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Forschungszentrum Jülich
Institut für Festkörperforschung
Uwe Micka
, , ' ,
Bericht~ des forschungszentrums JüHch; 3451' ISSNb944~2952 .' .. , .' . InstitutfürFestkörperforschung )ül-3451. 05 (Diss. LJniversltät abnn)
Zu beziehen durih : Forschungszentrum j;ülith GmbH ;Zentralbibliothek D-52425 Jülich ,Bundesrepublik Deqtschland ... ... ' " '., . '. ~.02461/61-61 .02· Telefax: .o2461iQl,,61.o3 ·e-rnaH.: zb~publikatjon@fz-jueli!=h.d.e
Berichte des Forschungszentrums Jülich 3451
Computersimulationsuntersuchungen zur Struktur geladener Makromoleküle
Uwe Micka
Zusammenfassung
Elektrisch geladene Makromoleküle, kurz als Polyelektrolyte bezeichnet, zählen trotz ihres häufigen Vorkommens, ihrer zentralen Rolle in der Biologie und ihrer großen praktischtechnologischen Relevanz, zu den am wenigsten verstandenen Materialien im Bereich der kondensierten Materie. Das Ziel der vorliegenden Arbeit stellt die Beschreibung der Polyelektrolyte durch vereinfachte Modelle im Rahmen der statistischen Physik dar, welche vor allem mit der Methode der Computersimulation untersucht werden. Hierbei läßt sich auf den erfolgreichen Methoden der Simulation neutraler Polymere aufbauen. Die theoretisch-analytische Beschreibung der Polyelektrolyte gestaltet sich durch die zusätzliche, langreichweitige, elektrostatische Wechselwirkung außergewöhnlich schwierig. Insbesondere durch die Gegenionen und deren Fluktuationen werden neue LängenskaIen und Freiheitsgrade einführt. Daher beschränkt sich die analytische Theorie häufig auf einzelne, geladene Ketten und greift auf bekanntermaßen schlechte mean-field-Ansätze zurück. Experimentelle Untersuchungen sind insbesondere im analytisch zugänglichen Bereich (z.B. extreme Verdünnung) außerordentlich schwierig und teilweise unmöglich. Die Computersimulation erlaubt es, eine Brücke zwischen den theoretischen Ansätzen und den experimentellen Resultaten zu schlagen und diese teilweise zu erweitern, da der gesamte zugrunde liegende Parameterraum zugänglich ist. Vor diesem Hintergrund wurden in der vorliegenden Arbeit sowohl die grundlegenden analytischen Modelle als auch experimentell relevante Systeme studiert. Der erste Teil umfaßt eine Analyse der Einzelkette im Rahmen der Debye-Hückel-Approximation. Die Simulationen belegen eindeutig, daß keiner der bisher vorgeschlagenen analytischen Zugänge die Konformation der Polyelektrolytketten richtig zu beschreiben vermag. Im allgemeinen Fall elektrostatischer und intrinsischer Steifigkeit ist eine längenskalenabhängige Beschreibung zwingend erforderlich. Der Vergleich erster Neutronenstreudaten von ausreichender Qualität ergibt eine gute Übereinstimmung. Die vorliegende Arbeit legt den Schwerpunkt im zweiten Teil auf die Simulation von Polyelektrolytlösungen unter Verwendung des Coulomb-Potentials und expliziter Berücksichtigung der Gegen- und Salzionen. Zunächst wird die experimentelle Relevanz der Debye-Hückel-Einzelkettenergebnisse des ersten Teils an einem Beispiel belegt. Der Vergleich mit einer früheren Arbeit von Stevens und Kremer erlaubt Rückschlüsse auf den Gültigkeitsbereich der Debye-Hückel-Näherung. Systeme hydrophiler Polyelektrolyte von erstmals über 104 Ladungen liefern interessante Einblicke in die großskalige Struktur der Lösungen. Die abschließende Analyse von Polyelektrolyten im schlechten Lösungsmittel zeigt, daß das Wechselspiel der einander entgegenwirkenden elektrostatischen und hydrophoben Wechselwirkung völlig neuartige Konformationen mit einer Vielzahl interessanter Eigenschaften (z.B. extremer Kollaps, necklace Ketten) hervorbringt. Die vorliegende Arbeit legt durch die Implementierung eines neuen Algorithmus und dessen Optimierung für Polyelektrolyt-Probleme den Grundstein für eine Reihe weiterer Untersuchungen unter expliziter Berücksichtigung der Gegen- und Salzionen (Fuoss-Gesetz, slow mode(?), multivalente Ionen, Polyelektrolytgele etc.). Insbesondere durch die Simulation hydrophober Moleküle wurde ein erster Schritt zur quantitativen Modellierung realer Polyelektrolyte getan.
Summary
The understanding of the behaviour of charged marcromolecules, or polyelectrolytes, is still very poor. Nevertheless, polyelectrolytes are of great technical and scientific interest; e.g. almost all biopolymers (DNA etc.) are polyelectrolytes. The aim of the present thesis is the description of polyelectrolytes by simplified models within the framework of statistical physics. These models are mainly analyzed by computer simulation whereby one can base on the sucessful methods for simulation of neutral polymers. The theoretical understanding of neutral polymers is well developped. Nevertheless, the theoretical description of polyelectrolytes is extremely complicated due to additional degrees of freedom and length scales coming from the electrostatic interaction. Especially the large number of degrees of freedom of the counterions and their fluctuations cause severe problems for the analytical description. For these reasons, analytic theory mainly concentrates on single chains and uses mean-field approaches which are known not to be an appropriate description. Experiments are, in particular in the analytically accessible regime (e.g. extreme dilution), extremely difficult and sometimes impossible. Computer simulation allows to bridge the gap between theoretical approaches and experimental results and to extend them, as the whole parameter space is accessible. Based on this background, the present thesis studies the basic analytical models as well as experimentally relevant systems. The first part is concerned with the analysis of a single chain treated within the framework of the Debye-Hueckel approximation. The simulations c1early demonstrate that none of the known analytic approaches is able to describe the polyelectrolyte conformation correctly. In the general case of electrostatic and intrinsic stiffness, a length scale dependent description is indispensable. Comparison with a first set of neutron scattering data of adequate quality shows reasonable agreement. The main point of effort of the second part is the simulation of polyelectrolyte solutions using the bare Coulomb potential and explicit counter- and salt ions. First of all, a typical example is simulated to prove the experimental relevance ofthe Debye-Hueckel single chain results. The comparison with an earlier work of Stevens and Kremer allows conc1usions on the range of validity of the Debye-Hueckel approximation. Systems of 200 hydrophilie chains (12800 charges) give interesting insight in the large scale structure ofpolyelectrolyte solutions. Finally, the analysis of polyelectrolytes under bad solvent conditions shows completely new types of conformations with multiple interesting properties (e.g. extreme collapse, necklace chains). By implementing a new (1993) algorithm and optimizing it for polyelectrolyte problems, the present thesis forms a basis for further studies of polyelectrolytes with explicit counterand salt ions (Fuoss law, slow mode(?), multivalent ions, polyelectrolyte gels, ... ). Especially the analysis of hydrophobie moleeules is a first important step towards quantitative modelling of polyelectrolytes.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1 Die Einzelkette im Rahmen der Debye-Hückel-Theorie 1.1 Motivation................ 1.2 Theoretischer Hintergrund ...... .
1.2.1 Intrinsisch steife Polyelektrolyte 1.2.2 Flexible Ketten . . . . . . 1.2.3 Fazit...............
1.3 IVIodell und Simulationsmethode . . . . 1.4 Polymerradien und Bindungsstreckung 1.5 Skalenverhalten ............ . 1.6 Bind ungswinkelkorrelationsfunktion und Persistenzlänge 1. 7 Strukturfaktor .. . 1.8 Zusammenfassung ... .
2 Semiflexible Einzelketten 2.1 Erweitertes IVIodell und veränderter Algorithmus. 2.2 Voruntersuchungen .... . 2.3 Resultate ......... . 2.4 Zufällige Ladungsverteilung 2.5 Zusammenfassung......
3 Langreichweitige Wechselwirkungen in Vielkettensystemen: Algorithmische Voraussetzungen 3.1 Spezielle Hardware - Das Grape-Board ...... . 3.2 Die Reaktionsfeldmethode ............. . 3.3 Periodische Randbedingungen - Die Ewald-Summe 3.4 Die Multipolmethode . . . . . . . . . . . . . 3.5 Die Particle IVIesh Ewald-IVIethode ..... . 3.6 Programmstruktur und Performanceanalyse
4 Hydrophile Polyelektrolyte 4.1 Die harmonische Einzelkette ....... . 4.2 Stark geladene, hydrophile Polyelektrolyte
4.2.1 Eigenschaften der einzelnen Kette .
1
5 5 9 9
12 17 18 21 26 31 41 47
49 49 50 52 61 64
65 66 67 68 71 76 80
91 91 96 96
11
4.2.2 Struktur der Lösung 4.3 Zusammenfassung ..... .
INHALTSVERZEICHNIS
101 109
5 Hydrophobe Polyelektrolyte 111 5.1 Variation der Wechselwirkungsstärken . 111 5.2 Variation der Dichte 120 5.3 Zusammenfassung........ 136
6 Zusammenfassung und Ausblick 139
A Kalkulationen 145 A.1 Persistenzlänge unter Annahme perfekter Skalierung ........... , 145 A.2 Persistenzlänge auf Basis des zweiten Virialkoeffizienten . . . . . . . . .. 148 A.3 Vergleich der Entropie einer semiflexiblen Kette mit der einer flexiblen,
geladenen Kette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 152
B Tabellen 157 B.1 Blobdurchmesser und Anzahl enthaltener Monomere 157 B.2 Persistenzlängen und effektive Exponenten 161
B.2.1 Lange Debye-Hückel-Ketten . . . 161 B.2.2 L p aus dem Strukturfaktorknick . . 163 B.2.3 Kurze Debye-Hückel-Ketten . . . . 164 B.2A Persistenz längen zweidimensionaler Debye-Hückel-Systeme 166 B.2.5 Persistenzlängen aus der Coulomb-Simulation in Kapitel 4 167 B.2.6 Hydrophile und schwach hydrophobe Polyelektrolyte mit explizit
simulierten Gegenionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 B.3 Crossoverkonturlänge zwischen intrinsisch dominiertem und elektrostatisch
bestimmtem Regime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 BA Timingresultate des Pl\IIE-Algorithmus . . . . . . . . . . . . . . 171 B.5 Strukturfaktoren des Gesamtsystems hydrophiler Polyelektrolyte 173 B.6 Kenngrößen der hydrophoben Polyelektrolyte . . . . . . . . . . . 174 B.7 Zusammenhang zwischen effektiver Ladung und
Strukturfaktormaximum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 176
Literaturverzeichnis 179
Danksagung 189
Abbildungsverzeichnis
E.l Schematische Darstellung der ku11l1schen Segmente 2 E. 2 Chemische Struktur typischer Polyelektrolyte 3 E.3 Darstellung einer typischen Konfiguration 4 E.4 Darstellung zweier typischer Konfigurationen. 4
1.1 Kettenlängenabhängigkeit der elektrostatischen Persistenzlänge nach Odijk 12 1.2 Veranschaulichung des Pivotmoves ............. 19 1.3 Zeitentwicklung des End-zu-End-Abstandes ........ 22 1.4 Autokorrelationsfunktion des End-zu-End-Einheitsvektol's . 22 1.5 Relative Bindungsstreckung als Funktion der Abschirmlänge 23 1.6 Bindungslängenverteilung im Polymer. . . . . . . . . . . . . 23 1. 7 Streckung einer neutralen Kette durch zwei monovalent geladene Endmo-
nOlnere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 24 1.8 End-zu-End-Abstand als Funktion der Kettenlänge . . . . . . . . . . .. 24
1.9 Verhältnis r = R1~/ als Funktion der Abschirmlänge und der Kettenlänge 24
1.10 Persistenzlänge . Abschirmlänge aus Kratky-Porod-Analyse . . . . . . .. 26 1.11 Typische Konfiguration einer Blobstange für N=32 ............ 27 1.12 Versagen der Skalierung der Kettendimensionen mit dem Blobdurchmesser ~ 28 1.13 Skalenverhalten basierend auf den Variationszugängen . 29 1.14 Skalenverhalten basierend auf den OSF-Zugängen ............ " 29 1.15 Skalierung der Daten unter Vernachlässigung von La . .......... " 30 1.16 Natürlicher Logarithmus der Bindungswinkelkorrelationsfunktion berech-
net aus den Blobschwerpunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 33 1.17 Natürlicher Logarithmus der Bindungswinkelkorrelationsfunktion für N=128 34 1.18 Natürlicher Logarithmus der Bindungswinkelkorrelationsfunktion für N=256 34 1.19 Finite-size-Effekte der Bindungswinkelkorrelationsfunktion ....... " 35 1.20 Elektrostatische Persistenzlänge als Funktion des Polymerisationsgrades .. 36 1.21 Natürlicher Logarithmus der Bindungswinkelkorrelationsfunktion für zwei-
dimensionale Systeme. . . . . . . . . . . . . . . . . 36 1.22 Expansionsfaktor a 2 für N=256 und b=2 und b=8 . 37 1.23 Test der logarithmischen Sublinearität von L p . . . 38 1.24 Skalenverhalten gemäß Renormierungsansatz . . . . 39 1.25 Elektrostatische Persistenzlänge als Funktion der Abschirmlänge 40 1.26 Kettenlängenabhängigkeit des sphärisch gemittelten Strukturfaktors 41 1.27 Abschirmlängenabhängigkeit des sphärisch gemittelten Strukturfaktors 42 1.28 Strukturfaktor entlang der 1. Hauptträgheitsachse . . . . . . . . . . . . 43
iv
1.29 1.30 1.31
2.1 2.2 2.3 2.4 2.5
2.6 2.7
2.8
2.9
2.10
2.11 2.12 2.13 2.14 2.15
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Anpassung der Strukturfaktoren .................. . Nlaß für die Persistenzlänge aus dem Strukturfaktorknick . . . . . Erweiterung der Strukturfaktoren um die neutralen Kettenanteile
44 45 46
Bindungswinkelkorrelationsfunktion neutraler Ketten . . . . . . . 51 Bindungswinkelkorrelationsfunktion flexibler, geladener Ketten . . 51 Bindungswinkelkorrelationsfunktionen für A = 32 und verschiedene Kr W"erte 53 NIittlerer quadratischer Ablenkwinkel der Kettenausrichtung . . . . . . .. 54 Elektrostatische Persistenzlänge L e als Funktion der Abschirmlänge für verschiedene intrinsische Persistenzlängen Lo. . . . . . . . . . . . . . . . . .. 55 Persistenzlänge L p als Funktion der intrinsischen Persistenzlänge L o . . .. 56 Mittlerer Ladungsabstand und End-zu-End-Abstand als Funktion der intrinsischen Persistenzlänge Lo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 57 Natürlicher Logarithmus der Bindungswinkelkorrelationsfunktion für verschiedene intrinsische Persistenzlängen bei K, = 0.01 . . . . . . . . . . . .. 58 Persistenzlängen gemäß Kratky-Porod-Analyse als Funktion der intrinsi-schen Persistenzlänge L o . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 58 Sphärisch gemittelter Strukturfaktor in Abhängigkeit von der intrinsischen Steifigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 60 An passung der Strukturfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 60 Vergleich zwischen Simulation und Experiment anhand des Strukturfaktors 61 End-zu-End-Abstand für Polyelektrolyte mit zufällig verteilten Ladungen. 62 Ladungsabstand für Polyelektrolyte mit zufällig verteilten Ladungen. . .. 62 Bindungswinkelkorrelationsfunktion für Polyelektrolyte mit zufällig verteil-ten Ladungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 63
3.1 Veranschaulichung des Gitters aus periodischen Bildern der zentralen Si-mulationsbox zur Summation der Coulomb-Wechselwirkung ........ 69
3.2 Veranschaulichung der zur ursprünglichen Ladung hinzugefügten Ladungsverteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 70
3.3 Veranschaulichung der Unterteilung der Simulationsbox in Level in der Fast Multipole-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 72
3.4 Zweidimensionale Veranschaulichung der Konvergenzsphäre der Multipol-entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
3.5 Zugehörigkeit der Teilchen zu den Wechselwirkungslisten 73 3.6 Veranschaulichung des Bindungspotentials . . . 81 3.7 Veranschaulichung der Wirkungweise einer Skin 82 3.8 Abhängigkeit der CPU-Zeit von der Skin . . . . 84 3.9 Abhängigkeit der CPU-Zeit von der Boxzahl . . 85 3.10 Abhängigkeit der CPU-Zeit von der Gittergröße 85 3.11 Abhängigkeit der CPU-Zeit von der Ordnung der Interpolation IP 87 3.12 Vergleich des CPU-Zeit-Bedarfs zwischen der sphärischen Approximation
an die Ewald-Summe und der PME-Methode . . . . . . . . 89
4.1 Bindungslänge als Funktion der debyesehen Abschirmlänge 93 4.2 Gyrationsradius als Funktion der debyesehen Abschirmlänge 93
ABBILDUNGSVERZEICHNIS v
4.3 Natürlicher Logarithmus der Bindungswinkelkorrelationsfunktion: Vergleich Coulomb- und Debye-Hückel-Daten . . . . . . . . . . . . . 94
4.4 Strukturfaktor für K, = 0.01 ................. 96 4.5 Dichte- und Kettenlängenabhängigkeit der Bindungslänge . 98 4.6 Finite-size-Effekte des natürlicher Logarithmus der Bindungswinkelkorre-
lation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 4.7 End-zu-End-Abstand als Funktion der Kettenlänge . . 98 4.8 Charakteristisches Verhältnis r als Funktion der Dichte 98 4.9 Strukturfaktor der Einzelkette . . . . . . . . . . . . . . 99 4.10 Osmotischer Druck TI als Funktion der Dichte ..... 100 4.11 Anzahl der kondensierten Gegenionen als Funktion der Dichte 101 4.12 Orientierungskorrelationsfunktion und deren Zeitentwicklung 103 4.13 Paarkorrelationsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 4.14 Strukturfaktor des Gesamtsystems. . . . . . . . . . . . . . . . 106 4.15 Verhältnis des Strukturfaktors des Gesamtsystems zum Einzelkettenstruk-
turfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 4.16 Strukturfaktor der Massenschwerpunkte ............ 106 4.17 Strukturfaktor der Polymerverteilung und der Ionenverteilung 106 4.18 Vergleich der Start- und der Endkonfiguration der Simulation 107
5.1 5.2 5.3
5.4 5.5 5.6 5.7
5.8 5.9 5.10 5.11
Gyrationsradius für schwache Hydrophobizität . . . . . . . . . Vergleich der Strukturfaktoren für verschiedene Hydrophobizitäten . Strukturfaktoren hydrophiler und schwach hydrophober Ketten für die D· I - -1-3 1C Ite p - 10 (7 ........................... .
112 113
114 End-zu-End-Abstand als Funktion des lVlanning-Verhältnisses ~M 115 Anzahl der kondensierten Gegenionen als Funktion der Bjerrum-Länge AB 116 Sphärisch gemittelter Strukturfaktor als Funktion der Bjerrum-Länge AB . 116 Zeitentwicklung des End-zu-End-Abstandes geladener Ketten für verschie-dene Hydrophobizitäten ...... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Abhängigkeit des End-zu-End-Abstands-Quadrates von der Hydrophobizität119 Skalenanalyse zur Bestimmung des ß-Punktes ................ 119 Dichteabhängigkeit der Bindungslänge .................... 121 Dichteabhängigkeit des End-zu-End-Abstandes und des charakteristischen Verhältnisses .................................. 122
5.12 Schnappschuss der Simulationsbox und eine typische Polyelektrolytkonfor-mation für p = 2 . 10-1(7-3 ........................... 124
5.13 Schnappschuss der Simulations box und eine typische Polyelektrolytkonfor-mation für p = 2 . 10-2(7-3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
5.14 Anzahl der kondensierten Gegenionen als Funktion der Dichte . . . . 125 5.15 Sphärisch gemittelter Strukturfaktor in Abhängigkeit von der Dichte. 126 5.16 Details des sphärisch gemittelten Strukturfaktors ........... 127 5.17 Schnappschuss der Simulationsbox und eine typische Polyelektrolytkonfor-
mation für p = 2 . 10-3(7-3 ........................... 128 5.18 Schnappschuss der Simulationsbox und eine typische Polyelektrolytkonfor
mation für p = 2 . 10-4(7-3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
VI ABBILDUNGSVERZEICHNIS
5.19 Schnappschuss der Simulationsbox und eine typische Polyelektrolytkonfor-mation für p = 2 . 1O-5 (}-3 ........................... 129
5.20 Schnappschuss der Simulationsbox und eine typische Polyelektrolytkonfor-mation für p = 2 . 10-6 (}-3 . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
5.21 Strukturfaktor der Gegenionenverteilung . . . . . . . . . . . . . 132 5.22 l\IIinimum des Strukturfaktors der Gegenionenverteilung . . . . . 134 5.23 Zweites IVlaximum des Strukturfaktors der Gegenionenverteilung 135
Tabellenverzeichnis
2.1 Intrinsische Persistenzlängen neutraler Ketten ....... . 2.2 Elektrostatische Persistenzlängen flexibler, geladener Ketten
B.1 Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 256 und
51 51
b = 2 ....................................... 157 B.2 Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener IvIonomere ge für N = 256 und
b = 8 ....................................... 158 B.3 Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener IvIonomere ge für N = 128 und
b = 2 ....................................... 158 B.4 Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 128 und
b = 8 ....................................... 158 B.5 Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 128 und
b = 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . , , , . . . . 158 B.6 Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener IvIonomere ge für N = 128 und
b = 16 ..... 0 • 0 •• 0 •• 0 •• 0 0 0 0 •• 0 0 • 0 0 0 0 0 0 • 0 0 0 • 0 • 158 B.7 Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 64 und
b = 2 . 0 ••• 0 0 0 • 0 0 0 0 0 •• 0 0 0 0 • 0 • 0 0 0 •• 0 •• 0 0 0 •• 0 • 0 159 Bo8 Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 64 und
b = 4 .... 0 ••• 0 •• 0 0 • 0 ••• 0 • 0 ••• 0 • 0 0 • 0 0 0 •• 0 0 • 0 • 159 B.9 Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 64 und
b = 8 . 0 0 0 • 0 0 0 • 0 0 0 • 0 • 0 0 •• 0 • 0 0 0 0 0 •• 0 •• 0 0 0 •• 0 • 0 159 Bo10 Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener IvIonomere ge für N = 64 und
b = 16 ... 0 ••• 0 ••• 0 • 0 ••••• 0 • 0 •• 0 0 0 0 • 0 •••• 0 • 0 • 159 B.11 Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 32 und
b = 2 ... 0 • 0 0 ••• 0 0 • 0 • 0 • 0 • 0 ••• 0 0 ••• 0 •• 0 • 0 ••••• 159 B.12 Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 32 und
b = 4 0 ••• 0 0 •• 0 ••• 0 • 0 ••••• 0 •••• 0 0 ••• 0 • 0 •• 0 ••• 159 B.13 Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 32 und
b = 8 . 0 • 0 • 0 • 0 ••• 0 0 • 0 • 0 0 0 • 0 ••••• 0 0 • 0 • 0 •• 0 0 • 0 • 159 B.14 Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 32 und
b = 16 . 0 • 0 • 0 • 0 0 0 •• 0 • 0 0 •• 0 •• 0 0 0 ••• 0 •• 0 • 0 •• 0 •• 159 B.15 Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 16 und
b = 2 . 0 0 •• 0 • 0 •••• 0 • 0 •• 0 0 •••••• 0 0 0 •• 0 ••••••• 0 160 B.16 Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 16 und
b = 4 0 • 0 ••• 0 •• 0 0 0 • 0 • 0 0 0 • 0 ••• 0 0 ••• 0 0 • 0 •• 0 0 • 0 • 160
viii TABELLENVERZEICHNIS
B.17 Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 16 und b = 8 ....................................... 160
B.18 Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 16 und b = 16 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
B.19 Elektrostatische Persistenzlänge für N = 128 und b = 2 161 B.20 Elektrostatische Persistenzlänge für N = 256 und b = 2 161 B.21 Elektrostatische Persistenzlänge für N = 128 und b = 8 162 B.22 Elektrostatische Persistenzlänge für N = 256 und b = 8 162 B.23 Elektrostatische Persistenzlänge für N = 128 und b = 4 162 B.24 Elektrostatische Persistenzlänge für N = 128 und b = 16 . 162 B.25 Elektrostatische Persistenzlänge aus den Strukturfaktoren für N = 256 und
b = 2 ...................................... 163 B.26 Elektrostatische Persistenzlänge aus den Strukturfaktoren für N = 256 und
b = 8 .......................... 163 B.27 Elektrostatische Persistenzlänge für N = 64 und b = 2 164 B.28 Elektrostatische Persistenzlänge für N = 64 und b = 4 164 B.29 Elektrostatische Persistenzlänge für N = 64 und b = 8 164 B.30 Elektrostatische Persistenzlänge für N = 64 und b = 16 164 B.31 Elektrostatische Persistenzlänge für N = 32 und b 2 164 B.32 Elektrostatische Persistenzlänge für N = 32 und b = 4 . 164 B.33 Elektrostatische Persistenzlänge für N = 32 und b = 8 . 165 B.34 Elektrostatische Persistenzlänge für N = 32 und b = 16 165 B.35 Elektrostatische Persistenzlänge für N = 16 und b = 2 . 165 B.36 Elektrostatische Persistenzlänge für N = 16 und b = 4 . 165 B.37 Elektrostatische Persistenzlänge für zweidimensionale Systeme mit flexiblen
Bindungslängen für N = 128 und b = 10 ................... 166 B.38 Elektrostatische Persistenzlänge für zweidimensionale Systeme mit festen
Bindungslängen für N = 128 und b = 10 ................... 166 B.39 Elektrostatische Persistenzlänge für zweidimensionale Systeme mit flexiblen
Bindungslängen für N = 128 und b = 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 B.40 Elektrostatische Persistenzlänge für zweidimensionale Systeme mit festen
Bindungslängen für N = 512 und b = 10 .............. 166 B.41 Elektrostatische Persistenzlängen aus den Coulomb-Simulationen . 167 B.42 Elektrostatische Persistenzlängen aus den Coulomb-Simulationen . 167 B.43 Persistenzlängen für hydrophile Ketten . . . . . . 168 B.44 Persistenzlängen für schwach hydrophobe Ketten 168 B.45 Crossoverlängenskala für A = 4 . 169 B.46 Crossoverlängenskala für A = 32 . . . . . . . . . . 170 B.47 Crossoverlängenskala für A = 128 . . . . . . . . . 170 B.48 CPU-Zeiten für eine dreidimensionale FFT auf der T90 171 B.49 CPU-Zeiten für die PME-Routine auf der T90 . . . . . 171 B.50 Vergleich der CPU-Zeiten pro MD-Schritt für die betrachteten Methoden 172 B.51 Position der Strukturfaktormaxima hydrophiler Polyelektrolyte für N = 32 173 B.52 Position der Strukturfaktormaxima hydrophiler Polyelektrolyte für N = 16 173 B.53 Strukturdaten stark hydrophober Polyelektrolyte .............. 174
TABELLENVERZEICHNIS IX
B.54 Strukturdaten schwach hydrophober Polyelektrolyte . . . 174 B.55 Strukturdaten hydrophiler Polyelektrolyte . . . . . . . . 175 B.56 Effektive Exponenten der Einzelketten-Strukturfaktoren . 175 B.57 Position des Minimums der Strukturfaktoren der Gegenionenverteilung 175 B.58 Dichtevariation der effektiven Abschirmung für hydrophobe Polyelektrolyte 176 B.59 Dichtevariation der effektiven Abschirmung für hydrophile Polyelektrolyte . 177
x TABELLENVERZEICHNIS
Einleitung
Elektrisch geladene ~ilakromoleküle, kurz als Polyelektrolyte und Ionomere bezeichnet, zählen trotz ihres häufigen Vorkommens und ihrer großen praktisch-technologischen Relevanz [1], zu den am wenigsten verstandenen Materialien im Bereich der kondensierten Materie. Die praktischen Anwendungen reichen von der Erhöhung der Fließgeschwindigkeit in Ölpipelines und Löschwasserleitungen über die Fällung von Schwermetallen bis zu Halbfettlebensmitteln und Superabsorbern z.B. in Babywindeln. Besonderes wissenschaftliches Interesse wird den Polyelektrolyten neben den chemischen und physikalischen Aspekten insbesondere von Seiten der Biologie [2] entgegen gebracht, da ein großer Teil der Biopolymere Polyelektrolyte sind (z.B.: DNA, RNA, nahezu alle Proteine). Das Ziel der vorliegenden Arbeit stellt die Beschreibung der Polyelektrolyte durch vereinfachte Modelle im Rahmen der statistischen Physik dar, welche vor allem mit der Methode der Computersimulation untersucht werden. Hierbei lässt sich auf den erfolgreichen Methoden der Simulation neutraler Polymere aufbauen [3,4]. Polymere stellen chemische Verbindungen dar, die durch wiederholte Verknüpfung relativ kleiner, meist organischer Moleküle, der sogenannten Monomere, entstehen. Die Anzahl der Monomere bezeichnet man als Polymerisations grad. Dieser liegt typischerweise zwischen 103 und 105 . Wesentlich für die Anwendung vereinfachter statistischer Modelle, die sich u. a. mittels Computersimulation lösen lassen, sind die Universalität und damit verknüpft die Selbstähnlichkeit. Auf der Ebene der kleinsten LängenskaIen (O(lA)) spielt die chemische Struktur eine wichtige Rolle. Betrachtet man das Polymer jedoch ein wenig ungenauer aufgelöst, so kann die betrachtete Längenskala bis an die Größe des Moleküls (O(1000A)) herangeführt werden, ohne dass das Polymer statistisch andere Eigenschaften erhält. Hierauf basiert die Einführung der statistischen oder kulmschen Segmente [5], welche jeweils eine Gruppe chemischer Monomere zusammenfassen (s. Abbildung E.1). Es ergibt sich weiterhin, dass alle interessanten Glößen des Polymers durch universelle Abhängigkeiten von wenigen Systemparametern beschrieben werden können. Nur die Vorfaktoren spiegeln den Einfluss der Chemie wider. Das bekannteste Beispiel ist die Abhängigkeit der Polymerradien vom Polymerisationsgrad, so z.B. der Abstand der beiden Endmonomere Rend :
v ist ein universeller Exponent, der nur von der Art der Wechselwirkung zwischen den Monomeren und den Lösungsmittelmolekülen abhängt. Die Konstante C enthält den Einfluss aller chemischen Details. Das theoretische Verständnis neutraler Polymere ist inzwischen weit entwickelt (s. z.B.: [5-7]). Die theoretisch-analytische Beschreibung der Polyelektrolyte hingegen gestaltet
2 Einleitung
Abbildung E.1: Schematische Darstellung der kuhnschen Segmente [5}
sich als außergewöhnlich schwierig, da die zusätzliche, langreichweitige, elektrostatische Wechselwirkung neue LängenskaIen und Freiheitsgrade einführt. Insbesondere die große Anzahl von Freiheitsgraden der Gegenionen und deren Fluktuationen stellen ein schwierig zu fassendes Problem dar. Daher beschränkt sich die analytische Theorie häufig auf einzelne, geladene Ketten und greift auf bekanntermaßen schlechte mean-field-Ansätze (s. Kapitell) zurück. Experimentelle Untersuchungen sind insbesondere im analytisch zugänglichen Bereich (z.B.: extreme Verdünnung) außerordentlich schwierig und teilweise unmöglich. Die Computersimulation ermöglicht es, eine Brücke zwischen den theoretischen Ansätzen und den experimentellen Resultaten zu schlagen und diese teilweise zu erweitern, da der gesamte zu Grunde liegende Parameterraum zugänglich ist.
'Während neutrale Polymere meist unpolar sind und sich daher bevorzugt in unpolaren Lösungsmitteln lösen, sind Polyelektrolyte bedingt durch ihre starke Polarität bzw. ihre freien Ladungen prädestiniert für polare Lösungsmittel (s. Abbildung E.2). Das hierauf beruhende hydrophile Verhalten ist Grundlage ihrer biologischen Bedeutung und der meisten technischen Anwendungen.
Offensichtlich spielen die Ladungsdichte und die Eigenschaften der neutralen Teile der Kette eine entscheidende Rolle für die sich ausprägende Struktur. Weiterhin erzeugen die Ladungen völlig neue Effekte. Durch die Dissoziation von den Ketten können die Ionen die freie Energie des Systems senken, da ihr Entropiegewinn den Entropieverlust der Kette durch Versteifung und den enthalpischen Anteil überwiegen kann. Eine zu hohe Ladungsdichte auf der Kette hat jedoch einen großen enthalpischen Beitrag zur Folge, so dass eine Wieder anlagerung der Gegenionen an die Kette verursacht wird. Dieser Prozeß wird als Manning-Kondensation [9-11] oder Gegenionen-Kondensation bezeichnet. Dissoziation und Kondensation beeinflussen die Konformation der Kette entscheidend. Dies ist anschaulich verständlich, da sich die gleichartigen Ladungen entlang der Kette abstoßen und das NIolekül somit strecken. Es soll hier kurz angemerkt werden, dass die inneren Freiheitsgrade der Kette und die häufig vergleichsweise geringe Anzahl von Ladungsträgern diese Systeme deutlich von ladungsstabilisierten Kolloiden unterscheiden. Polymere, welche sowohl positiv als auch negativ geladene Monomere enthalten, bezeichnet man als Polyampholyte. Diese zeigen äußerst interessantes und insbesondere bei näherungsweiser elektrischer Neutralität des Gesamtmoleküls (ohne Gegenionen ) sehr von Polyelektrolyten abweichendes Verhalten (z.B.: Kollaps des Moleküls, [12-15]). Sy-
Einleitung 3
0) rv CH2 -CH rv
0-so3- Na+
b) rv CH2 CH2 rv
"" / CH-CH I I CH2 CH2
""N/ Cl-
/ " H3C CH3
Abbildung E.2: Strulcturformeln typiscller Polyelektrolyte: a) aniol1isch: Sulfoniertes Polystyrol mit Natriumgegeniol1, b) kationisch: Poly(Diallyldimethylammol1iumchlOTid) [8}
sterne dieser Art werden im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht näher betrachtet. Der vernachlässigte Freiheitsgrad bewirkt jedoch nicht zwangsläufig eine Vereinfachung des Problems, da die unterschiedlichen Ladungen zu Kompensationseffekten führen können, welche in Polyelektrolyten nicht auftreten. Durch die Steigerung der zur Verfügung stehenden Rechenkapazität wurden in der Vergangenheit sehr erfolgreich Simulationen von Polymersystemen mit kurzreichweitiger Wechselwirkung durchgeführt (s. z.B.: [3,4]). Die Entwicklung moderner Algorithmen und der Einsatz aktueller Supercomputer erlauben seit kurzem die Simulation von Systemen geeigneter Größe unter voller Berücksichtigung der langreichweitigen Wechselwirkungen (vergl. Kapitel 3), wie die Abbildungen E.3 und E.4 verdeutlichen. Die Schwerpunkte der hier vorgestellten Untersuchungen liegen auf zwei Aspekten: zum Einen dem Test widerstreitender, theoretischer Ansätze zur Beschreibung der einzelnen Kette und zum Zweiten der Simulation flexibler, schwerpunktmäßig hydrophober Ketten unter expliziter Berücksichtigung der Gegenionell. Die algorithmischen Vorarbeiten, ,velche das zweite Projekt erfordert, gestatten es, dass die wenigen vor Beginn dieser Arbeit in der Literatur behandelten Aspektel mehrere Erweiterungsfaktoren durch die Variation der Ladungsdichte, der Lösungsmittelqualität relativ zu den polaren Gruppen und insbesondere zum neutralen Kettenrückgrat, der Variation der Konzentration sowie der Valenz zugefügter Salzionen erhalten. Diese eröffnen ein weites Feld und erlauben die systematische Untersuchung von Effekten zentraler Bedeutung, so z.B. der Gegenionen-Kondensation. Die vorliegende Arbeit legt ihren Schwerpunkt auf den experimentell außerordentlich relevanten Fall der Ketten, deren neutrale Nlonomere hydrophobe Eigenschaften aufweisen. Den Abbildungen E.3 und E.4 entnimmt man Realisierungen typischer Systeme.
1 Vor Beginn der hier vorgestellten Arbeit lag nur ein umfassender Datensatz zu hydrophilen, stark geladenen Polyelektrolyten von 1\l1.J. Stevens und K. Kremer vor [16-18]. Weiterhin existierten einige kleinere Simulationen zu ganz spezifischen Fragen, welche allerdings nur Einzelketten mit Vergleichsweise schlechter Statistik oder sehr kurzen Kettenlängen untersuchten (s. z.B.: [19-23]).
4 Einleitung
Abbildung E.3: Darstellung einer Simulationsbox eines typischen Systems: 16 hydrophile Ketten, Pol,Ymerisa.tiollsgl'ad 94, Dichte p = 10-2
0--3
"~' .. : ~ "
V:~
. , ,
. ' " ' tJ
, , "
. '
. fj:
Abbildung E.4: Dm'stellung typischer Simulationsboxen für 16 Polyelektrolytketten bei der Dichte p = 10-30--3 : links: hydrophil, Polymerisationsgrad 94; rechts: hydrophob, Polymeristationsgrad 190
Kapitell
Die Einzelkette im Rahmen der De bye-H ückel-Theorie
1.1 Motivation
Im },/Iittelpunkt dieses Kapitels steht die Beschreibung der Einzelkette, also extrem verdünnter Systeme, in denen sich die Moleküle wechselseitig nicht beeinflußen. Diese Randbedingung verursacht enorme Schwierigkeiten für die experimentelle Untersuchung, so mangelt es z.B. Streuexperimenten an Kontrast. Dennoch ist ein großer Teil der theoretisch-analytischen Zugänge in diesem Konzentrationsbereich angesiedelt (vergl. [24]). Nahezu alle analytischen Arbeiten benutzen zur Beschreibung der Coulomb-Wechselwirkung das sogenannte Debye-Hückel- (oder Yukawa-) Potential:
11 ( ,) _ z exp( -K;1') Z, k T exp ( -K;1')
DH 1 - -/\B B 47fESEo l' e l'
(1.1 )
Dieses stellt die kugelsymmetrische Lösung der linearisierten Poisson-Boltzmann-Gleichung dar [25J. Der Einfluss der Gegen- und Salzionen wird durch eine effektive, exponentielle Abschirmung beschrieben. Der inverse Abschirmparameter 1'D = ~, die DebyeLänge, ist ein Maß für die Reichweite der vVechsehvirkung und vvird im Mittelpunkt des Interesses stehen. Es sei hier angemerkt, dass K; über K; = y'47fABPS mit der Salzkonzentration Ps und damit der von den Experimentalphysikern und Chemikern häufig benutzten Ionenstärke I rv Ps ::::} K; rv VI zusammenhängt. Im Rahmen dieser Arbeit wird ausschließlich K; bzw. 1'D = ~ zur Beschreibung der Abschirmung Verwendung finden. Die rechte Seite von Gleichung 1.1 stellt die zur Beschreibung von Polyelektrolytsystemen übliche Form dar, wobei kB die Boltzmannkonstante, T die Temperatur und damit kBT die thermische Energie bezeichnet. Die Variable z repräsentiert die Ladung der Teilchen, T ihren Abstand und EO sowie ES stellen die Dielektrizitätskonstante des Vakuums bzw. des Lösungsmittels dar. Die Bjerrum-Länge
(1.2)
mißt den Abstand, an dem die thermische Energie mit der unabgeschirmten Coulombenergie zweier Einheitsladungen übereinstimmt. Sie stellt somit ein Maß für die Stärke der elektrostatischen Wechselwirkung dar.
6 Die Einzelkette im Rahmen der Debye-Hückel-Theorie
Das Debye-Hückel-Potential weist offensichtliche Mängel auf. So sollte es prinzipiell nur im Fall schwacher elektrostatischer Wechselwirkung Anwendung finden, was sich aus der Originalableitung entnehmen läßt. Diese Voraussetzung ist im Falle der Polyelektrolyte oft nicht erfüllt. Um diesen Punkt zu verdeutlichen, soll die Ableitung im Folgenden kurz in ihren wesentlichen Aspekten skizziert werden. Das Debye-HUckel-Potential wurde ursprünglich als 'iVechselwirkungspotential zwischen Teilchen eines schwach wechselwirkenden Plasmas bestimmt [25]. In einem Volumen befinden sich jeweils nao Teilchen der Sorte a mit der Ladung Za pro Teilchen. Die Elektroneutralität des Plasmas verlangt
LZa' nao = 0 a
(1.3)
Jedes Ion schafft um sich eine im Mittel kugelsymmetrische, inhomogen geladene Ionenwolke, da kein Teilchen ausgezeichnet ist. Dies bedeutet, dass die Dichte der Verteilung der Ionen bezüglich einer gegebenen Ladung nur vom Abstand abhängen wird. Die Dichte der Ionen der Sorte a in dieser Ionenwolke wird mit na bezeichnet. Die Ladungen werden sich gemäß der Boltzmann-Verteilung anordnen:
(1.4)
Hierbei stellt <p(r) das vom betrachteten zentralen Ion erzeugte Potential dar, so dass Za <p( r) die elektrostatische Energie eines Ions der Sorte a in diesem Feld ist. Der Koeffizient ist gleich nao, weil weit vom Zentrum entfernt das Potential abklingt (<p ---+ 0) und die Dichte der Ionenwolke in die mittlere Ionendichte des Plasmas übergehen muss. Das Potential <p(r) des Feldes in der Ionenwolke hängt mit der LadungsdichteI:a Zana durch die Poisson-Gleichung zusammen:
(1.5)
Die Gleichungen 1.4 und 1.5 bilden ein Gleichungssystem für das selbstkonsistente, elektrische Feld der Ladungen. Gleichung 1.4 eingesetzt in Gleichung 1.5 ergibt die PoissonBoltzmann-Gleichung:
1 '" ( za<P(r)) 6<p(r) = -- L.,; ZanaO exp - k T eseo a B
(1.6)
Die allgemeine Lösung dieser Gleichung ist nicht bekannt. Nimmt man an, dass die Wechselwirkung der Ionen klein im Verhältnis zur thermischen Energie ist,
Va, (1. 7)
kann Gleichung 1.4 durch Entwickeln der Exponentialfunktion vereinfacht werden zu
na(r) = nao - ::~<p(r) + O((k:T)2) (1.8)
1.1 Motivation 7
Setzt man diesen Ausdruck bis zur linearen Ordnung in Gleichung 1.6 ein, so ergibt sich
(1.9)
Der erste Term der rechten Seite verschwindet identisch auf Grund der Neutralität des Gesamtsystems (vergl. Gleichung 1. 3). Somit resultiert
(1.10)
mit dem bereits angegebenen Abschirmparameter
(1.11)
Dies ist für monovalentes Salz mit der oben angegebenen Abhängigkeit K, = y'47r ABPS identisch. Die kugelsymmetrische Lösung von Gleichung 1.10 lautet:
exp( -K,f) rp (r) = const ------'----
r (1.12)
Die Konstante bestimmt sich aus der Randbedingung für extrem kleine Abstände von der betrachteten Ladung(r --+ 0), da das Feld dort mangels Abschirmung in das reine Coulomb-Feld übergehen muss:
wenn z die zentrale Ladung ist. Daraus folgt, dass die Konstante gleich ~ABkBT sein muss und somit:
( ) _ Z \ k Texp(-K,r)
rpDH f - -/IB B e f
(1.13)
Es wird somit deutlich, dass dieses Potential nur im Fall verhältnismäßig schwacher elektrostatischer \iVechselwirkung gültig sein kann. Weiterhin bedarf es einer größeren Anzahl von Ladungen, die zur Abschirmung beitragen, um der Idee der Ladungsdichte in der Boltzmann-Gleichung 1.4 gerecht zu werden. Zusätzlich besitzt das Potential das Problem, die Manning-Kondensation nicht adäquat beschreiben zu können. Da die Gegenionenkondensation durch ein Übergewicht der elektrostatischen Energie relativ zum entropischen Teil der freien Energie hervorgerufen wird, definiert man im Rahmen des Debye-Hückel-IvIodells den Abstand zweier Ladungen entlang der Kette b ad hoc als größer gleich der Bjerrumlänge:
(1.14)
Diese Argumentation stellt den üblichen Analogieschluss vom exakten Resultat für den unendlich ausgedehnten Stab auf flexible Polyelektrolyte dar und wird nach G. Manning, der diese Idee auf Polyelektrolyte übertragen hat, häufig Manning-Kondensation
8 Die Einzelkette im Rahmen der Debye-Hückel-Theorie
genannt [9J. Die physikalische Idee aus L. Onsagers Originalarbeit [26J zum Stab ist leicht verständlich [27J und soll hier kurz wiedergegeben werden. Man betrachte einen unendlich langen Stab, der eine Linienladungsdichte Po = E besitzt, wobei b der Abstand zweier benachbarter Ladungen ist. Das vom Stab hervorgerufene Potential hat einen logarithmischen Verlauf. Dadurch ändert sich die mittlere elektrostatische Anziehung, "wenn man einem Gegenion ein größeres Volumen Vi rv il --+ 112 rv Ti zur Verfügung stellt um
(1.15)
Die Entropie wird vom Volumen bestimmt, welches dem Ion zur Verfügung steht, da sie der natürliche Logarithmus des statistischen Ge"wichts eines Zustandes und damit der natürliche Logarithmus der Anzahl seiner Realisierungen ist. Es ist anschaulich leicht nachvollziehbar, dass die Anzahl der möglichen Zustände des Ions proportional dem verfügbaren Volumen ist. Somit gewinnt das Ion bei Volumenzuwachs Entropie der Translationsbewegung:
1~ T2 D,.Fs rv kBT D.S rv kBT In(-) rv 2kBT In( -)
1~ Tl (1.16)
Beide Beiträge skalieren somit logarithmisch mit dem Abstand. Aus diesem Grund kommt den Vorfaktoren entscheidende Bedeutung zu:
( 1.17)
Es folgen zwei Fälle:
• )..: < 1 :::} D,.Fs dominiert über D.Fel . Das Ion wird sich vom Stab entfernen und das ganze mögliche Volumen ausschöpfen.
CD )..: > 1 :::} Die elektrostatische Anziehung dominiert das Verhalten. Das Ion "kondensiert ".
Die relevante Bedingung )..: :z 1 ist bei gleicher Valenz der lVlonomere und der Gegenionen äquivalent damit, dass die Coulomb-Wechselwirkung zweier benachbarter Ladungen und damit aller Ladungspaare auf der Kette kleiner als kBT ist. Hierauf basiert der häufig benutzte Gedanke, einem Gegenion generell eine Translationsentropie von 1kB T zuzuordnen und anschaulich zu argumentieren, dass die elektrostatische Wechselwirkung stärker sein muss als 1kB T um die Entropie überkompensieren zu können. Es wird weiterhin deutlich, dass dieser Zugang keinerlei Aussage über Bindungen im chemischen Sinne macht. Kondensation bedeutet nur, dass ein Ion in einem kleinen Volumen um das lVlolekül gefangen ist. Im oben beschriebenen, exakt lösbaren Fall des unendlich ausgedehnten Stabes besitzt das Ion völlige Freiheit in Richtung der Stabachse, weil das System diesbezüglich translationsinvariant ist. Im realen Experiment ist die Bildung einer chemischen Bindung jedoch durchaus möglich und wird die quantitativen Resultate stark beeinflussen. Um selbige zu berücksichtigen bedarf es eines zusätzlichen Bindungspotentials.
1.2 Theoretischer Hintergrund 9
Schließlich, und in gewissem Sinne weitaus gravierender als die vorangegangenen Defizite, zeigten erste Simulationen stark geladener Polyelektrolytketten [16], in denen die Gegenionen explizit berücksichtigt wurden, dass das Debye-Hückel-Potential keine exakte Beschreibung der Konformationen von Polyelektrolyten liefert [28]. Dennoch ist es ein lohnendes Untersuchungsobjekt, da selbst das vermeintlich einfachste Problem einer einzelnen Kette in der Debye-Hückel-Näherung analytisch nicht exakt gelöst ist und insbesondere für intrinsisch flexible Ketten zwei widerstreitende, approximative Resultate kontrovers diskutiert wurden (s. Kapitel 1.2). Das Hauptziel dieses Kapitels liegt also nicht in einer Beschreibung, welche so physikalisch als möglich ist, sondern darin, mittels Computersimulation des allen analytischen Zugängen zu Grunde liegenden Modells, die Vorteile und Schwachstellen der vorgeschlagenen Theorien zu beleuchten. Dennoch erlaubt der Vergleich der vorliegenden Daten mit Experimenten und anderen Simulationen Aussagen über die allgemeine Gültigkeit des Debye-Hückel-Zuganges.
1.2 Theoretischer Hintergrund
1.2.1 Intrinsisch steife Polyelektrolyte
Als intrinsisch steif werden im Rahmen dieser Arbeit Polymere bezeichnet, die ohne den Einfluss der elektrostatischen Wechselwirkung bereits stark gestreckt sind und sich Biegungen bzw. Konformationsänderungen stark widersetzen. Die chemischen Ursachen hierfür können recht unterschiedlich sein (sterische Behinderung, vVasserstoffbrückenbindungen etc.). Ein Beispiel stellt die doppelsträngige DNA dar. Zur theoretischen Beschreibung solcher Systeme wird das IVIodell wurm artiger Ketten [35] herangezogen. Eine wurm artige Kette basiert auf einem Random 'iValk und besitzt eine zusätzliche Längenskala, welche die Steifigkeit des Moleküls beschreibt. Diese Länge wird als Persistenzlänge bezeichnet. Die definierende Eigenschaft der wurmartigen Kette ist eine exponentiell zerfallende Winkelkorrelation:
--+ --+ ~s (t(s) . t(s + ~s)) rv exp( --)
L p (1.18)
tt s) bezeichnet hier bei den Tangenteneinheitsvektor an die als kontinuierliche Raumkurve i( s) betrachtete Kette:
(1.19)
Die inverse Zerfallskonstante definiert die Persistenzlänge. Je größer L p ist, desto langsamer zerfällt die Korrelation, was bedeutet, dass die Tangentenvektoren auf größeren Konturabständen noch nahezu in die gleiche Richtung zeigen, die Kette also stark ausgerichtet ist. Um diesen entropisch ungünstigen Zustand zu erhalten, bedarf es einer großen Biegeenergie. Diese wird im Wesentlichen von der Krümmung bestimmt. Es gilt:
~E. _ J{ rL (ä2i(s))2 d
Bzege - 2 Ja äs2 s (1.20)
10 Die Einzelkette im Rahmen der Debye-Hückel-Theorie
Hierbei bezeichnet L = (N - 1) . b2 die Konturlänge der Kette und J{ = kBT· Lp die Biegesteifigkeit. J{ ist im allgemeinen Fall ein Tensor zweiter Stufe. Hier wird jedoch keine Richtung senkrecht zum Stab ausgezeichnet. An Gleichung 1.20 erkennt man, dass die Persistenzlänge ein direktes Maß für die Steifigkeit der Kette darstellt. Aus Gleichung 1.18 läßt sich folgern, dass die Persistenzlänge auch die Kettendimension bestimmt. Es gilt [5]
(1.21)
Es soll bemerkt werden, dass Gleichung 1.21 im Limes L ~ L p übergeht in
(1.22)
und somit Random Walk-Verhalten liefert. Anschaulich und sehr vereinfacht kann man persistente Ketten als aus steifen Segmenten der Länge L p , die gegeneinander flexibel sind, aufgebaut ansehen. Ende der 70er Jahre gaben Odijk [29-32] und gleichzeitig Skolnick und Fixman [33,34] eine allgemein anerkannte Beschreibung der Polyelektrolyte im sogenannten "Stäbchenlimit". Sie betrachteten das Polymer als einen festen, geraden Stab, dessen Energie sich aus einem Biegeanteil und der elektrostatischen Abstoßung zusammensetzt. Wichtig ist, dass die elektrostatische Energie als klein im Vergleich zur Biegeenergie vorausgesetzt wird und somit als Störung betrachtet werden kann. Eine zentrale Rolle kommt im Rahmen dieser Beschreibung der Persistenzlänge L p zu, da die elektrostatische Abstoßung der gleichartig geladenen Monomere die Kette weiter versteifen ~wird. Die Persistenzlänge L p läßt sich aus der Erhöhung der Biegeenergie bestimmen. Als Ausgangspunkt wird ein neutraler Stab betrachtet, ~welcher sich mit konstanter Krümmung leicht verbiegen kann. Die Tangentenvektoren an Anfang und Ende der Kette schließen einen ~Winkel e « 1 ein. Für die Biegeenergie folgt bei konstanter Krümmung ~:f = f aus Gleichung 1.20
(1.23)
Die gegenseitige Abstoßung der geladenen Monomere bevvirkt eine zusätzliche Versteifung der Kette und somit eine Erhöhung der Biegeenergie:
(1.24)
Diese Beziehung definiert die von Odijk eingeführte elektrostatische Persistenzlänge L e .
Die Gleichung enthält implizit die zentrale Näherung des Zuganges: Die Kopplung der elektrostatischen Wechselwirkung an die Konformation und deren Fluktuationen wird vernachlässigt. Im Falle einer stabartigen Konformation ist diese Betrachtungsweise gerechtfertigt, für flexible Moleküle jedoch unbrauchbar (vergl. Abschnitt 1.6 und 2.3). Um den elektrostatischen Anteil der Persistenzlänge zu bestimmen, muss 6Ee1 berechnet werden. Dazu wird die Energiedifferenz zwischen der völlig gestreckten und der leicht gebogenen
1. 2 Theoretischer Hintergrund 11
Konformation berechnet. Die Coulomb-Wechselwirkung wird in diesem Ansatz wie in allen weiteren in diesem Kapitel folgenden Zugängen durch ein Debye-Hückel-Potential beschrieben. Es folgt für den Fall diskreter Ladungen:
(1.25)
Tij repräsentiert den Abstand der wechselwirkenden Monomere in der um f gekrümmten Konformation. A = ~ stellt den Konturabstand zweier benachbarter Ladungen dar. Der Übergang zu kontinuierlichen Variablen (i ---+ n = it & j ---+ m = jt) und einem Doppelintegral erlaubt die Auswertung der Gleichung:
Der Abstand Tnm wird bis zu quadratischer Genauigkeit in e bestimmt zu
Damit liefert Gleichung 1.26 ebenfalls in quadratischer Ordnung
'wobei h(x) = 3x-2
- 8x-3 + exp(-x){x- 1 + 5x-2 + 8x-3}
ist. Hieraus folgt durch Vergleich mit Gleichung 1.24:
(1.26)
(1.27)
(1.28)
(1.29)
Abbildung 1.1 veranschaulicht die Konturlängenabhängigkeit von L e . Diese Beziehung vereinfacht sich im Limes ",L » 1, also für Kettenlängen, die groß im Vergleich zur Debye-Länge sind, zu
(1.30)
Wesentlich ist die quadratische Abhängigkeit von der Abschirmlänge, die experimentell an einigen Systemen (z.B. DNA [36,37]) bestätigt werden konnte. Die elektrostatische Persistenzlänge übersteigt die Abschirmlänge TD im Allgemeinen deutlich. Die versteifende Wirkung der elektrostatischen Wechselwirkung macht sich folglich weit über den Abschirmradius der Wechselwirkung hinaus bemerkbar. Die vorgestellte Theorie und alle Erweiterungen, welche die gleiche ",-Abhängigkeit widerspiegeln, werden in diesem Kapitel unter der Abkürzung OSF zusammengefaßt.
12 Die Einzelkette im Rahmen der Debye-Hückel-Theorie
2000
/ i
1500 ,-
i i i
1000 ;
;
I
-----------------
"".", , ... ------_ .. -
- K=0.08
---- K=0.04
--- K=0.02
--- =0.01
; --------------------------500 ; " .... --
i/ ~--------------------------------------------
o o 2000 4000 6000 BOOO 10000
Konturlaenge [Ladungsabstand]
Abbildung 1.1: Kettenlängenabhängigkeit der vollen finite-size-Form der elektrostatischen Persistenzlänge gemäß Gleiclmng 1.29 nach Odijk.
1.2.2 Flexible Ketten
1.2.2.1 Erweiterung der OSF-Theorien
Obwohl die OSF-Theorie von einer stabförmigen Konformation (L p :<, L) ausgeht und die elektrostatische \t\Techselwirkung als Störung (Lo > Le ) ansieht, vermutete Odijk die Ausdehnbarkeit seines Resultates auch auf flexible Ketten für den Fall starker Abschirmung. Khokhlov und Khatchaturian [38] konkretisieren dies, indem sie die folgende Argumentation anführen: Sie betrachten das Polyelektrolytmolekül als Kette von Monomeren, deren Korrelationen gaußisch mit festem mittlerem Abstandsquadrat sind, und von denen ein Teil eine Elementarladung trägt. Dieses Modell repräsentiert einen teilweise geladenen Random \t\Talk und stellt die Basis aller folgenden Theorien dar. Zur Umsetzung in ein Computermodell wird auf Abschnitt 1.3 verwiesen. Stark geladene Polyelektrolyte verhalten sich gemäß den OSF'schen Regeln. Schwach geladene, flexible l'vloleküle hingegen bilden eine Kette aus Blobs. Ein Blob ist eine Untereinheit der Kette, die sich dadurch definiert, dass die wechselseitige Energie aller in diesem Blob enthaltenen Monomere gleich der thermischen Energie kBT ist. Hieraus ergibt sich, dass die Kette innerhalb des Blobs ungestört ist und somit gaußscher Statistik gehorcht (ideale Kette). Dieses Konstrukt hat sich bei verschiedensten Problemen neutraler Polymere bewährt [6,39]. Innerhalb eines Blobs treten starke Fluktuationen senkrecht zur Hauptausdehnungsrichtung der Kette auf. Für diese transversalen Dimensionen nehmen die Autoren Random Walk-Verhalten an, wie es der Definition des Blobs entspricht: R~ = Vge' 'wobei ge die Anzahl der Monomere pro Blob bezeichnet. Gemäß Khokhlov und Khatchaturian lässt sich der OSFFormalismus nach der Mittelung über die transversalen Fluktuationen direkt auf die "renormierte" Kette anwenden, so dass die quadratische Abhängigkeit von der Abschirmlänge erhalten bleibt. Auf dieser Basis werden unterschiedliche Regimes von totaler Streckung (ohne Abschirmung) bis hin zu "klassischem" excluded-volume-Verhalten (r D kleiner als
1.2 Theoretischer Hintergrund 13
der Blobdurchmesser) betrachtet. Weiterhin werden in diesem Artikel Abhängigkeiten von der Polyelektrolytkonzentration untersucht, so dass ein Zustandsdiagramm für Polyelektrolytlösungen resultiert. Ein wesentlicher Kritikpunkt an diesen Ansätzen ist die mangelnde Berücksichtigung der Fluktuationen und damit der Entropie der Blobkette. Deren Bedeutung wurde in einigen Experimenten [40-43] an flexiblen Ketten, in welchen eine ~-Abhängigkeit gemessen wurde, offenbar. Obwohl die Experimente äußerst schwierig sind, folglich große Fehler aufweisen und teilweise Modelle unklarer Qualität zur Analyse der Daten benötigen, war dies dennoch ein deutlicher Hinweis, dass eine Verbesserung der Ansätze nötig war.
