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56 "Astronomie & Kulturgeschichte" an Bord der "SEDOV" 24.-30. Juni 2012: Kiel - Rund Skagen - Cuxhaven Himmelskunde im mittelalterlichen Sund / Dänemark Tycho de Brahe (1546 - 1601) * 14. Dez. 1546 Knudstrup in Schonen (dän.) Jus in Kopenhagen und Leipzig, später Wittenberg, Basel, 1566 Rostock, Augsburg als 20-jähriger bei Duell Nase fast verloren. Grund: Streit mit Kommilitone um eine mathematische For- mel; Nasenprothese aus Gold-Silber-Legierung, die er mit einer Salbe anklebte 1575 Kassel, Landgraf v. Hessen - Empfehlung an Fried- rich II v. Dän. auf Insel Hven (Sund, vor Landskrona) "Uranienburg" & "Sternenburg" enstehen mit guter Ausstattung - sponsored by Friedrich II. Brahe bleibt 20 Jahre lang auf Hven. Er baute alle Instru- mente selbst und druckte auch seine eigenen Bücher! Beobachtung der Stern- & Planetenposition noch ohne Teleskope; für damalige Zeit sehr präzise (Ge- nauigkeit 2 Bogenminuten) via Mauerquadrant. 1588 Tod Friedrich II; Budgetkürzung durch Nachfolger Christian IV. • 1597 Brahe zieht nach Wandsbeck (Gutshof Wandesburg) „Sei mir gegrüßt, Heinrich, aus Rantzauischem Geschlecht, der Du Urania, die Muse der Astro- nomie, gastfreundlich aufnahmst, Hier, wo in der Nähe des mauerumgrünten Hamburg sich die neue Wandesburg auch mit hohen Häusern erhebt, die sich der edle Herr erbaute, als er 40 Jahre seines Lebens vollendet hatte. Gott, du weiser Lenker des gestirnetragenden Olymp, gib, daß uns dieses Vorteils und Ortes nutzbringend erfreuen, damit die Wunder, die so lange im Himmelsglanz versteckt waren, aller Welt bekannt werden. Rantzau, solange Dir der Himmel deine Gestirne schützt, wird der gute Ruf Deiner Gastfreund- schaft andauern. Im Jahre des Herrn 1597.“ wechselt 1599 nach Prag an Hof Kaiser Rudolf II: kaiserl. Astronom und Mathematiker, Ziel auch neue Sternwarte • berief Johannes Kepler zu seinem Assistenten; der 1600 die Einladung an- nahm. 24. Oktober 1601 in Prag (Grab in Tynkirche am Altstädter Ring) Tychos Schwester: Sophie Brahe (1556–1643), eignete sich eigen- ständig Kenntnisse der Astronomie an und arbei- tete häufig mit ihrem Bruder au Uraniborg; Ergeb- nis: Fixsternkatalog mit 1000 Gestirnspositionen. Der Neue Stern 1572 Am 11. November 1572, als sich Tycho Brahe inzwi- schen wieder auf dem Gut seines Vaters aufhielt, entdeckte er im Sternbild der Cassiopeia einen neuen Stern (stella nova), der nach dem Aufflammen bald stetig schwächer wurde. Tycho Brahes Entdeckung eines „Nova Stella“ (Stern I), die Supernova von 1572

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Page 1: Himmelskunde im mittelalterlichen Sund / Dänemark Tycho de ... · allen Erscheinungen, die seit Beginn der Welt in der ganzen Natur auf-getreten waren, oder ein Wunder, das jedenfalls

56 "Astronomie & Kulturgeschichte" an Bord der "SEDOV" 24.-30. Juni 2012: Kiel - Rund Skagen - Cuxhaven

Himmelskundeim mittelalterlichen Sund / Dänemark

Tycho de Brahe (1546 - 1601)* 14. Dez. 1546 Knudstrup in Schonen (dän.)

• Jus in Kopenhagen und Leipzig, später Wittenberg, Basel, 1566 Rostock, Augsburg

• als 20-jähriger bei Duell Nase fast verloren. Grund:Streit mit Kommilitone um eine mathematische For-mel; Nasenprothese aus Gold-Silber-Legierung, die ermit einer Salbe anklebte

• 1575 Kassel, Landgraf v. Hessen - Empfehlung an Fried-rich II v. Dän.

• auf Insel Hven (Sund, vor Landskrona) "Uranienburg"& "Sternenburg" enstehen mit guter Ausstattung -sponsored by Friedrich II.

• Brahe bleibt 20 Jahre lang auf Hven. Er baute alle Instru-mente selbst und druckte auch seine eigenen Bücher!

• Beobachtung der Stern- & Planetenposition nochohne Teleskope; für damalige Zeit sehr präzise (Ge-nauigkeit 2 Bogenminuten) via Mauerquadrant.

• 1588 Tod Friedrich II; Budgetkürzung durch NachfolgerChristian IV. • 1597 Brahe zieht nach Wandsbeck(Gutshof Wandesburg)

„Sei mir gegrüßt, Heinrich, aus Rantzauischem Geschlecht, der Du Urania, die Muse der Astro-nomie, gastfreundlich aufnahmst,Hier, wo in der Nähe des mauerumgrünten Hamburg sich die neue Wandesburg auch mithohen Häusern erhebt, die sich der edle Herr erbaute, als er 40 Jahre seines Lebens vollendethatte.Gott, du weiser Lenker des gestirnetragenden Olymp, gib, daß uns dieses Vorteils und Ortesnutzbringend erfreuen, damit die Wunder, die so lange im Himmelsglanz versteckt waren, allerWelt bekannt werden.Rantzau, solange Dir der Himmel deine Gestirne schützt, wird der gute Ruf Deiner Gastfreund-schaft andauern.Im Jahre des Herrn 1597.“

• wechselt 1599 nach Prag an Hof Kaiser RudolfII: kaiserl. Astronom und Mathematiker, Ziel auchneue Sternwarte • berief Johannes Kepler zuseinem Assistenten; der 1600 die Einladung an-nahm.

