modul 10 wertstrommethode - ressourceneffizienz.de · einführung modul 10 - 10 1.5...
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IEL – Die Lernfabrik für Industrial Engineering
Modul 10
Wertstrommethode –
Analyse, Darstellung und Optimierung
von Geschäftsprozessen
Autor: Benedikt Nolte
Impressum
Modul 10 - 2
Impressum
IWT-Institut e. V.
(Institut für wirtschaftliche und technologische Unternehmensführung an der
Hochschule Ostwestfalen-Lippe e. V.)
Alter Postweg 7
32756 Detmold
Autor: Benedikt Nolte, Dipl. Ing.(FH); M. A.
Alle Rechte vorbehalten.
Nachdruck oder fotomechanische Wiedergabe ist ohne Genehmigung nicht gestattet.
Impressum
Modul 10 - 3
Inhaltsverzeichnis
Modul 10 - 4
Inhaltsverzeichnis
Impressum ............................................................................................................... 2
Inhaltsverzeichnis ..................................................................................................... 4
Abbildungsverzeichnis .............................................................................................. 5
Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................. 6
1 Einführung ........................................................................................................ 7
1.1 Inhalte der Lehrunterlage ........................................................................... 7
1.2 Lernziele .................................................................................................... 7
1.3 Mind-Map „Industrial Engineering“ .............................................................. 8
1.4 Mind-Map „Methoden des Industrial Engineering“ ...................................... 9
1.5 Ausgangssituation .................................................................................... 10
2 Wertstrommethode ......................................................................................... 11
2.1 Begriffsdefinition und Ziel der Wertstrommethode .................................... 11
3 Vorgehensweise bei der Wertstrommethode .................................................. 13
3.1 Aufnahme des Ist-Zustandes durch Wertstromanalyse ............................ 16
Produktfamilienbildung ....................................................................... 17 3.1.1
Kundenbedarfsanalyse ...................................................................... 18 3.1.2
Wertstromaufnahme .......................................................................... 19 3.1.3
Verbesserungspotentiale ................................................................... 25 3.1.4
3.2 Gestaltung des Soll-Zustands durch Wertstromdesign ............................. 26
Gestaltungsrichtlinien im Wertstromdesign ........................................ 26 3.2.1
Soll – Wertstrom / Future State .......................................................... 35 3.2.2
3.3 Wertstrommanagement durch Wertstromjahresplan ................................. 36
4 Zusammenfassung ......................................................................................... 37
Quellenverzeichnis ................................................................................................. 38
Abbildungsverzeichnis
Modul 10 - 5
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Mind-Map „Industrial Engineering“ ....................................................... 8
Abbildung 2: Mind-Map „Methoden des Industrial Engineering“ ................................ 9
Abbildung 3: Vorgehensweise der Wertstrommethode ........................................... 13
Abbildung 4: Beispiel eines „Current States" .......................................................... 14
Abbildung 5: Darstellungsfelder einer Wertstromaufnahme .................................... 15
Abbildung 6: Vorgehensweise der Wertstromanalyse ............................................. 16
Abbildung 7: Beispiel einer Produkt-Prozess-Matrix ............................................... 17
Abbildung 8: Kundensymbol ................................................................................... 18
Abbildung 9: Prozesssymbole mit Bezeichnung ..................................................... 19
Abbildung 10: Ergebnis einer ersten Wertstromaufnahme (flussaufwärts) .............. 20
Abbildung 11: Materialflusssymbole ....................................................................... 21
Abbildung 12: Exemplarische Kenndaten zur Wertstromanalyse ............................ 22
Abbildung 13: Wertstromaufnahme mit Wertstromdaten ......................................... 23
Abbildung 14: Informationsflusssymbole ................................................................ 23
Abbildung 15: „Current State" der Wertstromanalyse ............................................. 24
Abbildung 16: „Current State" mit Verbesserungspotentialen ................................. 25
Abbildung 17: Heijunka-Box ................................................................................... 33
Abbildung 18: Funktionsskizze der Produktionsglättung und des Produktionsmixes33
Abbildung 19: „Future State" .................................................................................. 35
Abbildung 20: Wertstromjahresplan ........................................................................ 36
Abkürzungsverzeichnis
Modul 10 - 6
Abkürzungsverzeichnis
Aufl. Auflage
Ausg. Ausgabe
AZ Verfügbare Arbeitszeit pro Schicht
BZ Bearbeitungszeit
bzw. beziehungsweise
DLZ Durchlaufzeit
EPEI Every Part Every Interval
FIFO First in First Out
i. d. R. in der Regel
inkl. inklusive
KMU Klein und Mittlere Unternehmen
LG Losgröße
MZ Maschinenzuverlässigkeit
o. ä. oder ähnlich
PZ Prozesszeit
RW Reichweite
RZ Rüstzeit
sog. sogenannte
u. a. unter anderem
ZZ Zykluszeit
Einführung
Modul 10 - 7
1 Einführung
1.1 Inhalte der Lehrunterlage
In dieser Lehrunterlage wird die Wertstrommethode in ihrer Anwendung am Praxisbeispiel
erläutert. Die drei wesentlichen Phasen der Wertstrommethode, die Wertstromanalyse,
das Wertstromdesign und das Wertstrommanagement mit dem Wertstromjahresplan bil-
den die Grundlage dieser Lehrunterlage.
