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Festivals, Ausstellungen & Konzerte KULTURZEIT EIN MAGAZIN DER BERLINER MORGENPOST INSPIRATIONSQUELLE VENEDIG EINE HAMBURGER AUSSTELLUNG – S 10

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Festivals, Ausstellungen & KonzerteKULTURZEIT

EIN MAGAZIN DER BERLINER MORGENPOST

INSPIRATIONSQUELLEVENEDIGEINE HAMBURGER AUSSTELLUNG – S 10

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KULTURZEIT 2016 I 3

FILM AB!Berlin aus Kamerasicht S04

BAUEN UND SCHAUENDie Staatlichen Museen zeigen sich klassisch-modern S06

BEZAUBERND UND VERSTÖRENDHieronymus Bosch im Kulturforum S08

FILIGRANE SKULPTURENCanova im Bode-Museum S12

ALLES BACHDas 91. Bachfest zu Gast in Dresden S14

KULTUR GEGEN RECHTSDresdens Jüdische Musik- und Theaterwoche S16

INKLUSIVES THEATERDas Theater Thikwa wird 25 S20

IMMERSIONDie Berliner Festspiele starten ein neues Theater-Format S22

THEMEN

EINE STADT UND IHRE REZEPTIONIm Bucerius Kunstforum Hamburg reflektiert die Ausstellung „Venedig. Stadt der Künstler“ sechs Jahrhunderte Leben zwischen Kanälen

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Berlin hat für Kulturliebhaber jede Menge zu bieten – Ausstellungen, Konzerte, Theater, Diskussionen. Das wissen auch die vielen Touristen in der Stadt zu schätzen. Aber auch wenn das Gute oft so nahe liegt, macht es dennoch Spaß ab und an etwas Neues auszuprobieren. Wir haben in der neuen Kulturzeit kulturelle Ereignisse zusammengestellt, die mit einem Tagesausflug bequem zu erreichen sind. Lassen Sie sich inspirieren. Vielleicht haben Sie Lust auf einen Ausflug ins Umland, nach Hamburg oder Sachsen-Anhalt? Auch Dresden hat immer eine Menge Highlights zu bieten, von denen wir Ihnen hier einige vorstellen. Wir wünschen Ihnen auf jeden Fall schon mal viel Spaß!

IMPRESSUM Berliner Morgenpost Redaktion Sonderthemen LEITUNG Alexander Visser REDAKTION Simone Jacobius REDAKTIONELLE MITARBEIT Max Müller CREATIVE DIRECTOR Sylvio Murer TITELFOTO Rad Radu/Shutterstock LEITUNG VERMARKTUNG Jan Schiller VERKAUF Cynthia Hofmann ([email protected]), DRUCK Druckerei Vetters GmbH & Co. KG, Radeburg REDAKTIONSSCHLUSS 5. September 2016 ERSCHEINUNGSTAG 18. September 2016

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4 I KULTURZEIT 2016

X VERLEIH, PA/EVENTPRESS HERRMANN

BERÜHMTE DREHORTEBRÜCKENBAUER KALTER KRIEGHollywood-Prominenz in Berlin. Am liebsten kommen die Amerikaner, wenn der Film vom Holocaust oder dem Kalten Krieg handeln soll. So auch Regielegende Steven Spielberg, der in „Bridge of Spies“ (auf DVD und Blu-ray erhältlich) einen Gefangenenaustausch mit Tom Hanks in der Hauptrolle nacherzählt. Getauscht wurde übrigens wirklich an der Glienicker Brücke, die längst nicht mehr so populär ist.

NICHT GANZ KOSCHERDer Jüdische Friedhof in Weißensee ist der größte seiner Art in Europa, selbst die Shoah überstand er fast unbeschadet. Skurill wurde es zu DDR-Zeiten, als eine Ausfallstraße ihn teilen sollte. Ebenso skurill ist Dani Levys Komödie um den Spieler Jaeckie Zucker, der eigentlich seine tote Mutter betrauern soll, jedoch Krankheiten simuliert, um mit dem Sieg eines großen Billard-Turniers endgültig seine Schulden zu begleichen.

ALLES AUF ZUCKER! 2004, Regie: Dani Levy Hauptdarsteller: Henry Hübchen, Hannelore Elsner, Udo Samel

BRIDGE OF SPIES – DER UNTERHÄNDLER2015, Regie: Steven Spielberg Hauptdarsteller: Tom Hanks, Mark Rylance, Amy Ryan

FOX, PA/DPA/BERND SETTNIK

VOR DER GENTRIFIZIERUNGAndreas Dresens Film ist eine Hommage an einen Bezirk, den es so nicht mehr gibt – der Prenzlauer Berg ist mittlerweile durchgentrifiziert. Doch das war nicht immer so, als Katrin und Nike dort wohnten gab es noch Kabale und Liebe, durchzechte Kneipenabende und Romanzen mit Lkw-Fahrer Ronald. Gedreht wurde am Helmholzplatz und in der Kopenhagener Straße, wo auch schon „Solo Sunny“ (1980) spielte.

DER BÄRENJUDERegisseur Quentin Tarantino ist eine Legende. Sein antifaktischer Kriegsfilm „Inglourious Basterds“ (auf DVD und Blu-ray erhältlich) reihte sich mühelos in die Erfolgsliste ein. Das ist einfach zu erklären: Wer sieht nicht gern, wie sich Partisanentruppen blutleckend an Nazis rächen? Dass der Hollywood-Film die jüdische Körperwelt (starker Bärenjude statt schwaches Shoah-Opfer) revolutioniert, ist ein toller Nebenerfolg.

INGLOURIOUS BASTERDS2009, Regie: Quentin Tarantino Hauptdarsteller: Christoph Waltz, Brad Pitt, Michael Fassbender, Eli Roth, Mélanie Laurent

SOMMER VORM BALKON2006, Regie: Andreas Dresen Hauptdarsteller: Nadja Uhl, Inka Friedrich, Andreas Schmidt

UNIVERSAL PICTURES, PA/MARKUS C. HUREK

X VERLEIH, PA/DPA/JENS KALAENE

WER BIN ICH?Nach seinem Unfall ist die Welt nicht mehr im Lot: Dr. Martin Harris verletzt sich nicht nur schwer, als es ihm wieder gut geht, scheint seine Identität verloren. Seine Frau erkennt ihn nicht mehr und auch seine Reputation ist hinüber. Taxifahrerin Gina und ex-Stasi-Agent Jürgen sollen der „Unknown Identity“ (auf DVD und Blu-ray erhältlich) helfen, den Fall aufzuklären. Übrigens: Die Oberbaumbrücke blieb unbeschadet.

FLAMMEN AUS DISTRIKT 12Das Kapitol, ein reiches Land, in dem die Menschen in Saus und Braus leben, schottet sich von den umliegenden zwölf Distrikten ab, deren Bewohner unterdrückt werden. Die Protagonistin Katniss Everdeen aus der Trilogie „Die Tribute von Panem“ (auf DVD und Blu-ray erhältlich) bekämpft das System: Statt ermordet zu werden, gewinnt sie die Hungerspiele, die u.a. auf dem Tempelhofer Feld gedreht wurden.

DIE TRIBUTE VON PANEM – CATCHING FIRE2013, Regie: Francis Lawrence Hauptdarsteller: Jennifer Lawrence, Josh Hutcherson, Liam Hemsworth

UNKNOWN IDENTITY2011, Regie: Jaume Collet-Serra Hauptdarsteller: Liam Neeson, Diane Krüger, Bruno Ganz

STUDIOCANAL, PA/DPA/BERND SETTNIK

STUDIOCANAL, PA/DPA/PAUL ZINKEN

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KULTURZEIT 2016 I 5

Film ab! Die Hauptstadt ist als Kulisse bei Off-Produktionen wie Hollywood-Kassenschlagern beliebt

Max MüllerBERLIN DURCH DIE LINSE

BERÜHMTE DREHORTE

JAGD NACH DEM MONSTERIm Müggelsee scheint es Haie zu geben, zumindest die Bisswunde des Bademeisters lässt darauf schließen. Doch Bürgermeister Müller will von all dem nichts wissen, er spielt die Situation runter, doch die Angst bleibt. Schließlich fordern die Bürger eine Lösung: Bier in Massen und ein Jäger aus Hawaii sollen das Ungetüm vertreiben. Leander Haußmanns Film ist eine urkomische Komödie mit reichlich Lokalkolorit.

OSTALGIEAlexander (Daniel Brühl) sitzt am Alex, genauer gesagt vor dem Haus der Gesundheit. Er grübelt. Sein Traum ist zwar erfüllt, die DDR ging unter, doch ein Problem bleibt: Seine Mutter liegt nach einem Herzinfarkt im Koma. Als sie wieder aufwacht, empfehlen die Ärzte Schonung, Alexander verheimlicht die Wende. Doch als er händeringend nach Spreewaldgurken sucht, merkt er, dass das gar nicht so einfach ist.