† 24. Oktober 1601 in Prag (Grab in Tynkirche amAltstädter Ring)

• Tychos Schwester:Sophie Brahe (1556–1643), eignete sich eigen-ständig Kenntnisse der Astronomie an und arbei-tete häufig mit ihrem Bruder au Uraniborg; Ergeb-nis: Fixsternkatalog mit 1000 Gestirnspositionen.

Der Neue Stern 1572Am 11. November 1572, als sich Tycho Brahe inzwi-schen wieder auf dem Gut seines Vaters aufhielt,entdeckte er im Sternbild der Cassiopeia einenneuen Stern (stella nova), der nach dem Aufflammenbald stetig schwächer wurde.

Tycho Brahes Entdeckung eines „Nova Stella“(Stern I), die Supernova von 1572

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1x1 der Kepleristik

• Brahe: „Es handelte sich gewiss entweder um das größte Wunder unterallen Erscheinungen, die seit Beginn der Welt in der ganzen Natur auf-getreten waren, oder ein Wunder, das jedenfalls dem vergleichbar war,das, wie die heiligen Prophezeiungen bezeugen, im Anhalten des Sonnenlaufs, das durch dieGebete des Josua erreicht worden war (Josua 10,12-13 beim Sieg der Istraeliten über die Amori-ter), oder bei ihrer Verfinsterung zur Zeit des himmlischen Opferlamms geschehen ist."

(Brahe beobachtete hier die Endphase eines Sterns "Supernovaexplosion" Anm: Supernovaschon 1054 in China gesehen, von europäisch. Scholastik nicht wahrgenommen.)

• Deutung: Friedenstiftender Ausgangsort, 16° östl. von Uranienburg (bei Kopenhagen) und 61, 42°nördl. Breite = nördl. Finnland. Blick richtete sich auf Gustav Adolph.

• Astrologie: Große Konjunktion, ZyklusEnde 1583

• An der Stelle der von Brahe entdeckten Supernovaexplosion kann man noch heute mit großenTeleskopen die Überreste als feine Gaswolken betrachten.

ErkenntnisZuwachsFür die damalige Welt war dieses Ereignis eine Ungeheuerlichkeit, denn es erschütterte wiedereinmal ein kirchliches Dogma: das der ewigen Unveränderlichkeit des Himmels.• Durch die empirische Beobachtung also wird ein Axiom der Antike (Aristoteles), nämlich die Un-

veränderlichkeit der Himmelserscheinungen, fragwürdig.

• Die gleiche Wirkung hatte Tycho Brahes Beobachtung eines Kometen im Jahr 1577. Die ande-ren Astronomen deuteten diese Erscheinungen ähnlich wie Aristoteles als meteorologische, sub-lunare Phänomene.

• Durch Entfernungsberechnungen wurde Tycho Brahe jedoch klar, dass es sich um Phänomeneweit jenseits des Mondes handeln musste.

• Tycho Brahes Erkenntnis führte dazu, dass eine weitere antike Vorstellung aufgegeben werdenmusste: Man musste nun annehmen, dass die Sphären keine physikalische Realität dar-stellten, da der Komet ja verschiedene Sphären (maximale Parallaxenbestimmung 15') durch-kreuzt. Tycho Brahe und Kepler gaben daher die Sphärenvorstellung auf.

• ergo: Kometen nicht Teil der sublunaren Sphäre, sondern jenseits von Mond stehen! Aber nachAristoteles dort hinten keine Veränderungen möglich!

• Tycho Brahe entwarf ein Weltmodell, das eine Mischung von helio- und geozentrischem(Ptolemäus) Modell war. An einer antiken Vorstellung hielt Tycho Brahe allerdings weiter fest,nämlich an den Kreisbahnen der Himmelskörper. Die Erde war noch im Zentrum. Um die Erdekreisen Mond und Sonne. Die Planenten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn kreisen aberum die Sonne.

Kepler, Johannes* 27. Dez. 1571 Weil der Stadt, Württemberg

(luther. Eltern),+ 15. Nov. 1630 Regensburg, Kurfürstentag

• 1577 Schulbesuch, 1584 Klosterschule Adelberg, späterMaulbronn

• 1589 Baccalaurat und protestant. Theolog. Stift Tübin-gen, 1591 Magister

• Persönlichkeit: Interesse auch an Dichtkunst,1591 trat er auf dem Marktplatz Tübingen auf einer Frei-lichtbühne auf.

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1x1 der Kepleristik

• Elterl. Führung:Mutter führte den jungen K. 1577 auf eine Anhöheund zeigt ihm einen Kometen.

• Vater nahm in 1580 zur Betrachtung einer Mondfin-sternis mit,

• 1596 Mysterium Cosmographium: Schöpfung desUniversums nach göttlichem Plan - Aufgabe derForscher, Regeln dieses Planes zu ergründen

• "Mysterium cosmographium(1596, folglich sein Jugendwerk)Kepler meinte, Gott auf die Schliche gekommen zusein: Platonische Körper -5 Sphären mit Oktaeder, Ikosaeder, Dodekaeder,Tetraeder und Würfel. Darin "Sectio Divina" (Gold.Schnitt) - Sinnbild der göttliche Ordnung

• 1599 Graz; Konzept der Weltharmonik: 5 Bücher,s.1619 Titelblatt Weltharmonik:1. Geometrie 2. Mathematik 3. Harmonielehre 4. Astrologie 5. Astronomie

• Harmonices mundi libri V (1619) -Kepler in der Weltharmonik, der Vollendung seines eigentlichen Lebenswerkes:

"Nichts soll mich halten. Ich überlasse mich meiner heiligen Raserei. Ich triumphiere überdie Menschheit durch das ehrliche Bekenntnis: ich habe die heiligen Goldgefäße derÄgypter gestohlen, um meinem Gott, weit weg von den Grenzen Ägyptens eine Stiftshüttezu errichten."

