histopathologie der pannikulitis – aspekte der biopsietechnik und schwierigkeiten der diagnostik

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DOI: 10.1111/j.1610-0387.2011.07831.x Originalarbeit 421 © The Authors • Journal compilation © Blackwell Verlag GmbH, Berlin • JDDG • 1610-0379/2012/1006 JDDG | 6 ˙ 2012 (Band 10) English online version on Wiley Online Library Schlüsselwörter Pannikulitis Biopsie Histopathologie Zusammenfassung Hintergrund: Die Diagnostik der Pannikulitiden kann klinisch und histologisch schwierig sein. Klinisch präsentieren sich die Patienten meist mit relativ mono- tonen roten Schwellungen der Haut mit und ohne Begleitsymptome. Wenn in einer Probebiopsie nicht ausreichend Fettgewebe erfasst wurde, ist eine histo- logische Beurteilung eingeschränkt, so dass die richtige Diagnose erst verzö- gert nach einer erneuten Biopsie gestellt werden kann. Patienten und Methodik: Anhand einer retrospektiven Aufarbeitung von vier Patienten mit verschiedenen Pannikulitiden werden Probleme der Diagnostik dargestellt. Ergebnisse: Bei zwei Patientinnen mit subkutanem Pannikulitis-artigen T-Zell-Lym- phom und Lupus-Pannikulitis konnte die korrekte Diagnose erst mit Verzögerung im Krankheitsverlauf nach wiederholten Biopsien gesichert werden. Bei zwei weite- ren Patienten mit Kältepannikulitis und pankreopathischer Pannikulitis wurde kli- nisch anfangs nicht an eine Fettgewebsentzündung gedacht. In der durchgeführ- ten Stanzbiopsie wurde jedoch Fettgewebe miterfasst, was die Diagnose erlaubte. Schlussfolgerungen: Diese Beispiele demonstrieren einerseits, dass es sehr sinn- voll sein kann, auch bei einer einfachen Stanzbiopsie zu versuchen, etwas Fett- gewebe mit zu entnehmen. Andererseits ist bei unklaren Krankheitsbildern un- bedingt eine große und tiefe spindelförmige Biopsie durchzuführen. Summary Background: Clinical and histologic diagnosis of panniculitis may be difficult. The patients usually present with erythematous subcutaneous nodules with or without additional symptoms. If a skin biopsy does not include enough subcu- taneous fat, histopathologic assessment is limited and the correct diagnosis may be delayed and require further sampling. Patients and Methods: To illustrate the difficulties in the diagnosis of panniculi- tis, we performed a retrospective examination of four patients with different forms of panniculitis. Results: In two patients with subcutaneous panniculitis-like T cell lymphoma and lupus panniculitis, the correct diagnosis could only be ascertained after a delay of several months because repeated biopsies had to be obtained throughout the course of disease. In two further patients with cold panniculitis and pancreatic panniculitis, clinicians did not even suspect an inflammatory process in the subcutaneous tissue. The correct diagnosis was made with a deep punch biopsy that included subcutaneous fat. Histopathologie der Pannikulitis – Aspekte der Biopsietechnik und Schwierigkeiten der Diagnostik Histopathology of panniculitis – aspects of biopsy techniques and difficulties in diagnosis Christian Rose 1,2 , Martin Leverkus 3 , Mariella Fleischer 2 , Iakov Shimanovich 2 (1) Dermatohistologisches Labor Lübeck (2) Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck (3) Universitätsklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg Dieser Beitrag ist Herrn Prof. Dr. Helmut H. Wolff zum 75. Geburtstag gewidmet. JDDG; 2012 10:421–425 Eingereicht: 19.7.2011 | Angenommen: 21.9.2011 Keywords panniculitis biopsy histopathology

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Page 1: Histopathologie der Pannikulitis – Aspekte der Biopsietechnik und Schwierigkeiten der Diagnostik

DOI: 10.1111/j.1610-0387.2011.07831.x Originalarbeit 421

© The Authors • Journal compilation © Blackwell Verlag GmbH, Berlin • JDDG • 1610-0379/2012/1006 JDDG | 6˙2012 (Band 10)

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Schlüsselwörter• Pannikulitis• Biopsie• Histopathologie

