbildung an die Ausbildungsbetriebe einzuhalten ist. In der Regel werden die Probleme so gelöst, dass der überwiegende Teil der Ausbildung im Betrieb der Alten-pflege- bzw. Krankenpflegeschule erfolgt und nur ein Teil an der Hochschule. Auf das sich an die staatliche Prüfung anschließende Studium werden Teile der Ausbildung angerechnet, sodass nach ca. vier Ausbildungsjahren sowohl der Berufsabschluss als auch ein Bachelorabschluss erreicht werden können.

Eine weitere Möglichkeit einer grundständigen Ausbildung auch an der Hochschule ergibt sich aus der 2008 mit dem Pflege-Weiterentwicklungs-gesetz geschaffenen Erprobungsregelung gemäß § 4 Abs. 7 AltPflG und KrPflG.

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

In Modellversuchen sollen künftig so genannte „erweiterte Kompetenzen“ vermittelt werden, die zur Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten im Rahmen von Modellvorhaben nach § 63 Abs 3c SGB V berechtigen. Diese im Sozial-gesetzbuch V neu eingefügten Bestimmungen sehen vor, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Richtlinien erlässt, bei welchen Tätigkeiten eine Übertragung von Heilkunde auf die Pflegeberufe erfolgen kann. Eine Ent-scheidung des G-BA wird zurzeit vorbereitet.

Ungeachtet dieser Erprobungsregelungen gibt es eine grundsätzliche berufs-bildungspolitische Diskussion, ob die grundständige Ausbildung in den Gesundheitsfachberufen und insbesondere auch der Pflegeberufe generell oder in Teilen an Hochschulen erfolgen soll. Befürwortet wird eine solche Entwicklung in erster Linie von Berufsverbänden und den Hochschulen. Po-litische Bestrebungen in diese Richtung sind derzeit nicht erkennbar. Unklar ist, wie eine sinnvolle Arbeitsteilung zwischen hochschulisch und betrieblich/schulisch ausgebildeten Pflegekräften aussehen soll.

6.8 Spezialisierung und Weiterbildung

Darüber hinaus besteht für die Gesundheits- und Krankenpfleger(innen) bzw. die Altenpfleger(innen) die Möglichkeit einer vielfältigen Auswahl an Weiter-bildungen; diese Weiterbildungen reichen von Fachkrankenschwester bzw. Fachkrankenpfleger für Psychiatrie bis hin zu Sachverständigen für Wund-management. Problematisch ist, dass diese Weiterbildungen nicht in allen Bundesländern anerkannt werden, da die Entscheidungsbefugnis zur Aner-kennung der Weiterbildungen in der Landeshoheit liegt. So bestehen auf Landesebene unterschiedliche Auffassungen im Hinblick der Vorgaben auf Stundenanzahl und Umfang der Themen und Abschlussbezeichnungen zu den jeweiligen fachspezifischen Weiterbildungen. Noch vielfältiger und hete-rogener wird es bei angebotenen Fortbildungen (nicht abschlussbezogen) in den einzelnen Bundesländern. Es gibt eine bunte Palette von Angeboten der verschiedensten Bildungsinstitute. Einen Überblick aller Fortbildungen zu geben, ist durch die große Vielfalt nicht möglich. Auch eine Aussage zur Güte der Qualität der Fortbildungen kann nicht getroffen werden (siehe Anhang).

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Ausbildung/Umschulung/Weiterbildung

Die Anerkennung einer Fortbildung bzw. Weiterbildung obliegt einzelnen Bereichen auf Landesebene (z. B. dem jeweilig zuständigen Landesministerium, der jeweiligen Kranken- und Pflegekasse auf Landesebene). Dies führt dazu, dass in einem Bundesland eine Weiterbildung anerkannt wird, im anderen Bundesland jedoch nicht.

6.9 Umschulung

Der Rückgang der Zahl der Ausbildungsplätze für Altenpflegefachkräfte ist hauptsächlich auf die Steuerungsentscheidungen zurückzuführen, die mit den Gesetzen für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (2003 – 2005) und dem 2003 in Kraft getretenen Bundesaltenpflegegesetz getroffen wurden. Sie leiteten den massiven Rückgang der Umschulungsförderung auch in der Altenpflege ein: Während 2003 bundesweit noch 11.750 Menschen eine Umschulung zur Altenpflegefachkraft begonnen haben, waren es 2005 gerade noch 2.800. Im Jahre 2006 wurde die Förderung von Umschulungen zur Alten- oder Krankenpflegefachkraft von drei auf zwei Jahre weiter gekürzt. Die vorhersehbaren Folgen: Innerhalb eines Jahres nahm die Zahl der Aus-bildungsanfänger(innen) in der Altenpflege noch einmal drastisch ab.