Besessenheit & Zielstrebigkeit:Kepler kam nicht umhin, sich mit der Astronomie zu beschäftigen, um seine selbstgestellte Lebens-aufgabe, das "phytagoräische Weltgeheimnis" zu entschlüsseln.• Bei der Suche nach den "platonischen Körpern" (mathem. Hypothese) ließ er die Physik quasi

aus dem Spiel.

• Die Entdeckung der Pythagoräer, daß einfache Zahlenverhältnisse und Intervallempfindungen zu-sammenhängen und auch Kosmos vorkommen führten ihn zu Tycho Brahe, um die Plantenbah-nen zu ergründen.

• Er brachte in dieser Raserei die Keplerschen Gesetzte zutage; sie bilden nur ein Abfallproduktseines Geistes!

• 13 Sätze zur Astronomie enthält unter 8:"Es ist ganz sicher und bestimmt vollkommen, daß die Proportionen, die zwischen den Um-laufzeiten irgend zweier Planeten besteht, genau das Anderthalbe der Proportionen der mittlerenAbstände, d.h. der Bahnen selber ist" ~ 3. Kepl. Gesetz

• man beachte die harmonikal. Diktion - heutzutage völlig ungeläufig!! (vgl. heutige Schulbücher)

• Nach 20-jährigen Untersuchungen über die Zusammenhänge der musikalischen Harmonie derPlanetenbewegungen eine Lösung !

• Kepler verkörpert eine Form von archetypischem Verhalten in der Vorgangsweise.• Viele Umwege erbrachten erfreuliche Resultate (u.a. Mästlins Nachfolger: Schickart baute die er-

ste Rechenmaschine nach Keplers Entwürfen)

• Protestantenverfolgung: Katholisch oder Emigration - Ruf Tycho Brahes an den Hof Rudolph II.

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• n. Tychos Tod "kaiserl. Mathematiker", Ergebnis der Marsbahnen:"Astronomia Nova" (1. u. 2. Kepl.Gesetz) - Abschied von der Kreisformhin zum Oval

Astrologie 1603 Große Konjunktion nach 800 Jahren wieder in Sagittarius -1604 trat Mars hinzu und eine Nova (9.Okt): "ganz und gar vollkommen" -(De Stella nova in pede Serpentarii („Vom neuen Stern im Fuße des Schlangen-trägers“).

"da hat Gott abermal am hohen Himmel und zwar gerad' an dem Ort, da die dreiPlaneten beieinander gestanden, einen ungewöhnlichen neuen Stern angeflam-met und über ein ganzes Jahr also stehen lassen, ohne Zweifel anzuzeigen, daßabermals etwas Seltsames in der Welt anfange, so zu seiner Zeit soll ans Ta-geslicht herfrür kommen" / In diesem Zushang:

• "Gutachten über das feurige Trigon"• "Discurs von der großen Conjunktion"

• 1612 (n. Tod Rudolf II): Gymnasium Linz• 4.8.1613 Kaiser Matthias hält Reichstag in Regensburg mit Kepler als Hofastronom und Berater

zu "gregorian. Kalenderreform" - scheiterte am Protestanten, die Annäherung an päpstl. Kalenderbefürchteten

Astrologie • Bereits 1608 Horoskop für Wallenstein, 1623 in Linz verbessert,• Horoskope für Rudolph II und Bruder Matthias (Folgekaiser) zum Eigengebrauch;

Aussage: Stern von Matthias im Steigen, für Rudolph II "ungünstige Directiones"• 1619 "Harmonices mundi" - pythagoräische Denken in die Astro übernommen und neu formuliert:

"3. Kepl. Gesetz"• Die Zeitgenossen müssen sein "Ingenium" über Landesgrenzen und Religionsun-

terschiede hinaus gespürt haben (Kaiser, Tycho, Wallenstein, Adlige und Jesui-ten)

• 1626 "Tabulae Rudolphinae", in Linz vollendet, Druck in Ulm mit Widmung an Ferdinand II, zuJahreswechsel 1627 in Prag übergeben!

• 1628 zu Wallenstein / Sagan wg. Gehaltsrückstände

• Kurfürstentag Regensburg (Anm.: zeitgleich mit Absetzung Wallensteins) - Überanstrengungnach langem Ritt - Fieberanfälle und Tod

• Keplers Nachlaß auf der Sternwarte Pulkowo

Persönlichkeit II Nach 20-jährigen Untersuchungen über die Zusammenhänge der musikalischenHarmonie der Planetenbewegungen eine Lösung !

• Kepler verkörpert eine Form von archetypischem Verhalten in der Vorgangswei-se.

• Viele Umwege erbrachten erfreuliche Resultate (u.a. Mästlins Nachfolger:Schickart baute die erste Rechenmaschine nach Keplers Entwürfen)

a propos Sphären: Fixsterne - Objekte einer dünnen Kugelschale• Kepler führte 1597 Parallaxenbestimmungen am Polarstern durch (34'). Er schloß auf einen Radi-

us des Fixsternhimmels von 100 Erdradien - eine Bestätigung für seine These über die harmoni-sche Anordnung der Planeten um die Sonne (diverse Verhältnisse: Erde - Sonne -Saturn - Fix-sterne ...)