ZusammenfassungHintergrund: Die Diagnostik der Pannikulitiden kann klinisch und histologischschwierig sein. Klinisch präsentieren sich die Patienten meist mit relativ mono-tonen roten Schwellungen der Haut mit und ohne Begleitsymptome. Wenn ineiner Probebiopsie nicht ausreichend Fettgewebe erfasst wurde, ist eine histo-logische Beurteilung eingeschränkt, so dass die richtige Diagnose erst verzö-gert nach einer erneuten Biopsie gestellt werden kann. Patienten und Methodik: Anhand einer retrospektiven Aufarbeitung von vier Patienten mit verschiedenen Pannikulitiden werden Probleme der Diagnostikdargestellt.Ergebnisse: Bei zwei Patientinnen mit subkutanem Pannikulitis-artigen T-Zell-Lym-phom und Lupus-Pannikulitis konnte die korrekte Diagnose erst mit Verzögerungim Krankheitsverlauf nach wiederholten Biopsien gesichert werden. Bei zwei weite-ren Patienten mit Kältepannikulitis und pankreopathischer Pannikulitis wurde kli-nisch anfangs nicht an eine Fettgewebsentzündung gedacht. In der durchgeführ-ten Stanzbiopsie wurde jedoch Fettgewebe miterfasst, was die Diagnose erlaubte.Schlussfolgerungen: Diese Beispiele demonstrieren einerseits, dass es sehr sinn-voll sein kann, auch bei einer einfachen Stanzbiopsie zu versuchen, etwas Fett-gewebe mit zu entnehmen. Andererseits ist bei unklaren Krankheitsbildern un-bedingt eine große und tiefe spindelförmige Biopsie durchzuführen.

SummaryBackground: Clinical and histologic diagnosis of panniculitis may be difficult.The patients usually present with erythematous subcutaneous nodules with orwithout additional symptoms. If a skin biopsy does not include enough subcu-taneous fat, histopathologic assessment is limited and the correct diagnosismay be delayed and require further sampling.Patients and Methods: To illustrate the difficulties in the diagnosis of panniculi-tis, we performed a retrospective examination of four patients with differentforms of panniculitis.Results: In two patients with subcutaneous panniculitis-like T cell lymphomaand lupus panniculitis, the correct diagnosis could only be ascertained after adelay of several months because repeated biopsies had to be obtainedthroughout the course of disease. In two further patients with cold panniculitisand pancreatic panniculitis, clinicians did not even suspect an inflammatoryprocess in the subcutaneous tissue. The correct diagnosis was made with adeep punch biopsy that included subcutaneous fat.

Histopathologie der Pannikulitis – Aspekte derBiopsietechnik und Schwierigkeiten der Diagnostik

Histopathology of panniculitis – aspects of biopsy techniques and difficulties in diagnosis

Christian Rose1,2, Martin Leverkus3, Mariella Fleischer2, Iakov Shimanovich2

(1) Dermatohistologisches Labor Lübeck(2) Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck(3) Universitätsklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Medizinische Fakultät Mannheim der Universität

Heidelberg

Dieser Beitrag ist Herrn Prof. Dr. Helmut H. Wolff zum 75. Geburtstag gewidmet.

JDDG; 2012 • 10:421–425 Eingereicht: 19.7.2011 | Angenommen: 21.9.2011

Keywords• panniculitis• biopsy• histopathology

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EinleitungDie meisten Hauterkrankungen betref-fen Epidermis und Korium, und einefeingewebliche Untersuchung führt inZusammenschau mit dem klinischenBild meist zur korrekten Diagnose. Einekleine Stanzbiopsie erfasst in der Regelgenug Hautgewebe und ist technischleicht und schnell auch im Praxisalltagdurchführbar [1].Ist hingegen primär das Fettgewebe Ortder Erkrankung, ist die Diagnosestellungklinisch als auch histologisch meistschwieriger. Die Patienten präsentieren