1.2.2.2 Variationsmethoden
Die oben genannten Experimente und Monte Carlo-Simulationen [44] führten zur Anwendung von Variationsmethoden [45] auf intrinsisch flexible Polyelektrolyte [46-48], welche eine ~-Abhängigkeit von L e vorhersagen und somit in krassem \iViderspruch zum OSFZugang stehen. Die wesentlichen Ideen sollen basierend auf der Arbeit von Barrat und Joanny [46] dargestellt werden. Diese ist nach Wissen des Autors die erste, welche zusätzlich ein Kriterium für die Anwendbarkeit der OSF -Theorie liefert. Zunächst folgen die Autoren der odijkschen Vorgehensweise, indem sie das Molekül ebenfalls als Raumkurve der Konturlänge L beschreiben. Die Hamilton-Funktion für eine durch die Winkel {O(s) = arccos(t(S)t(O)), tTangenteneinheitsvektor} beschriebene Konformation setzt sich aus der Hamilton-Funktion des Stabes, dem Anteil der Biegung und dem elektrostatischen Anteil zusammen. Wesentlich in Odijks Zugang ist, dass er die freie Energie der Kette mit der freien Energie einer speziellen Konformation identifiziert. Diese Vorgehensweise bedeutet die völlige Vernachlässigung des Beitrages der Fluktuationen, also der Entropie, zur freien Energie. Barrat und Joanny demonstrieren die Wichtigkeit dieser Fluktuationen, indem sie den mittleren quadratischen Ablenkwinkel (02(s)) unter Berücksichtigung aller Kettenkonformationen bestimmen. Es zeigt sich, dass dieser Winkel von der betrachteten Längenskala abhängt. In allen Fällen wächst er linear mit dem Konturabstand, was für eine semiflexible, persistente Kette charakteristisch ist, wobei die inverse Steigung die Persistenzlänge angibt. Für Konturabstände unterhalb eines kritischen Wertes wird das Verhalten von der intrinsischen Persistenzlänge La bestimmt:
S (02(s)) ~ -, S < Sc
La (1.31)
Oberhalb von Sc wird der Einfluss der elektrostatischen Wechselwirkung sichtbar:
S (02(s)) ~ L + const, s > Sc
La + e (1.32)
Die kritische Konturlänge wird vom Abschirmparameter und den Anteilen von L p bestimmt. Es gilt:
s ~ 2. ( La ) ~ c K, La + Le
(1.33)
Es liegt somit eine längenskalenabhängige Steifigkeit vor. Von zentraler Bedeutung ist hierbei, dass die OSF-Theorie nur Verwendung finden darf, solange Sc < La bleibt. Diese
14 Die Einzelkette im Rahmen der Debye-Hückel-Theorie
Ungleichung bedeutet, dass OSF -Verhalten auf einer Längenskala auftritt, auf der die Kette noch steif ist. Im gegenteiligen Fall liegt eine flexible Kette zu Grunde, deren Fluktuationen eine größere Krümmung hervorrufen können, wodurch die Voraussetzungen des OSF-Zuganges nicht mehr erfüllt sind. Um das Verhalten dieser flexiblen Ketten (Lo < sc) zu beschreiben, nutzten die Autoren [46J einen Variationsansatz. Die generelle Idee des Variationszuganges [49J besteht in der Auswahl eines analytisch berechenbaren Testsystems und der Minimierung der freien Energie dieses Systems in Abhängigkeit von freien Parametern. Sei H die Hamiltonfunktion des interessierenden Systems und Ho die eines lösbaren Modellsystems, welches einige Ähnlichkeit mit dem zu untersuchenden Problem besitzt. Dann gilt:
H1 bezeichnet die Differenz der beiden Hamiltonfunktionen. Basierend auf diesen Definitionen läßt sich leicht die bogoli u bovsche Ungleichung zeigen [45, 49 J :
(1.34)
Hierbei bezeichnet F die helmholtzsche freie Energie des zu untersuchenden Systems, Fo die des analytisch lösbaren. Letzteres wird häufig als Testsystem bezeichnet. (H1)o ist definiert als
Spur(H1 exp( - k~~)) (H1)o = ---------c;-;--"'---
Spur( exp( - k~~)) (1.35)
und stellt somit den NIittelwert des Differenzoperators im Basissatz des lösbaren Systems dar. Ungleichung 1.34 kann auch folgendermaßen formuliert werden:
(1.36)
Der Index ,,0" symbolisiert erneut die lVIittelung mit den Boltzmann-Gewichten exp( - k~~)' Das Modellsystem Ho wird mit freien Parametern versehen, durch deren Variation die rechte Seite der Ungleichung 1.34 bzw. 1.36 minimiert wird. Hieraus wird deutlich, dass die Qualität eines Variationsansatzes immer auch von der \iVahl des Testsystems abhängt, da die resultierende freie Energie eine obere Schranke darstellt, die um so genauer ist, je besser das Testsystem zum eigentlichen physikalischen System paßt. Im Zweifelsfalle bedarf es daher einer detaillierteren Theorie oder der experimentellen Bestätigung bzw. Falsifizierung um eine endgültige Entscheidung herbeizuführen, ob der Ansatz von ausreichender Qualität ist. Als Ausgangpunkt ihrer Überlegungen wählten Barrat und Joanny eine extrem flexible Kette ohne Abschirmung ('" = 0). Diese bildet eine stabartige Konformation aus Blobs [50-53], welche im Folgenden als Blobstange bezeichnet wird. Daher lag als Testsystem eine ideale Kette unter gleichförmiger äußerer Spannung T' kBT nahe. Diese bildet ebenfalls eine Blobstange, wobei der End-zu-End-Abstand auf R = L~PT gestreckt wird und der Blobdurchmesser durch die inverse Spannung gegeben wird ~(T) = ~ [39J. Um bei endlicher Abschirmung der auftretenden Flexibilität gerecht zu werden, erlaubt das Modell eine Variation der Richtung der Spannung. Ihre Größe bleibt jedoch entlang der
1.2 Theoretischer Hintergrund 15
Kette konstant gleich dem inversen Blobdurchmesser. Die Testhamiltonfunktion wird mittels der statistischen Gewichte der Konformationen bestimmt, welche ihrerseits durch die Monomerpositionen {f( s)} charakterisiert werden.
Ho [r(s)] --> J --> --> [l L --> är(s)] exp[- n ] = HiwJ[r(s)]· V[t(s)] Hi[t(s)]· exp -7 ds t(s)-;::)-
kBT 0 uS (1.37)
Hierbei bezeichnet HiwJ [r( s)] das Boltzmann-Gewicht der wechselwirkungsfreien Kette, kB T7 die Größe der Spannung und t(s) den Einheitstangentenvektor am Punkt s. Für das Gewicht der Spannung gilt
--> L p ät(s) TV[t(s)] = exp -21 ds -----a;-)
[
L (--> 2] (1.38)
wodurch explizit eine Persistenzlänge in das Modell integriert wird. Die Korrelationen der Spannung zerfallen somit exponentiell
--> -->, [ 1 s - s'l] (t(s) . t(s ))w = exp - Lp
Der erste und der letzte Faktor in Gleichung 1.37 beschreiben eine ideale Kette unter äußerer Spannung. Das Pfad-Integral berücksichtigt alle möglichen Realisierungen der Spannung, wobei das exponentiell zerfallende Gewicht Hi[t(s)] dafür sorgt, dass die Kette über einen typischen Konturabstand von L p die Erinnerung an die Richtung der Spannung verliert. Die zu variierende freie Energie setzt sich schließlich aus vier Termen zusammen.
1 -F kBT
(1.39)
LBlob bezeichnet die Konturlänge des Kettenstücks in einem Blob, A ist erneut der Konturabstand zweier benachbarter Ladungen. Der erste Term beschreibt die Energie, die der lokalen Streckung der Kette zugeordnet ist. Der Zweite enthält die elektrostatische Energie einer Blobstange, wobei jeder Blob die gleiche Ladung trägt. Der dritte Beitrag berücksichtigt die Entropie, welche aus der Variation der Spannungsrichtung auf LängenskaIen größer als L p hervorgeht. Die relative Orientierung zweier aufeinanderfol-
gender Blobs ist auf das Innere eines Kegel mit Öffnungswinkel 80 rv # beschränkt.
Daraus ergibt sich eine freie Energie bezüglich der Orientierung von -kBT log 80 pro Blob und somit als Beitrag der gesamten Blobkette -~kBTlog80' Der letzte Term
Blob
16 Die Einzelkette im Rahmen der Debye-Hückel-Theorie
trägt der Änderung der elektrostatischen Energie aufgrund der resultierenden Konformationsänderungen Rechnung. Der exakte Beitrag lautet
J dq v(q)Gt(q) (1.40)
wobei v(q) = :271;:2 die Fouriertransformierte des Debye-Rückel-Potentials und Gt(q) den Strukturfaktor einer Kette unter Spannung darstellt. Unter Vernachlässigung der Struktur im Blob kann Gt(q) durch den Strukturfaktor einer Kette aus r!=- Stäben der Länge ~,
Blob
die eine Ladung L~Ob tragen, angenähert werden, welcher bekannt ist [54]. Die freien Variationsparameter sind die Spannung T und damit ~ sowie die Persistenzlänge. Die Minimierung liefert unter Vernachlässigung logarithmischer Korrekturen:
(1.41)
Dieses Resultat steht in krassem Widerspruch zum OSF-Ergebnis. Prinzipiell sollte es neben der fi:-Abhängigkeit auch einen Einfluss der intrinsischen Persistenzlänge L o geben. Dieser sollte vor allem im Übergangsbereich zwischen flexibel und steif hervortreten. Die Ketten sind dort semiflexibel, d. h. weder intrinsisch steif noch wirklich flexibel. Gemäß Barrat und Joanny gilt dort: A ~ V(LoAB)' In diesem Regime sind die meisten Experimente angesiedelt, da A, Lo und AB häufig die gleiche Größenordnung aufweisen. Die lineare fi:-l-Abhängigkeit wurde in der Zwischenzeit durch eine Reihe weiterer Artikel bestätigt (z.B. [47,48]). Dieses Ergebnis wird im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit mit dem Label" var" referiert.
1.2.2.3 Theorie von Li und Witten
Die obigen Ausführungen schienen die Situation geklärt zu haben. Im Sommer 1995 erschien jedoch ein Artikel von Li und Witten [55], in welchem die Autoren versuchen, die Fluktuationen explizit zu berechnen. Sie betrachten das Polyelektrolytmolekül in einer kreisförmigen Topologie und beschreiben selbiges durch eine Modenanalyse ähnlich der Rouse-Ivloden. Hierbei wird zwischen ß/loden, deren Wellenlänge A groß gegen die Debye-Länge ist und solchen, welche die gegenteilige Eigenschaft aufweisen, unterschieden. Die Effekte der Deformationen mit A » ~ lassen sich als eine effektive Biegesteifigkeit beschreiben, die dem OSF-Ansatz genügt. Es wird somit zunächst L e rv ~2 vorhergesagt. Wellenlängen innerhalb eines Blobs sind ohne Bedeutung, da sie nur zu leichten Veränderungen der Kettenstatistik innerhalb des Blobs führen. Die Fluktuationen, deren Wellenlänge zwischen dem Blobdurchmesser ~ und der debyeschen Abschirmlänge ~ liegt, erzeugen jedoch eine logarithmische Korrektur zunächst für ~ und dadurch für L p .
Diese Fluktuationen benötigen weniger Energie als die OSF'schen Biegemoden und sind daher sehr stark ausgeprägt. Obwohl sie die Monomerabstände beeinflussen und die effektive Kettenspannung ändern, stören sie die Ringtopologie nur unwesentlich, d. h. sie sind relativ klein zum Radius des Ringes. Die daraus resultierende logarithmische Korrektur ist ausgesprochen wichtig, da sie Li und Witten in die Lage versetzt, ebenfalls die Simulationen von Barrat und Boyer [44] zu erklären.
1.2 Theoretischer Hintergrund 17
Die Autoren kritisieren, dass die Variationszugänge die Kette auf allen LängenskaIen oberhalb des Blobdurchmessers mit Hilfe eines" bending models", also einer persistenten Kette, zu beschreiben suchen. Sie betonen stattdessen, dass die kurzreichweitigen Fluktuationen keinen Anlaß für eine Änderung der Steifigkeit liefern, bis auf die besagte logarithmische Korrektur.
1.2.2.4 Theorie von Muthukumar
Erwähnung soll an dieser Stelle ein gänzlich anderer Ansatz von lVIuthukumar [56~58] finden. Dieser Zugang beschreibt die Effekte der elektrostatischen Wechselwirkung ausschließlich durch ein elektrostatisches ausgeschlossenes Volumen, so dass drei wesentliche Parameter in die Theorie eingehen: das intrinsische ausgeschlossene Volumen VI, welches nicht elektrostatischer Natur ist, die Ladungsdichte f, sowie die intrinsische Persistenzlänge La. Durch Anpassung der Parameter VI und f konnte dieser Zugang eine Reihe von Daten einer lVIainzer Gruppe [59,60] passabel beschreiben. Erstaunlicherweise zeigt der Zugang Schwächen bei hohen Salzkonzentrationen und großen Kettenlängen, obwohl gerade dort ausgeprägtes Self-Avoiding-Walk-Verhalten (SAW) zu erwarten ist. Zusätzlich weist diese Theorie eine Reihe von prinzipiellen Schwach punkten auf. Die aus diesem Zugang abg'eleitete Behauptung, dass eine elektrostatische Persistenzlänge zur Beschreibung der Polyelektrolyte nicht nötig und L e daher nicht existent sei, erweist sich als absolut unhaltbar. Um sein Modell zu lösen, bildet lVIuthukumar die Systeme auf gaußsche Walks ab. Damit verliert er jede lVIöglichkeit, Aussagen über LängenskaIen unterhalb seiner Schrittweite zu treffen. Die numerische Berechnung dieser Länge für die oben angesprochenen experimentellen Systeme liefert einige 100 A. Die durch numerische Simulation (vergl. auch Kapitel 2) bestimmte Persistenzlänge liegt in der gleichen Größenordnung. Zusätzlich weist seine Segmentlänge eine verhältnismäßig starke Konturlängenabhängigkeit auf, so dass sie nicht als Persistenzlänge oder statistisches Segment gelten kann. Unklar ist weiterhin die physikalische Relevanz der Resultate für die Fitparameter. Schließlich liefert die Erweiterung auf lVIehrkettensysteme Skalenrelationen (z. B. für den osmotischen Druck), die falsch sind, was sowohl Simulationen [16] als auch Experimente [61] eindeutig belegen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass dieser Zugang zwar in der Lage ist, eine Reihe von Datensätzen zu fitten, aber noch keine endgültige Beschreibung der Experimente liefert. Andererseits erlaubt er kein Verständnis der detaillierteren Kettenstruktur und liefert auf dieser Basis falsche Vorhersagen für Polyelektrolytlösungen endlicher Dichte. Aus diesen Gründen wird auf diese Theorie im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter eingegangen.
1.2.3 Fazit
Ausgehend von den allgemein anerkannten Theorien von Odijk [29~32] und Skolnick und Fixman [33,34] gibt es zwei widerstreitende, approximative, analytische Zugänge zum Verhalten intrinsisch flexibler Polyelektrolytketten. Während eine Seite [38,55], die im weiteren unter dem Label OSF zusammengefaßt wird, die Ausdehnbarkeit der odijkschen
18 Die Einzelkette im Rahmen der Debye-Hückel-Theorie
Resultate und somit für die elektrostatische Persistenzlänge
(1.42)
proklamiert, ergeben Variationsmethoden [46-48] eine lineare Abhängigkeit:
(1.43)
Trotz dieser sehr unterschiedlichen Vorhersagen sind die Experimente an flexiblen Ketten nicht eindeutig, obwohl ein größerer Teil L e rv ~ favorisiert. Da die Experimente neben den bereits angesprochenen Schwierigkeiten auch mit finite-size-Effekten (vergl. Kapitel 1.6) zu kämpfen haben, schien sich diese Fragestellung als ideales Problem für eine Untersuchung mittels Computersimulation anzubieten. In einer ausführlichen Studie sollten die Vor- und Nachteile der kontroversen Ansätze beleuchtet und der "richtige" heraus gefiltert werden.
1.3 Modell und Simulationsmethode
Um systematische Abweichungen zu vermeiden, werden die Polyelektrolytmoleküle durch exakt dieselbe Hamiltonfunktion wie in den zu hinterfragenden analytischen Ansätzen beschrieben. Dabei handelt es sich um Polymere unter B-Konditionen, deren Monomere teilweise monovalent geladen sind. Der B-Punkt, welcher üblicherweise durch das Verschwinden des 2. Virialkoeffizienten definiert wird, bezeichnet die Bedingungen (Lösungsmittelqualität, Temperatur etc.), bei welchem sich die attraktiven und repulsiven vVechsehvirkungen gerade in 2. Ordnung aufheben, so dass die Polymere (nahezu) ideales Verhalten zeigen. Deshalb werden sie durch sogenannte "bead spring"-Ketten [62,63] modelliert. Die Ketten werden aus Punktladungen, welche durch harmonische Federn verbunden sind, aufgebaut. Die harmonischen Federn repräsentieren die neutralen Kettenteile zwischen den Ladungen, welche in den Modellen als Random Walks angenommen werden. Dadurch müssen in der Simulation nur geladene lVIonomere explizit berücksichtigt werden. Ihre Anzahl wird im weiteren Verlauf des ersten Kapitels als Kettenlänge N bezeichnet. Ihre Wechselwirkung wird durch ein Debye-Hückel-Potential vermittelt. Somit resultiert die folgende Hamiltonfunktion:
(1.44)
wobei 7~ der Ortsvektor des i-ten Monomers und Tij = 17~ - 7~ I ist. Im Fall neutraler Monomere beschreibt Gleichung 1.44, entsprechend der theoretisch zu Grunde gelegten
B-Kette, einen Random Walle b = 1([;2) repräsentiert den Erwartungswert der Bin
dungslänge zwischen zwei Monomeren, falls diese neutral wären. Da bein Bindungsvektor ist, verschwindet sein Mittelwert: (b) O. Anders betrachtet kann man b auch als Erwartungswert des End-zu-End-Abstandes des von der Feder repräsentierten Random Walks
1.3 Modell und Simulationsmethode 19
ansehen, wobei wieder alle Effekte der Ladungen unberücksichtigt bleiben. Ein solcher Random Walk wird aus b2 Kuhn-Segmenten der Einheitslänge aufgebaut. Alle Längen werden in Einheiten dieser Kulmlänge gemessen. Die Bindungslänge im geladenen Fall wird mit b* bezeichnet. Sowohl die Random Walle-Eigenschaften der Ketten im neutralen Fall, als auch das Blobstangenverhalten bei fehlender Abschirmung, welches theoretisch vorhergesagt [6,50] und in Simulationen [44,51] beobachtet wurde, konnte reproduziert werden. Durch die mangelnde Abschirmung skalieren die Polymerradien in diesem speziellen Fall mit N: Rend rv N & RG rv N.
(1.45)
stellt den Erwartungswert des End-zu-End-Abstandes dar und kann somit als Maß für die maximale Ausdehnung der Ketten angesehen werden. Der Gyrationsradius RG mißt den mittleren Abstand der Monomere vom Schwerpunkt:
mit (1.46)
Das Programm basiert auf einer Mischung aus Molekular-Dynamik-(MD) und PivotMonte Carlo-Verfahren (MC). Im MD-Teil wird eine Langevin-Gleichung mit Dämpfung und Kopplung an ein 'I\Tärmebad mittels eines Leap-Frog-Algorithmus [64] integriert. Die Temperatur wurde auf konstant kBT = 1.0t: gehalten. Die Dämpfungskonstante betrug 1 = 1.0T-1 und der Zeitschritt 0.0125T, wobei T die charakteristische Zeit des Systems bezeichnet [65]. Für die Monte Carlo-Prozedur erwies sich der off-Iattice-PivotAlgorithmus [66] als der günstigste zur Relaxation großer LängenskaIen. Ein Pivot-Move wählt zufällig ein Monomer des Polymeren aus und versucht einen Teil des Moleküls um diesen Punkt gegen den anderen zu drehen (s. Abbildung 1.2).
Abbildung 1.2: Vera.nscha.ulichung des Pivotmmres
20 Die Einzelkette im Rahmen der Debye-Hückel-Theorie
Das Programm basiert jedoch nicht auf einem klassischen Hybrid-Algorithmus, sondern mischt MD und NIe großskalig. Nach einigen 1000 NID-Schritten, welche eine Bindungsstreckung erlauben, äquilibrieren einige 104 Pivotmoves die großen LängenskaIen. Einige 1000 MD-Schritte gemischt mit sehr seltenen Pivotmoves erzeugen dann die endgültigen Konformationen. Die genaue Anzahl von benötigten Schritten ist etwas von der Kettenlänge abhängig. Für N=256 sind 5000 MD-Schritte zu Beginn, 50000 Pivotmoves und schließlich 3000 t-,/ID-Schritte zur Generierung der Endkonfiguration ausreichend. Die anfänglichen MD-Schritte sind zwingend erforderlich, da der Pivot-Algorithmus sonst in eine Art vorläufiges Gleichgewicht führt, welches auf Grund der noch nicht gestreckten Bindungen durch deutlich zu kleine Polymerradien gekennzeichnet ist. Da sich das System mit Hilfe der anschließenden MD nur sehr langsam auf das richtige Gleichgewicht zu bewegen kann, resultiert ein dramatischer Anstieg der Rechenzeit. Wird das oben beschriebene Verfahren verwendet, bewirkt die abschließende MD nochmals eine deutliche Relaxation der kleinen LängenskaIen (z.B.: b*). Die im Kettenmaßstab makroskopischen Größen (Rend, RG ) werden kaum beeinfiußt. Somit ist ein recht einfaches Verfahren gefunden, welches bezüglich der Rechenzeit optimal ist, um die Kette auf allen LängenskaIen ins Gleichgewicht zu führen. Das Gleichgewicht wird durch den Vergleich zweier Läufe mit extremen Ausgangszuständen definiert: eines Random vValks und einer völlig gestreckten Konformation. Sind die Resultate dieser extremen Startpositionen im Laufe der Simulationen zu einem gemeinsamen \iVert für eine Reihe von Testgrößen (Rend, RG , b*) konvergiert und dort stabil, so gilt das Gleichgewicht als erreicht. Zusätzlich werden die Autokorrelationsfunktionen der Verbindungsvektoren zwischen Monomer n und n+6n für mehrere 6n (u.a. auch für den End-zu-Endvektor) überprüft. Diese zeigen erwartungsgemäß [67], dass der Pivot-Algorithmus insbesondere auf großen LängenskaIen sehr effizient, für die Relaxation kleiner Abstände allerdings nicht optimal ist. Für diese LängenskaIen er·weist sich die Molekular-Dynamik aufgrund ihrer hohen Flexibilität als vorteilhaft. Alles in allem wird mit der Überprüfung dieser Korrelationen das schwierigste Kriterium zur Definition des statistischen Gleichgewichts herangezogen, um verläßliche Aussagen zu garantieren (vergl. Abbildungen 1.3 & 1.4). Ist der Gleichgewichtszustand erreicht, wird an jedem Polymer eine Messung vorgenommen. Das Programm nutzt die Vektorregister einer CRAY YMP, um 640 unabhängige Ketten parallel zu simulieren. Nur für die größten Systeme mit 512 Ladungen pro Kette wurde diese Anzahl aus Rechenzeitgründen auf 320 reduziert. Die Polymeranzahl wurde hierbei jeweils den 64 Pipes der YMP-Vektorregister angepasst, so dass in durchschnittlichen Produktionsläufen Megafiop-Raten größer als 180 Megafiop erzielt wurden. Es ist offensichtlich, dass sich das Verfahren ebenso leicht auf massiv-parallelen Rechnerarchitekturen implementieren lässt. Es soll an dieser Stelle betont werden, dass 640 absolut unabhängige Zustände erzeugt werden, so dass der relative, statistische Fehler immer kleiner 4% ist: tJ.Q = vho < 4%! Für lokale Größen verbessert die Möglichkeit der Intrakettenmittelung diesen Wert noch erheblich. Dadurch zeichnet die vorliegenden Daten eine bislang unerreichte Präzission im Bereich der PolyelektrolytEinzelketten-Simulation aus.
Der Abschirmparameter K, wurde von K,= 0.001 (in extremen Fällen) bis K,= 0.48 variiert. Daraus resultieren Debye-Längen zwischen 1000 und 2.083, welche LängenskaIen von unterllalb der kleinsten Bindungslänge (b = 2 wird durch die elektrostatische Abstoßung auf b* .:2: 2.3 gestreckt) bis über die Kettenausdehnung hinaus abdecken. Die Bjerrumlänge
1.4 Polymerradien und Bindungsstreckung 21
wurde auf eins fixiert, was bei konstanter Temperatur einer Festlegung der dieelektrischen Eigenschaften des Lösungsmittels gleichkommt. Es sei daran erinnert, dass alle Längen in Einheiten der Länge der kulmschen Segmente der neutralen Random Walks zwischen den Ladungen, die in der Simulation durch Federn repräsentiert werden, gemessen werden. Mehrere Kettenlängen N erlauben die Untersuchung von finite-size-Effekten, die sich als außerordentlich stark erweisen (vergl. Abschnitt 1.6). Durch Kombination der verwendeten Kettenlängen N = 16, 32, 64, 128, 256 & 512 mit fünf Werten für die Bindungslänge b = 2, 4, 8, 10 & 16 kann der gesamte experimentell relevante Parameterbereich abgedeckt werden. Dies soll an zwei Beispielen verdeutlicht werden. Berücksichtigt man die Relation R;nd = N· a2 für Random Walks und a = 1 in unserem Fall, so entspricht eine Feder der mittleren Länge b = 16 b2 = 256 Monomeren. Somit besteht unser größtes Polymer aus 1 + (N - 1) * b2 = 1 + 511 * 256 ~ 131000 Monomeren. Bildet man ein solches Molekül auf ein NaPSS-PS-Block-Copolymer ab und berücksichtigt die Molgewichte der Monomereinheiten von sulfoniertem Polystyrol (rnNaPSS = 221
1: 01 ) und Polystyrol
(rnps = 104~01)' so erreicht man Molekulargewichte jenseits der 13 Millionen ~ol' Dieser \iVert liegt auch für ein so ausgiebig untersuchtes Standardsystem wie NaPSS [68] deutlich jenseits der zur Zeit synthetisierbaren Molekulargewichte. Bei dieser Abschätzung wird kein Gebrauch davon gemacht, dass ein kuhnsches Segment in typischen, flexiblen Polyelektrolyten mehrere Monomere umfasst, was die Anzahl der modellierten Monomere weiter erhöhen würde. Die Simulationsdaten liegen auch im Bereich stark geladener Polyelektrolyte im experimentell relevanten Bereich. Eine 512 "Monomere umfassende Kette kann z.B. ein NaPSS mit Molekulargewicht von ca. 340000~1 repräsentieren, wenn man nw annimmt, dass jedes dritte NIonomer geladen ist. Diese Annahme \vil'd durch eine 1\110no-mergröße von ca. 2.5Ä und eine Bjerrumlänge in Vlasser von ca. 7.14Ä nahegelegt, deckt sich vernünftig mit experimentellen Beobachtungen und bewirkt eine starke Ähnlichkeit zu unseren b = 2 Systemen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass der gesamte experimentell relevante Parameterraum durch die Variation der Systemparameter ausgelotet werden kann.
1.4 Polymerradien und Bindungsstreckung
Zunächst soll an zwei Beispielen, welche in entgegengesetzten Ecken des Parameterraumes angesiedelt sind, gezeigt werden, dass der Gleichgewichtszustand wohldefiniert ist und die gewählte Methode ausreicht, um diesen zu erreichen. Für Ketten der Länge N =
128 werden die Parametersätze b = 2, K, = 0.01 und b = 16, K, = 0.04 untersucht. Die Abbildung 1.3 belegt die in Abschnitt 1.3 gemachten Ausführungen bezüglich der Effizienz der Pivot-Routine auf großen LängenskaIen.
Die Stärke der Methode wird durch die Betrachtung der Autokorrelationsfunktion des End-zu-End-Einheitsvektors noch verdeutlicht:
(1.47)
22
250
200
/ 150 I
I I I
100 : I I I
50 ) I
o -o
Die Einzelkette im Rahmen der Debye-Rückel-Theorie
2000
-Stab 1600 --- Random Walk
v,....,~~II.<4V~N>-- ....
1200
800 -Stab
--- Random Walk
400 ~ __ \.""'';'''''.Y'~''''''''''''''-'''''N> ___ ......
J
,'-~-~-~-~~- 0'------ '-,
25000 50000 75000 100000 o 25000 50000 75000 Simulations schritte Simulationsschritte
Abbildung 1.3: Zeitentwicklung des End-zu-End-Abstandes für N-128, b=2 und", = 0.01 (links) sowie b=16 und", = 0.04 (rechts): Die KomTergenz der Resultate aus den beiden extremen Startkonfigmationen ist deutlich ersichtlich.
Man entnimmt aus Abbildung 1.4, dass die Pivot-Routine einen schnellen Zerfall der Korrelation bewirkt.
-Stab 0.75 ---- Random Walk
C(t) 0.50
0.25
o 1000 2000 3000 4000 5000 Pivot-Versuche
Abbildung 1.4: Autokorrelationsfunktion des End-zu-End-EinheitsvektOTs für N-128, b=4 & '" = 0.01. Ma.n erkennt deutlich den schnellen Zerfall durch die Pivot-IvlmTes.
Im Abschnitt 1.3 wurde bereits angedeutet, dass die Coulombabstoßung der Ladungen eine signifikante Streckung der Bindungen (Federn) verursacht. Abbildung 1.5 stellt die relative Streckung in Abhängigkeit von der Debye-Länge dar. Je schwächer die Abschirmung ist, desto stärker werden die Bindungen gestreckt, was anschaulich zu erwarten war. Die Tendenz ist eindeutig, auch wenn kein einfaches PotellZgesetz abgeleitet werden konnte. Die Verteilung der Bindungslängen innerhalb eines Polymers ist, abgesehen von den freien Enden, flach (s. Abbildung 1.6). Die deutliche Veränderung des End-zu-End-Abstandes der neutralen Ketten zwischen den Ladungen
1.4 Polymerradien und Bindungsstreckung 23
1.3
1.1
.----. b=2 G--Elb=4 +--+b=8 t,,---t..b=16
-~--------------------~ .. ~~~ I
I • ~-A---------------------------~ ß~-
Abbildung 1.5: Relative Bindungsstreclmng als Funlction der Abschirmlänge für N=128. Keines der betrachteten Systeme spiegelt ungestörtes Random H1alk-Verhalten wider.
16
--- b=2 ---b=4 ---- b= 8 -b=16
12
. b
/~~-'_~_V_--~y~-r---~-~_v~yy-~-~~
4 /_, ___ ~ ____________ , ___ , ___ . ___ ,_,_._.~I
1
32 64 96 128
Bindungsnummer
Abbild ung 1. 6: Bind ungslä.ngen verteilung im Polymer für N=128
ist Ausdruck einer massiven Störung der Kettenstatistik. Dies steht in krassem Widerspruch zur Annahme ungestörter Ketten innerhalb eines Blobs.
Um diesen Punkt noch detaillierter zu untersuchen, wurden mehrere Systeme, die aus einer neutralen Kette mit zwei monovalent geladenen Endmonomeren bestehen, simuliert. Durch die Variation der Kettenlänge ließ sich die Anzahl der Nlonomere festlegen, ab denen der Einfluss der beiden Ladungen vernachläßigbar wird. Zu Kontrollzwecken wurden die neutralen Ketten durch die entsprechenden entropischen Federn ersetzt, was keinen Unterschied hervorrief. Abbild ung 1. 7 zeigt, dass weit über 104 :Monomere nötig sind, um ungestörten Ketten nahe zu kommen. Obwohl bei dieser Abschätzung der Einfluss der restlichen Ladungen der Polyelektrolyte fehlt, belegt diese Zahl, dass die Bindungsstreckung für kein experimentell relevantes System zu vernachlässigen ist. In der Beeinflussung dieser kleinen LängenskaIen wird erstmalig ein neuer Gesichtspunkt, welcher auf der Langreichweitigkeit der Coulombwechselwirkung beruht, offenkundig.
Zur Analyse der Streckung großer LängenskaIen werden der End-zu-End-Abstand und der Gyrationsradius untersucht. Abbildung 1.8 zeigt Rend als Funktion des Polymerisationsgrades. Da viele analytische Theorien K,' bund >.: als Skalenparameter nutzen, wurden die Parameter so gewählt, dass K, • b konstant bleibt. Für festes N sollten sich die Verhältnisse der dargestellten Rend in eindeutiger funktionaler Weise von >.: = t bestimmen lassen. Diese These kann unter Berücksichtigung aller Daten nicht bestätigt werden. Die nahezu erfüllte Proportionalität von Rend zu N für vergleichsweise stark wechselwirkende Systeme 'wird durch die Einführung eines Blobbildes in Zusammenhang mit dem Skalenverhalten in
24 Die Einzelkette im Rahmen der Debye-Rückel-Theorie
1.22 •
1.19
RenJRRw
1.16
• 1.13 , j
I
1.1010
, I
10' 10' 10' 10' Monomere
Abbildung 1.7: Streckung des End-zu-EndAbstandes relativ zum Random Wallc- 'Wert einer neutralen Kette durch zwei monovalente Ladungen am Ende als Funlction der Anzahl neutTaler I\!Ionomere für K, = 0.01.
10
9
r
+--+N=64
Ll- - t. N=128
7 ' CI CI .---<II/N=256
600
-* / /
500 e------e b=2, )(:0.04 / /
0····0 b=4, K=0.02 / /
/ +- - + b=8, K=0.01 / /
400 /
/ /
/ /
Rend ./
300 / /
/ /
/ / 0
200 / / • /
/ /
.8 100 /
~:/ 0
0 32 64 96 128 160 192 224 256 288 N
Abbildung 1.8: End-zu-End-Abstand als Funlction der Kettenlänge für mehrere Abschirmlängen bei lwnstantem Produlct K, • b. Die Daten genügen keiner einfachen Skalenfonn .
r
....... b=2, 1(=0.01 10 [l .. ·O b=2, K=0.04
• - -+ b=8, K=0.01 !r --A b=8, K=0.04 ... -_<t b=16, K=O.04
9
;
.
.. ·0
..... / ... 0
,.----------~--------------------8
.,' -t:._------tr--------//r-~ --7 '/ ! .. ___ ~---------<t------------------
/
6~~~~~~~~~~--~~~~
o 32 64 96 128 160 192 224 256 N
Abbildung 1.9: Verhältnis r = RR~!2d von End-zu-End-Abstandsquadrat zu GyrationsradiG
usquadrat als Funlction der Abschirmlänge (links) und der Kettenlänge (rechts)
1.4 Polymer radien und Bindungsstreckung 25
Abschnitt 1.5 genauer betrachtet. In Abhängigkeit von der Debye-Länge zeigt R end eine Streckung, die in eine Sättigung übergeht. Der effektive Exponent dieser Abhängigkeit liegt für kleine rD zwischen 0.4 und 0.5, wobei ein leichter Einfluss der Bindungslänge zu beobachten ist.
R end rv K,-x mit 0.4 < x < 0.5
Ein einfaches Flory-Argument legt x = 0.4 nahe. Es wurden eine ganze Reihe möglicher Skalenfunktionen für Rend ohne Erfolg getestet. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Polyelektrolyte als Funktion ihrer Parameter sehr unterschiedliche Konformationen annehmen. Diesem Effekt kann durch einfache funktionale Formen, insbesondere Potenzgesetze, nicht Rechnung getragen werden.
Eine charakteristische Größe für die Form der Polymere stellt das Verhältnis r = R1~,d G
dar. Für Random Walks nimmt r den Wert 6 an, während völlig gestreckte Konfor-mationen durch den Wert 12 gekennzeichnet sind. Für Self-Avoiding Walks (SA\iV) wird näherungsweise 6.3 erwartet. Abbildung 1.9 (linke Graphik) zeigt, dass die Ketten, beginnend in einem SAW Regime bis zu Werten größer 10 gestreckt werden. Selbst für extrem schwache Abschirmung (rD > Kettendimension) sind die Ketten nicht völlig gestreckt. Diese Beobachtung, die den Einfluss der Konformationsentropie widerspiegelt, steht im Einklang mit Resultaten aus Simulationen starker Polyelektrolyte mit expliziten Gegenionen [16]. Im nächsten Abschnitt wird jedoch gezeigt werden, dass diese Konformationen Blobstangen bilden. Weiterhin entnimmt man den Daten eine Sättigung. Diese Art von finite-size-Effekten wird insbesondere bei der Berechnung der Bindungswinkelkorrelation (s. Abschnitt 1.6) eine entscheidende Rolle spielen. Interessant ist auch die Kettenlängenabhängigkeit von r. Beginnend bei kleinen N steigt r zunächst an, da die mittlere Energie pro Monomer mit wachsender Ladungszahl wächst. vVird N groß genug, treten die Effekte der Abschirmung hervor und führen zu einer Reduktion von r. Für unendliche Kettenlänge und endliche Abschirmlänge konvergieren alle Systeme gegen den SAW-Wert r ~ 6.3, da sich die Kette in diesem Limit aus Untereinheiten des Volumens ,,13 (bzw. :n zusammensetzt, welche sich aufgrund der elektrostatischen ~Wechselwirkung gegenseitig vermeiden. Deshalb zeigen die Ketten auf globaler Ebene SA\iV-Statistik. Abbildung 1.9 (rechte Graphik) verdeutlicht, dass die Übergangsregion stark b- und K,-abhängig ist. Da die elektrostatische Persistenzlänge L e im Zentrum der zu hinterfragenden analytischen Ansätze steht, stellt sie das Hauptziel der vorliegenden Untersuchung dar. Der erste Zugang ist einer häufig angewandten Vorgehensweise bei der Auswertung experimenteller Daten analog. Das Polyelektrolytmolelül wird als wurmartige Kette [35] betrachtet, so dass sich L p direkt aus dem End-zu-End-Abstand bestimmen lässt. Wie bereits in Abschnitt 1.2.1 dargelegt, gilt [5]
2 2 ( L ) R end = 2LLp - 2Lp 1 - exp( - Lp
) (1.48)
wobei L = (N -1)· b2 die Konturlänge der Kette ist. Da diese Gleichung im Limes L » Lp
Random Walk-Verhalten liefert, die Polyelektrolyte jedoch SAW-Strukturen aufweisen, erkennt man, dass die Moleküle nicht exakt wurmartig sein können. Dennoch soll analog zum Experiment die Persistenzlänge L p mit diesem Kratky-PorodAnsatz bestimmt werden. Sie lässt sich leicht durch numerische Lösung von Gleichung 1.48
26
1.0
0.5
0.0 o
Die Einzelkette im Rahmen der Debye-Rückel-Theorie
-b=2 G - - EI b=4 +---. b=8 e. - -L:;. b=16
-----
erwartet:
Variationsmethoden
---~-
-1 1<:
-~---~---~--- -----100 200
1/K 300
--------
400
Abbildung 1.10: Persistenzlänge . Abschinnlä,nge mittels Iüatky-Porod-Ansatz aus den gemessenen End-zu-End-Abständen gemäß Gleichung 1.48 für N = 128. Man erkennt die eindeutig sublineare K,-Abhängiglceit von L e .
berechnen. Für völlig flexible Ketten ist die intrinsische Persistenzlänge gleich der halben Bindungslänge. Im Fall der simulierten bead-spring-Moleküle besitzt der unterliegende Random Walk eine Persistenzlänge von La = 0.5. Diese wird bei der Bestimmung von Le
berücksichtigt: L e = L p - 0.5. Nimmt man an, dass die Variationsmethoden die richtige Beschreibung liefern, sollte L e • K, rv ~ • K, = 1 und somit unabhängig von K, sein. Die OSFZugänge favorisieren L e • K, rv 1>12 • K, = ~. Die Auftragung von L e • K, gegen ~ liefert hingegen fallende Kurven (s. Abbildung 1.10), was eine sublineare ~-Abhängigkeit bedeutet. Trotz der Tatsache, dass die Ketten nicht exakt wurmartig sind und trotz starker finite-sizeEffekte, ist dieses Resultat ein deutlicher Hinweis darauf, dass beide Ansätze die falsche Beschreibung liefern könnten.
1.5 Skalenverhalten
Nachdem sich die einfachen Variablenkombinationen als Skalenparameter nicht bewährt haben, sollen die Skaleneigenschaften der Polyelektrolyte und der theoretischen Ansätze durch Einführung des Konzeptes der elektrostatischen Blobs [6,50] näher untersucht werden. In Analogie zu neutralen Polymeren werden die Blobs durch die Anzahl von Monomeren ge definiert, deren Gesamtenergie gleich kBT ist. Im vorangehenden Abschnitt wurde gezeigt, dass die neutralen Ketten zwischen den Ladungen relativ stark gestreckt sind, so dass die Annahme ungestörter gaußseher Ketten innerhalb eines Blo bs verworfen
1.5 Skalenverhalten 27
werden muß. Um diese und weitere unnötige Annahmen zu vermeiden, wird der Blobdurchmesser direkt aus den Konformationen bestimmt. Zunächst definiert sich ein Blob durch die Anzahl Monomere ge, deren Summe aus elektrostatischer und aus Bindungsstreckungsenergie gleich kBT ist. Selbstverständlich wird nur die Überschußenergie der Dehnung über den neutralen Zustand der Bindung hinaus einbezogen. Um Störungen durch die Kettenenden zu vermeiden, werden nur zentrale Monomere berücksichtigt. Das Wissen um ge legt zusammen mit der Messung der internen Abstände den Blobdurchmesser ~ fest. Die K:-Abhängigkeit beider Größen ist relativ schwach. Man entnimmt den Tabellen in Anhang B.1 eine leichte Abnahme mit abnehmendem K:. Der Einfluss der Bindungslänge und somit der Ladungsdichte ist erwartungsgemäß wesentlich stärker. Obwohl die Bedeutung dieser Blobs nicht ganz so weitgehend wie im Fall neutraler Polymere ist, ist diese Art von "K:-abhängigem coarse graining" wohl definiert, von den Konformationen stark nahegelegt, wie Abbildung 1.11 exemplarisch beweist und daher physikalisch gut motiviert.
Abbildung 1.11: Typische KonfiguTation einer Blobsta.nge für N-32. Die Kreise dienen der VeTanscha.uliclmng der Blobs.
Aus der Theorie neutraler Ketten würde man eine Skalierung der Polymerradien mit dem Blobdurchmesser ~ erwarten. Abbildung 1.12 verdeutlicht, dass dies offensichtlich nicht der Fall ist. Die anschauliche Vorstellung, dass die Persistenzlänge L p eine Art steifes Kettensegment darstellt, legt eine Skalierung der Kettendimensionen mit L p nahe.
Aus diesem Grund wird Rl~d gegen lp = Anzahl der Persistenzlängen pro Kette gra
phisch aufgetragen. Die Nutzung der OSF-Formel für die Persistenzlänge bzw. des auf den Variationsansätzen beruhenden Pendants lässt einen direkten Vergleich der Skaleneigenschaften der Theorien zu. Alle Variationsansätze sagen eine lineare Abhängigkeit der Persistenzlänge von der Abschirmlänge voraus. Für ein Blobbild geben Ha und Thiruma-
28 Die Einzelkette im Rahmen der Debye-Rückel-Theorie
2 2 Rend I S
10'
103
102
10'
Steigung: 2
... d .+ ..
<> 0 b=2, 1C=O.01 o b=2, 1C=O.02
A <> b=2, 1C=O.04 A b=2, 1C=O.16 ',":1 b=2, 1C=O.48
b=4, 1C=O.01 f> b=4, 1C=O.02
b=4, 1C=O.04 X b=B, 1C=O.0025 * b=B, 1C=O.0 1
b=B, 1C=O.02 o b=B, 1<=0,04
b=B, 1C=O.16 2'" b=16, 1C=O.001 <l b=16, 1C=O.0025 'If b=16, 1C=O.005 !> b=16, 1C=O.01 + b=16, 1C=O.02 X b=16, 1C=O,04 * b=16, 1C=O.08 o b=16, 1C=O.16 o b=32, 1C=O.04 <> b=1 0, 1C=O.01 .6. b=1 0, 1C=O.02 <l b=1 0, 1C=O.04
Abbildung 1.12: Versagen der Slmlierung der J(ettendimensionen mit dem BlobdurcllmesseI' ~.
lai [47] explizit an:
(1.49)
Aus dem OSF-Zugang folgt:
AB L e = 4r;;2A2 (1.50)
Der Parameter A stellt hierbei den Konturabstand zweier Ladungen entlang der Kette dar. Khokhlov und Katchaturian [38] wenden diesen Formalismus nach "Hinwegrenormieren " der transversalen Fluktuationen (vergl. Abschnitt 1.2.2.1) auf Blobketten an und formulieren für L e :
(1.51)
Dies bedeutet, dass A ("oJ .5... angenommen wird, da jeder Blob ge Ladungen und einen ge
Durchmesser ~ besitzt. Alternativ kann man sich zwei Ladungen der Stärke ge in den Zentren zweier aufeinanderfolgender Blobs vorstellen. Der Wert auf der Abzisse, der die Anzahl der Persistenzlängen pro Kette beschreibt, wird zu X = NL'~ berechnet. N ist die Anzahl der Blobs pro Kette, so dass N . ~ die
~. p ~ ~
Konturlänge der Blobkette repräsentiert. Damit stellt die Abszisse das Verhältnis von Konturlänge zu Persistenzlänge dar.
1.5 Skalenverhalten
10' Steigung: 2
10'
Steigung: 1.2
10'
o b=2, 1<=0.01 [) b=2,1<=0.02 -::::> b=2, 1C==Ü.04 L!.. b=2, 1<=0.16 <I b=2,1<=0.48
b=4,1<=O.01 i> b=4, 1<=0.02
b=4,1<=O.04 x b=8, 1<=0.0025 "* b=8, 1<=0.01 <:} b=8, 1<=0.02 [) b=8, 1<=0.04
b=8,1<=0.16 f\. b=16, 1<=0.001 <l b=16, 1<=0.0025 Vb=16,1<=O.005 i> b=16, 1<=0.01 -+ b=16, 1<=0.02 x b=16, 1<=0.04 "* b=16, 1<=0.08 Ob=16,1<=0.16 [) b=32, 1<=0.04 <> b=1 0, 1<=0.01 LI. b=1 0, 1<=0.02 <l b=1 0, 1<=0.04
10'
29
Abbildung 1.13: Skalenverl18.lten der Daten. Le basiert auf den \fariationszugä.ngen (s. Gleichung 1.49).
10·
10'
102
10'
2 2 10° Rend I Lp
10-'
10-2
10-'
10-4
10-S 1 10' ,
Steigung: 2 o b=2, ,,=0.01 o b=2, ,,=0.02 "> b=2, 1<=0.04 L!.. b=2, 1<=0.16 .<:j b=2, 1<=0.48
b=4,1<=O.01 t> b=4, 1<=0.02
b=4,1<=O.04 x b=8, 1<=0.0025 "* b=8,1<=O.01 ."', b=8, 1<=0.02 [) b=8, 1<=0.04
b=8,1<=0.16 6 •. b=16, 1<=0.001 <lb=16,1<=O.0025 Vb=16,1<=O.005 I> b=16, 1<=0.01 + b=16, 1<=0.02 x b=16, 1<=0.04 "* b=16, 1<=0.08 o b=16, 1<=0.16 D b=32, 1<=0.04 <> b=1 0, 1<=0.01 LI. b=1 0, 1<=0.02 <l b=1 0, 1<=0.04
1~'
Abbildung 1.14: Slmlenverhalten der Daten. Le basiert auf den OSF-Zugängen (s. Gleichung 1.51).
30 Die Einzelkette im Rahmen der Debye-Hückel-Theorie
Die Abbildungen 1.13 und 1.14 stellen die auf den ersten Blick überraschenden Ergebnisse dar. Beide theoretischen Ansätze zeigen recht gutes Skalenverhalten. Bevor dies näher beleuchtet wird, soll die Bedeutung des intrinsischen Teils La der Persistenzlänge belegt werden:
(1.52)
Im Fall eines Blobbildes gilt La = ~. Würde La = ~ gesetzt, was der intrinsischen Persistenzlänge der neutralen Ketten zwischen den Ladungen entspricht, ändert sich das Verhalten qualitativ nicht. Eine vollständige Vernachlässigung des intrinsischen Anteils führt jedoch im Bereich großer X-Werte für den OSF-Fall zur Zerstörung des Skalenverhaltens (s. Abbildung 1.15). Die Ursache hierfür liegt in der Ungleichung Le,osF « La = ~ begründet, welche besagt, dass in diesem Regime der elektrostatische Anteil der OSF-Persistenzlänge nur noch einen geringfügigen Beitrag zur Gesamtpersistenzlänge liefert, wogegen der intrinsische Anteil dominiert. Für die Variationsansätze gilt hingegen Le,vaT ~ La, so dass hier noch keinerlei dramatische Abweichungen zu entdecken sind.
104
103
10·
10'
2 2 10° Rend I Le
10-1
10-·
10-3
10-4
T 10-5
er
, .. X
Steigung: 2//'1.'"
Steigung: 1.2
I:) /(":
o b=2.1C=O.01 o b=2, 1<=0.02 <> b=2, 1C=O.04 J:!,. b=2, 1<=0.16
b=2,1<=O.48 b=4, 1C=O.0 1
i> b=4, 1C=O.02 b=4,1<=O.04
x b=8, 1C=O.0025 * b=8,1C=O.01 C:; b=8, 1C=O.02 o b=8, 1C=O.04
b=8, =0.16 ;:, b=16, 1C=O.001 <l b=16, 1C=O.0025 Vb=16,1C=O.005 I>· b=16, 1C=O.01 -+ b=16, 1C=O.02 x b=16, 1C=O.04
1 03
Abbildung 1.15: Zerstömng der Skalierung der Daten im SAVl1-Regime im Rahmen der OSF-Beschreibung durch die Vernachlässigung der intrinsischen Persistenzlänge La
Aufgrund des Skalenverhaltens lassen sich die analytischen Zugänge nicht unterscheiden. Dies wird verständlicher, wenn man die Skalenplots in zwei Teile untergliedert. Im Bereich kleiner X-Werte, also großer Persistenzlängen relativ zu den Kettendimensionen, weisen die Abbildungen Geraden der Steigung zwei auf. Dies bedeutet, dass die Ketten dort Blobstangen bilden. Eine Unterscheidung verschiedener Modelle für die Persistenz längen
1.6 Bindungswinkelkorrelationsfunktion und Persistenzlänge 31
ist hier prinzipiell nicht möglich, da sich deren Abhängigkeit herauskürzt:
R;nd ;\'"2 N2 e R 2 N
2 t2 V rv ./ = 2 L 2 :::::} end rv -2 <"
P ge P ge
Der End-zu-End-Abstand ist somit proportional zur Konturlänge der Blobkette. Es liegen also wirklich stangenartige Konformationen, ähnlich der in Abbildung 1.11 gezeigten, vor. Wächst die Anzahl der Persistenzlängen pro Kette, so geht das Verhalten der Ketten in einen SAW-Bereich über. Dieser ist durch R;nd rv N%, also eine Steigung von 1.2, gekennzeichnet, welche sich deutlich ausbildet. In diesem Bereich ist die Abhängigkeit von L p explizit gegeben:
(~)% 2 rv (N~)% t L
:::::} Rend L p ge p ge
Es sollte demnach prinzipiell möglich sein, die theoretischen Zugänge zu unterscheiden. Dass dies nicht der Fall ist, kann nur dadurch erklärt werden, dass die wirkliche Kr
Abhängigkeit der gemessenen Größe Rend zu schwach ist, um für die betrachteten Systeme die Unterschiede deutlich hervortreten zu lassen. Dieses Resultat deckt sich mit dem des vorangegangenen Abschnittes und impliziert eine schwache /);-Abhängigkeit von L p . Im Anhang A.l wird in einer einfachen Rechnung dargelegt, dass L e rv /);-i wäre, falls die Skalierung perfekt und die absoluten Werte für den OSF- und den Variationsfall nicht zu verschieden wären. Da bereits mehrfach SAW-Verhalten aufgetreten ist, liegt der Gedanke nahe, die Ketten mit einem einfachen)) uniform expansion model" [5] zu beschreiben. Zur Bestimmung des excluded volume ist allerdings L p explizit erforderlich, so dass diese Analyse vorerst zurückgestellt werden muß (s. Abschnitt 1.6). Alles in allem bleiben als Ergebnisse dieses Abschnittes die Tatsache, dass diese enorme Datenmenge über viele Dekaden auf eine Kurve kollabiert, welche den Übergang von der Blobstange zum SAvV beschreibt, und die Forderung nach einem direkten Zugang zur lVlessung der Persistenzlänge.
1.6 Bindungswinkelkorrelationsfunktion und Persistenzlänge
Eine sehr direkte Definition der Persistenzlänge wurmartiger Objekte ist geometrischer Natur [69]:
(1.53)
b; stellt hierbei den i-ten Bindungsvektor dar. Im Fall exponentiell zerfallender Winkelkorrelationen ist dieser Zugang äquivalent mit der Bestimmung der Bindungswinkelkorrelationsfunktion (BWK). Diese kann für ein kontinuierliches Modell leicht durch den
32 Die Einzelkette im Rahmen der Debye-Hückel-Theorie
Vergleich der normierten Tangentenvektoren bei sund s + ~s formuliert werden. Die Äquivalenz zum geometrischen Zugang lässt sich insbesondere in der kontinuierlichen Beschreibung leicht verdeutlichen:
'""" --+ --+ l L l L
S lL~ L...Jbj . bj+k -+ BH!K(s)ds rv exp(--)ds = Lp exp(-u)du = o 0 L p 0
[ ( )] l [( L) ( )] L»Lp,L-too L p exp -u 0 p = - L p exp - L p - exp 0 ~ L p (1.54)
In unserem "bead spring model" treten normierte Bindungsvektoren an die Stelle der Tangentenvektoren:
(1.55)
wobei iJ>(bj , bj+i) den Winkel zwischen den beiden Vektoren bezeichnet und ( ... ) die NIittelung über alle Polymere bedeutet. Da die Persistenzlänge die Zerfallskonturlänge der Winkelkorrelationsfunktion darstellt, sollte die B,iVK - nach einer Art "Einschwingphase", welche durch die inneren Teile der Blobs hervorgerufen wird - aufgrund der langreichweitigen Wechselwirkung einen exponentiellen Zerfall aufweisen und somit ähnlich zu wurmartigen Ketten sein, für die gilt:
Hieraus ergibt sich:
Z BH! K(i) rv exp( --)
L p
. . B(i) = In(BH!K(i)) rv ln(exp(-lp)) = - L
Z
p
(1.56)
(1.57)
Natürliches Logarithmieren der BWK sollte demnach Geraden der Steigung - L~ und somit ein direktes NIaß für die Persistenzlänge liefern. Die folgenden Abbildungen 1.17 und 1.18 bestätigen dies eindrucksvoll. Erst für sehr große Konturlängen ergeben sich, soweit im statistischen Rauschen auflösbar, Abweichungen in Richtung SAW-Verhalten. Der Referenzpunkt j wurde nicht fixiert, sondern entlang der Kette bewegt. Diese Vorgehensweise erzeugt eine enorme Verbesserung der Mittelung auf kleinen und mittleren Längenskaien. Der Effekt für große Konturabstände bleibt jedoch gering. Um finitesize-Probleme durch die freien Enden zu vermeiden, werden die äußeren Blobs nicht in Betracht gezogen (z.B.: 20 Monomere auf jeder Seite für N=128). Um der Bedeutung der Blobs Rechnung zu tragen, wurde die BWK, welche aus den Verbindungsvektoren der Blobschwerpunkte aufgebaut werden kann, bestimmt. Abbildung 1.16 zeigt ein Beispiel. Da die Methoden im Rahmen ihrer Fehlerbalken übereinstimmende Resultate erbringen, werden im Weiteren nur Daten, die mit der ersten Methode berechnet wurden, gezeigt. Die Abbildungen 1.17 und 1.18 zeigen den natürlichen Logarithmus der BWK für N=128 und N =256 jeweils für b=2 und b=8. Die resultierenden Persistenzlängen und die zugehörigen effektiven Exponenten y zwischen benachbarten /);-Werten sind in Tabellen im Anhang B.2 zusammen mit dem Verhältnis
1.6 Bindungswinkelkorrelationsfunktion und Persistenzlänge 33
0.0 _----~----~--~-__,
Abbildung 1.16: Natürlicher Logarithmus der Bindungswinkelkorrelationsfunktion berechnet aus den Blobschwerpunkten
von L p zu L für alle untersuchten Systeme aufgeführt. Diese effektiven Exponenten y bestimmen sich aus:
Alle Exponenten sind kleiner als eins:
1 L rv - mit y < I!
e K,Y (1.59)
Der Exponent ist eine Funktion von bund 1'1,. Auch unter Berücksichtigung von finite-sizeEffekten und der statistischen Fehler lässt sich kein eindeutiges Potenzgesetz ableiten! Auffällig ist die eintretende Sättigung für N=128, b=2 und kleine Kr \tVerte. Der Exponent geht nach Null für 1'1, gegen Null. Dies reflektiert extrem starke finite-size-Effekte. Die Persistenzlänge übersteigt die Dimensionen der Kette, wodurch die Fähigkeit dieser Systeme, sich weiter zu strecken, erschöpft ist. Daher ist ein weiteres Anwachsen der Persistenzlänge unmöglich. Anders formuliert ist die Abschirmung entlang der Kette so schwach, dass eine weitere Vergrößerung der Abschirmlänge keine deutlichen Aus,virkungen auf die Konformation der Polymere zeigen kann. Um die Gültigkeit dieser Argumentation zu belegen, müssen die Daten mit denen längerer Ketten verglichen werden. Die Abbildung 1.19 zeigt zwei typische Beispiele. Während für b=2 und /'1,=0.01 enorme Unterschiede auftreten, sind die finite-size-Effekte für b=8 und denselben /'1,-Wert verschwindend. Dies liegt in der ca. vierfach größeren Bindungslänge, die einer sechzehnfach größeren Konturlänge entspricht, begründet. Je stärker die Abschirmung relativ zum Ladungsabstand, also je größer b· /'1, ist, desto kleinere Polymerisationsgrade sind erforderlich, um verlässliche Daten zu generieren. Abbildung 1.20 verdeutlicht dies durch Auftragung von L e gegen N. Es ist offensichtlich, dass finite-size-Effekte dieser Stärke auch Experimente beeinflußen werden.
