gastroforum rostock abstracts · 5 experimente). dies liegt daran, dass aus o2-h2o2 gebildet wird,...

55
Abstracts Böblingen 7. Februar 2009 Braunschweig 25. April 2009 Neustadt/Weinstraße 19. September 2009 Bochum 21. März 2009 Magdeburg 5. Dezember 2009 Gladbeck 13. Juni 2009 Rostock 12. September 2009 München 10. Oktober 2009 Chronische Entzündungen und Malignome gastrointestinaler Organe Rostock Samstag, 12. September 2009 9.00 – 16.00 Uhr Veranstaltungsort: Hotel Neptun Seestraße 19 18119 Rostock-Warnemünde Wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. J. Emmrich, Rostock

Upload: others

Post on 06-Nov-2019

0 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

Abstracts

Böblingen7. Februar 2009

Braunschweig25. April 2009

Neustadt/Weinstraße19. September 2009

Bochum21. März 2009

Magdeburg5. Dezember 2009

Gladbeck13. Juni 2009

Rostock12. September 2009

München10. Oktober 2009

Chronische Entzündungen undMalignome gastrointestinaler Organe

Rostock

Samstag, 12. September 20099.00 – 16.00 Uhr

Veranstaltungsort:Hotel NeptunSeestraße 1918119 Rostock-Warnemünde

Wissenschaftliche Leitung:Prof. Dr. J. Emmrich, Rostock

Page 2: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

1

Programm 9.00 Uhr Begrüßung

Prof. Dr. J. Emmrich, Rostock

Sitzung I Vorsitz: Prof. Dr. B. Högemann, Osnabrück Prof. Dr. J. Emmrich, Rostock

9.05 Uhr Chronische Entzündung und Malignome: die immunologischen Grundlagen Prof. Dr. S. Meuer, Heidelberg

9.30 Uhr Die schöne neue Welt der Endoskopie in Ösophagus und Magen Dr. A. Hoffman, Mainz

9.55 Uhr Bildgebung am Dünndarm – Was ist effektiv? PD Dr. U. Wahnschaffe, Berlin

10.20 Uhr Früherkennung und Prävention des Magenkarzinoms Dr. J. Bornschein, Prof. Dr. P. Malfertheiner, Magdeburg

10.40–11.15 Uhr Kaffeepause

Sitzung II Vorsitz: Dr. R. Keller, Wismar Prof. Dr. E. Klar, Rostock

11.15 Uhr Häufig übersehen – die Zöliakie Prof. Dr. B. Lembcke, Gladbeck

11.40 Uhr Reizdarmsyndrom – Nervt das Bauchgehirn? PD Dr. J. Keller, Hamburg

12.05 Uhr Pankreaskarzinom bei chronischer Pankreatitis – praxisrelevant oder Rarität? Schwierige Differenzialdiagnostik, schwierige Therapie Prof. Dr. M.M. Lerch, Dr. A. Aghdassi, Prof. Dr. J. Mayerle, Greifswald

12.30 Uhr Pankreaschirurgie heute (ohne Abstract) Prof. Dr. B. Rau, Rostock

Page 3: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

2

12.55–13.50 Uhr Mittagspause

Sitzung III Vorsitz: Prof. Dr. M.M. Lerch, Greifswald Prof. Dr. B. Rau, Rostock

13.50 Uhr Licht an im Kolon Prof. Dr. H.-J. Schulz, Berlin

14.15 Uhr Biologika bei CED – der Tanz um das goldene Kalb Prof. Dr. J. Emmrich, Rostock

14.40 Uhr Das Karzinomrisiko bei CED – wann, was und wie untersuchen? PD Dr. L. Leifeld, Köln

15.05 Uhr Operation bei CED – und dann? (ohne Abstract) Prof. Dr. E. Klar, Rostock

15.30 Uhr Das hepatozelluläre Karzinom PD Dr. M. Müller-Schilling, Heidelberg

15.55 Uhr Zusammenfassung Prof. Dr. J. Emmrich, Rostock

Anschriften der Referenten und Vorsitzenden siehe Seiten 53–54

Page 4: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

3

Chronische Entzündung und Malignome: die immunologischen Grundlagen

S. Meuer

Institut für Immunologie, Universitätsklinikum Heidelberg

Malignes Wachstum und chronisch entzündliche Prozesse resultieren aus defekten

Signalen, die Zellwachstum und Zelldifferenzierung steuern. Während man mit

ziemlicher Sicherheit weiß, dass malignes Wachstum vorzugsweise mit defekten

Abschaltsignalen („Off-Signals“, z. B. Tumorsuppressor-Gene) assoziiert ist, wird die

chronische Entzündung eher als überstarkes proinflammatorisches Anschaltsignal

(„On-Signal“) interpretiert und dementsprechend therapiert (z. B. TNF-Blockade).

Diese Interpretation des Mechanismus chronisch entzündlicher Prozesse auf der

Ebene der Immunregulation muss nachdrücklich hinterfragt werden. Denn chronisch

entzündliche Prozesse sind, im Gegensatz zu akut entzündlichen Vorgängen,

Immunreaktionen, die „nicht aufhören“. Daraus lässt sich schließen, dass auch die

chronische Entzündung auf der Defizienz von „Off-Signals“ beruhen muss. Auch die

Tatsache, dass entzündliche Reaktionen, die zur Chronizität neigen, eher weniger

symptomatisch verlaufen als akute Entzündungen, widerspricht der weit verbreiteten

Annahme, die chronisch entzündliche Erkrankung sei eine „überstarke“ Inflammation

(Abb. 1). Wirkliche anti-inflammatorische Therapieansätze gibt es bisher noch nicht –

alle, auch die modernsten, Therapeutika sind anti-proinflammatorisch wirkende

Substanzen.

Auf der Suche nach natürlichen Mechanismen der „Anti-inflammation“ kann man

physiologische Milieus analysieren, die potenziell davon bedroht sind, entzündliche

Reaktionen zu generieren: die Grenzflächen des Organismus mit der Außenwelt. Die

größte davon ist die intestinale Mukosa – luminal permanent gegenüber einer

enormen Zahl mikrobieller und nutritiver Fremdantigene exponiert und gleichzeitig

das mit Abstand umfangreichste immunologische Kompartiment des Organismus.

Hier muss es gelingen, adaptive Immunität, also die Immunisierung gegen

Fremdantigene, zu vermeiden, denn ansonsten würden die in der Lamina propria

existierenden T-Lymphozyten Fremdantigen-spezifisch expandiert werden und die

für den Organismus nützlichen luminalen Komponenten in einem Kolitis-ähnlichen

Prozess abstoßen.

Page 5: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

4

Vergleicht man experimentell antigengetriebene Aktivierungsvorgänge von

Leukozyten der gesunden menschlichen Lamina propria mit Leukozyten des

autologen peripheren Blutes, so stellt man fest, dass erstere praktisch nicht auf

T-Zell-Rezeptorstimulation reagieren, während letztere eine klonale T-Zell-Expansion

durchführen. Interessant ist, dass die Kontrolle/Verhinderung T-Zell-getriebener

antigenspezifischer Immunaktivierungsprozesse zumindest zu einem Teil, über

Redox-Mechanismen geschieht: Die intrazellulären Glutathionspiegel in T-Zellen der

Lamina propria sind um ca. 50% niedriger als in zirkulierenden T-Zellen des

peripheren Blutes. Glutathion, ein potentes intrazelluläres Antioxidans, spielt eine

wichtige Rolle für die DNA-Synthese, transkriptionelle Regulation und weitere

molekulare Vorgänge in der Zellaktivierung. In Lamina-propria-T-Lymphozyten sind

die Glutathionspiegel zu niedrig, um deren Proliferation auf T-Zell-Rezeptor-

stimulation zu ermöglichen. Erhöht man deren GSH-Gehalt, z. B. durch Zugabe von

2-ME, so ist die unterdrückte Reaktivität auf T-Zell-Rezeptor-gerichtete Stimuli wieder

hergestellt. Man erkennt aus diesen Befunden: 1. T-Zellen haben keine fixierten

Funktionen, sondern eine funktionelle Plastizität, die in der intestinalen Mukosa über

Redox-Prozesse/GSH-Spiegel kontrolliert wird (Abb. 2). 2. Ein pro-oxidatives Milieu

kann anti-inflammatorisch wirken. Über die Frage, wie dieses pro-oxidative Milieu

erzeugt wird, kann man derzeit nur spekulieren. Immerhin produzieren gesunde

Enterozyten hohe Mengen von Interleukin-10, einem inhibitorischen, anti-

inflammatorischen Zytokin. Interessant ist, dass die anti-inflammatorischen

Wirkungen von Interleukin-10 an die Funktion des Enzyms Hämoxigenase 1

gekoppelt sind, welches Redox-aktive Produkte wie z. B. Kohlenmonoxyd (CO)

generiert.

Ein in chronisch inflammatorische Prozesse involvierter Signalübertragungsweg

enthält als seinen zentralen Regulator das Enzym „PI3-Kinase“. PI3-Kinase, die

vorzugsweise über Membranrezeptoren aktiviert wird, phosphoryliert PKB-AKT, ein

Enzym, welches eine Rolle in der Regulation von Apoptose, Zytokinproduktion,

maligner Transformation und Entzündung spielt. Zum Beispiel steht die Produktion

proinflammatorischer Mediatoren wie TNFα, IL-6 oder IL-8 unter der Kontrolle von

PKB-AKT, die wiederum die Transkriptionsfaktoren NFAT und NFκB reguliert.

Weiterhin aktiviert PI3-Kinase das Enzym NADPH-Oxidase, das aus Sauerstoff

Superoxid-Anionen (O2-) generiert. Überraschend ist, dass die Inaktivierung der

NADPH-Oxidase einen proinflammatorischen Phänotyp zur Folge hat (Tier

Page 6: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

5

experimente). Dies liegt daran, dass aus O2- H2O2 gebildet wird, welches von dem

Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird. Letzteres

wird dann mit der Aminosäure Taurin zu Taurinchloramin (Tau-Cl), einem stabilen

Oxidans, konjugiert, welches einen starken Inhibitor der PI3-Kinase darstellt. Die

Funktion der NADPH-Oxidase darf also nicht (nur) in der Generierung

gewebsschädigender inflammatorischer Sauerstoffradikale gesehen werden,

sondern wohl eher als zentrales Element eines „negative feedback“ Regulators der

PI3-Kinase Aktivität. Ein weiterer Negativregulator der PI3-Kinase Aktivität ist PTEN,

ein klassisches Tumorsuppressor-Molekül. Auch PTEN wird in seiner Aktivität über

Redox-Mechanismen kontrolliert: Das intrazelluläre hochpotente Antioxidans

Thioredoxin inaktiviert PTEN, mit der Folge unkontrollierter Aktivität von PI3-Kinase

und allen daraus resultierenden funktionellen Konsequenzen, zu denen maligne

Transformation und chronische Entzündung gehören (Abb. 3).

Maligne Transformation und chronische Entzündung, 2 miteinander auch klinisch eng

verbundene Entitäten, teilen sich wesentliche Gemeinsamkeiten auf molekularer

Grundlage: Beide beruhen wahrscheinlich vor allem auf defekten „Off-Signals“, deren

bessere Kenntnis gezieltere Möglichkeiten zur kurativen Intervention ermöglichen

könnten.

Page 7: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

6

Page 8: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

7

Die schöne neue Welt der Endoskopie in Ösophagus und Magen

A. Hoffman

Interdisziplinäre Endoskopie, Universitätsmedizin Mainz

Einleitung

Die moderne Medizin ist geprägt durch die rasant fortschreitende Entwicklung der

Computer- und Chiptechnologie mit den damit verbundenen neuen Möglichkeiten der

Bildgebung. Einen führenden Stellenwert in der Gastroenterologie nimmt hierbei die

Entwicklung neuer bildgebender Verfahren in der Endoskopie ein.

High-Definition-Endoskopie

Die hochauflösende Endoskopie kann heute mehr als 1 Million Bildsignale pro Bild

analysieren und durch den neuen Fernsehstandard HDTV bis zu 1080 Videozeilen

pro Einzelbild darstellen, wodurch endoskopische Bilder in einer nie da gewesenen

Detailtreue möglich werden. Des Weiteren kann die hochauflösende Endoskopie mit

der Chromoendoskopie (konventionell oder virtuell) oder der Magnifikations-

endoskopie kombiniert werden.

Chromoendoskopie

Die Chromoendoskopie erfährt heute aktuell eine Renaissance, da die Kombination

von hochauflösender Endoskopie und intravitaler Färbung zu einer besonders

detailreichen Oberflächenstrukturierung führt (1).

Farbstoffe und Färbemethoden Lugolsche Lösung

Die Lugolsche Lösung ist ein jodhaltiger, absorptiver Farbstoff und wird in der Regel als

1–3%ige Lösung (15–20 ml) eingesetzt. Die Anwendung von Lugolscher Lösung dient in

erster Linie dem Erkennen von intraepithelialen Neoplasien und Frühkarzinomen des

Plattenepithels in der Speiseröhre (2–4). Diese Läsionen sind ohne Färbung oft nicht

oder nur sehr schwer von der normalen Schleimhaut zu unterscheiden.

Page 9: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

8

Methylenblau

Methylenblau wird von resorptiver Schleimhaut aufgenommen und führt zu einer

intensiven, reversiblen Blaufärbung der Mukosa (5).

Interessanterweise färbt Methylenblau selektiv das spezialisierte Epithel der Metaplasie

der unteren Speiseröhre, was die Diagnostik des Barrett-Ösophagus verbessert. Die

verlässliche Diagnostik des Barrett-Epithels wird jedoch konterkariert durch das zeitlich

aufwendige Färbeprotokoll und die unzulänglichen Daten bezüglich der Dysplasie-

diagnostik (6).

Essigsäure

Die Essigsäure ist die Kürzeste der Fettsäuren und wird als 1,5%ige Lösung

(10–15 ml) für die Kontrastanhebung in der Endoskopie genutzt (7–8) (Abb. 1).

Die ersten Erfahrungen mit Essigsäure zur Diagnostik des Barrett-Ösophagus stammen

von Guelrued et al., der wiederkehrende, typische Schleimhautmuster im Bereich des

gastroösophagealen Übergangs in 4 Klassen graduierte (7).

Virtuelle Chromoendoskopie Die moderne Prozessortechnologie der hochauflösenden Endoskopiesysteme

eröffnet neuerdings das Anschalten verschiedener Farbfilter während der laufenden

endoskopischen Untersuchung. Damit können einzelne Strukturmerkmale innerhalb

der Schleimhaut selektiv hervorgehoben werden. Zur Erzeugung der Farbfilter wird

entweder das einfallende Licht durch Filter moduliert (NBI-Technik) oder das

reflektierte Licht wird verarbeitet (FICE- oder i-Scan-Technik).

Narrow-Band-Imaging

Das Narrow-Band-Imaging (NBI) ist das bislang etablierteste Verfahren der

Filtertechnologien zur Verbesserung der Differenzierung zwischen neoplastischen

und nicht-neoplastischen Schleimhautarealen (9–12). Neben der Beurteilung der

Mikroarchitektur von Barrett-assoziierten Neoplasien ist vor allem die Kombination

zwischen hochauflösender Endoskopie und NBI für die verbesserte Diagnostik

verantwortlich (13).

i-Scan- und FICE-Imaging Sowohl i-Scan (Pentax, Europe) als auch FICE (Fujinon, Europe) basieren auf

Softwareapplikationen, die rechnerisch die Wellenlängenbereiche des Lichts

Page 10: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

9

verändern. Dadurch können einzelne Anteile der Schleimhaut wie die

Oberflächenstruktur und die Gefäßverzahnung selektiv dargestellt werden. Im oberen

Gastrointestinaltrakt konnte gezeigt werden, dass durch den Einsatz der

Oberflächenakzentuierung (Surface Enhancement) sowie der Gewebedifferenzierung

(p-mode) und Gefäßakzentuierung (v-mode) eine genauere Diagnostik von Läsionen

möglich ist (14) (Abb.2).