sich oft mit uncharakteristisch indurier-ten unscharfen Erythemen, die mit oderohne Allgemeinsymptome einhergehen.Die Diagnostik der Pannikulitidenwurde von Luis Requena als hässlichesEntlein („ugly duck“) der Dermatopa-thologie bezeichnet, was die besondereProblematik bildlich treffend zusam-menfasst [2].Die bei weitem häufigste Form der Pan-nikulitis ist das Erythema nodosum; sieist häufiger als alle anderen Formen derPannikulitis zusammengenommen [3].Charakteristisch sind symmetrischedruckdolente rotbraune Knoten an denStreckseiten der Unterschenkel, die häu-fig bei jüngeren Frauen auftreten. AlsAuslöser eines Erythema nodosum kom-men zahlreiche Ursachen in Betracht,wobei sehr häufig bakterielle oder viraleInfektionen zugrunde liegen. Seltenersind Assoziationen mit einer Sarkoidose,entzündlichen Darmerkrankungen wiez. B. dem Morbus Crohn oder einerSchwangerschaft. Bei typischer klini-scher Präsentation und bekannter Ursa-che kann zunächst auf eine histopatholo-gische Untersuchung verzichtet und der weitere Verlauf abgewartet werden.Histopathologisch zeigt sich beimErythema nodosum eine septale ge-mischtzellige Pannikulitis; sie erlaubtaber keine Rückschlüsse auf eine be-stimmte Ätiologie, welches neulich er-neut in zwei großen Fallserien gezeigtwurde [4, 5]. Andere Formen der Panni-kulitis zeigen klinisch oft ein weniger typisches Bild, so dass für eine sichereDiagnosestellung eine Biopsie von Nö-ten ist [6]. Sollte im Krankheitsverlaufeines klinisch vermuteten Erythemanodosum Zweifel an der Diagnose beste-hen, ist auch hier unverzüglich eineBiopsie anzustreben. Anatomisch ist das Fettgewebe läpp-chenförmig aufgebaut. Die Läppchenwerden durch feine Bindegewebsseptengetrennt, in denen Blutgefäße verlaufen.Histopathologisch teilt man die verschie-denen Pannikulitiden primär in solcheein, die vornehmlich die Septen oder dieLäppchen befallen. Zu beachten ist, dassdie zarten Bindegewebssepten im Rah-men einer eitrigen Entzündung leicht

zerstört werden und sich nicht mehr be-urteilen lassen. Da histologisch einerseitsdie Architektur des Fettgewebes ein -schließlich der Blutgefäße beurteilt werden muss, andererseits aber auch fokale Veränderungen wie z. B. Embolientscheidend sein können, ist eine aus-reichend große und tiefe Biopsie nötig[7–9]. Wird eine solche große Biopsieaus entzündlich-ödematösem Gewebeentnommen, besteht die Gefahr einerWundheilungsstörung mit später kosme-tisch störender dehiszenter Narbenbil-dung. Eine gewisse Zurückhaltung desbehandelnden Arztes gegenüber einersolchen Biopsie ist verständlich [2]. DieÜbermittelung wichtiger klinischer undparaklinischer Befunde vom Einsenderan den Histologen wie z. B. Vorerkran-kungen oder eine Immunsuppression istfür eine aussagekräftige Beurteilung jeder Dermatose und Pannikulitis vonbesonderer Wichtigkeit [10].Anhand der Krankheitsgeschichte vonvier Patienten sollen Aspekte der Biopsietechnik und histopathologischeSchwierigkeiten in der Diagnostik vonPannikulitiden dargestellt werden.

PatientenPatient 1Ein 71-jähriger Patient wurde konsi-liarisch auf einer Intensivstation gesehen(Abbildung 1). Links inguinal sei einescharf begrenzte, handtellergroße Rötung plötzlich aufgetreten. Bei demPatienten war eine Zystektomie bei Blasenkarzinom durchgeführt wordenund postoperativ wurde eine Sepsis mitmultiplen Antibiotika behandelt. Unterder klinischen Verdachtsdiagnose einesfrühen Stadiums eines fixen toxischenArzneimittelexanthems wurde eine 4mm große Stanzbiopsie entnommen. Histologisch zeigte sich eine unauffälligeJunktionszone, die ein fixes Arzneimitte-lexanthem ausschließt. Im miterfasstenFettgewebe fand sich überraschender-weise eine neutrophile, lobuläre Panni-kulitis. Bei einer erneuten Vorstellung fiel nunauf der anderen Seite, in gleicher Lokali-sation eine umschriebene Rötung aufund anamnestisch wurde im Verlauf

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Conclusions: On the one hand, these examples demonstrate the importance ofsampling subcutaneous tissue when obtaining routine punch biopsies. On theother hand, in cases where the diagnosis is uncertain, it is necessary to performlarge and deep incisional biopsies.