Das 2009 aufgelegte Konjunkturprogramm II brachte Entlastung: Befristet für Maßnahmen, die bis zum 31.12.2010 beginnen, wurde die dreijährige Umschulungsförderung wieder eingeführt. Schon im gleichen Jahr verdoppelte sich die Zahl der neu beginnenden Umschüler(innen) von 3.500 auf 6.900.

Mittlerweile aber gibt es bundesweit nur noch halb so viele arbeitssuchende Altenpflegefachkräfte wie gemeldete offene Stellen. Trotz des Einspruchs des Bundesrats ist der Bundestag der Gesetzesinitiative der Bundesregierung ge-folgt, die ein Auslaufen der Finanzierung des dritten Umschulungsjahrs vor-sieht. Seit dem 01.01.2011 beginnende Umschulungen zur Pflegefachkraft werden also wieder nur im ersten und zweiten Jahr gefördert.

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7 Empfehlungen

RahmenbedingungenDas Arbeitskräftepotenzial in Deutschland wird absehbar sinken. Die deut-schen Wirtschaftsbereiche treten dadurch untereinander stärker in Konkur-renz. Der sich abzeichnende Fachkräftemangel lässt sich durch den nationalen Arbeitsmarkt sowie durch verstärkte internationale Wanderungsbewegungen zukünftig lediglich abfedern, nicht jedoch vermeiden. Damit sich Deutsch-land in dieser internationalen Konkurrenz behaupten kann, sind deutlich verbesserte Rahmenbedingungen erforderlich:

Es ist notwendig, sich beim Anwerben von Arbeitskräften generell an einem nachhaltigen, ethischen Konzept zu orientieren. Als Beispiel wird auf die einschlägige Vereinbarung der Sozialpartner(innen) verwiesen, die 2007 im Rahmen des europäischen Sozialen Dialogs Krankenhäuser abgeschlos-sen wurde.88 Die dort entwickelten Kriterien sind inzwischen inhaltlich von der WHO übernommen worden.

Geregelte Kooperationsbeziehungen sind erforderlich, um die interpro-fessionelle Zusammenarbeit zu verbessern, insbesondere an den Schnitt-stellen zwischen den Berufen und den Versorgungssektoren.

Die Entwicklung eines neuen und wissenschaftlich evaluierten Personal-bemessungsverfahrens ist weiter voranzutreiben. Basis dafür muss die Ermittlung des tatsächlichen Pflegebedarfes sein.

Von der Schule zum AusbildungsberufDer Wettbewerb um Arbeitskräfte ist im ersten Schritt bei der Ausbildungs-wahl der Schulabgänger(innen) zu gewinnen oder zu verlieren. Imagekampag-nen können nur einen Impuls für die Berufswahl geben und zeigen keine nachhaltige Wirkung.

Zwar bieten die Berufsinformationszentren ausreichende Informationen über die verschiedenen Pflegeberufe. Schulabgänger(innen) berichten aber, nicht

88 Vgl. „EGÖD-HOSPEEM Verhaltenskodex und Nachfassung der ethischen grenzüberschreitenden Einstellung von Mitarbeitern und Mitarbeiterbindung im Krankenhaussektor“, April 2008.

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

ausreichend über die beruflichen Möglichkeiten informiert zu sein. Außer-dem hat sich gezeigt, dass junge Menschen, die einmal ein Praktikum in einer Einrichtung des Sozial- und Gesundheitswesens absolviert haben, besonders häufig diese Berufe wählen. Neben der frühen Sensibilisierung von Schüler-(innen) sollte es Jugendlichen außerdem erleichtert werden, einen Ausbil-dungsplatz in den Pflegeberufen zu finden. Durch verschiedene Maßnahmen könnten die Berufsorientierung und Berufsfindungsphase verbessert werden:

Die Berufsberatung für Schüler(innen) sollte durch Berufsangehörige aus der Praxis unterstützt werden.

Die kompetente Begleitung der Schüler(innen) im Praktikum in Einrich-tungen ist unerlässlich.

Eine individuelle und realistische Information und Beratung durch Arbeitsberater(innen) muss ggf. durch ergänzende Qualifizierungen zur Verfügung gestellt werden.

Lehrer(innen) und Sozialarbeiter(innen) an Schulen sollten befähigt werden, sachgerechte Informationen, Hilfestellungen und Anreize für geeignete Praktika zu geben.