1.2 Lernziele
Es werden folgende Lernziele definiert:
Der Leser erhält einen grundsätzlichen Überblick über Ziele und Vorgehensweise
der Wertstrommethode.
Der Leser wird in die Lage versetzt, die Wertstromanalyse anhand der vier Schritte
und der Symbolsprache selbstständig durchzuführen.
Der Leser hat anhand der sieben Schritte des Wertstromdesigns die Möglichkeit
einen Soll-Wertstrom zu erstellen und zu visualisieren.
Anhand des Wertstromjahresplans kann der Leser den Soll-Wertstrom projektieren
und controllen.
Einführung
Modul 10 - 8
1.3 Mind-Map „Industrial Engineering“
Abbildung 1: Mind-Map „Industrial Engineering“
Einführung
Modul 10 - 9
1.4 Mind-Map „Methoden des Industrial Engineering“
Abbildung 2: Mind-Map „Methoden des Industrial Engineering“
Einführung
Modul 10 - 10
1.5 Ausgangssituation
In der Literatur finden sich zahlreiche Methoden zur Prozessanalyse und
-gestaltung, um stabile und damit wertschöpfungsorientierte Prozesse in der Pro-
duktion zu erhalten. Ein häufiger Ansatz, diesen Problemen zu begegnen, besteht
in detaillierten Analysen und Optimierungen einzelner Produktionsprozesse wie
beispielsweise einzelner Arbeitssysteme und Maschinenbereiche. Der Fokus liegt
hierbei häufig auf Produktivität, Qualität, Zuverlässigkeit und Ausstoß.1 Hierdurch
kann sich ein Unternehmen zwar durch den erarbeiteten spezifischen Kompetenz-
gewinn im Einzelnen Wettbewerbsvorteile schaffen und diesen für einzelne Pro-
duktgruppen erwerben, eine Gefahr besteht aber in der punktuellen und nicht
ganzheitlichen Betrachtung der wesentlichen Wertschöpfungsprozesse von Wa-
reneingang bis hin zum Versand.
In den nachfolgenden Kapiteln wird auf die Wertstrommethode als ganzheitliche
Optimierungsmöglichkeit von Produktionsprozessen von „Rampe zu Rampe“ nä-
her eingegangen. Hierbei liegt der Fokus auf eine praxisorientierte Herangehens-
weise.
1 vgl.: Erlach, K.; Wertstromdesign; S. 31
Wertstrommethode
Modul 10 - 11
2 Wertstrommethode
In diesem Kapitel wird die Wertstrommethode in ihren Grundlagen näher erläutert.
Der Fokus liegt hierbei auf eine praxisorientierte Darstellung anhand eines konkre-
ten Fallbeispiels.