Abbildung 1: (a) Kältepannikulitis. Unscharfbegrenztes Erythem am proximalen Oberschen-kel. (b) Stanzbiopsie mit lobulärer Pannikulitis.(c) Dichtes Entzündungsinfiltrat mit neutrophi-len Granulozyten.

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bekannt, dass hier in der vergangenenNacht zur Senkung der erhöhten Kör-pertemperatur Kühlelemente auf dieHaut aufgelegt worden waren. Es wurdesomit nach klinisch-pathologischer Kor-relation die Diagnose einer Kältepanni-kulitis gestellt. Die Hautveränderungenbildeten sich, wie bei dieser Form derPannikulitis zu erwarten, spontan lang-sam komplett zurück [11].

Patient 2Ein kachektischer 39-jähriger Patientim schlechten Allgemeinzustand zeigtesich mit seit zwei Wochen zunehmen-den roten, symptomlosen Flecken (Abbildung 2). Diese seien zuerst anden Beinen, später auch am Körper-stamm aufgetreten. Unter der klini-

schen Verdachtsdiagnose einer leukozy-toklastischen Vaskulitis wurden zweiLäsionen biopsiert. Feingeweblich zeigten die Stanzbiopsienunauffällige Epidermis und Korium. Im Fettgewebe fanden sich zentrale basophile Nekrosen mit Verkalkung um-geben von einem neutrophilenreichen Entzündungsinfiltrat. Die weitere Untersuchung ergab eine Le-berzirrhose und chronische Pankreatitismit massiver Erhöhung der Lipase undAmylase im Serum bei chronischer Alko-holkrankheit. Es wurde die Diagnose einer pankreopathischen Pannikulitis ge-stellt. Bei dieser seltenen Komplikationeiner Pankreatitis ist die Serumlipase regelmäßig deutlich erhöht, während dieAmylase normal sein kann [12]. In weni-

gen Fällen waren die Pankreasenzyme im Serum normwertig, was dann dieDiagnose schwierig macht [13]. Die Pro-gnose der Pankreaserkrankung ist ernstund unser Patient verstarb trotz intensiv-medizinischer Therapie 6 Wochen nachAuftreten der Hautveränderungen.

Patient 3Bei einer 48-jährigen Patientin bestan-den seit 8 Wochen rezidivierende Fieber-schübe, Gelenkschmerzen und eine zunehmende Panzytopenie mit Hämo-phagozytose. An beiden Beinen fandensich multiple, leicht schmerzhaftebraune Knoten. Eine Stanzbiopsie zeigteeine minimale lobuläre, lymphozytärePannikulitis, die nicht genauer eingeord-net werden konnte. Die ätiologisch ungeklärte Hämophagozytose wurde mithochdosierten Steroiden und Ciclospo-rin behandelt. Die Knoten an den Beinen wurden als Erythema nodosumgedeutet und mit Kompressionsbindentherapiert.Ein Jahr später wurde die Patientin erneut einem dermatologischen Konsi-liarius vorgestellt. Es bestanden bis 5 cmgroße, rotbraune Knoten an beiden Bei-nen. (Abbildung 3). Es wurden zweigroße und tiefe spindelförmige Biopsiendurchgeführt. Die histologische Untersuchung beiderProben zeigte eine lobuläre Infiltrationatypischer Lymphozyten, die sich ringförmig um Adipozyten aufreihen(sogenanntes rimming). Die atypischenLymphozyten exprimierten CD3, CD8,TIA-1 und die Betakette des T-Zell-Re-zeptors, während sie CD56- und CD4-negativ waren. Die Proliferationsrate(MiB-1) lag bei 50 %. Molekularbiolo-gisch ließ sich die Monoklonalität des T-Zell-Infiltrats nachweisen. Es wurdedie Diagnose eines subkutanen Panniku-litis-artigen T-Zell-Lymphoms gestellt.Die Patientin wurde mit einer Polyche-motherapie sowie autologer Stammzell-transplantation behandelt, wodurch anfangs eine partielle Remission des Krankheitsbildes erreicht werdenkonnte. Es kam zu Rezidiven mit einerPanzytopenie und 2,5 Jahre nach Auftre-ten der ersten Hautveränderungen ist diePatientin an einer Sepsis verstorben. Bei ca. 20 % der Patienten mit diesemLymphom kommt es zur Entwicklungeines Hämophagozytose-Syndroms, welches mit einer hohen Letalität ver-bunden ist [14].