Die Ausbildungsträger sind aufgefordert, aktiv und enger mit den allge-meinbildenden Schulen zusammenzuarbeiten, um über die Ausbildung und die Zukunftschancen in den Pflegeberufen zu informieren.

Die Ausbildungsstätten sollen durch geeignete Medien Informationen über ihre Ausbildungsangebote zur Verfügung stellen.

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Empfehlungen

Auch der Zivildienst hatte es jungen Menschen ermöglicht, soziale Berufe kennenzulernen und ggf. für eine Ausbildung in Betracht zu ziehen.90

Um den neuen Bundesfreiwilligendienst in sozialen Einrichtungen stärker für die Wahl der Pflegeberufe zu nutzen, ist zu prüfen, ob dort erworbene Kompetenzen eine Berücksichtigung bei der späteren Ausbildung erfahren können. Die Berücksichtigung würde erleichtert, wenn diese Dienste durch strukturierte und fachbezogene Schulungen begleitet werden. Diese sind zu entwickeln und zu finanzieren.

AusbildungBei den Pflegeberufen sind die Zuständigkeiten bei den Bundesministerien unterschiedlich geregelt (siehe S. 50). So ist das Bundesministerium für Ge-sundheit (BMG) für die Ausbildung nach dem Krankenpflegegesetz, das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) für

Beispielgebend für innovatives berufsorientiertes Lernen zwischen Haupt- und Realschüler(inne)n und einer regionalen Fachschule der Alten-, Kranken- und Heilerziehungspflege ist die Michaelisschule Papenburg.89 Bereits im Rahmen des zur Berufsorientierung eingerichteten Wahl-pflichtbereichs Soziales – Pflege – Gesundheit erwerben die Schüler(innen) dort einen umfassenden Einblick in das Tätigkeitsfeld Pflege. Die Schüler(innen) lernen das Berufsfeld Pflege ein ganzes Jahr durch den Umgang und die Kommunikation mit annähernd gleichaltrigen Pflegeschüler(inne)n kennen.Das von der Michaelisschule Papenburg begonnene gemeinsame Lernen ist inzwischen zu einem Netzwerk geworden. Unter der Federführung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales will das Netzwerk

„care4future“ die Nachwuchsgewinnung aktiv unterstützen. Die Idee, dass sich allgemeinbildende Schulen, Pflegeschulen und Träger von Pflegeein-richtungen gemeinsam auf den Weg machen, um mehr Jugendliche für einen Pflegeberuf zu interessieren, könnte auch für andere Regionen in Deutschland ein gewinnbringendes Vorgehen sein.

89 Vgl. http://www.care4future.de 90 Vgl. Bundesamt für Zivildienst, http://www.zivildienst.de/cln_031/Navigation/Home/homepage_node.html

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

das Altenpflegegesetz zuständig. Die unterschiedlichen Zuständigkeiten setzen sich auf der Länderebene fort.

Eine grundsätzliche Reform der Ausbildungsgänge, verbunden mit klaren und einheitlichen Regelungen der Zuständigkeiten auf Bundesebene, ist notwendig, um die Berufsbilder in der Regelungskompetenz eines Minis-teriums einheitlich zu regeln.

Zur Steigerung der Attraktivität der verschiedenen Pflegeberufe und deren Ausbildung wird aktuell eine Diskussion über die generalistische und in-tegrative Ausbildung geführt. Eine valide Aussage darüber, dass integrative oder generalistische Ausbildungsgänge den Anforderungen der verschie-denen Arbeitsfelder besser als die bisher spezialisierten Ausbildungen ent-sprechen, konnte nicht getroffen werden. Vor der Entscheidung einer Reform der Berufsausbildung sollten mögliche Auswirkungen sorgfältig geprüft werden.

Die Ausbildung in den Pflegeberufen muss grundsätzlich jedem offen-stehen. Deshalb muss sie für die Auszubildenden kostenfrei sein, um bei der Berufswahlentscheidung Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Ausbildungsgängen zu vermeiden.

Die Ausbildung der Pflegeberufe ist im Berufsbildungssystem so zu veror-ten und zu gestalten, dass die vertikale und horizontale Durchlässigkeit bei vergleichbarem Anforderungsprofil gewährleistet ist:

n Zugang zur Ausbildung und Anrechnung von Qualifikationen und Abschlüssen unterhalb des Fachkräfteniveaus (dreijährige Ausbildung gemäß AltPflG bzw. KrPflG),

n Erleichterung des Hochschulzugangs und Anrechnung der Qualifi-kationen (ANKOM-Projekt) auf Hochschulstudiengänge für Berufs-absolvent(inn)en91,

91 Vgl. http://ankom.his.de/index.php

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Empfehlungen

n die wechselseitige Anerkennung von Berufsabschlüssen sollte erleichtert werden,

n Anrechnung geregelter Weiterbildung auf das Studium.