34 Die Einzelkette im Rahmen der Debye-Hückel-Theorie
-1
-2
B
-3
-4
o 50 100 150 200 250 300 Konturabstand [L=N'b1
Abbildung 1.17: Natürlicher Logarithmus der Bindungswinkelkorrelationsfunktion für N=128 und b=2 (links) bzw, b=8 (rechts) als Funktion des Konturabstandes
-1 -1 • 1(:0,0025
C 1(:0,01 !-----O K=0,04
-2 \'- - v 1(:0,16
B • K=0,0025 B , -3
-3 01(:0,01 ~ • 1(:0,04 V
'1-----'11(:0,16 \ \I'
--4 -4 ~ '~
"'ff v 1. '!ity-,
-5 -5 ' I I
0 200 400 2 600 0 2000Kontu:~~~tand [~~ON'b21 8000 10000 Konturabstand [L=N,b 1
Abbildung 1.18: Natürlicher LogaritlImus der BindungswinkellwlTelationsfunktion für N=256 und b=2 (links) bzw, b=8 (rechts) als Funktion des Konturabstandes
1.6 Bindungswinkelkorrelationsfunktion und Persistenzlänge 35
-1.0
-1.2
B -1.4
-1.6
-1.8 • N = 128
oN =256
200 400 60g Konturabstand [L=N·b 1
'" cl o
800
o o
B
-1
-2
-3
-4
-5 • N = 128
oN =256
-6~~--~~~~~~~~~~~
o 2000 4000 6000 8000 10~00 12000 14000 Konturabstand [L=N·b 1
Abbildung 1.19: Finite-size-Effekte der BindungswinkellwlTelationsfunktion: B(i) für b=2 (links) und b=8 (rechts), K, = 0.01 und jeweils N=128 und N=256
Ein weiterer auffälliger Punkt ist das einsetzende Schrumpfen des linearen Bereichs für b=2 und 11',=0.48 und etwas schwächer für b=8 und K,=0.16. Obwohl durch die statistischen Fluktuationen und die hohe Flexibilität der Ketten schwieriger zu analysieren, zeigen diese Systeme Anzeichen der Abweichung vom "wurmartigen "Verhalten. Dies ist jedoch zu erwarten, da die Debye-Längen kleiner als eine Bindung sind und eine Reihe von Persistenzlängen in die Ketten passen, so dass diese Ketten schon deutliches SAWVerhalten auf großen LängenskaIen zeigen (vergl. Abschnitt 1.5). Dennoch ist der Zerfall stärker exponentiell, da eine Auftragung der BWK im doppellogarithmischen Plot keine sauberen Geraden liefert. Ein solches Potenz gesetz wird für einen SAW erwartet.
Zusätzlich zu diesen dreidimensionalen Simulationen wurden auch solche in zwei Dimensionen mit dem auf zwei Dimensionen reduzierten Debye-Hückel-Potential aus drei Dimensionen durchgeführt. Dadurch wurde der direkte Vergleich zu ersten Simulationen von J.-L. Barrat in Zusammenarbeit mit J.-F. Joanny [70], die auf einem MCReptationsalgorithmus beruhen, möglich. Da diese Simulationen feste Bindungslängen aufweisen, wurden auch in den vorliegenden Systemen die Bindungslänge fixiert. Hierzu wurde der rvID-Teil (s. Abschnitt 1.3) aus dem Programm entfernt. Barrat und Joanny fanden im Vergleich zweier K,- Werte Resultate, die mit der Variationsvorhersage Le rv ~ verträglich sind. Nach Aussage der Autoren ist die Statistik dieser Analyse jedoch nicht sehr gut [72]. Zusätzlich haben Untersuchungen, die zur Auswahl des Algorithmus durchgeführt wurden, ergeben, dass der Reptationsalgorithmus der Pivot/MD-Kombination für diese geladenen Systeme in Bezug auf die Relaxation großer LängenskaIen deutlich unterlegen ist. Unsere Daten können die angegebenen Abhängigkeiten bei weitaus höherer Genauigkeit nicht bestätigen (s. Abbildung 1.21). Stattdessen reihen sich die effektiven Exponenten nahtlos in die bisherigen Ergebnisse ein.
36 Die Einzelkette im Rahmen der Debye-Hückel-Theorie
400 ,--~--,--~--.---~---,-~--,--;
G----() b=2, 1/1(:: 100 0-- E) b=2, 1/1(:: 25 ()---Qb=2, 1/1(:: 6.25 k-Ab=4, 1/1(:: 25
300 D----fJ b=8, 1/1(:: 100 [3 - - El b=8, 1/1(:: 25 [3- - --{] b=8, 1/1(:: 6.25 +- -. b=16, 1/1(:: 25
100 _____ -0
Abbildung 1.20: Elektrostatische PeTsistenzlänge als Funktion des Po1ymeTisationsgrades fiir ausgewählte Kombinationen von bund K,. Ivlan eTkennt die deutliclJen finite-size-EHekte fÜT staTk wechse1wiTkende Systeme und dazu kontrastieTend die 1wnstanten !!\leTte del' schwächel' wechsel wirkenden Systeme.
-1.0 ,---------,-----,--------,-
-2.5
-3.0
-3.5
-4.0 k- - -l. 1(=0.04
200 400 2
Konturabstand [L=N·b ] 600
Abbildung 1.21: NatüTlicheT Logarithmus der Bindungswinkellwrre1ationsfunktion fÜT zweidimensionale Systeme mit festen Bindungslängen b=10. Man erkennt qualitathr
die stal'ke Ähnlichkeit mit den dreidimensionalen Systemen. Es wird erneut eine S11 blineare Abhä.ngig1ceit gemessen (s. Anhang B.2).
Eben solches gilt für Simulationen in drei Dimensionen mit festen Bindungslängen und solchen in zwei Dimensionen mit flexiblen Bindungslängen. Die Simulationen mit fixierten Bindungslängen verdeutlichen, dass der Einfluss der Bindungsstreckung für die K,-Abhängigkeit der Persistenzlänge nicht maßgeblich ist, obwohl der Effekt deutliche Auswirkungen auf die Konformation hat. Skaliert man die Persistenzlängen mit b*, also dem gemessenen Ladungsabstand, um die" wahre" Konturlänge im Raum zu erfassen, variieren die effektiven Exponenten nur minimal. Auch hieraus wird deutlich, dass das sublineare Verhalten nicht der Bindungsstreckung zugeschrieben werden kann, und somit seine Ursachen auf größeren LängenskaIen zu suchen sind.
Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass ein Skalenplot, basierend auf den gemessenen Persistenzlängen, den im vorangegangenen Abschnitt Präsentierten gleicht. Dies belegt erneut, dass die Skalierungsmethode für die betrachteten Systeme nicht selektiv genug ist.
Die stark wechselwirkenden Systeme lassen sich vergleichsweise einfach als Blobstangen charakterisieren. Auf Basis der gewonnenen Persistenzlängen lässt sich nun überprüfen, ob die SAW-Verhalten aufweisenden Konformationen mit einem einfachen "uniform expansion model" [5] beschreibbar sind. Eine Reihe von theoretischen Zugängen (s. z.B.: [38,73]) basiert auf der Annahme, dass die Abschirmung eine Kurzreichweitigkeit der Wechselwirkung hervorruft, wodurch eine direkte Abbildung auf dieses vergleichsweise einfache
1.6 Bindungswinkelkorrelationsfunktion und Persistenzlänge
100 ___ gemessen
[] - - [] berechnet
2 a
50 )3--
, , ,
0 0 100 200 300
111e 400
2 a
40
20 , I'
___ gemessen ,,- - • berechnet ~ - () mit v," berechnet
, , , ,
.-
100 200 Me
37
300 400
Abbildung 1.22: Expansionsfaktor 0; für N=256 und b=2 (links) bz-w. b=8 (rechts) zum Test einfacher "unifOTm expansion models"
excluded volume-Modell möglich wird. Weiterhin steckt diese Annahme zumindest implizit in einer großen Zahl experimenteller Veröffentlichungen [74]. Als statistisches Segment findet in diesen Beschreibungen meistens aufgrund vager Argumente, wie z. B. der K;-Unabhängigkeit aller am Problem beteiligten Größen außer L e , die odijksche Persistenzlänge Le,oSF Verwendung. Als Testgröße bietet sich der Expansionsfaktor
(1.60)
an, welcher die Streckung des End-zu-End-Abstandes über den idealen, gaußschen Wert hinaus angibt. Der Parameter 0; lässt sich aus den Daten leicht extrahieren und mit dem theoretisch Vorhergesagten vergleichen. Der Expansionsfaktor erfüllt die folgende Gleichung [5]:
(1.61 )
Vex ist das ausgeschlossene Volumen. Für persistente Kettensegmente kann dies aus dem zweiten Virialkoeffizienten zu V ex = d . L~ bestimmt werden [75], wobei d die Dicke und L p die Persistenzlänge bezeichnen. Diese Formulierung beschreibt das Volumen, welches zwei Zylinder der Dicke d und der Länge L p gegenseitig ausschließen [75]. In unserem Fall gilt d = ~. Die Abbildung 1.22 zeigt Systeme mit N=256 und b=2 sowie b=8. Wie zu erwarten war, ist die Beschreibung für das stark wechselwirkende System völlig ungeeignet. Interessant ist hingegen, dass das ausgeschlossene Volumen für stärker abgeschirmte Systeme dramatisch überschätzt wird. Es ergibt sich eine weitaus bessere Anpassung der
38 Die Einzelkette im Rahmen der Debye-Rückel-Theorie
Daten, wenn das ausgeschlossene Volumen mit dem Zylindervolumen identifiziert wird: , 7rL vex = ",2 P =}
(1.62)
Noch deutlicher werden die durch die langreichweitigen Kräfte hervorgerufenen systematischen Unterschiede, wenn man aus den gemessenen (Y-Werten mittels Gleichung 1.61 Persistenzlängen bestimmt. Der Exponent der K;-Abhängigkeit von L e wird größer als eins. Hieran tritt die Fehlinterpretation der Daten klar zu Tage. Betrachtet man v~x so erzeugt die Sättigung der Kettenstreckung sogar ein Maximum bei K; = 0.01 und eine noch größere Steigung. Die Ursache dieses Verhaltens liegt darin begründet, dass diese excluded volume-Theorien auf dem 2. Virialkoeffizienten beruhen, welcher nur binäre Wechselwirkungen berücksichtigt [76]. Solche einfachen Zugänge liefern L e rv ~ (s. Anhang A.2), woraus eine stärkere Streckung resultieren würde. Schwächere Streckung bedeutet kleineres (Y und damit kleineres L e . Somit überträgt sich diese schwächer ausgeprägte Streckung in eine scheinbare überlineare K;-Abhängigkeit von L e . Nutzt man die OSF-Vorhersage für die Persistenzlänge ergibt sich eine Beschreibung von vergleichbar schlechter Qualität. Es bleibt festzuhalten, dass solche einfachen excluded volume-Ansätze völlig ungeeignet sind, um den Auswirkungen der langreichweitigen Wechselwirkung gerecht zu werden.
Steigung: 0.5(1)
10' 1/K
G- - €) N=128, b=2
[3- - El N=128, b=8
___ N=256, b=2
l1li- - - .. N=256, b=8
Abbildung 1.23: Test der in [77] vorgeschlagenen, logarithmischen Sublinearität von L p :
Lpln(Lp ) rv~. Die Daten liefern lNeitaus komplexere Zusammenhänge.
Zum Zeitpunkt der Beendigung der hier vorgestellten Untersuchung (Anfang 1996) wurde ein neuer feldtheoretischer Zugang vorgeschlagen, der erstmals ebenfalls eine sublineare ~-Abhängigkeit aufwies [77]. Eine direkte quantitative Abbildung der Vorhersage auf die
1.6 Bindungswinkelkorrelationsfunktion und Persistenzlänge 39
Resultate der vorliegenden Untersuchung ist jedoch nicht möglich. Als generelle funktionale Form wurde
(1.63)
vorgeschlagen. Der doppelt logarithmische Plot dieser Größe (Abbildung 1.23) zeigt ausgedehntere lineare Bereiche. Der Exponent variiert allerdings deutlich mit der Ladungsdichte b12 ' Der Versuch aus einer quadratischen Anpassung an die Exponenten für b = 2, 4 und 8 eine vernünftige Funktion zu definieren war jedoch nicht möglich. Für b > JI24 c:::: 11.13 wird der Exponent negativ, so dass L p für b=16 mit wachsendem K, und somit steigender Abschirmung zunehmen würde, was offensichtlich unphysikalisch ist.
10'
Q
o
o
• 1=2,1/x==25 ol=2,1/x==50 OI=2,1/x==100 • 1=4,1 /x==25 Cl 1=4,1 /x==50 OI=4,1/x==100 .. 1=8,1/X==25
L>. 1=8,1 /x==50 L'>. 1=8,1 /x== 100
,,~ 1=16, 1/x==25 * 1=16,1 /x==50 * 1=16,1/x==100
10 100
Abbildung 1.24: Skalenverha,lten des End-zu-End-Absta,ndes gemäß den Resulta,ten des RenormieTUngszuga,nges
Nach der Veröffentlichung der Resultate dieses Kapitels [78] betrachteten zwei Postdocs unserer Gruppe in Mainz in enger Zusammenarbeit mit dem Autor das Problem der einzelnen Polyelektrolytkette mit den Methoden der Renormierungsgruppe [79]. In ihrem Zugang nutzen sie zwei Felder zur Beschreibung des Systems. In einer One-LoopApproximation geben sie eine Skalenfunktion für den End-zu-End-Abstand an, welche erstmals in der Lage ist, die Simulationsdaten in geeigneter Weise zu beschreiben (s. Abbildung 1.24). Stülpt man den Berechnungen ein Modell über, welches eine Persistenzlänge liefert (z.B.: Kratky-Porod-Kette), was sicherlich keine exakte Vorgehensweise ist, aber doch deutlich die relevanten Tendenzen widerspiegeln sollte, prognostiziert man erstmalig sublineare Abhängigkeiten, die in komplizierter Weise von den Systemparametern abhängen [80]. Auch wenn sich dieser Zugang jeglicher Veranschaulichung entzieht, ist
40 Die Einzelkette im Rahmen der Debye-Rückel-Theorie
er doch ein erster Schritt zur tiefergehenden Erklärung der Simulationsdaten zur Persistenzlänge. Interessanterweise liefert diese Kalkulation als ein weiteres Ergebnis, dass zur Beschreibung der elektrostatischen Wechselwirkung in Raumdimensionen kleiner gleich 4 Korrekturen zum Debye-Hückel-Potential erforderlich sind. Dies ist ein weiterer Hinweis darauf, dass es der Analyse der Coulombwechselwirkung inklusive aller Ionen bedarf, um das Polyelektrolytsystem sauber zu charakterisieren, und dass eine effektive Beschreibung die Korrelationen der Gegenionen nicht vernachlässigen darf.
Abbildung 1.25: Elektrostatische Persistenzlänge Le als Funktion der Abschirmlänge. l\l{an erkennt deutlich die sublineare Abhä.ngigkeit olme universellen Exponenten.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass der effektive Exponent der ~-Abhängigkeit der Persistenzlänge eine Funktion der Systemparameter bund 11" aber für alle untersuchten Systeme kleiner als eins ist. Abbildung 1.25 illustriert dies zusammenfassend. Dieses Resultat stellt diejenigen der beiden vorangegangenen Abschnitte auf eine solide Basis. Es steht jedoch in krassem Widerspruch zu allen bekannten analytischen Vorhersagen! Angeregt von dieser Arbeit wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Autor eine Renormierungsgruppenmethode für das Debye-Hückel-Model eingesetzt, deren berechnete Skaleneigenschaften erstmals gut zu denen der Simulationsergebnisse passen.
1.7 Strukturfaktor 41
1.7 Strukturfaktor
Um die Kettenstruktur im Detail auf allen Längenskaien zu untersuchen, wird der sphärisch gemittelte Strukturfaktor S(q) (im Folgenden kurz als "Strukturfaktor" bezeichnet) berechnet. Der Strukturfaktor stellt die Fourier-Transformierte der Monomerpaarkorrelationsfunktion dar:
S(q) = (~ (1.64)
Er erlaubt den direkten Vergleich mit Experimenten, da er mittels Streuung direkt gemessen werden kann, und ist eine notwendige Voraussetzung für einige Theorien [81,82]. Zusätzlich werden Strukturfaktoren entlang der Hauptträgheitsachsen der Polyelektrolyte bestimmt. Dies bedeutet die Beschränkung der verwendeten ij-Vektoren auf die jevveilige Richtung. Zunächst wird die Kettenlängenabhängigkeit des Strukturfaktors untersucht, um den Einfluss möglicher finite-size-Effekte abzuschätzen. Abbildung 1.26 verdeutlicht, dass diese relativ schwach sind, da alle Kurven erst für q ~ R 2(N) vom Strukturfaktor für N=256
end
abweichen.
-- N=256 ----------- -- - - - - N=128
---------- --- N=64
--- N=32
10'
q
Abbildung 1.26: Kettenlängenabhängigkeit des sphä,l'isch gemittelten Stl'ukturfaktors für b = 2 und .l = 100
'"
Das Skalenverhalten wird in Analogie zu neutralen Polymeren vorhergesagt. Dort gilt [5,6]:
1
Sneutral (q) rv q--;; (1.65)
42
10'
Die Einzelkette im Rahmen der Debye-Hückel-Theorie
q
·1/K=400
o 1/K=100
.1/K=25
'" 1/K=6.25
.. 1/K=2.083
Abbildung 1.27: AbschiTmlängenabhängigkeit des sphä,risch gemittelten Stmkturfaktors für N = 256 und b 8
wobei v der Exponent der Kettenlängenabhängigkeit der Kettenradien ist, also /Jmv =
0.5 und VSAW ~ 0.588. Der Gültigkeitsbereich dieses Skalenverhaltens 'wird durch die Polymerdimensionen beschränkt:
27f 27f --«q«-Rend b
Die logarithmischen Steigungen des sphärisch gemittelten Strukturfaktors scheinen kontinuierlich zwischen eins für sehr schwache Abschirmung und nahezu zvvei für starke Abschirmung zu variieren (s. Abbildung 1.27). Wie erwartet werden die Ketten mit abnehmendem", steifer, woraus kleinere Steigungen resultieren. Dieses Bild ist vollständig konsistent mit dem beobachteten Übergang von der Blobstange zum SAW, welcher in der Analyse des Skalenverhaltens hervortrat. Um diesen Punkt noch weiter zu verdeutlichen, wird der Strukturfaktor parallel zur ersten Hauptachse SII berechnet. Abbildung 1.28 entnimmt man, dass im Bereich kleiner q-Werte ausgeprägte Oszillationen auftreten. Solche Oszillationen erwartet man für Stangen, deren Strukturfaktor gegeben ist durch:
S () _ ~ 1 - cos (Nbq)
rod q - N 1 - cos(bq) (1.66)
Das erste Minimum dieser Funktion liegt bei qrad = ;tb = R27f
. Dieses Verhalten wird end
von den Daten widergespiegelt. Insbesondere die stark wechselwirkenden Systeme (hohe Ladungsdichte und geringe Abschirmung) besitzen ihr erstes Minimum bei q rv R 27f • An-
end,11 wachsendes", führt zu einer Verschiebung und einem Ausschmieren dieser Oszillationen, was aufgrund des Einflusses der Abschirmung auf die Konformation verständlich ist.
1. 7 Strukturfaktor
10'
-- 1/K=400 ............ 1/K=100 --- 1/K=25 - - - - 1/K=6.25 - - - 1/K=2.083
43
Abbildung 1.28: Stmkturfaktor entlang der 1. HaupttTägheitsachse in Abhängigkeit vom Abschirmparameter fiir N = 256 und b = 2
Die Analyse der Komponente senkrecht zur ersten Hauptträgheitsachse SJ. gestaltet sich wesentlich schwieriger. Die Ausdehnung der Ketten ist in dieser Ebene sehr gering, vvodurch das interessante q-Intervall stark limitiert wird. Die statistischen Fluktuationen erschweren die Bestimmung sehr genauer Vierte, die allgemeine Tendenz ist jedoch klar abzulesen: Der Exponent ist eine Funktion von bund K, und variiert zwischen 0.58 < Y < 0.8. Damit ist das beobachtete Verhalten von SJ. dem der sphärisch gemittelten Größe sehr ähnlich. Die Annahme, dass senkrecht zur ersten Hauptachse, welche die Rotationsachse der Blobstange beschreibt, ideales (Random \iValk- )Verhalten (v = 0.5) vorliegt, ist somit eindeutig widerlegt. Betrachtet man Polyelektrolyte in ganz grober Näherung als ideale Ketten aus steifen Segmenten der Länge L p , so ergeben sich aus Gleichung 1.65 folgende Vorhersagen:
S(q) rv q-2 fOT 27r
(1.67) q«-L p
und
S(q) rv q-l fOT 27r
(1.68) q» -L p
Dieses einfache Bild legt nahe, dass der q-Wert des Überganges ein Maß für die Persistenzlänge liefert. Das Auftreten dieses Knicks bei L p wird durch das SAW-Verhalten auf großen LängenskaIen nicht beeinfiußt. Der sphärisch gemittelte Strukturfaktor weist, wie aus dem einfachen Skalenargument vorhergesagt, einen Knick zwischen zwei Bereichen unterschiedlicher Steigung auf. Für kleine
44 Die Einzelkette im Rahmen der Debye-Hückel-Theorie
q-vVerte lassen sich die Daten gut durch eine Debye-Funktion, welche der Strukturfaktor eines Random Walk ist, anpassen. Dieses Verhalten ist zumindest im Guinier-Bereich [83] kleiner q-Werte zu erwarten. Das Regime großer q-Werte lässt sich durch generalisierte Debye-Funktionen, welche bereits erfolgreich bei stark geladenen Polyelektrolyten zur Anwendung kamen [16], charakterisieren:
N SeD(q) = 1
1 + (qfp) VD
(1.69)
wobei fp und UD Fitparameter sind. Diese funktionale Form stellt eine Verallgemeinerung der Standardapproximation [83] an die Debye-Form dar. Um eine ideale Kette anzupassen, müssen fp mit A und UD mit 0.5 identifiziert werden. Für die zu analysierenden Strukturfaktoren ist fp ungefähr Re und UD variiert zwischen 0.59 und 0.92 (s. exemplarisch Abbildung 1.29). Erneut wird die Variation über das ganze Konformationsintervall
10' o Messung
- Debye-Funktion 10'
- - - verallg. Debye-Funktion
10' 10'
o Messung - Debye-Funktion - - - verallg. Debye-Funktion
10' 10' q
Abbildung 1.29: Anpassung deT StruktuTfaktol'en mit Hilfe vera.11gemeinel'ter und gewöhnlicheT Debye-Funktionen fÜT zwei extreme Situationen: links: N-256, b=8 und K, = 0.48; Techts: N=256, b=2 und K, = 0.0025
von SAW-Strukturen bis zu nahezu stangenartigen Ketten offenkundig. Auch in dieser Analyse werden niemals wirklich stangenartige Objekte beobachtet, da die Entropie einen solch ungünstigen Zustand sofort destabilisiert und immer eine gewisse lokale "Rauhigkeit" der Kette verursacht. Um ein Maß für die Persistenzlänge zu gewinnen, muß eine Meßvorschrift für den Knick des Strukturfaktors angegeben werden. Hier bietet sich unter anderem der Schnittpunkt der beiden Fitfunktionen (Debye- und verallgemeinerte Debye-Funktion) an. Nur für extrem abgeschirmte Ketten, die UD ~ 0.59 zeigen und somit SAWs sind, muß Vorsicht bei der Interpretation dieses Schnittpunktes angewendet werden. Es erweist sich jedoch,
1.7 Strukturfaktor
1000
100
10 10
_N=256&b=2
13- - EI N=256 & b=8
100 1/K
45
1000
Abbildung 1.30: Jvlaß fÜT die PeTsistenzlänge aus dem StTuktuTfaktoTknick als Funktion deT AbschiTmlänge
dass dieses Problem keine besondere praktische Relevanz besitzt und für die prinzipielle Aussage dieses Abschnittes nicht von Bedeutung ist. Verwendet man den q-Wert dieses Schnittpunktes um über
- 27T L=-
qs (1.70)
ein Maß für L p zu berechnen, erhält man qualitativ hervorragende Übereinstimmung mit den Resultaten aus dem Zerfall der Bindungswinkelkorrelation (vergl. Abbildung 1.30 und Tabellen B.25 und B.26 im Anhang B.2). Erneut tritt die sublineare ~-Abhängigkeit von L p zutage. Die geringen Absolutwerte und Unterschiede zwischen b=2 und b=8 liegen darin begründet, dass der Strukturfaktor Abstände im Raum und nicht entlang der Kontur mißt. Daher ist in diesem Zusammenhang nur die Variation mit K, maßgeblich. Es sei bemerkt, dass dieses Resultat in starkem Kontrast zu Simulationen starker Polyelektrolyte mit explizit betrachteten Gegenionen [16] steht, welche - allerdings bei geringerer Genauigkeit - eine Proportionalität zu ~ nahe legen (vergl. Abschnitt 4.1). In Kapitel 4 wird diese Diskrepanz durch Simulationen mit expliziten Gegen- und Salzionen genauer untersucht. Werden die neutralen Monomere zwischen den Ladungen explizit berücksichtigt, so ergibt sich eine nichttriviale Ausdehnung der Strukturfaktoren zu höheren q-Werten, da kleinere Abstände zugänglich werden. Um Vergleiche mit Experimenten zu erleichtern, sollen diese neutralen Monomere mit betrachtet werden. Da die Federn zwischen den Ladungen Random Walles repräsentieren, liegt der Gedanke nahe, die Strukturfaktoren durch Debye-Funktionen zu erweitern. Die gemessenen Daten und die entsprechenden DebyeFunktionen lassen eine schmale Lücke, die in diesem einfachen Zugang unvermeidlich ist,
46 Die Einzelkette im Rahmen der Debye-Hückel-Theorie
da diese Abstände im Wesentlichen der Paarkorrelation von 1/Ionomeren aus verschiedenen Random Walks zugeordnet sind. Um die Lücke zu schließen, werden die beiden Kurven glatt ineinander überführt. Um die Gültigkeit dieses sehr einfachen und wenig aufwendigen Verfahrens zu zeigen, werden ideale Ketten in die geladenen integriert. Hierzu mußte einmal eine große Menge von den Bindungen entsprechenden Random Walks erzeugt werden. Diese Walks weisen Schrittweite eins und b2 Schritte auf. Aus dieser Menge wurde für jede Bindung ein Random Walk mit passendem End-zu-End-Abstand ausgewählt. Der berechnete Strukturfaktor des Gesamtobjektes ·wird in Abbildung 1.31 mit den beiden Einzelteilen verglichen. Man erkennt durch Vergleich mit dem berechneten Strukturfaktor, dass ein einfaches Anfügen einer Debye-Funktion die Daten sehr gut beschreibt. Der Strukturfaktor der Ladungen mußte dazu mit (N-~b2+1 skaliert werden, da in unserer Definition S(q = 0) = N gilt und die neutralen Monomere die Anzahl der Streuer gerade um diesen Faktor erhöhen. Die Abbildung 1.31 zeigt deutlich, dass die oben dargestellte Idee gerechtfertigt ist. Es lassen sich auch ohne dramatische Erhöhung des Aufwandes die Strukturfaktoren des gesamten Moleküls angeben. Vorsicht ist jedoch bei zu kleinen Bindungslängen geboten. In diesem Fall können die Federn kurzzeitig durch Fluktuationen auf Längen gestreckt werden, ·welche die maximale Ausdehnung der extrem kurzen Walks überschreiten.
104
103
SSP 10
2
10'
10°
10-4 10-3
A nur Ladungen(skaliert)
o Random Walks
-- totaler Strukiurfakior
Abbildung 1.31: Erweiterung der StTukturfaktoren um die neutralen Kettenanteile.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Strukturfaktoren nur die gröbsten Eigenscllaften der Skalenvorhersagen (Knick bei L p ) wiedergeben. Ein detailliertes theoretisches Verständnis fehlt jedoch. Die Schlußfolgerungen der vorangegangenen Abschnitte werden bestätigt. Insbesondere wird das sublineare Verhalten der Persistenzlänge verifiziert, wodurch die Konsistenz der gesamten Untersuchung eindrucksvoll untermauert wird.
1.8 Zusammenfassung 47
1.8 Zusammenfassung
In diesem Kapitel wurde das Verhalten der einzelnen, intrinsisch flexiblen Polyelektrolytkette im Rahmen der Debye-Hückel-Approximation analysiert. Im NIittelpunkt stand die Frage, welcher der approximativen, analytischen Zugänge die Kettenkonformation richtig beschreibt: Ist der OSF-Zugang [29-34] für intrinsisch steife Ketten auf flexible Ketten erweiterbar [38,55] oder geben Variationsansätze [46-48] die richtige Beschreibung? Es wurde sowohl auf kurzen als auch auf großen Längenskaien eine signifikante Streckung beobachtet. Die Untersuchung der Skaleneigenschaften unserer Daten auf Basis der vorgeschlagenen Modelle ergibt, dass die Systeme in Abhängigkeit von Abschirmung und Ladungsdichte kontinuierlich von Blobstangen bis zu SAW-Konformationen variieren. Strukturfaktorberechnungen bestätigen dieses Verhalten. Die Entscheidung, welcher der vorgeschlagenen analytischen Zugänge adäquat ist, lässt sich an der Persistenzlänge L p festmachen, da sie eine zentrale Rolle in den NIodellen einnimmt. NIehrere unterschiedliche IvIethoden (Bindungswinkelkorrelation, Strukturfaktor, Kratky-Porod-Modell und geometrische Beschreibung) ergeben übereinstimmend, dass die effektive Abhängigkeit vom debyeschen Abschirmparameter '" sublinear und eine Funktion der Systemparameter ist:
1 Le rv ",y mit 0 < y(b, "') < 1
Somit liegt kein eindeutiges Potenzgesetz vor [78]. Dieses überraschende Resultat steht in krassem Widerspruch zu allen analytischen Vorhersagen, die y=2 (OSF) bzw. y=l (val') erwarten! Vom Autor angeregte Renormierungsgruppenanalysen geben erste Hinweise, wie dieses komplexe Verhalten analytisch besser zu beschreiben ist. Trotz teilweise sehr großer Persistenzlängen, ist der Einfluss der elektrostatischen Wechselwirkung schwächer als in den approximativen Resultaten angenommen wird, was auf eine Unterschätzung der Entropie schließen lässt. Um diesen Aspekt detaillierter zu betrachten und die Konsistenz der Analyse weiter zu verdeutlichen, wird im folgenden Kapitel eine zusätzliche intrinsische Steifigkeit eingeführt.
48 Die Einzelkette im Rahmen der Debye-Hückel-Theorie
Kapitel 2
Semiflexible Einzelketten
In diesem Kapitel erfahren die Untersuchungen des vorangegangenen eine Erweiterung durch die Einführung einer intrinsischen Steifigkeit, ausgedrückt durch die intrinsische Persistenzlänge La. Damit wird ein Schritt zur Annäherung an reale Systeme getan. Neben dem Wiederauffinden der sublinearen Abhängigkeit des elektrostatischen Anteils Le der Persistenzlänge vom Abschirmparameter K, für intrinsisch flexible Ketten (La ---t 0) sollte der zugehörige effektive Exponent y im Limes großer intrinsischer Steifigkeit gegen den OSF-Wert y = 2 konvergieren. Insbesondere die Untersuchung des Übergangsgebietes y ~ 1 verdeutlicht, dass die Struktur der Polyelektrolytketten weitaus komplexer ist, als von den analytischen Zugängen angenommen.
2.1 Erweitertes Modell und veränderter Algorithmus
Die theoretischen Grundlagen sowie die Basis des Modells entsprechen dem in den Abschnitten 1.2 und 1.3 Vorgestellten, so dass an dieser Stelle nur auf die nötigen Erweiterungen eingegangen wird. Um unnötige Annahmen bezüglich des Einflusses der intrinsischen Steifigkeit auf das harmonische Potential zwischen den Ladungen zu vermeiden, werden die neutralen Monomere explizit simuliert. Gemäß der in Kapitell vorgenommenen Definition der Basislänge wird eine Feder der Länge b durch b2 Bindungen der Länge eins ersetzt. Die intrinsische Persistenzlänge wird durch ein Kosinus-Potential eingeführt:
N-l
V1,Vinkel = -AL (bi +1 . bi ) (2.1) i=l
Nach Konstruktion gilt für die Norm der Bondvektoren Ibil = lfi+l - fil = 1. Mittels der Amplitude A > 0 wird die Stärke des Potentials und damit La variiert. Jedes y-te Monomer ist monovalent geladen, wobei f die Ladungsdichte ist. Diese wechselwirken via eines De bye-H ückel-Potentials:
_ e exp(-K,r) _ ABk
Texp(-K,r) l1DH - - - B
4Kfsfa r e r (2.2)
50 Semiflexible Einzelketten
Somit wird das zu untersuchende System von der folgenden Hamiltonfunktion beschrieben:
(2.3)
wobei die heavysidesche Sprungfunktion 8(ZiZj) sicherstellt, dass nur geladene Teilchen via dieses Potentials wechsel"wirken. fi ist der Ortsvektor des i-ten Monomers und rij =
li?i - fj I somit der Abstand zweier Monomere. kB repräsentiert die Boltzmannkonstante, T die Temperatur und AB die Bjerrum-Länge. Da die Bondlängen in diesem Modell auf b=l fixiert sind und auch 3-Punkt-Potentiale benutzt werden, erweist sich die MD nicht mehr als günstig, da die Bewegungsgleichungen unter Nebenbedingungen gelöst werden müßten. Stattdessen wird ein erweiterter Pivotmove eingeführt, welcher zwei ß/Ionomere zufällig als Drehpunkte auswählt und den Kettenabschnitt zwischen diesen um einen zufälligen Winkel um ihre Verbindungsachse dreht. Dieses Verfahren eignet sich besser als der "klassische", in Kapitell vorgestellte Pivotmove zur Relaxation kurzer LängenskaIen. Folgt auf jeden "klassischen" Pivotmove ein erweiterter, so lässt sich die Relaxationszeit auf einige 2.104 mmres reduzieren. Danach erfolgt die Mittelung über diesmal 576 statistisch unabhängige Realisierungen des Systems, woraus ein Fehler von jj.Q ;; 4.2% resultiert.
2.2 Voruntersuchungen
Die hier dargestellten Daten basieren auf Ketten der Länge N=2049, wobei jedes 16. Monomer geladen ist, so dass insgesamt 129 Ladungen auf der Kette sitzen (da das erste und letzte Monomer jeweils auch eine Ladung tragen). Dieses System, welches in Analogie zu den Ketten NLad = 128, b = 4 in Kapitel 1 gewählt wurde, stellt einen guten Kompromiß zwischen möglichen finite-size-Effekten und dem CPU-Zeitverbrauch zur Äquilibrierung dar. Aus den Skalenplots in Abschnitt 1.5 entnimmt man, dass diese Systeme noch im Blobstangenbereich liegen, so dass die excluded-volume-\Vechselwirkung aufgrund der Elektrostatik keinen Einfluss auf die Konformationen hat, was durch die Bindungswinkelkorrelationsfunktionen eindeutig bestätigt wird. Weitere Systeme, auf welche hier nicht weiter eingegangen wird, bestätigen diese Thesen. Die Persistenzlänge wird wie in Abschnitt 1.6 aus dem Zerfall der Bindungswinkelkorrelationsfunktion (BWI\:) bestimmt, da diese sich als am sensitivsten erwiesen hat. Zunächst wurden neutrale Systeme simuliert, um die intrinsische Persistenzlänge La zu bestimmen und den Algorithmus zu testen. Es zeigte sich, dass durch die Variation der Potentialamplitude zwischen 0 ::; A ::; 215 Persistenzlängen zwischen 10-4 L ::; La ::; 230L zu realisieren sind. Abbildung 2.1 zeigt beispielhaft einige natürliche Logarithmen der BWK für später relevante A-Werte. Man erkennt eindeutig das wurmartige Verhalten [5]: B(i) = In(BH1K(i)) rv z;. Wie erwartet gilt A ce:: La (vergl. Tabelle 2.1). Als zusätzliche Voruntersuchung "wurden erneut intrinsisch flexible Polyelektrolyte simuliert. Die gemessenen Persistenzlängen stimmen im Rahmen ihrer Fehler mit den in Kapitell gemessenen quantitativ überein, so dass die sublinare Abhängigkeit von der Abschirmlänge bestätigt wurde (s. Abbildung 2.2 und Tabelle 2.2). Interessant ist das
2.2 Voruntersuchungen
B
o \, ............... " \ ............ I \ ............ I \ ............
-1 " " ...................... ..... , \ ....... " \ ............. \ \ .............. \ \ ....... \ \ .................
-2' \ , \ , \ , \ , \ , \ , -A=O \ , \ , \ , \ \
-- A=4 ----A=32 --- A=128
-3
\ \ \ , \ \ \ ,
--- A=512 - A=8192 -4
\ , \ , '- ,
\ -" _5~ ___ \L-L-~ __ ~ __ ~\ __ ~ __ ~~
o 250 500 750 Konturabstand [Bindungen]
1000
51
-4
B
-5
200 400 600 800 1000 1200 Konturabstand [Bindungen]
Abbild ung 2.1: Bindungswinkellwrrela- Ab bild ung 2.2: Bindungswinkellwrrelationsfunktion neutraler Ketten fiir versclJie- tionsfunktion flexibler, geladener Ketten. dene intrinsische Persistenzlängen. Il1fan er- Die Resultate decken sich quantitativ mit kennt das für wurm artige Systeme typische, denen aus Kapitell. lineare Verhalten.
Intrinsische Persistenzlängen
A La
1 0.89 4.3 * 10-4
2 1.59 7.8 * 10-4
4 3.86 1.9 * 10-3
8 8.55 4.2 * 10-3
32 32.95 1.6 * 10-2
128 126.66 6.1 * 10-2
512 520.8 0.25 2048 2093.3 1.02 8192 9736.4 4.75
Tabelle 2.1: Intrinsische Per-sistenzlä.ngen neutraler Ketten. Bereits bei A = 8192 erkennt man, dass mehr Rech enzei t investiert werden muss, um die extrem steifen Systeme mit den vorgestellten MG-Methoden zu ä.quili brieren.
Elektrostatische Persistenzlängen
L e [Kap. 1] I y [Kap. 1]
100 1883.83 [1959.63] 0.69 [0.71]
50 1169.59 [1194.03] 0.58 [0.57]
25 780.23 [806.05]
Tabelle 2.2: Elektrostatische Persistenzlä.ngen flexibler, geladener Ketten. Man erkennt die quantitathre Übereinstimmung mit den Resultaten aus Kapitell.
52 Semiflexible Einzelketten
Verhalten bei kleinen Abständen. Die Korrelation zerfällt praktisch instant an auf einen vergleichsweise niedrigen Wert, welcher hohe Flexibilität und damit hohe Entropie der neutralen Ketten zwischen den Ladungen indiziert. Dieses Verhalten ist für die neutralen Systeme mit intrinsischer Steifigkeit qualitativ verschieden. Die neutrale Kette verhält sich wurmartig. Das geladene System ist auf kurzen Skalen extrem flexibel und bekommt auf größeren durch die elektrostatische \i\Techselwirkung eine dominierende Längenskala aufgeprägt. Die Kette weist eine deutliche Vorzugsrichtung durch eine Anordnung der Ladungen auf. In Anhang A.3 wird die Entropie für ein Modellsystem aus zwei Ladungen, verbunden durch einen Random Walk, und dem entsprechenden neutralen System bestimmt, wodurch der Unterschied nochmals verdeutlicht wird.
2.3 Resultate
Zur Darlegung des Einflusses der intrinsischen Steifigkeit auf die elektrostatische Persistenzlänge Le werden die A-Werte A = 4,32, 128, 512 betrachtet. Abbildung 2.3 entnimmt man exemplarisch B(i) für A = 32 und fünf verschiedene fl;-Werte. Es fällt sofort auf, dass die Verhaltensweise auf kurzen LängenskaIen von der intrinsischen Persistenzlänge dominiert wird. Auf längeren Abständen wird der Einfluss der elektrostatischen Abstoßung relevant. Aus dieser langreichweitigen Korrelation wird die Persistenzlänge L p bestimmt (s. Abbildung 2.3). Es soll an dieser Stelle bemerkt werden, dass das von Barrat und Joanny [46] angegebene cross-over-Kriterium von den Daten nicht widergespiegelt wird. Die Autoren definieren in ihrem Artikel eine kritische Konturlänge Sc, ab welcher die elektrostatische \i\Techsel'wirkung relevant wird (vergl. Gleichung 1.33). Für Konturabstände kleiner Sc wird das System von der intrinsischen Persistenzlänge beherrscht. Auf größeren Skalen setzt sich die Persistenzlänge additiv aus La und Le zusammen. Für die Übergangskonturlänge gilt:
In dieser Darstellung wird die volle finite-size korrigierte Version der OSF -Persistenzlänge (Gleichung 1.29) nicht berücksichtigt, was im Fall fl;' L » 1 eine sehr gute Näherung darstellt. Die Betrachtung der Parameter bestätigt, dass diese Vorgehensweise gerechtfertigt ist: fl;' L > 20 » 1 für alle untersuchten Systeme. Somit folgt für Sc:
1 [La] ~ 1 Sc(fl; groß) ---+ - - = -
fl; La fl;
( 11 ') 1 [LaABA2
fl;2] ' J LOARA' -t f( ) Sc fl; \: em ---+ -;;: 4 = 4 f, fl;
Sc wird aus den Schnittpunkten der beiden Tangenten (s. Abbildung 2.3) bestimmt. Im Gegensatz zur analytischen Vorhersage spiegeln die Daten für große fl; Sc rv fl;n, n > 0 wider. Somit nimmt die Crossoverkonturlänge im Widerspruch zu allen analytischen Vorhersagen mit steigender Abschirmung zu. Dies ist anschaulich verständlich, wenn
2.3 Resultate
-3
-4
o 100
.. 1/K=100 '" 1/K= 50 • 1/K= 25 A 1/K= 12.5 ... 1/K= 6.25
.. "" neutral
I
'"
53
Abbildung 2.3: BindungswinkellwlTelationsfunktionen für A = 32 und verschiedene ,,"H1erte. Die durchgezogenen Linien geben die Steigungen an, welche zur Berechnung der Persistenzlängen llerangezogen wurden. Die gestTicllelten Linien dienen zur Festlegung des Fehlers. Diesel' "AblesefehleT" ist deutlich gTößer als deI' statistische und muß daher berücksichtigt werden. Alle in diesem Kapitel vorgestellten Aussagen gelten für sämtliche in den Fehlerintervallen entllaltenen 1Verte, selbst bei Kombination extremer Fälle.
man berücksichtigt, dass bei stärkerer Abschirmung mehr Ladungen erforderlich sind, um eine bestimmte Gesamtwechselwirkung zu erzielen, die ausreicht, den Einfluss der Elektrostatik sichtbar zu machen. Auch für kleine ,,"-\iVerte ist eine Konvergenz gegen einen ,,"-unabhängigen \iVert nicht eindeutig zu belegen. Ursprünglich wurde dieses Kriterium für die Entwicklung des mittleren, quadratischen Ablenkwinkels der Kette
(8(6j2) = \ [arccos (6(s) . 6(s + 6))] 2) (2.4)
angegeben. Der Konturabstand, ab welchem die Einflüsse der Elektrostatik sichtbar werden, sollte unabhängig von der betrachteten Methode sein. Der Vollständigkeit halber wird der mittlere, quadratische Ablenkwinkel analysiert. Es zeigt sich, dass er - soweit auswertbar - die gleichen Ergebnisse liefert, die relevanten Effekte allerdings weniger markant herauspräpariert als die Bindungswinkelkorrelationsfunktion BWK, so dass im weiteren Verlauf die Argumentation auf die B\iVK gegründet werden wird. Abbildung 2.4 stellt mit der Analyse der gleichen Systeme wie in Abbildung 2.3 ein typisches Beispiel dar. Man erkennt, dass sich der Einfluss der intrinsischen Steifigkeit deutlich abbildet, wo hingegen die elektrostatischen Effekte im Übergangsbereich erkennbar, aber nur sehr schwer quantitativ analysierbar sind. Auf großen Konturabständen verliert sich das System in absoluter Flexibilität, welche durch den Plateauwert bei großen Konturabständen in Abbildung 2.4 belegt wird. Der Vergleich mit Ha und Thirumalai [47], die
54 Semiflexible Einzelketten
3.0
2.5
2.0
--- K=O.04
--- K=O.OB
1.5 ............ K=O.16
1.0 ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ o 500 1000 1500
Konturabstand [Bindungen]
Abbildung 2.4: JVIittlerer quadratisclIer Ablenkwinkel der KettenausriclItung. Der Einfluss der Elektrostatik ist quantitathr nur scllHrer analysierbar.
behaupten, dass Sc bei La ~ LOSF rv K\ liegen sollte, erweist sich als noch weniger mit den Daten verträglich. Die Ursache hierfür liegt in einem Wechselspiel von elektrostatischer und intrinsischer Persistenzlänge begründet, welches komplexer ist als üblicherweise angenommen wird. Dies werden die folgenden Absätze offenlegen. Zur Ermittelung der elektrostatischen Persistenzlänge L e aus der BWK findet der allgemein genutzte Ansatz der Additivität Verwendung, wobei L e üblicherweise als unabhängig von La betrachtet wird:
Somit lässt sich L e und damit deren h;-Abhängigkeit bestimmen. Abbildung 2.5 stellt L e in doppelt logarithmischer Auftragung dar. Man entnimmt den Daten drei unterschiedliche Regime. Zunächst findet sich das sublineare Verhalten für flexible Ketten und A=4 wieder. A=4 entspricht einer äußerst kleinen intrinsischen Persistenzlänge von La ~ 2 . 10-3 L. Die sublineare Abhängigkeit gilt den Daten zufolge immer, wenn die Bedingung Le » La erfüllt ist. Falls die gegenteilige Situation Le « La gegeben ist, was für A=512 und teilweise A=128 erfüllt ist, ergibt sich der OSF-Exponent y = 2. Dies war zu erwarten, da La » L e bedeutet, dass das System auf der Längenskala, auf welcher die elektrostatische Wechselwirkung relevant ist, steif bleibt. Gleichzeitig erteilen die Daten jedem Versuch einer Erweiterung des Anwendungsgebietes dieses Ansatzes auf flexiblere Ketten eine klare Absage. Die Entkopplung der Konformationsfreiheitsgrade (außer großskaligen Biegungen) von den Einflüssen der elektrostatischen Wechselwirkung erweist sich gemäß der Daten als zwingende Voraussetzung. Die Analyse der Polymere mit A=32 und A=128 belegt, dass der effektive Exponent nahe eins liegt, wenn L e
2.3 Resultate
,,-,,-
10'
---; -- ,,--- --- ,,-"-,,-"
,,-,,-"-
,,-,,-,,-,,-,,-,,-,,-
_flexibel l3---EJ A = 4 +---+A =32 A:---A A = 128 ---- Var --- OSF
10 1/K
55
100
Abbildung 2.5: Elektrostatische Persistenzlänge Le als Funktion der AbschiTmlänge für verschiedene, intrinsische Pel'sistenzlängen Lo. Man erkennt den Übergang von sublinearem (flexibel, y < 1) zu OSF-Verhalten (steif, y = 2).
und L o von der gleichen Größenordnung sind, was offensichtlich eine K:-abhängige Bedingung darstellt. Das Variationsergebnis gilt folglich nicht im Bereich absolut flexibler Ketten, sondern für Systeme, die durch vergleichbare intrinsische und elektrostatische Persistenzlängen gekennzeichnet sind. Dieser neue Input könnte eine Überarbeitung der analytischen Variationsansätze stimulieren. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass y kontinuierlich als Funktion der intrinsischen Persistenzlänge L o vom sublinearen Verhalten flexibler Ketten bis zum OSF-Limit der analytischen Beschreibung für steife Ketten variiert. Dieses Ergebnis untermauert die Resultate des Kapitels 1 und reflektiert ansonsten die Erwartungen.
Die absoluten Werte der Persistenzlängen im Bereich großer intrinsischer Steifigkeit liegen in nahezu allen Fällen noch deutlich über den expliziten OSF -Vorhersagen. Dies deckt sich mit der Tatsache, dass die untersuchten Ketten insgesamt noch zu flexibel sind, um einem geraden Stab zu entsprechen (bzw. eine weitere Reduktion der Abschirmlänge bei der vorgegebenen Ladungsdichte zu reinem SAW-Verhalten führen würde). Zur quantitativen Analyse dieses extremen Winkels des Parameterraumes bedarf es eines neuen Algorithmus, da die oben beschriebene Methode im Bereich der geforderten, ausgesprochen großen Steifigkeit keine nennenswerten Akzeptanzraten für die Monte Carlo-Moves mehr aufweist. Eine "gebiaste" Monte Carlo-Methode erscheint hier hilfreich [44]. Der Aufwand für diese Untersuchung ist nach Ansicht des Autors jedoch unangemessen, da die zu erwartenden Resultate offensichtlich sind, so dass der Einsatz der CPU-Zeit nicht gerechtfertigt wäre. Diese Einschätzung wird unterstützt von ersten Simulationsergebnissen von J.-L. Barrat [84], welche für verhältnismässig kurze, ausgesprochen steife Ketten
56 Semiflexible Einzelketten
(300 geladene Monomere, La > 150 Bindungen) die OSF-Vorhersagen bestätigen.
2000
•
1500
[
_1hc=100 I!I ••.••.•• -E! 1hc= 50 +--+ 1hc= 25 A----:t:!I.1hc= 12.5 _1hc=6.25 """'-"IT neutral
500 ~, _ - - .::;:j ~.::: - -..:=::;:..:=:::--..:=::;:..:=::;:..:= --
',........... """ ---::;:..:=-~:::--..:=::;:..:=--
---O~~--~----~----~----~--~----~----~----~
o 128 256 384 512 Lo
Abbildung 2.6: Gesa.mte Persistenzlänge Lp als Funktion von La. L p wird gemäB Abbildung 2.3 aus dem la.ngreichweitigen Zerfall der BindungswinkelkolTelation bestimmt.
Als wesentlich aufschlußreicher bezüglich der Kettenkonformation erweist sich die Gesamtpersistenzlänge L p . Abbildung 2.6 entnimmt man ein deutliches ß/Iinimum von L p
als Funktion von La! Dieses auf den ersten Blick unerwartete Resultat spiegelt die Existenz zweier relevanter LängenskaIen wider, welche sich gegenseitig beeinflussen. Der Einfluss der intrinsischen Steifigkeit auf die elektrostatische Persistenzlänge erklärt sich durch die dramatische Änderung des Abstandes zweier benachbarter Ladungen bei wachsendem La. Schon verhältnismäßig kleine La strecken die Ketten stark auf lokaler Skala (von nahezu Random Walk-artig bis zu nahezu vollständig gestreckt, vergleiche Abbildung 2.7), wodurch benachbarte Ladungen weit voneinander entfernt werden, was eine schnelle Verringerung des Einflusses der exponentiell abgeschirmten, elektrostatischen Abstoßung zur Folge hat. Aus diesem Grund zerfällt Le als Funktion von La weitaus rascher als La anzusteigen vermag. Für große Potentialamplituden dominiert dann der Anstieg von La, da dort La :::?> L e gilt. Die streng monotone Abhängigkeit des End-zu-End-Abstandes R end
(s. Abbildung 2.7) belegt, dass der Effekt rein lokale Ursachen besitzt. Es sei an dieser Stelle nochmals daran erinnert, dass L p als Zerfallslänge der langreichweitigen Korrelation definiert ist (vergl. Abbildung 2.3). Noch deutlicher wird der Effekt im Vergleich von Bindungswinkelkorrelationsfunktionen für gleiche Abschirmung und verschiedene intrinsische Steifigkeiten, welcher in Abbildung 2.8 exemplarisch für '" = 0.01 dargestellt ist. Man entnimmt der Graphik, dass die Polyelektrolytketten zwei wesentliche, weil auf Kettenmaßstab mesoskopische LängenskaIen aufweisen, welche sich wechselseitig beeinflussen. Die Steigung auf kurzen Konturabständen spiegelt die intrinsische Persistenzlänge wider. Man erkennt für
2.3 Resultate 57
16 2000
e------. neutral
[] flexibel & geladen
1500 12
e------. neutral
[] flexibel & geladen 1000
500
2 4 8 32 128 512 2048 8192 32768 2 4 8 32 128 512 2048 8192 32768 A A
Abbildung 2.7: MittleTer Ladungsabstand bzw. Abstand der entspTecllenden neutralen MonomeTe (links) und End-zu-End-Abstand (rechts) neutTaler Ketten als Funktion deI' intTinsischen PeTsistenzlänge La. Zum Vel'gleich sind die I/FeTte fül' flexible, geladene Ketten fÜT die Parametem 11,-1 = 25, 50 & 100 eingezeichnet. Man erkennt links die ,reTgleichsweise schwache Dehnung deI' Bindung dUTCh die elektmstatische Abstoßung, die bereits für A = 2 deutlich übeTschTitten wiTd.
große Konturabstände die deutlich nichtmonotone Variation der z·weiten Steigung. Ob·wohl die Amplituden der Korrelationen für kleinere La geringer sind, definieren die Daten doch unzweifelhaft diese charakteristische, z·weite Längenskala. Diese Beobachtungen lassen das Konzept einer einzigen Persistenzlänge mehr als fraglich erscheinen. Weiterhin ·wird der Ansatz, dass der elektrostatische Beitrag L e zur Gesamtpersistenzlänge L p unabhängig vom intrinsischen Anteil La ist, in Frage gestellt. Stattdessen ergibt sich als ·wesentliches Resultat der vorgestellten Untersuchungen die Forderung in theoretischen Ansätzen die Ketten durch eine wirklich längenskalenabhängige Biegesteifigkeit zu beschreiben. In Experimenten wird dieser Effekt normalerweise nicht beobachtet, da man NIodelle nutzt, um eine Persistenzlänge aus den Daten zu extrahieren. NIeist wird das Kratky-Porod-Modell [35], welches eine vvurmartige Kette beschreibt, herangezogen, um aus dem Gyrationsradius bzw. dem End-zu-End-Abstand (z.B.: aus Lichtstreuexperimenten) L p zu berechnen (vergl. Gleichung 1.21). Dieses Modell vernachlässigt jeden Einfluss einer Wechselwirkung aufgrund von ausgeschlossenem Volumen. Da die Konformationen noch im Blobstangenbereich liegen, sollten sich hieraus allerdings keine signifikanten Probleme ergeben. Das Modell geht nur von einer relevanten Längenskala L gp im System aus und führt aus diesem Grund zwangsläufig zu einer falschen Interpretation der Daten. Dies wird in Abbildung 2.9 illustriert, welche die entsprechenden Kratky-PorodPersistenz längen L gp , aus den vorliegenden Daten berechnet, wiedergibt. Das auffällige NIinimum ist verschwunden. Die physikalisch vorhandenen Längenskaien werden zu einer effektiven Größe ohne wirkliche Bedeutung vermischt.
58
B
-4
o
-~--~
-~ -~
-~-
Semiflexible Einzelketten
~~-
-- flexibel ---- A = 4 --- A=32 --- A=512
~-~
i -~-~-~ ---
250 500 750 1 000 1250 Konturabstand [Bindungen]
Abbildung 2.8: Na tül'li eh er Logarithmus der BindungswinkellwlTelationsfunktion für verschiedene intrinsische Persistenzlängen bei K, = 0.01. Die Anfangssteigungen entsprechen den intrinsischen, die zweiten bei größeren Konturabständen den Gesamtpersistenzlä.ngen. Letztere weisen eine deutlich nichtmonotone Variation auf Der Pfeil verdeutlicht den Knick, welcher für A = 512 das Einsetzen der Ausl,virkungen der elektl'Ostatischen vVechsei wirkung angibt.
400
300
200
100
_K=O.01
D··· .... OK=O.02
+-- +K=O.04
e.------e.. neutral
Abbildung 2.9: Persistenzlängen gemäß Kl'atky-Porod-Analyse als Funktion der intrinsischen Persistenzlänge La. Es resultiert eine gemittelte Länge ohne wirkliche Bedeutung im System.