GOOD BYE, LENIN!2003, Regie: Wolfgang Becker Hauptdarsteller: Daniel Brühl, Katrin Sass, Michael Gwisdek

HAI-ALARM AM MÜGGELSEE2013, Regie: Leander Haußmann Hauptdarsteller: Henry Hübchen, Michael Gwisdek, Tom Schilling, Anna-Maria Hirsch

X VERLEIH, PA/ROBERT SCHLESINGER

X VERLEIH, PA/DPA/WOLFGANG KUMM

Wenn ExperiDance die Bühne betritt, füllt sich die Luft mit Elektrizität. Die Dance Company wurde im Jahr 2000 gegründet und trat seitdem vor einem Millionen-Publikum in zwölf Ländern auf. Das Ensemble verbindet zeitgenös-sisches und klassisches Ballett mit unga-rischem Folkloretanz und fasziniert mit seinem einzigartigen Stil, der von Sándor Román, dem künstlerischen Leiter, ge-prägt ist. Nun führt „der ungarische Lord of the Dance“ seine Tänzer im Oktober für einen einzigen Deutschland-Auftritt nach Berlin. Im Admiralspalast präsentie-ren sie SISSI, die zauberhafte Geschichte der Königin, die in Ungarn ihr Glück sucht und doch nicht findet... Die Protagonis-ten des Tanzdramas sind eine rebellieren-de Monarchin, ein wagemutiger Graf und ein wunderschönes Zigeunermädchen im Liebesdreieck. Es geht um Ehre, Res-

ExperiDance und das Budapester Zigeuner Symphonieorchester

präsentieren

SISSI Feuriges Tanztheater

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pekt, Toleranz und eine Liebe, die nicht erfüllt wird: Mit nur 16 Jahren heiratet Prinzessin Elisabeth (Sissi) im Jahre 1854 Franz Joseph I. und wird so zur Kaiserin von Österreich. Die junge Frau empfindet das Zeremoniell am Wiener Hof als ersti-ckend und entflieht auf zahlreichen Rei-sen ihrer zugewiesenen Rolle. In Ungarn trifft sie auf Gyula Graf Andrássy: Der Be-ginn einer Liebe, die nicht sein darf. Über 20 Tänzer entfachen ein Feuerwerk der Gefühle. Sie tanzen und wirbeln, drehen und klatschen, hüpfen und steppen. Die Musiker des renommierten Budapester Zigeuner Symphonieorchesters lassen die Geigen und Bratschen schluchzen. Es erklingen bekannte Melodien von Strauss, Liszt, Brahms und traditionelle Lieder der Sinti und Roma. Das Feuer aus Rhythmus und Temperament macht SISSI zu einem unvergesslichen Erlebnis.

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Admiralspalast, Friedrichstraße 101, 10117 Berlin MitteTermine: 18. bis 20.10. jeweils um 20 Uhr,

21.10. um 14 & 20 Uhr, 22.10. um 15 & 20 Uhr Preise: 19 bis 58 Euro Karten: 01806 999 0000*

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6 I KULTURZEIT 2016

Der Kunstherbst in den Staatlichen Museen

wird klassisch-modern

Alexander Visser

ÜBERRASCHEN, AMÜSIEREN, IRRITIEREN

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KULTURZEIT 2016 I 7

„Ein Strandabschnitt auf Fehmarn“ von Kirchner, Condos „Windswept Figure“ und Picassos „Dora Maar mit grünen Fingernägeln“ (v.o.n.u.)

Der Sommer geht, die Kultur kommt. Gut, Berlin hat auch im Sommer viel zu bieten, doch zum Herbstanfang warten die Staatlichen Muse-en zu Berlin (SMB) mit herausragenden neuen Ausstellungen auf, vor allem Freunde der klassischen Moderne kommen auf ihre Kosten. Sie können sich auf gleich drei vielversprechende Ausstellungen freuen –

und das, obwohl die Neue Nationalgalerie nach wie vor wegen Sanierung geschlos-sen ist. Auch auf anderen Baustellen ist die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), zu denen die SMB gehören, weiter mit buddeln beschäftigt.

Rund um den Pergamonaltar wird noch bis 2019 saniert. Nebenan entsteht die James-Simon-Galerie. Nach anfänglichen Verzögerungen wegen des schwierigen Baugrunds scheinen die Arbeiten nun planmäßig voranzukommen. „Im April die-ses Jahres haben wir mit dem Richtfest für die James-Simon-Galerie, dem künftigen Eingangsgebäude der Museumsinsel, einen Meilenstein bei der Weiterentwicklung des einzigartigen Weltkulturerbes zu einem zeitgemäßen Museumskomplex erlebt. Wir freuen uns auf die Eröffnung im Jahr 2018“, sagt Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. In südlicher Nachbarschaft zur Museum-

sinsel wächst das Humboldt Forum auf dem Grundriss des frühe-ren Stadtschlosses heran. Hier will man 2019 fertig sein. Gespannt warten die Berliner auf den Masterplan für das Ausstellungskonzept des Hauses. Anfang November will Intendant Neil MacGregor in der benachbarten Humboldt-Box seine erste Ausstellung zeigen – eine Art Showroom für sein künftiges Konzept: „Open the Box – Be Humboldt“. Freunde der klassischen Moderne stehen an der Neuen Nationalgalerie wegen Sanierung noch bis 2020 vor verschlossenen Türen. Doch während sich einige SPG-Baustellen noch Jahre hinzie-hen, werden andere abgeschlossen. Der Erweiterungsbau des Muse-um Berggruen ist seit Juni fertig saniert. Mit der Wiedereröffnung ist nun unter anderem der umfangreiche Sammlungsbestand von Paul

Klee wieder zu sehen. Die Dependance der Neuen Nationalgalerie gegenüber von Schloss Charlottenburg zeigt ab dem 19. November die Ausstellung „George Condo. Confrontation“. Sie stellt die Gemälde des 1957 geborenen Amerikaners Klassikern der Moderne wie Picasso, Matisse, Klee und Giacometti gegenüber. Die Dialoge sol-len „überraschen, amüsieren, irritieren“, wie die Ausstellungsmacher versprechen.

Eine andere Konfrontation erleben die Besucher der Ausstellung „Surreale Sachlichkeit“ ab 13. Oktober in der benachbarten Sammlung Scharf-Gerstenberg. Die Ausstellung präsentiert ein breites Spektrum von Künstlern der Neuen Sachlich-keit wie Otto Dix, Christian Schad und Alexander Kanoldt. Ihre Bilder treffen auf Werke von Surrealisten wie Max Ernst und René Magritte. Die beiden in den 1920er Jahren entstandenen Kunstrichtungen haben mehr gemeinsam, als man zunächst vermuten möchte. Sie können als unterschiedliche Reaktionen auf die historischen Avantgarden verstanden werden, die mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges ausgedient hatten. Einen weiteren Klassiker der Moderne erleben Kunstfreunde im Hamburger Bahnhof. Ab dem 23. September hängen hier sämtliche Werke von Ernst Ludwig Kirchner aus dem Bestand der Nationalgalerie. In der Schau „Ernst Ludwig Kirchner. Hieroglyphen“ werden Werke wie „Potsdamer Platz“ oder „Max Liebermann in seinem Atelier“ zeitgenössischen Arbeiten von Rosa Barba und Ru-dolf Stingel gegenübergestellt.

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KURZINFO

ERNST LUDWIG KIRCHNER. HIEROGLYPHEN23.09.2016 bis 26.02.2017 Sammlung Scharf-Gerstenberg, Schloßstraße 70, Charlottenburg

SURREALE SACHLICHKEIT.13.10.2016 bis 23.04.2017

Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin, Invalidenstraße 50/51, Mitte

GEORGE CONDO. CONFRONTATION 19.11.2016 bis 12.03.2017Museum Berggruen, Schloßstraße 1, Charlottenburg

STIFTUNG

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8 I KULTURZEIT 2016

Gern wird er als der rätselhafteste aller Maler be-zeichnet. Seine Bilder mit den für ihn so typi-schen Monstren, anthropomorphen Phantasie-geschöpfen und grotesken Mischwesen versetzen uns noch heute in Erstaunen oder Schrecken. Da-

bei stellen sie zugleich schier unlösbare Fragen, was ihre Interpre-tation betrifft. Hieronymus Bosch starb vor 500 Jahren in ’s-Her-togenbosch. Die Berliner Gemäldegalerie nimmt dies zum Anlass, ab November eine Schau zu zeigen, die sich neben dem einzigen eigenhändigen Gemälde in ihrem Besitz, dem signierten „Johan-nes auf Patmos“ (um 1505), vor allem mit der Wirkung des Malers auf seine Zeitgenossen und auf spätere Künstler auseinandersetzt.

Das hohe Ansehen Boschs, weit über seinen Tod hinaus, lässt sich an den überaus zahlreichen Kopien seiner Gemälde er-messen. Sie dokumentieren, dass man ihn aufgrund der „Darstel-lung seltsamer Erscheinungen und schrecklicher, grauenhafter Traumgesichte für einzigartig und wahrhaft göttlich“ hielt. So je-denfalls formulierte es der italienische Kunsttheoretiker Giovan-ni Paolo Lomazzo gegen Ende des 16. Jahrhunderts.