Ordnung & Harmonie in den Weltvorstellungen... & der Beitrag von Johannes Kepler

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Galilei Galilei (1564-1642)

* 15. Februar 1564 in Pisa;† 8. Januar 1642 in Arcetri bei Florenz

• 1592 Lehrstuhl für Mathematik in Padua

• Saläraufbesserung durch: Privatunterricht; Vertriebdes Proportionszirkel (Vorläufer des Rechenschiebers)

• 1597 Brief an Johannes Kepler: deutliche Favorisie-rung des Heliozentrischen Weltsystem gegenüberdem Glauben an das geozentrische Weltbild: „…unserLehrer Kopernikus, der verlacht wurde“.

• Kepler benannte Supernova von 1604 war Anlass zudrei Vorträgen, in denen er die aristotelische Astrono-mie und Naturphilosophie angriff: Mangels Parallaxemuß der "Neue Stern" weit von der Erde entfernt seinund sich deshalb in der Fixsternsphäre befinden.

Retrospektive: Internat. Jahr der Astronomie 2009• 1609 erfuhr Galilei vom erfundenen Fernrohr: Jan Lippershey/Holland.

• Er baute mit handelsüblichen Linsen ein Gerät mit ungefähr vierfacher Vergrößerung, lerntedann selbst Linsen zu schleifen und erreichte bald eine acht- bis neunfache, in späteren Jah-ren bis zu 33-fache Vergrößerung.

• Als einer der ersten Menschen nutzte Galilei ein Fernrohr zur Himmelsbeobachtung; die Tele-skop-Astronomie war begonnen.

Erkenntnisse• Oberfläche des Mondes ist rau und uneben, hat Erhebungen und Klüfte.

• dunkle Partien der Mondoberfläche werden von der Erde aufgehellt(sog. Erdschein).

• Planeten sind – im Gegensatz zu den Fixsternen – als Scheib-chen zu sehen

• entdeckte die vier größten Monde des Jupiter, die er in Vorbe-reitung seines Wechsels an den Medici-Hof die MediceischenGestirne nannte und die heute als die Galileischen Monde be-zeichnet werden.

• Er beobachtete, dass die Milchstraße nicht – wie es dem bloßenAuge vorkommt – ein nebliges Gebilde ist, sondern aus unzähli-gen einzelnen Sternen besteht.

• Selbst angefertigte Federzeichnung der Mondoberfläche wurden imSidereus Nuncius (Sternenbote) von 1610 veröffentlicht und mach-ten Galilei auf einen Schlag berühmt.

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Johann Hevelius (* 1611, + 1687)

Geb. 28. Januar 1611, in lutheran. Danziger Patrizierfami-lie; seit Generationen Danziger Brauereibesitzer.

• 24. Juli 1630 Hevelius inscripiert an Universität Leiden unter„Johannes Hevelius Dantiscanus“: Studium Jura und Ökono-mie.

• Auf dem Weg nach Leiden (nahe Insel Hven) , beobachteteder junge Danziger am 29. Juni 1630 die Beobachtung ei-ner Saturn-Bedeckung durch den Mond. .... offenbar reisteHevelius durch den Sund!

Leben & Lehrer Von Leiden aus Reisen u.a.nach London &France mit Kontakten zu:

• Pierre Gassendi (1592-1655) Anti-Aristoteliker, beobachte-te 7. Nov. 1631 einen von Kepler berechneten Merkurtran-sit,

• Marin Mersenne (1588-1648); Mathematiker, Theologe, Mu-siktheoretiker)

• Athanasius Kircher (1602-1680); Universalgelehrter S.J.: „Primitiae gnomonice catoptricae(Avignon 1635)“ – mit Hevelius’ Projektskizze „Reflexive SonnenUhr“

• 1634 auf Ersuchen des Vaters nach Danzig retour • Privatunterricht bei Peter Krüger (1580-1639): Mathe-prof. am Danziger Gymnasium, Schüler Joh.Keplers (1571-1630) und T.Brahes(1546-1601)!

• 21. März 1635 Heirat mit Katharine Rebeschke, die zwei Häuser und auch eine Brauerei be-saß, welche in unmittelbarer Nachbarschaft zum Anwesen der Familie Hevelius lag; An-merkung gpb: „eine gute Partie“!

• Zunächst „Manager“ der Brauerei der Gattin; 1636 Eintritt in die Bierbrauer-Zunft,• 1643 Zunftmeister; aber mit anhaltendem Interesse für Astronomie: • 1641 errichtete er ein

hervorragend ausgestattetes Observatorium (übrigens ein Versprechen an Tod P.Krüger am Ster-bebett) - u.a. mit einem selbstkonstruierten Teleskop von 45 m Länge!!!

• 1649 Zusammenschluß beider Brauereien: Nutzung der Dachgeschosse und Errichtung einesObservatoriums .... Alles in allem eine Erfolgsgeschichte im alten Danzig!!!!!!

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Kopernikanische Wende• Kopernikus Werk "De revolutionibus orbium coelestium (1543)": Erde nicht Zentralkörper

des astronomischen Weltsystems!

Begriff "Kopernikanische Wende" in Vorrede zur 2. Auflage von Kants "Kritik der reinen Ver-nunft". Kant erklärt dort seine neue erkenntnistheoretische, nämlich transzendentale Einstellung,wonach sich „die Gegenstände nach unserer Erkenntnis richten“ ... mit Hinweis auf Kopernikus,welcher - nachdem es mit der Erklärung der Himmelsbewegungen nicht mehr voranging, wenn erannahm, das ganze Sternenmeer sich um den Zuschauer drehe - empfiehlt, sich als Zuschauerzu drehen und die Sterne in Ruhe lassen! [siehe "Kritik der reinen Vernunft, B XVI].