Autofluoreszenz Das Prinzip der Fluoreszenzdiagnostik beruht darauf, dass Licht einer bestimmten

Wellenlänge (~ 400–500 nm) mit Fluorophoren in der Submukosa interagiert. In einer

Studie konnte Kara den diagnostischen Vorteil der Autofluoreszenzendoskopie in der

Barrett-Diagnostik zeigen (15). Moderne Endoskopiesysteme können die Vorteile der

hochauflösenden Endoskopie, der Autofluoreszenz und des Narrow-Band-Imaging in

einem Endoskop als „Trimodales Imaging“ vereinen, mit den Ziel, den hohen Anteil

an falsch-positiven Ergebnissen zu vermindern (16) (Abb. 3).

Konfokale Endomikroskopie

Mit der konfokalen Endomikroskopie steht erstmals ein endoskopisches Verfahren

zur Verfügung, das neben der Analyse der Oberflächenstruktur eine mikroskopische

Analyse zellulärer Strukturen der Mukosa in vivo zulässt (Endomikroskopie) (17, 18).

Der entscheidende Unterschied im Vergleich zu allen anderen Techniken ist, dass

hier die Dignität einer Läsion nicht vorhergesagt, sondern unmittelbar in vivo

mikroskopisch bestimmt werden kann. Die konfokale Laserendoskopie wird durch

einen Argonlaser der Wellenlänge von 488 nm (blaues Laserlicht) ermöglicht,

welcher multiple Punkte der Schleimhaut abscannt. Das zweite Endomikroskopie-

system ist katheterbasiert (Mauna Kea, Frankreich) und kann somit über den

Arbeitskanal eines beliebigen Endoskops vorgeschoben werden. Allgemein ist die

Endomikroskopie nur in Kombination mit Kontraststoffen möglich, die eine

Fluoreszenz in dem untersuchten Schleimhautgebiet ermöglichen. Als sehr innovativ

erwies sich die neue Technologie in der Diagnostik des Barrett-Ösophagus (19)

(Abb. 4).

Page 11: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

10

Literatur: 1. Jung M, Kiesslich R. Chromoendoscopy and intravital staining techniques.

Baillieres Best Pract Res Clin Gastroenterol. 1999; 13: 11–19. 2. Ban S, Toyonaga A, Harada H, Ikejiri N, Tanikawa K. Iodine staining for early

endoscopic detection of esophageal cancer in alcoholics. Endoscopy. 1998; 30: 253–257.

3. Dawsey SM, Fleischer DE, Wang GQ, et al. Mucosal iodine staining improves

endoscopic visualization. Cancer. 1998; 83: 220–231. 4. Muto M, Hironaka S, Nakane M, et al. Association of multiple Lugol-voiding

lesions with synchronous and metachronous esophageal squamous cell carcinoma in patients with head and neck cancer. Gastrointest Endosc. 2002; 56: 517–521.

5. Canto M, Setrakian S, et al. Methylene blue selectively stains intestinal

metaplasia in Barrett's esophagus. Gastrointest Endosc. 1996; 44: 1–7. 6. Wong RK, Horwhat JD, Maydonovitch CL. Sky blue or murky waters: the

diagnostic utility of methylene blue. Gastrointest Endosc. 2001; 54: 409–413. 7. Guelrud M, Herrera I, Essenfeld H et al. Enhanced magnification endoscopy: a

new technique to identify specialized intestinal metaplasia in Barrett’s esophagus. Gastrointest Endosc. 2001; 53: 559–565.

8. Hoffman A, Kiesslich R, Bender A, et al. Acetic acid-guided biopsies after

magnifying endoscopy compared with random biopsies in the detection of Barrett's esophagus: a prospective randomized trial with crossover design. Gastrointest Endosc. 2006; 64: 1–8.

9. Overhiser AJ, Sharma P. Advances in endoscopic imaging: narrow band

imaging. Rev Gastroenterol Disord. 2008; 8: 186–193. 10. Gross SA, Wallace MB. Hold on Picasso, narrow band imaging is here.

Am J Gastroenterol. 2006; 101: 2717–2718. 11. Singh R, Anagnostopoulos GK, Yao K, et al. Narrow-band imaging with

magnification in Barrett's esophagus: validation of a simplified grading system of mucosal morphology patterns against histology. Endoscopy. 2008; 40: 457–463.

12. Kara MA, Peters FP, Rosmolen WD, et al. High-resolution endoscopy plus

chromoendoscopy or narrow-band imaging in Barrett's esophagus: a prospective randomized crossover study. Endoscopy 2005; 37: 929–936.

13. Kara MA, Bergman JJ. Autofluorescence imaging and narrow-band imaging for

the detection of early neoplasia in patients with Barrett's esophagus. Endoscopy. 2006; 38: 627–631.

Page 12: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

11

14. Hoffman A, Basting N, Goetz M, et al. High-definition endoscopy with i-Scan and Lugol's solution for more precise detection of mucosal breaks in patients with reflux symptoms. Endoscopy. 2009; 41: 107–112.

15. Kara MA, Peters FP, Fockens P et al. Endoscopic video-autofluorescence

imaging followed by narrow band imaging for detecting early neoplasia in Barrett’s esophagus. Gastrointest Endosc. 2006; 64: 176–185.

16. Curvers WL, Singh R, Wong Kee Song LM et al. Endoscopic tri-modal imaging

for detection of early neoplasia in Barrett’s oesophagus; a multi-centre feasibility study using high-resolution endoscopy, autofluorescence imaging and narrow band imaging incorporated in one endoscopy system. Gut. 2008; 57: 167–172.

17. Chen JT, Chen RM, Lin YL, et al. Confocal laser scanning microscopy: an

overview of principle and practice in biomedical research. Acta Anaesthesiol Taiwan. 2004; 42: 33–40.

18. Robinson JP. Principles of confocal microscopy. Methods Cell Biol. 2001; 63:

89–106. 19. Kiesslich R, Gossner L, Dahlmann A, et al. In vivo histology of Barrett’s

esophagus and associated neoplasias by confocal laser endomicroscopy. Clin Gastroenterol Hepatol. 2006; 4: 979–987.

Abb. 1: Barrett-Ösophagus nach Färbung mit Essigsäure

A: Lachsfarbene Zylinderepithelzungen am gastroösophagealen Übergang B: Oberflächenanhebung nach lokaler Applikation von Essigsäure C: Typisches villöses Epithel, Typ IV nach Guelrud D: Histologische Bestätigung einer intestinalen Metaplasie

Page 13: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

12

Abb. 2: Narrow-Band-Imaging beim Plattenepithelkarzinom

A: Weißlichtendoskopie B: Narrow-Band-Imaging C: Lugolfärbung D: Ovoid lesions Abb. 3: Refluxösophagitis nach Lugolfärbung und unter i-Scan

A: Weißlichtendoskopie B: Los Angeles A nach Lugolfärbung C: Los Angeles A unter i-Scan v-mode (vessel mode) D: Los Angeles A unter i-Scan p-mode (pattern mode)

Page 14: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

13

Abb. 4: Konfokale Darstellung des Barrett-Ösophagus

Typische Zylinderepithelzunge (A) in der videoendoskopischen Aufsicht. In der endomikroskopischen Darstellung können neben villösen Krypten die für die inkomplette intestinale Metaplasie (Barrett-Metaplasie) charakteristischen Becherzellen (B, Pfeile) dargestellt werden. Die inkomplette intestinale Metaplasie kann in der konventionellen Histologie (C) bestätigt werden. Die in-vivo-Diagnose des Barrett-Ösophagus ist mithilfe der konfokalen Endomikroskopie möglich. Korrespondenzadresse: Dr. Arthur Hoffman I. Med. Klinik und Poliklinik Universitätsmedizin Mainz der Johannes Gutenberg Universität Langenbeckstr. 1 55131 Mainz Tel.: (0 61 31) 17 72 99 Fax: (0 61 31) 17 55 52

Page 15: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

14

Bildgebung am Dünndarm – Was ist effektiv?

U. Wahnschaffe

Innere Medizin, Ev. Waldkrankenhaus Spandau, Berlin

Die Dünndarmdiagnostik basierte ursprünglich nahezu ausschließlich auf der

radiologischen Doppelkontrastuntersuchung, die somit über viele Jahre auch den

Goldstandard zur Fragestellung pathologischer Veränderungen am Dünndarm

darstellte. Auch heute noch stellen die in der Radiologie ansässigen

Schnittbildverfahren eine wichtige Säule der bildgebenden Untersuchungsverfahren

des Dünndarms dar, wobei das klassische Enteroklysma nach Sellink mittlerweile

immer häufiger durch das CT-Sellink oder MRT-Sellink ersetzt wird.

Besonders durch die technische Weiterentwicklung hat auch die transabdominelle

Sonografie in den letzten Jahren ihren Stellenwert in der Dünndarmdiagnostik

ausgebaut. Als ubiquitär verfügbares Untersuchungsverfahren erlaubt die Sonografie

für viele Fragestellungen hoch spezifische Diagnosen. Zudem eignet sich die

Sonografie (als derzeit am wenigsten den Patienten belastendes Verfahren) als

Methode der Wahl in der engmaschigen Verlaufskontrolle.

Mit dem Beginn des 21. Jahrhunderts wurde die Dünndarmdiagnostik durch die

Einführung der beiden endoskopischen Untersuchungsverfahren der

Kapselendoskopie und nachfolgend der Ballon-Enteroskopie nochmals deutlich

erweitert. Dabei ist besonders die Ballon-Enteroskopie, durch die über die visuelle

Diagnostik hinausgehende Möglichkeit der Probenentnahme sowie deren Möglichkeit

der interventionellen Therapie, eine wichtige Ergänzung, die heute aus der modernen

diagnostischen und therapeutischen Endoskopie nicht mehr wegzudenken ist.

Zusammenfassend stehen für die Dünndarmdiagnostik zahlreiche bildgebende

Untersuchungsverfahren zur Verfügung, die es erlauben, den gesamten Dünndarm

sowohl visuell als auch ergänzend morphologisch zu untersuchen. Dabei wird die

Kombination von Art und Anzahl der einzelnen Verfahren entscheidend bestimmt von

der klinischen Fragestellung und ist für jeden Patienten individuell festzulegen.

Page 16: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

15

Früherkennung und Prävention des Magenkarzinoms

J. Bornschein, P. Malfertheiner

Otto-von-Guericke Universität Magdeburg, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie

und Infektiologie, Magdeburg

Abstract Das Magenkarzinom ist zum Zeitpunkt der Diagnosestellung meist fortgeschritten

und die Chancen auf eine Heilung nur noch gering. Dies verweist auf die

Notwendigkeit einer Verbesserung der Früherkennung und Prävention.

Zur Früherkennung ist die Endoskopie das effektivste Verfahren, sie kann jedoch in

Europa aufgrund des ungünstigen Kosten-Nutzen-Verhältnisses nicht für ein

generelles Massenscreening empfohlen werden. Hier sind günstige und einfach

applizierbare Methoden wie beispielsweise serologische Testverfahren gefragt, um

Hochrisiko-Patienten zu selektionieren, die dann einem gezielten endoskopischen

Screening zugeführt werden.

Helicobacter pylori (H. pylori) ist der wichtigste Risikofaktor für das Magenkarzinom,

was durch eine klare Kausalkette belegt ist. Die H. pylori-Eradikation als Strategie für

eine effektive Prävention konnte bisher nur selektiv und bei Risikogruppen umgesetzt

werden.

COX-Inhibitoren und Modulatoren gastrinabhängiger Signalwege werden aktuell auf

ihr Potenzial hinsichtlich einer Hemmung der gastralen Karzinogenese untersucht.

Diätetische Einflüsse und Wirtsfaktoren wie Mutationen im E-Cadherin-Gen müssen

bei der Erstellung eines individuellen Risikoprofils Berücksichtigung finden.

Hintergrund und Epidemiologie Das Magenkarzinom steht, trotz eines generellen Rückgangs der Inzidenz in den

Industrienationen, nach wie vor weltweit an zweiter Stelle hinsichtlich tumorbedingter

Todesfälle. Global betrachtet zeigt sich eine starke regionale Variabilität bezüglich

Inzidenz und Mortalität (Tab. 1). Auch in Deutschland wird jährlich bei knapp

20.000 Patienten die Diagnose eines Magenkarzinoms gestellt (3).

Verbesserte hygienische und allgemeine Lebensbedingungen, aber insbesondere

der Rückgang der H. pylori-Infektion, werden für den rückläufigen Trend in der

westlichen Welt verantwortlich gemacht. Dies gilt nicht für die Entwicklungsländer.

Hier wird im Rahmen des stetigen Bevölkerungszuwachses eher mit einer weiteren

Page 17: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

16

Zunahme der Neuerkrankungen um etwa 19% bis 2010 und darüber hinaus

gerechnet (19). In den westlichen Ländern zeichnet sich eine Verschiebung der

Lokalisation des Magenkarzinoms ab, mit einer deutlichen Zunahme von Karzinomen

des proximalen Magens beziehungsweise des ösophagogastralen Übergangs. Für

eine exakte Zuordnung der Neoplasien am ösophagogastralen Übergang sollte die

Trennung nach der von Siewert und Stein vorgeschlagenen AEG-Klassifikation

erfolgen (AEG = adenocarcinoma of the esophagogastric junction) (21). Eine

konsequente Einteilung dieser Tumoren ist von größter Bedeutung, da bis heute

kontrovers diskutiert wird, inwieweit sich proximale von distalen Magenkarzinomen

hinsichtlich ihres Risikoprofils (insbesondere H. pylori-Infektion und gastro-

ösophageale Refluxerkrankung) und ihrer molekularbiologischen Charakteristika

unterscheiden. Die 1965 von Laurén vorgeschlagene histologische Einteilung in

einen intestinalen und einen diffusen Typ besitzt weiterhin Gültigkeit (Tab. 2).

Trotz Aufdeckung grundlegender molekularer Mechanismen, die zur Entstehung und

zum Fortschreiten der Erkrankung führen, sind die Resultate im Hinblick auf eine

Weiterentwicklung von sowohl Therapieoptionen als auch Früherkennungsmaß-

nahmen enttäuschend. 80% der Patienten werden in fortgeschrittenem Tumor-

stadium diagnostiziert, wenn eine kurative – zumeist operative – Therapie nicht mehr

möglich ist. In der Regel besteht bei Diagnosestellung nur eine sehr kurze Anamnese

von Alarmsymptomen wie Gewichtsverlust, Appetitverlust, Anämie, begleitet von

epigastrischen Schmerzen und Übelkeit mit Erbrechen. 40% der Patienten

präsentieren sich sogar ohne jegliche dyspeptische Beschwerden (Abb. 1) (20).

Die Möglichkeiten der Primärprävention sind nach wie vor sehr eingeschränkt, da

allein die H. pylori-Infektion einen klar definierten Risikofaktor darstellt, der

präventiven Maßnahmen zugänglich ist. Dementsprechend wird der Sekundär-

prävention durch Früherkennungs- und Screeningmaßnahmen große Bedeutung

beigemessen.