2.1 Begriffsdefinition und Ziel der Wertstrommethode
Zum Verständnis der Methode wird vorab der Begriff „Wertstrom“ definiert. Unter
einem Wertstrom versteht man alle wertschöpfenden, aber auch nichtwertschöp-
fenden, Tätigkeiten oder Aktivitäten, die für die Herstellung des kompletten Pro-
duktes entlang der Hauptflüsse eines Unternehmens erforderlich sind. Das Wort
„Wert“ bezieht sich auf den Herstellungsprozess wo eine Wortschöpfung stattfin-
det.2 Das Wort „Fluss“ beschreibt den räumlichen Produktionsablauf in einer Fab-
rik.3
Zentrales Ziel der Wertstrommethode ist es, Verschwendungen in allen verkette-
ten Prozessen zu identifizieren und zu beseitigen.4 Hierdurch müssen alle Prozes-
se im Wertstrom so miteinander verkettet werden, dass ein konsequenter Produk-
tionsfluss mit möglichst geringen Beständen, minimalen Durchlaufzeiten (DLZ)
und geringen Fehler- und Ausschussquoten entsteht.5 Die Optimierungsfelder der
Methode liegen somit im Reduzieren der Durchlaufzeiten, im Erhöhen der Produk-
tivität und im Abbau der Bestände.6
2 vgl.: Erlach, K.; Wertstromdesign; S. 8
3 vgl.: Erlach, K.; Wertstromdesign; S. 10
4 vgl.: Hämmerle, M.; Rally, P.; Spath, D.; Wertschöpfung steigern; S. 14
5 vgl.: Gienke, H.; Kämpf, R.; Aldinger, L.; Handbuch Produktion; S. 923
6 vgl.: Rother, M., Shook, J.; Sehen Lernen; Vorwort
Wertstrommethode
Modul 10 - 12
Im Gegensatz zu einem Blick auf das Unternehmenslayout, in dem wesentliche
Informationen wie beispielsweise Informationsflüsse und vor- und nachgelagerte
Prozesse nicht ersichtlich sind, beschreibt die Wertstrommethode die wesentli-
chen Abläufe eines Unternehmens in einer vereinfachten Symboldarstellung. So-
mit ist eine übersichtliche Darstellung der Geschäftsprozesse eines Unternehmens
hinsichtlich Produktionsprozesse, Materialfluss und Informationsfluss gegeben.
Nicht zuletzt wird die Wertstrommethode aufgrund ihrer einfachen Anwendung als
vorteilhaftes Werkzeug bezeichnet. So werden bei dem Einsatz der Methode le-
diglich Bleistift, Radiergummi und Papier genutzt.7 Darüber hinaus wird durch ei-
nen vorab bestimmten Wertstrom-Manager ein komplettes Wertstromprojekt in die
Wege geleitet. Er sorgt dafür, dass die einzelnen Teilprojekte einen Verantwortli-
chen bekommen und umgesetzt werden. Für Unternehmen, die nicht nur generell
effektive Methoden nutzen wollen, sondern auch solche, die binnen kürzester Zeit
hohe und ganzheitliche Effekte bringen, indem sie ihre Prozess am Kunden aus-
richten, hat die Wertstrommethode durch die rasche Anwendbarkeit eine hohe
Bedeutung.8
Die Wertstrommethode lässt sich als ganzheitliche Analyse-, Kommunikations-
und Optimierungsmethode zusammenfassen. Sie beschreibt alle zentralen Pro-
zesse, beginnend in der Produktion vom Rohmaterial im Wareneingang bis zum
fertigen Produkt im Warenausgang und kann auf alle vorgelagerten und nachgela-
gerten Prozesse (Lieferanten und Kunden) ausgedehnt werden.9 Es werden nicht
nur Materialflüsse, sondern auch Informationsflüsse bis in den administrativen Be-
reich betrachtet.10
7 vgl. Westkämper, E.: 2006, S. 223
8 vgl.: Erlach, K.; Wertstromdesign; S. 34 ff.
9 vgl.: Klevers, T.; Wertstrom-Mapping und Wertstrom-Design; S. 27 ff.