Vorbereitung des Kopernikanischen Weltbildes: durch das geistige Triumvirat"Johannes von Gmunden-Peuerbach-Regiomontan", (Uni Wien 1551):

Kopernikus, Nicolaus(19. Feber 1473 - 24. Mai 1543) Thorn (heute poln. Torun)• zunächst Studium in Krakau, dann

Astronomie (in Bologna unter Domenico Maria Novara -Schüler des Regiomontan) sowie Medizin und Jus in Padua,

• durch Brudzwewski (Lehrer 1498-1491 von Konrad Celtis,Krakau) mit den Planetentheorien Purbachs bekannt ge-macht

• in dieser Zeit schon zum Domherrn von Frauenburg gewählt• später Leibarzt d. Bischofs v. Ermland

• 1506 Heliozentr. System, in "Commentariolus" schon darge-stellt

• 1514 Laterankonzil mit Anfragen zurKalenderreform ... ca. 70 J. :keine Antwort von Kopernikus möglich, da das tropischeJahr noch nicht genau genug bekannt (siehe Grundgleichung des Gregorian. Kalender)Hinweis: Gregorianische Reform kam erst 1582

• "De Revolutionibus" erst 1543 gedruckt, Vorrede von Osiander: Ansichten nur als Hypothesedargestellt

Die Suche nach dem „Paso“ - oder,wie der Zeitgeist eine Vision hervorbringt

Vor 485 Jahren zur Wintersonnenwende 1520 passierte ein fast zufriedener Admiral mit drei vonursprünglich fünf Schiffen den Wendekreis des Steinbocks.Ein Schiff ging unterwegs zu Bruch, ein weiteres war „abhanden“ gekommen. Nach den Fahrtenvon Kolumbus Richtung Westen war es nur folgerichtig nach einer Durchfahrt - dem „Paso“ - indas andere Meer, „Mar del Sur“, jenseits der amerikanischen Festlandbarriere zu den Gewürzin-seln und weiter bis nach Indien zu suchen. Diese Expedition sollte über gänzlich unbekanntesüdliche Meere führen. Es gab bis dato nur vage Ahnungen von der Existenz dieser Südwestpas-sage und schon gar kein verlässliches Kartenmaterial.Nur einer hatte dafür das heilige Feuer:

Kopernikanische Wende & ...

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Kopernikanische Wende & ...

Fernando de Magellanes (1480–1521) -kurz: Magellan ( sein Name steht in jedem Geschichtsbuch, trägt eine Raumfahrtmission, einastronomisches Projekt und ist – wie es schon die Götter der Antike mit ihren Lieblingen pflegten –in den Himmel eingraviert!)• Dank seines dämonischen Willens hat er alle denk-

baren Widerstände überwunden und fand zur Um-setzung seines scheinbar unrealisierbaren Lebens-traumes auch die richtigen Helfer.

• In seiner Heimat Portugal fand er trotz seiner Ver-dienste in Seekriegseinsätzen mit seiner visionä-ren Idee kein Gehör sondern eher Spott. Daraufhinging mit seiner Projektidee in das feindliche Spani-en. Als Portugiese gewann er dort den damals 18-jährigen, sparsamen und übervorsichtigen spani-schen König Karl I. – später römisch-deutscherKaiser Karl V. – als Sponsor und die Fugger als In-vestoren. Es zeugt von Magellans großer Sugge-stivkraft, dass er auch die größten Skeptiker über-zeugen konnte. Ein Vergleich zum Ansinnen einesKolumbus 30 Jahre früher tut sich auf.

• In Vorbereitung des Projektes gewährte der KönigMagellans Erben Privilegien und ernannte ihn undeinen seiner Gefährten am 22. Mai 1517 zu Kapitä-nen.

• Die Projektvorbereitung war von gigantischer De-tailarbeit, Pedanterie und Geduld geprägt, um dieFlotte so auszustatten, dass sie glücklich an der südamerikanischen Küste nach Süden vorsto-ßen konnte.

• Die Besatzung bestand beim Auslaufen am 10. August 1519 aus 265 Mitgliedern aus neun Na-tionen. Es war alles verteten vom „Glücksritter“, dem es in Europa zu eng war bis zum Galee-rensträfling. Darunter auch der Italiener Antonio Pigafetta, ein Ritter des Ordens von Rhodos.Er heuerte als Dokumentarist an und ihm verdanken wir, die Überlieferung der wesentlichenDetails dieses einmaligen Unternehmens.

• Magellan war ein schweigsamer und verschlossener Mensch und nicht jede seiner Entschei-dungen war richtig. Wir sollten uns auch heute mit Kritik an seinem Führungsstil jedoch sehrzurückhalten! Abgesehen von Stürmen, Witterungsungemach, Hunger, Krankeiten etc. hatteMagellan aber auch mit allen denkbaren Hindernissen, quälenden Zweifeln und Meuterei zukämpfen, bevor er triumphieren durfte.

• Historische Sychronizität• Just als der junge spanische König Karl I. sich am 22. Oktober 1520 nach Aachen zur Kaiser-

krönung begab, erreichte Magellans Expedition am anderen Ende der Welt die berühmte Meer-enge, die bis heute „Magellan-Straße“ genannt wird. Ob man es beachten mag oder nicht, die-ses zeitliche Zusammentreffen zwischen dem Erreichen eines wesentlichen Etappenzieles aufMagellans Fahrt ins quasi Ungewisse und der Ankunft Karls V. in „seinem Reich“ ist symbol-trächtig!