Vermutlich wurde kein Werk von Bosch so häufig kopiert wie das heute in Lissabon befindliche Triptychon mit der „Ver-suchung des heiligen Antonius“ (um 1500-1510). Die Gemälde-galerie besitzt eine um 1540 entstandene Kopie, die das Original detailgetreu wiedergibt. Eigens für die Ausstellung wurde sie res-tauriert, wobei man auf ein bisher unentdecktes Familienwappen stieß. Man wird gespannt sein dürfen, welche neuen Erkenntnis-se daraus im Katalog gezogen werden.

Bosch wendete sich mehrmals der „Versuchung des heiligen Antonius“ zu. Allein sechs in dieser Schau ausgestellte Gemälde zu dem Thema belegen, wie stark auch hier wieder sein Einfluss

war. Den Schlusspunkt setzt dabei eine kleine, um 1640 entstan-dene Kupfertafel von David Teniers d.J., die den Heiligen in Nah-sicht in einer Höhle, umringt von vergleichsweise wenigen teufli-schen Gestalten wiedergibt.

Ist der Name fast aller Bosch-Kopisten heute unbekannt, so weiß man doch in einem Fall, dass es sich um einen wahren

„Meister“ handelte. Lucas Cranach d.Ä. kopierte bereits um 1524 das heute in Wien aufbewahrte „Weltgericht“. Der große Flügel-altar stellt trotz seines Titels eher eine Situation im Anschluss an das letzte Gericht dar: das Inferno. Die Erde geht in Flammen auf und wird von Teufeln, Monstren und Mischwesen beherrscht, während es nur ganz wenigen Seelchen gelingt, bis in den Him-mel aufzusteigen.

Ergänzt wird die Ausstellung in der Gemäldegalerie durch Blätter aus dem Kupferstichkabinett, wo über die Hälfte der ei-genhändigen Bosch-Zeichnungen aufbewahrt werden. Sie be-stechen in ihrer intuitiv-skizzenhaften Auffassung und großen Virtuosität. Da sie in ihrer Gesamtheit, sowohl von der Vorder- als auch von der Rückseite, gezeigt werden sollen, ergibt sich alle zwei Wochen ein turnusmäßiger Wechsel der Exponate. Es lohnt sich also, häufiger ins Kulturforum zu kommen.

Hieronymus Bosch gilt als rätselhaftester Maler aller Zeiten.

Auf dem Kulturforum wird nun sein Werk und Wirken untersucht

Sabine Engel

KAUM EINER ENTRINNT DER HÖLLE

Faszinierend und verstörend zugleich: Das Triptychon „Versuchung des heiligen Antonius“ von Hieronymus Bosch

(um 1540) – hier der linke und der rechte Flügel

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KURZINFO

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10 I KULTURZEIT 2016 VENEDIG

Die Hamburger Ausstellung „Venedig.

Stadt der Künstler“ zeigt die intensive

Auseinandersetzung mit der Stadt vom

16. Jahrhundert bis in die Gegenwart

Sabine Engel

Eine Stadt, die ins Wasser gebaut ist. Das faszinierte damals und begeistert noch heute. Wie bildende Künstler diesen außerordentlichen Reiz in ihren Werken umsetzten, präsentiert das Bucerius Kunstforum ab Oktober. Dabei wird erstmals ein zeitlicher Umfang vom 16. Jahrhundert bis heute bedacht.

Den Auftakt der rund 100 Werke bildet die berühmte, um 1500 gefer-tigte Stadtansicht Venedigs aus der Vogelperspektive von Jacopo de’ Barbari. Der Holzschnitt besticht nicht allein aufgrund seiner Detailgenauigkeit, sondern auch wegen seiner enormen Größe von knapp drei Metern Breite. Zu seiner Zeit waren Künstler zumeist damit beschäftigt, das Aussehen des Staates inklusive ihrer Macht-haber zu repräsentieren. So finden sich zwei Dogenbildnisse von Vittore Carpaccio und Jacopo Tintoretto in der Schau. Äußerst selten ausgestellt werden aufgrund ihrer Fragilität die sogenannten „commissioni“, Aufträge, die der jeweilige Doge in Form eines zunächst handgeschriebenen, später gedruckten, zumeist mit Miniatu-ren geschmückten Buches an einen neu gewählten Beamten verlieh. Er fand darin seine Rechte und Pflichten verzeichnet. In Hamburg darf man sich glücklich schät-zen, einige von ihnen aus dem Museo Correr entliehen bekommen zu haben.

Im 18. Jahrhundert, als Venedig seine beherrschende Stellung als Seemacht schon längst verloren hatte, wusste man, durch glamouröse Feste Touristen an sich zu ziehen. Diese erinnerten sich später gern in Form von Gemälden an ihren Aufent-halt in der Lagunenstadt. Canaletto und Guardi, ebenso wie Luca Carlevarijs, Gabri-el Bella und Michele Marieschi lieferten dazu die entsprechenden Veduten, die auch in der Schau zahlreich vertreten sind. Pietro Longhi hingegen hielt auf kleinen For-maten Szenen aus dem täglichen Leben fest, wie etwa in der „Unterhaltung zwischen zwei Maskierten“ (ca. 1750-60). Giambattista und Giandomenico Tiepolo hingegen wählten Pulcinella, eine Figur der Commedia dell’Arte, als eine zentrale Gestalt in ihren Werken, an der sich menschliches Verhalten exemplifizieren lassen konnte.

Nach dem Fall der Republik im Jahr 1797 waren es vor allem ausländische Künstler, die Venedig porträtierten. In William Turners „Venedig, Seufzerbrücke“ (1840) beginnen sich die Formen aufzulösen. Materie, Licht und Wasser sind an manchen Stellen kaum voneinander zu trennen. Dagegen wird Wassily Kandinsky Anfang des 19. Jahrhunderts die venezianischen Bauten linolschnittartig, mit dicken dunklen Konturen, und das Wasser beinah mosaikartig wiedergeben. Den Schluss-punkt der Ausstellung setzen Fotografien von John Ruskin, Carlo Naya, Domenico Bresolin und der Fratelli Alinari, denen zeitgenössische Arbeiten von Candida Hö-fer und Thomas Struth gegenüber gestellt sind. Die Schau ist ein einziger Augen-schmaus.

BRÜCKEN, FESTE UND PALÄSTE

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(1) Claude Monet: San Giorgio Maggiore, 1908; (2) Vittore Carpaccio zugeschrieben: Der Doge Leonardo Loredan, um 1501-1505; (3) John Singer Sargent: Venezianische Zwiebelverkäuferin (1880-1882); (4) Wassily Kandinsky: Erinnerung an Venedig 4 (Rialtobrücke), 1904;(5) William Turner: Venedig, die Seufzerbrücke, 1840;(6) Friedrich Nerly: Venezianischer Gondoliere vor Stadtansicht, um 1860

KURZINFO

VENEDIG. STADT DER KÜNSTLER 01.10.–15.01.2017, tgl. 11–19 Uhr, Do. bis 21 Uhr, Bucerius Kunstforum, Rathausmarkt 2, 20095 Hamburg

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12 I KULTURZEIT 2016 SKULPTURENM

onumental überragt der „Tempio Canoviano“ die übrigen Bauten des kleinen Städtchens Pos-sagno am südlichen Rand der Alpen, unweit von Venedig. Antonio Canova (1757-1822) schenk-te ihn seinem Geburtsort, weil dringend eine

neue Kirche gebraucht wurde. Doch setzte sich der bedeutends-te Bildhauer des italienischen Neoklassizismus damit zugleich selbst ein Denkmal. In Kooperation mit dem Museo Canova hat das Bode-Museum eine Ausstellung vorbereitet, die sich einem Lieblingsthema Canovas widmet, dem Tanz. „Reiz ist Schönheit in Bewegung, und eben darum dem Maler weniger bequem als dem Dichter“, schrieb bereits Lessing 1766 in seinem „Lakoon“. Doch was sollte erst ein Bildhauer sagen? Tatsächlich fragt man sich beim Anblick von Canovas unübertrefflicher „Tänzerin mit Zimbeln“ (1809-12) der Berliner Skulpturensammlung jedes Mal erneut, wie er

es wagen und wie es ihm gelingen konnte, die weit von einander gespreizten Arme aus dem Marmor zu hauen. Man stelle sich vor, ein falscher Schlag und die Skulptur wäre für immer verdorben gewesen.

In der Leichtigkeit, mit der sich diese Tänzerin bewegt, nur mit einem Fuß allein auf den Zehen stehend, sucht sie ihresglei-chen. Dabei wird bereits an der Kleidung, dem hauchdünnen, un-ter der Brust gebundenen Chiton, deutlich, dass sie sich an anti-ken Vorbildern orientiert. Das dokumentieren auch die so leicht daherkommenden Zeichnungen und Malereien Canovas, die im Rahmen der Schau ausgestellt sind.