2.3 Resultate 59
Dies wird noch deutlicher, wenn man die doppelt exponentiell zerfallende Bindungswinkelkorrelationsfunktion integriert:
J J x X L1nt := BH! K(x)dx ~ a * exp( --) + (1 - a) * e.Tp( -~ )dx = a * c + (1 - a) * d
c d (2.5)
Die Parameter c und d repräsentieren die Zerfallslängen. Durch den Parameter a wird das relative Gewicht der beiden Exponentialfunktionen eingestellt. Es wird explizit klar, dass die Information bezüglich der beiden LängenskaIen verloren ist, da die Kenntnis von L1nt
keine Rückschlüsse auf c und d erlaubt. Das bestimmte Integral liefert einfach weniger Information als die Funktion selbst. An dieser Stelle wird deutlich, dass das sonst übliche Verfahren, die Bindungswinkelkorrelationsfunktion zu integrieren und davon abgeleitete Verfahren nur im Fall einer Persistenzlänge im System anwendbar, weil dort äquivalent zur Bestimmung der Zerfallslänge der Bindungswinkelkorrelation, sind. Im Allgemeinen sind nur längenskalenabhängige Methoden wie die hier Vorgestellte in der Lage, die Struktur der Polyelektrolytketten richtig zu erfassen. Um die Relevanz dieser LängenskaIen und die Forderung nach q-abhängigen Experimenten im relevanten Bereich weiter zu unterstreichen, wird abschließend der sphärisch gemittelte Strukturfaktor (Gleichung 1.64) abgebildet (s. Abbildung 2.10). :Man erkennt sowohl den prinzipiellen Unterschied zwischen dem flexiblen und den intrinsisch steifen Systemen, als auch die zweite relevante Längenskala. Nach einem Gebiet mit der Steigung 'In = t = 1 bei großen q-Vektoren, welches den lokal stabartigen Konformationen entspricht, weisen die Strukturfaktoren eine wohldefinierte zweite Steigung auf, welche den Bereich der langreichweitigen Korrelation kennzeichnet. Die Abweichung von stabartigem Verhalten verschiebt sich mit steigender intrinsischer Steifigkeit wie erwartet zu kleineren q-·Werten. Der Bereich der langreichweitigen Korrelation ist durch Steigungen 1 < 'In < 5/3 gekennzeichnet. Diese Relation besagt, dass die Ketten auf den abgetasteten Abständen Konformationsstatistiken zwischen SAW- und stabartig aufweisen. Eine Anpassung mit einer verallgemeinerten Debye-Funktion, welche den Parametersatz eines SAW besitzt, erweist sich als unmöglich. Selbst im Guinier-Regime und dessen unmittelbarer Umgebung ist die Debye-Funktion als weitaus geeigneter anzusehen (vergl. Abbildung 2.11). Dies belegt, dass die untersuchten Systeme nicht von excluded volume-Effekten beeinflusst sind. Der Vergleich mit dem Experiment erweist sich, wie in Kapitell bereits dargelegt, als ausgesprochen schwierig. Aktuelle Neutronenstreudaten einer französischen Gruppe [S5] erlauben es erstmals, einen semiquantitativen Vergleich zu führen. Abbildung 2.12 belegt, dass die experimentellen Daten ebenfalls den in den Simulationen beobachteten Knick und bei kleineren q-Werten eine wohldefinierte, zweite Längenskala aufweisen. Im Experiment liegt die Position des Knicks bei q C:::' 0.06sA -1. Dieser Wert entspricht einem räumlichen Abstand von 14.7 A, welcher recht genau die intrinsische Persistenzlänge des untersuchten sulfonierten Polystyrols widerspiegelt. Setzt man für ein :Monomer den realistischen Wert von 2.5A an, so weisen die Simulationsdaten ihren Knick bei ca. 16.6A auf. Dies bedeutet trotz der Ungenauigkeit insbesondere der experimentellen Daten und systematischer Unterschiede zwischen Experiment und Modell (Hydrophobizität, Debye-Hückel-Potential, Polymerdichte ) eine hervorragende Übereinstimmung. Leider liegen noch keine geeigne-
60 Semifiexible Einzelketten
Steigung: 2
• flexibel
10' D A=4
• A=32
~ A=128
10' q
Abbildung 2.10: Sphärisch gemittelter StrukturfaktOT in Abhä.ngigkeit von der intrinsischen Steifigkeit fÜI' K, = 0.01. lvIan eI'kennt den qualitativen Unterschied zwischen flexiblen und intrinsisch steifen Polyelektrolyten.
10'
• flexibel D A=4 • A=32 ~ A=128
q
. ..•.••.. ....
••••......•.•....•..••••.
. .
Abbildung 2.11: Anpassung deI' StTUktuTfaktoren mit Debye-Funktionen und somit den PaI'ametern v = 0.5 und jp = h fÜI' K, = 0.01. 1Vie eI'waI'tet lassen sich die StTUktUTfaktoren im Guinier-Bereich gut beschI'eiben. Ein Fit mit SA1V-PaTametern eI'laubt keine adäquate Anpassung.
2.4 Zufällige Ladungsverteilung 61
ten Daten für weitere Polymere vor, welche den Einfluss der Variation der intrinsischen Steifigkeit einer detaillierten Untersuchung zugänglich machen würden.
0.00016 0.020
::::- 0.00012 0.015 Ö E ,......., .. ::J
~ 8e-005 ~ 0.010 0.
~ 0
cn (f) CI! .. c-u 4e-005 0.005
0 0.000 0 0.02 0.04 0.06 0.08 0.1 0.00 0.02 0.04 0.06 0.08 0.10
q (A") q (A-1
)
Abbildung 2.12: q2. S(q) im BeTeich großer q: experimentelle Daten (links) [85}; Simulationsresultate (rechts). Die Linien und der Pfeil verdeutlichen die Position des Knickpunktes.
2.4 Zufällige Ladungsverteilung
In den bisher beschriebenen Simulationen wurden Systeme betrachtet, welche eine eingefrorene Ladungsverteilung mit konstantem Abstand zwischen den Ladungen aufwiesen. Im Rahmen eines Debye-Hückel-Zugangs kann ein solches lIIodell einfach erweitert werden, indem die Positionen der Ladungen entlang der Kette zufällig gewählt werden. Dennoch wurden bisher weder solche Systeme, noch der Fall einer Ladungsverteilung, die wirklich "annealed" ist und sich im Laufe der Simulation der Parametrisierung entsprechend einstellt, analysiert. Obwohl bei den betrachteten Systemgrößen zumindest für große LängenskaIen keine dramatischen Effekte zu erwarten sind, werden solche Systeme kurz untersucht, um Anhaltspunkte zu finden, in wie weit sich die eingefrorene Unordnung [88] in diesem System für weitere Analysen anbietet. Den folgenden Abbildungen liegen Systeme zu Grunde, welche in Analogie zu den in den vorangehenden Abschnitten dieses Kapitels Beschriebenen gewählt wurden: N = 2049 und f = 11
6,
Die Simulationsdaten zeigen zunächst die erwartete Analogie der Resultate (s. Abbildung 2.13). Auf zwei Unterschiede sei hier explizit hingewiesen. In Abbildung 2.14 ist der mittlere Ladungsabstand dargestellt. Da dieser als Wurzel aus dem mittleren Abstandsquadrat bestimmt wird, erfahren die größeren Abstände eine stärkere Gewichtung, wodurch der Wert 16 leicht überschritten wird. Die Werte decken sich mit einfachen Abschätzungen.
62
2000
1500 ~
Semiflexible Einzelketten
o K= 0.01 (random) CI K= 0.04 (random) L:>. K= 0.08 (random)
-- K= 0.01 (fix) •..•..••••.• K= 0.04 (fix) - - - K= 0.08 (fix)
10ool~ ~~~~,.:""'~"~~~~~~ ~~ ..... , ...
500 ~ ................... .
7 14 21 MC-Schritte [x103
]
28 35
Abbildung 2.13: End-zu-End-Abstand für Polyelektrolyte mit zufällig verteilten Ladungen und deren Pendants mit festem Ladungsabstand bei A = 32. [Es wird nur jeder zehnte Jvlesspunkt dargestellt.}
40
o
b* 30
20
7
o K= 0.01 (random) o K= 0.04 (random) 6. K= 0.08 (random)
-- K= 0.01 (fix) K= 0.04 (fix)
- - - K= 0.08 (fix)
14 21 MC-Schritte [x103
]
28 35
Abbildung 2.14: Zeitent'wicklung des räumlichen Ladungsabstandes für Polyelektrolyte mit zufällig verteilten Ladungen und deren Pendants mit festen La.dungsabstand entlang der Kontur bei A = 32. [Es 'wird nur jeder zehnte Messpunkt dargestellt.}
2.4 Zufällige Ladungsverteilung 63
Ein qualitativ neuer Effekt tritt in der Bindungsvvinkelkorrelation auf. Die Systeme mit zufällig verteilten Ladungen zerfallen insbesondere bei kleiner intrinsischer Persistenzlänge zunächst etwas schneller, um dann in ein nahezu plateau-artiges Verhalten überzugehen (s. Abbildung 2.15). Im diesem Bereich großer Konturabstände ist die Definition einer elektrostatischen Persistenzlänge insbesondere für große Systeme, die starke Fluktuationen der Ladungsdichte erlauben, sicherlich keine glückliche Wahl zur Beschreibung der Polymere. Der anfängliche, schnellere Zerfall lässt sich durch den fehlenden Beitrag von größeren neutralen Stücken zur Korrelation deuten, wohingegen der zusätzliche Beitrag einiger stärker geladener Kettensegmente klein sein sollte, da keine extreme Überstreckung zu erwarten ist. Alles in allem ist das System noch weitaus komplizierter als die vorangegangenen, wodurch die bisherige Beschreibung keinen Sinn mehr macht. Das Verhalten des Systems stellt ein ausgesprochen interessantes Problem der statistischen Physik dar und bedarf genauerer Klärung, wobei die vorliegenden Daten mit einer gewissen Vorsicht zu geniessen sind. Eine detaillierte Analyse des Problems erfordert u. a. eine saubere Mittelung über die eingefrorene Unordnung, welche den Rechenaufwand nochmals signifikant erhöhen wird. Um bei fester Ladungszahl große Asymmetrien zu erzeugen, bedarf es weiterhin sehr langer Ketten.
0.10 1.0
- K= 0.01 (randem) - 1(= 0.01 (randem)
0.08 - - - - 1(= 0.04 (randem) 0.8 - - - - K= 0.04 (randem)
--- 1(= 0.01 (fix) - - - K= 0.01 (fix)
- 1(= 0.04 (fix) _._- 1(= 0.04 (fix)
0.06 0.6
BWK BWK
0.04 0.4
0.2 ~\ I~ \ ", \ ........ " -~ '- --- ---~ .... ,,-.. - - ~,......,..--- .... ..... 0.0
o 500 1000 1500 Konturabstand [Bindungen]
Abbildung 2.15: BindungswinkellwlTelation für PolyelektTOlyte mit zufällig verteilten Ladungen und deren Pendants mit festem Ladungsabstand bei A = 4 (links) und A = 32
(rechts).
Der zweite Teil der vorliegenden Arbeit befaßt sich mit der Analyse von Polyelektrolytlösungen unter expliziter Berücksichtigung der Gegen- und gegebenenfalls Salzionen unter Verwendung des reinen Coulombpotentials. Diese Simulationen erlauben durch Dissoziation und Gegenionenkondensation eine variable Ladungsdichte auf der Kette, die sich gemäß der Systemparameter "automatisch" einstellt. Diese Art der" Unordnung" sollte für Polyelektrolyte von weitaus grundlegenderer Bedeutung sein. Aus diesem Grund wird
64 Semiflexible Einzelketten
die oben aufgeworfene Frage hier nicht weiter verfolgt. 1
2.5 Zusammenfassung
Durch die Einführung einer intrinsischen Steifig'keit, charakterisiert durch eine intrinsischen Persistenzlänge La, konnte die effektive Abschirmlängenabhängigkeit der elektrostatischen Persistenzlänge L e kontinuierlich von sublinearem (flexible Ketten, Kapitell) bis zu OSF -Verhalten variiert werden. Der Parameterraum zerfällt dabei in drei Teile. Der effektive Exponent y ist kleiner als eins, solange L e groß gegen La bleibt. Sind beide Persistenzlängen VOll vergleichbarer Größenordnung, stellt sich ein Wert um y ~ 1, also dem von den Variationsmethoden für völlig flexible Ketten vorhergesagten Exponenten, ein. Für dominierende intrinsische Steifigkeit (La» L e ) zeigen die Daten - wie erwartet - OSF -Verhalten mit einem effektiven Exponenten y ----+ 2. Die gesamte Persistenzlänge weist als Funktion der intrinsischen Steifigkeit ein ausgeprägtes lVIinimum auf. Diese Beobachtung spiegelt die Tatsache wider, dass die Polyelektrolytketten von zvvei relevanten LängenskaIen beherrscht werden, welche sich gegenseitig beeinflussen [86,87]. Hieraus ergibt sich die Forderung, dass analytisch theoretische lVIodelle eine längenskalenabhängige Steifigkeit in Betracht ziehen müssen, da eine einzige Persistenzlänge nicht zur vollständigen Beschreibung der Ketten ausreicht. Im experimentellen Sektor gilt analog, dass nur q-abhängige Messungen im interessanten Längenbereich in der Lage sind, die Kettenkonformation in allen Details exakt zu analysieren. Mittels aktueller Neutronenstreudaten [85] konnte für sulfoniertes Polystyrol erstmals semiquantitative Übereinstimmung zwischen Experiment und Simulation gezeigt werden. Alternative Zugänge, ·welche zur Datenanalyse "einfache" Modelle (z.B.: wurmartige Kette) heranziehen, vernachlässigen die Bedeutung der verschiedenen LängenskaIen und geben bestenfalls mittlere LängenskaIen an, die keinerlei konkrete physikalische Bedeutung besitzel1.
1 Neben dem Kollapsübergang der Debye-Hückel-Ketten in schlechtem Lösungsmittel ist diese Problematik Teil eines Projektes, welches in Kollaboration mit russischen und bulgarischen Gruppen im Rahmen eines Volkswagen-Stipendiums in der Gruppe am MPI für Polymerforschung in Mainz bearbeitet werden wird.
Kapitel 3
Langreichweitige Wechselwirkungen in Vielkettensystemen: Algorithmische Voraussetzungen
Die Behandlung langreichweitiger Wechselwirkungen stellt in der Computersimulation von Polymeren eine aktuelle Herausforderung dar. Summiert man die elektrostatische Wechselwirkung über alle Teilchen auf, erhält man einen sehr einfachen Algorithmus, der jedoch von der Ordnung O( N(~-l)) Operationen benötigt. Somit skaliert die einzusetzende CPUZeit quadratisch mit der Teilchenzahl. Diese quadratische Abhängigkeit beschränkt die zugänglichen Systemgrößen, da die CPU-Zeit selbst auf modernsten Supercomputern dramatische Größenordnungen annimmt. Andererseits impliziert die Langreichweitigkeit der Kräfte stärkere finite-size-EfI'ekte, wenn z.B. die debyesehe Abschirmlänge (vergl. Kapitel 1) nicht mehr in die Simulationsbox eingepaßt werden kann. Daher bedarf es gezielt er Strategien zur Minimierung des CPU-Zeitverbrauchs. Die Einführung eines Cut-off der Wechselwirkung, d. h. die Definition eines Abstandes, oberhalb dessen die Wechselwirkung zweier Teilchen vernachlässigt wird, führt zu einer erheblichen Beschleunigung der Simulationen. Die Anzahl der im IvIittel mit einer Ladung wechsel wirkenden Partner ist konstant und nur von der Dichte der Teilchen und dem Cut-off bestimmt, wodurch der Prozeß O(N) wird. Es ist jedoch offensichtlich, dass diese Methode große Fehler beeinhaltet, welche für Coulombkräfte nachgewiesenerweise gravierende Artefakte, wie z.B. das Schmelzen von Proteinkristallen, verursachen [89,90]. Deshalb wird diese Möglichkeit auf Grund mangelnder Genauigkeit hier nicht weiter in Betracht gezogen. Somit verbleiben zwei prinzipielle Möglichkeiten:
• Die Verwendung sogenannter "special purpose hardware", d. h. speziell konstruierter Computer bzw. Bauteile, welche bestimmte Operationen extrem schnell bearbeiten können und somit den CPU-Zeit-Verbrauch senken. Abschnitt 3.1 erläutert ein aktuelles Beispiel.
• Die Programmierung effizienterer Algorithmen. Diese sind der direkten Methode speziell für kleine Systeme unterlegen, da die komplexere Struktur immer zusätzlichen Aufwand, den sogenannten Overhead, erzeugt. Die Crossover-Werte, d. h. die Anzahl Ladungen, bei welcher zwei Verfahren gleich schnell sind, legen jedoch na-
66 Algorithmische Voraussetzungen
he, dass die Anwendung der direkten Methode für fast alle interessanten Systeme ungünstig ist. Eine Ausnahme wurde in Kapitel 1 vorgestellt.
Selbstverständlich ist auch eine Kombination aus beiden Aspekten für eine Reihe von Problemen vorgeschlagen worden (s. z.B. [91]). Dieses Kapitel erläutert die aktuellen, für das Coulombproblem anwendbaren Möglichkeiten und verdeutlicht, warum sich die Particle NIesh Ewald-(PME-) .Methode als die geeignete für die zu untersuchenden Systeme erwies. Im letzten Teilabschnitt wird die Skalierung der Rechenzeit mit den Systemparametern analysiert.
3.1 Spezielle Hardware - Das Grape-Board
Im Laufe der Entwicklung der Molekular-Dynamik-Simulationen wurden immer wieder spezielle Rechner konstruiert, um bestimmte Fragestellungen zu lösen [91]. Für ~-Potentiale existiert das sogenannte Grape-Board (GRAvity PipE) [92], welches in der Astrophysik bereits erfolgreich eingesetzt wurde [93,94]. Diese Steckkarte, die zur Zeit u. a. für Sun-Workstations erhältlich ist, enthält die Lösung des ~-Problems in der Hardware verdrahtet. Die Koordinaten der Teilchen werden an das Grape-Board übergeben, welches die Kräfte, Energien und eine Nachbarschaftsliste zurückgibt. Somit teilen sich die Workstation und die Karte die Arbeit. Die LPotentiale ·werden direkt aufsummiert. Durch r die enorme Geschwindigkeit der Hardware konnten in Simulationen zur Galaxienentwick-lung [93,94], welche auf sogenannten "smoothed particle hydrodynamics"-Verfahren [95] beruhen, Geschwindigkeitszuwächse von bis zu einem Faktor 10 im Vergleich zu einer CRAY YMP erzielt werden [96]. Weiterhin zeichnen sich diese Steckkarten durch den relativ geringen Preis, die vierundzwanzigstündige Verfügbarkeit und die ·~döglichkeit,
mehrere Boards parallel zu betreiben, aus. Da die Entwicklung aus dem Gebiet der Astrophysik stammt, unterscheidet die Hardware nicht zwischen positiven und negativen Ladungen, was jedoch nur ein geringfügiger Nachteil ist. Problematisch ist hingegen die fehlende Implementierung periodischer Randbedingungen (s. Abschnitt 3.3), welche eine unabdingbare Voraussetzung für die folgenden Simulationen darstellt. Das Board selbst stellt keinerlei geeignete Features zur Verfügung, so dass sich das System im Vakuum befindet, was in der Astrophysik häufig ausreicht. Eine direkte Implementierung von periodischen Randbedingungen ist nur unter Inkaufnahme eines großen Effizienzverlustes möglich, welcher die Methode uninteressant macht. Bevor das Grape-Board sinnvoll in der Polymerphysik eingesetzt werden kann, muß eine geschickte Formulierung der Randbedingungen entwickelt werden, welche sowohl zur Hardware paßt als auch dem physikalischen System gerecht wird. Da zusätzliche Kräfte, z. B. van der Waals-Wechselwirkungen, ebenfalls eine Rolle spielen, erscheint es sinnvoll, auf eine neue Version dieser Hardware, für ·welche ein in gewissen Grenzen programmierbares Kraftgesetz
1 V(r) rv-
r+t: angekündigt ist, zu warten und dann an Hand aktueller Performance-Daten eine neue Entscheidung zu treffen. 1
1 Bis zum Zeitpunkt der Fertigstellung der vorliegenden Arbeit war keine solche Steckkarte erhältlich.
3.2 Die Reaktionsfeldmethode 67
3.2 Die Reaktionsfeldmethode
Die Reaktionsfeldmethode (s. z.B. [97,98]) wurde ursprünglich zur Simulation von dipolaren Teilchen entwickelt. Sie basiert auf der Idee [99], dass im Feld, welches auf einen Dipol wirkt, zwei Teile zusammenwirken. Der erste Beitrag stammt von Molekülen, welche sich innerhalb einer Cutoff-Sphäre, der sogenannten Kavität K, um das interessierende Teilchen befinden. Deren Wechselwirkung muss direkt berechnet werden. Der zweite Beitrag stammt von lIIolekülen ausserhalb dieser Kavität. Man nimmt an, dass diese ein dielektrisches Kontinuum bilden, in welches das Dipolmoment der Kavität eine Polarisation induziert. Diese beeinfiußt die Teilchen in der Kavität. Dieser zweite Beitrag wird als Reaktionsfeld Fi bezeichnet. Es gilt [99]
F ..... _2(Es-1)1~ ____ . t- Df-.lJ
2Es+1 rCjEK
(3.1)
Hierbei bezeichnet ES die Dielektrizitätskonstante des umgebenden Kontinuums, r C den Radius der Kavität und f-.lj das Dipolmoment der Teilchen in der Kavität, welche durch j indiziert werden. Somit ergibt sich als der Beitrag des Reaktionsfeldes zur Wechselwirkungsenergie des Dipols i
(3.2)
Erstmals wurde die Methode erfolgreich zur Simulation von "\iVasser eingesetzt [100], zwischenzeitlich aber auch auf geladene Systeme angewandt. Ein prinzipielles Problem der rdethode stellt der Sprung in der Energie des Systems dar, der auftritt, sobald ein Teilchen die Kavität betritt oder verläßt. Die Veränderungen der direkten Summe und des Reaktionsfeldes heben sich hierbei nicht gegenseitig auf. Dieses Problem wird meist durch eine Dämpfungsfunktion beseitigt, welche die Wechselwirkung der Teilchen in der Kavität mit dem Abstand vvichtet. Nähert sich der Abstand dem Kavitätsradius wird die Wechselwirkung auf Null reduziert (s. z.B. [101]). Im Fall der vorliegenden Polyelektrolyte weist die Methode allerdings einige prinzipielle Nachteile auf. Bei hohen Dichten ist die Anzahl der Teilchen in der Kavität sehr groß, da aus Genauigkeitsgründen ein Polymer ganz in den Kavitäten seiner Monomere liegen sollte. Dadurch wird die Methode vergleichsweise aufwendig. Bei den extrem niedrigen Dichten, die ebenfalls betrachtet werden müssen, sind sehr große Kavitäten erforderlich. Zunächst muss die Ladungsneutralität der Kavität gewährleistet werden. Weitaus problematischer ist jedoch, dass es apriori nicht klar ist, wie gut die Approximation des dielektrischen Kontinuums ist, wenn einige stark lokalisierte, hochgeladene Ketten vor einem vergleichsweise homogenen Hintergrund von entgegengesetzt geladenen Ionen vorliegen. In jedem Fall ergeben sich aus dieser Struktur sehr große Kavitäten. Auf Grund der Literatursituation ist keine quantitative Analyse der Fehler in Abhängigkeit der eingestellten Systemparameter möglich, was einen entscheidenden Nachteil darstellt. Somit erscheint die prinzipiell algorithmisch recht einfache Methode nicht generell für das ganze interessierende Parameterintervall anwendbar und ihre Genauigkeit nicht exakt kontrollierbar. Aus diesen Gründen wird sie in der vorliegenden Arbeit keine Verwendung finden.
68 Algorithmische Voraussetzungen
3.3 Periodische Randbedingungen -Die Ewald-Summe
Die betrachteten Vielkettensysteme werden in periodischen Randbedingungen simuliert, um der Ausdehnung realer Systeme möglichst gerecht zu werden. Das klassische Verfahren zur Berechnung der Coulombenergie in periodischen Systemen ist die Ewald-Summe. Benannt wurde das Verfahren nach P. Ewald, welcher 1921 die madelungsche Arbeit [102J zu Kristallen verallgemeinerte. Erstmalig konnte ein allgemein anwendbares Verfahren zur Berechnung elektrodynamischer und elektrostatischer Potentiale in einem idealen, periodischen Kristall angegeben werden [103J. Basierend auf dieser Arbeit wurde ein Algorithmus entwickelt [104], der bei optimaler Implementierung von der Ordnung O(N~) ist. Die Performance der modernen Algorithmen erreicht die Ewald-Summe daher nicht (vergl. Abschnitte 3.4 und 3.5). Die Methode soll hier dennoch kurz erläutert werden, da sie die Basis der meisten Verfahren zur Berücksichtigung der Wechselwirkung mit periodischen Bildern darstellt und insbesondere die Grundlage für den PME-Algorithmus (s. Abschnitt 3.5) bildet. Die zu bestimmende potentielle Energie des periodischen Gesamtsystems lautet:
(3.3)
Zi repräsentiert die Ladung der Teilchen. Die Summe über Ti berücksichtigt die periodischen Bilder als Elemente eines einfach kubischen Gitters. Der Akzent an der Summe verdeutlicht, dass für Ti = 6 die Selbstwechselwirkung i = j nicht mit eingerechnet werden darf. Diese Reihe ist nur bedingt konvergent, wodurch der Summationsreihenfolge entscheidende Bedeutung zukommt. Üblicherweise summiert man die Boxen nach ihrem Abstand zur zentralen Simulationsbox, so dass sich ein nahezu sphärisches Objekt ergibt, zu welchem weitere Kugelsphären hinzugefügt werden (vergl. Abbildung 3.1). Bei der Summation dürfen die Randbedingungen nicht vernachlässigt werden. Im Vakuum (ES = 1) ·wäre ein solches Objekt von einer Dipolschicht umgeben, welche bei perfekt leitender, metallischer Randbedingung (ES = (0) fehlt. Da realistische Systeme häufig von vakuumähnlichen Substanzen wie Glas oder Luft umgeben sind, muß diesem Effekt Rechnung getragen werden. Es gilt im Limes vieler periodischer Bilder [104J:
2
Die Ewald-Summe berechnet 11 (ES = (0). Die Simulationen zeigen allerdings, dass der zusätzliche Term für die hier zu betrachtenden Systeme von vernachlässigbarer Größe ist. Um l1(ES = (0) zu bestimmen, wird zu jeder Ladung eine Ladungsverteilung gleicher Gesamtladung aber entgegengesetzten Vorzeichens addiert (s. Abbildung 3.2). Diese Verteilung ist um den Ort der Ladung zentriert und wird üblicherweise als gaußsehe Verteilung angesetzt:
(3.4)
3.3 Periodische Randbedingungen - Die Ewald-Summe 69
Abbildung 3.1: Veranschaulichung des Gitters aus periodischen Bildem der zentralen Simulationsbox zur Summation der Coulomb- 1;11echselwirkung [64).
Die exakte Form der radialen Verteilung ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Die mathematischen Details der NIethode sind im Artikel von Heyes [105] klar dargestellt. Physikalisch bedeutet diese Verteilung eine ionische Atmosphäre, welche die Wechselwirkung mit anderen Ladungen abschirmt. Deshalb kann man die \iVechselwirkung bei geringem Fehler als kurzreichweitig interpretieren (vergl. Abschnitt 1.1).
Diese Ladungsverteilung muß durch ihr Gegenstück kompensiert werden (s. Abbildung 3.2), so dass in summa eine Null zur ursprünglichen Ladungsverteilung addiert wird. Die Energie dieser zweiten, kompensierenden Ladungsverteilung wird im Fourierraum berechnet. Durch die Fouriertransformation wechselwirkt die kompensierende Ladungsverteilung um den Ort fi auch mit sich selbst. Diese Selbstwechselwirkung muß subtrahiert werden (Term 3 in Gleichung 3.5).
Der kurzreichweitige Teil aus ursprünglicher und abschirmender Ladungsverteilung lässt sich im Ortsraum analytisch aufsummieren. Im Fall einer gaußschen Verteilungsfunktion ergibt sich eine komplementäre Fehlerfunktion erfc(x) als funktionale Form. Zusammen mit der Oberfiächenkorrektur enthält die potentielle Energie vier Terme [64]:
41TESEO' lI(Es = 1)
(3.5)
2
70 Algorithmische Voraussetzungen
p' (r)
r
p'(r)
Abbildung 3.2: Veranschaulichung der zur ursprünglichen Ladung hinzugefügten Ladungsverteilungen: a) Ursprüngliche und abscllirmende Ladungsverteilung b) Kompensierende Ladungsverteilung (64J.
Die komplementäre Fehlerfunktion ist als
2100
erfc(x) = 7r :1: exp( -t2 )dt (3.6)
definiert und zerfällt schnell mit wachsendem Argument. Der z·weite Term T2 in Gleichung 3.5 kann physikalisch anschaulicher formuliert werden, indem man den Strukturfaktor der ursprünglichen Ladungsverteilung
N
S(k) = L Zi exp(ik . Ti) (3.7) i=l
einführt. Damit folgt:
1 47r k2
1 --> 1
2
T2 = L3 L k2 exp(- 40:2 ) S(k) kopo
(3.8)
In einer expliziten Berechung werden für die beiden unendlichen Reihen in Gleichung 3.5 Obergrenzen der Summation eingeführt. Dies wird durch die Kurzreichweitigkeit der Ortsraumwechselwirkung und die mögliche Beschränkung der k-Vektoren gerechtfertigt. Letztere wird durch die homogenere Struktur der kompensierenden Ladungsverteilung ermöglicht. Es ist offensichtlich, dass der Parameter 0:, welcher die Breite der addierten Ladungsverteilungen bestimmt, die Genauigkeit der Methode beeinflusst. Die maximal benötigten Abstände und k-Vektoren sind Funktionen von 0: und der geforderten Genauigkeit. Üblicherweise wird der Parameter 0: so eingestellt, dass im Ortsraum nur Wechselwirkung im Rahmen der "minimum image "-Konvention berücksichtigt werden müssen.
3.4 Die Multipolmethode 71
Dies bedeutet, dass nur Wechselwirkungen mit dem nächstgelegenen periodischen Bild einer Ladung in die Summe einfiiessen. Eine Erhöhung von 0: lokalisiert die abschirmende und kompensierende Ladungsverteilung stärker. Daraus ergibt sich ein kleinerer Cut-off im Ortsraum. Andererseits benötigt man eine größere Zahl von k-Vektoren im Fourierraum, um die inhomogenere Ladungsdichte mit einer geforderten Genauigkeit zu beschreiben. Optimale Einstellung der Parameter ergibt 0: rv Nt und einen Aufwand von O(N~) [106]. Mangelnde Parameteroptimierung führt zu O(N2). Die Methode ist zwischenzeitlich detailliert studiert [107-113], parallelisiert [114,115] und auf Wechselwirkung von Multipolen höherer Ordnung erweitert [116-118] worden. Eine Analyse der Abhängigkeit der Genauigkeit der Methode von ihren Parametern [119] lieferte geschlossene, analytische Ausdrücke für die absoluten Fehler des Orts- sowie des Fourieranteils. Diese werden in Abschnitt 3.6 eine wichtige Rolle spielell. Die verhältnismäßig ungünstige Skalierung mit der Teilchenzahl erfordert zur Simulation der Polyelektrolyt-Systeme geeignetere Algorithmen. Die Ewald-Methode bietet sich jedoch als optimales Referenzsystem, sowohl was die Resultate als auch die Geschwindigkeit moderner Algorithmen betrifft, an.
3.4 Die Multipolmethode
Die "Fast Multipole"- Methode (FMM), welche 1987 von Rhoclclin und Greengard [120] entwickelt und in der Zwischenzeit mehrfach erweitert wurde, löst das N-Körperproblem mit einem Zeitaufwand der Ordnung O(N). Sie bestimmt die vVechselwirkung von entfernten Ladungen nicht direkt, sondern fast mehrere Ladungen zusammen und nutzt deren Multipolentwicklung. Je größer die Distanz zum Ort der Potentialbel'echnung, desto größere Gebiete können zusammengefasst werden. Man erkennt sofort, dass die Genauigkeit sehr einfach durch die verwendete Ordnung der Multipolentwicklung steuerbar ist. Die wesentliche Idee, welche den niedrigen Aufwand garantiert, ist jedoch die Einführung einer hierarchischen Baumstruktur, welche pro Zeitschritt einmal auf- und abwärts durchlaufen wird. Dazu wird die Simulationsbox in 2d äquivalente Unterboxen unterteilt, wobei d die Raumdimension bezeichnet. Dieser Prozeß wird im ursprünglichen Algorithmus solange rekursiv fortgesetzt, bis in jeder Box der untersten Ebene im Mittel nur noch ein Teilchen verbleibt (s. Abbildung 3.3). Es erweist sich jedoch als günstig, ca. 6 - 48 Teilchen pro Box zu belassen [91]. Eine Variante stellt die sogenannte "adaptive FM lvI " dar, in welcher Boxen nur geteilt werden, wenn sie eine Mindestzahl an Teilchen enthalten [121,122]. Diese Prozedur hat im Allgemeinen eine stark asymmetrische Baumstruktur zur Folge. Um eine klare Darstellung zu ermöglichen, wird hier die ursprüngliche Variante [120] für drei Dimensionen erläutert. Es entsteht eine Baumstruktur aus mehreren Ebenen (s. Abbildung 3.3), welche von oben beginnend mit der Levelnummer 0 für die Simulationsbox bis Lmax durchnummeriert werden. Die durch Teilung aus einer Box hervorgehenden Unterboxen werden als Kinder der Box, die Box als Elternbox bezeichnet. Zunächst werden die Multipolentwicklungen aller Boxen in einem aufwärts gerichteten Lauf durch den Baum berechnet. Wesentlich ist hierbei, dass nur auf der untersten Ebene Lmax , welche die kleinsten Boxen enthält, die Reihenentwicklungen um die Zentren der Boxen explizit berechnet werden müssen. Die
72 Algorithmische Voraussetzungen
Abbildung 3.3: Zweidimensionale Iferanscha,ulichung der Unterteilung der Simulationsbox in Subboxen und der sich daraus ergebenden Level fÜT die Fast .Multipole-.MetllOde [91].
Abbildung 3.4: Zweidimensionale lfel'8nscllauliclmng der Komrergenzsphä,re der Multipolentwicldungen. Die Reihen lwmrergieTen außeThalb des die felderzeugenden Ladungen entl18ltenden Gebietes [91].
Multipolentwicklungen konvergieren außerhalb einer Sphäre, welche die felderzeugenden Ladungen enthält und sind somit hervorragend geeignet, deren Einfluss auf entferntere Ladungen zu beschreiben (s. Abbildung 3.4). Die Multipolentwicklung der Elternboxen berechnet sich durch Anwendung eines Translationsoperators, welcher die Entwicklungen der Subboxen in das Zentrum der Elternbox transferiert, wo diese addiert werden. Auf diese Weise wird der Baum aufwärts bis zur Ebene 0 durchlaufen. In der sich anschließenden Abwärtsbewegung werden die sogenannten lokalen Entwicklungen bestimmt, welche den Einfluss aller entfernteren Ladungen auf die betrachtete Box enthalten. Die lokale Entwicklung einer Box setzt sich aus der verschobenen lokalen Entwicklung der Elternbox und einer Umwandlung der Multipolentwicklungen der Wechselwirkungsliste zusammen. Als Wechselwirkungsliste bezeichnet man die Menge aller Boxen, welche auf der gleichen Ebene wie die Interessierende liegen, ausreichend entfernt sind und nicht (durch ihre eigene Elternbox) zur lokalen Entwicklung der Elternbox beigetragen habell. Greengard [121 J definierte "ausreichend entfernt" durch einen Mindestabstand von zwei Boxen. Die Abbildung 3.5 veranschaulicht die Zugehörigkeit der Boxen zu den Wech-
3.4 Die Multipolmethode 73
selwirkungslisten auf den verschiedenen Ebenen. Die weiter entfernten Boxen gehören nicht zur Wechselwirkungsliste, da sie bereits auf höheren Ebenen (größere Einheiten) berücksichtigt wurden. Die Boxen der Level 0 und 1 besitzen in einem isolierten System keine Einträge in ihren Wechselwirkungslisten. Es sind zwischenzeitlich auch andere Definitionen dieser Listen vorgeschlagen worden, welche teilweise zu einer Verbesserung der Performance führen [91,121,123]. Die anschließende Umwandlung von Multipol- in Taylorreihen ist aus Gründen der Anpassung des Konvergenzgebietes nötig .
• a) box ofinterest b) level 2
--c) level3d) level 4
Abbildung 3.5: Zugellörigkeit der Teilchen zu den H1echselwirkungslisten. Links: Die Boxen der vl'echselwirkungsliste der schwarzen Box sind grau eingefä.rbt. Rechts: Die Entstehung der VVechselwiTkungslisten auf den höheren Ebenen [91}.
Ist die unterste Ebene erreicht, erfolgt die Berechnung der Energien bzw. Kräfte mittels der lokalen Entwicklungen. Ladungen, welche sich in Boxen befinden, die nicht ausreichend entfernt sind, müssen durch direkte Summation berücksichtigt werden. Die Summe aus beiden Termen ergibt die Gesamtenergie bzw. Gesamtkraft. Der enorme Vorteil dieses verhältnismäßig komplizierten Algorithmus liegt im Aufwand, welcher linear mit der Teilchenzahl skaliert. Eine Reihe von Verbesserungen (s. z.B.: [123-127]) wurden seit der Veröffentlichung der Originalarbeit eingeführt. Ein wesentliches Resultat dieser Bemühungen ist die Reduktion des Aufwandes in Abhängigkeit von der Ordnung p der Multipolentwicklung. Die direkte Implementierung des oben beschriebenen Verfahrens führt zu O(p4 ). Die modernste Variante weist nur noch die Ordnung O(p2log2P) auf [128]. Weiterhin wurde das Verfahren für eine Reihe von Randbedingungen implementiert. Schmitt und Lee [125], deren Artikel auch eine klare Beschreibung des Algorithmus und des Rechenzeitaufwandes enthält, gelang die Einführung von periodischen Randbedingungen in drei Dimensionen. Der Einfluss der periodischen Bilder 'wird in einer Art EwaldSumme (vergleich Abschnitt 3.3) berücksichtigt. Sie nutzten aus, dass alle Bilder die gleichen Multipolmomente aufweisen. Dadurch lässt sich die Transformationsmatrix, welche aus den Multipolentwicklungen der periodischen Bilder die benötigten lokalen Entwicklungen generiert, vorab berechnen. Die 26 nächsten Nachbarn müssen explizit berücksichtigt werden. Ein Performanceverlust durch diese Operationen wird zwar minimiert, ist aber
74 Algorithmische Voraussetzungen
unvermeidlich. Es soll noch angemerkt werden, dass ein Teil des Preises für die hohe Geschwindigkeit ein enormer Speicherbedarf ist, welcher ohne Geschwindigkeitsverlust kaum reduzierbar ist. Für astrophysikalische Probleme, welche die Hauptanwendung der Nlultipolmethode darstellen, ist der Algorithmus weitaus besser geeignet als für Nlolekular-Dynamik-Simulationen geladener Teilchen. Das Monopolmoment der Massenverteilung dominiert das Verhalten des Systems, da das Dipolmoment verschwindet. Geladene Systeme sind normalerweise elektrisch neutral, so dass das Monopolmoment verschwindet und eine Reihe höherer Terme berücksichtigt 'werden müssen, wodurch der CPU-Zeit-Verbrauch deutlich ansteigt. Die Beurteilung der Performance der Fast Multipole-Methode ist vergleichsweise schwierig. Offensichtlich ist, dass der Algorithmus einen enormen Overhead erzeugt. Dennoch liegen die Teilchenzahlen, ab denen die FMM schneller als die direkte Methode ist, sehr niedrig ( ;:S 103). Da die Ewald-Summe das Standardverfahren zur Berechnung langreichweitiger Kräfte in periodischen Systemen darstellt, sind die Crossover-Zahlen für diese beiden Methoden ein guter lVIaßstab. Leider finden sich in der Literatur Angaben zwischen 800 [129] und 105 [130] Teilchen. Problematisch dürfte vor allem die Optimierung der Ewald-Programme sein, welcher anscheinend nicht immer genug Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Gemäß einer sehr ausführlichen Arbeit von Esselink [130] liegt Ne oberhalb von 104 Teilchen. Eine sorgfältig illustrierte Arbeit über zweidimensionale Systeme liefert ebenfalls 104 S; Ne S; 3.104 [131]. Diese Werte verschieben sich zu größeren Teilchenzahlen, wenn an Stelle des mittleren (s. Gleichung 3.9) der maximale relative Fehler (vergl. Gleichung 3.10) herangezogen wird.
1
t,f = [~ t t,fl] 2
~=1
(3.9)
t,fi bezeichnet den Fehler der Kraft auf das Teilchen i. Das Verhältnis von maximalem zu mittlerem Fehler bezeichnet man häufig als r:
(3.10)
Dieses ist für die Multipolmethode mit I = 10 deutlich ungünstiger als im Ewald-Fall. Die Ewald-Methode und die daraus abgeleitete PME-Methode (s. Abschnitt 3.5) weisen nahezu gaußsche Fehler auf. Daher beträgt ihr I ~ 3 für 103 bis 105 Teilchen. Damit wird ein erster gravierender Nachteil deutlich. Die zitierten Resultate legen nahe, dass unsere Polyelektrolytsysteme, welche langfristig maximal einige zehntausend geladene Teilchen umfassen sollen, nicht von der enormen Geschwindigkeit der FMM profitieren können, da sie zu klein sind. Da Molekular-Dynamik-Simulationen auf möglichst große Zeiten abzielen, um das zu untersuchende System zu äquilibrieren und statistisch unabhängige Messungen daran vorzunehmen, wäre die Simulation sehr großer Systeme (N) 105 ) für relativ kurze Zeiten der physikalischen Fragestellung nicht angemessen. Durch die recht rasche Bewegung der Ionen wird ein häufigerer Baumaufbau erforderlich. Die Anzahl der Rekonstruktionen kann insbesondere bei periodischen Randbedingungen durch Zuordnung der Teilchen zu den Boxen, in die sie wandern, minimiert werden. Die
3.4 Die Multipolmethode 75
interessierenden, stark verdünnten und daher stark inhomogenen Systeme erfordern adaptive Methoden, welche einen häufigeren Baumaufbau unvermeidlich werden lassen. Ein weiterer Nachteil, der sich bei einem Code für Parallelrechner mit verteiltem Speicher bemerkbar macht, ist die erhöhte Kommunikation durch die Zuordnungen zu den Boxen.
Da langfristig auch massiv parallele Systeme als Produktionsrechner genutzt werden sollen, wird der Parallelisierbarkeit besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Die meisten Arbeiten zur Parallelisierung der FMM beziehen sich auf isolierte Systeme ohne periodische Randbedingungen und wurden auf vergleichsweise kleinen Maschinen durchgeführt (Anzahl Prozessoren::::; 32) [91, 132-135J. Diese Konstellation ist die optimale Variante. Da die beiden oberen Level nahezu irrelevant für die Kraftberechnung sind, lassen sich die 64 Boxen der zweiten Ebene inklusive all ihrer Unterboxen auf 2n ::::; 64 Prozessoren verteilen. Durch diese Zuordnung wird die gesamte Kommunikation zwischen den Ebenen, also insbesondere die Verschiebung der Multipolentwicklungen, von den jeweiligen Prozessoren ohne Netzwerkzugriff abgearbeitet. Es wurden Beschleunigungsfaktoren von 19 auf einem 32 Prozessor Kendell Square Rechner und bis zu 13 auf einer 16 Prozessor Sequent Symmetry Maschine gemessen. Beide Maschinen besitzen zentralen Speicher. Die Resultate fallen deutlich schlechter aus, sobald wirklich parallele Architekturen mit verteiltem Speicher zum Einsatz kommen [134J. Zusätzlich erfordern solche Beschleunigungsraten eine ausgesprochen gleichmässige Ladungsverteilung im System. Diese Bedingung ist im Fall von Polyelektrolytsimulationen selbst für die größten, betrachteten Dichten nie in ausreichendem Masse erfüllt.
Möchte man eine größere Zahl von Prozessoren einsetzen, müssen diese auf die verschiedenen Level verteilt werden. Da der Aufwand unterschiedlich ist, muß eine asymmetrische Zuordnung erfolgen, welche den jeweiligen Parametern angepaßt sein sollte. Diese Vorgehens~weise erzeugt neben Tuningproblemen einen großen Kommunikationsaufwand, welcher die Skalierbarkeit mit der Prozessorzahl zerstört. Zusätzlich muß in diesem Zusammenhang der gegebenenfalls asymmetrischen, weil durch adaptive Verfahren gewonnenen Baumstruktur Rechnung getragen werden, wodurch das Problem noch komplizierter wird oder ein Performanceverlust durch Verzicht auf den adaptiven Zugang in Kauf genommen werden muß.
Für isolierte Systeme stellen Randboxen eine weitere Ursache für Load-Imbalance, also eine ungleichmäßige Verteilung der vorhandenen Arbeit auf die Prozessoren, dar. Sie verfügen über eine geringere Anzahl an Partnern zur Berechnung des direkt aufzusummieren den Anteils der Wechselwirkungen. Da dieses Problem mit der Einführung periodischer Randbedingungen verschwindet, wird an dieser Stelle nicht näher darauf eingegangen. Die Implementierung der periodischen Randbedingungen selbst erzeugt bezüglich der Parallelisierung nur wenig Overhead.
Ein auch für kleinere Parallelrechner gravierendes Problem stellt der nötige Informationsaustausch bei der Auswertung der Wechselwirkungslisten dar. Der entstehende Kommunikationsaufwand ist enorm und lässt sich nicht verhindern. Es hat sich als sehr effektiv erwiesen, die benötigte Information vorab in wohlorganisierten Kopierschritten den Prozessoren zur Verfügung zu stellen, so dass das Problem etwas reduziert wird [91 J. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass für den Fall eines isolierten Systems ein theoreti-
76 Algorithmische Voraussetzungen
sches Parallelisierungsschema entwickelt wurde, welches den Aufwand pro Prozessor auf o (log(N)) reduziert [91]. Hierzu sind allerdings mindestens 0 (N) Prozessoren [optimal O(N-Iog(N))] nötig, was zur Zeit eine illusorische Forderung darstellt. In derselben Arbeit werden die Anforderungen an einen special purpose Rechner definiert, welcher die Fast lVIultipole-Methode optimal parallelisieren kann. Die Komplexität der Anforderungen verdeutlicht nochmals die Schwierigkeiten, welche eine effiziente Parallelisierung des Verfahrens mit sich bringt. Die relativ hohen Crossover-Werte im Vergleich zur Ewald-Summe zusammen mit den Parallelisierungsproblemen lassen den Einsatz der Fast Multipole-Methode für Polyelektrolytlösungen sowohl zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung (1996) als auch mittelfristig nicht als vorteilhaft erscheinen. Abschließend soll erwähnt werden, dass auch Kombinationen von Gittermethoden und der Fast lVIultipole-Methode veröffentlicht wurden [136]. Sie benötigen nur eine Ebene, welche aus vielen Boxen besteht. Weit entfernte Boxen wechselwirken via ihrer Multipolmomente. Da ein regelmäßiges Gitter zu Grunde liegt, lassen sich Fast Fourier Ttansformations-lVIethoden anwenden, so dass diese Verfahren 1993 für 104 Teilchen etwas schneller als die Fast lVIultipole-Methode waren. Die Ordnung des Aufwandes beträgt O(N-Iog(N)). Diese Zugänge sind jedoch der im Folgenden dargestellten PME-Methode im CPU-Zeitverbrauch deutlich unterlegen.
3.5 Die Particle Mesh Ewald-Methode
Die Particle Mesh Ewald-Methode (PlVIE) [137] stellt eine Kombination aus der EwaldlVIethode (s. Abschnitt 3.3) und dem Particle Particle Particle rvIesh-Verfahren (P3M) [138] dar. Das P3lVI-Verfahren, welches Anfang der 70er Jahre zur Simulation von Plasmaproblemen [139] von Hockney und Eastwood entwickelt wurde, basiert auf der häufig verwendeten Zweiteilung der Berechnung der \;\Techselwirkung von Teilchen nach Abstandskriterien. Ist der Abstand der betrachteten Teilchen kleiner als ein bestimmter Cut-off, muß die Wechselwirkung direkt berechnet werden (Particle-Particle). Um größere Abstände effizient zu handhaben, werden die Teilchenpositionen zu diskreten Gitterpunkten verschoben. Die regelmäßige Struktur des Gitters erlaubt den Einsatz von Fast Fourier Transformationen (FFT), wodurch der Aufwand auf O(N-Iog(N)) reduziert wird (ParticleMesh). Der Fehler wird durch die Anzahl der Gitterpunkte und den Cut-off bestimmt. Eine Verbesserung der Genauigkeit lässt sich durch Interpolation bezüglich der Teilchenposition, welche eine anteilige Zuordnung einer Ladung zu mehreren Gitterpunkten mit sich bringt, erzielen. Die berechneten Kräfte und Energien werden durch Interpolation zu den Teilchenpositionen fortgesetzt. Die Details der lVIethode sind ausführlich in [140] beschrieben. Diese Idee wird auf den Fourier-Teil der Ewald-Summe (s. Gleichung 3.5) übertragen, welcher als wesentlichen Anteil die Summe über das Betragsquadrat des Strukturfaktors der Ladungen enthält (vergl. Gleichung 3.8). Durch Interpolation der Ladungspositionen auf ein Gitter lässt sich dieser Anteil mittels FFT in 0 (N- 10g(N) ~) berechnen. Damit werden bei geringerem CPU-Aufwand größere k-Vektoren als im Standard-Ewald-Verfahren zugänglich, wodurch der Cut-off für den kurzreichweitigen, im Ortsraum zu behandelnden
3.5 Die Particle Mesh Ewald-Methode 77
Teil reduziert werden kann. Somit lassen sich beide kostspieligen Teile der Kalkulation beschleunigen. Es finden sich zwei unterschiedliche Interpolationsschemata in der Literatur. Das Erste, welches auch in der vorliegenden Arbeit Anwendung gefunden hat, basiert auf lagrangescher Interpolation, cl. h. einfacher Polynominterpolation [141]. Die Ladungen werden auf eine bestimmte Anzahl von Gitterpunkten verteilt, wobei ihr Gewicht mittels der Interpolationspolynome berechnet wird. Man" verschmiert" also die Lad ung auf benachbarte Gitterpunkte. Die Ordnung der Polynome hängt direkt mit der Anzahl der berücksichtigten Gitterpunkte pro Ladung zusammen, und beeinflusst den Fehler der Methode. Die Polynome definieren sich durch zwei Randbedingungen. Zum einen muss die Summe aller Ladungsfragmente die Gesamtladung ergeben, wodurch die Normierung festliegt. Die explizite Gestalt der Polynome wird durch die Forderung fixiert, dass das Polynom auf einem Gitterplatz den Wert 1 annehmen muss, wenn die Ladung genau auf diesem Gitterplatz sitzt. Weiterhin muss es unter dieser Bedingung an allen anderen Gitterplätzen den Wert 0 besitzen. Dadurch lassen sich die Polynome eindeutig festlegen. Das Verfahren besitzt neben der hohen Geschwindigkeit den großen Vorteil, dass die Kräfte symmetrisch interpoliert werden, wodurch das 3. newtonsche Gesetz gültig bleibt:
p .. - -F·· ·tJ - J!
Dies ist für Molekular-Dynamik-Simulationen von äußerster Wichtigkeit. Die Energie weist allerdings eine kleine Diskontinuität beim Überschreiten von Gitterpositionen oder der NIitte zwischen zwei Gitterpunkten (je nach Ordnung des Interpolationspolynoms) auf, da schlagartig andere Gitterpunkte zur "Verschmierung" der Ladung herangezogen ·werden. Dieses Defizit lässt sich durch die Verwendung von Cardinal B-splines [142] als Interpolationsfunktionen beheben. Dieses Verfahren verursacht jedoch eine leichte Asymmetrie in den Kräften, so dass für Molekular-Dynamik-Simulationen die erste Methode meistens vorteilhaft ist. Im Folgenden soll nun der k-Anteil der aus Gleichung 3.5 abgeleiteten Kraft umformuliert werden, um den Einsatz des Gitters zu verdeutlichen.
-> 1 '" ~ -> (( • -> ( -> -> ))) exp ( - 4~2 ) Fi = 366 k zi Zj Im exp zk· Ti - Tj k2 EsEoL ~ ~ . " (3.11) ki-0 ]=1
Die Menge der Gitterpunkte, auf welche die Ladung Zi verteilt wird, wird im Folgenden als Si bezeichnet. Ql repräsentiert die durch die Zuordnung aller Ladungen am Gitterpunkt l entstandene Ladung und Ql,i den nur von der Ladung i hervorgerufenen Anteil. Mit diesen Definitionen schreibt sich Gleichung 3.11
( k2
)
-> 1 '" '" '" -> (( • -> -> -> )) exp - 40:2
Fi = E E L3 66 6 kQI,iQjIm exp zk· (Pl- Pj k2 S ° ki-fi IESi jEGitter (3.12)
Die Variablen PI bezeichnen hierbei die Gittervektoren. Einige direkte Umformungen
78 Algorithmische Voraussetzungen
verdeutlichen die konkrete Vorgehensweise:
1 '" [", exp ( - ~) .... A .... 1 EsE
oL3 ~ES. QI)m ~, k24a k Qj; exp(ik . PI)
I kepO v
-. <1>
1 3 L QI,i1m [L ~ exp(ik. PI)l EsEoL ~ ~
IES; kepO , ~
v
FFT(~)(k --+ X) = <1> (3.13)
Damit erhält der Algorithmus die folgende Struktur:
e Zuordnung der Ladungen zu den Gitterpunkten
GI Berechnung der inversen FFT von Qj --+ Qj
GI Gegebenenfalls Energieberechnung:
(3.14)
~ ~ exp(-~) -f " -f -f -f
• Berechnung von <1>(k) = p402 k Qj und Definition von <1>(0) := 0
CD Berechnung der FFT von ~ (k) --+ ~ (x)
CD Berechnung der Kraft
(3.15)
Die Summe im letzten Schritt zieht alle zur Ladung i gehärenden Teilladungen auf den umgebenden Gitterpunkten in Betracht.
3.5 Die Partic1e Mesh Ewald-Methode 79
Somit liegt ein Algorithmus mit verhältnismäßig einfacher, klarer Struktur vor, der nach Konstruktion für periodische Randbedingungen geeignet ist. Die Parallelisierung auf massiv parallelen Rechnerarchitekturen erweist sich als vergleichsweise einfach. Durch die Reduldion des Cut-off im Ortsraum ist dieser Teil des Algorithmus für spatial decomposition besser geeignet als die ursprüngliche Ewald-Methode, welche schon sehr gute Resultate erbringt [129]. Mit spatial decomposition bezeichnet man die räumliche Unterteilung der Simulationsbox in gleiche Untervolumina. Je ein solches wird einem Prozessor zur Bearbeitung zugeteilt. Der Fourier-Anteil kann mittels eines replicated data-Zuganges parallelisiert werden ohne einen großen Kommunikationsaufwand zu verursachen [129]. Bei dieser Methode verfügen alle Prozessoren lokal über die für ihre Berechnungen nötigen Informationen, wodurch Daten mehrfach gespeichert werden müssen. Vorteilhafter ist es daher auf distributed memory Fast Fourier Transformationen zurückzugreifen. Diese werden von den meisten Anbietern massiv paralleler Rechner mit guter Performance zur Verfügung gestellt. Dadurch sind Simulationen größerer physikalischer Systeme möglich, da der Speicher der gesamten Maschine und nicht mehr der eines einzelnen Prozessors das limitierende Element darstellt. Diese Grenze liegt deutlich oberhalb des für Polyelektrolytlösungen (ohne explizite Lösungsmittelteilchen ) interessanten Bereiches. Es stellen sich im Fall der Parallelisierung der Pl\lIE-Methode folglich kaum algorithmische Probleme. Somit bleiben (nur) die unvermeidlichen, durch die Inhomogenität des physikalischen Systems bedingten Fragen bei der Auswahl des Parallelisierungsschemas zu berücksichtigen.
Im einzigen, zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung (1996) vorliegenden, direkten Vergleich erwies sich der Pl\lIE-Algorithmus für Systemgrößen zwischen 102 und 2 . 104 Ladungen als ca. 4 bis 5 mal schneller als der Fast Multipole Algorithmus [129]. Dieses Ergebnis deckt sich mit den Crossover-Zahlen Nc im Vergleich zur Ewald-Summe. Die PME-Methode liefert ein Nc , welches durchschnittlich eine knappe Größenordnung unter dem FMM-Wert liegt [129,143]. Damit weist diese }lIethode für die zu betrachtenden Systemgrößen mindestens zwei entscheidende Vorteile auf: intrinsisch periodische Randbedingungen und einen signifikanten Speed-up, verknüpft mit besserer Parallelisierbarkeit.
Im folgenden Abschnitt werden abschließend die konkrete Implementierung kommentiert und die Timing-Resultate vorgestellt. Im Rahmen dieser Analyse wird das Programm mit dem bis dahin schnellsten Verfahren, der sphärischen Approximation an die EwaldSumme [145] verglichen. Dieses basiert auf einer geschlossen darstellbaren Näherung für die Ewald-Summe in sphärischer Geometrie, welche dann analog zur direkten Methode über alle wechselwirkenden Paare summiert wird. Dieses Verfahren wurde erfolgreich zur Simulation von Lösungen stark geladener, hydrophiler Polyelektrolyte benutzt [16]. Die Autoren nutzten ein Oktahedron, die Wigner-Seitz-Zelle des bcc-Gitters, als Simulationsbox um eine möglichst sphärische Geometrie zu gewährleisten. Durch die ungünstige, quadratische Teilchenzahlskalierung der Rechenzeit ist die Methode für größere als die bisher betrachteten Systeme (N ::; 2048, Standard: N = 512) nicht einsetztbar. Der folgende Abschnitt belegt, dass die Methode auf Grund ihres verschwindenden zusätzlichen Aufwandes für N=512 Teilchen nicht zu schlagen, für die in der vorliegenden Arbeit zu analysierenden, größeren Systeme der PME-Methode jedoch deutlich unterlegen ist.