• Magellan hat diese über 300 sm lange Wasserstraße erfolgreich erkundet. Damit wir diese Lei-stung in etwa einschätzen können: Trotz seemännischem Enthusiasmus und logistischem wieökonomischem Vorteil für Spanien und Portugal sollte fast ein halbes Jahrhundert vergehen,bis überhaupt wieder ein Schiff die „Magellan-Straße“ unbeschadet passierte.

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In ständigem Kontakt mit Materie und Himmel• Zur Vorbereitung der Expedition gehörte auch eine gründliche Ausstattung mit astronomischem

Gerät und Zubehör. Selbstverständlich wurde Pergament gestapelt für Portolanos jener Länder,die man entdecken wird. Außerdem wurden für die Reise angeschafft: astronomische Tabellen,Quadranten aus Holz und Bronze, Theodolite, Kompanten und Ersatz-Magnetnadeln, Sanduhren,Balesthilas (Jakobsstäbe), Astrolabien zur Messung der Sonnenhöhe sowie Nocturlabien zur Be-stimmung der Sternzeit.

• Zur Besatzung gehörten auch die Astronomen Faleiro und San Martin. Doch wie sollten sie sichin dieser unbekannten Sternenwelt des Südens orientieren können? Man versuchte, sich mitden Tafeln des Regiomontanus bei der Navigation zu behelfen.

• Wir wissen, dass die Bestimmung der Breite hinreichend gelang, aber die Bestimmung der Län-ge bis ins 19.Jahrhundert ein Kardinalproblem blieb! Für Magellans Crew erwiesen sich alle bis-herigen Erfahrungen als unbrauchbar und falsch. Faleiro, selbstverständlich in Iberien auch alsAstrologe tätig gewesen, hat für seine Horoskope wichtige Mondereignisse aufgezeichnet. Die-se Tabellen waren brauchbar, sodass er am 20. Dezember 1519 eine partielle Mondfinsternisund wenig später eine Marsbedeckung als Navigationshilfe bzw. zur Längenbestimmungheranziehen konnte.

Auch die Sterndeuter kommen zu ihrem Recht• Zur Erkundung der Meerenge schickte der Admiral zwei Schiffe aus. Nach all den Entbehrun-

gen kehrte die „Conception“ mit der erlösenden Nachricht zurück, dass „die Passage“ existiert.Doch was ist aus dem Führungsschiff, der „San Antonio“, auf der Erkundungsfahrt geworden?

• Hier sollte der zweite Astronom neben Faleiro, seine Kunst in der Sterndeutung unter Beweisstellen. Im Auftrag Magellans befragt er das Horoskop zum Verbleib des Schwesterschiffes undbringt schlechte Kunde: Die „San Antonio“, das größte Schiff, ist mit einem großen Teil der Vor-räte desertiert und sein Kapitän liegt in Ketten. Nach der Freudenmeldung, ein Tiefschlag füralle.

• Hätte nicht Pigafetta als Dokumentarist bei Magellan angeheuert, wären wesentliche Details derabenteuerlichen Reise wohl gänzlich unbekannt geblieben. Immerhin wurde in Portugal nichtnur die Familie Magellans in Sippenhaft genommen und sein Wappen geschändet, sondernauch versucht Magellans Namen und historische Verdienste gänzlich auszulöschen.

• So hinterlässt uns der „Chronist“ aus der täglichen Seemannsarbeit, dass Magellan gegen Mit-tag selbstverständlich mit dem Jakobsstab hantierte oder dass die Logge erfasst wurde; wie im-mer das auch mit den verfügbaren Mitteln geschah. Hervorgehoben wird, welche Geduld Ma-gellan aufbrachte, die notwenigen seemännischen Fertigkeiten in der Mannschaft zu entwik-keln. So erteilte er der Crew Nachhilfe in der Interpretation der Kompassanzeige, da in der süd-lichen Hemisphäre die „Kraft der Nadel, den Norden zu suchen“ geringer sei, als im Norden undgab Order, eine bestimmte Abweichung beim Kurs zu berücksichtigen.

• Als Magellans Piloten auf der Weiterfahrt durch den Pazifik nach Norden - wie üblich - die tägli-che Breitenbestimmung vornehmen wollten, schilderten sie ihrem Admiral das Problem ange-sichts der Sonnenhöhe bei Näherung an den Äquator. In Ermangelung von Deklinationstabellenfür neue Sterne gab er Hilfestellung für die Nutzung des Sternbildes „Kreuz des Süden“. Dashatte er bereits als Kriegsteilnehmer unter portugiesischer Flagge kennengelernt.

• Magellan unterweist seine ratlosen Piloten sinngemäß wie folgt: Das „Kreuz des Südens“ stehtetwa auf 60° südlicher Himmelsbreite und die vierfache Verlängerung des längeren Kreuzbal-kens weist zum Südpol.

... Magellans Weltumsegelung

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65© gpbolze_06.2012 "Windjammer-Akademie_7" c/o Well Sailing Segelschule, Hamburg

Karl V.– Gönner, in dessen Reich die Sonne nicht untergeht• Gut drei Monate nach Erreichen der Passage und Einfahrt in den Pazifik, etwa auf zehn Grad

nördlich des Äquators, erfüllt sich Magellans Mission mit der Landung auf den Philippinen. Auchwenn es noch nicht seine ersehnten Gewürzinseln waren, kreuzten sich hier die Wege der Chi-nesen, Mongolen und Händler des Westens mit Magellans Kurs, der von Osten kam. Die Erdeist eine Kugel!