Herculaneum und Pompeij wurden verstärkt in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ausgegraben, was nicht nur die bil-dende Kunst beeinflusste. Auch der Tanz wurde reformiert. Man war um eine möglichst große Natürlichkeit bemüht, entledigte sich deshalb schwerer Kostüme zugunsten fließender Stoffe.

Canovas „Tänzerin mit Zimbeln“ gehört zu den

bedeutendsten und beliebtesten Kunstwerken

des Bode-Museums. Eine Austellung zeigt jetzt

auch seine Gemälde, Zeichnungen und Grafiken

Sabine Engel

LEICHTIGKEIT IN STEIN GEHAUEN

Filigran und graziös sind die Skulpturen des neoklassizistischen Bildhauers Antonio Canova, dessen Meisterwerke aus ganz Europa sich nun im Bode-Museum wiederfinden

JOHANNES LAURENTIUSANTJE VOGT

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KULTURZEIT 2016 I 13SKULPTUREN

THE STATE HERMITAGE MUSEUM/ALEXANDER LAVRENTYEV

Kolja Kleeberg und Hans-Peter Wodarz starten in eine neue Spielzeit: Am 2. November feiert die Din-ner-Show mit brandneuem Programm und einem köstlichen Vier-Gang-Menü ihre Premiere. Dann öffnen sich die Türen des Spiegelpalastes mit seiner nostalgischen Atmosphäre, den festlichen Tischen und hunderten Kerzen erneut für vier Monate.

Die Vorspeise des Menüs besteht aus Thun-fisch-Tatar mit Zitronen-Kräuter-Sauce. Darauf folgt eine Rote-Bete-Karottensuppe mit kleinen Jakobsmuscheln. Als Hauptgang wird confierte

Entenkeule mit Feigensauce, Chicorée, Grana-tapfel und Kartoffelkrapfen serviert. Als süßen Abschluss gibt es Schokoladenkuchen mit einge-legten Kirschen und Stracciatella-Eis. Auf Wunsch alles auch in vegetarischer Version.

Aber PALAZZO wäre nicht PALAZZO, wenn zu den kulinarischen Leckerbissen nicht auch künstleri-sche Highlights auf der Bühne geboten würden. „Kings & Queens“ lautet der Titel der Ensemb-leshow, die in Kombination mit der Haute Cuisine ein königliches Erlebnis garantiert.

Am 2. November startet in Berlin die neue Spielzeit

Schuhe mit Absatz wurden durch heute noch ebenso ge-nannte „ballerine“ oder Sandalen ersetzt, wie sie auch Ca-novas fragile Tänzerin trägt.

Erstmals sind nun seine beiden anderen, fast lebens-großen Tänzerinnen mit der Berliner Skulptur vereint. Im Auftrag von Joséphine de Beauharnais, der ersten Gattin Napoleons, schuf Canova die „Tänzerin mit den Händen in den Hüften“ (1806-12). Sie konnte aus der Eremitage in St. Petersburg entliehen wer-den, während das Modell der „Tänzerin mit dem Fin-ger am Kinn“ aus dem Museo Canova stammt. Diese drei jungen Frauen gelten als Höhepunkt seiner Be-schäftigung mit dem Tanz.

Sie verkörpern zugleich ein Ideal weiblicher Anmut, wie es auch in der „Hebe“ (1795-96) aus der Alten Nationalgalerie deutlich wird. Die Mund-schenkin der Götter müsste eigentlich bewegungslos stehen, um den Trank, ohne etwas zu verschütten, aus dem Krug in den Becher gießen zu können. Doch Kri-tiker waren schon früh der Meinung, dass ihre zier-liche Gestalt vielmehr auf einer Wolkenbase daher schwebe oder tanze. Sie komplettiert die Ausstellung zusammen mit einer ebenfalls aus Berliner Besitz stam-menden antiken Skulptur, einer „Tanzenden Mä-nade“, die eine Vorstellung davon gibt, an welchen Bildwerken des Altertums sich Canova orientiert hat.

PALAZZO bittet zu Tisch!

Palazzo im Spiegelpalast Kynaststraße, 10317 Berlin, direkt am S-Bahnhof Ostkreuz, Reservierungen unter www.palazzo.org oder Tel.: 01806 388 883

KURZINFO

CANOVA UND DER TANZ 21.10. bis 22.01.2017, Di.-So. 10-18 Uhr, Do. bis 20 Uhr, Bode-Museum, Museumsinsel, Mitte

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14 I KULTURZEIT 2016 BACHFEST DRESDEN

Das 91. Bachfest gastiert in diesem Jahr in der

sächsischen Musikmetropole, die Bach so liebte. Erstmals

vermittelt eine Börse Künstlerfür private Konzerte

Max Müller

SEHNSUCHT NACH DRESDEN

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KULTURZEIT 2016 I 15BACHFEST DRESDENKURZINFO

91. BACHFEST DRESDEN23.9.-3.10., Konzerte in Frauenkirche, Albertinum, Philharmonie und diversen Kirchen, Programm unter www.bachfest-dresden.de, Karten-Tel.: 0351 8038 744

Bach in all seinen Facetten: Der italienische Tänzer Massimo Gerardi (l.) verwandelt das berühmte „Air“ in eine Performance, der US-Pianist Dan Tepfer (r.) ergründet die „Goldberg-Variationen“, dazwischen die Virtuosi Saxoniae mit Kammermusik

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GEWINNSPIEL

Das Image der Elbstadt litt in den letzten Monaten gewal-tig. Zum Tiefpunkt wurden die montäglichen Demons-trationszüge der Rechtspo-

pulisten, die gegen alles demonstrieren, das anders, fremd und in ihren Augen stö-rend ist. Doch Dresden, einst große Kul-turperle, weiß sich zu wehren. Dass nun das Bachfest den barocken Großmeister zelebriert, ist Zeichen eines hoffentlich anhaltenden Kulturwechsels.

„Unter den Künstlern unserer Stadt besteht die einhellige Meinung, dass wir gegen vereinfachende, populistische Hal-tungen gegensteuern müssen“, sagt denn auch Roderich Kreile. Energisch fügt der Leiter des 91. Bachfests hinzu: „Das an-dere ist nicht Dresden.“ Der Kirchenmu-siker ist nicht nur Festivalchef, sondern auch stellvertretender Vorsitzender der Neuen Bachgesellschaft, die etwa 3000 Mitglieder umfasst und sich auf die Fahne geschrieben hat, das musikalische Erbe von Johann Sebastian Bach (1685-1750) zu pflegen. Ein Teil dieses Auftrags erfüllt sich durch das Bachfest, das seit 1901 an

wechselnden Orten stattfindet und sich alle fünf Jahre an Bachs Hauptwirkungs-stätte, in Leipzig, neu erfindet.

„Wenn sich eine Stadt wie Dresden für die Austragung unseres Festivals be-wirbt, dann schließt sie alle ihre Kräfte zusammen, um ein möglichst vielfältiges Programm zu kreieren“, erklärt Kreile. In der Tat wirken Dresdens renommierte Institutionen eifrig mit: Neben den bei-den Spitzenorchestern, der Dresdener Staatskapelle und der Philharmonie, ha-ben auch der deutschlandweit bekannte Kreuzchor und die Bildungsschmieden, die Hochschule für Musik Carl-Maria-von-Weber und das Heinrich-Schütz-Kon-servatorium, ihre Teilnahme signalisiert. Ein zentraler Veranstaltungsort ist die Frauenkirche, deren eigene Bachtage mit dem Traditionsfestival zu einer Einheit verschmelzen. „Dresden war für Bach ein Sehnsuchtsort“, erklärt Kreile. „Er kam oft hierher, weil sein Sohn Wilhelm Frie-demann Organist an der Sophienkirche war. Außerdem traf er hier seine Musiker-freunde, genoss die Opernaufführungen und wurde schließlich auch Hofkompo-

siteur.“ Um diese Stelle bemühte er sich nicht zuletzt, um seinen Leipziger Arbeit-geber gehörig unter Druck zu setzen. Im Gegensatz zu heute strahlte Dresdens Re-nommee im Barock.Neu ist in diesem Jahr die sogenannte Bachbörse, eine Plattform, auf der sich Künstler und Musiker für pri-vate Konzerte anbieten. Folglich können Haus- und Firmenkonzerte unkompliziert vereinbart werden, auch Vereine sollen sich den Luxus einer eigens arrangierten Aufführung leisten. „Wir haben viele Bür-gerhäuser in Dresden. Ich stelle mir klas-sische Abendveranstaltungen vor im Stil der Berliner Salons. Jeder soll etwas nach seinem Geschmack auf entsprechend ho-hem Niveau finden“, berichtet Roderich Kreile. Er selbst freut sich darauf, am Fes-tival mit einem eigenen Beitrag partizipie-ren zu dürfen. „Mein persönliches High-light ist natürlich die von mir dirigierte h-Moll-Messe mit der Akademie für Alte Musik zum 800-jährigen Jubiläum des Dresdner Kreuzchores.“ Dass eine Institu-tion wie der Kreuzchor bereits so lange be-steht, untestreicht die große Tradition der Stadt als Musikmetropole.