10 vgl.: Vgl. Bullinger, H.-J.; Spath, D.; Warnecke, H.-J.; Westkämper, E.; Hrsg.; Handbuch Unter-
nehmensorganisation, S. 593
Vorgehensweise bei der Wertstrommethode
Modul 10 - 13
3 Vorgehensweise bei der Wertstrommethode
Die Wertstrommethode gliedert sich in drei Hauptbereiche, die in dieser Reihen-
folge auch erarbeitet werden:
Abbildung 3: Vorgehensweise der Wertstrommethode
Die Wertstromanalyse erfasst den Ist-Zustand der Prozesse einer Produktfamilie
im sog. „Current State“. Die Eingrenzung auf eine Produktfamilie beschreibt die
Kategorisierung des Produktspektrums auf gleiche Prozesse und damit einen
Wertstrom. Somit wird eine Produktfamilie über gleiche bzw. ähnliche Abläufe ge-
fertigt. Im Current State werden die vorliegenden Gegebenheiten in Form der Pro-
duktions- und Informationsabläufe als Momentaufnahme direkt in der Fabrik aus
der „Vogelperspektive“ für eine Produktfamilie aufgenommen. Hierdurch ist der
Gesamtzusammenhang alle Prozesse einer Fabrik auf einem Blatt Papier abge-
bildet. Dieser grobe Detailierungsgrad in Form definierter Symbole ermöglicht es,
sich nicht im Detail zu verlieren und dabei die Ganzheitlichkeit zu bewahren und
für alle verständlich darzustellen.11 Abbildung 4 stellt das Ergebnis einer Wert-
stromaufnahme exemplarisch dar. Im weiteren Verlauf wird die Herangehensweise
an solch eine Wertstromaufnahme näher beschrieben.
11 vgl.: Erlach, K.; Wertstromdesign; S. 37
1. Schritt:
Wertstromanalyse
2. Schritt:
Wertstromdesign
3. Schritt:
Wertstromjahresplan
Vorgehensweise bei der Wertstrommethode
Modul 10 - 14
Abbildung 4: Beispiel eines „Current States"
Im Wertstromdesign wird eine wertstromoptimierte Fabrik gestaltet, die sich an den direk-
ten Kundenbedarfen ausrichtet. Dieser sog. kundenorientierte „Future State“ ist gekenn-
zeichnet durch verschwendungsfreie bzw. -arme Prozesse. Auch im Wertstromdesign
werden definierte Symbole für die Beschreibung eines angestrebten Soll-Zustandes an-
gewendet, in dem alle Produktionsprozesse mit deren logistischen Verknüpfung darge-
stellt werden. Der Fokus liegt bei der Gestaltung der Prozesse auf ein Gesamtoptimum,
um eine Durchgängigkeit und Ganzheitlichkeit aus Kundensicht zu erhalten und eben kein
Suboptima.12
Durch einen Wertstromjahresplan werden die Gestaltungsansätze aus dem Wertstromde-
sign projektiert und mit den konkreten Geschäftszielen verknüpft. Dieser Plan hilft, ein
verbindliches und durchgängiges Projektmanagement aufzubauen und zu controllen. In
der Regel kommen im Wertstromdesign eine Vielzahl an Maßnahmen heraus, die in einer
Reihenfolge und mit Verantwortungen hinterlegt werden müssen. Mit Hilfe des Wert-
stromjahresplans kann der Wertrommanager den Überblick und die Zielführung wahren.13
12 vgl.: Erlach, K.; Wertstromdesign; S. 126
13 vgl.: Klevers, T.; Wertstrom-Mapping und Wertstrom-Design; S. 132 ff.
Stanzen Biegen Waschen Versand
. BZ: 120 sek.
ZZ: 120 sek.
LG: 1
RZ: 45 min.
. BZ: 1.200 sek
LG 60
ZZ: 20 sek.
RZ: 120 min.
BZ: 15 sek.
LG: 10 Stk.
ZZ: 1,5 sek.
RZ: 10 min.
Lieferant(en)
Mo. + Mi.
5.500 Stk. 3.200 Stk. 550 Stk. 4 Coils
(170 Stck /
Coil)
ERP-System / AV /
Disposition
Wöchentliche Planung
Aufträge täglich
Fax wöchentlich
2 X täglich.
DLZ = 44 d
Wertschöpfungszeit = 22,25 min
14,2 d 24,4 d 3 d 2,4 d
Produktfamilie: Federsets Anzahl Varianten: 86
Jahresstückzahl: 54.000 Stk. Fabriktage: 240 d/a Arbeitszeit: 420 min / 7 h
Kundentakt: 112 sek.