• Magellan empfand höchstes Glück und Dankbarkeit. Er drängt aber zur Weiterfahrt zu den er-sehnten Gewürzinseln, den Molukken. Unerwähnt blieb bisher, dass Magellan seit 1509 aus derZeit in Malakka einen Sklaven namens Enrique in seiner ständigen Begleitung hatte und mit anBord nahm. Bei einer weiteren Landung auf einer Insel vor Mindanao schickt der Admiral sei-nen Diener vor, Kontakt zu den Einheimischen aufzunehmen. Seine Ahnung bestätigt sich: DieInsulaner verstehen Enrique, der sie in malaiischem Dialekt anspricht. Dass die Erde eine Ku-gel ist, wurde nun auch mit dieser Begegnung bewiesen. Symbolisch ist Enrique der „er-ste“ Weltumsegler!

• Die Philippinen gehörten bis ins 19. Jahrhundert zu Spanien. Nun wird einmal mehr klar, warumKarl V. in die Geschichte einging mit dem Attribut eines Herrschers, in dessen Reich die Sonnenie unterging.

Ruhm auch am Himmel• Magellans Verdienst besteht nicht nur aus seiner Visionskraft, Tollkühnheit und seemänni-

schem Geschick, sondern auch in seiner Gabe, trotz Unzulänglichkeiten, Unglück, Verrat undSchwäche, seine Mannschaft bis zuletzt für sein Ziel zu motivieren.

• Diese Menschen waren mit unvorstellbaren Entbehrungen, Eis, Dürre, Hunger und Krankheitkonfrontiert, ehe die Passage gefunden wurde; eine Leistung, die bis dato keinem anderenMenschen gelang.

• Schon Pigafetta beschreibt bei der Beobachtung des südlichen Himmels zwei nebelartige Zo-nen in der Nähe des Südpols. Die Astronomie hat die Bezeichnung „Magellansche Wolken“ inRespekt und Anerkennung der Leistung Magellans bewahrt.

• Sie markieren die Südpolregion und sind mit unbewaffnetem Auge als Nebel gut erkennbar, diedurch das Sternbild Hydrus (Südliche bzw. Männliche Wasserschlange; siehe Abb. 4) getrenntwerden.

• Die Große Magellansche Wolke (LMC: Large Magellanic Cloud) liegt überwiegend im SternbildGoldfisch (Dorade), reicht ein beträchtliches Stück in das Sternbild Tafelberg (Mensa) hinein,und hat eine scheinbare Ausdehnung am Himmel von mehr als 20 Vollmonddurchmessern.Man könnte meinen, sie sei bei einem Sturm aus der Milchstraße herausgerissen worden.Im Telekop erkennt man, dass sie aus Einzelsternen und interstellarer Materie besteht, wieunsere nahegelegene Milchstraße eben auch. In einer Entfernung von „nur“ 170.000 Lichtjahreliegt sie quasi in unserer Nachbarschaft, wenn man sie vergleicht mit anderen Galaxien (z.B.M31: Andromedagalaxie mit einer Entfernung von 2,3 Mio Lichtjahren).

• Die Kleine Maggellansche Wolke (SMC: Small Magellanic Cloud) liegt am Rande des Sternbil-des Tukan (Abb. 4 / Abb. 6: im Teleskop).

In der Wissenschafts- und Kulturgeschichte wird Magellans Weltumsegelung gern in einem Atem-zug mit der bekannteren kopernikanischen Wende genannt. Magellan und Kopernikus leitetenParadigmenwechsel ein!

... Magellans Weltumsegelung

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66 "Astronomie & Kulturgeschichte" an Bord der "SEDOV" 24.-30. Juni 2012: Kiel - Rund Skagen - Cuxhaven

Zwei Dinge erfüllen das Gemüth mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht,je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt:

der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetzin mir.Beide darf ich nicht als in Dunkelheiten verhüllt,oder im Überschwenglichen, außer meinem Gesichtskreisesuchen und blos vermuthen;ich sehe sie vor mir und verknüpfe sie unmittelbarmit dem Bewußtsein meiner Existenz.

Immanuel Kant (*22.04.1724 + 12.02.1804):"Kritik der praktischen Vernunft"; Akademie-Ausgabe V, 161f.

Ausgangsposition oder das "Credo"• Unsere Produktivität ist zunehmend an Kreativität gebunden, denn

Entwicklung wird durch sie erst möglich. Lebendige Schöpfer-kraft ist an Ihre Persönlichkeit gebunden, braucht Impulseund muß genährt werden!

• Es gibt Werkzeuge für unseren Geist, um die eigene Kreativität zu stärken; die Astronomie istdafür ein ideales Trägermedium. Astronomische Fakten bilden wichtiges Hintergrundwissen mitvielseitigen Anwendungsmöglichkeiten.

"per aspera ad astra"*- Astronomie & Persönlichkeit in Beispielen• Geschichte der Astronomie, wie jede andere Wiss., verbunden mit menschl. Bemühungen.

Was waren es für Menschen, die sich die Astronomie zum Lebensthema gemacht haben?

* "per aspera ad astra" - auf rauhen Wegen zu den Sternen

Diesterweg Friedrich Adolph Wilhelm,(*29. 10. 1790 Siegen +7. 7. 1866 Berlin): "Astrono-

mie ist geeignet, den Geist zu läutern und zu er-heben!"(Urania: Astronomie als "Königin der Wissen-schaften")

• früher: Astronomie kein Studium zum "Broter-werb" - heute?eher: gepaart mit Liebe zur Natur und Sicht überdie irdisch- materiellen Dinge hinweg.

Hevel, Johannes lat. Hevelius (1611-1687)• aus Danzig, Jus-Studium, / Ist in städtischen Äm-

tern u.a. als Bürgermeister tätig, begeistert sichaber für Astronomie - errichtet Sternwarte!

• weitere nützliche Talente: Zeichen- und Kupfer-stecherkunst >1647 "Selenographia" - Mondtopographie / 1668"Cometographia" / 1673; 1679: 2 Teile "Machinacoelestis" - Instrumentbeschreibungen.