ZAUBER DES MORGENLANDESDas Flair von Tausendundeiner Nacht finden Sie in einmaliger Weise mitten in Berlin. Lassen Sie sich von Klängen, Farben und Düften in die märchenhafte Welt des Orients entführen – genießen Sie die Darbietungen anmutiger Tänzerinnen und faszinierender Artisten und erfreuen Sie sich dabei an ausgesuchten kulinarischen Köstlichkeiten. Im MADI – Zelt der Sinne verleben Sie unvergessliche Stunden.

Die Berliner Morgenpost verlost ein Familienticket (zwei Erwachsene und zwei Kinder) für den Märchen-Brunch und 1 x 2 Karten für die Dinnershow „Karawans“. Termine nach Vereinbarung mit dem Veranstalter. Bitte schicken Sie am 19.09. zwischen 9 und 12 Uhr eine E-Mail an [email protected]. Das Kennwort lautet „MADI“.

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16 I KULTURZEIT 2016

Vor der Shoah lebten in Dresden 5000 jüdische Bürger, heute – 70 Jahre nach der Massenvernichtung – zählt die Gemeinde wieder 750 Mitglieder. Dass das Juden-tum sich aber nicht nur von Innen erholt, sondern auch von Außen, von Nicht-Juden wiederbelebt wird,

zeigt die Arbeit eines kleinen Vereins, der vor 20 Jahren die „Jiddi-sche Musik- und Theaterwoche Dresden“ aus der Taufe hob. 2011 wurde der enge Rahmen, die Reduktion auf das osteuropäische Ju-dentum, gelockert, das „jiddisch“ gestrichen und der Festivalname um das Adjektiv „jüdisch“ erweitert. Zum Jubiläum besinnt sich das zweiwöchige Kulturspektakel dennoch auf seine Anfänge.

„Wir wollen in diesem Jahr zwei Schwerpunkt setzen“, erklärt Valentina Marcenaro, die seit 2013 Leiterin der Jüdischen Musik- und Theaterwoche Dresden ist und zugleich die erste Vorsitzende, die der Dresdener Gemeinde angehört. „Anlässlich des Jubiläums erinnern wir uns an das, was die ‚Jiddische Woche‘ war. Zugleich ha-ben wir den Wunsch, uns in die aktuelle kulturpolitische Diskussi-on einzumischen.“ Nicht zuletzt deshalb wurde „Schalom Salaam“, die nebeneinandergestellte hebräische und arabische Grußformel, als Motto gewählt.

Die Huldigung der Vergangenheit drückt sich vor allem im Eröffnungsabend aus, wenn die berühmte New Yorker Band The Klezmatics im Rahmen ihrer 30-Jahre-Jubiläumstour einen Stopp in der Elbestadt einlegt. Dass zugleich „ein breiteres Spektrum der jüdischen Kultur“, wie Marcenaro es nennt, abgebildet wird, ma-chen die Folgeabende deutlich: So führen der israelische Tänzer Hillel Kogan und sein palästinensicher Kollege Adi Boutrous die Performance „We Love Arabs“ auf, die SemiTones laden zu einer sephardisch-arabischen Klangreise und im Societaetstheater steigt mit „i,Slam – we,Slam“ ein interreligiöser Poetry-Dialog. Dazu fin-den Crash-Kurse in Hebräisch, Jiddisch und Arabisch statt, Damaris Richter lehrt israelische Tänze und es werden diverse Führungen über den alten Jüdischen Friedhof angeboten. Dass das Programm so vielseitig ist, spiegelt die Erwartungen der Veranstalter. „Jedes Jahr aufs Neue versuchen wir, eine Entdeckungsreise zu gestalten“,

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Die Jüdische Musik- und Theaterwoche Dresden feiert ihr

zwanzigjähriges Bestehen mit einem Rück- und einem Ausblick

Max Müller

SCHALOM, SALA AM & POETRY-SLAM

Seit 30 Jahren auf den Spuren des Jiddischen Liedguts: Die New Yorker The Klezmatics

KURZINFO

JÜDISCHE MUSIK- UND THEATERWOCHE DRESDEN 23.10. bis 6.11., Deutsches Hygiene-Museum Dresden, Hatikva, Societaetstheater, Jüdische Gemeinde, Frauenkriche u.a., das komplette Programm und Karten unter www.juedische-woche-dresden.de

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KULTURZEIT 2016 I 17JÜDISCHE WOCHEA

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sagt Marcenaro und konstatiert: „Das Judentum besteht aus mehr als Israel und Shoah.“

Gerade Dresden litt in den letzten Monaten sehr unter den Aufmärschen der Rechtspopulisten, die vor allem gegen muslimi-sche Geflüchtete protestieren. Es wirkt bizarr, dass kurz nach dem Aufkommen von Pegida eine Zusammenarbeit mit der Jüdischen Gemeinde angestrebt wurde. Die einstigen Opfer einer national-fanatischen Perversion sollten nun vom rechten Mob beschützt werden – ein Angebot, das die Jüdische Gemeinde umgehend aus-schlug. Doch aus der Gemeinde selbst waren ebenfalls ängstliche Stimmen zu hören, da gerade im arabischen Raum viel Antisemitis-

mus herrscht. Um diese Ängste abzubauen, haben sich Marcenaro und ihr Team eine besondere Veranstaltung einfallen lassen: „Wir werden einen Abend organisieren, der ‚Dresden sucht die Super-minderheit‘ heißt. Die Frage, die dahinter steht lautet: Warum muss es immer eine bessere oder schlechtere Minderheit geben? Früher waren es die Juden, jetzt nehmen die Muslime diese neue Rolle ein. Wir wollen versuchen, mit Vertretern unterschiedlicher Minderhei-ten – Vietnamesen, Sinti und Roma, Flüchtlingsvertreter und Juden – zu diskutieren, um am Ende zu schauen, welche Zuschreibungen existieren und wie diese wirken.“ So entsteht Verständnis für das Anderssein.

Vom Kinderkonzert über das „Mischpoke“-Basteln bis zu zeitgenössischen Theater-Performances reicht das Programm des Dresdener Traditionsfestivals

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18 I KULTURZEIT 2016 FRAU LUNAIMPULS

Jenseits der Metropolen bietet das „Impuls“ der Neuen Musik eine Plattform im ländlichen Raum.

Im Zentrum des Festivals steht die Jugendarbeit

Max Müller

WIND DER FREIHEIT IN SACHSEN-ANHALT

Meister der Neuen Musik unter sich: Sopranis-tin Johanna Krumin,

Dirigent Kristjan Järvi, Bratschist Cenk Erbiner

und das elole-Klaviertrio

Als Orchestermusiker, Komponist und später als Di-rigent habe ich über viele Jahre in Holland, Belgi-en und Deutschland gemerkt, dass eine engagierte Vermittlung Neuer Musik oft gefehlt hat“, stellt Hans Rotman nüchtern fest. „Es wundert deshalb

kaum, dass auch in Halle, Dessau und sogar in der Landeshaupt-stadt Magdeburg bei den Orchestern die Neue Musik über Jahr-zehnte nur auf Sparflamme existierte, was wohl auch daran lag, dass Sachsen-Anhalt natürlich durch seine barocke Vergangen-heit traditionell retrospektiv eingestellt ist“, fügt der sympathische Holländer hinzu und meint damit die enge Bindung an Händel, Bach und Telemann. Seit neun Jahren hält nun aber auch die Neue Musik kontinuierlich Einzug. Zu verdanken ist das dem „Im-puls“-Festival, das jährlich Theater und Orchester des Landes in einem Netzwerk vereint. In diesem Jahr steht das Festival, dessen künstlerischer Leiter Hans Rotman ist, unter dem Thema „Löwen wecken!“.

„2008 wurde der Wunsch an mich getragen, in Sachsen-An-halt ein Festival für Neue Musik zu etablieren,“ berichtet Rotman. Das ging nicht immer gut: Noch im vergangenen Jahr war das spürbar, als bei einer Uraufführung im Magdeburger Dom Musi-ker und Komponist ausgebuht wurden. Doch insgesamt hat sich das Publikum als offen und neugierig erwiesen. Das Festival gilt auch durch die Dessauer Bauhaus-Masterclasses für junge Diri-

genten und Komponisten als Sprungbrett für engagierten und talentierten Nachwuchs. Neben allen Sinfonieorchestern des Landes konnten auch renommierte Ensembles wie das MDR Sin-fonieorchester gewonnen werden, das unter Leitung von Kristjan Järvi sogar die diesjährige Eröffnung gestaltet.

„Das eigentliche Herz des diesjährigen Festivals ist aber ein Jugendprojekt,“ konstatiert Rotman. „Wind der Freiheit“ heißt es in diesem Jahr und führt unter der Schirmherrschaft des syri-schen Pianisten Aeham Ahmad deutsche und arabische Jugendli-che zusammen, die u.a. die aktuelle politische Lage in ihren Hei-matländern und in Deutschland – bei der letzten Landtagswahl erhielt die rechtspopulistische AfD jede vierte Stimme – eruieren. Das ist denn letztlich auch der Ansatz des Festivals, das nicht nur das Hören herausfordert, sondern auch den Verstand.