80 Algorithmische Voraussetzungen
3.6 Programmstruktur und Performanceanalyse
Die im vorangehenden Abschnitt erläuterte PlIIE-lIIethode wird in eine Molekular-Dynamik-Simulation, vergleichbar der in Abschnitt 1.3 beschriebenen, eingebettet. Es wird eine Langevin-Gleichung inklusive Dämpfung und Kopplung an ein Wärmebad mittels eines Velocity-Verlet-Algorithmus [64] integriert. Die Temperatur wird auf kBT = 1.0 festgesetzt und definiert die Energieskala. Die Reibungskonstante beträgt r = T-
1. Der
Zeitschritt wird der jeweiligen Potentialstärke angepaßt. Für hydrophile Polyelektrolyte erweisen sich 0.0125 T als günstig. T bezeichnet die charakteristische Zeit des Systems. Für Lenard-Jones-Teilchen gilt: T = 0" -17 [65], wobei 0" die Längeneinheit, m die Masse und f die Energie des Teilchens im Potentialminimum (s. Gleichung 3.16) bezeichnen. Die Polyelektrolytmoleküle werden durch Ketten von Lenard-J ones-Teilchen modelliert:
(3.16)
Die Konnektivität wird durch ein Fene-Potential (Finite Extension Nonlinear Elastic) sichergestellt [146]:
(3.17)
Die Potentialparameter werden in Analogie zu bisherigen Simulationen [16-18,28] folgendermaßen festgesetzt: kFene ; die ;;Federkonstante" des Potentials erhält den Wert 7.0 und R6, die Reichweite des Potentials, wird auf 2.00" beschränkt. Die Summe aus LenardJones- und Fene- Potential besitzt ein enges lVIinimum, wodurch die Fluktuationen um die mittlere Bindungslänge klein bleiben. Diese verhältnismäßig harten Bonds modellieren die ebenfalls wenig elastischen chemischen Bonds oder kuhnschen Segmente (vergl. Einleitung) in geeigneter Weise. Für f = 1 ergibt sich ein Potentialminimum bei b r-.J 1.050". Die Bindungslänge hängt vom Ladungszustand des lIIoleküls smvie der Energieskala f
des Lenard-Jones-Potentials ab und variiert z'wischen 1.050" und 1.130". Abbildung 3.6 veranschaulicht die beiden Beiträge. Da das Lösungsmittel in allen biologischen Systemen sowie nahezu allen Experimenten Wasser ist, werden Moleküle, deren Monomere sich in schlechtem Lösungsmittel befinden, kurz als hydrophob bezeichnet. Ein solches Polymer würde im neutralen Zustand kollabieren (s. z.B.: [6]). Der Einfluss der Ladungen in solchen Systemen wird in Kapitel 5 studiert. Polymere in gutem Lösungsmittel, welche durch seH avoiding walk-Statistik charakterisiert sind, werden durch das Adjektiv hydrophil beschrieben. Zur Modellierung hydrophiler Polyelektrolyte wird nur der repulsive Anteil des LenardJones-Potentials benötigt, um die Eigenschaften des ausgeschlossenen Volumens (SAW) zu beschreiben. Daher wird das Potential in seinem lIIinimum R Min = 2i 0" abgeschnitten. Zusätzlich wird es um seinen Wert im Minimum (-f) verschoben, um glatt in die Nullfunktion überzugehen. Damit ergibt sich:
f " 21 ur r ::; r min = "60"
f " 21 ur r > r min = "60"
3.6 Programmstruktur und Performanceanalyse 81
14
12
10
8 Ver)
6
4
2
0
0.8 1.0 1.2 1.4 1.6 Abstand [0-]
Abbildung 3.6: Darstellung der Beiträge zum Bindungspotential: Lenard-Jones (hydroplwb: dmchgezogen, hydrophil: gepunktet), Fene (Linie aus Strichpunkten) und die Summe (hydrophob: gebroc11en (kurze Symbole), hydrophil: gebrochen (lange Symbole))
Um hydrophobe Eigenschaften zu simulieren bedarf es einer attraktiven Wechselwirkung zwischen den 1/10nomeren. Lösungsmittelteilchen in geeigneter Menge lassen sich in großskaligen Simulationen wie den hier Vorliegenden auf Grund des Rechenzeitaufwandes nicht explizit berücksichtigen. Atomistische Simulationen [147], welche die chemische Natur aller Atome in Betracht ziehen, simulieren auch die Lösungsmittelatome. Sie sind jedoch auf kleine Systemausschnitte begrenzt, was insbesondere im Fall langreichweitiger Wechsel'wirkungen kritisch ist. Aus diesem Grund sind Simulationen mit effektiven Modellen zur Beschreibung von Polyelektrolyten unerläßlich. Die benötigte attraktive Wechselwirkung vvird durch Vergrößerung des Cut-off der in diesem Fall unverschobenen Lenard-JonesvVechselwirkung erreicht. Es bietet sich ein Cut-off von Re = 2.50" an, da dieses System ein Standardmodell für attraktive Lenard-Jones-Teilchen darstellt.
für r :::; Re = 2.50"
für r > Re = 2.50"
Für Polymere von besonderer Bedeutung ist die Bestimmung des 8-Punktes, welche für ein solches System grob von M. Murat und G. Grest [148] vorgenommen wurde, so dass zumindest ein Anhaltspunkt vorgegeben war. In Kapitel 5 wird der 8-Punkt mittels einer Skalenmethode im asymptotischen Limes bestimmt. Die Stärke der Hydrophobizität wird bei konstanter Temperatur durch Variation des Parameters f eingestellt. Die Gegenionen werden auf Grund ihrer chemischen Natur in allen Simulationen als hydrophil dargestellt. Die Lenard-Jones-Wechselwirkung wird zusammen mit dem Ortsraumanteil des PMEAlgorithmus in einer Routine berechnet, deren Struktur etwas von der benutzten Rech-
82 Algorithmische Voraussetzungen
nerarchitektur abhängt. Dieser Teil des Programms wird im Folgenden kurz Realteil genannt. Als Hauptproduktionsrechner wurden eine CRAY T90 Vektormaschine und ein DEC Alpha-Server mit EV5 Chips eingesetzt. Der Realteil wird unter Verwendung eines layered link cell Algorithmus [149] berechnet. In Referenz [150] wird ausführlich dargelegt, wie mittels des "layering" die Vektorregister der T90 effizient genutzt werden können. Auf der skalaren Maschine wird auf das dort 'wirkungslose "layering" verzichtet. 2
Die zentrale Idee der Vorgehensweise besteht in der Unterteilung der Simulationsbox in äquivalente Unterboxen, deren Kantenlänge größer oder gleich dem Cut-off der Wechselwirkung sein muß. Damit wechselwirken nur Teilchen aus der gleichen oder einer der 26 Nachbarboxen mit einem Referenzteilchell. Auf Grund des dritten newtonschen Gesetzes lässt sich die Anzahl der zu berücksichtigenden Boxen halbieren. Eine geschickte Wahl des Cut-off und somit der Boxzahl erlaubt die Reduktion der Einträge in die Listen möglicher Wechselwirkungspartner der Teilchen und somit gute Performance. Durch die Nutzung des Skin-Konzeptes [152] muß diese Liste möglicher Wechselwirkungspartner nicht in jedem Zeitschritt neu bestimmt werden [64, 153, 154]. Die mit Skin bezeichnete Größe stellt eine Art von Sicherheitsabstand um die Wechselwirkungssphäre eines Teilchens dar. Teilchen in diesem Volumen werden in die Liste möglicher Wechselwirkungspartner aufgenommen (s. Abbildung 3.7). In jedem Zeitschritt werden dann nur die Einträge dieser Liste daraufhin untersucht, ob sie einen Abstand haben, welcher kleiner dem Cut-off der Wechselwirkung zum Referenzteilchen, ist. Teilchen, welche nicht Element dieser Liste sind, müssen mindestens die Skin durchlaufen, um wechselwirken zu können. Da hierfür einige Zeitschritte erforderlich sind, muß die Liste möglicher Wechselwirkungspartner nicht in jedem Zeitschritt neu bestimmt werden. Die link cell Methode erfordert somit, dass die Summe aus Cut-off und Skin kleiner oder gleich der Kantenlänge der Unterboxen ist.
Abbildung 3.7: Veranscllaulicllung der vVirkungweise einer Skin: Teilcllen 7 muß durcll die Skin llindurclldiHundieren, beFor es mit Teilcllen 1 wecllsel"wirken kann. Daller muß die Liste der möglicllen T,Vecllselwirkungspartner (2,3,4, 5 & 6) erst erneuert werden, wenn Teilcllen 7 die Skin durclldrungen llaben könnte, was signifikant weniger Listenupdates mit sicll bringt [64}.
Die Anzahl der Subboxen pro Kante wird im Folgenden als Isize bezeichnet. Um einen
2Die weiter verfeinerte grid search-Methode [151] wird für Polyelektrolytsysteme keine Performancesteigerung leisten, da die Cut-offs zu groß und die Dichten zu niedrig sind.
3.6 Programmstruktur und Performanceanalyse 83
Overhead durch doppelte Listenführung und zwei Systeme von Unterboxen zu vermeiden, wird die geometrische Zerlegung gemäß dem größeren PME-Cut-off vorgenommen. Damit ergibt sich
. L ISlze = INT( SI' )
RPfvfE + on (3.18)
wobei L die Kantenlänge der Simulationsbox darstellt und das Int-Kommando die Ganzzahligkeit von Isize sicherstellt. Prinzipiell hat die Skin einen Einfluss auf die Performance, da sie die mittlere Anzahl der Schritte bestimmt, nach welchen die Liste der möglichen vVechselwirkungspartner neu aufgesetzt werden muß. Praktische Tests zeigen jedoch eine relative flache Abhängigkeit der CPU-Zeit von der Skin (s. Abbildung 3.8), sofern der Wert einigermaßen realistisch eingestellt wird. Als Faustregel sollte die Skin einige Prozent ( ;S 10%) des Cut-off RPl\lIE
betragen. Der Effekt des Cut-off stellt sich wesentlich deutlicher dar. Dieser beeinflußt nicht nur Isize, sondern hängt via dem Ewald-Parameter 0: (vergl. Gleichung 3.4) auch mit dem maximalen k-Vektor zusammen. Somit bestimmt er die Gitterkantenlänge des zur Fast Fourier Transformation eingesetzten Gitters (s. Abschnitt 3.5). Die optimale Anzahl von Boxen hängt im Wesentlichen von der Anzahl der Teilchen, jedoch nur schwach von der Dichte ab. Abbildung 3.9 verdeutlicht, dass für typische Systeme, die auf dem DEC AlphaRechner simuliert wurden, Isize :::; 12 gilt. Der Grund hierfür liegt in der Optimierung der Gesamtrechenzeit, welche den FFT -Teil mit einbezieht. Große Isize-Werte bedeuten kleine RPlI1E , welche große Gitter erfordern. Die Gittergröße IVIesh kann ebenfalls ein CPU-Zeit dominierender Faktor sein (s. Abbildung 3.10). Ist die Anzahl der geladenen Teilchen sehr groß ( ~ 104
), so wird die PMERoutine auf der T90 von den Zuordnungen der Ladungen zum Gitter dominiert, wodurch IVIesh = 16, 32 oder 64 praktisch keinen CPU-Zeit-Unterschied hervorruft. Mesh = 64 erlaubt jedoch eine geringere Ordnung des Interpolationspolynoms und einen größeren Isize-Wert. Deshalb bewirkt in diesem Fall das größte Gitter die schnellste Simulation bei größter Genauigkeit. Auf der DEC-NIaschine ist dies meist umgekehrt, da dort die FFTs viel Zeit verbrauchen. Zur Beurteilung der Gesamtperformance ist es ausreichend, die Routinen zu betrachten, welche die Coulomb- und die mit ihr im Realteil verknüpfte Lenard-Jones-Wechselwirkung berechnen. Der CPU-Zeit-Aufwand aller restlichen Programmteile ist verschwindend. Aus der erforderlichen Balance zwischen Realteil und Gitterteil wird deutlich, dass es keine allgemein gültigen, optimalen Parameter geben kann. Die Performance der einzelnen Teilroutinen hängt zu stark von der speziellen Rechnerarchitektur ab. Deshalb wird im Folgenden dargestellt, wie die Simulationsparameter bestimmt werden. Von zentraler Bedeutung bleibt, dass Methoden nur bei gleicher Genauigkeit vergleichbar sind. Den Ausgangspunkt stellt der PME-Teil dar. Für diesen existiert in der Literatur nur eine analytische Fehlerabschätzung [141], welche sich für die untersuchten Polyelektrolyte als völlig unbrauchbar erwies. Wesentlich nützlicher sind die geschlossenen Formeln, welche J. Kolafa und J. W. Perram für die absoluten Fehler der Ewald-Summe bestimmt haben [119J. Für den Fehler der Kraft im Ortsraum geben die Autoren an:
(3.19)
84
8e-05
Tcpu[s] 6e-05
I
4e-05
• Isize=6, p=5*10-4
o Isize=6, p=5*10-5
A Isize=7, p=10-4
AA A A
° ° ° Ifo •
Algorithmische Voraussetzungen
o
0 0
0
° • •
10 100 Skin [0]
Abbildung 3.8: Abhängigkeit der CPU-Zeit pro IvID-Schritt und Teilchen ,Ton der Skin. Die Abhängigkeit ist 'Terhä.ltnismässig schwach ausgeprägt (logaI'ithmische Abzisse). DeI' Unterschied zwischen den eI'sten beiden und dem letzten System begI'ündet sich dUTch die verschiedenen Isize- H1erte. Die Zeiten beI'ücksichtigen nUT den Realteil.
Im Fourierraum gilt:
(3.20)
Hierbei bezeichnet Q = 2..:~1 zl die Summe der Ladungsquadrate. kmax = Ikmaxl ist der Betrag des größten benötigten k-Vektors. 2~' kmax liefert somit ein Maß für die Größe Mesh des zur FFT benötigten Gitters. Zunächst werden die beiden maximal tolerierten Fehler der beiden Kraftberechnungen vorgegeben:
Damit liegt dieser Wert knapp zwei Größenordnungen unter dem Mittelwert der jeweils kleinsten Kraftkomponente (in kartesischen Koordinaten) der Randomkraft, welche das Wärmebad simuliert. Die resultierenden Fehler können deshalb als numerisches Rauschen interpretiert werden. Eine Aufweichung dieses Kriteriums ist im Allgemeinen nicht zu empfehlen, da die PME-Methode durch die Diskretisierung weitere Ungenauigkeiten mit sich bringt. Die Optimierung der Performance sollte durch eine geschickte Wahl der restlichen Parameter vollzogen werden. Zusätzlich zu den Fehlern wird ein Isize-Wert und damit Rp ME + Skin festgelegt (s. Gleichung 3.18). Aus Gleichung 3.19 folgt dann der benötigte a-Wert. Mit diesem Input bestimmt Gleichung 3.20 den maximalen k-Vektor. Da die Ewald-Summe von -k bis k
3.6 Programmstruktur und Performanceanalyse 85
[J
2.0e-04 ... N= 512, p=10-4
[J N=1024, p=10-4
A N=1024, p=10-6
1.6e-04 [J
... Tcpu[s]
1.2e-04 ... [J
... A ... [J
8.0e-05 .. [J .. ... 111 'II! ..
4.0e-05 2 4 6 8 10
Isize
Abbildung 3.9: Abhängigkeit deI' CPU-Zeit pro 1'vID-SchI'itt und Teilchen von deI' Anzahl deI' Boxen (= Isize3): Man eI'sieht die VaI'iation des optimalen Isize- ~WeI'tes mit der Teilchenzahl und die näherungsweise Unabhängigkeit von der Dichte. Die Zeiten berücksichtigen nur den Realteil.
2.0e-03
cD a: N= 512
[J 1.5e-03
a: N=1024
• a: N=2048
a T90: N=12800
Tcpu[s] [J
1.0e-03
• 5.0e-04 ..
• l1li/
a a a
O.Oe+OO 0 16 32 48 64 80
Mesh
Abbildung 3.10: Abhängigkeit der CPU-Zeit pro l'vID-Schritt und Teilchen von deI' Gitterkantenlänge Mesh des zur FFT eingesetzten Gitters: Die T90-Daten entsprechen einer Systemgröße, bei deI' Mesh iI'I'ele1rant wird (N-12800). Die Daten des Alpha-SeI'veI's spiegeln den hohen Aufwand füI' die FFTs durch einen dI'amatischen CPU-Zeit-Anstieg wideI'. Die Zeiten berücksichtigen nur den P}'1E-Teil.
86 Algorithmische Voraussetzungen
läuft, muß dieser Wert mit zwei multipliziert werden, um die Größe des FFT-Gitters zu erhalten. Diese wird auf die nächste Potenz von zwei erhöht, da FFTs auf solchen Gittern besonders effizient ausführbar sind. Ist der Abstand zwischen Gittergröße und nächster Zweierpotenz kleiner als ca. 10%, sollte der Ungenauigkeit der Gittermethode Rechnung getragen ·werden. Falls der relative Aufwand für die nötigen FFTs gering ist, findet die übernächste Zweierpotenz mit erhöhtem Isize-Wert Verwendung. Sonst wird ein etwas kleinerer Isize-Wert angesetzt, welcher einem größeren Rpp,fE entspricht und daher ein kleineres kmax erfordert. Der Abstand von 10% gilt für ein Interpolationsschema sechster Ordnung (IP = 6) im PlVIE-Teil (s. Abschnitt 3.5). Bei niedrigeren Ordnungen IP sollte dieser Abstand vergrößert werden. Generell haben Tests für geladene Polymere ergeben, dass IP größer oder gleich vier sein sollte. Zufällig im Raum verteilte Ladungen erweisen sich diesbezüglich als etwas robuster, so dass IP gleich drei durchaus bereits auf kleinen Gittern ausreichend exakte Ergebnisse liefert. In der vorliegenden Arbeit wird schwerpunktsmässig IP gleich sechs eingesetzt. Diese Wahl stellt eine hohe Genauigkeit bei vernünftigem CPU-Zeit-Einsatz sicher. Eine weitere Erhöhung des IP-Wertes zugunsten einer Verringerung der Gittergröße erweist sich als nicht effizient. Die IP-Abhängigkeit der CPU-Zeit ist deutlich überlinear (s. Abbildung 3.11). Die gewonnene Genauigkeit durch weitere Stützstellen wächst jedoch nur relativ langsam für IP > 6, so dass eine deutliche IP-Erhöhung Voraussetzung für den Einsatz kleinerer Gitter wäre. Der dadurch hervorgerufene CPU-Zeit-Verlust lässt sich durch das kleinere Gitter nicht ausgleichen. Eine Verringerung von IP führt zu einer Beschleunigung, aber auch größerer Ungenauigkeit und findet deshalb insbesondere auf dem Alpha-Server kaum Anwendung. Simulationen großer Systeme auf der T90 zeigen genau das gegenteilige Verhalten. Dort kann auf Grund des geringen relativen Rechenzeitverbrauchs der FFTs l\lIesh = 64 ohne Zeitverlust genutzt werden, obwohl nur lVlesh = 32 gefordert ist. 3 In diesem Fall liefert IP=4 hervorragende Ergebnisse. Mit dem oben beschriebenen Verfahren ist eine einfache lVlethode gefunden, um sicher zu stellen, dass die durchgeführten Simulationen physikalisch relevante Trajektorien mit geringem Fehler liefern. Dies ist insbesondere für Studien der Dynamik der Polyelektrolytlösungen von Bedeutung. Zur Minimierung der CPU-Zeit muß Isize in Abhängigkeit von der zum Einsatz kommenden Rechnerarchitektur systematisch variiert werden, um optimale Parameter zu generieren. Hierzu sind Testläufe unvermeidlich, um die Eckdaten der Performanceanalyse festzulegen. Im Folgenden werden einige Erfahrungswerte für die DEC Alpha-Maschine und die CRAY T90 festgehalten.
Alpha-Server:
&I Isize ;S 12, üblicherweise 5-7 (1024 - 3648 Ladungen)
&I Mesh .::; 32, da die FFTs sehr teuer sind. Wenn möglich lVlesh = 16 einsetzen und Mesh = 64 vermeiden.
3Die Primfaktorzerlegung von Mesh sollte im Optimalfall auf Grund der Struktur der Fast Fourier Transformationen nur den Faktor zwei enthalten. Je nach Implementierung sind Faktoren 3 und 5 ebenfalls nützlich [144].
3.6 Programmstruktur und Performanceanalyse 87
• IP = 6 um kleinstmögliches 1I1esh zu gewährleisten. Abweichungen von dieser Regel sind möglich, wenn RPJ..1E so eingestellt werden kann, dass IP bei gleichem 1I1esh verringert werden kann .
.. Je größer 1I1esh ist, desto geringer wird die Abhängigkeit der Rechenzeit von IP (s. Abbildung 3.11)
100 ,-~~~~~~-,~~~~~~~~~~~~~~~
80
60
40
.. Mesh = 16
[] Mesh = 32
A Mesh = 64
A
[]
@
IP
A
[] ..
[l
4
Abbildung 3.11: Abhängigkeit der CPU-Zeit von der Ordnung der Interpolation IP. Die CPU-Zeit für 1\1esh = 16 und IP = 6 ist vergleichbar mit Mesh = 64 und IP = 3. Hieran erkennt man die Not"wendigkeit kleiner Gitter. Das System besteht aus 6400 Teilchen .
.. Für 1I1esh = 16 dominiert die Zuordnung der Teilchen zum Gitter und somit die Teilchenzahl den CPU-Zeitaufwand der PME-Routine. Für Mesh = 64 dominiert die Teilchenzahl die CPU-Zeit der PME-Routine erst ab ca. 8192 Teilchen. Für kleinere Systeme bestimmen die FFTs den Aufwand. =} Mesh ist für große Systeme kein limitierender Faktor, da die FFTs verhältnismäßig schnell berechnet werden (vergl. Tabelle B.48 im Anhang BA). ====}
• Für viele Systemgrößen (N2': 4096) kann unabhängig von Mesh nach Isize optimiert werden. Isize ist stark von der Teilchenzahl abhängig: 4 S Isize S 25. Die optimale mittlere Anzahl Teilchen pro Subbox liegt für die untersuchten Systeme unter 12!
• IP ist durch "überdimensionierte Gitter" von sechs auf bis zu vier reduzierbar. Als Voraussetzung wird ein ausgesprochen kleiner Fehler im k-Anteil der Kraft gefordert:
88 Algorithmische Voraussetzungen
Dieses Kriterium ist vermutlich ausgesprochen vorsichtig gewählt. Es erwies sich für alle analysierten Systeme als tragfähig.
Abschließend ·wird ein Vergleich mit der bisher schnellsten Methode, der sphärischen Approximation an die Ewald-Summe [145] durchgeführt. Für große Teilchenzahlen ist diese 1/Iethode auf Grund ihres quadratisch ·wachsenden Aufwandes nicht einsetz bar. Für kleine Systeme (N:::; 512) ist sie durch den ausgesprochen geringen zusätzlichen Rechenaufwand kaum zu unterbieten. Interessant ist erneut der Crossover-Wert. Der Vergleich wird zunächst auf der T90 durchgeführt. Beide Codes vektorisieren sehr gut, so dass sich diese Werte auf skalare Maschinen übertragen lassen. Dies belegen die Resultate, welche auf der DEC Alpha-Maschine gewonnen wurden. Für beide Programme wurden die jeweils optimalen Compiler-Optionen eingesetzt. Wie oben dargelegt, beeinflusst die Parametrisierung die Performance des PME-Algorithmus bei fester Genauigkeit in entscheidender Weise. Zusätzlich weisen die PME-Parameter eine nennenswerte Dichteabhängigkeit auf. Diese existiert in der alternativen Methode auf Grund der N2-Schleifen Struktur nicht. Zum Vergleich wird zunächst ein semi-optimierter Parametersatz herangezogen, d. h. Mesh und Isize werden in etwa optimal eingestellt. IP = 6 wird festgehalten. Daraus ergibt sich eine eher konservative Crossover-Teilchenzahl, die jede ordentliche Implementierung problemlos erreichen sollte. Man erkennt in Abbildung 3.12, dass der Crossover-Wert in diesem Fall bei 1220 Ladungen angesiedelt ist (Quadrate). Das gleiche System ergibt auf dem Alpha-Server eine Crossover-Teilchenzahl von N :::::; 1100. Dieser Wert belegt das diesbezüglich analoge Verhalten der beiden Rechnerarchitekturen. Bereits dieses Resultat erlaubt den Schluss, dass der Einsatz der PME-Methode für alle untersuchten Systemgrößen (NLad ~ 1024) gerechtfertigt ist. NLad ~ 1024 Ladungen finden insbesondere nur Anwendung, wenn weitere neutrale JVIonomere betrachtet ·werden. Wie bereits dargelegt, lässt sich auf Rechnern, welche schnelle FFTs zur Verfügung stellen, die Gittergröße Mesh ab einer bestimmten Teilchenzahl zu Gunsten einer Erniedrigung von IP erhöhen. Abbildung 3.12 verdeutlicht den signifikanten Performance-Gewinn für Mesh = 64 und IP = 4 ab ca. 2048 Ladungen (volle Dreiecke). Gleichzeitig erkennt man, dass der hohe Aufwand für derartig große Gitter für weniger als 1024 Ladungen die Rechenzeit dominiert. Die Simulationen kleiner Systeme (N > 256) lassen sich mit einer Parameterkombination Mesh = 32 und IP = 4 deutlich beschleunigen (leere Dreiecke). Hieraus resultiert ein Crossover-Wert zur sphärischen Approximation an die EwaldSumme von nur noch 720 Ladungen. Für N ~ 2048 wird allerdings der geforderte Cut-off Rn .fE so groß und damit Isize so ungünstig, dass der Vorteil dieser Parameterkombination im PME-Part durch den Zeitverlust im Realteil (layered link cell-Algorithmus) überkompensiert wird. Im Fall der dichtesten Systeme (p = 0.2a-3 ) erhöhen sich die Crossover-Werte auf der T90 um einen Faktor kleiner als zwei, da die IP-Optimierung nicht mehr voll ausgeschöpft werden kann (IP = 4 --+ IP = 5-6). Die Standardimplementierung liefert Crossover-Zahlen deutlich unter 2000 Ladungen (p = 0.2a-3 =} Ne ;S 1800). Ein weiterer Pluspunkt der vorliegenden Implementierung des PME-Verfahrens liegt im geringeren zusätzlichen Aufwand für neutrale Monomere zwischen den Ladungen. Diese werden als Lenard-Jones-Teilchen in der Ortsraum-Routine berücksichtigt. Im Fall der sphärischen Approximation an die Ewald-Summe erhöht sich hingegen die Anzahl der im Loop über alle Paare zu berücksichtigenden Teilchen. Algorithmische Erweiterungen
3.6 Programmstruktur und Performanceanalyse
10'
l1li sph. Ewald-Summe
Cl PME (Standard)
A PME (IP-optimiert,Mesh=64)
V PME (lP-optimiert,Mesh=32)
Steigung: 1
1~ 1~ Teilchenzahl
89
Steigung: 2
105
Abbildung 3.12: Vergleich des CPU-Zeit-Bedarfs zwischen der sphä.rischen Approximation an die Ewa.ld-Summe (Kreise) und der P1YIE-1Ylethode (Quadrate: semioptimiert; volle Dreiecke: lMesh = 64 und IP = 4; leere Dreiec1ce: Ivlesh = 32 und IP = 4) als Funktion der Teilchenzahl in doppelt logarithmischer A uftragung. Man ersieht deutlich die quadratische (splI. EvV) bzw. nahezu lineare (PlvIE) Slmliemng und die Effekte der Optimierung.
schaffen hier leicht Abhilfe, erhöhen aber den Aufwand weitaus stärker als im PME-Fall; so dass die Ladungszahl, bei welcher beide Methoden gleich schnell sind, in jedem Fall weiter sinken wird. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die PNIE-Methode in Standardimplementierung auf Standardrechnern ab ca. 1000 (niedrige Dichte) bis 1800 (extrem hohe Dichte) Ladungen schneller als die sphärische Approximation an die Ewald-Summe ist. Durch die nahezu lineare Skalierung (theoretisch: O(N log N)) der CPU-Zeit ist sie für alle interessanten Systeme die NIethode der Wahl. Eine weitere Optimierung der Parameter in Abhängigkeit von der FFT-Performance vermag den Crossover-Wert auf einige hundert Ladungen zu reduzieren. Diese Werte reduzieren sich weiter, wenn zusätzlich neutrale Monomere simuliert werden. Da insbesondere die optimale Gittergröße auf Grund der Struktur der FFTs nur wenige diskrete Werte besitzt, wird die CPU-Zeit "lokal" eine kompliziertere Funktion der Teilchenzahl. Die globale nahezu lineare Charakteristik bleibt jedoch erhalten. Die Implementierung dieses Algorithmus erlaubt es, den hochinteressanten Bereich einiger tausend Ladungen, mit gegebenenfalls zusätzlichen neutralen Monomeren, zu erschließen. Damit werden in den beiden folgenden Kapiteln Lösungen von Polyelektrolyten studiert, welche bisher aus rechentechnischen Gründen nicht zugänglich waren.
90 Algorithmische Voraussetzungen
Kapitel 4
Hydrophile Polyelektrolyte
Im Rahmen dieses Kapitels wird zunächst das Problem der Einzelkette unter e-Bedingungen aus Kapitell wieder aufgegriffen und über den Rahmen der Debye-Hückel-Theorie hinaus betrachtet. Danach werden Systeme in gutem Lösungsmittel analysiert. Der Schwerpunkt liegt auf extrem niedrigen Dichten. Neben der Überprüfung von Effekten der endlichen Größe der Simulationsbox und der endlichen Anzahl betrachteter Polyelektrolytketten, den sogenannten finite-size-Effekten, wird eine Analyse der Ordnung im System durchgeführt, um mögliche Zugänge zum Fuoss-Verhalten zu studieren.
4.1 Die Einzelkette in marginalem Lösungsmittel
Das erste Problem, welches mit dem in Kapitel 3 beschriebenen, neuen Algorithmus analysiert werden soll, stellt die Einzelkettenproblematik aus Kapitell dar. Dort wurde dargelegt, dass die elektrostatische Persistenzlänge L e im Rahmen eines Debye-HückelZuganges eine sublineare Abhängigkeit vom Abschirmparameter aufweist:
1 L rv - mit y< 1
e f),Y
Auf Grund der bekannten Mängel des Debye-Hückel-Potentials (vergl. Kapitell) soll an einem System beispielhaft die Gültigkeit dieses Resultates für explizit simulierte Ionen und unabgeschirmtes Coulomb-Potential überprüft werden. 1 Dadurch entfallen unnötige Annahmen bezüglich der funktionalen Form der Abschirmung:
AB 1 VCoul = - kBT -
e r ( 4.1)
Die Variable r bezeichnet den Abstand der wechselwirkenden Ladungen, AB = 47rE:02k
BT
die Bjerrum-Länge und kBT die thermische Energie. Eine erste Abschätzung aus Simulationen stark geladener Ketten [16] deutet auf einen linearen Zusammenhang (y = 1) hin. Die Analyse basiert auf Systemen endlicher, aber
1 Systeme mit explizit simulierten Salzionen werden schwerpunktsmässig von M. Stevens im Sandia Nat. Lab. in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe des Autors am MPI für Polymerforschung (Leitung: Prof. Kremer) untersucht. 11,11. Stevens Arbeiten betrachten die Persistenzlänge meist nur am Rande. Daher dient die hier vorgestellte Untersuchung zur Abrundung der in Kapitel 1 gewonnenen Resultate.
92 Hydrophile Polyelektrolyte
geringer Dichte von Polyelektrolytketten und ihrer Gegenionen in salzfreiem \iVasser, welches durch einen dielektrischer Hintergrund modelliert wurde. Die Persistenzlänge wurde aus dem Knick des Strukturfaktors zwischen den unterschiedlichen Skalenbereichen (vergl. Abschnitt 1.7) bestimmt. Die Ketten befinden sich im Gegensatz zu den analytischen Zugängen und dem daraus generierten Modell (vergl. Abschnitt 1.3) in gutem Lösungsmittel. Dies sollte jedoch keine wesentlichen Unterschiede hervorrufen, da die Ketten in diesen Konzentrationsbereichen stark gestreckt sind, so dass die modellierte excluded volume-Wechselwirkung vernachlässigbar ist (vergleiche auch Kapitel 2). Abgesehen von dem Problem, dass die Abschirmung nicht unabhängig von dem zu untersuchenden Polymer einstellbar ist, können diese Simulationen eine sublineare TD-Abhängigkeit im Rahmen ihrer Fehler nicht ausschließen. Um dieses Manko zu beheben, wird der PME-Algorithmus auf ein System aus einer einzelnen Kette mit explizit simulierten Gegen- und Salzionen angewandt. Die Kette weist harmonische Bindungen auf, um die neutralen Kettenteile zwischen den Ladungen zu modellieren (vergl. Abschnitt 1.3). Untersucht werden exemplarisch drei debyesehe Abschirmlängen TD = ~ = 100, 50 & 25 für eine Kette aus N = 128 Ladungen mit einer Ruhelänge der harmonischen Feder b = 2. Die Resultate sind somit direkt mit den in Kapitell gewonnenen vergleichbar und passen auch zu experimentellen Systemen (vergl. Abschnitt 1.3). Die verhältnismässig kurze Feder reduziert die Konturlänge der Kette und somit auch die Größe der Simulationsbox auf ein angemessenes Maß. Dies ist erforderlich, um bei realistischem CPU-Zeit-Aufwand den Einfluss der Wechselwirkung der Kette mit ihren periodischen Bildern zu minimieren. Die Dimensionen der Simulationsbox und die Anzahl an Salzionen 'werden so gewählt, dass der kleinste mögliche Abstand zwischen zwei periodischen Bildern selbst bei kompletter Streckung der Kette noch größer als drei (für TD = 25 zwei) debyesche Abschirmlängen ist. Für die debyesche Abschirmlänge gilt:
1 T D = -.;r:4;=7f""A=B=P=S (4.2)
wobei AB die Bjerrum-Länge und Ps die Salzkonzentration repräsentieren. Aus den drei vorgegebenen Abschirmlängen TD = 100, 50 & 25 folgen gemäß Gleichung 4.2 die Dichten Ps = 7.5.10-6,3.10-5 &1.2.10-4 . Diese Dichten ergeben zusammen mit der Bedingung, dass die Summe aus Konturlänge und zwei (TD = 25) bzw. drei debyesehen Abschirmlängen kleiner gleich der Kantenlänge der Simulationsbox sein muss, die Anzahl der zu simulierenden Salzionen: Ns = 1920, 1920 & 3520. Diese Parameter stellen sicher, dass keine signifikante Wechselwirkung mit den periodischen Bildern spürbar ist. Die Simulationsmethode entspricht dem in Abschnitt 3.6 vorgestellten Verfahren. Es wird also auf die Monte Carlo-Techniken, welche sich in Kapitell und 2 als sehr effizient erwiesen haben, verzichtet. Die Analyse dieses Systems stellt somit auch einen Test der Möglichkeiten der MD-:t\/Iethode dar. Zweifelsfrei stellt die Äquilibrierung der großen LängenskaIen in einem solchen System eine schwierige Aufgabe für eine MolekularDynamik-Simulation dar. Es zeigt sich erwartungsgemäß, dass eine Kombination mit Pivot-Methoden, welche an explizite Gegenionen angepasst sind [155], effizienter ist. Die MD-Simulation bringt jedoch analog zu Kapitell weitaus bessere Resultate hervor als lokale Monte Carlo-Methoden (z.B. Reptation). Die Statistik wird durch ein Zeitmittel und mehrere unabhängige Realisierungen des Systems gewonnen. Vergleichbare Systeme
4.1 Die harmonische Einzelkette 93
wurden bereits mit lVIonte Carlo-lVIethoden simuliert und Resultate für die Polymerradien angegeben [22,23]. Genauere strukturelle Daten fehlen allerdings bisher. Außerdem sind die zitierten Arbeiten auf Ketten aus 10 geladenen Monomeren beschränkt, so dass die hier vorliegenden Daten von neuer Qualität sind. Zunächst wird die Bindungslänge betrachtet, welche im Vergleich zu den Debye-HückelResultaten etwas höher liegt. Der Effekt ist nicht von dramatischer Größenordnung, aber signifikant und systematisch. Er zeigt eindeutig, dass das Debye-Hückel-Potential die Abschirmung auf kleinen LängenskaIen überschätzt. Ein Versagen dieses Zuganges ist zu erwarten, da insbesondere auf kleinen Abständen die explizite Natur der Gegenionen zur Geltung kommen sollte und somit eine mittlere, effektive Beschreibung immer problematisch sein wird. Abbildung 4.1 entnimmt man die K;-Abhängigkeit der Bindungslänge und ihre erwartet starke Streckung.
2.70
.----. Coulomb
2.68 0- - EI Debye-Hueckel
2.66 . b
2.64 ~
~ ~
~
p-/
/
2.62 / /
/ /
/ /
/ /
2.60 25 50 75 100
1/K
Abbildung 4.1: Bindungs1ä.nge als Funktion der debyeschen Abschirmlänge. Man er1cennt deutlich, dass die Coulomb-Ketten 101m1 stäT1ceT gestTec1ct weTden.
60
.----. Coulomb
0- - EI Debye-Hueckel
55
p-RG I I
I I
50 I I
I I
I d
45 25 50 75 100
1/K
Abbildung 4.2: GYTationsTadius als Fun1ction deT debyeschen AbschiTm1ä.nge. Im Rahmen der veTg1eichsweise gmßen Feh1eTba1-1cen deT Coulomb-Resultate sind die ETgebnisse veTtTägliclI.
Die Analyse der Ausdehnung der Kette liefert ähnliche Resultate wie die zitierten lVIonte Carlo-Arbeiten. Die End-zu-End-Abstände und Gyrationsradien sind mit den DebyeHückel-Ergebnissen aus Kapitel 1 vergleichbar (s. Abbildung 4.2). Trotz der statistischen Fehler lässt sich somit eindeutig belegen, dass diese Systeme anderer Natur sind als die salzfreien Polyelektrolyte aus Referenz [28]. Dort findet man für hohe Dichten im Debye-Hückel-Modell eine zu starke Abschirmung, woraus zu kleine Radien resultieren. Mit abnehmender Dichte wandelt sich dieses Verhältnis und die Debye-Hückel-Polymere werden stark gestreckt. Das Debye-Hückel-Potential unterschätzt die Abschirmung in diesem Regime signifikant. Die anschauliche Erklärung für den qualitativen Unterschied
94 Hydrophile Polyelektrolyte
zu den hier vorliegenden Resultaten liefert die Verteilung der Ladungen in der Simulationsbox. Die stark isolierten Moleküle aus [28] sind von ihren Gegenionen umgeben. Somit herrscht eine vergleichsweise starke Ladungskonzentration um die Polymere. Die Gegenionenwolke schirmt die Coulomb-Wechselwirkung offensichtlich weitaus stärker ab, als im Debye-Hückel-Zugang angenommen. In den hier analysierten Simulationen sind alle Ladungen außer den NIonomeren des Polymers isolierte Teilchen ohne kovalente Bindung und schnell beweglich. Daher liegt ein Hintergrund an Ladungen des Vorzeichens der NIonomerladung vor, der weitaus homogener ist als in Referenz [28]. Dort weisen nur weitere Polyionen das gleiche Ladungsvorzeichen wie die Monomere des betrachteten Polymers auf. Deren Aufenthaltswahrscheinlichkeit innerhalb der Gegenionenwolke eines anderen Polyelektrolytmoleküls ist auf Grund der hohen Ladung weitaus geringer als die eines Salz-Koions. Deshalb neutralisieren diese Salz-Koionen die Gegenionenwolke etwas und schwächen die effektive Abschirmung der Wechselwirkung zwischen Monomeren des gleichen Moleküls, wodurch die Polyelektrolytketten sich stärker strecken können.
-0.5 ,-------,----~--,-----____, -0.5 ,---------,--~--,-----____,
B -1.5
- 111(=100, Coul.
---- 111(=100, DH
-2.0 --- 1IK: 25, Coul.
--- 1IK: 25, DH , \ ,
\
-2.5 "---------'---~----'-.-~---'---' \ -2.5 '--___ --'-__ ~_-'-_~ _ __'_J
o 20 40 60 o 20 40 60 Konturabstand [Bindungen] Konturabstand [Bindungen]
Abbildung 4.3: NatüTliclIeT Logarithmus der Bindungswinkellwrrelationsfunktion: Links: Logarithmen der BindungswinkelkolTelation und die Steigungen, aus denen die PeTsistenzlängen bestimmt werden, fÜT die Coulomb-Systeme. Rechts: Vergleich der natürlichen Logaritlmlen der Bindungswinkelkorrela.tion fÜT Coulomb- und Debye-Hückel-Systeme. Die GeTaden geben die Steigung deI' Coulombkuryen wieder (yergl. Gleichung 1.57).
Analog zu Abschnitt 1.6 soll nun die charakteristische Längenskala des Systems, die elektrostatische Persistenzlänge L e , bestimmt werden. Abbildung 4.3 (linke Graphik) entnimmt man die natürlichen Logarithmen der Bindungswinkelkorrelationsfunktionen und die daraus bestimmten Persistenzlängen (s. Anhang B.2). Die sublineare Abhängigkeit bleibt erhalten. Die Absolutwerte der Steigungen passen sich recht gut an die DebyeHückel-Resultate an. Abbildung 4.3 (rechte Graphik) zeigt den direkten Vergleich. Die
4.1 Die harmonische Einzelkette 95
LängenskaIen stimmen nahezu überein, was durch die parallelen Geraden verdeutlicht wird. Die Absolutwerte der Korrelation sind hingegen deutlich verschieden, was ein weiterer Beleg für die Probleme des Debye-Hückel-Zuganges bei der detaillierten Beschreibung der Polyelektrolytkonformationen ist. Die Beobachtung ist konsistent mit der stärkeren Bindungsstreckung, da beide Phänomene eine stärkere Abstoßung auf Grund einer lokal schwächeren Abschirmung der Gegenionen als Ursache besitzen. Die dargestellten Daten wurden ausgehend von einem Random Walk generiert. Zieht man einen Stab als Ausgangskonformation hinzu, so erkennt man, dass die Random Walk-Daten bei erhöhter Statistik auf großen LängenskaIen eine noch etwas ausgeprägtere Korrelation erwarten lassen. Dies gilt insbesondere für Konturabstände größer als 40 Bindungen und kleine Abschirmlängen (rD = 25 & 50). Die Debye-Hückel-Steigungen werden von beiden Zugängen eng eingeschlossen. Die Zerfallslängen der langreichweitigen Bindungswinkelkorrelation und somit deren Abhängigkeit von der debyesehen Abschirmlänge scheinen folglich quantitativ übereinzustimmen. Dies belegen auch die Strukturfaktoren. Nach einem etwas flacheren Teil, der die lokal stärker gestreckten Konfigurationen beschreibt, sind die Coulombdaten den Debye-Hückel-Kurven praktisch parallel, wie Abbildung 4.4 am Beispiel rD = 100 demonstriert. Daher ergibt sich erneut die gleiche sublineare Kr
Abhängigkeit für L e wie in Abschnitt 1.7, wenn man den Strukturfaktorknick als Maß heranzieht. Die Analyse dieser auf großen Skalen nahezu äquivalenten Kurven muß gleiche Abhängigkeiten hervorbringen. Analog zu Kapitell bewirkt die extreme Streckung, dass der "Knick" erst direkt im Übergangsbereich zum Guinier-Regime auftritt und somit schlecht zu detektieren ist. Wesentlich ist jedoch nicht der exakte Wert, sondern die auffällige Analogie zu den Debye-Hückel-Resultaten. Die Strukturfaktoren entlang der 1. Hauptträgheitsachse zeigen ebenfalls nur geringe Unterschiede. Die statistische Genauigkeit der Coulomb-Daten ist nicht ausreichend, um die genannten Unterschiede als signifikant oder die exakte Übereinstimmung als zutreffend zu erklären. Die ausgeprägten Oszillationen verdeutlichen noch einmal die Blobstangen-artige Konfiguration. Die Ergebnisse legen nahe, dass die Debye-Hückel-Approximation zumindest für die analysierten Systeme und die betrachteten Observablen eine gute Näherung darstellt. Diese Aussage sollte jedoch durch Untersuchungen mit besserer Statistik untermauert werden. Als ·wesentliches Resultat dieses Abschnittes bleibt festzuhalten, dass sowohl die lolmle hohe Flexibilität als auch die wohldefinierte, langreichweitige Korrelation, welche bei Debye-Hückel-Ketten gefunden wurden, deutlich hervortreten. Weiterhin hängt die zugehörige Korrelationslänge ebenfalls sublinear von K., ab. In diesem Sinne wurde die zentrale Aussage von Kapitell bestätigt und deren experimentelle Relevanz belegt. Weiterhin wird die Erwartungshaltung bezüglich semiflexibler Polyelektrolyte2 gemäß den Resultaten von Kapitel 2 definiert. Im Limes verschwindender Polyelektrolytkonzentration in einer Lösung von monovalenten, kleinen Salzionen liefert das Debye-Hückel-Potential offenbar brauchbare globale Aussagen.
2Die Analysen semiflexibler Polyelektrolyte werden in der Arbeitsgruppe am MPI für Polymerforschung von C. Holm unter Berücksichtigung expliziter Gegen- und Salzionen weiter untersucht.
96
100
, , ,
s 10
, , ,
q
, , , , , , ,
Hydrophile Polyelektrolyte
, , , , , , , , , ,
-- Coul
---- DH
------ Coul
er - - -D DH
, , , , , , , " ,
,,~
Abbildung 4.4: SplIärisclI gemittelter Struktmfaktor (Linien) und StmktuTfaktor entlang der 1. HauptträglIeitsaclIse (Linien und Symbole) für Coulomb- und Debye-Hückel-Ketten bei K, = 0.01. Die Fertilmle Gerade markiel't den q- \111ert, welclIer dem End-zu-EndAbstand der Coulomb-Kette entspriclIt: qR = R
27f .
end
4.2 Stark geladene, hydrophile Polyelektrolyte
In bisherigen Simulationen zu Lösungen stark geladener Polyelektrolyte und ihrer Gegenionen [16-18,28] war die Ladungszahl auf NLad s:: 2048 beschränkt. Standardmäßig wmden NLad = 512 Ladungen simuliert. Es stellt sich die Frage, inwieweit solche Systeme von finite-size-Effekten beeinflusst werden. Aus diesem Grund werden Polyelektrolytketten analog zu denen aus Referenz [16] betrachtet. Die analysierten Kettenlängen betragen N = 16 und N = 32 monovalent geladene Monomere für die Dichten p = 10-40--3 , 10-50--3 , 10-60--3 & 10-70--3 . Für p = 10-50--3 werden auch N = 64 Nlonomere betrachtet. Neutrale Monomere werden durch die Bindungen repräsentiert. Die Modellierung der hydrophilen Eigenschaft durch ein repulsives Lennard-Jones-Potential entspricht dem in Abschnitt 3.6 vorgestellten. Es werden Systeme aus 200 Polymeren (N = 64: 100 Polymere) mit einer Gesamtzahl von 6400 bzw. 12800 Ladungen simuliert. Damit wird der gewünschte Sprung zu Systemgrößen mit über 10000 Ladungen realisiert.
4.2.1 Eigenschaften der einzelnen Kette
Zunächst wird die Struktur der einzelnen Kette analysiert. Durch die Festlegung der Parameter AB = 1.0 und kBT = 1.0 befinden sich die Moleküle knapp unterhalb der Manning-Schwelle (vergl. Abschnitt 1.1) und sind somit stark geladen. Es zeigt sich, dass die Polyelektrolyte bei diesen niedrigen Dichten auf allen Skalen stark gestreckt sind.
4.2 Stark geladene, hydrophile Polyelektrolyte 97
Abbildung 4.5 zeigt, dass die Bindungslänge im Rahmen der hohen, statistischen Genauigkeit unabhängig von der Dichte ist. Die Kettenlänge beeinflusst die Bindungsstreckung jedoch deutlich. Dies ist ein eindeutiger Hinweis darauf, dass die Ketten auch bezüglich der globalen Größen starke finite-size-Korrekturen erwarten lassen, da die Abschirmung schwach ist. Zieht man die Gesamtladungsdichte heran, liefert Gleichung 4.2 für p = 1O-5(J"-3 eine debyesche Abschirmlänge von rD rv 90(J". Demzufolge ist auch die Kettenlängenabhängigkeit der Polymerradien scheinbar überlinear (s. Abbildung 4.7). Diese finite-size-Effekte sind denen in Kapitell vollständig analog. Daher ist eine quantitative Analyse der Persistenzlänge dieser Systeme mit Hilfe der Bindungswinkelkorrelation nicht sinnvoll. Abbildung 4.6 zeigt dramatische Kettenlängeneffekte, welche ebenfalls in völliger Analogie zu den in Abschnitt 1.6 an Systemen mit b = 2 gefundenen stehen. Die debyesche Abschirmlänge übersteigt die Konturlänge des Moleküls deutlich, wodurch eine Längenskala induziert wird, welche die geringe Anzahl von Monomeren nicht widerzuspiegeln vermag. Alle gemessenen Persistenzlängen übersteigen die jeweilige Konturlänge um mindestens einen
Faktor 1.5. Abbildung 4.8 zeigt zusätzlich zu Rend das Verhältnis r = ~~d. Beide zeigen G
die starke Streckung des Systems und die begrenzte Fähigkeit kurzer Ketten, sich noch weiter auszudehnen. Andererseits zeigen die verhältnismäßig geringen Werte von r dass die Ketten trotz des scheinbar überlinearen Kettenwachstums weit von einer völlig gestreckten Konformation entfernt sind. In diesem Fall würde r = 12 betragen. Somit wird deutlich, dass die Entropie selbst in solch stark geladenen, äußerst schwach abgeschirmten Systemen eine wichtige Rolle spielt [16]. Unterstützt wird diese Argumentation durch den Einzelketten-Strukturfaktor. Die sphärisch gemittelte Größe zeigt keine erkennbare Dichteabhängigkeit im untersuchten Intervall. Entlang der 1. Hauptträgheitsachse ist für N = 32 ein leichter Einfluss zu erkennen (s. Abbildung 4.9). Die ausgeprägten Oszillationen belegen die stark gestreckte Konformation. Die Exponenten der Kettenausdehnung, welche aus den logarithmischen Steigungen des sphärisch gemittelten Strukturfaktors bestimmt werden (vergl. Abschnitt 1.7), liegen jedoch mit l/ = 0.845 deutlich unter dem Stablimit l/ = 1, was erneut den Einfluss der Entropie reflektiert. Alle Resultate stimmen nahezu quantitativ mit den Resultaten von Stevens und Kremer [16] überein. Die leichte Abweichung der Ergebnisse nach oben, 'welche allerdings noch innerhalb der Fehlerbalken liegt, begründet sich durch eine etwas andere Parametrisierung. Die Autoren benutzen AB = 1~2 und kBT = 1.2. Damit ergibt sich der gleiche Vorfaktor der elektrostatischen ·Wechselwirkung. Allerdings sind die Systeme bei etwas höheren Temperaturen simuliert worden, wodurch der entropische Anteil der freien Energie etwas mehr Gewicht erhält. Aus diesem Grund sind die Ketten ein wenig flexibler, was die Daten sehr gut belegen. Die Wahl der Simulationsparameter wurde in der vorliegenden Arbeit aus Gründen der Einheitlichkeit und der direkten Vergleichbarkeit mit den Kapiteln 1 und 5 und Abschnitt 4.1 vorgenommen. Die Übereinstimmung dokumentiert auch der osmotische Druck TI (s. Abbildung 4.10). Die logarithmische Steigung der Dichteabhängigkeit wird zu l/osmo = 0.96 ermittelt. Stevens und Kremer geben l/osmo = 0.93 an. (Auf Grund der Temperaturabhängigkeit sind die Absolutwerte von TI nicht direkt vergleichbar.) Der osmotische Druck ist hervorragend geeignet, um die Diskrepanzen zwischen dem Debye-Hückel-Zugang und expliziter Coulomb-Wechselwirkung
98
1.130
1.128
1.126 . b
1.124
1.122
1.120
1.11~0-7
e----. N~16
[]--ElN~32
A N~64
----------(]."
10-6
'13-
10'"
p
Abbildung 4.5: Dich te- und Ket-tenlängenabhä.ngigkeit der Bindungslänge
50
fJ /
&--ep=10-s / /
40 / /
/ /
/ /
/
30 / /,
,.;
Rend " 0 0
20
10
0 0 16 32 48 64
N
Abbildung 4.7: End-zu-End-Abstand als Funktion der Kettenlänge. Die Gerade Ferdeutlicht die Fermeintlich überlineare Kettenstrec1cung.
Hydrophile Polyelektrolyte
B -1.0
-1.5
-2.0 '-----_~_~ __ ~_---L __ ~_~
o W ~ ~
Konturabstand [Bindungen]
Abbildung 4.6: Natürlicher Logarithmus der Bindungswinkelkorrelatiol1. Die dramatische Kettenlängenabhängigkeit demonstiert die enormen nnite-size-Effekte. Die Gerade repräsentiert die Steigung, aus der für N-64 die scheinbare Persistenzlä.nge bestimmt wird: Le ,N=64 ~ 98.8, was 1.5 Konturlängen entspricht.
8.5
r
• -- • N~32
[]--ElN~16
8.0 ________ --El- - - - - - - __ -EI- ____ _
10"
p
Abbildung 4.8: Charakteristisches
Verhältnis r ~~d als Funktion der G
Dichte für die Kettenlängen N = 16 & 32.
4.2 Stark geladene, hydrophile Polyelektrolyte
10'
s
q
-- p=10-4
p=10-5
p=10-6
p=10-7
10'
99
Abbildung 4.9: SphäTisch gemittelteT StTuktuTfaktoT und StTuktuTfaktoT entlang deI' 1. HauptTägheitsachse deI' Einzelkette fÜT N-32 und alle betmchteten Dichten.
aufzuzeigen. Dehye-Hiickel-Simlllationen [28] liefern unter Einschluß des Beitrags der Gegenionen, welche als ideales Gas berücksichtigt werden, einen Exponenten l/osmo = 1.07. Dieser Unterschied belegt den Einfluss der Korrelationen der Gegenionen. Die CrossoverDichte zu einer Skalierung analog der neutraler Polymere liegt in etwa bei der sogenannten Dichte vollständiger Abschirmung:
1 -3 Pes = 47T A
Bb2 rv 0.066(j (4.3)
wobei b die Bindungslänge bezeichnet. Oberhalb dieser Dichte ist die elektrostatische Wechselwirkung bis auf LängenskaIen unterhalb der Bindungslänge b abgeschirmt, so dass kein elektrostatischer Einfluss zu erwarten ist. Dies wurde bereits anderweitig belegt [16] und wird hier nicht weiter verfolgt. Interessant ist jedoch, dass über den gesamten Konzentrationsbereich eine Kettenlängenabhängigkeit vorliegt, wenngleich diese ausgesprochen schwach ausgeprägt und für P = 10-7 (j-3 an der Grenze des Detektierbaren ist, was die leicht überlappenden Fehlerbalken in Abbildung 4.10 verdeutlichen. Diese Abhängigkeit belegt, dass die Ketten selbst bei diesen extremen Verdünnungen, welche deutlich über experimentelle Dichten hinausgehen, noch miteinander wechselwirken. Dies folgt auch aus den Absolutwerten, welche selbst für P = 10-7 (j-3 nicht mit dem Wert wechselwirkungsfreier Ketten IIwwJ übereinstimmen:
(4.4)
Zur Analyse dieser Details bedarf es sehr guter Statistik, so dass dieses Resultat in Referenz [16] nicht auflösbar war. Es stellt einen weiteren Beleg dar, dass die Analyse
100
rr 10-"
-N=32
D--ElN=16
p
Hydrophile Polyelektrolyte
5.5Oe-08 .----------,-----------c
I I I I I m I I I
4.9Oe-08 '-----~------"'-----------! 9.0e-08 1.0e-07 1.1e-07
P
Abbildung 4.10: Links: OsmotischeI' Dmck als Funktion deI' Dichte. Die untere Gemde verdeutlicht die 10gaI'ithmische Steigung der Daten: Vosm o = 0.96. Die obere, gestrichelte Linie gibt den tyechselwirkungsfreien H1ert aus Gleichung 4.4 wieder. Rechts: Osmotischer Dmck rr für p = 10-7 a-3 . lYIan erkennt die extrem kleine Kettenlängenabhängigkeit, die im Rahmen der Fehlerbalken kaum noch auflösbar ist.
experimenteller Daten viel Sorgfalt erfordert, wenn die Eigenschaften der einzelnen Kette in "unendlicher Verdünnung" aus IvIessungen bei endlicher Dichte extrahiert 'werden sollen.