15 sek. 1.200 sek. 120 sek.
Kunden
Aluminiumcoil: Var. 2
Stahlcoil: Var. 2
WBZ: 10 Tage
:
Vorgehensweise bei der Wertstrommethode
Modul 10 - 15
Einen Überblick über die zu erfassenden Bereiche ist in Abbildung 5 dargestellt. Begon-
nen wird die Analyse mit der Identifikation einer Produktfamilie und die Erfassung der
Kundensicht. Anschließend werden die Produktionsprozesse beginnend im Versand
flussaufwärts aufgenommen und mit relevanten Wertstromdaten wie Bestände, Reichwei-
ten und Produktionskennzahlen ergänzt. Das konsequente Einhalten der Kundensicht
sowie evtl. Verzweigungen im Materialfluss werden durch die Aufnahme von Warenaus-
gang bis Wareneingang vereinfacht. Angekommen im Wareneingang werden die Haupt-
zulieferprozesse für die betrachtete Produktfamilie gezeichnet. Der vierte Schritt ist das
Erfassen der wesentliche Informations- und Steuerungsflüsse. Abschließend kann der
Wertstromquotient als Verhältnis von Produktionszeit zur Durchlaufzeit erfasst errechnet
werden. Diese Kennzahl gibt die Güte eines Wertstroms wieder. Sinkt der Quotient ver-
bessert sich der Wertstrom und umgekehrt. Durch diese Kennzahl kann der Umset-
zungstand in einer Kennzahl ausgedrückt und messbar gemacht werden.
Abbildung 5: Darstellungsfelder einer Wertstromaufnahme
Im Nachfolgenden werden die drei Schritte der Wertstrommethode, die Wertstromanalyse,
das Wertstromdesign und der Wertstromjahresplan im Einzelnen erläutert.
Stanzen Biegen Waschen Versand
. BZ: 120 sek.
ZZ: 120 sek.
LG: 1
RZ: 45 min.
. BZ: 1.200 sek
LG 60
ZZ: 20 sek.
RZ: 120 min.
BZ: 15 sek.
LG: 10 Stk.
ZZ: 1,5 sek.
RZ: 10 min.
Lieferant(en)
Mo. + Mi.
5.500 Stk. 3.200 Stk. 550 Stk. 4 Coils
(170 Stck /
Coil)
ERP-System / AV /
Disposition
Wöchentliche Planung
Aufträge täglich
Fax wöchentlich
2 X täglich.
DLZ = 44 d
Wertschöpfungszeit = 22,25 min
14,2 d 24,4 d 3 d 2,4 d
15 sek. 1.200 sek. 120 sek.
Aluminiumcoil: Var. 2
Stahlcoil: Var. 2
WBZ: 10 Tage
Kunden
:
2. Produktionsprozesse mit relevanten Wertstromdaten
Produktfamilie: Federsets Anzahl Varianten: 86
Jahresstückzahl: 54.000 Stk. Fabriktage: 240 d/a Arbeitszeit: 420 min / 7 h
Kundentakt: 112 sek.
5. Wertstrombewertung durch Wertstromquotienten (Verhältnis von Produktions- zu Durchlaufzeiten)
4. Geschäftsprozesse (Steuerungs- und Informationsflüsse)
3. Zuliefer-prozesse
1. Kunde
Darstellungsfelder der Wertstrommethode
Vorgehensweise bei der Wertstrommethode
Modul 10 - 16
3.1 Aufnahme des Ist-Zustandes durch Wertstromanalyse
Die Durchführung der Wertstromanalyse zur Erfassung des „Current State“ einer Fabrik
erfolgt chronologisch in vier Schritten durch den Wertstrom-Manager und ist im Folgenden
kurz dargestellt:14
Abbildung 6: Vorgehensweise der Wertstromanalyse
1. Produktfamilienbildung: Methodische Gliederung des Produktionsspektrums in
Produktfamilien, um deren Wertströme aufzuzeichnen.
2. Kundenbedarfsanalyse: Ermittlung der Kundenbedarfe der jeweiligen Produkt-
familie durch Prognosen, Verkaufszahlen o. ä.