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KURZINFO

IMPULS FESTIVAL FÜR NEUE MUSIK SACHSEN ANHALT20.10.-22.11., u.a. in Magdeburg, Dessau, Halle, Leipzig und Berlin, Programm und Karten unter www.impulsfestival.de

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KULTURZEIT 2016 I 19

Paul Lincke hatte nie die Weltkarriere“, stellt Andreja Schneider nüchtern fest. Das Mitglied des Musikkaba-rett-Ensembles Die Geschwister Pfister muss es wissen, in der Tipi-Adaption des Operettenklassikers spielt sie Frau Luna, die titelgebende Hauptrolle. „Obwohl!“,

fügt sie hinzu. „Ich habe im Netz durch Zufall Aufzeichnungen aus dem bulgarischen Fernsehen der 70er-Jahre gefunden, eine Show von Lea Ivanova, die auf einer Containerkisten-Bühne eine Weltreise aufführt. Irgendwann schwebt auch ein selbstgemaltes Brandenburger Tor durch den Raum und sie singt: ‚Das ist die Ber-liner Luft, Luft, Luft‘. Nach Bulgarien hat es Lincke also geschafft.“ Bernd Mottl, der bei dem Projekt Regie führt, nickt zustimmend: „Ja, in Europa war zumindest Frau Luna bekannt.“ Doch kennen die Berliner noch ihren legendären Komponisten, der dieses Jahr seinen 150. Geburtstag gefeiert hätte?

Als Paul Lincke (1866-1946) kurz nach dem Zweiten Welt-krieg starb, war die Aufregung groß. 1943 floh der gelernte Fa-gottist aufs Land, nach dem Krieg wollte er zurück nach Berlin. Doch die Erlaubnis der Alliierten ließ auf sich warten. Einen Tag bevor sie schließlich eintraf, verstarb Lincke. Ein wütender Mob wollte ihn vom Hahnenkleer Friedhof holen und nach Berlin um-betten, das Grab musste zwischenzeitlich von Polizisten bewacht werden. Heute hingegen kümmert sich kaum noch jemand um den Klassiker: Hipster flanieren entlang des nach ihm benann-ten Ufers, der Glanz seiner Gedenktafel in der Oranienstraße ist abgeblättert und Berliner Luft ist für junge Menschen höchstens noch ein Pfefferminzschnaps. Hat Linckes Werk ausgedient?

„Wenn man die verarbeiteten Themen betrachtet – Entde-ckergeist, Welt am Abgrund, Wohnungsnot und Einreiseverbot – ist Paul Lincke moderner als je zuvor“, konstatiert Mottl und fügt hinzu: „Trotzdem ist es nicht unser Anliegen, das Werk we-gen seiner Aktualität aufzuführen, sondern es handelt sich um ein Stück Berliner Kulturgeschichte und allein deshalb gehört es wieder auf den Spielplan.“ Die Handlung ist im Prinzip eine gro-ße Party: Der Mechaniker Fritz Steppke bastelt einen Ballon und fliegt mit seinen Freunden Lämmermeier und Pannecke auf den Mond, wo das Trio mit Venus, Mars und Frau Luna rauschende Feste feiern. Am Ende kehren sie auf die Erde zurück, das mondi-sche Versprechen eines besseren Lebens erfüllt sich nicht.

Schon vor fast zwanzig Jahren entstand im Umfeld der Bar jeder Vernunft die Idee, Lincke zu reaktivieren. Geplant war eine Fassung aus der Hand des Dramatikers Thomas Brasch. Doch dessen früher Tod verhinderte die Aufführung. Zum 20-jährigen Jubiläum der Institution wurde der Plan wieder aufgegriffen, nur

fehlte damals das nötige Geld, das Mammutprojekt umzusetzen. Beim dritten Anlauf funktioniert es und zumindest die hoch-

karätige Besetzung lässt auf eine spannende Inszenierung hoffen. Die Solisten sind die Stars der Kleinkunstszene. Neben den Ge-schwistern Pfister konnten Schauspieler Gustav Peter Wöhler, Präkariatsprinzessin Ades Zabel und Chansonette Sharon Brau-ner gewonnen werden. „Die Operette lebt davon, dass sie durch Persönlichkeiten zum Leben erweckt wird“, erklärt Mottl. Und was motiviert ihn eigentlich, Regie zu führen? „Ich habe Lust, für eine Berliner Identität zu werben.“ „Frau Luna“ wirkt da „wie ein Heimatfilm, der nostalgischen Charme versprüht“.

FRAU LUNADer Berliner Komponist Paul Lincke

wäre in diesem Jahr 150 Jahre alt geworden. Anlässlich dieses Jubiläums wird im Tipi am

Kanzleramt seine Operette „Frau Luna“ inszeniert – samt Starbesetzung

Max Müller

„WIE EIN HEIMATFILM, DER NOSTALGISCHEN CHARME VERSPRÜHT“

Das Starensemble: Gustav Peter Wöhler, Thomas Pigor, Andreja Schneider, Benedikt Eichhorn, Anna Mateur, Gerd Thumser, Cora Frost (oben v.l.n.r); Max Gertsch, Christoph Marti, Tobias Bonn, Sharon Brauner, Fausto Israel, Ades Zabel (unten v.l.n.r.)

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KURZINFO

TIPI AM KANZLERAMTGroße Querallee, Tiergarten, ab Do. 27. Oktober, Mi.-Sa. 20 Uhr, So. 19 Uhr, Karten-Tel.: (030) 39 06 65 50

IMPULS

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20 I KULTURZEIT 2016 25 JAHRE THYKWA

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Fliegende Fuffis und Kettensägen: Anlässlich seines Jubiläums wirbt das Theater Thikwa mit einer Foto-Kampagne für das Festival „Bereichert euch!“; zur Eröffnung wird die Zeltstadt „Homescape“ (l.) errichtet, „Zwillinge“ (r.) heißt der Gast-Beitrag von Regisseurin Anne Tismer

EIN FESTIVAL FÜR KINDERFILMEBereits zum 23. Mal findet das Dresdener Kinderfilmfest Kinolino statt, das unter dem Motto „vielfäl-tig & bunt – die Kinder der Welt zu Gast“ steht. Gezeigt werden aktuelle Spiel- und Animationsfilme sowie Evergreens der Kinderunterhaltung.

Programmkino OST, KIF – Kino in der Fabrik und Filmtheater Schauburg, Mo. 10. bis Di. 25.10., Programm unter www.schulkino.de

DEN KÖRPER ERFORSCHENSind Sie ein Schreihals oder eine Flüstertüte? Und wie lang dauert eigentlich eine Schrecksekunde? Wahnsinn, was unser Körper tagtäglich leistet. In der neuen Sonderausstellung „Manometer“ im Phaeno in Wolfsburg dreht sich an 30 Experimentierstationen alles um den Körper.

Manometer, bis 11. Februar 2017 phaeno, Willy-Brand-Platz 1, 38440 Wolfsburg,Tel.: 05361 / 890 100, www.phaeno.de

RUND UM DIE FAMILIE„Alles Familie!“ beschäftigt sich mit komplexen Fragen wie: Was heißt Familie heute? Was kann Familie al-les sein? Die Familienausstellung für Kinder von sechs bis zwölf beleuch-tet das Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln und macht bewusst, wie wichtig Familie als Ort der Zuge-hörigkeit und des Zuahauses ist. sip

Fez Berlin, Straße zum FEZ 2, Köpenick, bis So. 18.12., Sa., So.+feiertags 12-18 Uhr, Herbstferien Mo.-Fr. 11-18 Uhr Eintritt: vier, Familienticket 13 Euro

TIPPS FÜR DIE FAMILIE

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KULTURZEIT 2016 I 2125 JAHRE THYKWA

Fliegende Fuffis und Kettensägen: Anlässlich seines Jubiläums wirbt das Theater Thikwa mit einer Foto-Kampagne für das Festival „Bereichert euch!“; zur Eröffnung wird die Zeltstadt „Homescape“ (l.) errichtet, „Zwillinge“ (r.) heißt der Gast-Beitrag von Regisseurin Anne Tismer

KURZINFO

THEATER THIKWA Fidicinstraße 40, KreuzbergTel.: (030) 691 12 11Festival „Bereichert euch!“ bis 17. Dezember

Das inklusive Theater Thikwa feiert mit sechs Premieren im Herbst seinen 25. Geburtstag

Ronald Klein

Im Herbst verwandelt sich das Gelände des Kreuzberger The-aters in eine Zeltstadt, in dem sich das 42-köpfige Ensemb-le mit Identität auseinandersetzt. „Homescape“ ist zugleich ein Novum in der 25-jährigen Geschichte. Erstmals stehen sämtliche Künstler gemeinsam auf der Bühne und drücken

ihr ganz individuelles Verhältnis zur Heimat aus. Ohne Frage, wer heute über das Theater Thikwa spricht, schwärmt von dem künst-lerischen Ausdruck. Dass hier behinderte und nicht-behinderte Künstler gemeinsam agieren, spielt nur noch nachgeordnet eine Rolle.