Screening der Bevölkerung Studien zur Wertigkeit eines Massenscreenings der allgemeinen Bevölkerung auf

das Vorliegen von Magenkarzinomen oder Vorläuferläsionen sind bislang nur in

asiatischen Regionen mit hoher Inzidenz von Magenkarzinomen durchgeführt

worden. Lee et al. präsentierten eine bevölkerungsbasierte Kohortenstudie mit etwa

42.000 eingeschlossenen Individuen in Japan mit einem Follow-up von mehr als

13 Jahren (13). Bei 36% war ein Screening auf maligne Neoplasien des oberen

Page 18: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

17

Gastrointestinaltrakts durchgeführt worden. Es zeigte sich keinerlei Unterschied

bezüglich der Inzidenz des Magenkarzinoms zwischen der gescreenten und der

nicht-gescreenten Gruppe, wohl aber ein vermindertes Auftreten von Karzinomen in

fortgeschrittenem Stadium bei gescreenten Patienten (RR 0,75). Weiterhin konnte

ein um die Hälfte vermindertes Risiko bezüglich der karzinombedingten Mortalität

gezeigt werden (RR 0,52). Dies zeigte sich umso ausgeprägter, je jünger die

Patienten waren, was einen altersabhängigen Effekt andeutet.

Das verlässlichste Verfahren zur Früherkennung und Diagnose gastraler Neoplasien

ist die Endoskopie mit der Entnahme von Standardbiopsien. Über einen 3-Jahres-

Zeitraum verglichen Tashiro et al. die Ergebnisse endoskopischer Untersuchungen

mit denen radiologischer Verfahren bei jährlich etwa 35.000 Patienten in Niigata,

Japan (23). Die Gastroskopie wies eine Nachweisrate von 87% auf, 4,6-fach höher

als die Vergleichsmethoden (Breischluck, Fotofluorografie). Auch wenn die Kosten

für die einzelne Untersuchung für die Endoskopie am höchsten lagen, so war es

doch das günstigste Verfahren, bezogen auf die Ausgaben pro entdecktem

Magenkarzinom. Man muss dabei jedoch beachten, dass diese Untersuchungen in

Regionen mit hoher Inzidenz durchgeführt wurden, in denen auch eine hohe Dichte

an extrem versierten gastroenterologischen Untersuchern bestand. Es ist mehr als

fraglich, ob sich diese Daten auf andere Regionen, insbesondere in der westlichen

Welt, übertragen lassen. In einer retrospektiven Analyse aus Singapur, die das

Kosten-Nutzen-Verhältnis eines Massenscreenings über einen Zeitraum von

24 Jahren evaluierte, zeigte sich, dass dieses nur in Moderat- bis Hochrisiko-

populationen positiv ausfällt (4). In Gegenden mit deutlich niedrigerer Inzidenz wie

Europa oder Nordamerika wird eine kostengünstige Methode, die einfach anwendbar

und ubiquitär verfügbar ist, dringend benötigt, um Individuen mit Hochrisikoprofil zu

selektionieren.

Eine allgemeine Empfehlung zu einem bevölkerungsbasierten Massenscreening

mittels Endoskopie oder radiologischer Techniken kann momentan nicht

ausgesprochen werden.

Serologische Tests In den letzten Jahren war die Suche nach validen serologischen Markern, die die

Identifizierung von Patienten mit hohem Risiko für die Entwicklung des

Magenkarzinoms ermöglichen, von äußerster wissenschaftlicher Brisanz.

Hauptsächlich lag das Augenmerk hier auf der Bestimmung einer Kombination von

Page 19: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

18

serologischen Parametern, im Einzelnen Gastrin 17, Pepsinogen I und II und

Antikörpern gegen H. pylori.

Analysen zeigen, dass Patienten mit atrophischer Korpusgastritis erniedrigte

Pepsinogen-I-Spiegel und ein erniedrigtes Pepsinogen-I/II-Verhältnis aufwiesen,

wohingegen Gastrin 17 im Serum eher erhöht war. Im Gegensatz dazu sind bei einer

Antrum-prädominanten Gastritis die Gastrin-17-Spiegel erniedrigt. Die Kombination

dieser serologischen Parameter mit einer Bestimmung der H. pylori-Antikörper (IgG)

ermöglicht eine noch bessere Einschätzung des individuellen Risikos für die

Entwicklung eines Magenkarzinoms. Aufgrund multipler Einflussfaktoren scheinen

derartige serologische Untersuchungen jedoch eher für ein Screening auf

atrophische Gastritis als auf das Magenkarzinom geeignet (5).

Miki zeigte in einer Metaanalyse von mehr als 40 Studien mit über 300.000

eingeschlossenen Patienten, dass eine „serologische Biopsie“ heutzutage noch nicht

für ein Routinescreening für das Magenkarzinom anwendbar ist, allerdings

komplementäre Informationen liefern kann, was die Selektion von Hochrisiko-

Individuen angeht (17).

Die Entwicklung sichererer und günstigerer Methoden und die Identifikation von

validen serologischen Markern sind die wichtigsten Aufgaben für die nächsten Jahre

(Abb. 2).

Ernährung und Chemoprävention Einen mindestens ebenso großen Stellenwert wie die Weiterentwicklung und

Verbesserung von Maßnahmen und Techniken zur Früherkennung hat die

Optimierung der Primärprophylaxe des Magenkarzinoms.

Die Relevanz diätetischer Faktoren ist noch nicht eindeutig belegt, zumal multiple

Einflussfaktoren die Durchführung gezielter Studien erschweren. Eindeutig

nachgewiesen ist das karzinogene Potenzial von Nitroso-Verbindungen, wohingegen

der Einfluss von stark gesalzenen oder gepökelten Speisen noch umstritten ist (8).

Ein gewisser protektiver Effekt wird Knoblauch und Zwiebeln beigemessen. Der

allgemein angenommene positive Einfluss von Obst und Gemüse ist jedoch nicht

bewiesen, wenn auch Vieles darauf hinweist.

Der Nutzen von Antioxidanzien wie Ascorbinsäure, β-Carotin oder Tocopherol

(Vitamin E) in der Krebsprävention kann auch auf das Magenkarzinom übertragen

werden. Es wurde gezeigt, dass diese Substanzen im Falle einer H. pylori-

induzierten Gastritis vermindert vorliegen und dass eine Substitution einen weiteren

Progress präneoplastischer Veränderungen hemmen kann.

Page 20: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

19

1997 untersuchten Tredaniel et al. in einer Metaanalyse von 40 Studien inwieweit

Rauchen das Risiko für gastrale Malignome erhöht (24). Sie berichteten von einer

kausalen Beteiligung bei 11% aller gastralen Adenokarzinome weltweit, mit einem

bei Rauchern erhöhten Risiko um den Faktor 1,5–1,6 im Vergleich zu Nichtrauchern.

Ausgeprägter Alkoholkonsum ist eher assoziiert mit Tumoren des Ösophagus als des

Magens und spielt daher nur eine untergeordnete Rolle in der gastralen

Karzinogenese.

Weiter im Brennpunkt als mögliche präventiv einsetzbare Substanzen stehen

Inhibitoren der Cyclooxygenase wie traditionelle nicht-steroidale Antirheumatika

(NSAR) oder auch spezifische COX-2-Hemmer. COX-2-Inhibitoren haben in

mehreren Studien einen hemmenden Effekt hinsichtlich der Entstehung und des

Progresses von Magenkrebs gezeigt und teilweise sogar eine Remission bzw.

Reversibilität präneoplastischer Läsionen bewirkt (Tab. 3) (18). Hier ist intensive

Forschung gefragt, um diese Daten zu bestätigen und die dahinter stehenden

Mechanismen zu beleuchten.

Ein weiterer Angriffspunkt sind gastrinabhängige Signalwege, die in den letzten

Jahren vermehrt in den Fokus des Interesses gerückt sind. Die Relevanz dieses

gastralen Hormons für eine intakte mukosale Homöostase wurde eingehend

untersucht und seine komplexe Rolle in der gastralen Karzinogenese aufgedeckt.

Diese liegt in der Regulation von sowohl Proliferation als auch Angiogenese und der

Bildung invasiver Gewebeverbände (27). Es zeigt sich auch ein Einfluss des Gastrins

auf H. pylori-bedingte mukosale Veränderungen. In Tiermodellen konnte gezeigt

werden, dass eine Antagonisierung einer konstitutiven Gastrinexpression und

-sekretion bei INSGAS-Mäusen mit H. felis-induzierter Gastritis eine Verzögerung

oder sogar einen Arrest einer weiteren Atrophie und des Fortschreitens zu malignen

Läsionen mit sich bringt (22). Die Möglichkeiten der Modulation gastrinabhängiger

Signalwege bedürfen allerdings noch weiterer Untersuchungen unter klinischen

Bedingungen.

Das familiäre (genetisch bedingte) Magenkarzinom Hereditäre genetische Veränderungen sind für 5–10% aller Magenkarzinome

verantwortlich (2). Die Mehrheit in solchen Fällen stellen Adenokarzinome vom

diffusen Typ dar, wohingegen bei intestinalen Karzinomen die Akkumulation von

Umweltfaktoren relevanter erscheint als Keimbahnmutationen bestimmter Gene.

Aktuell am besten charakterisiert ist die Keimbahnmutation des E-Cadherin-Gens auf

Page 21: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

20

Chromosom 16, welche erstmals 1998 von Guilford et al. beschrieben wurde. Der

Verlust des funktionell aktiven E-Cadherin-Gens ist verantwortlich für eine

Verminderung der Zell-Zell-Kontakte des Epithels, was die Voraussetzungen schafft

für zelluläre Migration und die Bildung invasiv wachsender Gewebeverbände. Eine

Fehlbindung im E-Cadherin/β-Catenin-Komplex löst β-Catenin von den Membranen

und bedingt einen größeren zytoplasmatischen Pool, der mit zur Aktivierung der Wnt-

Signalkaskade beiträgt. Dies und die β-Catenin-assoziierte Aktivierung der T-Zell-

Faktor (TCF)-abhängigen Transkription führt zur Aktivierung mehrerer weiterer

Zielgene wie Zyklinen und Matrixmetalloproteinasen, denen entscheidende

Bedeutung für die Initiation von gastralen Karzinomen beigemessen wird.

Die Mutation des E-Cadherin-Gens (CDH I) ist autosomal-rezessiv, wobei ein Allel in

der Regel verändert ist und das zweite direkt in der gastralen Mukosa deaktiviert wird

(z. B. durch Hypermethylierung, somatische Mutationen, „Loss of heterogenicity“,

intrasequenzielle Deletion oder spezifische Polypmorphismen). Es sind über

30 verschiedene Mutationen bekannt, die für mindestens 30% der hereditären

diffusen Magenkarzinome ursächlich verantwortlich gemacht werden, mit einer

Pentranz von 75–80%. CDH-I-Mutationen spielen allerdings nicht nur eine Rolle bei

hereditären Karzinomen. In 40–80% aller primär gastralen Adenokarzinome konnte

eine Hypermethylierung des CDH-I-Promotors gezeigt werden. Weiterhin gut

charakterisiert sind Polymorphismen des IL1β-Gens, welche ebenfalls mit einem

erhöhten Risiko für Magenkarzinome assoziiert sind (OR 1,9) (7). Dies zeigt sich

noch deutlicher, wenn gleichzeitig auch das TNF-α-Gen betroffen ist.

Falls bei Familienmitgliedern von Patienten mit Magenkrebs eine der entscheidenden

Mutationen nachgewiesen wird, sollte ein striktes Vorsorgeregime empfohlen

werden. Umstritten ist nach wie vor die Empfehlung einer prophylaktischen

Gastrektomie, welche jedoch bei Individuen mit hohem Risikoprofil in Erwägung

gezogen werden sollte. Erstgradige Angehörige von Patienten mit Magenkarzinomen

sollten generell auf das Vorhandensein einer H. pylori-Infektion untersucht werden.

Helicobacter pylori 1994 definierte die „International Agency for the Research on Cancer“ (IARC) den H.

pylori als Karzinogen der Klasse I, im Hinblick auf seine kausale Beteiligung in der

Entwicklung des Magenkrebs. Ein mehrstufiger Prozess, der von einer H. pylori-

bedingten Gastritis über eine chronisch atrophische Gastritis, eine intestinale

Page 22: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

21

Metaplasie und niedrig- bis höhergradige dysplastische Veränderungen bis hin zu

invasiven Karzinomen führt, konnte nur in Tiermodellen nachvollzogen werden (16).

Zwei asiatische Arbeitsgruppen demonstrierten 1998 diese erstmals von Correa

beschriebenen sequenziellen mukosalen Veränderungen in Helicobacter-infizierten

Wüstenrennmäusen (10, 26). Die H. pylori-induzierten molekularen Veränderungen,

die dabei auftreten (Abb. 3) wirken sich vor allem auf die Zellproliferation und das

Zellwachstum sowie auch auf einen Verlust der Zell-Zell-Kontakte und eine

verstärkte Angiogenese aus und sind vor allem für das Karzinom vom intestinalen

Typ gut beschrieben. Zum Teil können diese Prozesse jedoch auch in gleichem

Maße bei Karzinomen vom diffusen Typ nachvollzogen werden (14).

Epidemiologische Daten zur Prävalenz der H. pylori-Infektion bei Patienten mit

Magenkarzinom zeigten ein deutlich erhöhtes Risiko durch die Infektion. Uemura et

al. zeigten bei 1500 Patienten, die wegen dyspeptischer Beschwerden oder Ulzera

des Magens eine endoskopische Untersuchung des oberen Gastrointestinaltrakts

erhalten hatten, dass Magenkarzinome ausschließlich bei H. pylori-positiven

Patienten auftraten (25). In einer Metaanalyse von Huang, der die Ergebnisse aus

insgesamt 19 Studien mit etwa 2500 Magenkarzinom-Patienten und beinahe

4000 Kontrollen auswertete, lag die Odds-Ratio (OR) für die Entstehung eines

gastralen Adenokarzinoms bei 1,92 für H. pylori-positive Patienten (11). Die

„Helicobacter and Cancer Collaborative Group“ fasste die Daten aus

12 Fallkontrollstudien zusammen und konnte sogar ein noch höheres Risiko

demonstrieren, mit einer OR von 3,0–5,92, je nachdem, zu welchem Zeitpunkt vor

Erstdiagnose der serologische Nachweis der H. pylori-Infektion geführt wurde (1).

Entscheidend für das Helicobacter-bedingte Risiko für die Entwicklung eines

Magenkarzinoms sind auch bakterielle Virulenzfaktoren, von denen CagA die größte

onkogene Relevanz zu besitzen scheint. Eine Metaanalyse bezüglich des

zusätzlichen Einflusses durch bakterielle Virulenzfaktoren zeigte eine zusätzliche

Erhöhung des Risikos um den Faktor 1,64 im Falle einer Infektion mit CagA-positiven

Stämmen im Vergleich zu CagA-negativen (16 Studien mit 5054 eingeschlossenen

Patienten) (12). Ekström konnte die Relevanz des CagA-Status für eine realistische

Risikoeinschätzung der Helicobacter-bedingten Magenkarzinogenese bestätigen.

Wurde der H. pylori-Status allein durch einen IgG-ELISA bestimmt, zeigte sich eine

OR von 2,2 für die Entstehung eines Magenkarzinoms. Wurde auch der CagA-Status

in die Analyse miteinbezogen, stieg die OR auf 21,0, also fast das 10-fache (6).

Eine gewisse wirtsbedingte Suszeptibilität hinsichtlich einer H. pylori-assoziierten

Page 23: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

22

mukosalen Schädigung sollte jedoch nicht außer Acht gelassen werden. So zeigen

Angehörige von Patienten mit Magenkarzinomen eine signifikant stärker ausgeprägte

H. pylori-bedingte Entzündung als Patienten ohne positive Familienanamnese.

Letztendlich bleibt jedoch die entscheidende Frage, ob eine Eradikation des Keims

das Potenzial besitzt, die Entstehung des Magenkarzinoms zu verhindern, wie sich

dies in Tiermodellen andeutet (14).