3. Wertstromaufnahme der Produktions- und Logistikprozesse: Zeichnen des
Ist-Zustandes, beginnend im Versand mit Papier und Bleistift und Erfassen vorab
definierter Kennwerte aus Produktion und Logistik.
4. Verbesserungspotentiale: Identifizieren von Verschwendungen anhand der
Kennwerte sowie Errechnen des Verhältnisses der Bearbeitungszeiten (BZ) zur
Gesamt-Durchlaufzeit (DLZ).
14 vgl.: Erlach, K.; Wertstromdesign; S. 37
1. Schritt: Produktfamilien-
bildung
2. Schritt: Kundenbedarfs-
analyse
3. Schritt: Wertstromauf-
nahme der Produktions- und Logistikprozesse
4. Schritt: Verbesserungs-
potentiale
Vorgehensweise bei der Wertstrommethode
Modul 10 - 17
3.1.1 Produktfamilienbildung
Durch das Bilden von Produktfamilien lässt sich ein in aller Regel variantenreiches Pro-
duktspektrum eines Unternehmens kategorisieren, um den Aufwand einer Wertstromana-
lyse möglichst gering zu halten. Mit einer Produktfamilie wird die Zahl der betrachteten
Herstellungsflüsse begrenzt und die Darstellung der Produktionssystematik weniger kom-
plex. Ebenso ist mit der Konzentration auf einer Produktfamilie der erforderliche Kunden-
fokus leichter zu erfassen und zu gestalten.15
Eine Produktfamilie umfasst demnach eine Gruppe von Artikeln, die ähnliche Verarbei-
tungsschritte und Maschinenausrüstungen in den Produktionsprozessen durchlaufen. Als
Hilfsmittel für die Darstellung von Produktfamilien eignet sich die Erstellung einer Produkt-
Prozess-Matrix, in der die Hauptprodukte den Hauptprozessen zugeordnet werden. Hier
lassen sich Prozessähnlichkeiten identifizieren und die Produktfamilien bilden.16
Abbil-
dung 7 stellt eine Produkt-Prozess-Matrix exemplarisch dar.
Abbildung 7: Beispiel einer Produkt-Prozess-Matrix
15 vgl.: Rother, M., Shook, J.; Sehen Lernen; S. 6 ff.
16 vgl.: Erlach, K.; Wertstromdesign; S. 38 ff.
ArtikelNr. Stanzen Bohren Drehen Fräsen Waschen Lackieren Montieren
1234555 X X X X X X X
1234445 X X X X X X
1233345 X X X X X X
1222345 X X X
1112345 X X X
Produkt-Prozess-Matrix
Prozesse
Pro
du
kte
Produkt-
familie
PF 1
PF 2
Vorgehensweise bei der Wertstrommethode
Modul 10 - 18
3.1.2 Kundenbedarfsanalyse
In der Kundenbedarfsanalyse wird der Produktfamilie die jeweiligen Kunden zugeordnet.
Im Kundensymbol, das sich im Wertstromdiagramm oben rechts befindet, stehen die we-
sentlichen Kennzahlen zur Produktionsausrichtung. Der Kundentakt gibt an, in welchem
Rhythmus das Produkt durch die Kunden abgerufen wird. Ein wesentliches Ziel im Wert-
stromdesign wird die Ausrichtung der gesamten Produktion am Kundentakt sein.17
Abbil-
dung 8 zeigt ein Beispiel eines Kundensymbols.
Abbildung 8: Kundensymbol
Berechnet wird der Kundentakt mit der Formel:
KT = Kundentakt (Zeiteinheit / Sekunde)
FT = Fabriktage (d / a)
AZ = tägliche Arbeitszeit (Zeiteinheit / Tag)
Stk. = Jahresstückzahl (Stk. / a)
17 vgl.: Erlach, K.; Wertstromdesign; S. 46 ff.
Produktfamilie: Federsets Anzahl Varianten: 86
Jahresstückzahl: 54.000 Stk. Fabriktage: 240 d/a Arbeitszeit: 420 min / 7 h
Kundentakt: 112 sek.