Abschließend wird ein Kriterium für die Anzahl kondensierter Gegenionen Ne definiert, um diese Größe quantitativ analysieren zu können. Besitzt ein Ion eine Gesamtenergie, welche kleiner als -kBT ist, so gilt es als kondensiert. Diese Argumentation basiert auf der Balance zwischen elektrostatischem Energiebeitrag und entropischem Anteil der freien Energie. Die Translationsentropie des Ions ist von der Ordnung kBT. Das Kriterium folgt somit dem üblichen Argumentationsweg der Manning-Kondensation (s. Abschnitt 1.1). Geometrisch bedeutet es, dass sich das Ion in einem engen Bereich um die Kette befinden muss, um diese Attraktion zu spüren. Es wird allerdings keine chemische Bindung angenommen, welche zur (nahezu) vollständigen, statischen Neutralisierung eines geladenen lVIonomers führen würde. Es liegt also keine Kondensation auf ein bestimmtes Kettenmonomer vor (vergl. Abschnitt 1.1). Untermauert werden die Resultate durch die graphische Analyse der Konfigurationen. Abbildung 4.11 entnimmt man die erwartet niedrigen Werte. Die Entropie dominiert das Verhalten. Für höhere Dichten erniedrigt sich diese etwas, da den Gegenionen ein kleineres Volumen zur Verfügung steht: S rv -ln(p) (vergl. Abschnitt 1.1). Die längeren Ketten weisen eine etwas höhere Zahl an kondensierten Ionen auf, da sie eine lokal wesentlich größere Ladungsdichte darstellen.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass alle lokalen Größen mit den in SimulatiOllen kleinerer Systeme berechneten übereinstimmen. Es liegen also diesbezüglich keine
4.2 Stark geladene, hydrophile Polyelektrolyte
6
4
2
_N=32
0-- 0 N=16
o 1III--~~~~~~--IIiII~- - - - - - - - ---0--
p
101
10-4
Abbildung 4.11: Anzahl der kondensierten Gegenionen als Funktion der Dichte. Man erkennt die bei den geringen Dichten erwartet kleinen V'i1el'te.
klassischen finite-size-Effekte auf Grund der Größe der Simulationsbox oder der Anzahl simulierter Ketten vor. Die physikalischen finite-size-Effekte, welche unabhängig von der Simulation sind und auf dem \iVechselspiel von Konturlänge und Ladungszahl der Kette sowie der Abschirmlänge beruhen, sind erwartungsgemäß stark ausgeprägt. Sie sind dem in Kapitell für Debye-Hückel-Ketten dargelegten völlig analog und auch in Experimenten hochgradig relevant.
4.2.2 Struktur der Lösung
Die vorliegenden Simulationen enthalten allerdings eine zweite Klasse von Größen, welche weitaus empfindlicher auf finite-size-Effekte reagieren sollten. Es handelt sich hierbei um globale Größen wie den Strukturfaktor des Gesamtsystems in der Simulationsbox oder mögliche Ordnungsphänomene. Deren Analyse stellt das eigentliche Ziel der vorliegenden Untersuchung dar. Es gibt Hinweise aus Simulationen mit 8 Ketten der Länge 32, dass sich eine wohlgeordnete Struktur ausbilden könnte [156]. Die Beoachtung könnte jedoch ebenso von der kubischen Symmetrie der verwendeten Simulations box in Kombination mit den periodischen Randbedingungen induziert worden sein. Um diese Problematik auszuschalten, wird die Zahl der Ketten bei gleichbleibender Dichte auf 200 Polymere erhöht. Physikalisch interessant ist diese Fragestellung insbesondere, weil sie einen Zugang zum Verständnis des Fuoss-Gesetzes [157] eröffnen könnte. Bereits in den dreißiger Jahren wurde an Polyelektrolytlösungen ein dramatischer Anstieg der reduzierten Viskosität
7] - 7]0 7]1' :=
7]oP (4.5)
102 Hydrophile Polyelektrolyte
mit abnehmender Polymerkonzentration gemessen [158J. Hierbei stellt Tlo die Viskosität des Lösungsmittels und p die Konzentration des Polyelektrolyten dar. Das empirisch von Fuoss und Strauss gefundene Gesetz [157J
A ( 4.6)
171' = 1 + B . yfi5
wurde in der Zwischenzeit experimentell vielfach bestätigt. Die lange genutzte Extrapolation dieses Gesetzes nach p ----+ 0 hat sich jedoch als einer der großen Irrtümer in der Historie der Polyelektrolytforschung erwiesen. Neuere Experimente [159J konnten ein Maximum detektieren, nach welchem Tl1' für p ----+ 0 steil abnimmt. Je niedriger die Konzentration an zugefügten Salzionen, desto ausgeprägter ist der Effekt. Für neutrale Polymere erwartet man im Wesentlichen eine Unabhängigkeit dieser Größe von p und somit Tl rv p. Der gleiche Effekt sollte sich bei ausgesprochen hoher Salzkonzentration ergeben, da die elektrostatische Wechselwirkung dort stark abgeschirmt ist. Dies ist experimentell bestätigt [160J. Es handelt sich im Fall des Fuoss-Verhaltens und der Abweichungen davon um einen spezifischen Polyelektrolyteffekt. Obwohl seit 50 Jahren bekannt, ist dieses Verhalten im \iVesentlichen unverstanden. Es existieren zvvar in der Zwischenzeit analytische Zugänge, die den Anstieg passabel beschreiben [161-163J. Diese leisten jedoch keine adäquate Beschreibung des Maximums oder gehen nicht über mean-field-Ansätze hinaus. Neuere experimentelle Daten für intrinsisch steife Polyelektrolytketten in salzfreier Lösung zeigen im beobachteten Konzentrationsbereich kein Maximum, sondern einen kontinuierlichen Anstieg, welcher dem Fuoss-Gesetz folgt [l64J. Das Maximum wird bei Dichten erwartet, welche experimentell nicht zugänglich sind. Eine derartige Abhängigkeit von der intrinsischen Konformation wird in den Theorien ebenfalls nicht berücksichtigt. Eine mögliche Erklärung könnte eine gitterartige Anordnung der Polyelektrolytmoleküle liefern. Diese könnte bei sinkender Dichte durch die langreichweitige Coulomb-Wechselwirkung entstehen, da unter diesen Bedingungen die Abschirmung sehr schwach wird. Zusätzlich könnten die Polymere eine Orientierungskorrelation besitzen, indem sie eine bevorzugte, mittlere, gegenseitige Anordung aufweisen. Der Übergang zu extrem niedrigen Dichten sollte ein " Schmelzen " dieser Strukturen bewirken und somit den Abfall der reduzierten Viskosität bewirken. Es ist allerdings stark umstritten, ob ein solches Szenario wirklich die Ursache des Fuoss-Verhaltens ist. Eine solche Annahme sollte sich in einer Simulation gut überprüfen lassen, da alle Teilchenkoordinaten explizit verfügbar sind. Diese Idee, zusammen mit dem oben zitierten Hinweis auf mögliche Strukturen, motivierte die Auswahl der untersuchten Systeme und insbesondere die niedrigen Dichten. Abbildung 4.12 zeigt die Resultate der Orientierungskorrelation. Es wird der Betrag des Skalarproduktes der 1. Hauptträgheitsachsen der betrachteten Moleküle gegen den Abstand ihrer Schwerpunkte aufgetragen.
0= Iw(1, 1) . w(J, 1)1
wobei w(I, 1) der Einheitsvektor in Richtung der 1. Hauptträgheitsachse des Polymers I ist. Somit erhält man ein erstes Maß für den Winkel, welchen die Polymere einschließen. Aus Symmetriegründen ist nur der Betrag von Interesse, da im Polymer keine Richtung, sondern nur die Achse ausgezeichnet ist ("oben" und "unten" sind gleichwertig). Die
4.2 Stark geladene, hydrophile Polyelektrolyte 103
1.0 1.0 , .:t ., ir
0.8 t\ 0.8 J ~
J 0.6 1 W
0 o 0.5 ,
~ ~ y i f ft ,
004
*> ~
~ .<~
0.2 r" \ \ i; 0.2 t~
.'. ff J\ r w 0.0 0.0
0 400 800 1200 0 400 800 1200 1600 Abstand der Schwerpunkte [al Abstand der Schwerpunkte [al
Abbildung 4.12: Links: Skalarprodukt deI' 1. Hauptachsen als ]\;{aß fÜT die OrientieTUngskorrelation 0 gegen den SchweTpunktsabstand deI' Polyelektrolytketten fÜT P = 1O-6(J-3
Rechts: Zeitentwicklung deI' OTientierungslwlTelationsfunktion 0 fÜT P = 1O-6a -3. Die eng zusammenliegenden Punkte gleicheT Graustufe stellen die Zustände der betrachteten Polyelektrolytkette im Laufe 1Ton 3.105 ]\;{D-Schritten nacll Erreichen des Gleichgewichtes dar (ilt = 3000 ]\;{D-Sc11ritte). Die 1Tertikale Linie gibt den hypothetischen Gitterabstand wieder.
150
• p=10-4
:: --. II1II p=10-5
.... p=10-s
'{ . T p=10-7 . {' 100 .~>
.:~ : '.
9
.... 50 ~
T
~
oL~_~d~~~~~~ 10 100 1000
Abstand der Schwerpunkte [0']
Abbildung 4.13: Nicht normierte Paarkorrelationsfunktion für N-32 und die 1Tier untersuchten Dichten in semilogarithmischeT Auftmgung (Bimveite: 1a). Die senlaechten Geraden indizieren die Position des Struktmfaktorpealcs.
104 Hydrophile Polyelektrolyte
Hauptachsen sind bei solch stark gestreckten Objekten wohldefiniert. Man erkennt auf den ersten Blick, dass an keiner Stelle bestimmte Orientierungen vorherrschen. Gleichzeitig impliziert die Abbildung 4.12, dass keine gitterartige Struktur vorhanden ist, da alle im Volumen zugänglichen Abstände gemäß der Häufigkeit ihres möglichen Auftretens gemessen werden. Bei kleineren Abständen findet man ein ausgeprägtes Korrelationsloch. Dieser Begriff bezeichnet die Tatsache, dass sich in einem bestimmten Volumen um ein Polymer kein zweites befinden kann, da die elektrostatische Abstoßung zu stark ist. Eine solche Situation liesse sich nur durch ein massives Einfangen vieler Gegenionen stabilisieren, was bei diesen niedrigen Dichten aus entropischen Gründen extrem ungünstig ist. Die Paarkorrelationsfunktion dieser Systeme ist folglich auch außerhalb des eigentlichen Polymervolumens in einem bestimmten Abstandsbereich identisch Null und die Systeme besitzten somit ein Korrelationsloch. Dies spiegelt auch die nicht normierte Paarkorrelationsfunktion g (s. Abbildung 4.13) wider, welche die absolute Häufigkeit als Funktion des Abstandes beschreibt. Nimmt man ein ideales Gitter von Polyelektrolytmolekülen an, so besitzt die Paarkorrelationsfunktion nur Einträge bei den diskreten Abständen, welche durch die Gitterkonstante darstellbar sind. Diese Struktur ist eindeutig nicht vorhanden. \l\Teiterhin ist der kleinste Abstand deutlich geringer als die Gitterkonstante eines möglichen Gitters. Die senkrechte Linie in Abbildung 4.12 (rechte Graphik) deutet diesen Abstand für ein einfach kubisches Gitter an. Man sieht hier die Zeitentwicklung der Orientierungskorrelation 30 zufällig ausgewählter Polymere relativ zu einem bestimmten als Funktion des Abstandes und erkennt erneut die fehlende Beziehung zwischen Abstand und relativer Einstellung der Molekül achsen. Andererseits entnimmt man der Abbildung, dass sich die relativen Abstände im Laufe der Simulation nicht stark verändern, und auch die Orientierungskorrelation keinen starken Schwankungen unterworfen ist. Somit scheint jedes Polymer in seiner spezifischen Umgebung eine bevorzugte Richtung einzunehmen. Da alle lokalen Größen sauber äquilibriert sind (vergl. Abschnitt 4.2.1), sollte auch die Orientierung des End-zu-End-Vektors im von der Umgebung vorgegebenen Gleichgewicht sein, da nur langreichweitige Coulomb-Kräfte die Rotation der Kette behindern können. Es ist daher theoretisch möglich, dass die fehlende räumliche Ordnung eine vorhandene Orientierungskorrelation kaschiert. Obwohl die Simulationszeit bis zu 106 MD-Schritten ausgedehnt wurde, erweist sie sich als offensichtlich zu kurz, um die räumliche Systemkonfiguration deutlich zu äquilibrieren. Bevor auf mögliche Ursachen eingegangen wird, soll die vorhandene räumliche Struktur kurz genauer charakterisiert werden. Zur genaueren Analyse der räumlichen Verteilung wird der Strukturfaktor als Fouriertransformierte der Monomer-Monomer-Korrelation berechnet, welcher im Folgenden als Strukturfaktor (der Simulationsbox) bezeichnet wird:
8(q) = / ~ t exp(iq· (r; _ Ti)) ') \ 2<J
(4.7)
wobei N die Anzahl aller Monomere ist. Die Auswahl der q-Vektoren ist durch die Bedingung beschränkt, dass sie in die Simulationsbox passen müssen (um stehende Wellen bilden zu können):
-' 27f ( . . ')T q = L' ~x, ~y, ~z , ix, iy, ix E No
4.2 Stark geladene, hydrophile Polyelektrolyte 105
Dieselbe Analyse bietet sich auch für die Gegenionen an. Für diese ist die Struktur erwartungsgemäß verhältnismäßig flach, da sie nahezu homogen verteilt sind. Das Abbild einer leichten Häufung um die Polymerpositionen wäre nur bei einer deutlich ausgeprägten Strukturbildung der Ketten auflösbar. Der direkte Vergleich mit dem Strukturfaktor der zugehörigen Polymere verdeutlicht allerdings eine gewisse Korrelation beider Größen (vergl. Abbildung 4.17). Das angedeutete lVIaximum nimmt mit geringer werdender Dichte ab. Abbildung 4.14 belegt anhand des Strukturfaktors eindeutig das Fehlen einer gitterartigen Anordnung der Polyelektrolyte. Für große q wird die Struktur des einzelnen Polymers reflektiert. Die Daten stimmen selbstverständlich hervorragend mit den sphärisch gemittelten Strukturfaktoren aus dem vorangehenden Abschnitt 4.2.1 überein, was auch durch den ebenfalls dargestellten sphärisch gemittelten Strukturfaktor der Einzelkette (oft auch als Formfaktor bezeichnet) belegt wird. Danach finden sich einige kleinere Peaks, welche auf lokale Strukturen hindeuten. Auf den relevanten LängenskaIen oberhalb der hypothetischen Gitterkonstanten findet sich erneut keinerlei exakt interpretierbare Struktur. Eine Beschränkung auf die Massenschwerpunkte der Polymere ergibt ein völlig äquivalentes Bild, in welchem allerdings der Untergrund durch die Streuung am Polymer effektiv subtrahiert ist (s. Abbildung 4.16). Im Bereich der q-Vektoren, welche etwas größer sind als der zur hypothetischen Gitterkonstante gehörende q-·Wert, weisen die Daten trotz der starken Streuung ein erkennbares J\!Iaximum auf. Eine Dreiecksmittelung, welche benachbarte q-Werte gewichtet mit einbezieht und dadurch die Fluktuationen etwas glättet, ermöglicht eine genauere Analyse (s. Abbildung 4.16). Unter Berücksichtigung zum Beispiel jeweils zweier Nachbarn ergibt sich:
P('i) = F(i - 2) + 2 * FCi - 1) + 3 * F(i) + 2 * F(i + 1) + F(i + 2)
In Abbildung 4.15 ·wird das Verhältnis 5:0'" vom Strukturfaktor der Simulationsbox zum sp
Strukturfaktor der Einzelkette dargestellt. Dadurch wird deutlich, welcher Teil der Streu-ung wirklich von der Struktur der Lösung stammt. Interessant ist, dass die Position des gut detektierbaren Maximums mittels d = ~ mit einem Abstand d verknüpft ist,
(Jmax
·welcher in etwa die Ausmaße des Korrelationsloches beschreibt. Da dieses im Laufe der Simulation (noch) nicht scharf ausgeprägt ist, wird auch die verhältnismäßig schwache Ausprägung des Maximums und seine etwas diffuse Form verständlich (s. auch Abbildung 4.13). Eine quantitative Analyse weiterer Maxima bei kleineren q-Werten, welche Hinweise auf größere Strukturen im System geben, lassen die Daten erwartungsgemäß nicht zu. Experimentelle Resultate weisen meist ein recht deutliches Maximum des Strukturfaktors auf. Die Untersuchungen sind jedoch bisher auf verhältnismässig hohe Dichten beschränkt [159]. In diesem Konzentrationsbereich wird ebenfalls nicht an ausgeprägten Strukturen in der Lösung gestreut [165]. Das gemessene Maximum ist vielmehr Ausdruck der Korrelation im System [50,166]. Die zugehörige Länge, welche das Korrelationsloch beschreibt, skaliert proportional zur debyeschen Abschirmlänge rD. Daher gilt:
1
~korrel rv rD rv p-'i
Diese Abhängigkeit wurde für hydrophile Polyelektrolyte experimentell bestätigt. 3
3Das Verhalten hydrophober Polyelektrolyte wird in Kapitel 5 diskutiert.
(4.8)
106
100
--- 5.o, (p=10-5) 80
S'Phaer,Elruelkette
60
Seox
40
0 ,~
0.0 0.1 0.2 0.3 004 0.5 q
Abbildung 4.14: Strukturfaktor aller Polymere der Simulationsbox für N-32 und p = 1O-5(}-3. Die senkrechte Linie bezeichnet die Position der Gitterkonstanten bei Verteilung der Kettenschwerpunkte auf einem einfach kubischen Gitter.
1.8
- Messung
1.5 LI-Mittelung
1.2
I! ~ I \ 1~lj~~Ü\t'ij~~~,ulI~IJt<~I!"'t I ..... " ,. ~I' SeM
0.9 1':li' rr'~\I~~'''~1rmr1!'''l~rN v'· ",. W'"
!'\~ \1 0.6 I'! I 0.3
10-1 '~~1~o
q
Abbildung 4.16: StrukturfaktOT der Massenschwerpunkte der Polymere für N=16 und p = 10-4 (logarithmische Abszisse).
Hydrophile Polyelektrolyte
1.8
1 _ p=10-Scr3
1.5
1.2
Seo/S.p
0.9
0.6
0.3 --" 0.0 0.1 0.2 0.3 0.4
q
Abbildung 4.15: StruktuTfaktor aller Polymere der Simulationsbox dividiert durch den StruktuTfaktOT der einzelnen Kette für N=32 und p = 10-5 . Diese Größe reflektiert nm die Streuung von der Struktur der Lösung. Das mit dem Korrelationsloch (Pfeil) verbundene Maximum zeichnet sich in der Dreiecksmittelung deutlich ab.
1.5
1.0
S
0.0'-------'---0.00 0.05 0.10
q
- Polymere (skoliert) - - - - Gegenionen
", "I!'~~hli.I:,!~, .. _".l:" '.Li:; hf!,~/f. 'I'I~,I I ,I~
,1'11' 1"1 f i I'
0.15 0.20
Abbildung 4.17: Strukturfaktor der Polymere (um einen Faktor 100 verkleinert) und der Gegenionen für p = 10-6 und N = 32.
4.2 Stark geladene, hydrophile Polyelektrolyte 107
Ein Großteil der vorliegenden Simulationsdaten würde jedoch auf Grund der geringen Dichte bei gleichmäßiger Anordnung der Moleküle einen mittleren Abstand ergeben, der deutlich größer als die Debye-Länge rD ist. Daher ist obiges Skalenverhalten hier nicht zu erwarten. Stattdessen sollte der Exponent v = i vorherrschen, welcher die Vergrößerung des geometrischen Abstandes der Polyelektrolyte bei Verringerung der Dichte beschreibt und in einem geordneten System mit dem Radius des Korrelationsloches übereinstimmt. Die Daten scheinen letztere Argumentation zu stützen (vergl. Tabelle in Anhang B. 5). Bedingt durch die mangelnde Genauigkeit erscheint es nicht sinnvoll, die Konzentrationsabhängigkeit der Position des Strukturfaktormaximums detaillierter auszuführen. Die Simulationsresultate unterscheiden sich qualitativ im Rahmen der verwendeten Parameter weder als Funktion der Dichte, noch als Funktion der Kettenlänge. Sie implizieren, dass die Simulationen kleinerer Systeme diesbezüglich starken finite-size-Effekten ausgesetzt sind. Sie belegen allerdings nicht, dass es wohldefinierte, gitterartige Strukturen nicht geben kann, da die Schwerpunktsbewegung selbst im Laufe von 106 MD-Schritten kleiner als die geschätzte Gitterkonstante bleibt. Somit ist eine vollständige Relaxation der Struktur nicht zu erwarten und die Konfiguration reflektiert immer noch einen Teil der ursprünglichen Unordnung. Diese entsteht durch das zufällige Verteilen der Kettenschwerpunkte zu Beginn der Simulation. Dem Vergleich einer Startkonfiguration mit der entsprechenden Endkonfiguration (s. Abbildung 4.18) entnimmt man große, leere Bereiche, welche im Laufe der Simulation nicht betreten werden. Der Versuch, ein Gitter von Polyelektrolytketten mit MD-Methoden zu schmelzen, war allerdings ebenfalls erfolglos.
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Abbildung 4.18: Vergleich der Start- und der Endkonfiguration der Simulation für N-16 und p = 10-50--3 . Man erkennt die in beiden Fällen leeren Gebiete. (Polymere: gl'Oß; Gegenionen: klein. Struktur der Moleküle auf Grund der geringen Dichte nicht auflösbar.)
Daher muß zunächst analysiert werden, ob die Diffusion durch andere Methoden zu beschleunigen ist, bevor eine endgültige Beurteilung der Frage nach einer geordneten
108 Hydrophile Polyelektrolyte
Struktur möglich ist. Einen möglichen Zugang zur Erhöhung der Diffusion stellt z.B. ein NIonte Carlo-NIove dar, welcher das ganze Polyelektrolyt-Molekül innerhalb seines Korrelationslochs um einen Vektor zufälliger Länge und Richtung verschiebt. Dieser wird als zusätzliches Element in den ansonsten unveränderten Algorithmus integriert und weist auf Grund der Längenbeschränkung des Verschiebungsvektors hohe Akzeptanzraten größer 90% auf. Es ist jedoch nicht zwingend, dass eine solche Vorgehensweise die Struktur ordnet oder das System homogenisiert. Das vorliegende Verhalten, welches die Lösung der Langevin-Gleichung und damit im 'iVesentlichen die Lösung der newtonschen Bewegungsgleichungen darstellt und somit die zentralen physikalischen Aspekte enthalten muss, könnte auch mit der sogenannten "slow mode"-Problematik verknüpft sein. Die slo,v mode, welche häufig auch als "außergewöhnliche Phase" bezeichnet wird, ist ein weiterer völlig unverstandener, experimentell beobachteter Polyelektrolyteffekt. Trotz des Namens ist völlig unklar, ob es sich dabei um eine eigenständige Phase im Sinne der Thermodynamik handelt. Unter bestimmten Bedingungen, deren genaue Formulierung unter den Experimentatoren stark umstritten ist, und die im Wesentlichen das Verhältnis aus Polymerkonzentration zu Salzkonzentration .L auf Werte größer gleich 1-10 festlegen,
Ps spaltet der Diffusionskoeffizient in einen schnellen und einen langsamen Ast auf [167]. Der schnelle Ast, der einen um ca. eine Größenordnung größeren Diffusionskoeffizienten widerspiegelt und bei großem Verhältnis von Polymerkonzentration zu Salzkonzentration .L wieder konstante Werte annimmt, wird mit der Bewegung der schnellen Gegenionen, PS gekoppelt an die Polyionen, assoziiert. Der Ursprung der langsamen Komponente ist voll-kommen unklar. Die experimentell bestimmten Diffusionskoeffizienten spiegeln Objekte der Masse einiger Ketten wider. Solche Konglomerate konnten in Streuexperimenten nicht beobachtet werden. Es ist nach wie vor umstritten, ob Filtrieren die Vermeidung der slow mode erlaubt. Generell ist der Einfluss des Filtrierens experimentell nicht geklärt und Thema kontroverser Debatten.
Die Diffusion der Einzelkette, welche zusammen mit der Zeitentwicklung der Orientierungskorrelationsfunktion auf die Problematik aufmerksam macht, ist jedoch nicht behindert. Sie zeigt das übliche Verhalten sowohl bezüglich der Kettenlänge als auch im Vergleich mit neutralen Ketten. Dies deckt sich mit experimentellen Befunden. Auch dort wird im Falle der slow mode keine Anomalie der Tracer-Diffusion gefunden (s. z.B. [68]). Die in den graphischen Konfigurationsdarstellungen zu erkennenden Untereinheiten aus mehreren topologisch isolierten Ketten erscheinen jedoch ausgesprochen stabil. Diese Dichteschwankungen könnten die Signatur für die "slow mode" sein. Ein solches Szenario könnte die experimentellen Beobachtungen prinzipiell erklären und würde die Simulationsergebnisse dieses Abschnittes in einen konsistenten Zusammenhang zu den restlichen Ergebnissen setzten.
Zur Klärung dieser Frage bedarf es zunächst der Erweiterung des Programms, um zu testen, ob die gefundenen ungeordneten Strukturen stabil oder zumindest über experimentell relevante Zeiten metastabil sind. Sollte sich das "slow mode"-artige Verhalten bestätigen, erlaubt die Simulation eine gen aue Analyse der Ursache(n), welche in bestimmten Gegenionenverteilungen oder zusätzlichen van der Waals-Wechselwirkungen vermutet wird. Da alle nötigen Koordinaten und Geschwindigkeiten zur Verfügung stehen, sind alle Verteilungen explizit zugänglich. Auch hydrodynamische Effekte könnten eine bedeutende Rolle spielen. Diese lassen sich auf effektive Weise durch den Oseen-Tensor [5, 168] in
4.3 Zusammenfassung 109
das Programm integrieren. Eine explizite Berücksichtigung der Lösungsmittelteilchen ist allerdings aus Rechenzeitgründen ausgeschlossen (vergl. Abschnitt 3.6). Eine Zugabe von Salz, um das Einsetzen der slow mode analog zum experimentellen Vorgehen zu studieren, ~wäre sicherlich ebenfalls hilfreich. Als erster Schritt wurde die oben beschriebenen Monte Carlo-Methode eingesetzt, um ein bcc-Gitter von Polyelektrolytketten zu schmelzen. Es konnte in 3 . 105 MD-Schritten und 1000 Monte Carlo-Versuchen pro Kette nur ein leichtes Aufweichen der Gitterpositionen beobachtet werden, wobei die Gegenionenwolken eine stabilisierende Wirkung auszuüben scheinen. Somit ist noch keine endgültige Entscheidung möglich. Die zur Behandlung dieser Probleme erforderlichen, zusätzlichen, extensiven Simulationen übersteigen den Rahmen der vorliegenden Arbeit, insbesondere angesichts der weiteren durchgeführten Untersuchungen, allerdings deutlich.
4.3 Zusammenfassung
Im Rahmen dieses Kapitels wurde zunächst eine einzelne Polyelektrolytkette mit expliziten Salz- und Gegenionen betrachtet und mit den Resultaten analoger Debye-HückelSysteme aus Kapitel 1 verglichen. Die Überschätzung der Abschirmung auf kurzen Abständen konnte eindeutig belegt werden. Auf großen LängenskaIen verhalten sich die Coulombketten im Rahmen der vorliegenden Genauigkeit den Debye-Hückel-Ketten nahezu analog. Sowohl die Polymerradien als auch die Strukturfaktoren zeigen eine gute Übereinstimmung. Die Statistik der Untersuchung genügt nicht, um kleine Abweichungen auszuschließen. Sie ist aber ausreichend, um die sublineare Abhängigkeit der Zerfallslänge der ~VVinkelkolTelationsfunktion vom debyeschen Abschirmparameter auch unter expliziter Berücksichtigung der Ionen und reiner Coulomb-\i\Techsehvirkung festzulegen. Somit scheint das Debye-Hückel-Potential in diesem Limes verschwindender Polymerkonzentration (p ----+ 0), aber endlicher Salzkonzentration Ps eine passable Approximation zur Beschreibung der Polyelektrolyte darzustellen. Diese Aussage belegt die experimentelle Relevanz der Ergebnisse der Kapitel 1 und 2. Sie steht jedoch in starkem Widerspruch zu salzfreien Polyelektrolytläsungen, in denen das Debye-Hückel-Potential die Abschirmung deutlich überschätzt. Da das Debye-Hückel-Potential auf einer relativ gleichförmigen Ladungsverteilung basiert [25], erscheint es sinnvoll, dass eine Situation, ~welche durch viele kleine, mobile Ionen charakterisiert ist, weitaus besser beschrieben wird, als verhältnismässig große Markoionen hoher Valenz. Die kleinen Koionen können in die Gegenionenwolke eindringen und somit die lokale Abschirmung reduzieren, was den Polyelektrolytmolekülen auf Grund ihrer hohen Ladung nicht möglich ist. Falls eine wohldefinierte Längenskala die Abschirmung der elektrostatischen Wechsehvirkung zu beschreiben vermag, so ist in ihrer Definition in jedem Fall nicht nur der Anzahl, sondern auch der Art der abschirmenden Spezies in geeigneter Weise Rechung zu trageIl. Im Anschluss wurde demonstriert, dass erstmal große Systeme über 10000 Ladungen der Simulation bei vernünftigem Aufwand zugänglich sind. Es wurden Systeme von bis zu 12800 Ladungen betrachtet, um mögliche finite-size-Effekte vorangegangener Simulationen [16] zu untersuchen. Es wurde gezeigt, dass die Größe der Simulationsbox sowie die Anzahl der betrachteten Polymere (bei fester Dichte) keinen Einfluss auf lokale Größen wie die Polymerdimensionen besitzt. Durch die verhältnismässig kurzen Ketten und die
110 Hydrophile Polyelektrolyte
großen debyeschen Abschirmlängen bei niedrigen Dichten liegen jedoch starke, physikalisch begründete finite-size-Effekte, analog den in Kapitell beobachteten, vor. Die Fähigkeit der stark gestreckten Ketten, sich weiter auszudehnen, ist durch die relativ kleine Ladungszahl limitiert. Der osmotische Druck belegt beispielhaft, dass die Ketten selbst bei niedrigsten Dichten (p = 10-7(7-3) in nicht zu vernachlässigender Weise miteinander wechselwirken. Globale Größen, wie z.B. Ordnungsphänomene, sind den technischen finite-size-Effekten weit stärker ausgesetzt. Hier ist Vorsicht bei der Interpretation der Resultate kleiner Simulationen geboten. Die Suche nach Raum- und Orientierungsordnungsphänomenen blieb auf Grund einer langsamen Diffusion erfolglos. Die Orientierungskorrelation zeigt jedoch nur eine kleine Änderung im Laufe der Simulationsdauer, was auf einen starken Einfluss der Umgebung hindeutet. Somit könnte die mangelnde, räumliche Struktur eine mögliche Orientierungskorrelation überdecken. Da alle Eigenschaften der einzelnen Kette gut relaxiert (vergl. Abschnitt 4.2.1) und die Dichten sehr niedrig sind, sollte auch der Rotationsfreiheitsgrad der Kette im Gleichgewicht sein. MD-Methoden sind selbst bei großem CPU-Zeit-Einsatz weder in der Lage, eine ungeordnete Struktur zu ordnen, noch ein Gitter aus Polyelektrolytketten zu schmelzen. Aus diesem Grund wurde ein zusätzlicher Monte Carlo-Move in das Programm integriert, welcher das Polyelektrolytmolekül in seinem Korrelationsloch um einen Vektor zufälliger Länge und Richtung verschiebt, wodurch die Schwerpunktsdiffusion beschleunigt werden kann. Dieses Verfahren bewirkt in 3 ·105MD-Schritten und 1000 MC-Versuchen pro Kette nur ein leichtes Aufweichen der Gitterpositionen, so dass weitere Simulationen erforderlich sind. Unklar bleibt ebenso, ob die Stabilität von Clustern aus einigen topologisch isolierten Polyelektrolytketten ein Hinweis auf die "slow mode "-Problematik ist, oder ebenfalls noch ein Artefakt der Methode. Zur Klärung, ob die bisherigen Beobachtungen, welche qualitativ hervorragend zu den Experimenten passen, dem Gleichgewicht entsprechen, bedarf es zusätzlicher, extensiver Simulationen mit erweiterten Methoden zur Beschleunigung der Diffusion. Deren Aufwand überschreitet den Rahmen der vorliegenden Arbeit jedoch deutlich, insbesondere vor dem Hintergrund der anderen durchgeführten Projekte. 4
4Simulationen zu dieser Frage wurden bereits begonnen.
Kapitel 5
Hydrophobe Polyelektrolyte
In diesem Kapitel wird erstmals in Simulationen der Einfluss eines schlechten Lösungsmittels auf die Konformation von Polyelektrolyten in Lösungen endlicher Konzentration (im Folgenden kurz "Dichte" genannt) studiert. Diese Analyse stellt einen wichtigen Schritt hin zur quantitativen NIodellierung realer Polyelektrolyte dar, da ein Großteil der experimentell untersuchten Ketten hydrophobe Monomere besitzt. Zusätzlich stellt dieses System einander entgegenwirkender Wechselwirkungen ein interessantes Problem der statistischen Physik dar. Üblicherweise werden in Experimenten an Polyelektrolytlösungen die Konzentration an zugefügten Salzionen sowie die Dichte variiert. Nachdem die beiden ersten Kapitel hauptsächlich den Effekten unterschiedlicher Salzkonzentrationen gewidmet waren, wird jetzt die Konformationsänderung einer stark hydrophoben Polyelektrolytkette als Funktion der Dichte im Zentrum des Interesses stehen. Dazu muß zunächst die relative Stärke der \iVechselwirkungen analysiert werden.
5.1 Variation der Wechselwirkungsstärken
In Abschnitt 3.6 wurde dargelegt, dass der Einfluss des schlechten Lösungsmittels für die Monomere durch ein Lennard-Jones-Potential mit Potential-Cut-off dargestellt wird (vergl. Gleichung 3.18). Die Stärke der Hydrophobizität läßt sich durch die Variation der Temperatur als auch von ELJ einstellen. Im Fall neutraler Polymere wird üblicherweise die Temperatur variiert. Dies ist im Fall der vorliegenden Polyelektrolytsysteme ungünstig. Eine Temperaturänderung erfordert eine neue Parametrisierung der elektrostatischen Wechselwirkung, da sich diese sonst via der Bjerrum-Länge AB ebenfalls veränderte. Das Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es jedoch, den Einfluss der Hydrophobizität bei sonst festen Rahmenbedingungen (Elektrostatik, Wärmebad) zu studieren, um die auftretenden Effekte und Abhängigkeiten klar herauszupräparieren. Die simulierten Polymere enthalten 94 Monomere und sind durch eine Ladungsdichte von f = ~ gekennzeichnet, so dass sie 32 geladene Monomere besitzen. Da die hydrophobe Wechselwirkung im Normalfall eine extreme Streckung der Ketten verhindern wird, sind diese Polyelektrolyte nicht in dem Ausmaß von finite-size-Effekten betroffen wie die in den Kapiteln 1 und 4 untersuchten Ketten. Die Temperatur wird auf kBT = 1.0 festgelegt und definiert die Energieskala. Die Bjerrum-Länge ist, soweit nicht anders angegeben, als AB = 3.00" fixiert. Damit sind die Moleküle in Analogie zu sulfoniertem Polystyrol
112 Hydrophobe Polyelektrolyte
(PSS) ge~wählt, welches nach wie vor das Standardmolekül in Experimenten darstellt. Ein PSS-Monomer erstreckt sich über ca. 2.5A. Die Bjerrum-Länge in \!\Tasser liegt bei AB c:::: 7.1A. Gemäß dem NIanning-Kriterium (s. Abschnitt 1.1) folgt, dass jedes dritte Monomer geladen ist. Der Manning-Parameter beträgt ~ = ;:; c:::: 0.947. Als Bindungslänge ergibt sich in den Simulationen durchschnittlich b c:::: 1.08a. Damit resultiert ein ManningVerhältnis von ~ = 3~204 c:::: 0.927. Auf diesem Befund basiert auch die Parametrisierung in Kapitel 4. Es werden standardmäßig 32 Ketten in salzfreier Lösung betrachtet. Ein NaPSS-Molekül aus 94 ~r-donomeren besitzt ein Molekulargewicht von ca. 20000~ol und reicht somit problemlos in den experimentell analysierten Bereich hinein [68].
18
131
15
9
"-"
""-
"-'EI
"-"-
""-
"-~
"-"-
""-~
""-
"-"
"-
_phil
1:1 "-
""-
"-
"
Abbildung 5.1: VeTgleich deI' GYTationsTadien von hydrophilen und schwach hydrophoben (fLJ,phob = V Polyelektl'Olyten
Um den Einfluss der Hydrophobizität geeignet zu modellieren, muß der {1-Punkt [5,6] der neutralen Kette bekannt sein. Der {1-Punkt, welcher häufig durch das Verschwinden des 2. Virialkoeffizienten zwischen den Ketten definiert wird, bezeichnet den Parametersatz, bei welchem sich die attraktiven und repulsiven Wechselwirkungen gerade in 2. Ordnung aufheben, so dass die Polymere (nahezu) ideales Verhalten zeigen. Für das vorliegende System wurde der {1-Punkt zumindest grob zu T ~ 3.0 ± 0.2 bei fLJ = 1.0 angegeben [148]. Dies entspricht in der hier vorgenommenen Parameterwahl mit kBT = 1.0 in etwa fLJ ::::; ~. Aus diesem Grund werden für fLJ zunächst die \!\Terte fLJ = ~, ~ & 1 ausgewählt. fLJ = ~ entspricht einer Kette deutlich oberhalb des {1-Punktes, so dass das typische Verhalten hydrophiler Polyelektrolyte zu beobachten sein sollte. Dieser Parametersatz erlaubt somit einen letzten Test der Implementierung der neutralen Monomere und liefert einen Standardwert als Referenz. fLJ = ~ sollte im neutralen Fall bereits eine kollabierte Konformation einnehmen. Das Wechselspiel mit der elektrostatischen Kraft zeigt jedoch, dass diese völlig dominierend ist. Die Simulationen wurden für p = 10-4a-3 durchgeführt.
5.1 Variation der Wechselwirkungs stärken 113
Da die Ladungsdichte massiv die Abschirmung der elektrostatischen \iVechselwirkung beeinflußt, wird ein Vergleich über das gesamte Dichteintervall herangezogen. Abbildung 5.1 entnimmt man beispielhaft den Gyrationsradius. Die hydrophoben Polyelektrolyte sind für niedrige Dichten etwas kleiner, weisen jedoch die gleichen charakteristischen Abhängigkeiten wie hydrophile lVIoleküle auf. Für hohe Dichten und somit starke Abschirmung sind die Gyrationsradien nahezu nicht zu unterscheiden. Die attraktive \iVechselwirkung ist folglich zu schwach, um die Konformation deutlich zu störeIl. Interessant ist jedoch, dass sich die Ketten mit ELJ = 1.0, welches im neutralen Fall ein stark hydrophobes Polymer repräsentiert, kaum von ELJ = ~ unterscheiden. Abbildung 5.2 belegt dies exemplarisch am sphärisch gemittelten Strukturfaktor und demjenigen entlang der 1. Hauptträgheitsachse.
-- E LJ=O.25
- - - - E LJ=O.5
--- E LJ=1.0
10'
s
10°
10° 10' q
Abbildung 5.2: VeTgleic11 deI' StmktuTfaktoTen fÜT FeTschiedene HydropllObizitäten ELJ = %' ~, 1 bei eineT Dichte Fon p = 10-4
0--3
Für p = 10-10--3 erkennt man am sphärisch gemittelten Strukturfaktor (s. Abbildung
5.3), dass die Ketten mit ELJ = ~ doch eine etwas andere Struktur als die hydrophilen Polyelektrolyte besitzen. Die Versteifung durch die elektrostatische Wechselwirkung sorgt für einen größeren Kettenausdehnungsexponenten der hydrophilen Polyelektrolyte Vphil = 0.75. Danach geht der Strukturfaktor kontinuierlich in den Guinierbereich (s. Kapitell) über. Die Streckung der hydrophoben Ketten ist etwas schwächer ausgeprägt: vphil = 0.65. Dieser Exponent besitzt allerdings seine Gültigkeit in einem etwas größeren q-Intervall und gilt somit auf größeren LängenskaIen als Vphil' In Abschnitt 5.2 werden die relevanten Unterschiede, die sich hier nur vage andeuten, an stark hydrophoben Systemen deutlich hervortreten. Der Vollständigkeit halber wird die elektrostatische Persistenzlänge aus der Bindungswinkelkorrelation analog zu den Analysen in den vorangegangenen Kapiteln extrahiert. Sie
114 Hydrophobe Polyelektrolyte
--- E LJ=O.5
-- phi!
Abbildung 5.3: StruktuTfaktoren hydrophiler und schwach hydrophober Ketten für die Dichte p = 1O-l a-3 . Die gestrichelten Linien geben die Steigung der hydrophoben Daten wieder, die durchgezogenen diejenigen der hydrophilen Kurve.
reflektiert erneut das bekannte sublineare Verhalten, wodurch die experimentelle Relevanz der Resultate aus den Kapiteln 1 und 2 diesbezüglich weiter untermauert wird.
Die Resultate dieser Voruntersuchungen verdeutlichen die Notwendigkeit, den ,,{1 "-Punkt für die zu untersuchenden geladenen Systeme zu bestimmen. Weiterhin ergibt sich die Notwendigkeit, den {1-Punkt der neutralen Kette exakt zu bestimmen, um gegebenenfalls quantitative Vergleiche ziehen zu können.
Bevor diese Analysen dargestellt werden, soll belegt werden, dass die bisher untersuchten Hydrophobizitäten durchaus einen deutlichen Einfluss auf die Kettenkonformation ausüben können. Hierzu wird die Stärke der Wechselwirkung durch die Bjerrum-Länge AB bei CLJ = ~ und kBT = 1.0 variiert. Unter experimentellen Bedingungen entspricht dies dem schwierig zu realisierenden Austausch des Lösungsmittels bei konstanter Temperatur. Simulationen stark geladener hydrophiler Polyelektrolyte [16] zeigten, dass nach einem starken Strecken durch die zunehmende elektrostatische Abstoßung der Monomere ein Schrumpfen der Kettendimensionen bei weiter steigender Wechselwirkungsstärke einsetzt. Dieses beruht auf der steigenden Energiedichte entlang der Kette, welche zur Gegenionenkondensation führt. Die Moleküle schrumpfen bei extremen Wechselwirkungsstärken bis unter die Ausdehnung der vergleichbaren neutralen Kette [16]. Bedingt durch die effektive Anziehung der hydrophoben Monomere sollten die hier untersuchten Ketten bei deutlich kleineren Wechselwirkungsstärken schrumpfen, da eine stärkere Gegenionenkondensation zu erwarten ist. Dies ist deutlich nachweisbar. Abbildung 5.4 zeigt den End-zu-EndAbstand als Funktion der Bjerrum-Länge AB und erlaubt somit den direkten Vergleich mit der Abbildung 23.a in Referenz [16].
5.1 Variation der Wechselwirkungsstärken
35
25
,P---_ / --t3~
15 /
_____ hydrophob
[3-- - tl hydrophil
115
Abbildung 5.4: End-zu-End-Abstand als Funktion des Manning- Verhältnisses ~M: hydropllOb (Kreise), hydrophil (Quadrate, aus [16}). Die waagerechten Geraden Ferdeutlichen die zu Fergleichenden Radien.
Die Bjerrum-Längen ~werden so gewählt, dass die resultierenden NIanning-Parameter ~M = A: vergleichbar sind. Die beiden extremen ~Werte aus Referenz [16J werden aus Rechenzeitgründen ausgeklammert, da sie zur Analyse der relevanten Tendenzen nicht notwendig sind. Um Annahmen über die Verteilung der neutralen Monomere, ~welche in Referenz [16J nicht explizit simuliert wurden, zu vermeiden, werden keine Absolutwerte der Radien, sondern deren Tendenzen bei gleichen Manning-Verhältnissen verglichen. In der zitierten Arbeit stimmen die End-zu-End-Abstände für ~M,phil = 0.27 und ~M,phil = 3.79 in etwa überein. Die hydrophoben Daten liefern eine Übereinstimmung von ~M,phob = 0.3 mit ~M,phob = 1.82. Zusätzlich liegen die hydrophilen Systeme mit ~M,phil = 2.27 (als Gegenstück zu ~M,phob = 1.81) deutlich über ~M,phil = 3.79. ~M,phob = 3.94 liefert stark geschrumpfte Ketten, die deutlich kontrahierter sind als das hydrophile Pendant bei ~M,phil = 3.79. Diese Diskrepanzen belegen eindeutig das beschleunigte Schrumpfen. Der Absolutwert für ~M,phob = 3.94 stellt nur eine obere Schranke dar, da die Zeitentwicklung verdeutlicht, dass das statistische Gleichgewicht noch nicht vollständig erreicht ist. Da dieses System den \iVert der neutralen Kette mit Sicherheit nicht erreichen ~wird, ist der exakte End-zu-End-Abstand, der von dem hier Dargestellten nicht sehr abweichen wird, nicht von Interesse. Deshalb wird zu Gunsten anderer Untersuchungen auf den Einsatz weiterer Rechenzeit verzichtet. Entsprechend könnte die Anzahl der kondensierten Gegenionen Ne, die nach dem in Abschnitt 4.2.1 angegebenen Kriterium Elon :::; -kBT bestimmt wurde, für diesen Parametersatz noch etwas schneller gegen den Grenzwert Ne = 32 konvergieren, als in Abbildung 5.5 dargestellt. Der sphärisch gemittelte Strukturfaktor in Abbildung 5.6 belegt nochmals den ausgeprägten Konformationswandel mit
116 Hydrophobe Polyelektrolyte
Abbildung 5.5: Anzahl der kondensierten Gegenionen als Funktion deI' BjelTum-Länge \ c" 1 AB lur cLJ,phob = "2
100
10
---- A B= 30"
--- AB= 60"
--- A B= 130"
10' q
Abbildung 5.6: Sphärisch gemittelter Stmkturfaktor als Funktion der Bjermm-Länge \ fi" 1 AB ur cLJ,phob = "2
5.1 Variation der Wechselwirkungs stärken 117
zunehmender Bjerrum-Länge. Nach einer anfänglichen Streckung (AB = 3.0) ist der Übergang zu kollabierten Objekten (AB = 6.0 & 13.0) an der wachsenden logarithmischen Steigung ersichtlich. Es konnte somit belegt werden, dass selbst eine verhältnismässig schwache Hydrophobizität unter den richtigen Rahmenbedingungen deutlichen Einfluss auf die Konformation flexibler Polyelektrolytketten ausüben kann. Um die Analyse der Dichteabhängigkeit im folgenden Unterkapitel vorzubereiten, wird der "B"-Punkt des geladenen Systems sowie der exakte, asymptotische B-Punkt der neutralen Kette bestimmt. Der Untersuchung des geladenen Systems wird die im folgenden Abschnitt zu betrachtende Kettenlänge N = 94 zu Grunde gelegt und der Parameter cLJ,phob systematisch variiert. cLJ,phob,e vvird durch ideales Verhalten des End-zuEnd-Abstandes definiert. Dieser Wert erhebt somit keinen Anspruch auf asymptotische Gültigkeit, ist jedoch die relevante Größe für die zu betrachtende Dichtereihe. Wie in Kapitell bereits dargestellt wurde, besitzt die Asymptotik in der Polyelektrolyt-Physik nicht die Allgemeingültigkeit wie im Fall neutraler Polymere, da im Limes endlicher Abschirmlängen und unendlicher Konturlängen auf großen Skalen immer Self A voiding WalkVerhalten (SAW) gefunden werden muss. Ein signifikanter Anteil der Experimente, insbesondere im salzfreien Fall, ist aber ebenfalls nicht in diesem Limes angesiedelt. Wie bereits erläutert, vergleichen sich die vorliegenden NIolekülgrößen gut mit solchen aus aktuellen experimentellen Untersuchungen, welche in Übersichtsartikeln zitiert werden [68].
§'~ 30 8P 0
0 0
25
R end
20
15
10
5
0 1e+05 2e+05 3e+05 MD-Steps
o ELJ=1.25 • E LJ",1.375 L'. E LJ=1.5 ... ELJ=1.525 <J ELJ=1 .5625 I> ELJ=1.625 o ELJ=2
Rend,neutral
4e+05
Abbildung 5.7: Zeitentwicklung des End-zu-End-Abstandes geladener Ketten für 1Terschiedene HydropllObizitäten. [Es wird nm jeder hunderste Messpunkt dargestellt.]
Abbildung 5.7 entnimmt man die Zeit entwicklung des End-zu-End-Abstandes für p = 1O-4
(}-3. Diese Wahl der Dichte erlaubt es, mittels einer Dichtereihe den Bereich um den effektiven "B"-Punkt cLJ,phob,e durchzustimmen, da die Dichte durch die Änderung der Abschirmung den elektrostatischen Beitrag zur Wechselwirkung beeinflußt. Datensätze,
118 Hydrophobe Polyelektrolyte
welche deutlich erkennen lassen, dass sie nicht in der Umgebung des effektiven "B"-Punktes liegen, werden aus Rechenzeitgründen nicht weiter fortgesetzt. Aus den vorliegenden Daten folgt:
ELJ,phob,B c:.:: 1.51 ± 0.03
Dieser Wert läßt sich durch ein in seiner Einfachheit erstaunliches Argument motivieren. Betrachtet man das Gesamtpotential VCoul + VLJ zweier Ladungen als Funktion des A bstandes, so weist dieses für ELJ = 1.5 ein Minimum bei einem Abstand von 1.155a mit einer nachfolgenden Potentialbarriere von ~kBT auf. Man könnte argumentieren, dass größere Potentialtiefen ausreichen, um die relative Radialbewegung der beiden Teilchen zu begrenzen, da diese nicht genug kinetische Energie besitzen, um dem Potential zu entfliehen. Somit existiert selbst für zwei geladene Teilchen ein "gebundener" Zustand. Für ELJ,phob = ~ besitzt das Summenpotential kein Minimum und für ELJ,phob = 1.0 besitzt es eine vernachlässigbare Tiefe, wodurch sich deren zu hydrophilen Polyelektrolyten ähnliches Verhalten erklärt. Leider läßt sich dieses Argument selbst unter Berücksichtigung der Entropie der Gegenionen und einer effektiven Beschreibung der Wechselwirkung der neutralen Monomere nicht allgemeingültig erweitern. Die Effekte der Massendichte und der Ladungsdichte auf der Kette bleiben völlig unberührt. Um deren Bedeutung zu unterstreichen, werden zwei Systeme mit einer um einen Faktor zwei kleineren Ladungsdichte f = i vorgestellt. Der "B"-Punkt bei gleicher Massendichte liegt bei ELJ,phob = 1.13 ± 0.04. Die Verwendung gleicher Ladungsdichte im System stellt in gewissem Sinne den direkteren Vergleich dar, da in beiden Simulationen die gleiche Abschirmlänge vorliegt. Man erhält ELJ,phob = 1.04 ± 0.03. Diese Werte sind mit keinem anschaulichen Argument aus dem der Polyelektrolyte mit Ladungsdichte f = ~ ableitbar, so dass geschlossen werden muss, dass die obige Koinzidenz von Potentialverlauf und "B"-Punkt zufällig ist. Dies bestätigt auch das Resultat im vermeintlich analogen Fall /\B = 6.0 und f i, welches nicht mit dem Argument erklärt werden kann. Die Bestimmung des B-Punktes der neutralen Kette basiert auf einem Skalenargument für den End-zu-End-Abstand. Diese IvIethode erwies sich für Polymere und Sternpolymere auf einem flächenzentrierten kubischen Gitter (fcc) als ausgesprochen erfolgreich [169]. Prinzipiell sollte der Phasenübergangspunkt auch aus der Position des Maximums der spezifischen Wärme des Systems lokalisiert werden können. Ein solcher Zugang, der in Gittersimulationen auf dem Diamantgitter ebenfalls gute Resultate erbracht hat [170], erweist sich im Kontinuum als nicht tragfähig, da die Maxima der spezifischen Wärme zu breit sind. Aus diesem Grund wird die oben zitierte Skalenmethode angewendet. Für den End-zu-End-Abstand gilt [169]
(5.1)
wobei f eine unbekannte Skalenfunktion und das Argument T = T-:;~c den Temperaturabstand zum kritischen Punkt Tc darstellt. Dies läßt sich selbstverständlich auf eine ELJ -Variation umformen. Aus Gleichung 5.1 folgt
R2 1
~ - f(T·N2) N - . (5.2)
2
Für konstante Werte von Rrr muß auch das Argument der Skalenfunktion konstant sein.
5.1 Variation der Wechselwirkungs stärken
3
2
o
.. N=2048 o N=1024 • N=768 .6. N=512 .... N=378 VN=256 ... N=192 +N=128 x N=96 *N=64 ON=32
1.0 1.5 2.0
119
2.5 3.0 3.5
Abbildung 5.8: Abhängigkeit des auf den PolymerisationsgTad normierten End-zu-EndAbstands-QuadTates von der Hydroplwbizitä,t tLJ. Die Linien stellen splines-nts dar.
2.5
.. R 2/N =O.5 e 2 o R e /N=O.75 • R e /N=1.0 .6. R e/N=1 .25
2.0 .... R e/N=1.5 'V R e /N=1.75 ... Re /N=2.0 OSefl
1.5 0.00 0.02 0.04 0.06
N-O•S 0.08 0.10
Abbildung 5.9: Skalenanalyse zur Bestimmung des B-Punktes. Gemäß Gleichung 5.3 1
ergeben sich Geraden, 'welche für N-2 -t 0 bis auf Korrekturen höherer Ordnung gegen den B-Punkt konvergieren. Be!! beschreibt die bei der je'weiligen Kettenlänge bestimmten effektiven B-Punkte, welche ebenso gegen den B-Punkt konvergieren. Es ergibt sich tLJ,O =
2.96!O.06 = 0.34 ± 0.02.
120 Hydrophobe Polyelektrolyte
Daraus folgt
(5.3)
Eine Auftragung von T gegen N-t für festes Verhältnis R~'d liefert folglich Geraden, welche sich (bis auf Korrekturen zum Scaling höherer Ordnung und statistische Fehler) im
1 Limes N-2 ---+ 0 in einem Punkt, dem {1-Punkt, schneiden. Abbildung 5.8 zeigt zunächst das auf den Polymerisationsgrad N normierte End-zu-End-Abstands-Quadrat als Funktion der Hydrophobizität variiert durch fLJ' Die Geraden der Skalenanalyse werden in Abbildung 5.9 dargestellt. Die Daten ergeben einen {1-Punkt von fLJ = 0.34 ± 0.02. Somit wird deutlich, dass die Analyse von Murat und Grest [148] noch deutliche finite-size-Effekte aufweist und das asymptotische Verhalten nicht exakt widerspiegelt. Der "B"-Punkt der geladenen Kette liegt um einen Faktor 4.425 unter dem neutralen Wert. Wie erwartet hat die langreichweitige, elektrostatische Wechselwirkung entscheidenden Einfluss auf die Konformation der Polyelektrolyte. Obwohl die Wechselwirkungsenergie zweier benachbarter Ladungen kleiner als kBT ist, bedarf es eines attraktiven Potentials von -1.5kBT zwischen jedem Monomer, um die gegenseitige Abstoßung der Monomere auf großen Skalen zu neutralisieren. Dies ist ein weiterer Beleg, dass die Coulomb-Wechselwirkung eine besondere Rolle unter den möglichen Wechselwirkungen, welche bei Polymeren auftreten können, spielt. Auf der Basis dieser Information wird im folgenden Abschnitt der Einfluss der Dichte auf die Konformation der Polyelektrolyt-Moleküle analysiert.
5.2 Variation der Dichte - Vom Mikrogel zur "necklace "-Kette
Im vorangehenden Abschnitt wurde ein effektiver ,,{1"-Punkt für die zu untersuchenden Systeme bei einer Dichte von p = 1O-4cr-3 unter den Bedingungen AB = 3.0, kBT = 1.0 und f = i zu fLJ,phob = 1.51 ± 0.03 bestimmt. Dieser vVert stellt eine günstige Ausgangsposition dar, um mittels einer gezielten Variation der Dichte das Wechselspiel zwischen elektrostatischer Repulsion und hydrophober Attraktion zu studieren, da sich diese bei p = 1O-4cr-3 nach dem oben Dargestellten in etwa die Waage halten sollteil. Bei niedrigeren Dichten sollte die Elektrostatik dominieren und eine Streckung der Ketten verursachen. Hohe Dichten schirmen die Coulomb-Wechselwirkung stärker ab und erniedrigen die Entropie der freien Gegenionen, wodurch diese leichter kondensieren. Deshalb werden in diesem Regime von der hydrophoben Anziehung stark zusammengezogene Konformationen erwartet. Es werden 16 Ketten der Länge N = 94 bei den Dichten
P = 2 . 1O-l cr-3 2· 1O-2cr-3 2· 1O-3cr-3 2· 1O-4cr-3 2· 1O-5cr-3 & 2 . 1O-6cr-3 simuliert , , " . Alle folgenden Abbildungen vergleichen jeweils das hydrophile System mit dem schwach hydrophoben (fLJ,phob = ~) und dem stark hydrophoben (fLJ,phob = 1.5) Fall. Zu Beginn der Analyse wird die Bindungslänge betrachtet. Erwartungsgemäß besitzt sie nahezu keine Dichteabhängigkeit (vergl. Abbildung 5.10). Die kleinen Unterschiede in den Absolutwerten sind durch den leicht unterschiedlichen Anstieg des repulsiven Anteils des Lennard-Jones-Potentials für verschiedene Werte von fLJ bedingt (fLJ,phil = 1.0). Somit
5.2 Variation der Dichte 121
besitzt das Bindungspotential ULJ + U Fene ein leicht verschobenes NIinimum. Da die Differenzen sehr klein und für alle folgenden Aussagen absolut irrelevant sind, wird auf eine Korrektur (z.B. durch eine Anpassung des FENE-Potentials) verzichtet.