Das sah jedoch ganz anders aus, als das Ensemble des Thea-ter Thikwa erstmalig die Bühne des Studios im Maxim Gorki The-ater betrat. „Es ging ganz grundsätzlich um die ‚Kunstfähigkeit‘ geistig behinderter Menschen“, erinnert sich Theaterleiter Gert Hartmann. „Ein Unwort heutzutage. Unsere Vision war von vorn-herein, einen Raum zu schaffen, in dem behinderte und nicht-behinderte Darsteller auf Augenhöhe und unter professionellen Bedingungen zusammen arbeiten können. Theater mit geistig behinderten Menschen hatte bis dahin ja eher auf der Märchene-bene in Nachbarschaftsheimen stattgefunden.“

Die ersten Jahre liefen unter erschwerten Bedingungen. Schauspieler und die Gewerke arbeiteten Vollzeit und kamen erst nach Feierabend zum Proben. Jedoch trafen bereits die ersten Produktionen den Puls der Zeit, sodass ein großes Medienecho und Einladungen zu Festivals folgten. Das mag auch einer der Gründe sein, warum dem Theater ohne feste Spielstätte die Türen der großen Häuser stets offenstanden. Neben dem Maxim Gorki

Theater zählten die Akademie der Künste und das Theater am Halleschen Ufer (heute HAU 2) zu Kooperationspartnern.

Ein wichtiges Ereignis stellt die Gründung der Theaterwerk-statt im Jahr 1995 dar. Das bedeutete, dass für das Ensemble Vollzeitarbeitsplätze geschaffen werden konnten. Seit zehn Jah-ren verfügt das Theater Thikwa sogar über eine feste Spielstätte in der Fidicinstraße. Nichtsdestotrotz gilt es, noch mehr zu be-werkstelligen: „In Bezug auf das Publikum müssen wir noch im-mer Überzeugungsarbeit leisten“, seufzt Hartmann. „Da herrscht manchmal doch noch die Meinung vor, dass der Besuch einer Thikwa-Vorstellung irgendwie so was ist, wie das freiwillige sozia-le Jahr in anderthalb Stunden abzuleisten.“

Ganz anders sieht es bei Kollegen aus der freien Szene aus: „Es kommen mittlerweile viele renommierte Künstler zu uns, die Projekte vorschlagen und mit uns arbeiten möchten“, erklärt Hartmann. Zu ihnen zählen unter anderem Anne Tismer, Martin Clausen und das Performancekollektiv Monster Truck. „Ich den-ke, dass die Offenheit grundsätzlich größer geworden ist, aber in-klusives Theater noch längst nicht selbstverständlich ist. Das kann man auch an der großen Diskussion nach der Einladung von Jerô-me Bels ‚Disabled Theater‘ zum Theatertreffen vor zwei Jahren sehen.“ Die Performance provozierte mit der Frage, wer eigentlich der Behinderte sei: Die Performer, das Publikum oder die Presse?

So wird auch das Festival „Bereichert euch!“, das anlässlich des Jubiläums stattfindet und neben mehreren Premieren auch Schauspieler-Porträts enthält, bunt, unterhaltsam und sicherlich kontrovers sein.

BUNT, UNTERHALTSAM UND KONTROVERS

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22 I KULTURZEIT 2016 IMMERSIVE KÜNSTE

Herr Oberender, welche ästhetischen Entwicklungen führten zur Notwendigkeit eines neuen Formats?

Thomas Oberender: Es gibt weltenbildende, wenn Sie so wollen hausbauende Theaterformen, die über Tage und Wochen hinweg laufen, genauso Ausstellungsformen, die eher „environ-mental sculptures“ sind: Räume, die ihre Besucher und andere Kunstformen aufnehmen und erzählerische Welten bauen, die wir betreten sollen und diese Entwicklungen interessieren uns sehr. Kunstformen, denen wir nicht mehr gegenüber stehen, son-

dern die uns aufnehmen und explizit soziale Begegnung orga-nisieren. Diese Arbeiten brauchen andere Präsentationsformen als Festivals, weil sie tendenziell mehrere Wochen lang laufen und kleinere Besuchergruppen adressieren. Der digitale Wandel bringt neue Ästhetiken hervor, die nicht nur vor Bildschirmen er-lebbar sind, wie beim Gaming oder in der Virtual Reality, sondern er wirkt auch ins Feld der „traditionellen“ Künste – das interessiert uns. „Immersion“ ist also keine Fortsetzung des Festivals Foreign Affairs, sondern ein eigenständiges Programm zu diesem Thema.

Die Berliner Festspiele präsentieren ab

Oktober das neue Format Immersion, das das Festival

„Foreign Affairs“ ablöst

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KULTURZEIT 2016 I 23IMMERSIVE KÜNSTE

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Wer kuratiert das neue Format?

Die künstlerische Leitung liegt bei mir. Die Idee für das Projekt entstand vor zwei Jahren auf einem Workshop des ilb (Internationales Literaturfestival Berlin, Anm. d. R.) an unserem Haus, der sich mit der Wechsel-wirkung von Romanen und Computerspielen beschäftigt hat. Da-mals hörte ich zum ersten Mal den Begriff „Immersion“. Er wurde zu einer Art Sonde, mit der sich mir viele neue Entwicklungen entschlüsselten und brachte mich mit anderen Experten zusam-men. Die „Schule der Distanz“ gestaltet zum Beispiel Cornelius Puschke, der mit Rimini Protokoll, aber auch schon bei Foreign Affairs gearbeitet hat. Für mich sind die experimentellen Formen der bildenden und darstellenden Künste der Virtual Reality (VR) in vielen Fragestellungen und Expertisen Jahre voraus.

An welchen Orten wird die neue Programmreihe stattfinden?Wir fangen im Oktober über Wochen verteilt an – es geht los

im Festspielhaus, dann an einem eher unvermuteten Ort in der Stadt und es folgen eine performative Arbeit und eine Ausstellung im Gropiusbau. Außerdem gibt es ein über die nächsten Jahre wiederkehrendes Wochenend-Programm, das wir „Schule der Di-stanz“ nennen. Denn „Immersion“, das „Eintauchen“ in die Situa-tionen, kann ein Vorgang sein, der überwältigt und vereinnahmt. Wir wollen immersiven Prozessen, wie sie Google und Facebook vorantreiben, emanzipierte und auch kritische Formen entgegen stellen.

Die Programmreihe trägt den Untertitel „Analoge Künste im digitalen Zeitalter“. Was bedeuten „digital“ und „analog“ im Kontext des Festivals?

Ich komme gerade von einer Konferenz auf der Gamescom in Köln, wo man von der „real world“ spricht, wenn man z.B. so ein Zimmer meint, in dem wir gerade sitzen. Denn wir bauen und erleben ja im VR inzwischen auch andere Räume sehr intensiv. Analog aber meint: physische Welt, die unendliche Vielfalt jen-seits von null und eins, das an Körper und Landschaften gebun-dene Leben, über das etwa Peter Handke schreibt. Der amerika-nische Aktionskünstler Allan Kaprow wollte dagegen Situationen

Seit 2012 ist Dr. Thomas Oberender der Intendant der Berliner Festspiele. Nun kuratiert er zusätzlich das neue Kunstformat „Immersion“

schaffen, weniger Dinge, eher Prozesse und Begegnungen. Das in-teressiert uns für den Auftakt von „Immersion“, deswegen lenken wir unseren Blick zum Beginn weniger auf digitale Künste als auf die Wirkung des Digitalen auf die Künste im Allgemeinen. Der di-gitale Wandel schafft neue, hybridere Vorstellungen von Realität, Narration oder Figur und in diese Richtung wollen wir mit dem Programm jetzt zwei, drei Jahre arbeiten.

Anders als Foreign Affairs wird „Immersion“ in größeren zeitlichen Dimensionen gedacht.

Es ist eben kein Festival sondern eine eigenständige Pro-grammserie, für die wir Extramittel beantragt und mit Unterstüt-zung der Parlamentarier und des Bundesministeriums erhalten haben. Dass das eine Format endet, eröffnet Möglichkeiten für eine neue, anders gelagerte Perspektive. Durch die Fördergelder werden zudem Eigenproduktionen oder Produktionsbeteiligun-gen der Berliner Festspiele möglich, wie wir sie so vorher nicht leisten konnten. Festivals erzeugen Explosionen, sie verdichten ihr Material und erzeugen in kurzer Zeit extreme Hitze. In dem Format „Immersion“ können wir solche Prozesse auf die Zeit deh-nen, uns mit Künstlern auf langfristige Verabredungen einlassen, in Stufen arbeiten und ihre Bedürfnisse mit mehr Entfaltungs-raum ins Zentrum rücken.