Histopathologie der Pannikulitis Originalarbeit 423

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Abbildung 2: (a) Pankreopathische Pannikulitis. Multiple rote Flecken am Knie. (b) Stanzbiopsie mitdeutlicher Entzündung im Fettgewebsläppchen. (c) Basophile Fettzellenresiduen (Geisterzelle) mitdichtem Entzündungsinfiltrat aus neutrophilen Granulozyten.

Abbildung 3: (a) Subkutanes Pannikulitis-artiges T-Zell-Lymphom. Multiple rotbraune Knoten anbeiden Beinen. (b) Stanzbiopsie mit wenig Fettgewebe. (c) In gleicher Mikroskopvergrößerung aufge-nommene Spindelbiopsie mit dichtem Infiltrat im Fettgewebe. (d) Atypische Lymphozyten reihen sichum Fettgewebezellen auf (rimming).

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Patient 4Bei einer 53-jährigen Patientin bestandeine über Jahre langsam progredienteAtrophie des Fettgewebes an beidenOberarmen (Abbildung 4). Eine vorzehn Jahren entnommene Stanzbiopsiezeigte im spärlich miterfassten Fettge-webe eine umschriebene lymphozytäreEntzündungsreaktion. Eine spezifischeDiagnose wurde damals nicht gestellt.Eine nun durchgeführte Kernspintomo-graphie des Oberarms zeigte im Fettge-webe, bis zur Faszie reichend, einen ent-zündlichen Prozess. Im radiologischenBefund wurde eine erneute histologischeAbklärung angeraten. Eine hierauf ver-anlasste Exzisionbiopsie zeigte feinge-weblich eine vorwiegend lobuläre lym-phozytäre Pannikulitis mit interstitiellerMuzinvermehrung. Es konnte die Dia-gnose einer Lupus-Pannikulitis gestelltwerden. Weitere Manifestationen einesLupus erythematodes fanden sich bei derPatientin nicht. Es wurde eine Therapiemit Hydroxychloroquin eingeleitet, worunter es zu keiner weiteren Progredi-enz der Hautveränderung kam. Oft tritteine Lupus-Pannikulitis in Assoziation

mit einem diskoiden Lupus erythemato-des auf; viel seltener ist sie mit einem systemischen Lupus erythematodes assoziiert [15].

DiskussionMit diesen retrospektiven Darstellungenvon vier Patienten soll auf wichtige Aspekteder Biopsie und Bewertung von Panniku-litiden aufmerksam gemacht werden.Die beiden Patienten mit einer Kälte-pannikulitis bzw. einer pankreopathi-schen Pannikulitis zeigen, dass sich be-sonders frühe Formen einer Pannikulitisklinisch ausgesprochen untypisch mani-festieren können. In den differenzialdia-gnostischen Erwägungen war deshalbanfänglich nicht an eine Pannikulitis ge-dacht worden. Durch die Miterfassungvon Fettgewebe in der Stanzbiopsie undanschließender klinisch-pathologischerKorrelation konnten die Diagnosen gesi-chert werden. Dies macht deutlich, dassgrundsätzlich auch bei Stanzbiopsienversucht werden sollte, etwas Fettgewebemit zu entnehmen. Eine Stanzbiopsie ist einfach und schnelldurchzuführen und wird deshalb von