Obwohl mehrere Humanstudien eine Reduktion prämaligner Läsionen nach

Eradikation demonstrierten, ist die Datenlage bezüglich einer mittels Eradikation

durchführbaren Prävention des Magenkarzinoms äußerst unbefriedigend und bei

Weitem nicht ausreichend. Mehrere groß angelegte Studien aus asiatischen

Regionen mit hohen Inzidenzraten zeigen positive Resultate, leider jedoch meist

ohne statistische Signifikanz, sodass der definitive Beleg für einen Nutzen der

Eradikation von H. pylori zur Prävention gastraler Adenokarzinome noch aussteht

(16). In einer prospektiven, randomisierten, Plazebo-kontrollierten Studie mit

1630 Patienten mit 7 Jahren Nachbeobachtungszeit demonstrierte Wong eine

geringere Inzidenz des Magenkarzinoms nach H. pylori-Eradikation. Dies bezog sich

allerdings nur auf Patienten, die initial keine präkanzerösen Läsionen zeigten (28).

Einen endgültigen Beweis für den Nutzen der Eradikationstherapie zur

Magenkarzinomprävention konnte auch diese Studie nicht erbringen. Graham

kalkulierte, dass für eine adäquate Analyse der Einschluss von 17.625 Patienten

nötig wäre (9). Eine derartige Studie ist jedoch aufgrund offensichtlicher ethischer

Aspekte nicht vertretbar.

Aktuell gibt es keine breite Anwendung der H. pylori-Eradikation als

Präventivmaßnahme zur Bekämpfung des Magenkarzinoms. Die Hauptargumente

gegen diese Indikation sind im Wesentlichen a) das fehlende Kosten-Nutzen-

Verhältnis in Regionen niedriger Inzidenz, b) die nach wie vor komplexe Therapie

(Tripeltherapie in Deutschland: Amoxicillin, Clarithromycin und ein Protonen-

pumpeninhibitor) und c) der unweigerliche Anstieg der sowohl spezifischen als auch

allgemeinen Antibiotika-Resistenz. Eine Alternative zur Tripeltherapie existiert noch

nicht. In den letzten Jahren wurde die Möglichkeit einer Impfung gegen H. pylori

intensiv untersucht. Jedoch ist es trotz engagierter Forschung noch nicht gelungen,

eine wirksame Vakzine zu entwickeln, die für eine breite Erprobung in der klinischen

Routine zur Verfügung steht.

In Deutschland liegt eine „Test-and-Treat“-Strategie noch in ferner Zukunft. Lediglich

für Patienten mit definiertem Risikoprofil sollte dies angeraten werden, wie z. B.

Page 24: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

23

Individuen mit peptischer Ulkuserkrankung, erstgradigen Verwandten von Patienten

mit Magenkarzinomen, Patienten nach kurativer Resektion von Magenkarzinomen,

allerdings auch Personen, bei denen eine Langzeittherapie mit entweder

Säureblockern oder auch nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) vorgesehen ist.

Weiterhin sollte eine Überprüfung des Helicobacter-Status bei Patienten mit

präneoplastischen mukosalen Alterationen (intestinale Metaplasie, mukosale

Atrophie) erfolgen.

Auch wenn das „Teste-und-Behandle“ bei der H. pylori-Infektion noch nicht in Sicht

ist, so sollten doch Algorithmen zur Überwachung von Patienten mit H. pylori-

assoziierten präneoplastischen Veränderungen etabliert werden. Es besteht

nachhaltige Evidenz, dass der Zeitpunkt der Eradikation entscheidend ist, was die

Prävention von Magenkarzinomen betrifft. Wenn derartige mukosale Veränderungen

(Atrophie der Drüsenkörper, intestinale Metaplasie) bereits vorhanden sind, hat die

Beseitigung des Helicobacter nur noch einen limitiert hemmenden Effekt auf ein

weiteres Fortschreiten zur malignen Neoplasie. Eine wesentliche Herausforderung

besteht in der Definition des sogenannten „point of no return“, ab dem eine

Remission der Läsionen nicht mehr möglich ist. Dieser Sachverhalt muss jedoch neu

diskutiert werden, nachdem jüngere Langzeitstudien gezeigt haben, dass nach

längerer Nachbeobachtung (zum Teil mehr als 10 Jahre) bei einem Anteil der

Patienten doch eine Remission auftreten kann. Auch wenn diese Frage noch nicht

eindeutig beantwortet ist, sollte die regelmäßige endoskopische Überwachung von

Patienten mit präneoplastischen Läsionen dringend empfohlen werden (15).

Zusammenfassung Entgegen dem globalen Rückgang der Inzidenz gastraler Adenokarzinome, sind sie

dennoch eine der bedrohlichsten malignen Erkrankungen mit nur begrenzten

therapeutische Optionen und einer sehr eingeschränkten klinischen Prognose.

Neben den Anstrengungen, neue Therapiemodalitäten zu entwickeln, liegt die größte

Herausforderung der kommenden Jahre in der Entwicklung und Etablierung von

fundierten Strategien zur Früherkennung und Prävention des Magenkarzinoms.

Einfache und kostengünstige diagnostische Methoden sind erforderlich, um weltweite

Screening-Programme zur Identifikation von Hochrisiko-Patienten zu ermöglichen,

die dann einem ausführlicheren Überwachungsprogramm zugeführt werden.

Bestehende Optionen, wie die Detektion und Eradikation des H. pylori sollten auf

einer globalen Basis verfügbar gemacht werden.

Page 25: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

24

Abb. 1: Endoskopisches Bild eines Magenkarzinoms Abgebildet ist ein präpylorisch, an der Magenvorderwand liegendes, gering differenziertes Adenokarzinom vom diffusen Typ. Der Patient hatte sich initial mit Teerstuhl und Makrohämaturie bei Überdosierung von Vitamin-K-Antagonisten vorgestellt. Dyspeptische Beschwerden wurden verneint.

Abb. 2: Ansätze zur Prävention des Magenkarzinoms Zur Primärprophylaxe stehen noch keine validierten Optionen zur Verfügung, die H. pylori-Eradikation zeigt jedoch das größte Potenzial. Ein generelles Screening kann in Deutschland nicht empfohlen werden, vielmehr sollten Hochrisikopatienten vorselektioniert werden, die dann einem endoskopischen Screening mit Biopsieentnahme zugeführt werden. Die in Asien routinemäßig eingesetzten radiologischen Verfahren sind in Deutschland obsolet.

Page 26: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

25

Abb. 3: H. pylori-induzierte Karzinogenese Dargestellt ist die schematische Abfolge der „Correa-Sequenz“, nach der eine H. pylori-induzierte chronisch aktive Gastritis stufenweise über mukosale Alterationen zu einem gastralen Magenkarzinom vom intestinalen Typ führen kann. Die exakte Sequenz ist in der humanen Karzinogenese noch nicht bewiesen. Einzelne Schritte können ausgelassen werden. Umstritten ist nach wie vor der „point of no return“, d. h. der Punkt in der Sequenz, ab dem kein Regress der Läsionen mehr möglich ist bzw. eine H. pylori-Eradikation keinen Einfluss auf ein weiteres Fortschreiten der mukosalen Veränderungen hat. Ebenso fraglich sind die Alterationen, die zur Entwicklung diffuser Magenkarzinome führen. Tab. 1: Inzidenz und Mortalität des Magenkarzinoms in absoluter Anzahl sowie der relative Anteil an allen malignen Erkrankungen. (modifiziert nach Referenz [19], [3]) Männer Frauen Gesamt Männer Frauen Gesamt Global (absolut) 603.419 330.518 933.937 446.052 254.297 700.349

Global (relativ) 10,4% 6,5% 8,6% 11,8% 8,7% 10,4%

Deutschland (absolut) 11.131 8240 19.371 6578 5797 12.375

Deutschland (relativ) 5,1% 4,0% 4,6% 6,0% 5,8% 5,9%

Page 27: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

26

Tab. 2: Morphologische, klinische und epidemiologische Charakteristika des diffusen und des intestinalen Magenkarzinoms. Merkmal Intestinaler Typ Diffuser Typ Makroskopie Exophytisch, polypös, fokal Ulzerierend, diffus Mikroskopie Glandulär Keine geordnete Architektur,

Siegelringzellen Vorläuferläsion Atrophische Gastritis,

intestinale Metaplasie Nicht-atrophische Gastritis

Prämaligne Läsion Adenom, Dysplasie („Correa-Sequenz“)

Foveoläre Hyperplasie (?)

Alter Höheres Alter Alle Altergruppen, insbesondere auch jüngeres Alter

Geschlecht Männer > Frauen Männer = Frauen Prädilektionsstelle Antrum und Angulusfalte Gesamter Magen, v. a. KorpusMetastasen Lymphknoten, Leber Lymphknoten, diffuse Aus-

breitung in benachbarte Strukturen

Assoziation zu H. pylori

Wichtigster Risikofaktor Wichtigster Risikofaktor

Tab. 3: Epidemiologische Studien zu COX-Inhibitoren in der Prävention des Magenkarzinoms (Tabelle und Literatur nach Referenz [18]) Autor Jahr Studien-

protokoll Patienten Medikation Dauer OR 95% CL

Thun 1993 Kohorten-studie

635.031 Aspirin > 10 Jahre 0.53 0.34–0.81

Farrow1 1998 Fallkontroll-studie

629 Asprin oder NSAR

– 0.46 0.31–0.68

Zaridze1,2 1999 Fallkontroll-studie

448 Aspirin oder NSAR

2 Tage/Woche für 6 Monate

0.60 0.41–0.90

Coogan 2000 Fallkontroll-studie

254 NSAR 4 Tage/Woche für 3 Monate

0.30 0.10–0.60

Langman 2000 Fallkontroll-studie

613 NSAR 7 x in

13–36 Monaten

0.51 0.33–0.79

Akre1 2001 Fallkontroll-studie

567 Aspirin > 30 Tabletten/ Monat

0.70 0.60–1.00

Sorensen 2003 Kohorten-studie

172.057 NSAR > 10 Verschrei-bungen

0.703 0.40–1.10

1Daten bezogen auf nicht-kardiale Magenkarzinome 2Senkung des Risikos auf H. pylori-positive Patienten beschränkt 3SIR = standardisierte Inzidenzratio

Page 28: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

27

Literatur: 1. Helicobacter and Cancer Collaborative Group. Gastric cancer and Helicobacter

pylori: a combined analysis of 12 case control studies nested within prospective cohorts. Gut. 2001; 49: 347–353.

2. Barber M, Fitzgerald RC, Caldas C. Familial gastric cancer – aetiology and pathogenesis. Best Pract Res Clin Gastroenterol. 2006; 20: 721–734.

3. Bertz J, Giersiepen K, Haberland J, Hentschel S, Kaatsch P, Katalinic A, Stabenow R, Stegmaier C, Ziegler H. Krebs in Deutschland – Häufigkeiten und Trends. Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. und das RKI, Saarbrücken, 5. überarbeitete, aktualiserte Auflage, 2006.

4. Dan YY, So JB, Yeoh KG. Endoscopic screening for gastric cancer. Clin Gastroenterol Hepatol. 2006; 4: 709–716.

5. Di Mario F, Moussa AM, Caruana P, Merli R, Cavallaro LG, Cavestro GM, et al. 'Serological biopsy' in first-degree relatives of patients with gastric cancer affected by Helicobacter pylori infection. Scand J Gastroenterol. 2003; 38: 1223–1227.

6. Ekstrom AM, Held M, Hansson LE, Engstrand L, Nyrén O. Helicobacter pylori in gastric cancer established by CagA immunoblot as a marker of past infection. Gastroenterology. 2001; 121: 784–791.

7. El-Omar EM, Carrington M, Chow WH, McColl KE, Bream JH, Young HA, et al. Interleukin-1 polymorphisms associated with increased risk of gastric cancer. Nature. 2000; 404 (6776): 398–402.

8. Forman D, Burley VJ. Gastric cancer: global pattern of the disease and an overview of environmental risk factors. Best Pract Res Clin Gastroenterol. 2006; 20: 633–649.

9. Graham DY, Shiotani A. The time to eradicate gastric cancer is now. Gut. 2005; 54: 735–738.

10. Honda S, Fujioka T, Tokieda M, Satoh R, Nishizono A, Nasu M. Development of Helicobacter pylori-induced gastric carcinoma in Mongolian gerbils. Cancer Res. 1998; 58: 4255–4259.

11. Huang J, Lam SK, Malfertheiner P, Hunt RH. Has education about Helicobacter pylori infection been effective? Worldwide survey of primary care physicians. J Gastroenterol Hepatol. 2003; 18: 512–520.

12. Huang JQ, Zheng GF, Sumanac K, Irvine EJ, Hunt RH. Meta-analysis of the relationship between cagA seropositivity and gastric cancer. Gastroenterology. 2003; 125: 1636–1644.

13. Lee KJ, Inoue M, Otani T, Iwasaki M, Sasazuki S, Tsugane S. Gastric cancer screening and subsequent risk of gastric cancer: a large-scale population-based cohort study, with a 13-year follow-up in Japan. Int J Cancer. 2006; 118: 2315–2321.

14. Malfertheiner P, Fry LC, Mönkemüller K. Can gastric cancer be prevented by Helicobacter pylori eradication? Best Pract Res Clin Gastroenterol. 2006; 20: 709–719.

15. Malfertheiner P, Megraud F, O'Morain C, Bazzoli F, El-Omar E, Graham D, et al. Current concepts in the management of Helicobacter pylori infection: the Maastricht III Consensus Report. Gut. 2007; 56: 772–781.

Page 29: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

28

16. Malfertheiner P, Sipponen P, Naumann M, Moayyedi P, Mégraud F, Xiao SD, et al. Helicobacter pylori eradication has the potential to prevent gastric cancer: a state-of-the-art critique. Am J Gastroenterol. 2005; 100: 2100–2115.

17. Miki K. Gastric cancer screening using the serum pepsinogen test method. Gastric Cancer. 2006; 9: 245–253.

18. Nardone G, Rocco A. Chemoprevention of gastric cancer: role of COX-2 inhibitors and other agents. Dig Dis. 2004; 22: 320–326.

19. Parkin DM, Bray F, Ferlay J, Pisani P. Global cancer statistics, 2002. CA Cancer J Clin. 2005; 55: 74–108.

20. Schmidt N, Peitz U, Lippert H, Malfertheiner P. Missing gastric cancer in dyspepsia. Aliment Pharmacol Ther. 2005; 21: 813–820.

21. Siewert JR, Stein HJ. Classification of adenocarcinoma of the oesophagogastric junction. Br J Surg. 1998; 85: 1457–1459.

22. Takaishi S, Cui G, Frederick DM, Carlson JE, Houghton J, Varro A, et al. Synergistic inhibitory effects of gastrin and histamine receptor antagonists on Helicobacter-induced gastric cancer. Gastroenterology. 2005; 128: 1965–1983.

23. Tashiro A, Sano M, Kinameri K, Fujita K, Takeuchi Y. Comparing mass screening techniques for gastric cancer in Japan. World J Gastroenterol. 2006; 12: 4873–4874.

24. Trédaniel J, Boffetta P, Buiatti E, Saracci R, Hirsch A. Tobacco smoking and gastric cancer: review and meta-analysis. Int J Cancer. 1997; 72: 565–573.

25. Uemura N, Okamoto S, Yamamoto S, Matsumura N, Yamaguchi S, Yamakido M, et al. Helicobacter pylori infection and the development of gastric cancer. N Engl J Med. 2001; 345: 784–789.

26. Watanabe T, Tada M, Nagai H, Sasaki S, Nakao M. Helicobacter pylori infection induces gastric cancer in mongolian gerbils. Gastroenterology. 1998; 115: 642–648.

27. Watson SA, Grabowska AM, El-Zaatari M, Takhar A. Gastrin – active participant or bystander in gastric carcinogenesis? Nat Rev Cancer. 2006; 6: 936–946.

28. Wong BC, Lam SK, Wong WM, Chen JS, Zheng TT, Feng RE, et al. Helicobacter pylori eradication to prevent gastric cancer in a high-risk region of China: a randomized controlled trial. JAMA. 2004; 291: 187–194.