1.11
1.10
1.09
1.08
--- phil (ELJ=1)
13- - El E LJ=O.5
+-- - ---+ ELJ=1 .5
1.0~0~-6~~~1~0~5~~~10~4~~~1~0~3~~~1~0~2~~~1~0~1~~~1~OO
P
Abbildung 5.10: Dichteabhängigkeit der Bindungslänge für hydrophile, schwach und stark hydrophobe Ketten
Ausgesprochen interessant ist hingegen das Verhalten der Polymerradien. Für die hydrophilen und die schwach hydrophoben (tLJ,phob = ~) Polyelektrolyte erkennt man mit abnehmender Dichte eine monoton zunehmende Streckung, welche bei p = 2 . 10-1
0--3
einen Startpunkt (Rend:::: 17.5; Re :::: 7) deutlich über dem neutralen SAW-Wert (Rend :::: 16.5; Re :::: 6.5) besitzt. Abbildung 5.11 offenbart jedoch ein qualitativ vollständig verschiedenes Verhalten der stark hydrophoben Polyelektrolyte (tLJ,phob = 1.5). Im Bereich niedriger Dichten weisen die -Moleküle ausgehend vom Random Walk-Wert bei p = 2 . 10-4
0--3 eine außerordentlich starke Streckung auf. Die relative Streckung über zwei Dekaden übertrifft die gesamte relative Ausdehnungsänderung der beiden anderen Systeme über den ganzen betrachteten Dichtebereich. Dies ist ein klares Zeichen, dass die elektrostatische Wechselwirkung die Kettenkonformation in diesem Regime zumindest auf großen Skalen dominiert. Dennoch liegen die Absolutwerte deutlich unter den hydrophilen Ergebnissen. Die Strukturfaktoren und die graphische Darstellung von KonfigurationsSchnappschüssen werden dieses Verhalten verständlich machen. Zuvor soll jedoch der Bereich höherer Dichten ausgewertet werden. Man erkennt in Abbildung 5.11, dass sich die Ketten signifikant zusammenziehen und somit in einen kollabierten
Zustand übergehen. Die Darstellung des charakteristischen Verhältnisses r = ~~d spiegelt G
dieses Verhalten erwartungsgemäß wider, erlaubt aber ein genaueres Gefühl für die Stärke des Kollaps zu entwickeln, da der Vergleich mit dem Random Walk-Wert rmv = 6 in dieser Darstellung besonders einfach möglich ist. Man erkennt an r(p = 2.10-20--3 ) = 4.675,
122
40
20
10
A \
\
\
&------. P h iI
[J- - El€w=O.5
\
~ \
\
\
9
8
r 7
5
10'
Hydrophobe Polyelektrolyte
'+ \
\
10-4
&------. phi I
[J- - El €w=0.5
+- --+ €w=1.5
10'
Abbildung 5.11: Dichteabhä.ngigkeit für hydrophile, schwach und staT1( hydropllObe Ketten: links: End-zu-End-Abstand; rechts: charakteristisches Verhältnis
dass stark kollabierte Einzelketten vorliegen. Für niedrige Dichten sind alle Systeme erwartungsgemäß deutlich vom Stablimit rStab = 12 entfernt. Interessant ist, dass alle -Werte für p = 2 . 10-10--3 diejenigen für p = 2 . 10-20--3 deutlich übersteigen. Die Differenz übersteigt die Fehlerbalken, welche in der Größenordnung der Symbole liegen, bei weitem. In Anhang B.6 befindet sich eine vergleichende Aufstellung aller gemessenen Größen. Auch die unten dargestellten Strukturfaktoren belegen den schwächeren Kollaps für p = 2 . 10-10-- 3 . Die Erklärung hierfür liefert die hohe Dichte. Während die Ketten für p = 2 . 10-20--3 weit genug voneinander entfernt sind, um in einzelne kontrahierte Objekte zu kollabieren, behindern sich die Ketten für p = 2 . 10-10--3 deutlich. Dadurch verursachen starke hydrophobe Interkettenwechselwirkungen, dass die Lösung zu einer gelartigen Struktur kondensiert. Die Ketten bilden ein Konglomerat, in welchem die Radien der einzelnen Kette zwangsläufig etwas größer sind als im Fall p = 2 . 10-20--3
, da die Kette Monomere anderer Ketten in ihrem Volumen duldet. Die stark abgeschirmte, elektrostatische Abstoßung ist zu schwach, um die Ketten zu separieren. Die vorliegende Struktur ist kein Gel im klassischen Sinne, also kein gequollenes Netzwerk, da keine chemischen Bindungen, die sogenannten Crosslinks, das Objekt zusammenhalten. Man spricht von einem physikalischen Gel, wenn spezielle, nicht gebundene Wechselwirkungen, wie in diesem Fall die Hydrophobizität, für den Zusammenhalt sorgen. Es soll an dieser Stelle angemerkt werden, dass für extrem hohe Dichten (p -+ 1) erneut Random Walk-Verhalten erwartet wird. Analog zu neutralen Polymerschmelzen [6] werden die Coulomb- und die excluded volume Wechselwirkung in diesem Limit extrem abgeschirmt. Für p -+ 1 wird auch der attraktiven Wechselwirkung in jeder Konformation gleichstark Rechung getragen, so dass näherungsweise ideale Ketten zu erwarten sind. Obwohl bei p = 2 . 10-10--3 nur die elektrostatische Wechselwirkung stark abgeschirmt ist, stellt der
5.2 Variation der Dichte 123
Effekt der Gelbildung einen ersten Schritt in diese Richtung dar, da sich mehrere Ketten ein gemeinsames Volumen teilen. Die gesamte Argumentation lässt sich am einfachsten durch den direkten Vergleich der graphischen Darstellungen der End-Konfigurationen der relevanten Simulationen untermauern (s. Abbildungen 5.12 und 5.13). Somit konnte nach Wissen des Autors erstmals sowohl der Kollaps einzelner lVloleküle als auch die" Gelbildung" ohne besondere Voraussetzungen als physikalische Eigenschaft der Lösung bzw. der darin enthaltenen Polyelektrolytmoleküle gezeigt werden. Da diese verhältnismäßig hohen Dichten dem Experiment gut zugänglich sind, sollten die einzelnen Ketten gut beobachtbar sein. Man darf diese allerdings trotz ihrer kompakten Struktur und der hohen Anzahl kondensierter Gegenionen nicht als wechselwirkungsfrei anSehell. Die Anzahl der im Kettenvolumen kondensierten Ladungen ist gegenüber dem hydrophilen Fall deutlich erhöht (vergl. Abbildung 5.14 und die Konfigurationsbilder). Dennoch sind auch diese Systeme erwartungsgemäß nicht in der Lage, alle Gegenionen zu binden, da sie deren Entropieverlust nicht zu kompensieren vermögen. Aus Abbildung 5.14 ergeben sich 26 kondensierte Gegenionen pro Kette und somit eine Nettoladung von 6 Elementarladungen als sinnvoller Parameter für eine Abschätzung der \iVechselwirkungsenergie zweier solcher Objekte. Unter Annahme einer gleichmäßigen Verteilung der Ketten ergibt sich ein Abstand zum nächsten Nachbarn von ca. 180-. Daraus resultiert eine Coulomb-Energie von
Z2 e2 1 1 360-E Coul = - = Z2 ABkBT- ::::::: - kBT = 2kBT
47l'ESEO r r 180-
Zur Abschätzung 'weiterer Einflüsse wird der Einfachheit halber eine reguläre, einfach kubische Struktur vorausgesetzt. Die qualitativen Resultate werden hiervon jedoch nicht beeinflußt. Bei sechs nächsten Nachbarn kann ein Polymer im ~/littel nur noch ein Gegenion zur Abschirmung der Abstoßung pro Nachbar bereitstellen, wodurch die Vernachlässigung der Abschirmeffekte gerechtfertigt wird. Der Beitrag höherer Multipolmomente sowie der weiter entfernter Ketten und deren Gegenionen, welche der Abschirmung teilweise entgegenwirken, sind ebenfalls in guter Näherung vernachlässigbar. Eine Kette weist somit eine Wechselwirkungs-Energie von durchschnittlich 12 kBT mit ihren Nachbarn auf und kann demzufolge nicht als wechselwirkungsfrei angesehen werden. Dennoch bieten die Polyelektrolyte ein interessantes Studienobjekt, da solch stark kollabierte, neutrale Objekte häufig koagulieren und dann sedimentieren, wodurch sie sich der Beobachtung entziehen. Die Polyelektrolytketten stellen in diesem Parameterbereich eher kleine, ladungsstabilisierte Kolloide dar, an denen sich auch alle Kolloideffekte und deren Beeinflussung durch innere Freiheitsgrade für kleine Ladungszahl messen lassen sollten. Dies könnte hilfreich sein, die teilweise noch recht unterschiedlichen Erklärungsansätze der Kolloid- und der Polyelektrolytphysik näher zusammen zu führel1. Problematisch werden jedoch die inneren Freiheitsgrade der Kettenkonformation bleiben, welche für Polyelektrolyte von zentraler Bedeutung sind. Die sphärisch gemittelten Strukturfaktoren bestätigen ebenfalls den deutlichen Kollaps. Abbildung 5.15 entnimmt man die Entwicklung als Funktion der Dichte. Sowohl die Ketten mit p = 2 . 10-20--3 als auch diejenigen mit p = 2 . 10-30--3 sind durch kompaktere Strukturen charakterisiert als im Fall p = 2 . 10-1
0--3
. Auf kleinen Skalen (q > 1) zeigt selbst p = 2 . 10-40--3 einen größeren Exponenten. Um die wesentlichen Details genauer studieren zu können, zeigt Abbildung 5.16 die Bereiche großer bzw. kleiner q
124 Hydrophobe Polyelektrolyte
Abbildung 5.12: Schnappschuss der Simulationsbox und eine typische Polyelektrolytkonformation für p = 2 . 10-10'-3: Ladungen: hell, neutrale ]'\I!onomere: grau, Gegenionen: schwarz (rechts 1verden nur Ionen im Abstand 20' von der Kette berücksichtigt).
Abbildung 5.13: Schnappschuss der Simulationsbox und eine typische Polyelektrolytkonformation für p = 2 . 1O-2(j-3: Ladungen: hell, neutrale Monomere: gra.u, Gegenionen: schwarz (rec11ts werden nur Ionen im Abstand 30' von der Kette berüc1(sichtigt).
5.2 Variation der Dichte
30
20
.: /
/ 10
/
/
/
---+-------
-phil
13- - EI E LJ=O.5
+- - ---+ E LJ=1 .5
125
Abbildung 5.14: Anzahl der lwndensierten Gegenionen pro Kette als Funktion der Dichte bei NLad = 32 geladenen Monomeren pro Kette.
deutlicher aufgelöst. Eine kollabierte Kette weist einen Exponenten der Kettenausdehnung von l/ = ~ auf. Somit wird ein Abfall des Strukturfaktors mit einer logarithmischen Steigung von mindestens m = -3 erwartet. Für ein zweiphasiges System mit scharfen Phasengrenzen erhält man eine Proportionalität zu q-4 [172]. Für kompakte Kugeln und ähnliche Objekte sollte sich dieses Verhalten feststellen lassen. Während die Daten bei p = 2 . 1O-l a-3 durch den Exponenten l/ = ~ beschrieben werden, weisen die Ketten bei p = 2 . 1O-2a-3 und p = 2 . 1O-3a -3 eine klare Steigung von m = -4 auf (vergl. Abbildung 5.16 (rechte Graphik)). Dies ist ein erneuter Beleg für den ausgeprägten Kollaps der Ketten. ?\IIit zunehmender Verdünnung nimmt die Steigung ab, um bei p = 2 . 1O-6a -3
schließlich in m = -2 und somit Random \iValk-artigem Verhalten zu münden. Dieser Exponent reflektiert allerdings nur das effektive Ergebnis des Zusammenwirkens von elektrostatischer und hydrophober Wechselwirkung. Aus diesem Grund und dem stark eingeschränkten q-Bereich der Gültigkeit, lässt sich für dieses System lokal kein ausgeprägtes Random Walk-Verhalten feststellen, was man auch den Konformationsschnappschüssen entnehmen kann.
Die Strukturfaktoren enthalten aber noch ein weiteres Detail von ausgesprochener Wichtigkeit, welches das Studium der Konformationen nahelegt. Die Strukturfaktoren für hohe Dichten münden erwartungsgemäß bei kleinen q-Werten in den Guinier-Bereich mit der charakteristischen, quadratischen Abhängigkeit [83]. Die Lage der Kurven ist eine nichtmonotone Funktion der Dichte, was durch die unterschiedlich stark kollabierten Ketten hervorgerufen wird. Für niedrige Dichten (p = 2 . 1O-5a -3, p = 2 . 1O-6a -3) zeigen die Daten eine wohldefinierte zweite Längenskala, welche durch die elektrostatische Streckung und Versteifung der Ketten hervorgerufen wird. Äußerst interessant ist jedoch,
126 Hydrophobe Polyelektrolyte
10
p=10-' I I -- I I
SSP I
I p=10-2 I -----_._---- I I
I I ---- p=10-3 I
I I p=10-4
I I --- I I I
p=10-5 I I --- I
I I -- p=10-s I I I
I I I
I I I
10-2 10-' 10° 10' q
Abbildung 5.15: Sphä.risch gemittelter Strukturfaktor in Abhängigkeit von der Dichte. Die Vertikalen geben die zu den jeweiligen End-zu-End-Abständen gehörenden q-H1erte an: q = R 21f( )'
end P
dass der Exponent der Kettendimensionen auf diesen Skalen exakt v = 1 ist (s. Abbildung 5.16 (linke Graphik))! Dieser Wert lässt das steile Ansteigen des End-zu-End-Abstandes (vergl. Abbildung 5.11) verständlich werden. Weiterhin belegt er die prinzipiellen Strukturunterschiede zwischen hydrophilen und hydrophoben Polyelektrolyten. Hydrophile Polyelektrolyte zeigen selbst im Fall stärkster Wechselwirkung (vergl. Kapitell & 4) einen Exponenten v < 1, da die Entropie immer eine lokale Rauhigkeit hervorruft [16J. Erst ein "Renormierungsschritt " durch die Einführung der elektrostatischen Blobs (vergI. Abschnitt 1.5) liefert für starke Wechselwirkung Rend rv NBlob ' Diese Information liefert eine erste Idee der möglichen Struktur. Da die hydrophoben Monomere eine kompaktere Struktur bevorzugen, sollte sich eine höhere Linienladungsdichte ergeben, welche das Polyelektrolytmolekül stark ausrichtet. Gleichzeitig ist die unterliegende Kette nicht sehr flexibel, da die hydrophoben Monomere ihre energetisch sehr günstigen Kontakte (für die untersuchte Hydrophobizität immerhin E = 1.5 kBT pro Kontakt) nur ungern aufgeben. Durch die äussere Spannung, welche von den Ladungen hervorgerufen wird, erfahren die Kettenstücke eine gewisse Ausrichtung, welche die Anzahl der Kettenkonformationen und damit die Entropie der Kette weiter einschränkt. Dieses Verhalten ist Abbild des sogenannten "necklace"-Modells [173J. Dieses Modell sagt, zumindest für schwach geladene Polyelektrolyte, eine perlenkettenartige Struktur voraus, in welcher Anhäufungen von Monomeren, sogenannte Globules, durch dünne Verbindungsstege verknüpft sind (Abbildung 5.19 zeigt ein schönes Beispiel aus den vorliegenden Simulationsdaten). Dieser Zustand ist vorteilhaft, da die Globules ihre gegenseitige elektrostatische Wechselwirkungsenergie soweit als möglich minimieren. Die zu Grunde liegende physikalische Idee ist der Spaltung
5.2 Variation der Dichte
10
q
-p=10·'
.-.- p=10·'
---- p=10·'
__ • p=10-4
- __ p=10-Ö
10'
10'
StBigung: -4
10' Steigung: -3
Steigung: -2
127
-p=10·'
-"-'- p=10·'
---- p=10·'
--- p=10·<
___ p=10·S
_p=10·6
10' 10'
q
Abbildung 5.16: Details des sphä.risch gemittelten Strukturfaktors: links: kleine q- VVerte (Vertikalen wie in Abbildung 5.15, die gestrichelten Geraden besitzen die Steigung m =
-1); rechts: große q-liVerte (die Geraden besitzen die Steigungen m = -2, -3 bzw. -4).
eines geladenen Tröpfchens oberhalb der kritischen Ladungsdichte [174, 175] äquivalent bis auf die kovalente Bindung. Diese limitiert die Entfernung zwischen zwei Globules. In .Monte Carlo-Simulationen einzelner Ketten [173] konnten bei sehr kleinen Ladungsdichten die Entstehung von zwei bzw. drei Globules beobachtet werden. Dabei trug jedes Monomer eine fraktionelle Ladung und es wurden keine Gegenionen berücksichtigt, wodurch viele wesentliche Effekte nicht betrachtet werden können.
Die folgenden Abbildungen 5.17, 5.18, 5.19 und 5.20, welche für die Dichten p = 2 . 10-30--3 , 2 . 10-40--3 , 2 . 10-50--3 & 2 . 10-60--3 jeweils einen Konfigurationsschnappschuss sowie eine typische Polyelektrolytkonformation darstellen, belegen die obige Argumentation eindrucksvoll. Zusammen mit den Abbildungen 5.12 und 5.13, welche für p = 0.20--3 & 2 . 10-20--3 die gleichen Größen wiedergeben, liefern die Darstellungen einen anschaulichen Überblick über die Entwicklung der Polyelektrolyte als Funktion der Dichte.
Für die höchste Dichte, welche die gelartige Struktur hervorbringt, findet sich ein breites Spektrum von nahezu kollabiert bis zu nahezu "necklace "-artig. Die Konformation des einzelnen Moleküls hängt stark von der Umgebung ab. Abbildung 5.12 zeigt einen typischen, mittleren Vertreter. Ivlan erkennt sofort, dass die Ketten bei weitem nicht so stark kollabiert sind wie für p = 2 . 10-20--
3 (s. Abbildung 5.13), "vo kompakte Objekte vorliegen. Die Konformationen für p = 2 . 10-30--3 sind ebenfalls noch verhältnismäßig kompakt, zeigen allerdings bereits Anzeichen einer Instabilität und nehmen die Gestalt eines kurzen, dicken Schlauchs an. Für p = 2 . 10-4
0--3 ist die bevorzugte Struktur hantelartig, wobei die Verbindung teilweise noch relativ dick ist. In Abbildung 5.19 (p = 2 . 10-50--3 ) dominiert die elektrostatische Wechselwirkung erstmals deutlich über
128 Hydrophobe Polyelektrolyte
..
Abbildung 5.17: Schnappschuss der Simulationsbox und eine typische Polyelektrolytlwnformation für p = 2 . 1O-3(J-3: Ladungen: hell, neutrale I'vlonomere: grau, Gegenionen: schwarz (rechts werden nur Ionen im Abstand 5(J von der Kette berücksichtigt) .
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Abbildung 5.18: Schnappschuss der Simulationsbox und eine typische Polyelektrolytkonformation für p = 2 . 1O-4(J-3: Ladungen: hell, neutrale I'vlonomere: grau, Gegenionen: schwarz (rechts werden nur Ionen im Abstand 10(J von der Kette berücksichtigt).
5.2 Variation der Dichte
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Abbildung 5.19: Schnappschuss der Simulationsbox und eine typische Polyelektrolytkonfonnation für p = 2 . 1O-5a-3 : Ladungen: hell, neutrale J..;[onomere: grau, Gegenionen: schwarz (rechts werden nur Ionen im Abstand 10a von der Kette berücksichtigt) .
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Abbildung 5.20: Schnappschuss der Simulationsbox und eine typische PolyelektrolytkonfOTmation für p = 2 . 1O-6a-3 : Ladungen: hell, neutrale J..;[onomere: grau, Gegenionen: schwarz (rechts werden nur Ionen im Absta.nd 10a von der Kette berücksichtigt).
130 Hydrophobe Polyelektrolyte
die Hydrophobizität und es entstehen perlenkettenartige Moleküle mit zwei bis vier Perlen. Diese stellen den eindeutigen Beleg der Gültigkeit des "necklace "-Modells auch für stark geladene Polyelektrolyte dar. Bei p = 2 . 1O-6(j-3 (s. Abbildung 5.20) gewinnt die eletrostatische Abstoßung die Oberhand und zieht die Ketten zu einer Art "Blobstange" auseinander. Eine gewisse "necklace"-artige Struktur bleibt jedoch durch die nach wie vor starke Affinität der neutralen Monomere zur Zusammenlagerung erhalten. Einzelne kondensierte Gegenionen, von denen es auch bei diesen niedrigen Dichten noch durchschnittlich drei pro Molekül gibt, verstärken diesen Effekt weiter. Die Perlen sind jedoch kleiner als zuvor und wesentlich stärker ausgerichtet. In Abbildung 5.20 erfasst man intuitiv die" blob" bzw. "necklace "-artige Struktur und kann somit auf Basis der Resultate von Abschnitt 1.5 den linearen Verlauf des Strukturfaktors verstehen. Gleichzeitig impliziert dieses Verhalten den Zusammenbruch des "necklace"-Modells für große Bjerrum-Längen, große Ladungsdichten und schwache Abschirmung, also absolute Dominanz der elektrostatischen Wechselwirkung. Die für größere Ladungsdichten vorhergesagte, zylindrische Struktur [173] bildet sich bei stärkerer elektrostatischer Wechselwirkung ebenfalls nicht aus. Es ist jedoch offensichtlich, dass auch im Fall hydrophober Polyelektrolyte im Limes p --+ 0 keine stangenartige Konformation zu erwarten ist, da das Zusammenwirken von Intrakettenentropie (s. auch Kapitel 4) und hydrophober 'iVechselwirkung immer eine komplette Streckung des Moleküls verhindern wird (solange f < 1).
Damit wurden erstmalig die Struktur und Eigenschaften von hydrophilen sowie stark hydrophoben Polyelektrolyten in einem konsistenten Zugang in Relation zueinander gesetzt. Durch die Variation der Dichte konnte die ganze Bandbreite möglicher Konformationen der stark hydrophoben Polyelektrolyte in salzfreier Lösung ausgelotet werden. Da die Polyelektrolytdichte eine experimentell gut zugängliche Größe ist, sollten sich die Vorhersagen dieses Abschnittes experimentell gut überprüfen lassen. Da detaillierte Nlessungen an den einzelnen f\/Iolekülen optimal wären, eignet sich unglücklicherweise ein großer Teil der in der Literatur dargelegten Daten nicht zum quantitativen Vergleich mit den vorliegenden Simulationen. Sofern Strukturdaten angegeben werden, beschränken sich die Messungen häufig auf den Strukturfaktor des gesamten Systems, wodurch eine genaue Unterscheidung der möglichen Strukturen oft nicht durchführbar ist. Das massive Schrumpfen der vorliegenden Strukturen wird qualitativ beobachtet. Auf Grund der in Kapitel 4 aufge-
,zeigten finite size-Probleme stellt sich nur eine eingeschränkte Analyse des Strukturfaktors der Monomer-Paarkorrelation über alle Ketten als sinnvoll dar. Bei hohen und mittleren Dichten zeigt die Größe ein Maximum, dessen Position sich mit abnehmender Dichte zu kleineren q hin verschiebt. Der Befund ist mit dem experimentellen Resultat q rv d, welches erneut nur für hohe Dichten gilt, nur bedingt verträglich [165,171]. Die Bestimmung des Exponenten der Dichteabhängigkeit ist erneut aus Genauigkeitsgründen kritisch (vergl. Abschnitt 4.2.2). Ein Vergleich extremer Dichtewerte sollte den Einfluss der Ungenauigkeiten bei der Bestimmung des Maximums reduzieren. Die Dichten p = 2 . 10-1
(j-3
und p = 2 ·1O-2(j-3 erbringen im Vergleich mit p = 2 ·10-5(j-3 und p = 2 ·10-6(j-3 effektive Exponenten zwischen v = ~ und v = ~. Diese sind deutlich kleiner als die experimentellen Werte, welche jedoch nur für relativ hohe Dichten vorliegen. Zur Frage, ob diese Exponenten charakteristisch für den Strukturwandel der Polyelektrolyte als Funktion der Dichte sind, kann auf Grund der Ungenauigkeiten und möglicher finite-size-Effekte zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussage gemacht werden.
5.2 Variation der Dichte 131
Dennoch kann die vorliegende Untersuchung zur Erklärung experimenteller Befunde direkt beitragen. Die zitierten, experimentellen Arbeiten [165, 171] zeigen mittels N eutronen-
1 und Röntgenkleinwinkelstreuung, dass es Abweichungen von dem Verhalten q rv p-z gibt. Für ein hydrophobes lVIolekül wurde ein effektiver Exponent der Dichteabhängigkeit des Strukturfaktors von l/ = 0.4 gemessen [165,171]. Analog zu hydrophilen Polyelektrolyten wird die Position des l\lIaximums mit der Korrelationslänge im System identifiziert, welche proportional zu rD rv p-O.5 sein sollte. Abbildung 5.14 entnimmt man eine stark dichteabhängige Gegenionenkondensation. Diese zieht eine geringere effektive Ladungsdichte für hohe Dichten nach sich, welche sich als veränderte Abschirmlänge bemerkbar macht. Nimmt man in erster Näherung an, dass die kondensierten Gegenionen eine gleiche Anzahl von Ladungen auf der Kette neutralisieren, so ergeben sich für p = 2 . 1O-2a -3 eine effektive Anzahl von nur noch sechs freien Ionen pro sechsfach geladenem Molekül und somit insgesamt nur noch 12 relevante Ladungen statt 64. Zieht man diesen Effekt in Betracht, so ergeben sich effektive Exponenten der Dichteabhängigkeit der Abschirmlänge von ca. l/ = 0.4 für hydrophobe Polyelektrolyte (vergl. Anhang B.7). Die hydrophilen Systeme ergeben einen leicht höheren Exponenten l/ = 0.45, da die Gegenionenkondensation schwächer ist und eine andere Charakteristik als Funktion der Dichte aufweist. Im Fall p = 2 . 1O- l a-3 und p = 2 . 1O-2a-3 liegt nahezu die gleiche Anzahl kondensierter Ionen vor. Daher wird die effektive Ladungsdichte nur durch den Volumenwechsel beeinflußt, wodurch der Exponent l/ = 0.5 bedingt wird. Die Simulationen legen somit nahe, dass ein wesentlicher Parameter, welcher die Dichteabhängigkeit des Strukturfaktormaximums bestimmt, die Anzahl der kondensierten Gegenionen ist, da dieser die effektive Ladungsdichte steuert. Dies gilt zumindest im Bereich höherer Dichten, wo die Streuung durch den Radius des Korrelationsloches bestimmt ist.
Die Argumentation deckt sich gut mit den experimentellen Resultaten für hydrophobe Ketten [165]. Das unterschiedliche Verhalten hydrophiler Systeme läßt sich auf der Basis des oben erläuterten ebenfalls leicht verstehen. Das untersuchte hydrophile Molekül ist im gesamten betrachteten Konzentrationsbereich von einer festen Ladungsdichte gekennzeichnet, welche dem Manning-Kriterium zu folgen scheint. Aus diesem Grund wird die Ladungsdichte nur durch den Volumenzuwachs verändert, worauf die Proportionalität zur Wurzel der Konzentration beruht. Die hydrophobe Kette zeigt hingegen eine starke Abhängigkeit der wirklichen, freien Ladung im System von der chemisch möglichen Ladung. Die Variation der chemischen Ladungsdichte wird durch die Synthese von BlockCopolymeren realisiert. Diese besitzen eine unterschiedliche Anzahl neutraler Monomere zwischen den l\lIonomeren, welche Ladungen ab dissoziieren können. Unglücklicherweise ist die Beziehung zwischen der chemischen Ladungsdichte fehem und der real in der Lösung vorhandenen fphys für hydrophobe Polyelektrolyte völlig unklar. In Referenz [165] wird gezeigt, dass für sulfoniertes Polystyrol mit Natrium-Gegenionen (NaPSS) für fehem = 0.38 mittels des osmotischen Drucks ein j~hys = 0.04 ermittelt wird. Diese Diskrepanz zeigt, dass hier Kondensationsphänomene eine wichtige Rolle spielen. Da die untersuchten, chemischen Ladungsdichten fehem 2=: 0.3 weit oberhalb der Manning-Schwelle liegen, wird deutlich, dass stark kontrahierte Objekte vorliegen müssen. Allerdings ist die Verteilung der Ladungen entlang der Kette nicht exakt definiert, da die Sulfonierung der PolystyrolMoleküle erst nach der Polymerisation durchgeführt wurde. Unklar bleibt auch die quantitative Gültigkeit der Bestimmung der freien Ladungen mittels des osmotischen Drucks.
132 Hydrophobe Polyelektrolyte
Bis auf Konstanten sollte gelten [165]:
TI pKBT f"V 2 * (NLad - Ne)) (5.4)
Dies bedeutet, dass das Verhältnis aus osmotischem Druck und der Dichte im Wesentlichen die Anzahl freier Ladungen widerspiegelt. Diese Größe weist in den zitierten Experimenten einen sehr schwachen Anstieg mit zunehmender Dichte auf, woraus geschlossen wurde, dass die Dichte keinen Einfluss auf die Kondensation hat. Die Simulationen zeigen eindeutig, dass Ne deutlich mit der Dichte zunimmt, obwohl .!I im experimentell
p
relevanten Dichtebereich um Pes (vergl. Abschnitt 4.2.1) leicht anwächst. Zusammenfas-send bleibt festzuhalten, dass eine verstärkte Gegenionenkondensation, wie sie vor allem bei hydrophoben Polyelektrolyten auftritt, die Variation des Streuvektors des Strukturfaktormaximums als Funktion der Dichte zu erklären vermag oder doch zumindest eine der wesentlichen Ursachen ist. Die effektive Dichte freier Ladungen erweist sich als für die Strukturen relevant. Daher bleibt die Forderung nach einer verfeinerten experimentellen IvIethode, um die freien Ladungen im System verläßlich quantitativ bestimmen zu können.
20
15
10
5
o 0.0 0.2 0.4
q 0.6 0.8
Abbildung 5.21: Strukturfaktor der GegenionemTerteilung als Funktion der Dichte. Man erkennt deutlicll die sich ausprägende Struktur, welche bei niedrigen Dichten in einen homogenen Hintergrund übergeht.
Streumethoden mit Kontrastvariationsverfahren könnten zumindest für bestimmte, gut geeignete Systeme einen Weg eröffnen, mehr Informationen über die Verteilung der Gegenionen in der Lösung zu erhalten. Schwere Ionen mit hoher Kernladungszahl sollten sich für Röntgen- und Synchrotronmethoden anbieten, da ihr Kontrast den der Kettenatome deutlich übersteigen kann. Aus den Simulationsdaten lässt sich leicht die Strukturfunktion der Gegenionen extrahieren (vergl. Abbildung 5.21). Da die Gegenionen beweglicher und
5.2 Variation der Dichte 133
zahlreicher als die Ivlakroionen sind, lässt sich deren Verteilung im System weitaus besser auflösen, so dass interessante Details analysierbar sind. Die Verteilung ist zumindest für mittlere und höhere Dichten eindeutig mit derjenigen der Polymere gekoppelt und weist eine ausgeprägte Struktur auf. Für p = 2· 1O-1
(}-3 ist die Streuung relativ schwach und ohne klare Struktur. Dies ist der Streuung an den Nlonomeren analog und reflektiert die auf großen Abständen verhältnismäßig homogene Ladungsverteilung im Mikrogel. Im mittleren Dichtebereich prägt sich ein deutliches Maximum (und solche höherer Ordnung) aus, welches mit abnehmender Dichte zu kleinerer q-Werten wandert. Für p = 2· 1O-5(}-3
verliert das Maximum deutlich an Intensität, da die Ketten stark gestreckt werden und nur noch wenige Ionen kondensiert sind. Die restlichen Ionen verteilen sich im NIittel verhältnismäßig homogen und bilden nur noch einen konstanten Hintergrund aus. Die Dichte p = 2 . 1O-6
(}-3 zeigt keine interpretierbare Struktur mehr. Abbildung 5.21 fasst diese Tendenz zusammen.
Für größere q (q ~ 1.0) weisen die Strukturfaktoren ein NIinimum auf, welches mit zunehmender Dichte tiefer ~wird (s. Abbildung 5.22). Diese NIinima können als Korrelationsloch von Gegenionenhüllen interpretiert werden. Direkt um das Polyelektrolytmolekül herrscht eine hohe Gegenionendichte, sofern die Gesamtkonzentration nicht zu niedrig ist. Diese "Schale aus Ladungen" schirmt die Polyelektrolytladung ab und wechselwirkt repulsiv mit anderen Gegenionen, so dass sich direkt außerhalb dieser "Hülle" eine geringere Aufenthaltswahrscheinlichkeit für weitere Gegenionen ergibt. Aus Abbildung 5.23 entnimmt man, dass sich bei den höchsten Dichten sogar ein z~weites 1\!Iaximum bei noch höheren q-Werten beobachten lässt. Der q-Wert des Maximums stimmt in etwa mit dem Gyrationsradius der Ketten überein, so dass man ein Abbild der Korrelation zwischen den Ionen in einer Gegenionenhülle erhält. Die Amplitude ist jedoch gering und die Position nicht sehr genau zu bestimmen, so dass hier nur der qualitative Effekt Erwähnung finden soll. Erst für die kleinste Dichte tritt ein durchgehend flaches Profil auf, ~welches einen absolut homogenen Hintergrund belegt.
Schwieriger ist der Vergleich mit Experimenten in Bezug auf den Strukturfaktor der einzelnen Kette, da diese Messungen sehr schwierig sind und daher nur wenige, verläßliche Datensätze vorliegen [159]. Aktuelle Experimente [85] haben mit Neutronenstreuung den Strukturfaktor der einzelnen Kette analysiert. Als zentraler Parameter wurde erneut die chemische Ladungsdichte fehern variiert. Die oben zitierten Schwierigkeiten mit der Interpretation dieser Größe zeigen, dass man sich bei der Analyse der Daten absolut nicht sicher sein kann, wie sich die Variation der chemischen Ladungsdichte auswirkt. Die Polyelektrolytdichte wurde leider nur einmal um einen Faktor zwei variiert. Die Ergebnisse unterscheiden sich erwartungsgemäß nicht sehr stark voneinander. Die vorliegenden Simulationen legen jedoch nahe, dass eine systematische Variation der Dichte ein geeignetes Mittel ist, um unter festen sonstigen Randbedingungen den Konformationswechsel hydrophober Polyelektolyte durch einen sehr genau kontrollierbaren Parameter zu induzieren und zu studieren. In den experimentellen Veröffentlichungen findet sich im Allgemeinen das Fazit, dass die Daten hydrophober Polyelektrolyte quantitativ mit keiner analytischen Theorie in Verbindung zu bringen sind. Da die analytischen Zugänge meist an einer Stelle gaußsche Statistik voraussetzen müssen, um das Problem zu lösen, bietet sich auch der quantitative Vergleich mit den Simulationsdaten nicht an. Gaußsche Statistik ist für die hydropho-
134
o 0.6 0.8 1.0 1.2 1.4
q
Hydrophobe Polyelektrolyte
-_ p=10-1
............ p=10-2
____ p=10-a
___ p=10-4
p=10-S
__ p=10-6
1.6 1.8
Abbildung 5.22: Das Minimum des StrukturfaktOTs der Gegenionenyerteilung bei q ~ 1.0 spiegelt die Korrelatiol1sliicke der Gegenionenwolken wider.
ben Polyelektrolyte auf keiner Skala nachweisbar. Es bleibt somit nur der im Bereich starker elektrostatischer vVechselwirkung recht erfolgreiche Vergleich mit den qualitativen Vorhersagen des "necklace"-Modells [173]. Langfristig sollte die vorliegende Analyse auf die Bestimmung des gesamten Phasendiagranuns ausgeweitet werden, um eine Parametrisierung für reale Polymere angeben zu können. Hierzu muss die Bedeutung des Parameters ELJ festgelegt werden. Basierend auf dieser Information könnten dann quantitative Vorhersagen getroffen werden. Im Falle der Polyelektrolyte sind jedoch weitere Schwierigkeiten zu beheben. Zunächst sollte jedes 1/Ionomer die Möglichkeit besitzen, ein Gegenion in die Lösung abzugeben. Es läge dann keine feste Ladungsverteilung mehr vor, sondern das System würde diese abhängig von seinem Zustand selbst wählen. Diese Eigenschaft lässt sich durch die Verwendung eines chemischen Potentials, welches die Dissoziation der Ionen steuert, in die Simulation integrieren. Weitaus gravierender ist ein dritter, experimenteller Befund, welcher im Grunde völlig unverstanden ist. Die chemische Natur der Gegenionen beeinflusst bei gleicher Valenz grundlegende Eigenschaften einer Reihe von Polyelektrolytmolekülen, wie z.B. die Löslichkeit oder die Polymerradien. (Der Austausch von Na+ gegen Cs+ fällt NaPSS in einem bestimmten Dichteintervall aus der Lösung aus. Gleiches gilt für Poly-2-Vinylpyridin unter A usta usch von F-, CI- oder Br-, gegen J - . ) Mögliche Erklärungen sind u. a. eine Komplexierung der Kette durch bestimmte Ionen ähnlich den Effekten multivalenter Ionen oder eine echte Ionenbindung, welche die Wechselwirkung auf eine Dipolwechselwirkung reduziert. Da die Effekte nicht immer monoton von der Ordnungszahl des Gegenions abhängen, ist die Ionengröße und die damit verbundene Polarisierbarkeit als Erklärung im Allgemeinen nicht ausreichend. Eine geeignete Parametrisierung muß der Wechsel-
5.2 Variation der Dichte 135
1.0
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p=10-1
SF I \ ----0.9 I \
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0.8 1.2 1.4 1.6 1.8 2.0 2.2 2.4 2.6 2.8 3.0
q
Abbildung 5.23: Das zweite Maximum des StrulctuTfalctors der Gegenionenvel'teilung l'eflektiert diTelct die Gegenionenhülle. Die waagerechten Linien dienen nur del' Hervmhebung.
wirkung der Gegenionen mit dem l\lIakroion Rechnung tragen. Einen vielversprechenden Zugang stellt die Generierung von effektiven Bindungspotentialen der Gegenionen durch einen längenskalenabhängigen Zugang dar. Beginnend mit einer quantenchemischen Analyse der Wechselwirkung zwischen einem oder mehreren Gegenionen und zunächst einem Monomer und später einem kleinen Oligomer sollen die Energieverhältnisse geklärt werden. Diese Information wird in einer atomistischen Simulation eines kleinen Kettenstückes mit Gegenionen und expliziten Lösungsmittelteilchen verarbeitet, um die freie Energie zu charakterisieren. Aus diesen Simulationen sollte sich ein sogenanntes "potential of mean force", also ein effektives Potential für die Bindung, ableiten lassen. Charakteristische Unterschiede in diesem Potential für verschiedene Gegenionen und eine Parametrisierung der Hydrophobizität sollten die experimentellen Daten nahezu quantitativ beschreiben, die oben erwähnten, ungewöhnlichen Verhaltensweisen widerspiegeln und zu deren Erklärung beitragen. Erste quantenchemische Rechnungen [176] für ein PSS--Monomer und ein Na+- bzw. ein Cs+-Ion sind recht ermutigend. Die vorliegende Arbeit legt die Grundlagen für diese Projekte. So ist z.B. die Bestimmung des B-Punktes der neutralen Kette hierfür eine wesentiche Voraussetzung. Der Aufwand zur Realisierung sollte allerdings eine eigenständige Doktorarbeit übersteigen und würde daher den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen. Trotz der möglichen Abhängigkeiten von der chemischen Natur des Systems sind die generischen Eigenschaften der Polyelektrolyte von zentraler Bedeutung und meist ausreichend, um Vergleiche mit dem Experiment zu ziehen (vergl. z.B. [16]). Deshalb stellt der Vergleich der vorliegenden Daten mit dem Experiment den ersten wichtigen Schritt auf dem Weg zur Parametrisierung konkreter chemischer Polyelektrolytmoleküle
136 Hydrophobe Polyelektrolyte
dar.
5.3 Zusammenfassung
Im Rahmen dieses Kapitels wurde der Einfluss der hydrophoben Natur der neutralen Monomere, welche in den meisten experimentell untersuchten Polyelektrolyten eine relevante Rolle spielt, untersucht. Die Parametrisierung der elektrostatischen Wechselwirkung wurde an sulfoniertes Polystyrol angelehnt. Zunächst musste als Ausgangspunkt der e-Punkt der neutralen Kette bestimmt werden. Dieser wurde mittels einer Skalenanalyse des End-zu-End-Abstandes zu ELJ = 0.34 ± 0.02 festgelegt. Die spezifische Wärme erwies sich als weniger geeignet zur Lokalisierung des Phasenübergangspunktes. Weiterhin wurde die Wechselwirkungsstärke der Hydrophobizität, für welche der End-zu-End-Abstand des untersuchten Systems dem eines neutralen Random Walks entspricht, bestimmt. Für die Dichte p = 10-4
0--3 ergibt sich ELJ,phob = 1.51 ± 0.03. Somit ist eine natürliche Einteilung in schwach und stark hydrophobe Polyelektrolyte möglich. ELJ,phob = ~ als Vertreter der schwach hydrophoben Ketten zeigt ein auf großen Skalen den hydrophilen Molekülen sehr ähnliches Verhalten. Lokal sind die Ketten auf Grund der Anziehung zwischen den neutralen Monomeren etwas kompakter, wodurch sie im Bereich niedrige Dichten auch für globale Größen (z.B. Rend ) etwas kleinere Absolutwerte aufweisen. Der Einfluss einer schwachen Hydrophobizität vermag jedoch bei geeigneter Parametrisierung deutliche Effekte hervorzubringen. Dies belegt die Variation der Bjerrum-Länge AB. Eine Erhöhung bewirkt zunächst eine Ausdehnung der Kette auf Grund der stärkeren Abstoßung der Monomere. Danach setzt eine Kontraktion ein, welche sich durch die Kondensation der Gegenionen begründet. Dieser von hydrophilen Polyelektrolyten bekannte Effekt tritt für hydrophobe Ketten wesentlich schneller und prononcierter zu Tage. Um die Effekte des Wechselspiels starker Hydrophobizität mit der Coulomb-Wechselwirkung zu studieren, wurde ELJ = 1.5 genutzt. Die betrachteten Polyelektrolyte "veisen bei diesem Parameter und p = 10-40--3 einen "e "-Punkt auf, so dass durch Dichtevariation sowohl dominierende Elektrostatik als auch bestimmende Hydrophobizität beobachtet werden kann. Für hohe Dichten ist die elektrostatische Abstoßung stärker abgeschirmt, wodurch die Anziehung der Monomere überwiegt und einen starken Kollaps hervorruft. Für die größte Dichte (p = 2 . 10-10--3 ) führt die topologische Behinderung der Ketten zum Kollaps in einen gelartigen Zustand, der durch hydrophobe Interkettenwechselwirkungen stabilisiert wird. Die Erniedrigung der Dichte (p :S 10-4
0-3
) bewirkt eine stärkere Streckung der Ketten. Eine "necklace "-artige Struktur konnte auch für dieses stark geladene Polyelektrolytsystem bei p = 2 . 10-50--3 nachgewiesen werden. Eine weitere Verringerung der Abschirmung führt zu einer stark gestreckten Konformation, in der die Anhäufungen der Monomere kleiner werden. Die Intrakettenentropie und die hydrophobe Wechselwirkung verhindern jedoch die totale Streckung. Dennoch weisen die Radien in diesem Regime niedriger Dichten enorme Steigerungsraten und die Strukturfaktoren eine lineare q-Abhängigkeit (1/ = 1) auf. Lokal verursacht die hydrophobe Wechselwirkung immer eine vergleichsweise kompakte Struktur (mit Ausnahme der Stege zwischen den Globules), welche durch kondensierte Gegenionen noch verstärkt wird. Damit ist sie den
5.3 Zusammenfassung 137
Blobstangen in Kapitell ähnlich, wodurch sich die Ergebnisse auch anschaulich verstehen lassen. Der Vergleich mit experimentellen Resultaten bezüglich des Strukturfaktors der MonomerPaarkorrelation verdeutlicht, dass es von entscheidender Bedeutung ist, den Ladungszustand des Systems gen au zu kennen. Effekte, welche auf der Kondensation der Gegenionen beruhen, spielen insbesondere für hydrophobe Polyelektrolyte eine wesentliche Rolle bei der Interpretation der Daten. Der Strukturfaktor der Ionenverteilung untermauert dies eindrucksvoll. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Einfluss einer starken Hydrophobizität die Konformation der Polyelektrolytketten qualitativ verändert. Der direkte Vergleich mit hydrophilen Systemen erlaubt einen neuen Einblick in die Struktur der Moleküle. Es wurde sowohl der Kollaps der Einzelkette bzw. der Kollaps des Gesamtsystems in ein physikalisches Gel bei hohen Dichten, als auch die Streckung und perlenkettenartige Konformation bei niedrigen Dichten in Polyelektrolyt-Lösungen beobachtet. Die Simulationen legen die Polyelektrolytdichte als hervorragend geeigneten zu variierenden Parameter für zukünfige Experimente nahe. Sie ist experimentell gut zu kontrollieren und erlaubt den Verzicht auf eine Variation allel' weiteren, teilweise schwierig zu beurteilenden Randbedingungen. Den Streumethoden, welche ein detailliertes Abbild der Kettenstruktur liefern können, ist zwar der Bereich extremer Verdünnung nach wie vor unzugänglich, aber mit der steigenden Qualität neuerer Experimente sollte in naher Zukunft eine Überprüfung eines großen Teiles der hier dargestellten, wesentlichen Eigenschaften möglich sein.
138 Hydrophobe Polyelektrolyte
Kapitel 6
Zusammenfassung und Ausblick
In der vorliegenden Arbeit wurden Polyelektrolyte, also elektrisch geladene lVIakromoleküle, mit der Methode der Computersimulation untersucht. Dabei wurden sowohl die grundlegenden analytischen Modelle als auch experimentell relevante Systeme studiert. Zu Beginn wurde eine Analyse der flexiblen Einzelkette im Rahmen der Debye-HückelTheorie durchgeführt. Die Konformation dieser Moleküle ist theoretisch stark umstritten und experimentell nur ausgesprochen schwierig zugänglich. In Kapitel 1 wurden die Vorhersagen der analytischen Zugänge für flexible Ketten auf ihre Gültigkeit hin überprüft. Zunächst wurde eine Streckung auf allen Längenskaien beobachtet. Aus dem Skalenverhalten und aus den Strukturfaktoren läßt sich erkennen, dass die untersuchten Konformationen von Blobstangen bis zu Self Avoiding Walks reichen und somit der gesamte relevante Parameterraum ausgelotet wird. An keiner Stelle konnte Random Walk-Verhalten gefunden werden, auch nicht in der Strukturfaktorkomponente senkrecht zur 1. Hauptträgheitsachse. Dies stellt einen ersten, wichtigen Unterschied zu allen analytischen Beschreibungen dar. Als zentrales Kriterium wurde die elektrostatische Persistenzlänge L e
und deren Abhängigkeit von der Abschirmlänge herangezogen, da diese im Zentrum aller analytischen Zugänge steht. l\lIit Hilfe verschiedener Methoden wurde gezeigt, dass keine der vorgeschlagenen Beschreibungen die Konformation der Ketten auch nur annähernd exakt beschreibt. Die Persistenzlänge skaliert sublinear mit der Abschirmlänge
1 L ("V - mit y < 1
e ",y
wobei y = y(b, "') eine Funktion der Systemparameter ist. Es liegt somit kein universelles Potenzgesetz vor. Die analytischen Zugänge hatten y = 2 (s. Abschnitte 1.2.1, 1.2.2.1 und 1.2.2.3) bzw. y = 1 (s. Abschnitt 1.2.2.2) vorgeschlagen. In Kapitel 2 wurden diese Untersuchungen durch die Einführung einer intrinsischen Steifigkeit erweitert. Es ergaben sich drei Regimes in Abhängigkeit von der intrinsischen Steifigkeit. Im Fall flexibler Ketten dominiert die elektrostatische Persistenzlänge die Konformation und das in Kapitell beschriebene Verhalten wird bestätigt. Im Fall extrem steifer Moleküle, welche durch ausgesprochen große intrinsische Persistenzlängen L o » L e
ausgezeichnet sind, spiegelte sich das OSF-Verhalten (vergl. Abschnitt 1.2.1) wider. Im Übergangsbereich liegt ein kontinuierlicher Übergang von flexiblem zu steifem Verhalten vor. Im Fall vergleichbarer intrinsischer und elektrostatischer Persistenzlängen resultiert
140 Zusammenfassung und Ausblick
eine näherungsweise lineare Abhängigkeit von /'1,-1. Die Gesamtpersistenzlänge ·wurde aus dem langreichweitigen Zerfall der Bindungswinkelkorrelationsfunktion bestimmt. Diese Methode erwies sich als die mit Abstand sensitivste. Der elektrostatische Anteil wurde durch Subtraktion von La berechnet. Die Angabe der Definition der Persistenzlänge ist wichtig, da die Untersuchungen zeigen, dass die Konformation der Polyelektrolytketten zwei relevante LängenskaIen aufweist, welche sich wechselseitig beeinflussen. Damit ergibt sich als zentrales Resultat dieses Abschnittes die Forderung nach längenskalenabhängiger, theoretischer Beschreibung und q-abhängigen Experimenten im relevanten Bereich. Einfache Modelle, welche nur eine Persistenzlänge enthalten, spiegeln die Kettenstruktur nicht exakt wider. Erste Experimente zeigen eine semiquantitative Übereinstimmung mit den Simulationen. Ähnliche experimentelle Untersuchungen für Moleküle mit anderer intrinsischer Steifigkeit wären sehr wünschenswert. In einer ersten Erweiterung des Debye-Hückel-Modells ·wurden die Positionen der Ladungen entlang der Kette nicht mehr äquidistant, sondern zufällig gewählt. Erwartungsgemäß ergeben sich für die untersuchte Kettenlänge auf großen LängenskaIen nur relativ kleine Unterschiede. Die Bindungswinkelkorrelationsfunktionen verdeutlichen jedoch das qualitativ unterschiedliche Verhalten zu den bisher betrachteten Systemen. Ein Studium der eingefrorenen Unordnung erscheint lohnenswert. Diese Frage wird im Rahmen eines Volkswagen-Stipendiums in der Arbeitsgruppe am MPI für Polymerforschung in Mainz weiter untersucht.
Die vorliegende Arbeit legt den Schwerpunkt im zweiten Teil auf die Simulation von Polyelektrolytlösungen unter expliziter Berücksichtigung der Gegenionen und Verwendung des Coulomb-Potentials. Das Kapitel 3 enthält eine Abwägung der aktuellen Methoden zur Berechnung langreichvveitiger vVechselwirkungen. Es erweist sich, dass die PMEj'dethode die geeignete ist. Da keine anwendbaren, analytischen Fehlerabschätzungen als Funktion der Parameter bekannt sind, wird in Kapitel 3 auf Basis der Fehlerabschätzungen der Ewald-Summe eine empirische Optimierung durchgeführt und dokumentiert. Auf dieser Basis kann gezeigt werden, dass die PME-Methode ab ca. 720 Ladungen für niedrige und mittlere Dichten schneller als die sphärische Approximation an die Ewald-Summe ist, welche bisher die schnellste Methode darstellte.
Im vierten Kapitel wird zunächst eine einzelne Kette unter e-Bedingungen mit explizit simulierten Gegen- und Salzionen betrachtet. Die Resultate passen sehr gut zu den in Kapitell gefundenen und belegen damit die experimentelle Relevanz dieser Ergebnisse. Diese wird auch durch die Simulation hydrophiler Polyelektrolyte in gutem Lösungsmittel in Kapitel 5 weiter untermauert. Das Debye-Hückel-Potentialliefert im Limes verschwindender Polymerkonzentration und deutlich von Null verschiedener Salzkonzentration eine brauchbare Beschreibung des Systems auf großen Skalen. Auf kleinen LängenskaIen wird die Abschirmung deutlich überschätzt. In der Literatur findet sich das gegenteilige Resultat für mehrere Polyelektrolyte und deren Gegenionen [28]. Somit werden die Grenzen der Anwendbarkeit des Debye-Hückel-Zuganges deutlich. Es wird ein möglichst homogener Hintergrund an Salzionen vorausgesetzt (vergl. Ableitung in Abschnitt 1.1). Wenn der Einfluss der anderen Ladungen durch eine effektive Abschirmlänge beschrieben werden kann, dann muß diese der Natur der wechselwirkenden Spezies gerecht werden. Anschließend wurden erstmals große Systeme aus 200 hydrophilen Polyelektrolytketten mit bis zu 12800 Ladungen simuliert. Zunächst wurde der Einfluss der Systemgröße auf die lokalen
Zusammenfassung und Ausblick 141
Größen studiert. Es sind keinerlei klassische finite-size-Effekte beobachtbar. Es werden allerdings physikalische finite-size-Effekte auf Grund der verhältnismässig kurzen Ketten beobachtet. Hierbei ist das Wechselspiel von Konturlänge und Ladungszahl einerseits sowie der Abschirmlänge andererseits von zentraler Bedeutung. Die Effekte sind den in Kapitell gefundenen völlig analog. Globale Größen sind bezüglich der technischen finitesize-Effekte weitaus empfindlicher. Die Analyse von Ordnungsphänomenen bei niedrigen Dichten erweist sich mit MD-Methoden als ausgesprochen schwierig, da selbst nach 106
lVID-Schritten noch deutlich die Signatur der Anfangskonfiguration erkennbar ist. Auch die zusätzliche Einführung eines Monte Carlo-Moves, welcher das Molekül als Ganzes in seinem Korrelationsloch verschiebt, konnte in 1000 Monte Carlo-lVloves pro Kette nur ein geringfügiges Aufweichen eines bcc-Gitters aus Polyelektrolytketten bewirken. Somit bedarf es der weiteren Beschleunigung der Diffusion, um die Frage nach Ordnung im System zu klären. Mittels dieses neuen Zugangs sollte auch beurteilbar sein, ob die beobachtete, "kollektive" Diffusion ein Artefakt oder ein Hinweis auf die "slow mode" ist. l
Im abschließenden Kapitel 5 wurde der Einfluss der Hydrophobizität auf die Konformation der Moleküle sowie die Struktur der Lösung untersucht. Schwach hydrophobe Polyelektrolyte zeigen eine den hydrophilen Ketten sehr ähnliche Dichteabhängigkeit. Lokal erzeugt die attraktive Wechselwirkung zwischen den neutralen Monomeren eine etwas kompaktere Struktur, wodurch auch die Polymerradien etvvas verringert werden. Eine Verstärkung der elektrostatischen Wechselwirkung durch die Erhöhung der Bjerrum-Länge A.B stellt den Einfluss auch der schwachen Hydrophobizität klar heraus. Analog zu hydrophilen Systemen strecken sich die Ketten, bevor sie durch Gegenionenkondensation stark zu schrumpfen beginnen. Dieser Kollaps tritt im hydrophoben Fall bei weitaus niedrigeren A.B auf und wesentlich deutlicher hervor. Um den Einfluss der Hydrophobizität etwas quantitativer zu fassen, wurde der B-Punkt des unterliegenden neutralen Systems zu ELJ = 0.34 ± 0.02 bestimmt. Für die Dichte p = 1O-4(J-3 wurde ein effektiver "B "-Punkt des geladenen Systems bestimmt. Für ELJ = 1.51 ± 0.03 stimmt der End-zu-End-Abstand der Polyelektrolyt ketten mit dem eines neutralen Random Walks gleicher Länge überein. Da die Ladungsdichte die Abschirmlänge und somit die Stärke der elektrostatischen Wechselwirkung bestimmt, erlaubt die \iVahl von ELJ = 1.5 durch eine Dichtevariation das Studium des Übergangs von relativ schwacher zu dominierender elektrostatischer Wechselwirkung. Bei niedrigen Dichten bewirkt die starke elektrostatische Abstoßung, dass necklace-artige Ketten vorliegen. Die Ketten zeichnen sich durch extrem starke relative Streckung als Funktion der Dichte aus. Aus der Steigung des sphärisch gemittelten Strukturfaktors folgt ein Exponent der Kettenausdehnung von v = 1. Für mittlere Dichten befinden sich die Ketten in der Nähe des effektiven "B"-Punktes. Die lVloleküle besitzen eine im Mittel hantelförmige Konformation. Diese ist das erste Anzeichen der Instabilität hin zur necklace-Kette bei niedrigeren Dichten in Analogie zur Instabilität eines geladenen Tröpfchens. Für p = 2 . 1O-2(J-3 kollabieren die Ketten in extrem kompakte Konformationen, welche lokal Porod-Streuung aufweisen. Weiterhin nimmt die Anzahl der kondensierten Gegenionen als Funktion der Dichte deutlich zu. Die vorliegende Situation ähnelt somit der schwach geladener, kleiner Kolloide. Für die höchste betrachtete Dichte p = 2 . 1O-l(J-3 verhindert eine sterische Behinderung, dass die Ketten in isolierte Ob-
1 Simulationen dieser Art wurden bereits begonnen.
142 Zusammenfassung und Ausblick
jekte kollabieren können. Starke hydrophobe Interkettenwechsehvirkungen sorgen für den Kollaps in ein physikalisches Gel. Der Vergleich mit dem Experiment erweist sich als relativ schwierig, da meistens die chemische Ladungsdichte variiert wird. Die Simulationen zeigen eindeutig, dass die chemische Ladungsdichte ungeeignet zur Beschreibung der Konformation der Polyelektrolyte ist. Die wirkliche Anzahl freier Ladungen erweist sich als die relevante Größe, welche die Konformation mitbestimmt. Die Auswirkungen des Unterschiedes zwischen chemisch möglicher und effektiv vorliegender Ladungsdichte treten im Fall hydrophober Polyelektrolyte deutlich hervor. Eine exakte Messvorschrift zur Bestimmung der effektiven Ladungsdichte im Experiment wäre ausgesprochen vorteilhaft. Die Messung des Strukturfaktors der Ionen durch geeignete Kontrastvariation in möglichst salzfreier Lösung könnte ein erster Schritt in diese Richtung sein. In den Simulationen zeigen die Stukturfunktionen der Gegenionen ein hochinteressantes Verhalten, welches klar zu interpretieren ist und die Struktur der Lösung gut widerspiegelt. Die Dichte, welche bisher nur selten in Experimenten variiert wurde, erweist sich als optimaler Parameter für weitere Messungen, da sie experimentell gut zu kontrollieren ist und den Verzicht auf die Variation schwierig zu interpretierender Größen (wie z.B. der chemischen Ladungsdichte ) erlaubt. Zwar wird den Streumethoden auch mittelfristig der Bereich extremer Verdünnung unzugänglich bleiben, aber mit der steigenden Qualität neuerer Experimente sollte eine experimentelle Bestätigung eines großen Teils der hier vorgestellten Ergebnisse in naher Zukunft möglich sein.