KURZINFO

HAUS DER BERLINER FESTSPIELE Schaperstraße 24, WilmersdorfTel.: 030 / 25 48 91 00Programmreihe Immersion ab Oktober 2016

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24 I KULTURZEIT 2016

Hopse, Gummitwist, Murmeln oder Kreisel – viele Spiele, die unsere Vorväter noch spielten, sind in-zwischen fast in Vergessenheit geraten. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Denn wer spielt heu-te noch mit Glasbuckern oder Zinnfiguren, mit

Blechspielzeug oder Porzellanpuppen? Im Spielzeugmuseum im Havelland wird eine andere Welt des Spielens als die heute elek-tronisch geprägte lebendig. Kinder können hier erleben, wie ihre Großeltern spielten und Erwachsene können wieder eintauchen in ihre Kindheit.

„Spielzeug ist wichtig für die geistige und soziale Entwick-lung des Menschen“, sagt Museumsleiter Frithjof Hahn. Die his-torischen Ausstellungsstücke des Museums sind bis zu 200 Jahre alt. Sie sind Zeitzeugen, Spiegel und Dokumente ihrer Epo-che und der jeweiligen Gesellschaft.

Das Spielzeugmuseum im Havelland ist Teil des pri-vaten Gutshausensembles Kleßen, zu dem das alte Schloss von 1723, der Märkische Gutsgarten mit Orangerie, Stal-lungen, eine Kirche und die alte Dorfschule gehören. Die alte Dorfschule beherbergt seit 2006 das Spielzeug-museum. Entstanden ist es aus einer Privatinitiative von zwei Sammlern, die ihre seit fast 50 Jahren gesam-melten Spielzeug-Schätze ausstellen wollten. In sieben Räumen werden herausragende Beispiele Deutscher Spieleindustrie gezeigt. Die Stadt Brandenburg an

der Havel galt etwa als „Spielzeugstadt“. Von dort aus fanden viele Spielzeuge ihren Weg in die Kinderzimmer. Im Museum gezeigt werden Kaufmannsläden, Puppen mit Porzellanköpfen, Blechspielzeug, alte Schulmaterialien… „In unserer Wunderkam-mer gibt es viel zu entdecken“, sagt Hahn. Häufig kämen Groß-eltern mit ihren Enkeln und fangen dann an, aus ihren Erinne-rungen zu erzählen. „Da realisieren die Enkel oftmals erst, dass Oma und Opa auch mal kleine Kinder waren, die gerne spielten“, schmunzelt Hahn.

Eine alte Uhrwerkpuppe von 1840 ist das älteste Stück im Museum. Die Grenze der Ausstellungsstücke ist bei 1960 gezogen worden. Ansonsten wäre es ein Fass ohne Boden gewesen. Anzie-hungspunkt ist vor allem das Eisenbahnzimmer. Dort ist eine

große Spur 0-Anlage mit Blechzügen aufgebaut, mit der zu bestimmten Terminen auch gespielt werden kann (nächs-ter Spieltag am 8. Oktober). In speziellen Spielecken des

Museums wird den Kindern gezeigt, was man früher spiel-te und sie werden zum Ausprobieren animiert. „Erstaun-

lich ist immer, dass auch Spielzeug regional gefärbt war. So sind die Knet-Renner, die Ende der 50er-, Anfang der 60er-Jahre in Berlin sehr beliebt waren, anderswo gar

nicht bekannt“, sagt Hahn, der auch Geschichten zu den einzelnen Spielzeugobjekten sammelt.

Zurzeit ist im Museum eine Sonderausstellung zu Stofftieren und Teddies zu sehen.

SPIELZEUGMUSEUM

www.eventim.de • 01806-57 00 70* sowie an den bek. Vorverkaufsstellen.*(0,20€/Anruf aus dem dt. Festnetz / max. 0,60€/Anruf aus dem dt. Mobilfunknetz)

11.02.17 BERLINMERCEDES-BENZ ARENA

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KULTURZEIT 2016 I 25SPIELZEUGMUSEUM

Heute müssen Spielzeuge technisch hochentwickelt sein, früher war

das ganz anders: Die Generation unserer Großeltern vergnügte sich

noch mit Blech, Zinn und Stofftieren

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Das Spielzeugmuseum Havelland zeigt die ganze Welt des Spielens

Simone Jacobius

EINE REISE IN DIE KINDHEIT

Otae plic tese si odist, sitate de velibus et aut eaqui te mo te cus ressitaque

KURZINFO

SPIELZEUGMUSEUM IM HAVELLANDSchulweg 1, 14728 Kleßen, Tel. 033235-29311Eintritt: Erwachsene 5 Euro, Kinder 2,Familien (2 Erw. + 2 Kinder) 9 EuroÖffnungszeiten: Mi.-So. und feiertags 11-17 Uhr (im Winter geschlossen)www.spielzeugmuseum-havelland.de

www.eventim.de • 01806-57 00 70* sowie an den bek. Vorverkaufsstellen.*(0,20€/Anruf aus dem dt. Festnetz / max. 0,60€/Anruf aus dem dt. Mobilfunknetz)

11.02.17 BERLINMERCEDES-BENZ ARENA

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26 I KULTURZEIT 2016BERLIN

Außergewöhnliche Stadtführungen von der Tour de Toilette bis zur Spionagetour

Judith JennerBerlin hat viele Gesichter. Um sie zu entdecken, reicht in der Regel keine Fahrt mit dem „Sightseeing“-Bus 100. Denn den Reiz der Stadt machen ihre Kieze und natürlich die Menschen dahinter aus. Auf geführten Touren können selbst Berliner noch Neues erfahren.

Zum Beispiel, wenn sie sich mit Anna Haase auf den Weg machen. Am Toilettenhäuschen auf dem Gendarmenmarkt, frü-her unter dem Namen „Café Achteck“ bekannt, startet sie einmal im Monat ihre „Tour de Toilette“. Dabei erörtert die Slawistin die Geschichte öffentlicher Bedürfnisanstalten und der Toilettenkul-tur. Die Führung endet passenderweise in der Kneipe „Das Klo“. Seit 40 Jahren existiert das Charlottenburger Relikt schon. Seit-

Der Verein Berliner Unterwelten führt u.a. in vergesse-ne Bunkerräume aus dem Zweiten Weltkrieg; geführte Fahrrad-Touren gehen auch zum Reichstag

dem hat sich in Berlins Gastroszene viel getan. Auf Entdeckungs-tour durch Restaurants und Cafés begeben sich die Touren von Eat the World, die in verschiedenen Kiezen angeboten werden.

In die Tiefe geht der Verein Berliner Unterwelten. Ob alte Bunkeranlagen, Fluchttunnel oder die frühere Kindl-Brauerei in Neukölln, die Unterweltler nehmen Interessierte mit an histori-sche Orte unter der Erde, die sonst nicht zugänglich wären.

Neue Perspektiven bieten auch die ungewöhnlichen Stadt-führungen von Querstadtein. Denn die Spaziergänge durch Mitte oder Charlottenburg werden von ehemaligen Obdachlosen und seit April 2016 auch von Geflüchteten geleitet. Sie berichten von ihrer Geschichte und ihrem Blick auf Berlin. Was sind die indi-viduellen Ursachen für eine Flucht? Wie richtet man sich einen Schlafplatz auf einer Parkbank ein? Und wie kommt man ohne Geld an Nahrungsmittel?

Wer die Stadt nicht spazierend, sondern lieber vom Rad aus erkunden möchte, der kann sich einer geführten Radtour an-schließen. Berlin on Bike führt in entspanntem Tempo entlang des Spreeufers oder der Berliner Mauer. Um Berlin vom Wasser aus zu erkunden, muss es nicht unbedingt eine Fahrt auf dem Ausflugsdampfer sein. Mit Anbietern wie Kajak Berlin Tours, Backstage Tourism oder Der Kanutourist bewegt man sich mit eigener Muskelkraft über die Spree. Sie bieten eine wunderbare Gelegenheit, die Stadt mit neuen Augen zu sehen.

BERLIN VON UNGEWÖHNLICHEN SEITEN

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KURZINFO

EMPFEHLENSWERTE TOURENTour de Toilette, nächste Termine: 30.9., 14.10., 4.11., 19.+25.11. jeweils 17 Uhr, Anmeldung unter (030) 217 63 20 Eat the World: www.eat-the-world.com/stadtfuehrung- sightseeing-tour-berlinBerliner Unterwelten e.V.: www.berliner-unterwelten.de Querstadtein: www.querstadtein.orgBerlin on Bike: www.berlinonbike.deKajak Berlin Tours: www.kajakberlintours.deBackstage Tourism: www.backstagetourism.comDer Kanutourist: www.derkanutourist.de

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PHILHARMONIE

TEMPODROM

THEATERDES WESTENS

Schwanensee02.01.17, 16 & 20 Uhr

Das Phantom der Oper09.01.17, 20 Uhr

Les Misérables19.01.17, 20 Uhr

Die große Verdi-Nacht24.01.17, 20 Uhr

KULTUR HIGHLIGHTS

BERLIN

Tickets an allen bekannten Vorverkaufsstellen