Korrespondenzadresse: Prof. Dr. Peter Malfertheiner Otto-von-Guericke Universität Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie Leipziger Str. 44 39120 Magdeburg Tel.: (03 91) 67 13-100 Fax: (03 91) 67 13-105 E-Mail: [email protected]

Page 30: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

29

Häufig übersehen – die Zöliakie

B. Lembcke

Medizinische Klinik, St. Barbara-Hospital, Gladbeck

Unter den Erkrankungen des Dünndarms sind als Hauptursachen für ein globales

Malassimilationssyndrom die ausgedehnte Resektion (Kurzdarmsyndrom), die

einheimische Sprue (= Zöliakie), die Lambliasis, der M. Whipple und die tropische

Sprue (schwere bakterielle Überwucherung mit partieller Zottenatrophie nach

Tropenaufenthalt) zu nennen.

Dabei beinhaltet die einheimische Sprue (die jetzt einheitlich auch bei erwachsenen

Patienten als Zöliakie angesprochen werden soll), eine facettenreiche Erkrankung,

die ihre originäre pathophysiologische Problematik im Dünndarm hat und daher eine

entsprechende Klinik aufweist. Bei subtiler oder subklinischer intestinaler

Symptomatik stehen aber mitunter durchaus auch andere extraintestinale Symptome

im Vordergrund. Das (zeitgerechte) Erkennen einer Zöliakie hat für den betroffenen

Patienten eine dramatische Bedeutung, bedingt aber ärztlicherseits profunde

differenzialdiagnostische Kenntnisse und Erfahrungen. Neue methodische

Entwicklungen haben jedoch den diagnostischen Zugang zu dieser

Dünndarmerkrankung deutlich verbessert.

Definition: Als einheimische Sprue (Zöliakie) wird die lebenslang persistierende

Unverträglichkeit des menschlichen Organismus gegenüber Gliadin, einer Fraktion

des sog. Klebereiweißes (Gluten) verstanden, die zu tief greifenden Störungen der

Morphologie und Funktion des Dünndarms führt. Charakteristisch, aber nur die

„Spitze des Eisbergs“, ist die Abflachung der Dünndarmmukosa im Sinne einer

totalen oder subtotalen villösen Atrophie (manifeste Sprue).

Diese klassische Definition der einheimischen Sprue umfasste also grundsätzlich

• den Nachweis der Zottenatrophie (duodenale Biopsie oder jejunale

Dünndarmbiopsie) sowie

• den Nachweis des Ansprechens auf diätetischen Glutenentzug (klinische und

morphologische Besserung sowie Besserung der Funktionsparameter).

Page 31: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

30

Mit der Verfügbarkeit des Gewebstransglutaminase (tissue-transglutaminase)-

Antikörpers (IgA-t-TG-AK) wurde die Definition der Erkrankung dahingehend

geändert, dass es sich um eine durch Gluten ausgelöste, immunologisch vermittelte

Erkrankung handelt, deren Diagnose durch den serologischen t-TG-AK-Nachweis in

Verbindung mit einer positiven Dünndarmhistologie gestellt wird.

Der Begriff Sprue leitet sich vom holländischen Wort „sprouw“ (Aphthe, Bläschen) ab.

Hintergrund ist ein gehäuftes Vorkommen von oralen Aphthen bei Sprue-Patienten.

Pädiater bevorzugen den Begriff Zöliakie (abgeleitet aus dem griechischen Wort

„koilia“ für eine „den Bauch betreffende Erkrankung“), Gastroenterologen sprechen

von der einheimischen Sprue. Im anglo-amerikanischen Sprachgebrauch wird von

„celiac disease“ oder – salomonisch – von „celiac sprue“ gesprochen.

Der Begriff „einheimische Sprue“ grenzt die Erkrankung von der sogenannten

„tropischen Sprue“ ab, die Folge einer bakteriellen Überwucherung mit schwerem

Vitaminmangel (speziell Folsäuremangel) ist und ebenfalls zu einer villösen Atrophie

führen kann, jedoch keinen Bezug zu einer Gluten- bzw. Gliadinunverträglichkeit

aufweist.

Epidemiologie: Die Zöliakie weist als klinisch manifeste Erkrankung eine Prävalenz

von 50–100/100.000 auf; die Dunkelziffer ist dabei jedoch groß. In einigen Regionen

Europas (z. B. im Distrikt Galway in Irland) liegt die Häufigkeit bedeutend höher

(1:300); darüber hinaus sind eine sehr enge Assoziation mit der Dermatitis

herpetiformis Duhring sowie eine Häufung beim Diabetes mellitus Typ 1 (etwa 4%)

bekannt. Bei etwa 10% der Verwandten ersten Grades von Sprue-Patienten lässt

sich eine Zottenatrophie nachweisen.

Ein HLA-DQ2- oder -DQ8-positiver Haplotyp ist Voraussetzung, um eine Zöliakie zu

bekommen.

Diese Assoziationen zeigen, dass der Zöliakie a) eine genetische Komponente

zugrunde liegt und dass b) klinisch inapparente Formen vorkommen.

Unter Zugrundelegung der Gewebstransglutaminase-AK-Bestimmung (IgA-t-TG-AK;

Endomysium-Autoantikörper [EMA]) als Indikator einer potenziellen Zöliakie liegt die

Häufigkeit bei 1:150–300. Inwieweit dies jedoch eine klinisch bereits relevante Entität

darstellt, ist im Einzelfall unterschiedlich zu beurteilen. Da die frühkindliche

Ernährung (glutenreich vs. glutenarm) eine wesentliche Rolle für die Entwicklung

einer Zöliakie spielt, ist die Kenntnis einer potenziellen Sprue durchaus von

Bedeutung.

Page 32: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

31

Pathogenese: Die Permeabilität der intestinalen Mukosabarriere ist bei der

einheimischen Sprue erhöht. Ob dies Folge der Erkrankung oder eine genetisch

bedingte Voraussetzung für einen verstärkten antigenen Gliadin-Einstrom ist, lässt

sich derzeit nicht mit Sicherheit sagen. Sicher ist, dass das weitere Schicksal des

vermehrt aufgenommenen Gliadins dann im Zusammenspiel mit dem Enzym t-TG

(Gewebstransglutaminase) nach derzeitigem Kenntnisstand eine Schlüsselrolle in

der Pathogenese der Erkrankung innehat. Mit der Desamidierung des α-Gliadins

durch die intestinale Gewebstransglutaminase entsteht ein Gliadin-t-TG-Komplex,

der als Neoepitop (Autoantigen) für autoreaktive B-Zellen fungiert und als „Sensitizer“

zu einer stärkeren T-Zellantwort aktivierter α/β-T-Zellen führt.

Als Target der Autoimmunantwort wird die intestinale Gewebstransglutaminase auch

in ihrer Funktion als Katalysator bei der Aktivierung des latenten Wachstumsfaktors

TGF-β (transforming growth factor β) zu aktivem TGF-β blockiert, wodurch die

Ausreifung des normalen Mukosaepithels ausbleibt, mithin das Sprue-typische Bild

der flachen Schleimhaut resultiert.

Diese klinisch für die Malassimilationssymptomatik relevante Läsion mit drastischer

Verminderung der Dünndarmoberfläche durch die Zottenatrophie, die auch den

Verlust der digestiven Enzyme im Mukosaepithel bedeutet, führt zu einer komplexen

Resorptionsstörung für Nahrungsstoffe, Vitamine und Spurenelemente und zu

entsprechenden Symptomen, z. B. der Kohlenhydratmaldigestion. Von besonderer

Bedeutung ist hierbei der Verlust der Laktaseaktivität (sekundärer Laktasemangel).

Andere Erkrankungen, bei denen es zu einer Abflachung der Mukosa kommen kann,

sind z. B. die Lambliasis, die HIV-Enteropathie, die Autoimmunenteropathie oder bei

Kindern eine Kuhmilchprotein-Intoleranz. Bei Kindern kann davon ausgegangen

werden, dass unter Glutenentzug spätestens nach 6 Monaten eine deutliche

morphologische Restitution zu beobachten ist.

Klinik: Beim Erwachsenen ist das klinische Bild bunter. Das Spektrum der Symptome

umfasst gastroenterologische und extraintestinale Beschwerden, die außerordentlich

vielgestaltig und damit uncharakteristisch sind. Entsprechend lang (im Mittel fast

10 Jahre) ist oft die diagnostische Latenz (Tabelle).

Page 33: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

32

Gastrointestinale und extraintestinale Symptome bei einheimischer Sprue (n= 408) P.G. Lankisch, A. Marinez Schramm, F. Petersen, M. Dröge, D. Lehnick,

B. Lembcke. Diagnostic latency in coeliac disease. Z. Gastroenterol. 1996; 34:

473–477

• Diarrhö 92,4 % Adynamie 82,3%

• Flatulenz 91,4 % Knochenschmerz 52,9%

• Gewichtsverlust 84,0% Depression 48,0%

• Bauchschmerz 69,1% Myalgien 46,8%

• Übelkeit 49,7% Angstsyndrome 38,2%

• Stomatitis 40,9% Ödeme 31,1%

• Tenesmen 34,3% Exanthem 30,3%

• Obstipation 18,6% Dermatitis herpetiformis 14,9%

• Erbrechen 18,3%

Im Ultraschallbild imponiert bei unbehandelter Zöliakie ein besonderes dynamisches

Bild, das (nüchtern) einen vermehrten Flüssigkeitsgehalt des Dünndarms, darin

enthaltene größere echoreiche Reflexe (Luft, Nahrungspartikel), eine Vor- und

Zurück-Hypermotilität, eine Reduktion und Ungleichmäßigkeit der Kerckring’schen

Falten und eine ödematöse, weiche Verdickung der Jejunalwand beinhaltet. Dieses

charakteristische Bild ist 1992 als Waschmaschinenphänomen (Lembcke)

beschrieben und 1999 validiert worden. Daneben können eine Vermehrung

mesenterialer LK, eine Erhöhung des enddiastolischen Flusses der AMS, eine kleine

Milz und eine große Gallenblase beobachtet werden.

Bei der ÖGD wird gehäuft eine kleinwulstige Berandung der duodenalen Falten (sog.

Muschelkammphänomen/shell sign bzw. Corazza-Zeichen) gefunden, die aber nicht

spezifisch für die Erkrankung ist und andererseits auch fehlen kann.

Hauptproblem der Zöliakie-Diagnostik bei Erwachsenen ist es daher, „daran zu

denken“.

Diagnostik: Bei entsprechendem Verdacht sollte eine Bestimmung des IgA-t-TG-

Autoantikörpers erfolgen. Die Gliadin-Antikörperbestimmung ist beim Erwachsenen

nicht hinreichend diagnostisch zuverlässig. Ca. 10% der Zöliakie-Patienten weisen

allerdings einen IgA-Antikörpermangel auf, sodass in diesen Fällen nur der IgG-t-TG-

AK zielführend ist.

Page 34: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

33

Die Diagnose lässt sich bei positivem IgA-t-TG-AK zuverlässig durch tiefe, jenseits

der Papilla Vateri entnommene, multiple (≥ 4) Duodenalbiopsien sichern. Ein

wichtiger Aspekt ist die Quantifizierung der intraepithelialen Lymphozysten (IEL)

durch den Pathologen und die Graduierung der Mukosaläsion entsprechend der

Einteilung nach Marsh.

Der histologische Befund der endoskopisch durch Zangenbiopsien entnommenen

Duodenalmukosa ist weniger gleichförmig als im Biopsiematerial von Kindern, das

üblicherweise durch eine jejunale Saugbiopsie entnommen wird. Hier ist durch

Kapselendoskopie und Ballonenteroskopie mit jejunalen PE eine Verbesserung zu

erwarten. Der diagnostisch herausragende Wert dieser neuen Verfahren dürfte

jedoch in erster Linie die Erfassung von Langzeitkomplikationen (Adenokarzinom des

Dünndarms, ulzeröse Jejunitis DD intestinales T-Zell-Lymphom) betreffen. Der von

Corazza beschriebene endoskopische Aspekt bei der ÖGD (Muschelkamm-

phänomen/shell-sign) ist nicht spezifisch und auch nicht hinreichend sensitiv, um

diagnostische Aussagen zu treffen, sollte jedoch in jedem Fall Anlass zu tiefen

Duodenalbiopsien sein.

Begleitend zur Diagnose der Sprue kann die detailliertere Erfassung nutritiver

Störungen und Komplikationen sinnvoll sein, wenn durch langjährigen Verlauf

Defizite klinisch relevant geworden sind (Vitaminmangel, Zn) oder Komplikationen

bestehen.

Die Therapie der einheimischen Sprue/Zöliakie mit einer glutenfreien Diät ist

notwendig, wirksam und ausreichend. „...but if the disease can be cured at all, it will

be by means of diet“ (Samuel Gee, 1888). Die diätetische Schulung ist conditio sine

qua non in der Therapie der Zöliakie. Sie sollte kompetent und standardisiert

durchgeführt werden; hierfür existieren Schulungsmaterialien (DÄV). Überaus

sinnvoll ist zudem die Mitgliedschaft in der DZG (Deutsche Zöliakie-Gesellschaft), die

Betroffene und Angehörige mit aktuellen Informationen sowie Koch- und Küchentipps

versorgt und überdies Listen mit glutenfreien Nahrungsmitteln (und Tabletten) zur

Verfügung stellt.

Die glutenfreie Ernährung führt i. d. R. zu einer objektiv und subjektiv eindrucksvollen

Besserung der Beschwerden und des klinischen Gesamtbildes. 80% der Patienten

sprechen direkt auf die Therapie an, weitere 10–15% nach einer erneuten

Überprüfung der Ernährungsweise. Initial ist eine laktosearme Ernährung aufgrund

des sekundären Laktasemangels ratsam.

Page 35: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

34

Sogenannte refraktäre Sprue-Formen sind verdächtig auf die Entwicklung eines

intestinalen Lymphoms. Bei primär eindeutigem Ansprechen auf die glutenfreie

Ernährung und einer danach eintretenden Verschlechterung der Symptomatik trotz

Diättreue ist ebenfalls an die Entstehung eines intestinalen Lymphoms als

Komplikation der langjährig unbehandelten Sprue zu denken. Die meisten derartigen

Enteropathie-assoziierten T-Zell-Lymphome (EATCL) werden im Erwachsenenalter

wenige Monate bis Jahre nach Diagnosestellung der Zöliakie diagnostiziert. Die

Prognose des EATCL ist i. d. R. ungünstig und wird durch Chemotherapie und

Operation nur gering beeinflusst. Auch dies ist ein Grund für die Prävention durch

eine strikt glutenfreie Kost und eine möglichst frühe Diagnose.

Die strikt glutenfreie Ernährung muss lebenslang erfolgen. Eine Liberalisierung nach

der klinischen Symptomatik muss unterbleiben, da die glutenfreie Ernährung nicht

nur das Ziel der Symptomfreiheit verfolgt, sondern auch eine langfristige Prävention

des bei der Zöliakie deutlich erhöhten Malignomrisikos. Dabei ist das allgemeine

Karzinomrisiko etwa doppelt so hoch wie in der Normalbevölkerung; etwa 10–15%

der Sprue-Patienten entwickeln meist gastrointestinale Tumoren. Das relative Risiko

für intestinale Lymphome ist demgegenüber etwa 80–100-fach erhöht. Wie

Langzeitbeobachtungen (> 10 Jahre) zeigen, wird dieses Risiko durch eine

konsequente glutenfreie Ernährung völlig normalisiert, nicht jedoch durch eine

zeitlich oder inhaltlich inkonsequente Einhaltung einer „glutenfreien“ Diät.

Ob eine glutenfreie Ernährung auch für Patienten mit potenzieller Zöliakie (t-TG-AK-

pos., unauffällige Mukosa) empfohlen werden soll, ist gegenwärtig nicht geklärt.