Frau Hevel: treue Gehilfin am großen Sextanten aufder "Sternenburg in Danzig"

Nicolas Louis de Lacaille (1713-1762):• Anfangs Theologe (Rumigny/Thierache frz.) -

von Jacques Cassini (Sohn des G.D.Cassini) fürdie Astronomie gewonnen.

• zunächst bei französ. Gradmessung, späterProfessur, Akademiemitglied

• 1751-54 lebt i.Auftrag der Academie de Franceam Kap der Guten Hoffnung - einerseits zur Ver-vollständigung der Gradmessung, aber auch zur

• Beobachtung zahlreicher südlicher Sterne: "Co-elum australe stelliferum" (Paris 1763) mit ca.10.000 Objekten

F. Wilhelm Herschel (1738-1822):• Sohn eines Musikers in Hannover - selbst Oboist

in einer Regimentskapelle und kommt auf dieseWeise nach Bath/England, auch Organist in Hali-fax - wenig Geld.

• Beschäftigung mit der Astronomie - für Fernrohrkein Geld /

• Experimentiert mit Spiegeln und baut Teleskope- es folgt eine Himmelsdurchmusterung

• entdeckt 13. März 1781 den Uranus - erlangteBerühmheit

• mit diesem Erfolg wird Mitglied der Royal Societyund Hofsastronom mit einen stattlichen Gehaltvon 200 Pfund

• realisiert Fernrohrbauten bei den Windsors u.a40 füßiges Riesenteleskop

• mit seiner Schwester Karoline (s.u.) an seiner

"Heilige Raserei "- Attributherausragender Persönlichkeiten

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Seite vollbringt er ein vielschichtiges astrono-misches Lebenswerk (Bau und Verkauf vonGroßfernrohren, 70 Abhandlungen in den "Sci-entific Papers" etc.)

Caroline Herschel (16. 3.1750- 9.1. 1848)• auch selbständige Arbeiten u.a. in der Kome-

tenberechnung; entdeckt 8 Kometen bis in ihr99-jähriges Lebensjahr

Urban Leverrier (1811-1877)• Steuerbeamter bei Tabaksregie mit mathemat.

Begabung: Störungsrechnung bei Uranus mitSchluß: Jenseits von Uranus befindet sich wei-terer Planet:

• 1846 fand Galle mit "Killerinstinkt" den Neptun

Peter Hansen• Uhrmacher (in Tondern) mit mathemat. Interes-

se• fand Buch im Wartezimmer eines Gelehrten /

die Ausleihe brachte Begeisterung:• Uhrmacherei an den Nagel gehängt; Uhrladen

abgegeben! >> später: Direktor der SternwarteGotha

Geheimrat Bruhns• ehemaliger Schlossergeselle; erzielt Aufmerk-

sam bei Enke (Berlin); Protegierung und Assi-stenz

Asaph Hall• ehemaliger Zimmermann, der Marsmonde

entdeckt

Simon Newcomb• ehemaliger Zimmermann >> später Prof. in Bal-

timore

Weber (von Pekeloh)• Kuhhirt und hervorragender Sonnenbeobachter

Pabitsch (Dresden)• Bauer >> hervorragender Beobachter

Mädler• ehem. Schreiblehrer >> hervorragender Mond-

forscher

Bessel (1784-1846)• ehem. Kaufmann >> Entfernungbestimmung

über Fixsternparallaxe (siehe Heliometer)

Hermann Klein:• ehem. Buchhändler >> hervorragender Monfor-

scher

Wilhelm Meyer:• ehem. Buchhändler > pop.astron. Schriftsteller,

Astronom im Genf > Gründer der Berliner Urania

Bode, Johann Elert (1747-1826):• als Hamburger nach Berlin berufen.• 1744 Edition des "Berliner Astronom. Jahrbu-

ches"• 1786 Direktor der Berliner Sternwarte >> bekannt

durch Mehrfach-Auflage der "Anleitung zur Kennt-nis des gestirnten Himmels"

Charaktertypen der Astronomen:• Waren es nur närrische Käutze oder Meßknechte

in kalter, ungemütlicher Umgebung?Tatsache ist aber:• sie zeichnen sich durch keinen "ordentlichen"

Gang aus. Oftmals waren sie Autodidakten mitfreierem Blick, als im Labyrinth der Wissenschaf-ten ... mit wenigem theoretischem Ballast und imUmgang unbeschwerter.

• Entdeckungen / Entwicklungen gelangen Ih-nen, welche anderen nie in den Sinn gekommenwären.

Anmerkung von gpbolze: Sie wurden irgendwannauch von dieser heiligen Raserei erfaßt, dieich auch Ihnen von Herzen wünsche!

Anmerkung zu Richard Wagner* 22.Mai 1813 Leipzig, +13.Februar 1883 Venedig,

Palazzo Vendramin• Zeitqualität: Uraufführung der Meistersinger in

München am 21.06.1868• Astronomie:

Ein Entwurf der Villa Wahnfried sah eine Sonnen-uhr vor. Idee aber verworfen wegen Nordrichtung(Stelle wo heute Sgrafitto-Gemälde)

• Fehler der Geschichtsinterpretation in Villa Wahn-fried-Beschreibung:"Über dem Haupteingang zwei glasgemalte Wap-pen: links mit dem Siebengestirn für "Wagen"(Wagners Bezüge zur Astro!) und einen Geier(Stiefvater: Ludwig Geyer); recht mit einem Koch-löffel, Wappen von Tribschen.

Weitere• G.Holst / Stockhausen / Gerhard Fasching (Wien)

"Heilige Raserei"-Attribut herausragender Persönlichkeiten