Kompetenzorientierte Definition der Qualifikationen in den entsprechen-den Berufszulassungsgesetzen inklusive eines ausformulierten Ausbil-dungsberufsbildes sowie Studiengänge an Fachhochschulen und Univer-sitäten (Bachelor und Master) mit klar abgegrenzten Aufgabenprofilen im Berufsfeld Pflege.

Ein unattraktives Element innerhalb der Pflegeberufe ist das Erlernen von Qualifikationen bei der Ausbildung, die in der Praxis nicht umgesetzt werden. Das hohe gesetzlich vorgeschriebene Ausbildungsniveau sollte sich deutlicher innerhalb der zugewiesenen Handlungskompetenz in der Praxis wiederfinden. Dabei ist auch die Pflegepraxis gefordert, um z. B. durch geeignete Managementkonzepte einen gelungenen „Theorie-Praxis-Transfer“ zu gewährleisten und ein hohes Qualitätsniveau der Pflege auf dem aktuellen Stand des Wissens sicherzustellen.

Erhalt einer betrieblich-schulischen dreijährigen Ausbildung und der vor-handenen Ausbildungsstrukturen. Die geregelte praktische Ausbildung mit einheitlichen Qualitätsstandards ist weiterzuentwickeln (Ziele, Art und Umfang der Anleitung, Qualifikation des Ausbildungspersonals).

Analyse und Evaluation der vorhandenen Fort- und Weiterbildungen auf Landesebene im Hinblick auf Möglichkeiten einer bundesweiten Aner-kennung und gesetzlichen Verankerung.

Der Bedarf einer geregelten zeitlich verkürzten Umqualifizierung bei vor-handener grundständiger 3-jähriger Ausbildung in verwandten Berufs-gruppen, wie z. B. im Bereich Heilerziehungspflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege, ist kurzfristig aufzugreifen.

Unterstützung und Förderung von Qualifizierungswilligen auch im dritten Ausbildungsjahr bei Umschulungsmaßnahmen (z. B. in Niedersachsen).

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pflege

Gute Arbeitsbedingungen Die Beschäftigten einer Pflegeeinrichtung bestimmen maßgeblich die Quali-tät der Versorgung und damit die Lebensqualität der pflegebedürftigen Men-schen. Unter dem Aspekt des Fachkräftemangels muss dafür gesorgt werden, dass mehr Pflegefachkräfte bis zum Rentenalter gesund im Beruf verbleiben. Neben den finanziellen Rahmenbedingungen kommen dem Gesundheits- und Arbeitsschutz dabei eine erhebliche Bedeutung zu.

Bereits heute werden beispielhafte Konzepte zur Personalentwicklung ein-gesetzt. Diese leisten einen wichtigen Beitrag, Mitarbeiter(innen) im Beruf zu halten. Diejenigen Träger werden sich durchsetzen, die wirksame Kon-zepte zur Mitarbeiter(innen)zufriedenheit entwickeln und umsetzen. Hierzu gehört insbesondere die Beteiligung in Weiterbildungsverbünden.

Konzepte zur betrieblichen Gesundheitsförderung sind bundesweit zu fördern. In diesem Zusammenhang ist auf die Aktivitäten der BGW mit ihren praktischen Modellen hinzuweisen.

Supervision, Fallbesprechungen oder kollegiale Beratung bieten eine Mög-lichkeit zur Reflexion der täglichen Arbeit und von belastenden Situationen.

Verlässlichen Dienstplänen kommt eine wichtige Bedeutung bei der Ar-beitszufriedenheit der Beschäftigten zu, damit Arbeit und Freizeit in einer gesunden Balance gehalten werden.

Rechtzeitige medizinische Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen zur Sicherung der Erwerbs- und Leistungsfähigkeit.

Sozialrecht, Pflegewissenschaft und Pflegepraxis

Die Aufspaltung der Pflege in Grund- und Behandlungspflege ist histo-risch überholt und wissenschaftlich obsolet. Sie hat zu einer Abwertung der patient(inn)ennahen Pflege geführt. Es gilt, diesen Widerspruch auch in sozialrechtlicher Hinsicht zu überprüfen.

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Empfehlungen

Die Pflegewissenschaft ist gefordert, verstärkt praxisorientierte Konzepte zu entwickeln, die insbesondere die Rahmenbedingungen in den pflege-rischen Einrichtungen berücksichtigen. Pflegepraktiker(innen) sind bei der Entwicklung theoriegeleiteter Konzepte einzubeziehen.