Wenn die Diagnostik aufgrund einer intestinalen Symptomatik erfolgte, die auf eine

Zöliakie zurückgeführt werden kann, dann kann dies ein zweckmäßiges Vorgehen

sein; bewiesen ist die Sinnhaftigkeit dieses Vorgehens nicht.

Korrespondenzadresse: Prof. Dr. Bernhard Lembcke Medizinische Klinik St. Barbara-Hospital Katholische Kliniken Emscher Lippe Barbarastr. 1 45964 Gladbeck Tel.: (0 20 43) 2 78-55 01 Fax: (0 20 43) 2 78-55 09 E-Mail: [email protected]

Page 36: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

35

Reizdarmsyndrom – Nervt das Bauchgehirn?

J. Keller

Israelitisches Krankenhaus, Hamburg

Das Reizdarmsyndrom (RDS) galt lange Zeit als rein funktionelles Beschwerdebild,

d. h. als Symptomkonstellation mit Bauch- und Stuhlgangsbeschwerden ohne

messbare Veränderungen, insbesondere ohne morphologische Alterationen, die

diese Beschwerden erklären.

Die Definition der Erkrankung über die Symptome und den Ausschluss relevanter

Differenzialdiagnosen (anhand normaler Untersuchungsbefunde bei einem

bestimmten Repertoire diagnostischer Verfahren) bildet auch heute die Basis für die

Diagnosestellung. Trotzdem hat sich das Verständnis des RDS in den letzten Jahren

grundlegend geändert, weil es zunehmend Belege dafür gibt, dass bei RDS-

Patienten sehr wohl relevante morphologisch-funktionelle Alterationen nachgewiesen

werden können, wenn auch nicht mit Routinemethoden.

Diese betreffen nicht ausschließlich, aber vielfach das enterische Nervensystem

(ENS), welches zu Recht auch als „Bauchgehirn“ bezeichnet wird, weil es mit ca.

108 Neuronen nach dem zentralen Nervensystem (ZNS) die zweitgrößte

Nervenzellansammlung des menschlichen Körpers darstellt. Unter physiologischen

Bedingungen kontrolliert das ENS nicht nur die Motilität, sondern auch andere

wichtige gastrointestinale Funktionen wie Sekretion, Absorption, Blutfluss und das

lokale Immunsystem. Hierüber ist die Aufrechterhaltung komplexer Funktionen

weitgehend unabhängig von Einflüssen des ZNS möglich.

Bei einer Subgruppe von Patienten mit schwerem RDS wurden ähnliche, wenn auch

geringer ausgeprägte pathologische Veränderungen des ENS nachgewiesen wie bei

Patienten mit neuropathischer chronischer intestinaler Pseudoobstruktion (z. B.

entzündliches Infiltrat im Bereich des Plexus myentericus). Demnach könnte es sich

in diesen Fällen um unterschiedliche Ausprägungsgrade einer intestinalen

neuromuskulären Erkrankung handeln. Zumeist finden sich aber bei RDS-Patienten

nur subtile Veränderungen, die entweder das ENS strukturell betreffen (z. B.

Verteilung der Neuronen unterschiedlicher Typen/Klassen) oder sich auf dessen

Funktion bzw. Aktivierungszustand auswirken. Zu diesen zählen eine gesteigerte

Innervation der Mukosa mit einer erhöhten Anzahl von Nervenfasern allgemein und

von an der Nozizeption beteiligten Nervenfasern im Besonderen, Störungen des

Page 37: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

36

Serotoninmetabolismus bzw. der serotoninergen Innervation, aber auch subklinische

mukosale Entzündungen mit erhöhter Anzahl aktivierter T-Zellen, gesteigerter

Ausschüttung proinflammatorischer Zytokine, erhöhter Mastzelldichte und vermehrter

Ausschüttung von Mastzellmediatoren wie Histamin und Proteasen. Überstände von

Kolonbiopsien bei RDS-Patienten, die solche Mediatoren vermehrt enthalten,

aktivieren nachweislich enterische Neuronen im Gegensatz zu den Überständen von

Kolonbiopsien, die bei Gesunden gewonnen wurden.

Es ist aber wichtig, darauf hinzuweisen, dass eine kausale Beziehung zwischen den

nachgewiesenen Alterationen und der Beschwerdesymptomatik zwar plausibel, aber

(noch) nicht hinreichend belegt ist. Außerdem wurden die einzelnen infrage

kommenden Pathomechanismen immer nur bei einer bestimmten Gruppe von RDS-

Patienten beschrieben, und es gibt weiterhin keinen RDS-spezifischen Marker. Auch

eine eindeutige Korrelation zwischen RDS-Subtypen (z. B. Diarrhö- oder

Obstipations-prädominant) und einzelnen Pathomechanismen scheint es nicht zu

geben. Ebenfalls wichtig für die Einschätzung des Krankheitsbildes ist, dass ähnliche

Störungen auch bzw. zuerst bei Patienten mit chronisch entzündlichen

Darmerkrankungen beschrieben wurden.

Zusammenfassend gibt es zunehmend Belege für morphologische Störungen

und/oder Fehlfunktionen des ENS bei Patienten mit RDS, die zur Pathogenese der

Erkrankung wesentlich beitragen können. Es ist allerdings nur in Ansätzen geklärt,

weshalb und wie genau „das Bauchgehirn nervt“. Die vorliegenden Befunde

implizieren, dass zumindest bei einem Teil der Patienten die Symptomatik durch eine

chronische subklinische, d. h. mit (histologischen) Routinemethoden nicht zu

erfassende intestinale Inflammation bedingt ist. Es ist demzufolge möglich, dass

zukünftig das RDS (bzw. bestimmte Subformen) nicht mehr als funktionelle

Erkrankung des Gastrointestinaltrakts eingeordnet, sondern als chronischer

intestinaler Entzündungszustand klassifiziert werden wird.

Page 38: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

37

Weiterführende Literatur: 1. Buhner S et al. Activation of Human Enteric Neurons by Supernatants of Colonic

Biopsy Specimens From Patients With Irritable Bowel Syndrome. Gastroenterology. 2009; in press.

2. De Giorgio R, Barbara G. Is irritable bowel syndrome an inflammatory disorder?

Curr Gastroenterol Rep. 2008; 10: 385–390. 3. Furness JB. The enteric nervous system: normal functions and enteric

neuropathies. Neurogastroenterol Motil. 2008; 20 (Suppl. 1): 32–38. 4. Grundy D & Schemann M. Enteric nervous system. Curr Opin Gastroenterol.

2006; 22: 102–110. 5. Grundy D. 5-HT system in the gut: roles in the regulation of visceral sensitivity

and motor functions. Eur Rev Med Pharmacol Sci. 2008; 12 (Suppl 1): 63–67. 6. Greenwood-van-Meerveld B et al. Importance of 5-hydroxytryptamine receptors

on intestinal afferents in the regulation of visceral sensitivity. Neurogastroenterol Motil. 2007; 19 (Suppl 2): 13–18.

7. Mawe GM et al. Plasticity of enteric nerve functions in the inflamed and

postinflamed gut. Neurogastroenterol Motil. 2009; 21: 481–491. Korrespondenzadresse: PD Dr. Jutta Keller Oberärztin Israelitisches Krankenhaus Orchideenstieg 14 22297 Hamburg Tel.: (0 40) 511 25-50 41 Fax: (0 40) 5 11 25-50 45 E-Mail: [email protected]

Page 39: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

38

Pankreaskarzinom bei chronischer Pankreatitis – praxis-relevant oder Rarität? Schwierige Differenzialdiagnostik, schwierige Therapie

M.M. Lerch, A. Aghdassi, J. Mayerle

Klinik für Innere Medizin A, Universitätsklinikum Greifswald

Die chronische Pankreatitis und das Pankreaskarzinom haben in den meisten

Weltregionen eine vergleichbare Inzidenz (10–20 pro 100.000 Einwohner). Auch ihre

klinische Symptomatik mit Ikterus, Abdominalschmerzen, einer gastrointestinalen

Stenosesymptomatik, ggf. auch dem Vorliegen eines Diabetes oder einer exokrinen

Pankreasinsuffizienz, können sich stark ähneln. Bei auf das Pankreas beschränkten

Befunden kann auch die bildgebende Diagnostik uneindeutig bleiben. Hieraus

ergeben sich verschiedene klinische Probleme. Das erste ist die Differenzialdiagnose

von chronischer Pankreatitis und (operablem) Pankreaskarzinom. Das zweite ist die

Tatsache, dass eine chronische Pankreatitis einen Risikofaktor für die Entstehung

eines Pankreaskarzinoms darstellt. Dieses Risiko wird von unterschiedlichen Autoren

unterschiedlich bewertet. Einige Studien besagen, dass bei chronischer Pankreatitis

(alle Fälle und Genesen) das Risiko nur von 1 zu 10.000 auf ca. 4 zu 10.000 steigt.

Andere Studien beziffern die Zunahme des Anstiegs des relativen Risikos auf das

16-fache. Bei hereditären Formen der Pankreatitis ist das relative Risiko, ein

Karzinom als Folge der Pankreatitis zu entwickeln, allerdings nochmals wesentlich

höher. Das dritte Problem ergibt sich aus dem vorgenannten und betrifft die

Diagnose eines Pankreaskarzinoms bei einer vorbestehenden chronischen

Pankreatitis. Hierbei stellt sich nicht nur die Frage der Differenzialdiagnose, sondern

auch die eines möglichen Screenings von Risikopatienten. Alle Untersuchungen zum

letzten Punkt waren bisher erfolglos und weder wiederholte ERCP noch

Endosonografien konnten ihren Stellenwert für die Früherkennung von

Pankreaskarzinomen bei einer chronischen Pankreatitis belegen.

Das Pankreaskarzinom gehört mit einer Inzidenz von 10 Fällen pro 100.000

Einwohner in Deutschland, einer ebenso hohen Prävalenz sowie 30.000

Neuerkrankungen pro Jahr in Europa zu den häufigsten Erkrankungen des Gastro-

intestinaltrakts. Das mediane Erkrankungsalter liegt in der 6.–8. Lebensdekade. Die

Page 40: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

39

5-Jahres-Überlebensrate beträgt nach optimistischen Studien 10,4% bei einer

Resektionsrate zwischen 14–20%. Hingegen liegt das mediane Überleben aller

Erkrankungsfälle bei 6 Monaten.

Wenn ein Ikterus, Abdominalschmerzen, Übelkeit und Erbrechen vorliegen, ist die

Wahrscheinlichkeit, dass der Patient an einem Pankreaskarzinom leidet, ca. 20%.

Eine Prävalenz von 20% erfordert von einem diagnostischen Test eine Spezifität von

99,95% zur korrekten Stellung der Diagnose, da sonst genauso viele Patienten in der

Folge unter einem falsch-positiven Ergebnis leiden wie infolge der Erkrankung

versterben. Keine laborchemische oder bildgebende Methode hat heute eine so hohe

Spezifität bei der Differenzierung von Pankreaskarzinom und Pankreatitis. Aus

diesem Grund gelangen verschiedene, komplementäre Methoden zum Einsatz.

Alle Versuche, laborchemische Verfahren mit einem geringen Grad an Invasivität zu

etablieren, haben nicht zur Erhöhung der diagnostischen Sensitivität beigetragen. In

der Vergangenheit wurde eine Vielzahl von Tumormarkern für die Diagnostik

evaluiert. Bis zum heutigen Tag ist kein Tumormarker in der Lage, Pankreastumoren

mit einer Sensitivität > 90% zu detektieren. Ihr Einsatz für die Diagnosestellung ist

somit obsolet. Als Basisverfahren der bildgebenden Diagnostik dient der

transabdominelle Ultraschall. Mit diesem Verfahren können Raumforderungen ab

einer Größe von 10–30 mm detektiert werden. Einschränkend muss jedoch

hinzugefügt werden, dass in 15–20% das Pankreas bei Darmgasüberlagerung

technisch nicht darstellbar ist. Die Sensitivität des Verfahrens zur Diskriminierung

zwischen einem Tumor und der chronischen Pankreatitis liegt bei 69–70%, die

Spezifität bei 80–90%. Eine korrekte Differenzialdiagnose kann in ca. 55% der

operablen Fälle gestellt werden. Eine deutlich höhere räumliche Auflösung lässt sich

mit dem endoskopischen Ultraschall erzielen. Mit diesem Verfahren können fokale

Läsionen ab einer Ausdehnung von 2–3 mm detektiert werden. Die Sensitivität des

endoskopischen Ultraschalls beim Staging von Pankreaskarzinomen liegt für

T1-Tumoren bei 88%, T2 bei 100%, und T3 bei 93%. Liegt ein chronisch entzündlich

verändertes Organ vor, so reduziert sich die Spezifität des Verfahrens auf bis zu

46%. Die Grenze der räumlichen Auflösung für die Computertomografie liegt bei

20–30 mm. Der Nachweis nicht-resektabler Karzinome gelingt mittels CT-Diagnostik

in 100%, die richtige Einschätzung der Resektabilität jedoch nur in 16–72%. Leber-

und Lymphknotenmetastasen werden in 20–73% der Fälle diagnostiziert und

Gefäßinfiltrationen durch das Malignom in 77%. Eine korrekte Differenzialdiagnose

gelingt mit dem CT in 70–80%. Ergänzt man das CT durch eine ERCP, kann mit

Page 41: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

40

ca. 90%iger Sicherheit eine korrekte Differenzialdiagnose gestellt werden. Die

Sensitivität der ERCP für die Diagnose eines Pankreaskarzinoms wird mit 78–93%,

die Spezifität mit 88–95% angegeben. Die Limitationen der Untersuchung sind ein in

ca. 5% der Fälle nicht darstellbarer Pankreasgang sowie ein in 2,8–3% der Fälle

unauffälliges Gangsystem trotz Vorliegen eines Pankreaskarzinoms. Stellt sich in der

ERCP eine Pankreasgangstriktur dar, die > 10 mm ist, so muss mit großer

Wahrscheinlichkeit von einem Pankreaskarzinom ausgegangen werden. Hingegen

spricht eine kurzstreckige Stenose (< 5 mm) eher für das Vorliegen einer

chronischen Pankreatitis. 1976 wurde von Freeney et al. das „double duct sign“ als

pathognomonisch für das Vorliegen eines Pankreaskarzinoms beschrieben. In allen

nachfolgenden Studien konnte die initial beschriebene Sensitivität von 100% nicht

nachvollzogen werden. In jüngster Zeit wurde die Spezifität mit maximal 85%

angegeben. Im Zeitalter von CT und MRT wird die ERCP fast ausschließlich

therapeutisch eingesetzt, zum Beispiel zur Behebung von Gallenwegsstenosen bei

chronischer Pankreatitis oder Pankreaskarzinom. Als rein diagnostisches Verfahren

zur Differenzierung einer Pankreasraumforderung ist die ERCP inzwischen

vollständig von den schnittbildgebenden Verfahren abgelöst worden.

Als vielversprechend wurde lange Zeit die sonografisch gezielte Feinnadelpunktion

angesehen. Die Sensitivität dieses Verfahrens liegt aber nur bei 50–93%

(Durchschnitt 75%), die Spezifität bei 95% (19 zytologische Kriterien), eine korrekte

Differenzialdiagnose ist in ca. 75–90% der Fälle möglich. Wegen des möglichen

Auftretens von Stichkanalmetastasen, über das wiederholt berichtet wurde, wird die

transkutane Punktion von Pankreasraumforderungen eigentlich nur noch bei

bildgebend inoperablen Raumforderungen oder dem Nachweis von Metastasen

empfohlen. Bei metastasierten oder inoperablen Tumoren des Pankreas ist eine

Histologiegewinnung dagegen obligat, um vor der Wahl der Palliativtherapie eine

korrekte histologische Zuordnung vornehmen zu können.