Klinikern gegenüber Skalpellbiopsienbevorzugt. An Körperstellen mit einemdünnen Korium, wie z. B. dem Unter-arm oder der Unterschenkelstreckseite,kann eine 6 mm Stanzbiopsie auch beider primären Verdachtsdiagnose einerPannikulitis ausreichend viel Fettgewebeerfassen. Je nach Lokalisation, Ge-schlecht und Ernährungszustand variiertdie Dicke des Korium von 0,5 mm bisüber 8 mm. Bei der Entnahme der Probesind Quetschartefakte durch die Pinzetteunbedingt zu vermeiden. Kleine Stanz-biopsien erfassen in der Regel zu wenigFettgewebe und sind deshalb unzurei-chend.Die beiden anderen Patienten zeigen je-doch die Grenzen und Gefahren einer zukleinen und oberflächlichen Biopsie auf.Hier wurden die korrekten Diagnoseneines subkutanen Pannikulitis-artigen T-Zell-Lymphoms bzw. einer Lupus-Pan-nikulitis erst mit beträchtlicher Verzöge-rung gestellt. Die zuerst entnommenen Stanzbiopsienerlaubten keine spezifische Diagnose,sondern es konnte vom Histopathologennur ein deskriptiver Befundbericht for-muliert werden. Im Fall des Lymphomssah man nur eine minimale lobuläre,lymphozytäre Pannikulitis, bei der Lu-pus-Pannikulitis fand sich lediglich einefokale lymphozytäre Pannikulitis.Bei der Lymphom-Patientin wurde erstbei einem Rezidiv der Hautveränderun-gen und Hämophagozytose mit Fiebereine große Biopsie entnommen. Im Fallder Lupus-Pannikulitis wurde eine er-neute Biopsie nach einer Kernspintomo-graphie vom Radiologen angeraten. Besteht ein ungeklärtes Krankheitsbildund konnte eine erste Biopsie keine Dia-gnose sichern, ist eine spindelförmigeBiopsie mit dem Skalpell durchzu-führen. Gleiches gilt für Körperstellenmit einem breiten Korium wie Ober-schenkel und Rücken. Um genug Ge-webe zur Verfügung zu haben, sollte dieBiopsie unbedingt groß genug sein. Beider histologisch schwierigen Abgrenzungeines Lymphoms von einem entzündli-chen Geschehen wird ausreichend Ge-websmaterial für immunhistologischeund molekularbiologische Zusatzunter-suchungen und ggf. ein Konsil eines spe-zialisierten Zentrums benötigt. Eine der-artige Biopsie ist wesentlich aufwendigerals Stanzbiopsien, und es muss von vor-neherein eine längere Zeitdauer für dieEntnahme eingeplant werden. Das

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Abbildung 4: (a) Lupus-Pannikulitis. Deutliche Atrophie des Fettgewebes am linken Oberarm. (b)Kernspintomographie vom Oberarm mit Kontrastmittelmehranreicherung im Fettgewebe und derFaszie als Korrelat für einen entzündlichen Prozess. (c) Stanzbiopsie mit fokaler Lymphozytenansamm-lung. (d) In gleicher Mikroskopvergrößerung aufgenommene Spindelbiopsie mit dichter überwiegendlymphozytärer Pannikulitis.

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Präparat sollte eine ausreichende Längevon 2–3 cm besitzen. Bei der Präparationmit dem Skalpell ist besonders darauf zuachten, dass es nicht nach innen gekipptwird, da sonst nur wenig Fettgewebe er-fasst wird. Nach der Entnahme sollte dasGewebe direkt in ein Gefäß mit ausrei-chend großer Menge an Formalinlösungüberführt werden. Es ist unbedingt zuvermeiden, das Gewebe zuerst auf eineBaumwollgaze abzulegen. Hierdurchkommt es zu starken Artefakten, die eineBeurteilung der Zellmorphologie un-möglich machen. Gerade diese ist bei derFragestellung nach einem Lymphom vongrößter Wichtigkeit [16]. Nach demWundverschluss sollte ein kräftigerKompressionsverband angelegt werden. Zusammenfassend zeigen die vier Kasui-stiken, dass sich eine Pannikulitis durch-aus an einer Stanzbiopsie diagnostizierenlässt. Bei einem unklaren Krankheitsbildund vorausgegangenen Biopsien, diekeine Diagnose sichern konnten, solltejedoch unbedingt eine große und tiefespindelförmige Biopsie geplant unddurchführt werden.

DanksagungWir danken Herrn Dr. M. Beese, Rönt-genpraxis im Tesdorpfhaus Lübeck fürdie Überlassung und Befundung derKernspintomographie. <<<

InteressenkonfliktKeiner.

Korrespondenzanschrift

Priv.-Doz. Dr. med. Christian RoseDermatohistologisches Labor LübeckMaria-Goeppert-Straße 1D-23562 LübeckTel.: +49-451-50-270-50Fax: +49-451-50-270-55 E-Mail: [email protected]

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Histopathologie der Pannikulitis Originalarbeit 425

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