Aufbauend auf der vorliegenden Arbeit ist, neben den bereits angesprochenen Aspekten in den Kapiteln 2 und 4, insbesondere ein detailliertes Studium des Phasendiagramms hydrophober Polyelektrolytketten von Interesse. Dieses würde einen zweiten Schritt auf dem Weg zu einer expliziten Parametrisierung experimenteller Systeme darstellen. \i\Teiterhin müsste ein chemisches Potential eingeführt werden, welches die Dissoziation und Kondensation der Gegenionen steuert. Damit können sich die Ladungsverhältnisse auf der Kette frei nach den jeweiligen Randbedingungen einstellen. Dies ist insbesondere bei chemischen Ladungsdichten oberhalb der Kondensationsschwelle von Bedeutung. Abschließend sollte der längenskalenübergreifende Ansatz zur Beschreibung des Einflusses der chemischen Natur der beteiligten Ionen weiter verfolgt werden. Ausgehend von quantenchemischen Rechnungen soll über atomistische Simulationen ein effektives Bindungspotential generiert werden, welches in großskaligen Simulationen eingesetzt wird. Erste quantenchemische Rechnungen sind sehr ermutigend. Mittels dieses Zugangs sollte eine effektive ModelIierung des Einflusses aller Komponenten inklusive ihrer chemischen Natur und damit eine Erklärung auch außergewöhnlicher, experimenteller Resultate möglich sein (vergl. Abschnitt 5.2). Ist der Zugang erfolgreich, besäße die Simulation die Möglichkeit generische Eigenschaften von Polyelektrolyten zu bestimmen und im Zweifelsfall nachzuweisen, dass und auf welche Weise die experimentell gemessenen Abweichungen auf der speziellen, chemischen Struktur basieren. Eine weniger aufwendige Untersuchung, die sich als direktes Anschlussprojekt anbietet, stellt die Variation der Ladungsdichte auf der Kette dar. Hieraus könnten weitere Einblicke in die Bedeutung der experimentell meistens variierten, chemischen Ladungsdichte gewonnen werden. Weiterhin bietet sich ein Studium des Kollaps der Ketten durch Gegenionen höherer Valenz an. Der Vergleich der Eigenschaften eines physikalischen Gels und eines chemisch verknüpften PolyelektrolytNetzwerks läßt interessante Resultate erwarten und besitzt ausgesprochene, technologi-
Zusammenfassung und Ausblick 143
sche Relevanz [1]. Bei allen angesprochenen Fragestellungen wird die Salzkonzentration eine 'wesentliche Größe sein. Die vorliegende Arbeit legt sowohl die physikalischen als auch die simulationstechnischen Grundlagen für solche Projekte, indem sie einen optimierten Algorithmus zur Verfügung stellt, der Simulationen dieser Größenordung zugänglich macht. Als zentrale physikalische Resultate bleiben festzuhalten, dass die Simulation deutlich belegt, dass keiner der analytischen Zugänge die Konformation der flexiblen Einzelkette im Rahmen der Debye-Hückel-Näherung adäquat zu beschreiben vermag. Im experimentell normalerweise vorliegenden Fall nicht verschwindender intrinsischer Steifigkeit wird deutlich, dass eine längenskalenabhängige Beschreibung der Polyelektrolyte erforderlich ist. Die experimentelle Relevanz dieser Untersuchungen wird durch Simulationen der Einzelkette mit Coulomb-Potential und unter expliziter Berücksichtigung der Gegen- und Salzionen untermauert. Stark hydrophobe Ketten zeigen ein von hydrophilen Molekülen stark abweichendes Verhalten, welches von necklace-Ketten bei vorherrschender elektrostatischer Wechsehvirkung bis zu kollabierten Einzelketten oder physikalischen Gelen bei hohen Dichten und somit dominierender Hydrophobizität reicht.
144 Zusammenfassung und Ausblick
Anhang A
Kalkulationen
Das erste Kapitel des Anhangs stellt drei Kalkuationen vor, welche die Aussagen der Arbeit abrunden, den Textfluss allerdings unangemessen unterbrochen hätten. Die Anhänge sind in der Reihenfolge sortiert, in welcher ihr Inhalt im Text erscheint.
A.1 Persistenzlänge unter Annahme perfekter Skalierung
Das Skalenverhalten (s. Abschnitt 1.5) hatte sich nicht geeignet erwiesen, um zwischen den verschiedenen theoretischen Vorhersagen zur Persistenzlänge zu unterscheiden. Die Skalenresultate legen allerdings eine schwache fi;-Abhängigkeit nahe. Dies lässt sich durch ein einfaches Argument untermauern. Im Folgenden wird gezeigt werden, dass sich unter der Annahme perfekter Skalierung und nicht zu unterschiedlicher Absolutwerte im OSF und im Variationsfall, eine Skalierung von L e rv fi;-i ergibt. Dies stellt selbstverständlich keinen Beweis im mathematischen Sinne dar, da die obigen Forderungen nur näherungsweise erfüllbar sind. }.IIan erhält allerdings ein besseres Gefühl, wie Sublinearität aus den beobachteten Daten abzuleiten ist. Es wird grundsätzlich der SAW-Bereich mit effektivem Exponenten der Kettenstreckung 1/ = 0.6 betrachtet, da sich die Abhängigkeit von L p im Blobstangenregime herauskürzt (vergl. Abschnitt 1.5). Gemäß den Skalenplots 1.13 und 1.14 gilt im SAW-Regime:
(A.1)
woraus folgt
(A.2)
Unter der Annahme perfekter Skalierung gilt diese Proportionalität für alle Datensätze. Generell gilt:
Im Fall eines Blobbildes gilt La = ~.
146 Kalkulationen
Im Odijk-Fall gilt für die elektrostatische Persistenzlänge im Blobbild (s. Gleichung 1.51):
Somit gilt
Damit folgt aus Gleichung A.2
ABg; + ~ K, 2e ABg; + K,2e
K,2e
6 4
( N~) 5 /\Bg; 5
ge K,2e N~ (ABg; + K,2e)t
Q 8 2
92 1'1,5 ~5
Im Variationsfall ergibt sich die Persistenzlänge gemäß Gleichung 1.49 zu
1 3
ge A1 + K,~2 1
K,~2
Somit folgt für den End-zu-End-Abstand aus Gleichung A.2 und Gleichung A.6
Q 1 3 t
( N~) 5 ge A1 +1 K,~2 R;nd,var rv
ge K,~2
6 4 1 3 4
N5~5(geA1 + K,~2)5 4 Q
1'1,5 g2
(A.3)
(A.4)
(A.5)
(A.6)
(A.7)
Da beide Zugänge auf den gleichen Meßdaten von Rend beruhen, sind die linken Seiten der Gleichungen A.5 und A.7 identisch. Aus dem Vergleich der rechten Seiten lässt sich die K,-Abhängigkeit des Blobdurchmessers ~ bestimmen.
Rend OSF - Rend Val' =? , ,
N~ (ABg; + K, 2e)t 6 4 1 3 4
N5~5(geA1 + K,~2)5 {:}
Q 8 2 rv
4 Q g2K,5~5 1'1,5 92
(ABg; + K,2e)t 6 1 3 4
4 rv ~5 (ge A 1 + K,~2) 5 {:}
1'1,5
ABg; + K, 2e 3 1 3
(A.8) rv K,~2(geA1 + K,~2) {:}
ABg; + K,2e .1 3 rv geA1K,~2 + K,2e
A.1 Persistenzlänge unter Annahme perfekter Skalierung 147
Die Daten zeigen, dass die Absolutwerte nicht zu verschieden sind. Für beide Skalenplots gilt X E [10 : 100J und 1/ E [n· 10 : m . 100], 'wo n und m kleine ganze Zahlen sind. Daher lässt sich die Proportionalität nähernungsweise als Gleichheit behandeln. Es soll bemerkt werden, dass das Resultat der Rechnung gültig bleibt, wenn das Verhältnis der beiden Proportionalitätskonstanten in den Gleichungen A.5 und A.7 nicht zu groß wird ( :s 1.3). Um die Darstellung möglichst übersichtlich zu halten, wird im Folgenden Gleichheit angenommen.
1 3
ge A'JJK,C2 + K,2e ::::} 1 3
geA'JJK,~2 ::::} (A.9)
(A.10)
(A.ll)
l'vIit diesem Ergebnis lässt sich aus den Formeln 1.51 bzw. 1.49 die elektrostatische Persistenzlänge berechnen. Es folgt im OSF-Fall
ABg; K,2e
(A.12)
Da die K,-Abhängigkeit von ge (vergl. Anhang B.1) sehr schwach ist, 'wird im Wesentlichen ein Potenz gesetz mit effektivem Exponenten y = ~ und somit sublineares Verhalten vorhergesagt. Es 'wird ~ = L e bestimmt, was extremes SAW-Verhalten bedeutet. Die Variationszugänge liefern in diesem Zusammenhang das exakt gleiche Ergebnis.
1
ge A1 --1
K,~2 1 1
geA1 K,3 (A.13) 1 1
K, gt A1
At (ge) 1 B K,
Obwohl diese Rechnung auf Grund der starken Annahmen weder einen exakten Exponenten vorhersagen will, noch als Beweis für sublineares Verhalten verstanden werden sollte, motiviert sie doch die in Abschnitt 1.5 getroffene Aussage, dass die Ähnlichkeit der Skalenplots 1.13 und 1.14 eine schwache K,-Abhängigkeit der elektrostatischen Persistenzlänge erwarten lässt.
148 Kalkulationen
A.2 Persistenzlänge auf Basis des zweiten Virialkoeffizienten
In diesem Abschnitt wird eine kurze Rechnung vorgestellt, die üblicherweise als Argument für eine lineare A;-Abhängigkeit der elektrostatischen Persistenzlänge von Polyelektrolyten angeführt wird. Da die Simulationen eindeutig belegen, dass Argumente dieser Art zu einfach sind, um die Polyelektrolytkonformation in geeigneter Weise zu beschreiben, wird die Berechnung von L p in diesem Anhang festgehalten. Da derartige Argumentationen trotz ihrer Ungenauigkeit häufig im Zentrum der Diskussion stehen, sollen sie in dieser Arbeit nicht völlig vernachlässigt werden.
Der Zugang basiert auf dem zweiten Virialkoeffizienten und dem Vergleich der gleichen Kette in zwei unterschiedlichen Beschreibungen. Zunächst wird das Molekül als persistente Kette betrachtet. Das ausgeschlossene Volumen wird üblicherweise mit demjenigen, welches ein Zylinder gegen einen anderen ausschließt, indentifiziert:
(A.14)
Die Anzahl steifer Segmente pro Kette wird definiert als
(A.15)
L bezeichnet die Konturlänge. Es folgt für den End-zu-End-Abstand
(A.16)
Gleichzeitig lässt sich die Kette durch ihre Monomere direkt beschreiben. Im gaußschen Fall gilt
(A.17)
Hierbei bezeichnet N die Anzahl der Monomere und b die Bindungslänge. Für die Konturlänge gilt: L = Nb. Das ausgeschlossene Volumen wird im Rahmen eines solchen "bead on a chain "-Modells [76] gemäß der Definition des zweiten Virialkoeffizienten für ein nicht-ideales Gas berechnet zu
J ( lI(r)) 3 Vbead = [1 - exp - kBT ]d r (A.18)
Der Virialkoeffizient bestimmt sich für kleine 11 (r) zu
(A.19)
A.2 Persistenzlänge auf Basis des zweiten Virialkoeffizienten 149
Dies lässt sich durch Entwickeln der Exponentialfunktion leicht einsehen.
Vbead = J [1 - exp ( - ~~~) ] cl3
1'
J [ 11(1') 112
(1') ] 3 1 - (1 - kBT + (k
BT)2) + . .. cl l'
J 11(1') kBT
cl31' + Rest (A.20)
'" J 11(1') cl31' (A.21) '" kBT
Im Fall einer Debye-Hückel-Wechselwirkung folgt
'B J exP(,:-/'C1') cl3., Vbead ~ /\ I I
41f AB J exP(;/'C1') 1'2 cl1'
-41fAB J :/'CexP(-/'C1') cl1' (A.22)
-41f AB~ J exp( -/'C1') cl1' o/'C
(A.23)
, 0 [exp ( -/'C1')] (Xl -41f/\B-o/'C -/'C 0
-41f/\B~ [0 +~] o/'C K,
(A.24)
Die Polymerradien müssen selbstverständlich in beiden Zugängen übereinstimmen. Um sie zu berechnen, wird in beiden Fällen ein Ansatz gemäß dem "uniform expansion "l'vIodell gewählt (s. Gleichung 1.60)
R2 2R2 end = a RHT
wobei (vergl. Gleichung 1.61)
5 vexVN a rv -----c--
b3
den Expansionsfaktor darstellt. Im persistenten Fall erhält man
L15 R1.vv~
Lcp/'C5
L15 NLpL~-3-
- 2 Lcp/'C 5
(A.25)
(A.26)
(A.27)
150 Kalkulationen
Das monomerbezogene NIodell ergibt
(A.28)
Gleichsetzen ergibt:
R;nd,l 2
L%L~ --2- (A.29)
11,5
Somit folgt schließlich
(A.30)
Die Persistenzlänge hängt somit linear von der Abschirmlänge ab. Der wesentliche Kritikpunkt an Zugängen dieser Art, ist die Beschränkung auf den zweiten Virialkoeffizienten und somit binäre Stöße. Weiterhin wird selbst dieser häufig nur näherungweise bestimmt. Die langreichweitige Coulomb-Wechselwirkung erzeugt ein Wechsehvirkungsschema, welches offensichtlich nur schlecht auf binäre Wechselwirkungen zu reduzieren ist. Abschließend soll kurz dargelegt werden, dass sich bereits aus einem einfachen FloryArgument für eine ideale Kette mit elektrostatisch ausgeschlossenem Volumen eine lineare ~-Abhängigkeit der elektrostatisch relevanten Einheit vorhersagen lässt. Für die freie Energie des Systems gilt
(A.31)
Der Parameter I bezeichnet die Ladungsdichte entlang der Kette, so dass P ~: eine Näherung für die Raumladungsdichte im Polymervolumen darstellt. Wie bei Flory-artigen Abschätzungen üblich, werden Vorfaktoren der Ordnung 0(1) vernachlässigt. v = :~ bezeichnet erneut den Virialkoeffizienten. Die Minimierung als Funktion des Abstandes liefert SAW -Verhalten.
3 2 2 1 3 R = (-vI b )5N5
2 (A.32)
A.2 Persistenzlänge auf Basis des zweiten Virialkoeffizienten 151
Als Definition der relevanten elektrostatischen Sub einheit wird gefordert, dass die Konturlänge gleich dem End-zu-End-Abstand gemäß Gleichung A.32 ist. Dieser Zugang basiert auf der Bedeutung der Persistenzlänge als steifem Segment. Deshalb definiert sich die Anzahl der Monomere pro Sub einheit 9 und damit auch deren Ausmaße gb durch
3 2 2 1 3 gb = (-vJ b )5g5
2
Daraus leitet sich leicht eine lineare Abhängigkeit ab:
(A.33)
(A.34)
152
A.3
Kalkulationen
Vergleich der Entropie einer semifLexiblen Kette mit der einer flexiblen, geladenen Kette
Dieser Abschnitt stellt eine Rechnung vor, welche den qualitativen Unterschied zwischen intrinsisch steifen und flexiblen, geladenen Polyelektrolytketten auf lokaler Skala anhand der Entropie verdeutlicht. Es wird ein Modellsystem betrachtet, dass aus zwei Ladungen, welche durch einen Random Walk verbunden sind, besteht. Dieses wird mit einem Random Walk gleicher Konturlänge, welcher eine zusätzliche, intrinsische Steifigkeit aufweist, verglichen. Zunächst soll die Entropie für die intrinsisch steife Kette berechnet werden. Allgemein gilt
S(R) = kB In(P(R)) (A.35)
Die Hamiltonfunktion des Systems lautet (vergl. Gleichung 2.3)
3N 3N-3 3N
H = LbT - A L bi · bi+3 = L bJVIijbj (A.36) i=l i=l i,j=l
Hierbei wurde kBT zur Vereinfachung als Energieeinheit gewählt, wodurch kBT = 1 folgt. Die bi , i = 1, 3N bezeichnen in dieser Notation die aufsteigend nummerierten, kartesischen Komponenten der Bindungsvektoren. Für die Matrix lVIij folgt
(A.37)
Damit folgt für P(r)
P(ll) = fI] db i 8 (x- ~» 8 (Y- 2,» 8 (z- ~» exp (-~ bi Mijbj ) (A.38)
Die Summe im Argument der Exponentialfunktion wird ebenfalls in die drei kartesischen Anteile zerlegt
exp ( - ~ bi'XMijbj,.,) exp ( - ~ bi,yMijbj,y)
exp ( - ~ bi,xMijbj,,) (A.39)
Hierbei besitzen die Vektoren bi,x/y/z nur Einträge, welche den x, y oder z-Komponenten entsprechen. Beschränkt man die Summation über die Koordinaten auf die jeweilige Komponente, so können die ganzen Vektoren bi und die volle Matrix lVIij Verwendung finden, da nur die nötigen Komponenten in der Summe berücksichtigt werden. Dies
A.3 Vergleich der Entropie einer semiflexiblen Kette mit der einer flexiblen, geladenen Kette 153
bedeutet ein Fortschreiten der Summationsindizes um 3 anstatt 1. Durch Einsetzen der Integraldarstellung der 6-Distribution erhält P(R) die Form
P( R) = .f fJ dbi.f dk, "XP ( -ik"x - ik" ~)i)
.f dk ll exp ( -ikll )} - iky ~ bi )
.f dk" exp ( -ik,z - ik, ~ bi)
exp ( - ~ bi Mijb j ) exp ( - ~ bi Mijbj ) exp ( - ~ bi Mijbj )
J dkx J dky J dkz exp (-ikxx - ikyY - ikzz) (A.40)
.f fJ db, "XP ( -ik" ~ bi -~ b, Mijbj )
J II dbi exp (-1:ky L bi - L biJ\lIijbj ) y y y
J II db i exp (-ikz I:: bi - I:: biJ\![ijbj ) z z z
Wird nun angenommen, dass die bi gaußisch verteilt sind, lässt sich P(R) weiter berechnen [5].
P( R) .f dk" .f dky .f dk, "XP (-i( k".T + ky)} + k,z)) exp ( - k~ ~ Mi.!' j) exp (-k; ~ Mi:;!) exp (-k; ~ Mi/) (AAl)
Mit der Abkürzung
folgt
P(R)
x y z
.f dk" exp ( -i(k"x - k; ~ A7r)
.f dkll exp ( -i(kyY - k; ~ NT)
.f dk, exp ( -i(k,z - k; ~ NT )
(A.42)
154 Kalkulationen
Durch einfach quadratische Ergänzung der Argumente der Exponentialfunktionen kann man die Integrale in drei gaußsche Integrale umwandeln. Es folgt
P(R) = f; exp (-4~; )f; exp (- 4~; )f; exp (- 4~~I) (]~I ) % exp ( - 4~; ) (A.43)
Dieses Resultat eingesetzt in Gleichung A.35 liefert die Entropie des neutralen Systems mit intrinsischer Steifigkeit.
3 3 _ R2
S(R N) = -ln(7r) - -ln(]!{) - --, 2 2 4A!{
(A.44)
Da ]!{ij als ~~r" - K" - A K, '+3 11'1 2J - u2J U2,2
definiert wurde, gilt für iiJ
AI[ = L ]!{i-/ = L Oij + AOi,i+3 = 3N + (3N - 3) . A (A.45) i,j i,j
Damit lautet das Endresultat
3 3 R 2
Sneut(R, N) = -ln(7r) - -ln(3N + (3N - 3) . A) - (N (N ) A) 2 2 4 3 + 3 - 3· (A.46)
}'/Iit der gleichen Methode wird die Entropie der geladenen Kette bestimmt.
P(R) = J If dbi J (R -2?') exp (- 2?; -2,= 4n::" ~) J rr dbi J d3
k exp (-ik' R - ikL Si) exp (-~ biEbi) (A.47) 2 2 IJ
Hierbei bezeichnet E die 3N-dimensionale Einheitsmatrix. Analog zum neutralen Fall wird eine gaußsche Verteilung der bi angenommen, um P(R) zu berechnen. Damit folgt
P(R) = exp (- 2~n) J d3kexp (-i(k). n) exp (_k2~EOO)
exp ( - 2~B ) J dkx exp ( -ikxx - k; ~)
exp ( -ikyY - k;~) exp ( -ikzz - k;~)
(~) exp (_ 2~B _ ~~) (A.48)
A.3 Vergleich der Entropie einer semiflexiblen Kette mit der einer flexiblen, geladenen Kette 155
Somit ergibt sich für die Entropie des endengeladenen Systems
(A.49)
Der Vergleich beider Entropien verdeutlicht die lokal weitaus größere Flexibiltät des geladenen Systems. Die numerische Studie der Verhältnishyperfiäche als Funktion der Parameter (R, N, A) zeigt, dass das Verhältnis der Entropien für alle vernünftigen Parameterwerte (z.B.: A > 0) kleiner als eins bleibt.
v: - Sneut(R, N) < 1 S - Sel(R, N)
(A.50)
Die Grenzfälle R ---t 00 und R ---t 0 sind leicht einzusehen und sollen deshalb hier kurz detailliert vorgestellt werden. Die Konstanten der Ordnung O(7f) sind für diese Abschätzung vernachlässigbar, da zumindest N » 7f gilt.
~ln(N - 1) - ~ln(A + 1) - 12(N-~;(A+l) 1~ - ----------------~----~--~--~
- ~ln(N) _ 2AB _ 3R2 2 R 4N
Für große R folgt zunächst für festes N
~ln(N - 1) - ~ln(A + 1) 3R2 4N
12(N-l)(A+l) 3R2
- 4N
1 o 1
+ 16(A + 1)
16(A+1)
(A.51)
(A.52)
Erwartungsgemäß geht das Verhältnis für große A gegen Null. Die Entropie des geladenen Systems nähert sich dem Random 'I\Talk-'I\Tert, wogegen die Anzahl der möglichen Konformationen durch die intrinsische Steifigkeit stark beschränkt wird. Auch für das kleinste A = 2, welches in Kapitel 2 eine nennenswerte, intrinsische Persistenzlänge La ~ 4 verursacht hat, ist die Entropie im geladenen Modellsystem deutlich größer. In einem realen Polymer kann R jedoch nur nach unendlich geführt werden, wenn auch N nach unendlich geht. Trägt man dieser Tatsache Rechnung, ändert sich das Ergebnis nicht, wie die folgende Abschätzung zeigt. Die Kette zeige ein Verhalten zwischen Random Walk und gestreckter Konformation
R2 rv N 2
y mit 0.5 < Y < 1.0
Damit folgt für die Entropie des neutralen Systems
Sneut(R, N)
R---too --+
3 3 N 2y
2ln (N - 1) - 2ln (A + 1) - 12(N _ l)(A + 1)
3 3 N 2y-l
2ln (N - 1) - 2ln (A + 1) - -12-(A-+---:-1)
(A.53)
(A.54)
156
Für die geladene Kette resultiert
3 2AB 3N2y -ln(N) - - - --2 N2y N
~ln(N) - ~N2Y-l 2 4
Kalkulationen
(A.55)
Der Exponent 2y -1 ist größer (oder im Falle eines Random Walks minimal gleich) Null. Daher dominieren die Terme proportional zu N 2y-l als Potenzgesetz den logarithmischen Term proportional zu ln(N) im Limes großer N. Es folgt für das Verhältnis der Entropie
R---+oo ---+
R---+oo ---+
~ln(N - 1) - ~ln(A + 1) - l~~~~) ~ln(N) - ~N2Y-l
3 N 2 y-l
2ln (N - 1) 12(A+l) ;J. N2y-l + -';-;J. N---'-----2y---'-1 4 4
1 0+ 16(A+1)
1
16(A + 1)
Abschließend soll noch der andere Limes R -t 0 betrachtet werden.
l1s R---+O ~ln(N 1) - ~ln(A + 1) ---+
~ln(N) _ 2~B
-t ~ln(N 1) - ~ln(A + 1)
2AB R
-t 0
(A.56)
(A.57)
Auch in diesem Grenzfall zeichnet sich der Random Walle mit geladenen End-lVIonomeren durch die höhere Entropie aus. Somit wird dieses Resultat, welches aus den Konformationen entnommen wird, weiter untermauert.
Anhang B
Tabellen
B.I Blobdurchmesser und Anzahl enthaltener Mo-nomere
Dieser Anhang enthält eine Tabelle der Blobdurchmesser und der Anzahl der im Blob enthaltenen geladenen IvIonomere für die in Kapitell betrachteten Debye-Hückel-Einzelketten. Die Größen sind insbesondere bei der Betrachtung der Skaleneigenschaften von Belang, da dort die Einführung der elektrostatischen Blobs zwingend ist, um die wesentlichen Eigenschaften klar hervorzuheben. Die Anzahl der }'/Ionomere im elektrostatischen Blob wurde durch die Bedingung, dass ihre Gesamtenergie gleich der thermischen Energie ist, also
Egesamt = E Coul + EFede1'streckung = kBT
festgelegt. Aus den gemessenen Abständen in der Kette ergibt sich dann direkt der Blobdurchmesser. Es werden also keinerlei Annahmen über die Kettenstatistik innerhalb eines Blobs gemacht, sondern alle Größen direkt aus den Simulationsdaten extrahiert.
N = 256 & b = 2
11;-1 400 100 50 6.25 2.083 ge 1.72 1.77 1.88 1.95 2.24
~ 2.28 2.44 2.5 2.62 2.94
Tabelle B.l: Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 256 und b=2
158 Tabellen
N = 256 & b = 8
/1,-1 400 100 25 6.25 2.083 ge 2.84 2.92 3.05 4.22 12.6
~ 12.73 12.99 13.55 16.66 29.16
Tabelle B.2: Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 256 und b=8
N = 128 & b = 2
/1,-1 400 100 50 25 6.25 2.083 ge 1.76 1.78 1.80 1.91 1.98 2.31
~ 2.40 2.39 2.42 2.59 2.61 2.82
Tabelle B.3: Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 128 und b=2
N = 128 & b = 8
/1,-1 400 100 25 6.25 2.083 ge 2.90 2.72 3.72 4.71 4.72
~ 13.19 12.65 14.09 17.23 17.27
Tabelle B.4: Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener lVlonomere ge für N = 128 und b=8
N = 128 & b = 4
/1,-1 100 50 25 ge 2.11 2.22 2.43
~ 5.41 5.66 5.69
Tabelle B.5: Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener lVlonomere ge für N = 128 und b = 4
N = 128 & b = 16
/1,-1 100 25 ge 4.21 6.00
~ 33.03 41.42
Tabelle B.6: Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 128 und b = 16
B.1 Blobdurchmesser und Anzahl enthaltener Monomere 159
N = 64 & b = 2
",-1 100 50 25 ge 1.81 1.78 1.92
~ 2.31 2.48 2.53
Tabelle B.7: Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 64 und b = 2
N = 64 & b = 8
/'1;-1 100 50 25 ge 2.84 2.96 3.25
~ 13.17 13.29 13.90
Tabelle B.9: Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 64 und b = 8
N 32 & b = 2
'" 1 100 50 25 ge 1.86 1.855 1.845
~ 2.44 2.57 2.56
Tabelle B.11: Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 32 und b = 2
N = 32 & b = 8
'" 1 100 50 25 ge 2.95 2.87 3.20
~ 13.33 13.07 14.02
Tabelle B.13: Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 32 und b = 8
N = 64 & b = 4
/'1; 1 100 50 25 ge 2.17 2.27 2.37
~ 5.32 5.84 5.78
Tabelle B.8: Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener ~/Ionomere ge für N = 64 und b = 4
N = 64 & b = 16
/'1;-1 100 50 25 ge 4.84 5.22 5.88
~ 36.62 38.24 39.94
Tabelle B.10: Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 64 und b = 16
N = 32 & b = 4
",-1 100 50 25 ge 2.37 2.19 2.24
~ 5.83 5.68 5.82
Tabelle B.12: Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 32 und b = 4
N = 32 & b = 16
/'1;-1 100 50 25 ge 4.72 4.61 5.78
~ 24.60 35.15 39.04
Tabelle B.14: Blobdurchmesser ~ und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 32 und b = 16
160
N = 16 & b = 2
11, 1 100 50 25 ge 1.93 1.87 1.99 f;, 2.66 2.58 2.73
Tabelle B.15: Blobdurchmesser f;, und Anzahl enthaltener l'vlonomere ge für N = 16 und b = 2
N = 16 & b = 8
11,-1 100 50 25 ge 3.07 3.08 3.43 f;, 13.01 13.37 14.20
Tabelle B.17: Blobdurchmesser f;, und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 16 und b = 8
Tabellen
N = 16 & b = 4
11,-1 100 50 25 ge 2.30 2.27 2.34 f;, 5.60 5.73 5.77
Tabelle B.16: Blobdurchmesser f;, und Anzahl enthaltener Monomere ge für N = 16 und b = 4
N = 16 & b = 16
11,-1 100 50 25 ge 5.03 5.44 6.23 f;, 35.83 37.97 40.30
Tabelle B.18: Blobdurchmesser f;, und Anzahl enthaltener lVlonomere ge für N = 16 und b = 16
B.2 Persistenzlängen und effektive Exponenten 161
B.2 Persistenzlängen und effektive Exponenten
In diesem Anhang werden die mittels des Zerfalls der Bindungswinkelkorrelationsfunktion (s. Abschnitt 1.6) gemessenen Persistenzlängen tabelliert. Zunächst werden die für das zentrale Ergebnis des Kapitels maßgebenden ~Werte für N = 256 und N = 128 und jeweils b = 2 und b = 8 vorgestellt und verglichen. Somit kann man den Tabellen direkt die Auswirkung der physikalischen finite-size-Effekte entnehmen. Danach werden die analogen Resultate aus dem Strukturfaktorknick (vergl. Abschnitt 1. 7) für N = 256 vorgestellt. Abschließend werden die Persistenzlängen für kürzere Ketten tabelliert. Da diese i. a. von starken finite-size-Effekten betroffen sind, wird auf eine Analyse der h:-Abhängigkeit verzichtet.
B.2.1 Lange Debye-Hückel-Ketten
Zunächst werden die langen Ketten mit Polymerisationsgrad N ;:::: 128 vorgestellt. Auf diesen Systemen basiert auch die zentrale Aussage von Kapitell, da die finite-size-Effekte klein oder zumindest kontrollierbar sind. Für b = 2 und b = 8 werden die Werte für N = 128 und N = 256 direkt nebeneinander gestellt, damit eine direkte Kontrolle der finite-size-Effekte möglich wird.
400 100 50 25
6.25 2.083
N = 128 und b = 2
848.6 813.56 652.16 380.96 116.32 63.44
Lp L
1.657 1.589 1.274 0.744 0.227 0.124
y
0.03 0.32 0.78 0.86 0.55
Tabelle B.19: Elektrostatische Persistenzlänge für N = 128 und b = 2 aus den Bind ungswinkelkorrela tionsfunktionen.
400 100
25 6.25 2.083
N = 256 und b = 2
2366.88 1418.44
-
423.72 139.24 84.28
L p
L
2.311 1.385
-
0.414 0.136 0.082
y
0.37
0.87
0.80 0.46
Tabelle B.20: Elektrostatische Persistenzlänge für N = 256 und b = 2 aus den Bind ungswinkelkorrelationsfunktionen.
162
N = 128 und b = 8
y
400 8230.4 1.005 0.35
100 5084.7 0.621 0.63
25 2133.3 0.260 0.37
6.25 1276.8 0.156 ~
2.083 ~ ~
Tabelle B.21: Elektrostatische Persistenzlänge für N = 128 und b 8 aus den Bindungswinkelkorrelationsfunktionen.
1 K,
100 50 25
N = 128 und b = 4
Lp L y
1959.63 0.957 0.71
1194.03 0.583 0.57
806.05 0.394
Tabelle B.23: Elektrostatische Persistenzlänge für N = 128 und b = 4 aus den Bindungswinkelkorrelationsfunktionen.
1 K,
400 100 25
6.25 2.083
Tabellen
N = 256 und b = 8
y
8976 0.548 0.39
5246.08 0.320 0.58
2361.6 0.144 0.45
1262.08 0.077 0.43
791.04 0.048
Tabelle B.22: Elektrostatische Persistenzlänge für N = 256 und b = 8 aus den Bindungswinkelkorrelationsfunktionen.
1 K,
100 50 25
N = 128 und b = 16
Lp L y
17049.6 0.520 0.38
10086.4 0.308 0.65
4096.0 0.125
Tabelle B.24: Elektrostatische Persistenzlänge für N = 128 und b = 16 aus den Bind ungswinkelkorrela tionsfunktionen.
B.2 Persistenz längen und effektive Exponenten 163
B.2.2 Lp aus dem Strukturfaktorknick
Gemäß dem in Abschnitt 1.7 vorgestellten Skalenverhalten der Strukturfaktoren, läßt sich aus dem Knick ein Maß für die Persistenzlänge L p gewinnen. Dieses bestätigt die sublineare KrAbhängigkeit der Persistenzlänge.
N = 256 und b = 2
1 K,
y
400 305.45 0.597 0.05
100 284.82 0.556 0.23
25 207.09 0.406 0.53
6.25 99.94 0.195 0.73
2.083 44.79 0.087
Tabelle B.25: Elektrostatische Persistenzlänge fiir N = 256 und b = 2 aus den StTUkturfaktoren. Die Struktmfaktoren messen die Längen im Raum und nicht entlang der Kontur. Daher wird L R = N . b als lI/Jaß fiir die Kettenausclehnung im Raum heTangezogen.
N = 256 und b = 8
y
400 543.53 0.265 0.16
100 437.58 0.214 0.38
25 257.61 0.126 0.71
6.25 96.84 0.047 0.77
2.083 41.54 0.020
Tabelle B.26: Elektrostatische Persistenzlänge fiir N = 256 und b = 8 aus den StTUktuTfaktoren. Die StTUkturfaktoren messen die Lä.ngen im Raum und nicht entlang der Kontur. Daher wird L R =
N . b als ll/JaB fiir die Kettenausdehnung im Raum herangezogen.
164 Tabellen
B.2.3 Kurze Debye-Hückel-Ketten
N = 64 & b = 2
'" 1 100 50 25 83.3 72.5 44.1
Tabelle B.27: Elektrostatische Persistenzlänge für N = 64 und b = 2 aus den Bind ungswinkelkorrela tionsfunktionen.
N = 64 & b = 8
100 50 25 33.3 24.4 21.3
Tabelle B.29: Elektrostatische Persistenzlänge für N = 64 und b = 8 aus den Bindungswinkelkorrelationsfunktionen.
N = 32 & b = 2
'" 1 100 50 25 23.4 23 21.1
Tabelle B.31: Elektrostatische Persistenzlänge für N = 32 und b = 2 aus den Bindungswinkelkorrelationsfunktionen.
N = 64 & b = 4
",-I 100 50 25 45.9 34.5 26.0
Tabelle B.28: Elektrostatische Persistenzlänge für N = 64 und b = 4 aus den Bind ungswinkelkorrelati onsfunktion en.
N = 64 & b = 16
100 50 25 20.3 17.2 15.5
Tabelle B.30: Elektrostatische Persistenzlänge für N = 64 und b 16 aus den Bindungswinkelkorrelationsfunktionen.
N = 32 & b = 4
100 50 25 17.5 15.9 12.3
Tabelle B.32: Elektrostatische Persistenzlänge für N = 32 und b = 4 aus den Bindungswinkelkorrelationsfunktionen.
B.2 Persistenzlängen und effektive Exponenten 165
N = 32 & b = 8
K, 1 100 50 25 12.3 11.6 10.1
Tabelle B.33: Elektrostatische Persistenzlänge für N = 32 und b = 8 aus den Bindungswinkelkorrelationsfunktionen.
N = 16 & b = 2
J{, 1 100 50 25 6.45 6.40 6.08
Tabelle B.35: Elektrostatische Persistenzlänge für N = 16 und b = 2 aus den Bind ungswinkelkorrela tionsfunktionen.
N = 32 & b = 16
J{, 1 100 50 25 9.0 7.8 6.8
Tabelle B.34: Elektrostatische Persistenzlänge für N = 32 und b = 16 aus den Bind ungswinkelkorrela tionsfunktionen.
N = 16 & b = 4
100 50 25 5.64 4.93 4.87
Tabelle B.36: Elektrostatische Persistenzlänge für N = 16 und b = 4 aus den Bind ungswinkelkorrelationsfunktionen.
Für N = 16 und b = 8 und 16 ergeben sich Persistenzlängen von ca. 3.85 Bindungen. Diese liegen auf Grund der hohen Flexibilität der Ketten am absoluten Limit des ?vIeßbaren.
166 Tabellen
B.2.4 Persistenz längen zweidimensionaler Debye-HückelSysteme
In Kapitel 1 wurde bemerkt, dass auch zweidimensionale Systeme betrachtet wurden, da Informationen vorlagen [70], dass diese einen linearen Zusammenhang zwischen der Persistenzlänge und der Abschirmlänge liefern könnten. Dies ist eindeutig nicht der Fall. Um die Schlussfolgerungen aus Abbildung 1.21 zu untermauern sollen hier beispielhaft die Persistenzlängen und die effektiven Exponenten der K:-Abhängigkeit für das von Barrat benutzte Manning-Verhältnis ~M = 0.1 kurz vorgestellt werden. Dazu wird AB = 1.0 belassen und b = 10 bei festen Bindungslängen gewählt. Alternativ wurden auch flexible Bindungen, die Parameter AB = 0.1 mit b = 1 sowie analoge Simulationen zu den dreidimensionalen Systemen durchgeführt. Alle untersuchten Datensätze spiegeln die sublineare Abhängigkeit wider. L p wird hier in Bindungen gemessen.
N = 128 und b = 10 (flex.)
y
100 82.6 0.57
50 55.7 0.55
25 38.0
Tabelle B.37: Elektrostatische Persistenzlänge für zweidimensionale Systeme mit flexiblen Bindungslängen für N = 128 und b = 10 aus den Bindungswinkelkorrelationsfunktionen.
N = 128 und b = 1
.1 K,
y
50 250.4 0.47
25 180.7
Tabelle B.39: Elektrostatische Persistenzlänge für zweidimensionale Systeme mit flexiblen Bindungslängen für N = 128 und b = 1 aus den Bindungsvvinkelkorrelationsfunktionen.
N = 128 und b = 10 (fix)
.1 K,
y
100 80.8 0.58
50 54.1 0.56
25 36.6
Tabelle B.38: Elektrostatische Persistenzlänge für zweidimensionale Systeme mit festen Bindungslängen für N = 128 und b = 10 aus den Bindungswinkelkorrelationsfunktionen.
N = 512 und b = 10
.1 K,
y
100 109.5 0.45
50 80.0 0.27
25 66.4
Tabelle B.40: Elektrostatische Persistenzlänge für zweidimensionale Systeme mit festen Bindungslängen für N = 512 und b = 10 aus den Bindungswinkelkorrelationsfunktionen.
B.2 Persistenzlängen und effektive Exponenten 167
B.2.5 Persistenzlängen aus der Coulomb-Simulation in Kapitel 4
Die nachstehende Tabelle enthält die Persistenzlängen der harmonischen Einzelketten, welche in Abschnitt 4.1 unter voller Berücksichtigung der Coulomb-Wechselwirkung und expliziter Betrachtung aller Gegen- und Salzionen gewonnen wurden. Sie vergleichen sich gut mit den Resultaten aus Kapitel 1. Man erkennt, dass die beiden Startkonfigurationen (Random Walk und Stab) die Werte aus Kapitel 1 eng einschließen. Die Äquilibrierung großen LängenskaIen ist für solche Systeme mit reinen MD-1vlethoden sehr aufwendig.
N = 128 & b = 2
",-I -y
100 791.75 0.83
50 446.51 0.59
25 296.28
Tabelle B.41: Elektrostatische Persistenzlängen für harmonische Einzelketten mit N=128 und b = 2 aus der Random Walk Konformation.
N = 128 & b = 2
-y
100 857.32 0.23
50 731.49 0.84
25 406.70
Tabelle B.42: Elektrostatische Persistenzlängen für harmonische Einzelketten mit N=128 und b = 2 aus der Stabkonformation. [Die Daten verfügen über keine besonders gute Statistik.]
168 Tabellen
B.2.6 Hydrophile und schwach hydrophobe Polyelektrolyte mit explizit simulierten Gegenionen
Dieser Abschnitt dokumentiert die Persistenzlängen der Ketten, welche in Kapitel 5 für hydrophile Polyelektrolyte mit expliziten Gegenionen und neutralen Monomeren simuliert wurden. Die schwach hydrophoben Systeme lassen eine Persistenzlängenanalyse noch zu, obwohl die lokal andere Kettenstruktur bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden muss. Alle Ergebnisse stimmen mit dem sublinearen Verhalten, welches in Kapitel 1 für Debye-Hückel-Ketten gefunden wurde, überein, wodurch die experimentelle Relevanz dieser Daten nochmals unterstrichen wird. Für extrem kleine Abschirmlängen verschwindet die Persistenzlänge und der effektive Exponent geht gegen y --+ 1. Die stark hydrophoben Ketten eignen sich auf Grund ihrer komplett unterschiedlichen Struktur nicht für eine Persistenzlängenanalyse im wormlike chain-Sinne und werden deshalb hier nicht aufgeführt.
N = 94 und .had = ~
",-I y
2.10-6 282.1 113.90 0.23 2 . 10 -b 89.2 87.11 0.18
2.10-4 28.2 70.52 0.68 2.10-0 8.9 32.18 0.91
2·1O-:.! 2.82 11.04 0.98 2.10-1 0.89 3.65
Tabelle B.43: Persistenzlängen für hydrophile Ketten der Länge N = 94
N = 94 und .had = ~
y
2.10-6 282.1 123.46 0.28 2 . 10 -b 89.2 89.77 0.29 2 . 10 -4 28.2 64.35 0.60 2 . 10 -0 8.9 32.18 0.57 2·1O-:.! 2.82 16.7 1 -
2.10- 1 0.89 __ 1
Tabelle B.44: Persistenzlängen für schwach hydrophobe Ketten der Länge N = 94
1 Für diese extreme Abschirmung ist keine sinnvolle Persistenzlänge mehr zu bestimmen.
B.3 Crossoverkonturlänge zwischen intrinsisch dominiertem und elektrostatisch bestimmtem Regime 169
B.3 Crossoverkonturlänge zwischen intrinsisch dominiertem und elektrostatisch bestimmtem Regime
Die nachfolgenden Tabellen enthalten die Crossover-Konturlängen zwischen den intrinsisch dominierten und den von der Elektrostatik stark mit beeinflussten Bereichen der Bindungswinkelkorrelationsfunktionen. Sie zeigen den Vergleich mit den Werten, welche Barrat und Joanny [46J für die Winkeldiffusion angeben (s. Gleichung 1.33). Zumindest die K:-Abhängigkeit sollte vergleichbar sein (die Theorie liefert eine Proportionalität, keine Gleichheit), wenn das Kriterium eine adäquate Beschreibung liefern soll. Man erkennt deutlich, dass dies nicht der Fall ist. Die gemessenen Konturlängen nehmen zu, wohingegen die theoretisch vorhergesagten Abstände abnehmen (vergl. Aschnitt 2.3). Der Vergleich mit Ha und Thirumalai [47], welche die OSF-Persistenzlänge als Maß für den Crossover angeben, erübrigt sich damit automatisch, da diese K:-Abhängigkeit noch weniger mit den Daten verträglich ist.
A=4
K:- 1 Sc,JoBa -y
100 11.2 53.22 0.83
50 12.2 39.13 0.59
25 14.0 23.23
Tabelle B.45: Crossoverlängenskala zum elektrostatisch bestimmten Regime der Bindungswinkelkorrelationsfunktionen für A = 4 und Vergleich mit der Vorhersage von Banat und Joanny.
170
A= 32
.!. K Sc,JoBa -y
100 57.7 87.83 0.19
50 65.7 48.24 0.32
25 81.9 24.77 0.66
6.25 129 12.47 0.45
2.083 176 6.25
Tabelle B.46: Crossoverlängenskala zum elektrostatisch bestimmten Regime der Bind ungswinkelkorrelationsfunktionen für A = 32 und Vergleich mit der Vorhersage von Barrat und Joanny.
Tabellen
A = 128
.!. K Sc,JoBa -y
100 98.9 96.33 0.94 50 189.9 49.52
0.58 25 283.1 24.94
-
6.25 2: 3001 12.49 -
2.083 __ 1 6.25
Tabelle B.47: Crossoverlängenskala zum elektrostatisch bestimmten Regime der Bind ungswinkelkorrelationsfunktionen für A = 128 und Vergleich mit der Vorhersage von Barrat und J oanny.
1 Eine genaue Angabe des Crossoverkonturabstandes erweist sich auf Grund der starken Krümmung der Kurve als schwierig. Daher wird hier darauf verzichtet.
B.4 Timingresultate des PME-Algorithmus 171
B.4 Timingresultate des PME-Algorithmus
Die Fast Fourier Transformationen (FFT), welche im PME-Algorithmus Verwendung finden, wurden auf der T90 mit den CRAY Scilib-Routinen berechnet. Die folgenden Tabellen zeigen zunächst die Zeit für eine FFT und danach die gemessenen Zeiten für einen Durchlauf der PME-Routine. Es wird deutlich, dass für größere Teilchenzahlen der Aufwand nicht mehr von der FFT bestimmt wird, so dass größere Gitter eingesetzt werden können (bis jl1ESH = 64). Dies erlaubt eine kleinere Wahl des Grades der Interpolationspolynome (s. Abschnitt 3.5) und somit eine Beschleunigung der Simulation (vergl. 3.6).
FFT-Timings [s]
111 esh 16 32 64 128 T[s] 0.0015 0.0066 0.0338 0.242
Tabelle B.48: CPU-Zeiten für eine dreidimensionale Fast-Fourier-Transformation auf der T90.
Man erkennt deutlich das erwartet starke Anwachsen der CPU-Zeit mit der Anzahl der Gitterpunkte. Das vierfache dieser Zeit stellt eine untere Schranke für die CPU-Zeit der PME-Routine dar, da diese vier FFTs enthält. Die folgende Tabelle verdeutlicht allerdings, dass die CPU-Zeit für nicht zu kleine Systeme nicht von den FFTs dominiert wird, so dass diese Schranke nur für .fI!I esh = 128 praktische Relevanz besitzt.
PME-Timings [s]
MESH\NLad 512 2048 8192 16384 16 0.018 0.088 0.330 0.660 32 0.037 0.100 0.330 0.630 64 0.152 0.216 0.441 0.701
128 1.010 1.150 1.300 1.620
Tabelle B.49: CPU-Zeiten für einen Durchlauf der PME-Routine für IP = 6 auf der T90. IvIan erkennt, dass der Unterschied zwischen 1\1 esh = 16, 32 & 64 für große Systeme verschwindet. Das größte Gitter 1\1 esh = 128 zeigt bei NLad = 8192 noch eindeutig FFT-dominiertes Verhalten.
172 Tabellen
Abschließend wird der Vergleich zwischen der sphärischen Approximation an die EwaldSunllne (in der Tabelle mit "Ewald" bezeichnet) und dem implementierten PME-Algorithmus verglichen. Es wird sowohl der Standardzugang, als auch die IP-optimierte Version des PME-Verfahrens dokumentiert. Die Tabelle illustriert somit auf alternative Weise die in Abbildung 3.12 dokumentierten Abhängigkeiten.
PME-Timings [s]
N1ad 256 512 1024 2048 4096 8192 16384 Ewald 0.0097 0.036 0.13 0.608 2.44 9.76 38.97
PMEStandard 0.042 0.094 0.175 0.343 0.753 1.536 3.074 PMEoptimiert 0.039 0.055 0.099 0.275 0.503 0.920 2.239
Tabelle B.50: Vergleich der CPU-Zeiten pro MD-Schritt für die betrachteten Methoden. }./Ian erkennt, dass der Crossover-Wert, ab welchem die PME-Methode schneller ist, zwischen 512 und 1024 Ladungen liegt. Die graphische Analyse (vergl. Abbildung 3.12) liefert Ne ~ 720.
B.5 Strukturfaktoren des Gesamtsystems hydrophiler Polyelektrolyte 173
B.5 Strukturfaktoren des Gesamtsystems hydrophiler Polyelektrolyte
Obwohl in Kapitel 4 gezeigt wurde, dass die Position des NIaximums der Strukturfunktion über alle NIonomere nur sehr ungenau zu bestimmen ist, da sich die Strukturen nur recht undeutlich abbilden, wird sie nachfolgend tabelliert. Neben Gründen der Vollständigkeit, dient die Tabelle vor allem dazu, zu zeigen, dass die Daten weit von einer Proprotionalität des Maximums zur Wurzel der betrachteten Dichte entfernt sind. Stattdessen tendieren die Daten eher zu einer Abhängigkeit mit einem effektiven Exponenten v = ~. Auf Grund der mangelnden Genauigkeit soll den \iVerten hier keine weitere Bedeutung zugeordnet werden.
N = 32
y
10-4 0.09 0.21 10 -0 0.055 0.22 10 -0 0.033 0.51 10 -{ 0.01
Tabelle B.51: Position der Strukturfaktormaxima hydrophiler Polyelektrolyte für N = 32
N = 16
y
10 4 0.13 1 0.121
10 5 0.099 0.35 10 6 0.044 0.34 10-( 0.020
Tabelle B.52: Position der Strukturfaktormaxima hydrophiler Polyelektrolyte für N = 16
1 Die gen aue Bestimmung des numerischen Wertes ist extrem schwierig, woraus sehr große Fehlerbalken resultieren.
174 Tabellen
B.6 Kenngrößen der hydrophoben Polyelektrolyte
Um den Vergleich mit späteren Daten zu vereinfachen, werden die wesentlichen Konformationsdaten der hydrophoben Polyelektrolyte, welche in Kapitel 5 meistens graphisch dargestellt wurden, hier in Tabellen zusammengefasst.
Stark hydrophobe Polyelektrolyte (ELJ = 1.5)
Re r b
2.10-1 9.51 4.17 4.97 1.093 2.10-2 6.78 3.17 4.47 1.093 2.10 3 8.51 3.67 5.20 1.094 2.10-4 11.44 4.58 6.06 1.094 2.10 5 20.23 7.66 6.86 1.097 2.10-6 37.14 12.88 8.28 1.101
Tabelle B.53: Strukturdaten stark hydrophober Polyelektrolyte
Schwach hydrophobe Polyelektrolyte (ELJ = 0.5)
Rend Re r b
2.10-1 18.54 7.04 5.98 1.077 2.10 2 22.92 8.83 6.33 1.078 2.10-3 28.56 10.36 7.30 1.075 2.10 4 36.78 12.55 8.45 1.075 2.10-5 42.58 14.11 9.05 1.075 2.10 6 47.86 15.68 9.26 1.077
Tabelle B.54: Strukturdaten schwach hydrophober Polyelektrolyte
Die sphärisch gemittelten Strukturfaktoren zeigten für kleine q-Werte für die beiden niedrigsten Dichten eine lineare logarithmische Steigung v = 1. Die restlichen Ketten sind zu stark kollabiert, so dass auf diesen Skalen q < R
2rr keine sinnvolle, quantitative Analyse end
durchführbar ist. Für den Bereich großer q-Werte spiegeln die effektiven Exponenten das Ausmaß des Kettenkollaps wider.
B.6 Kenngrößen der hydrophoben Polyelektrolyte 175
Hydrophile Polyelektrolyte (c LJ = 1. 0)
RG b
2.10-1 17.56 6.85 5.92 1.082 2.10 2 23.74 9.25 6.23 1.082 2.10-3 33.86 12.09 7.54 1.082 2 . 10-4 39.36 13.50 8.35 1.081 2.10 5 44.32 14.89 8.73 1.083 2.10-6 50.33 16.58 9.14 1.084
Tabelle B.55: Strukturdaten hydrophiler Polyelektrolyte
Effektive Exponenten v
prO" 3] 2.10-1 2.10-2 2.10-3 2.10-4 2.10-5 2.10-6
V(cLJ = 1.5) 0.34 0.25 0.26 0.29 0.36 0.50 v(cLJ = 0.5) 0.67 0.68 0.80 0.84 0.86 0.90
v (phil) 0.62 0.67 0.77 0.80 0.94 0.91
Tabelle B.56: Effektive Exponenten der Einzelketten-Strukturfaktoren
Abschließend sollen die Positionen der lVIinima der Strukturfaktoren der Gegenionen tabelliert werden. Die Analyse der Maxima, sowie eine quantitative Analyse des Strukturfaktors aller Monomere, welche über das in Kapitel 5 Dargestellte hinausgeht, ist auf Grund mangelnder Genauigkeit nicht sinnvoll. Die Position der zweiten 1ilaxima des Gegenionenstrukturfaktors bei hohen Dichten ist ebenfalls nicht sehr präzise zu bestimmen. Daher wird auch auf eine Tabellierung dieser Größe verzichtet.
Minimum der Gegenionenstrukturfaktoren
prO" 3] 2. 10 1 2.10 2 2.10 3 2.10 4 2.10-5 2 .10 6
qmin 0.95 0.96 1.02 1.06 1.18 -
Tabelle B.57: Position des Minimums der Strukturfaktoren der Gegenionenverteilung
176
B.7
Tabellen
Zusammenhang zwischen effektiver Ladung und Strukt urfaktormaximum
In Kapitel 5 wurde dargelegt, dass die effektive Variation der Abschirmlänge mit der Dichte eher mit einem effektiven Exponenten v'" = 0.4 denn VI>. = 0.5 variiert. Diese Variation wird durch die Gegenionenkondensation hervorgerufen, welche die in der Lösung vorliegende Ladungsdichte stark beeinflußt. Daraus lässt sich ableiten, dass die Kenntnis des exakten Ladungszustandes des zu untersuchenden Systems von entscheidender Bedeutung ist. Um diese Aussage quantitativer zu belegen, werden in der folgenden Tabelle die Dichtevariation der An~ahl kondensierter Gegenionen und basierend darauf die resultierenden Ladungsdichten und Abschirmlängen sowie die zugehörigen, effektiven Exponenten dargestellt.
Variation der effektiven Abschirmung
Ne NLad ",-1 y
2.10-1 25,5 208 1.95 . 10-2 1.17 0.51
2·10-:.l 26 192 1.85. 10-3 3.79 0.45 2.10-3 24.5 240 2.3 . 104 10.67 0.41 2.10-4 21 352 3.44.10-5 27.75 0.38 2.10-5 13 608 5.93.10-6 66.87 0.41 2.10 -6 3 928 9.06.10 1 171
Tabelle B.58: Dichtevariation der effektiven Abschirmung für hydrophobe Polyelektrolyte. Man erkennt die Abweichungen vom Wurzelgesetz (vergl. Gleichung 1.11) durch die Gegenionenkondensation.
Die Daten legen nahe, dass Effekte der effektiven Ladungsdichte im System die experimentellen Daten zu hydrophoben Polyelektrolyten, deren Strukturfaktormaximum mit p0.4 skaliert, erklären können. Die experimentell untersuchten, hydrophilen System zeigten keine Gegenionenkondesation. Deshalb skalieren die Daten mit V"fJ. In den vorliegenden Simulationen wird ein wesentlich weiterer Dichtebereich überschritten. Weiterhin werden vollkommen flexible }./Ioleküle betrachtet. Aus diesen Gründen zeigen auch die hydrophilen Ketten eine ausgeprägte Gegenionenkondensation. Diese ist jedoch schwächer als im hydrophoben Fall, wodurch die Abweichungen der effektiven Exponenten von 0.5 geringer ·werden.
B.7 Zusammenhang zwischen effektiver Ladung und Strukturfaktormaximum
Variation der effektiven Abschirmung
Ne N Lad
2 . 10-1 24 256 2.4 .10 2
2 . 1O-~ 21 352 3.4·10-::> 2·10-::> 18 448 4.3.104
2.10-4 16 512 5.10-5
2.10-5 11.5 656 6.4.10-6
2.10-0 3 928 9.06·10-(
177
/-1,-1 y
1.05 0.42
2.79 0.45
7.85 0.47
23.03 0.45
64.38 0.42
171
Tabelle B.59: Dichtevariation der effektiven Abschirmung für hydrophile Polyelektrolyte. Die Abweichungen sind deutlich schwächer als im hydrophoben Fall.
178 Tabellen
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188 LITERATURVERZEICHNIS
Danksagung
IvIein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Kurt Kremer für die Überlassung des Themas und die richtungsweisende Betreuung.
Allen Mitgliedern beider Arbeitsgruppen, deren Mitglied ich während meiner Promotionszeit war, sei für das angenehme und anregende Arbeitsklima gedankt. Stellvertretend möchte ich an dieser Stelle meinen drei Bürokollegen Dr. Ralf Everaers in Jülich sowie Dr. Michael Murat und Dr. Christi an Holm in IvIainz meinen Dank für die angenehme Zusammenarbeit und viele interessante und lehrreiche Diskussionen aussprechen.
Da eine Dissertation wie die vorliegende nur mit großem CPU-Zeitaufwand durchgeführt werden kann, sei dem HLRZ (Höchstleistungsrechenzentrum des Forschungszentrums Jülieh) für die im Rahmen des Projektes "Computersimulation geladener Makromoleküle" zur Verfügung gestellte Vektorrechenzeit auf der YMP und der T90 gedankt. In diesem Zusammenhang möchte ich auch allen verantwortlichen Systemadministratoren aus Jülich und aus Mainz für die hervorragende Stabilität der Rechnerumgebungen und die angenehmen Umgangsformen danken.
Prof. Dr. Vladimir Rittenberg danke ich für die Übernahme des zweiten Gutachtens für einen" Outsider" der Universität Bonn trotz ·widriger Umstände.
'iVeiterhin gilt mein Dank all denjenigen, die mich angeregt haben, die vorliegende Dissertation nach den Regeln der neuen Rechtschreibreform zu verfassen. Die Beschäftigung mit dem Regelwerk hat mir einen wesentlich tieferen Einblick ermöglicht, wodurch ich mir ein profunderes Urteil zur Rechtschreibreform bilden konnte.
Abschließend soll all denjenigen gedankt werden, die zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben, und die ich unglücklicherweise an dieser Stelle vergessen habe.
Forschungszentrum Jü!ich
Jül-3451 November 1997 ISSN 0944-2952