Völlig anders stellt sich die immer besser etablierte Punktion mittels Feinnadel- oder

Grobnadelbiopsie im endoskopischen Ultraschall dar, die heute sehr gut etabliert ist.

Hier müssen Stichkanalmetastasen nicht befürchtet werden, da durchstochene

Magen- und Duodenalabschnitte bei Operabilität mitreseziert würden.

Bei Verdacht auf eine Pankreasraumforderung steht immer der transabdominelle

Ultraschall in der Hand des geübten Untersuchers an erster Stelle. Mit einem

negativen prädiktiven Wert von 94% kann so in den meisten Fällen der Veracht auf

ein Pankreasmalignom ausgeräumt werden. Bei Fortbestehen der Verdachts

Page 42: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

41

diagnose sollte eine Kombination verschiedener bildgebender Verfahren zum Einsatz

kommen, deren Auswahl von den technischen Möglichkeiten und der Erfahrung der

Untersucher abhängt.

Bei der Behandlung der chronischen Pankreatitis stehen die Schmerztherapie, die

Prävention des Fortschreitens der Erkrankung durch Alkohol- und Nikotinkarenz,

sowie die Behandlung der exokrinen und endokrinen Pankreasinsuffizienz im

Vordergrund. Zur Behandlung von Komplikationen der chronischen Pankreatitis wie

Gangstrikturen, Pseudozysten und einer Obstruktion von Gallenwegen oder

Duodenum stehen eine Reihe von chirurgischen und interventionell-endoskopischen

Verfahren zu Verfügung. Beim Pankreaskarzinom liegt die ganze Hoffnung auf ein

Langzeitüberleben auf der chirurgischen Resektion im Frühstadium. Die adjuvante

Chemotherapie mit 5-FU oder Gemcitabin ist heute der Standard. Ein direkter

Vergleich dieser beiden adjuvanten Protokolle wird in Kürze veröffentlicht. Sind

entweder der Tumor oder der Patient inoperabel, so ist die palliative Chemotherapie

eine Möglichkeit der begrenzten Lebensverlängerung. Die Leitlinie zur Behandlung

des Pankreaskarzinoms mit den verschiedenen Therapieverfahren wurde kürzlich

komplett überarbeitet und aktualisiert. Die Überarbeitung der Leitlinie für die

chronische Pankreatitis folgt im laufenden Jahr. Weiterführende Literatur:

1. Aghdassi A, Mayerle J, Kraft M, Sielenkämper AW, Heidecke CD, Lerch MM. Diagnosis and treatment of pancreatic pseudocysts in chronic pancreatitis. Pancreas. 2008; 36: 105–112.

2. Brand RE, Lerch MM, Rubinstein WS, Neoptolemos JP, Whitcomb DC, Hruban RH, Brentnall TA, Lynch HT, Canto MI, Participants of the Fourth International Symposium of Inherited Diseases of the Pancreas. Advances in counselling and surveillance of patients at risk for pancreatic cancer. Gut. 2007; 56: 1460–1469.

3. Adler G, Seufferlein T, Bischoff SC, Brambs HJ, Feuerbach S, Grabenbauer G, Hahn S, Heinemann V, Hohenberger W, Langrehr JM, Lutz MP, Micke O, Neuhaus H, Neuhaus P, Oettle H, Schlag PM, Schmid R, Schmiegel W, Schlottmann K, Werner J, Wiedenmann B, Kopp I. S3-Leitlinie ‘Exokrines Pankreaskarzinom’ 2007. Z Gastroenterol. 2007; 45: 487–523.

Korrespondenzadresse:

Prof. Dr. Markus M. Lerch Klinik für Innere Medizin A Universitätsklinikum der Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald Friedrich-Loeffler-Str. 23A 17487 Greifswald E-Mail: [email protected]

Page 43: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

42

Licht an im Kolon

H.-J. Schulz

Innere Medizin, Sana-Klinikum Lichtenberg, Oskar-Ziethen-Krankenhaus, Berlin

Die Diagnostik kolorektaler Erkrankungen hat sich durch die Weiterentwicklung

bildgebender Untersuchungsverfahren und Innovationen der gastroenterologischen

Endoskopie verbessert.

Frühe Läsionen können eher erkannt und unklare Läsionen besser eingeordnet

werden.

Eine der wichtigsten Innovationen sind hochauflösende, vergrößernde Video-Endoskope in Verbindung mit einer hochauflösenden Prozessortechnologie (HDTV

= High-Definition-TV, i-Scan). Koloileoskopien mit diesen Geräten erlauben eine

detailiertere Darstellung von Oberflächenstrukturen. Die zusätzliche Anwendung der

Chromoendoskopie mit lokaler Applikation von Indigokarmin, Methylenblau oder

Essigsäure verbessert ebenfalls die endoskopische Detaildiagnostik. Mithilfe der

japanischen Pit-pattern-Klassifikation ist es möglich, zwischen hyperplastischen und

adenomatösen Polypen zu unterscheiden. Patienten mit flachen oder eingesunkenen

Adenomen sowie Patienten mit Colitis ulcerosa profitieren besonders von der

Chromoendoskopie.

Für die Nachsorge von Patienten mit langjährig bestehender Colitis ulcerosa fordern

die Leitlinien kontinuierliche, ungezielte Biopsien des Kolons in 10 cm Abständen.

Nach einer Färbung des gesamten Kolons mit Methylenblau, können umschriebene

suspekte Läsionen aufgesucht, einer genauen Oberflächenanalyse unterzogen und

gezielt bioptiert werden. Auf diese Weise können bei der Colitis ulcerosa mehr

intraepitheliale Neoplasien erkannt werden als mit Standardendoskopien und

Stufenbiopsien.

Neue kontrastverstärkende elektronische Techniken arbeiten mit einer computer-

gesteuerten Veränderung des Lichtspektrums. Das NBI (Narrow Band Imaging)

macht insbesondere vaskuläre Oberflächenstrukturen besser sichtbar. FICE – Fuji

intelligente Chromoendoskopie (computergesteuerte virtuelle Chromoendoskopie) ist

eine dem NBI ähnliche Technik, die die oberflächlichen Gewebestrukturen verstärkt.

Page 44: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

43

Wie hilfreich NBI, FICE und ähnliche Techniken bei der Detektion von Adenomen,

insbesondere von flachen und eingesenkten Adenomen sowie bei der Differenzial-

diagnose zwischen neoplastischen und nicht-neoplastischen Läsionen sein können,

ist Gegenstand von Untersuchungen. Bei erfahrenen Untersuchern führt sie offenbar

zu keiner Reduktion der Übersehensrate von Adenomen.

Weitere Techniken befinden sich in der Erprobung: Beim „Trimodalen Imaging“

werden in einem Endoskop hochauflösende Technik, Autofluoreszenz und eine

elektronische Kontrastverstärkung, z. B. NBI, vereinigt. Die Autofluoreszenz als

sogenannte „red flag“-Technik übernimmt die Identifikation auffälliger Befunde, die

mit den anderen Methoden bewertet werden.

Endozytoskopie und konfokale Lasermikroskopie erzeugen hochauflösende, mit

histologischen Präparaten vergleichbare Bilder. Sie erfordern eine Vororientierung

mit konventionellen Endoskopen oder einer Autofluoreszenztechnik. Die Anwendung

kann über spezielle Minisonden durch die Instrumentierkanäle von Standard-

endoskopen oder mit speziell angefertigten Endoskopen erfolgen. Beide

Technologien sind in der Lage, zwischen neoplastischen und nicht-neoplastischen

Läsionen zu unterscheiden und Dysplasien in kolorektalen aberranten Krypten zu

detektieren.

Neue innovative Koloskoptypen wie das computergesteuerte Neo-Guide-Endoskopie-System, das sich selbst vorwärts bewegende Invendoskop oder das

„Third eye retrograde auxiliary imaging system“, eine durch den Instrumentier-

kanal einführbare Zusatzoptik, spielen im Alltag noch keine Rolle.

Der Nachweis neoplastischer Läsionen ist eine der Hauptindikationen zur

Koloskopie. Für Screening-Untersuchungen ist eine adäquate Detektionsrate von

Adenomen ein entscheidender Qualitätsparameter. Sie hängt neben der

leistungsfähigen Untersuchungstechnik vor allem von den technischen Fertigkeiten

und der Erfahrung des Untersuchers, von einer guten Kolonreinigung sowie einer

ausreichenden Untersuchungszeit ab. Besonderes Augenmerk ist auf flache/einge-

sunkene Läsionen zu legen. Neben der Beurteilung auffälliger Befunde mit Färbe-

techniken oder/und elektronischen Bildanalysen führt die endoskopische Entfernung

mit Unterspritzungstechniken und endoskopischer Mukosaresektion (EMR) in einigen

Page 45: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

44

Zentren auch durch endoskopische Submukosadissektion (ESD) zur Optimierung der

Diagnostik und ggf. Vermeidung der chirurgischen Behandlung.

Überwachungsintervalle nach therapeutischer Diagnostik und Therapie müssen

risikostratifiziert festgelegt werden, um die Rate der Intervallkarzinome zu verringern.

Sie treten innerhalb von 10 Jahren nach einer primär unauffälligen Koloskopie oder

innerhalb von 3 Jahren nach einer Polypektomie auf. Häufigste Ursache (> 50%) sind

übersehene Läsionen, in jeweils ca. 25% sind es de-novo-Tumoren im Intervall oder

Rezidive nach unvollständiger Polypektomie.

Die Möglichkeiten, schwierige Koloskopien besser zu bewältigen, haben sich

erweitert. Neben der Röntgendurchleuchtung, dem strahlenfreien, elektro-

magnetischen Scope guide werden erfolgreich Ballonenteroskopien eingesetzt, um

eine komplette Kolonpassage zu erreichen.

Ein wichtiger Schritt bei der Entwicklung alternativer Techniken zur Inspektion des

Dickdarms, ist die Entwicklung der Video-Kapsel-Endoskopie des Kolons.

Sie erfordert gegenüber der Standardkoloskopie eine aufwendigere Vorbereitung, an

deren Verbesserung und Vereinfachung gearbeitet wird. Eine Sedierung ist nicht

erforderlich. In der Mehrzahl der Fälle kann das gesamte Kolon untersucht werden.

Signifikante Läsionen wie Entzündungen, Polypen, flache Läsionen oder Karzinome

werden erfasst. Eine histologische Sicherung der Befunde oder endoskopische

Behandlungen sind nicht möglich.

Zusätzliche Einsatzmöglichkeiten für die Kolonkapsel wären bei chronisch entzünd-

lichen Darmerkrankungen die Ausdehnungsdiagnostik, die Beurteilung der Mukosa-

heilung und die CRC-Überwachung. Bemühungen um die Qualitätsverbesserung der

Kapselendoskopie dienen u. a. dem Ziel, die Kolonkapsel als Methode für das

kolorektale Karzinomscreening zu etablieren.

Page 46: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

45

Literatur: 1. Bechtler MN et al. Das Intervallkarzinom und mögliche Ursachen. Endoskopie

heute. 2009; 22: 13–16. 2. Deviere JM et al. PillCam® Colon capsule endoscopy compared to colonoscopy

in detection of colon polyps and cancers. Gastroenterology. 2008; 134 (4, Suppl. 1): A-38, Abstracts 282.

3. Eliakim R et al. Evaluation of the PillCam Colon capsule in the detection of

colonic pathology: results of the first multicenter, prospective, comparative study. Endoscopy. 2006; 38: 963–970.

4. Hartmann F. Endoscopy in inflammatory bowel disease. In: P. Fockens, H.-J.

Schulz, T. Rösch, J. Špičák (eds.), Falk Symposium 152: Endoscopy 2006 – Update and Live Demonstration. Springer Verlag, Dordrecht, 2008; 39–47.

5. Heresbach D. Colonoscpy, tumors, and inflammatory bowel disease. Endoscopy.

2008; 40: 147–151. 6. Hol L, Van Leerdam ME. Colon tumors and colonoscopy. Endoscopy. 2008; 40:

843–848. 7. Hüneburg R et al. Chromocolonoscopy detects more adenomas than white light

colonoscopy or narrow band imaging colonoscopy in hereditary nonpolyposis colorectal cancer screening. Endoscopy. 2009; 41: 316–322.

8. Jung M. Nicht polypoide mukosale kolorektale Neoplasien – die Kyoto-

Konferenz. Endoskopie heute. 2009; 22: 2–12. 9. Munding J, Tannapfel, A. Die Koloskopiefalle: Intervallkarzinome und

übersehende Befunde – Neoplasien mit besonders aggressivem Wachstum. Endoskopie heute. 2009; 22: 22–29.

10. Robertson D J et al. Interval cancer after total colonoscopy: results from al

pooled analysis of eight studies. Gastroenterology. 2008; 134 (4, Suppl 1): A-111–A-112, Abstract 795.

11. Schmitt W et al. Endoskopische Therapie kolorektaler Neoplasien. Endoskopie

heute. 2007; 20: 251–257. 12. Schoofs N et al. PillCam colon capsule endoscopy compared with colonoscopy

for colorectal tumor diagnosis: a prospective pilot study. Endoscopy. 2006; 38: 971–977.

Page 47: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

46

Biologika bei CED – der Tanz um das goldene Kalb

J. Emmrich

Abteilung für Gastroenterologie, Klinik und Poliklinik für Innere Medizin, Universität

Rostock

Als Biologika werden biotechnologisch bzw. gentechnologisch hergestellte Proteine

bezeichnet, die als eine neue Klasse von Medikamenten in jüngster Zeit auch bei der

Therapie der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) Morbus Crohn (MC)

und Colitis ulcerosa (CU) eingesetzt werden. Die Anwendung dieser Präparate

beruht auf zahlreichen Erkenntnissen zur Pathogenese der CED, welche in ihrer

Komplexität immer besser verstanden werden. Durch eine Barrierestörung der

Darmmukosa können verschiedene bakterielle Strukturen aus dem Darmlumen

durch die Epithelzellschicht in die Mukosa eindringen und nur unzureichend eliminiert

werden. Dadurch werden spezifische Immunreaktionen in der Mukosa induziert, die

zum Krankheitsbild der chronischen Entzündung mit den entsprechenden

morphologischen Korrelaten führen. Ziel der Entwicklung von Biologika ist es nun,

einzelne Entzündungsmediatoren und Zellpopulationen gezielt im Sinne einer

Immunsuppression zu beeinflussen. Im Vordergrund stehen bei der Therapie der

CED Antikörperpräparate, die gegen das Zytokin Tumor-Nekrose-Faktor-alpha

(TNFα) gerichtet sind und dessen Wirkung im Rahmen des Entzündungsprozesses

blockieren. Einige weitere der zahlreichen Therapiestrategien, die mit der

Entwicklung von Biologika verfolgt werden, sind die Beeinflussung von

Adhäsionsmolekülen, der Zytokine Interleukin-12 und Interleukin-23, des Interleukin-

6-Rezeptors, des Zytokins Interferon-γ und der T-Zellaktivierung. Nur in

unzureichendem Maße gelang es bisher, die als pathogenetisch bedeutsam

angesehene Mukosabarriere zu modifizieren. Die zu diesem Zweck eingesetzten

Wachstumsfaktoren waren bisher nicht in ausreichendem Maße erfolgreich.

In mehreren Studien konnte in den vergangenen Jahren die Wirksamkeit der Anti-

TNFα-Antikörperpräparate, insbesondere bei MC, nachgewiesen werden. Eingesetzt

wurden dabei der chimäre Antikörper Infliximab, der humane Antikörper Adalimumab

und zuletzt das pegylierte Antikörperfragment Certolizumab. Obwohl keine direkten

Vergleichsstudien der Antikörperpräparate vorliegen, kann aufgrund der

Studiendaten von einer vergleichbaren Wirksamkeit ausgegangen werden. Neben-

wirkungsprofil und Applikationsform weisen hingegen Unterschiede auf.