Alle Beteiligen müssen ihren Beitrag dazu leisten, die Pflege öffentlich in einem besseren Licht zu präsentieren. Ziel muss es sein, die Pflege als Beruf attraktiv zu kommunizieren und die gesellschaftliche Bedeutung, die der Pflege zukommt, wertschätzend darzustellen.

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Anhang

Refinanzierung der Ausbildung in den Bundesländern

Baden-Württemberg: Finanzierung erfolgt durch eine per Landesverordnung geregelte Ausbil-dungsumlage, die alle Pflegeeinrichtungen bezahlen. Diese wird finanziert über Zuschläge zum Tagessatz (stationär) bzw. pro Hausbesuch (ambulant). Bayern:Stationär kann mit den Kostenträgern entweder eine separate Vereinbarung über die Ausbildungszuschläge vereinbart werden, oder die Kosten können direkt in der Pflegesatzkalkulation im Rahmen der Pflegesätze mitverhan-delt werden. Berlin: Stationär kann mit den Kostenträgern entweder eine separate Vereinbarung über die Ausbildungszuschläge vereinbart werden, oder die Kosten können direkt in der Pflegesatzkalkulation im Rahmen der Pflegesätze mitverhan-delt werden. Brandenburg: Stationär kann mit den Kostenträgern entweder eine separate Vereinbarung über die Ausbildungszuschläge vereinbart werden, oder die Kosten können direkt in der Pflegesatzkalkulation im Rahmen der Pflegesätze mitverhan-delt werden. Hessen:In Hessen kann mit den Kostenträgern ein Ausbildungszuschlag verein-bart werden, d. h., auch hier. refinanzieren die Pflegekassen zum Teil die Ausbildung in den Einrichtungen. Im ambulanten Bereich können die Einrichtungen die Ausbildungsvergütung nach Vereinbarung über ihren Pflegesatz SGB XI refinanzieren, was aber in der Praxis zu Wettbewerbs-verzerrungen führt. Der SGB V sieht keine Refinanzierung vor.

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Niedersachsen: Stationär: In der Pflegesatzkalkulation werden pro Azubi 7.300 Euro als Refinanzierungsbetrag berücksichtigt, zudem werden die Azubis soweit anwesend als Nichtfachkräfte beim Stellenschlüssel berücksichtigt.

Nordrhein-Westfalen:Kein Ausbildungszuschlag oder Umlage. Kosten für Auszubildende werden im Pflegesatz berücksichtigt. Rheinland-Pfalz: Es gibt eine Landesverordnung zur Einführung eines Ausgleichsverfah-rens im Rahmen der Ausbildung in der Altenpflege und der Altenpflege-hilfe. Es besteht ein Ausbildungsrefinanzierungsbetrag, der von jeder Einrichtung, ob sie ausbildet oder nicht, an die Kasse abgeführt werden muss. Die Erhebung und Festsetzung des Refinanzierungsbetrages erfolgt jährlich durch eine Abfrage. Saarland: Im Saarland gibt es eine Rahmenvereinbarung zur Refinanzierung der Altenpflegeausbildung. Die Kassen refinanzieren die Ausbildungsvergü-tung teilweise über diesen Ausbildungsbetrag. Sachsen:Stationär kann mit den Kostenträgern entweder eine separate Vereinbarung über die Ausbildungszuschläge vereinbart werden, oder die Kosten können direkt in der Pflegesatzkalkulation im Rahmen der Pflegesätze mitverhan-delt werden. Sachsen-Anhalt: Refinanzierung über die Berücksichtigung im Pflegesatz Schleswig-Holstein: Refinanzierung über die Berücksichtigung im Pflegesatz Thüringen:Refinanzierung über die Berücksichtigung im Pflegesatz

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Finanzierung der Altenpflegeschulen

