hand out
DESCRIPTION
---TRANSCRIPT
Julian Eidenberger SE Mensch und Raum
SoSe 2010 LV-Leiterin Univ.-Prof. Madalina Diaconu
23.3.2010
Martin Heidegger:
„Bauen Wohnen Denken“
-Heidegger versteht das Wohnen nicht als eine Tätigkeit unter anderen, sondern als die
schlechthinnige Seinsweise des Menschen auf der Erde. Er unterstreicht dies mit Hilfe seiner
etymologischen Erörterungen (bauen => ich bin, S. 141). Sein Begriff des Wohnens erschöpft
sich offenbar nicht im bloßen „Innehaben einer Unterkunft“.
-Bereits das Bauen ist für ihn, gemäß der Etymologie, Wohnen. Somit kann er die übliche
Zweck-Mittel-Relation von Bauen und Wohnen umkehren: „Wir wohnen nicht, weil wir
gebaut haben, sondern wir bauen und haben gebaut, insofern wir wohnen, d.h. als die
Wohnenden sind.“ (S. 143)
-Den Grundzug des Wohnens meint Heidegger im „vierfältigen Schonen des Gevierts“ (S.
145) zu erblicken. Er spricht vom Retten der Erde, vom Empfangen des Himmels, vom
Erwarten der Göttlichen und vom Geleiten der Sterblichen. Jede der vier „Gegenden“ des als
unzertrennlich gedachten Gevierts verweist auf einen zentralen Aspekt unseres Daseins. Erde
meint Umwelt, Flora und Fauna, sowie ganz konkret den Boden. Der Himmel verweist auf
das Wetter sowie jene Phänomene, die unsere Zeit strukturieren (Wechsel von Tag und Nacht
etc.). Im Begriff der Sterblichen kommt die Endlichkeit unserer Existenz zum Ausdruck. Mit
den Göttlichen spricht Heidegger nicht nur die Religion an, sondern offenbar auch die
Zeitlichkeit überhaupt.
-Das Geviert wird geschont, indem es in den Dingen (bzw. den Bauten) verwahrt bzw.
versammelt wird. Ihm wird „eine Stätte verstattet“, d.h. es materialisiert sich gewissermaßen
in den Bauten. Heidegger illustriert dies etwa anhand der Brücke (S. 147).
-Heidegger grenzt seinen Raumbegriff scharf von jenem der Mathematik bzw. Geometrie ab.
Bauten konstituieren Orte und Räume, deren Individualität niemals völlig auf den Raum der
Mathematik reduziert werden könne. Dementsprechend weist er die weitverbreitete Ansicht
zurück, dass der „Grund“ der Räume in jenem abstrakten Raum zu finden sei (S. 150). Gegen
eine solche Verabsolutierung des mathematischen Raumbegriffs macht er ein sozusagen
„ursprünglicheres“ Verhältnis von Mensch und Raum geltend, ein Verhältnis, das wiederum
im Wohnen und somit im Bezug zum Geviert begründet ist (S. 151f.).
-„Schonendes“, d.h. das Geviert berücksichtigendes Wohnen ist aber nach Heidegger
keinesfalls selbstverständlich. Die „eigentliche Not des Wohnens“ beruht ihm zufolge
nämlich darin, dass das Wohnen erst erlernt werden müsse (S. 156). Dies ermöglicht zugleich
ein neues Verständnis der Beziehung von Bauen und Wohnen: „Nur wenn wir das Wohnen
vermögen, können wir [‚richtig‘] bauen.“
Heidegger, Martin: Bauen, Wohnen Denken. In: Derselbe, Vorträge und Aufsätze. Stuttgart: Neske 71994,
S.139-156.