Page 48: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

47

Den Leitlinien der DGVS zufolge sind die Anti-TNFα-Antikörperpräparate in der

Therapie des chronisch aktiven luminalen MC bei Versagen der Immunsuppressiva

Azathioprin/6-Mercaptopurin und Methotrexat etabliert (Step-up-Strategie). Gleich-

falls wirksam sind diese Präparate bei Fisteln im Rahmen des MC. In jedem Fall

sollten vor dem Einsatz von Biologika chirurgische Optionen geprüft und Infektionen

sowie Abszesse weitgehend ausgeschlossen werden. Zugelassen ist die Anti-TNFα-

Antikörpertherapie auch bei der CU. Hier widersprechen jedoch die eigenen

Erfahrungen mit einer nur geringen Remissionsrate den Studiendaten.

Gegenwärtig wird in Studien ein frühzeitiger Einsatz der Anti-TNFα-

Antikörperpräparate bei CED untersucht, der den Krankheitsverlauf positiv

beeinflussen soll (Top-down-Strategie). Dafür spricht ein schneller Therapieerfolg

unter der raschen starken Immunsuppression. In die Überlegungen dazu müssen

jedoch folgende Zusammenhänge einbezogen werden: Der Einsatz der Biologika

kann mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden sein. Dazu zählen in erster Linie

Infektionen, aber auch lymphoproliferative Erkrankungen. Da die Präparate erst seit

etwa 10 Jahren in größerem Umfang eingesetzt werden, sind mögliche

Langzeitfolgen der Therapie noch nicht absehbar. Ob langfristig tatsächlich

chirurgische Interventionen vermieden werden können, wie dies erste

Untersuchungen andeuten, muss noch sicher belegt werden. Schließlich hat sich

gezeigt, dass ein großer Teil der Patienten mit MC einen vergleichsweise milden

Krankheitsverlauf erlebt, der den Einsatz der Biologika nicht rechtfertigt. Als

Argument gegen die schrittweise Eskalation der Therapie (Step-up-Strategie) wird

angeführt, dass eine lange Steroidtherapie während des Einsatzes der anderen

Präparate auch mit einem erheblichen Nebenwirkungsrisiko verbunden ist. Dazu

muss es jedoch nicht kommen, wenn die Eskalation der Immunsuppression rasch

erfolgt und bei Patienten mit dem hohen Risiko eines chronisch aktiven Verlaufs

zügig mit den Anti-TNFα-Antikörperpräparaten begonnen wird. Zu diesen

Risikofaktoren zählen jugendliches Alter, extraintestinale Manifestationen,

Dünndarmbefall, Rauchen und anhaltend hohe Krankheitsaktivität. Somit liegt die

optimale Strategie gegenwärtig in der Mitte beider Extrempositionen des raschen

oder des verzögerten Einsatzes der Biologika. Wichtig ist auf jeden Fall dabei die

Einschätzung der Krankheitsaktivität und des individuellen Krankheitsverlaufs.

Page 49: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

48

Hervorzuheben ist auch der finanzielle Aspekt des Einsatzes von Biologika. Während

sich die Therapiekosten pro Jahr bei Azathioprin auf 1500 € und bei Methotrexat auf

etwa 500 € belaufen, kostet eine Anti-TNFα-Antikörpertherapie etwa 20.000 €. In

einer in unserem eigenen Patientengut vorgenommenen Analyse bereits aus dem

Jahre 2004 entfielen aufgrund des Einsatzes von Infliximab auf 20% der Patienten

mit MC 50% der Gesamttherapiekosten. In Deutschland wurden bisher etwa

5500 CED-Patienten mit Biologika behandelt. Dies bedeutete Kosten von

110 Millionen €. Auf 1,2 Milliarden € sind in Deutschland die Kosten der Biologika-

therapie insgesamt von ca. 60.000 Patienten mit CED, rheumatoide Arthritis,

Psoriasis u. a. Indikationen zu schätzen.

In der Zusammenfassung ist festzustellen, dass uns mit den Biologika eine

hochwirksame Gruppe neuartiger Präparate in der Therapie der CED zur Verfügung

steht, die unsere medikamentösen Möglichkeiten erheblich erweitern. Angesichts der

differenzierten Wirkung der Präparate, des Nebenwirkungsspektrums und auch der

Kosten ist eine sorgfältige Indikationsstellung der Therapie mit Biologika unter

Berücksichtigung aktueller Studiendaten erforderlich.

Page 50: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

49

Das Karzinomrisiko bei CED – wann, was und wie untersuchen?

L. Leifeld

Innere Abteilung, Ev. Krankenhaus Köln-Kalk

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) beinhalten nach den hereditären

kolorektalen Karzinomen (KRK) (Polyposis und HNPCC) das höchste Risiko der

Darmkrebsentstehung. Das Risiko ist hierbei sowohl für Colitis ulcerosa als auch für

Colitis indeterminata und – im Ausmaß geringer – auch für den Morbus Crohn

erhöht. Risikofaktoren für die Krebsentstehung sind hierbei 1. die Dauer der

Erkrankung, 2. die Ausdehnung der Kolitis (höchstes Risiko: Pancolitis ulcerosa),

3. ein hohes Ausmaß entzündlicher Aktivität, 4. das Vorliegen einer primär

sklerosierenden Cholangitis und 5. ein Erkrankungsbeginn im jungen Alter. Die

Annahme eines Rückgangs der KRK-Inzidenz bei Colitis ulcerosa wird in einer

aktuellen schwedischen Studie nicht bestätigt, allerdings konnte die Mortalität

gebessert werden. Aufgrund der CED-assoziierten Karzinogenese sind

Vorsorgekoloskopien vorgesehen, die tatsächlich die Therapie im früheren Stadium

der Krebsentstehung ermöglichen und somit die Prognose verbessern. Die derzeit

gültigen Leitlinien der DGVS sehen jährliche Vorsorgekoloskopien ab dem

8. Krankheitsjahr bei der Pancolitis ulcerosa und ab dem 15. Jahr bei der

Linksseitenkolitis vor. Die Koloskopie ist hierfür alternativlos, allerdings ist zu

beachten, dass die Koloskopie eine geringere Sensitivität zur Detektion von CED-

assoziierten Krebsvorstufen hat als bei sporadischen Karzinomen. Dies ist begründet

in der unterschiedlichen Pathogenese, die nicht der klassischen Adenom-Karzinom-

Sequenz folgt, sondern einer Dysplasieentwicklung und einer späteren

Krebsentwicklung aus entzündeter Schleimhaut. Bei niedriggradigen Dysplasien

(low-grade intraepitheliale Neoplasien) muss in 3–53% mit der Entstehung einer

hochgradigen Dysplasie gerechnet werden und bei Nachweis hochgradiger

Dysplasien (high-grade intraepitheliale Neoplasien) muss in bis zu 67% mit der

Entstehung eines Karzinoms gerechnet werden, wenn keine adäquate Therapie

erfolgt. Die meisten Läsionen sind hierbei flach und unterscheiden sich kaum von der

entzündeten Schleimhaut. Daneben sind erhabene Läsionen wie Dysplasie-

assoziierte Läsionen („DALM“) und klassische Adenome von entzündlichen Polypen

und Pseudopolypen zu unterscheiden. Aufgrund der Schwierigkeit der Detektion

Page 51: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

50

dysplastischer Areale ist gefordert, neben auffälligen Arealen auch Stufenbiopsien

von 4 Proben alle 10 cm zu entnehmen, eine Forderung der Leitlinie, der leider nur

9,2% der Gastroenterologen im vollen Umfang nachkommen.

Es gibt zahlreiche Versuche, die Sensitivität der Koloskopie zu steigern. Dies gelingt

durch zunehmend bessere Videokoloskope. In mehreren Studien konnte außerdem

eine erhöhte Sensitivität durch eine Chromoendoskopie mit Anfärbung des gesamten

Kolonrahmens gezeigt werden. Von Methylenblau können unter Lichteinfluss

allerdings DNA-Brüche der Kolonozyten induziert werden, ohne dass geklärt wäre,

ob diese von ernsthafter Relevanz sein können. Indigokarmin hat diesen Effekt nicht.

Neuartige Geräte können die Autofluoreszenz neoplastischer Areale detektieren, ein

vielversprechender Ansatz, zu dem bereits eine erste positive Studie vorliegt. Ein

weiterer Ansatz ist das Narrow-Band-Imaging (NBI). Eine erste Studie mit einem

noch nicht ganz ausgereiften Prototyp zeigt keine höhere Sensitivität als die

Weißlichtkoloskopie, aber die Detektion anderer zusätzlicher dysplastischer Areale,

die mit der konventionellen Weißlichtendoskopie nicht entdeckt wurden. Die nun

verfügbaren NBI-Geräte sind heller und schärfer als der Prototyp, sodass wir eine

große Studie unter Einschluss von 18 Zentren in Deutschland und der Schweiz

initiiert haben, die die Sensitivität der NBI-Endoskopie bei der Colitis ulcerosa

untersucht. Eine weitere Entwicklung ist die Endomikroskopie, die die Möglichkeit

bietet, bereits in der laufenden Untersuchung dysplastische Areale bis auf die

zelluläre Ebene zu erkennen. Sie ist ein interessantes wissenschaftliches

Betätigungsfeld, wird aber kaum Einzug in die breite Versorgung finden.

Page 52: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

51

Das hepatozelluläre Karzinom

M. Müller-Schilling

Innere Medizin IV, Hepatologie und Gastroenterologie, Universitätsklinikum

Heidelberg

Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) ist weltweit der fünfthäufigste Krebs und die

dritthäufigste krebsbedingte Todesursache. Weltweit wird mit 500.000 bis 1 Million

Neuerkrankungen pro Jahr gerechnet. Bei Patienten mit Leberzirrhose ist das HCC

mittlerweile die häufigste Todesursache. Die Inzidenz des HCC nimmt in Europa und

den USA deutlich zu.

Screening und Surveillance von Patienten mit chronischer Lebererkrankung

ermöglichen die Früherkennung eines HCC. Patienten mit HCC im Frühstadium

können mittels chirurgischer Resektion, Lebertransplantation oder lokal ablativer

Verfahren geheilt werden. Patienten mit fortgeschrittenem HCC können von

Behandlungen mit transarterieller Chemoembolisation und mit dem Tyrosinkinase-

inhibitor Sorafenib profitieren. Sorafenib ist die erste systemische Therapie, die beim

fortgeschrittenen HCC zu einer Verlängerung des Gesamtüberlebens führt. Sorafenib

stellt somit den neuen Standard in der Behandlung des fortgeschrittenen HCC dar.

Auf der Grundlage des Verständnisses der molekularen Pathogenese des HCC

wurden weitere geeignete therapeutische Zielstrukturen identifiziert. Molekulare

Signalwege, die gezielt von neuen Substanzen beeinflusst werden können, sind

Signalwege der Angiogenese, Wachstumsfaktor-Rezeptoren und Signaltrans-

duktionswege, die zur Vermittlung von Proliferationssignalen führen.

Fazit für die Praxis

• HCC = Todesursache Nr. 1 bei Patienten mit Leberzirrhose.

• Die Inzidenz des HCC wird in den nächsten 2 Jahrzehnten weitersteigen.

• Patienten mit einer Leberzirrhose haben ein Risiko von 1–6%/Jahr, ein HCC zu

entwickeln.

• Die Surveillance von Patienten mit Leberzirrhose ermöglicht die Früherkennung

des HCC.

• Patienten mit einer Leberzirrhose sollten alle 6 Monate sonografisch und durch

Bestimmung des α-Fetoproteins (AFP) untersucht werden. Eine neu aufgetretene

Raumforderung in der Leber sollte weiter abgeklärt werden; der diagnostische

Page 53: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

52

Algorithmus berücksichtigt die Größe der Läsion, das Gefäßmuster in der

Bildgebung und die Höhe des AFP.

• Chirurgische Resektion, Lebertransplantation und lokal ablative Verfahren sind

kurative Therapieansätze für Patienten im Frühstadium.

• Die TACE (Transarterielle Chemoembolisation) ist für ausgewählte Patienten mit

nicht resektablem, nicht zu großem HCC (Intermediärstadium), mit nicht

wesentlich eingeschränkter Leberfunktion, lebensverlängernd.

• Für Patienten mit fortgeschrittenem HCC ist der Tyrosinkinaseinhibitor Sorafenib

die erste systemische Therapieoption, die zu einer Verlängerung des

Gesamtüberlebens führt.

Korrespondenzadresse: PD Dr. med. Martina Müller-Schilling Abteilung Innere Medizin IV Hepatologie und Gastroenterologie Medizinische Klinik (Krehl-Klinik) Im Neuenheimer Feld 410 69120 Heidelberg Tel.: (0 62 21) 56-3 87 95 / -87 77 Fax: (0 62 21) 56-43 95 E-Mail : [email protected] Literatur: Müller M. Das Hepatozelluläre Karzinom – Zukünftige Therapiestrategien [Hepatocellular carcinoma – novel treatment strategies]. Med Welt 2009; 60: 143–148.

Page 54: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

53

Anschriften der Referenten und Vorsitzenden Prof. Dr. J. Emmrich Klinik und Poliklinik für Innere Medizin Abteilung für Gastroenterologie Universität Rostock Ernst-Heydemann-Str. 6 18057 Rostock Dr. A. Hoffman I. Medizinische Klinik Interdisziplinäre Endoskopie Universitätsklinikum Mainz Langenbeckstr. 1 55131 Mainz Prof. Dr. B. Högemann Innere Medizin II Klinikum Osnabrück Am Finkenhügel 1 49076 Osnabrück PD Dr. J. Keller Innere Medizin Israelitisches Krankenhaus in Hamburg Orchideenstieg 14 22297 Hamburg Dr. R. Keller Innere Medizin HANSE-Klinikum Wismar Störtebekerstr. 6 23966 Wismar Prof. Dr. E. Klar Allgemein-/Thoraxchirurgie Klinikum der Universität Rostock Schillingallee 35 18057 Rostock PD Dr. L. Leifeld Innere Medizin Ev. Krankenhaus Kalk Buchforststr. 2 51103 Köln

Prof. Dr. B. Lembcke Medizinische Klinik St. Barbara-Hospital Katholische Kliniken Emscher Lippe Barbarastr. 1 45964 Gladbeck Prof. Dr. M.M. Lerch Klinik und Polinklinik für Innere Medizin A Zentrum für Innere Medizin Universitätsklinikum Greifswald Friedrich-Loeffler-Str. 23a 17475 Greifswald Prof. Dr. P. Malfertheiner Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie Medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Leipziger Str. 44 39120 Magdeburg Prof. Dr. S. Meuer Institut für Immunologie Universitätsklinikum Heidelberg Im Neuenheimer Feld 305 69120 Heidelberg PD Dr. M. Müller-Schilling Abteilung Innere Medizin IV Hepatologie und Gastroenterologie Medizinische Klinik (Krehl-Klinik) Universitätsklinikum Heidelberg Im Neuenheimer Feld 410 69120 Heidelberg Prof. Dr. B. Rau Allgemein-/Thoraxchirurgie Klinikum der Universität Rostock Schillingallee 35 18057 Rostock

Page 55: GastroForum Rostock Abstracts · 5 experimente). Dies liegt daran, dass aus O2-H2O2 gebildet wird, welches von dem Enzym Myeloperoxidase zu Hypochlorid (HOCl-/OCl-) umgewandelt wird

54

Prof. Dr. H.-J. Schulz Innere Medizin Sana-Klinikum Lichtenberg Oskar-Ziethen-Krankenhaus Fanningerstr. 32 10365 Berlin PD Dr. U. Wahnschaffe Innere Medizin Ev. Waldkrankenhaus Spandau Stadtrandstr. 555–561 13589 Berlin