Kunden
Vorgehensweise bei der Wertstrommethode
Modul 10 - 19
3.1.3 Wertstromaufnahme
Nachdem die Produktfamilie und deren Kundentakt ermittelt wurden, kann das Mapping
erstellt werden. Hierfür geht der Wertstrom-Manager in die Produktion und beginnt im
Versand bzw. Warenausgang alle Produktionsprozesse aufzunehmen. Ein Produktions-
prozess besteht aus einer definierten Anzahl an Ressourcen wie Maschinen, Anlagen und
Arbeitsplätzen und einer definierten Anzahl an Mitarbeitern, die an den Ressourcen und
deren nahem Umfeld tätig sind. Ebenfalls werden die Bestände innerhalb der Wertstrom-
analyse durch ein Dreicheck mit einem „I“ für Inventory (=Bestand) symbolisiert. Dasselbe
Symbol, welches auch für den Kunden Anwendung findet, wird auch für die Zulieferer der
Hauptprodukte verwendet. Bei der Wertstromaufnahme werden für alle Produktionspro-
zesse folgende Symbole verwendet, die in Abbildung 9 dargestellt sind.
Abbildung 9: Prozesssymbole mit Bezeichnung
Prozesssymbole
Vorgehensweise bei der Wertstrommethode
Modul 10 - 20
In einer ersten Wertstromaufnahme ergibt sich beispielsweise folgende Darstellung:
Abbildung 10: Ergebnis einer ersten Wertstromaufnahme (flussaufwärts)
Abbildung 10 zeigt das Ergebnis einer ersten Wertstromaufnahme eines „Current States“
mit Kundensymbol, Produktionsprozessen mit Anzahl der Mitarbeiter und Ressourcen,
Beständen und Zuliefern. Außerbetriebliche Materialflüsse werden mit einem offenen Pfeil
sowie einem LKW dargestellt. Der An- bzw. Auslieferungszyklus kann mit entsprechenden
Zeiten an den LKW notiert werden. Der Innerbetrieblich Materialfluss ist durch Push-Pfeile
gekennzeichnet, weil das Material durch die Produktion gedrückt wird. U. a. stehen fol-
genden Symbolen für den Materialfluss zur Verfügung (Abbildung 11):
Stanzen Biegen Waschen Versand
2 X täglich.
Produktfamilie: Federsets Anzahl Varianten: 86
Jahresstückzahl: 54.000 Stk. Fabriktage: 240 d/a Arbeitszeit: 420 min / 7 h
Kundentakt: 112 sek.
Kunden
Lieferant(en)
Mo. + Mi.
Aluminiumcoil: Var. 2
Stahlcoil: Var. 2
WBZ: 10 Tage
. BZ: 120 sek.
ZZ: 120 sek.
LG: 1
RZ: 45 min.
. BZ: 1.200 sek
LG 60
ZZ: 20 sek.
RZ: 120 min.
BZ: 15 sek.
LG: 10 Stk.
ZZ: 1,5 sek.
RZ: 10 min.
Vorgehensweise bei der Wertstrommethode
Modul 10 - 21
Abbildung 11: Materialflusssymbole
In einer zweiten Wertstromaufnahme werden nun die Produktionsprozesse und die Be-
stände durch direkte Datenaufnahmen in der Produktion erfasst. Bestände werden ge-
zählt, Produktionsprozesse mit der Stoppuhr aufgenommen. Zu beachten ist dabei die
Mitbestimmungspflicht des Betriebsrates.
Mögliche bzw. typische Wertstromdaten, die es in der Wertstromanalyse zu erfassen gilt,
stellt Abbildung 12 (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) exemplarisch dar. Anzumerken ist
hierbei, dass insbesondere in KMU die Erfassung dieser relevanten Kenndaten Schwie-
rigkeiten verursacht. Entsprechend kann die Vorgehensweise nach den vier genannten
Schritten der Wertstromanalyse große Verzögerungen bzw. einen hohen Erfassungsauf-
wand bedeuten.