Baden-Württemberg Bayern Berlin Brandenburg

staatliche und staatl. anerkannte Berufs-fachschulen (unterlie-gen dem Schulrecht); Grundfinanzierung der Betriebskosten staatl. anerkannter Alten-pflegeschulen in freier Trägerschaft aus dem Kultusetat: 70,5 % der Betriebskosten ver-gleichbarer staatlicher Schulen monatl. Pro-Kopf-Betrag für das Schulj. 2010/11 voraus-sichtlich 391,16 €/Schüler/in + Schulgeld (bis zu 128 € monatl./ Schüler/in)

staatliche und staatl. anerkannte Berufs-fachschulen (unterlie-gen dem Schulrecht); Grundfinanzierung der Betriebskosten staatl. anerkannter Alten-pflegeschulen in freier Trägerschaft aus dem Kultusetat: 79 % der Betriebskosten ver-gleichbarer staatlicher Schulen kein Schulgeld, da 'Schulgeldersatz' und 'Schulgeldaus-gleich' monatl. Pro-Kopf-Beträge 68,75 bzw. 200 €/Schüler/in)

staatl. anerkannte Be-rufsfachschulen (unter-liegen dem Schulrecht); Grundfinanzierung der Betriebskosten staatl. anerkannter Alten-pflegeschulen in freier Trägerschaft aus dem Kultusetat: max. 93 % der Personalkosten ver-gleichbarer staatlicher Schulenmonatl. Pro-Kopf-Be-trag nicht ermittelbar+ Schulgeld (bis zu 300 € monatl./ Schüler/in)

staatl. anerkannte Schulen „besonderer Art“ (fallen nicht unter das Schulrecht); Förde-rung aus dem Sozial-etat: monatl. Pro-Kopf-Betrag 299 €/Schüler/inkein Schulgeld

Bremen Hamburg Hessen Mecklenburg-Vorpommern

staatl. anerkannte Schulen „besonderer Art“(fallen nicht unter das Schulrecht); Förde-rung aus dem Sozial-etat: monatl. Pro-Kopf-Betrag 363,87 €/Schüler/inkein Schulgeld

staatliche und staatl. anerkannte Berufs-schulen (unterliegen dem Schulrecht); Grund-finanzierung der Betriebskosten staatl. anerkannter Alten-pflegeschulen in freier Trägerschaft aus dem Kultusetat: 82,5 % der Betriebskosten ver-gleichbarer staatlicher Schulen monatl. Pro-Kopf-Betrag nicht ermit-telbar + Schulgeld (bis zu 175 € monatl./ Schüler/in)

staatl. anerkannte Schulen „besonderer Art“ (fallen nicht unter das Schulrecht); Förde-rung aus dem Sozial-etat: monatl. Pro-Kopf-Betrag 347,67 €/Schüler/in für einzügige, 307 € für mehrzügige Schulen maximal 3.500 Schulplätzekein Schulgeld

Staatl. und staatl. an-erkannte Höhere Berufs-fachschulen (unter-liegen dem Schulrecht); Grundfinanzierung der Betriebskosten staatl. anerkannter Alten-pflegeschulen in freier Trägerschaft aus dem Kultusetat: max. 85 % der Personalkosten ver-gleichbarer staatlicher Schulen monatl. Pro-Kopf-Betrag für das Schulj. 2008/09 262,75 €/Schüler/in + Schulgeld (bis zu 200 € monatl.)

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Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland

staatliche und staatl. anerkannte Berufsfach-schulen (unterliegen dem Schulrecht); Grund-finanzierung der Be-triebskosten staatl. an-erkannter Altenpflege-schulen in freier Träger-schaft aus dem Kultus-etat: monatl. Pro-Kopf-Betrag für das Schulj. 2010/11 maximal 208,91 €/Schüler/in + Schulgeld (bis zu 300 € monatl./ Schüler/in)abzgl. Schulgeldzu-schuss durch das Land (Sozialetat, monatl. Pro-Kopf-Betrag 50 € ab dem 7. Ausbildungs-monat)

staatl. anerk. Schulen „besonderer Art“(fallennicht unter das Schul-recht); Förderung aus dem Sozialetat: monatl.Pro-Kopf-Betrag von 280 €/Schüler/in maxi-mal 8.720 Schulplätzekein Schulgeld

staatliche und staatl. anerkannte Fachschulen(unterliegen dem Schul-recht); Grundfinanzie-rung der Betriebskostenstaatl. anerkannter Altenpflegeschulen in freier Trägerschaft aus dem Kultusetat: monatl.Pro-Kopf-Betrag nicht ermittelbarkein Schulgeld

staatl. anerkannte Schulen „besonderer Art“ (fallen nicht unterdas Schulrecht); Förde-rung aus dem Sozial-etat: monatl. Pro-Kopf-Betrag nicht ermittelbarkein Schulgeld

Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen

staatliche und staatl. anerkannte Berufsfach-schulen (unterliegen dem Schulrecht) Grund-finanzierung der Be-triebskosten staatl. an-erkannter Altenpflege-schulen in freier Träger-schaft aus dem Kultus-etat: monatl. Pro-Kopf-Betrag für das Schulj. 2010/11 213,90 €/Schüler/in + Schulgeld (bis zu 100 € monatl./Schüler/in)

staatliche und staatl. anerkannte Berufsfach-schulen (unterliegen dem Schulrecht) Grund-finanzierung der Be-triebskosten staatl. an-erkannter Altenpflege-schulen in freier Träger-schaft aus dem Kultus-etat: monatl. Pro-Kopf-Betrag für das Schulj. 2010/11 vorläufig 220,55 €/Schüler/in + Schulgeld (bis zu 100 € monatl./Schüler/in)

staatl. anerk. Schulen „besonderer Art“ (fallen nicht unter das Schulrecht) Förderung aus dem Sozialetat: monatl. Pro-Kopf-Be-trag 290 €/Schüler/in maximal 1.170 Schul-plätzekein Schulgeld

staatliche und staatl. anerkannte Höhere Be-rufsfachschulen (unter-liegen dem Schulrecht)Grundfinanzierung der Betriebskosten staatl. anerkannter Alten-pflegeschulen in freier Trägerschaft aus dem Kultusetat: 85 % der Betriebskosten ver-gleichbarer staatlicher Schulen monatl. Pro-Kopf-Betrag für das Schulj. 2010/11 249,33 €/Schüler/in + Schulgeld (bis zu 100 € monatl./Schüler/in)

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Assistenzberufe

Übersicht über die für Pflegeeinrichtungen relevanten Ausbildungsgänge auf Assistent(inn)enniveau mit staatlich anerkanntem Abschluss92

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Pflege-assistent/in

2 Jahre: Gesundheits- und Pflegeassistent/in

Altenpflege-helfer/in

1 Jahr93

1 Jahr: Pflegefach-helfer/in(Altenpflege)

1 Jahr

1 Jahr

1 Jahr

1,5 Jahre: Kranken- und Altenpflegehelfer/in (auslaufend)

1 Jahr

Gesundheits- u.Krankenpflegehelfer/in

1 Jahr: Pflegefach-helfer/in (Krankenpflege)

1 Jahr

1 Jahr: Krankenpflege-helfer/in

Hauswirtschafts-helfer/in

3 Jahre, dual(§ 66 BBiG)

3 Jahre, dual: Dienstleistungs-helfer/in Hauswirtschaft(§ 66 BBiG)

3 Jahre, dual (§ 66 BBiG)

3 Jahre, dual(§ 66 BBiG)

3 Jahre, dual(§ 66 BBiG)

3 Jahre, dual(§ 66 BBiG)

3 Jahre, dual(§ 66 BBiG)

Sozial-assistent/in

1 Jahr: Assistent/in im Gesundheits- und Sozialwesen

2 Jahre: Sozialbetreuer/in und Pflegefach-helfer/in

Berl

in 2 Jahre: Hauswirtschafts-assistent/in

2 Jahre

2 Jahre

2 Jahre

2 Jahre

2 Jahre

92 Vgl. auch Modellprojekt „Servicehelferin im Sozial- und Gesundheitswesen“ der Robert Bosch-Stiftung 2007 ff.93 Angegeben ist jeweils die Dauer für Vollzeitausbildungsgänge. Verschiedene berufsfachschulische Aus-

bildungen können auch in unterschiedlichen Teilzeitvarianten absolviert werden; 3-jährige Ausbildungen aus dem dualen System werden auch als auf zwei Jahre verkürzte Umschulungen angeboten.

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Rhei

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d-Pf

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Thür

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n

2 Jahre: Fachkraft für Pflegeassis-tenz

1 Jahr

1 Jahr

1 Jahr

1 Jahr

1 Jahr

1 Jahr: Gesundheits- und Kranken-pflegeassistent/in

1 Jahr

1 Jahr

1 Jahr

3 Jahre, dual(§ 66 BBiG)

2 Jahre: Hauswirt-schaftsassistent/in 3 Jahre, dual (§ 66 BBiG)

2 Jahre: Hauswirt-schaftliche/r Assis-tent/in 3 Jahre, dual (§ 66 BBiG)

2 Jahre: Hauswirt-schaftliche/r Assis-tent/in

3 Jahre, dual(§ 66 BBiG)

2 Jahre: Hauswirt-schaftsassistent/in, 3 Jahre (dual)(§ 66 BBiG)

2 Jahre: Sozialhelfer/in

2 Jahre

Saar

land

2 Jahre: Fachkraft für Haushaltsfüh-rung u. amb. Betreu-ung 3 Jahre dual (§ 66 BBiG)

2 Jahre

2 Jahre

2 Jahre: Sozial-assistent/in, Sozialbetreuer/in

NRW

Nie

der-

sach

sen 2 Jahre:

Pflegeassistent/in3 Jahre, dual(§ 66 BBiG)

2 Jahre

1 Jahr 1 Jahr:Krankenpflegehelfer/in

1 Jahr: Krankenpflege-helfer/in

1,5 Jahre 2 Jahre: Sozial-pädagogische/r Assistent/in 2 Jahre, dual: Assistent/in in soz. Einrich-tungen (§ 66 BBiG)

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Abkürzungsverzeichnis AltPflG Altenpflegegesetz

BAG Bundesarbeitsgericht

BGW Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege

BMFSFJ Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Destatis Statistisches Bundesamt

DGB Deutscher Gewerkschaftsbund

dip Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung e.V.

GKV Gesetzliche Krankenversicherung

KrPflG Krankenpflegegesetz

PKV Private Krankenversicherung

SGB V Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch Gesetzliche Krankenversicherung

SGB XI Sozialgesetzbuch, Elftes Buch Soziale Pflegeversicherung

WIAD Wissenschaftliches Institut der Ärzte Deutschlands e.V.

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Unser besonderer Dank gilt den Mitgliedern der Arbeitsgruppe, die diese Publikation ermöglicht hat:

Hanka Bendig, Verband der Ersatzkassen e.V. (vdek)

Rosemarie Bistrup, Bundesärztekammer

Gerd Dielmann, ver.di Bundesverwaltung

Stefan Engels, B.A.D. Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH

Gabriele Feld-Fritz, ver.di Bundesverwaltung

Bernhard Fleer Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS)

Marco Frank, Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand

Thomas Knieling, Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe e.V.

Jens Krug, BARMER GEK

Max Lux, Deutsche Gesellschaft für medizinische Rehabilitation e.V.

Jörg Nielandt, Deutsche Gesellschaft für medizinische Rehabilitation e.V.

Jochen Scholl, PKV Verband der privaten Krankenversicherung e.V.

Heiner Schülke, Rinteln

Helmut Schwidder, Rhön-Klinikum AG

Hartmut Stern, Klinik Bavaria Kreischa

Claudia Stiller-Wüsten Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW)

Nadine-Michèle Szepan, AOK Bundesverband

Ina Weisbrod, Klinik Bavaria Kreischa

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Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und -gestaltung (GVG) e.V.Hansaring 43D-50670 Köln

[email protected] www.gvg.org

Tel.: +49(0)221 9128 67-0Fax: +49(0)221 9128 67-6

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Umgang mit dem Fachkräftemangel in der Pfl ege

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Teil I, Deutschland

Im Jahr 2050 werden in Deutschland nach Prognosen des Statistischen Bundesamtes mehr als 10 Millionen über 80 jährige Menschen leben. Die Gesellschaft muss sich damit auf einen deutlich wachsenden Pfl egebedarf einrichten. So ist heute in der Altersgruppe von 80 bis 85 Jahren fast jeder Fünfte pfl egebedürftig. Bei den über 90 jährigen steigt der Wert auf fast 60 Prozent.

In der Versorgung ist ein Trend hin zur vollstationären Pfl ege in Pfl egeheimen festzustellen. Die heute noch überwiegend im Familienverbund geleistete informelle Pfl ege wird durch sich ändernde Lebensmodelle und die Zunahme von Singlehaushalten eine rückläufi ge Entwicklung nehmen. Selbst wenn die Anzahl der in Gesundheit verbrachten Jahre weiter zunehmen wird, lässt sich doch bereits heute erkennen, dass Handlungsbedarf im Hinblick auf die Gewinnung von professionellen Pfl egekapazitäten besteht.

Der vorliegende Band 69 der GVG Schriftenreihe leistet einen Beitrag zu dieser Diskussion. Neben der Darstellung des künftigen Pfl egebedarfs wer-den die Berufsbedingungen der Pfl egekräfte beleuchtet und Empfehlungen für die Zukunft gegeben. Neben Änderungen im Bereich der Ausbildung von Pfl egekräften und einer Optimierung der Abläufe und Rahmenbedin-gungen im Berufsalltag kommt der Frage des Images der Pfl ege eine beson-dere Bedeutung zu. Gesellschaftliche Wertschätzung und Anerkennung der Pfl egeleistungen sind neben monetären Anreizen und Verbesserungen der Karrierechancen eine wichtige Voraussetzung, um mehr Menschen in den Beruf zu bringen bzw. dort zu halten.

ISBN 978-3-939260-04-2

Sozi

ale

Sich

erun

g| S

olida

rität | Subsidiarität | Pluralismus