Materialflusssymbole
JIS Just-In-Sequenz Anlieferung
Vorgehensweise bei der Wertstrommethode
Modul 10 - 22
Abbildung 12: Exemplarische Kenndaten zur Wertstromanalyse
Nachdem die erforderlichen Wertstromdaten erfasst und in den „Current State“ eingetra-
gen sind, ergibt sich in diesem Beispiel die nachfolgende Abbildung 13:
Beispiele von häufig gezeichneten Kenndaten in der Wertstromanalyse
• Bearbeitungszeit (BZ): gibt an, wie lang das Material oder das Teil in einem
Prozessschritt bearbeitet wird.
• Prozesszeit (PZ): stellt dar, wie lang ein Prozess dauert, wobei mehrere Teile
gleichzeitig bearbeitet werden.
• Zykluszeit (ZZ): zeigt die Zeitspanne zwischen der Fertigstellung eines Teils
und des nachfolgenden Teils an. Bei der Berechnung der Zykluszeit werden
die Anzahl gleicher Ressourcen und die Anzahl der Gleichteile pro
Endprodukt berücksichtigt. Zu bemerken ist, dass unter den Ressourcen
sowohl Betriebsmittel als auch Mitarbeiter (bzw. Humanressourcen)
verstanden werden.
• Rüstzeit (RZ): bezeichnet die Zeit bei der Umstellung der Produktion von
einem Produkttyp auf den anderen.
• Verfügbare Arbeitszeit pro Schicht (AZ): ergibt sich durch Subtraktion von
Pausen, Team-Besprechungen, Reinigungen von der Gesamtschichtzeit.
• Maschinenzuverlässigkeit (MZ): Sie führt Informationen zur
Maschinenzuverlässigkeit in Prozent an.
• Losgröße (LG): zählt auf, wie viele Gleichteile in direkter Abfolge gefertigt
werden.
• Every Part Every Interval (EPE): dient als zeitlicher Messwert für die Größe
der Fertigungslose. Der Wert errechnet sich aus der Summe der
Bearbeitungszeit der Losgröße, zuzüglich der Rüstzeit und störungs- und
wartungsbedingte Stillbestände des Betriebsmittels.
• Reichweite (RW): gibt an, wie lange es dauert, bis die Menge des Bestandes
aufgebraucht ist
• Behältergröße für Fertigteile
• …
Vorgehensweise bei der Wertstrommethode
Modul 10 - 23
Abbildung 13: Wertstromaufnahme mit Wertstromdaten
Die Wertstromanalyse wird im dritten Schritt durch die Steuerungsebene mit den Ge-
schäftsprozessen ergänzt. Hierfür stehen u. a. nachfolgende Symbole zu Verfügung, den
Informationsfluss zu beschreiben.
Abbildung 14: Informationsflusssymbole
Stanzen Biegen Waschen Versand
. BZ: 120 sek.
ZZ: 120 sek.
LG: 1
RZ: 45 min.
. BZ: 1.200 sek
LG 60
ZZ: 20 sek.
RZ: 120 min.
BZ: 15 sek.
LG: 10 Stk.
ZZ: 1,5 sek.
RZ: 10 min.
Lieferant(en)
Mo. + Mi.
5.500 Stk. 3.200 Stk. 550 Stk. 4 Coils
(170 Stck /
Coil)
2 X täglich.
Produktfamilie: Federsets Anzahl Varianten: 86
Jahresstückzahl: 54.000 Stk. Fabriktage: 240 d/a Arbeitszeit: 420 min / 7 h
Kundentakt: 112 sek.
Kunden
Aluminiumcoil: Var. 2
Stahlcoil: Var. 2
WBZ: 10 Tage
Informationsflusssymbole
Dokument
Liste
Datensatz
Anzeigegerät EDV-System
Vorgehensweise bei der Wertstrommethode
Modul 10 - 24
Folgende Abbildung 15 zeigt einen vollständigen „Current State“ einer Wertstrom-
analyse.
Abbildung 15: „Current State" der Wertstromanalyse
Um den Wertstromquotienten zu errechnen wird unterhalb des Wertstromdiagramms die
Zeitlinie gezeichnet. Der Wertstromquotient (WQ) beschreibt das Verhältnis zwischen der
Durchlaufzeit (DLZ) eines Auftrags und der Summe der einzelnen Bearbeitungszeiten
(BZ). Der Wertstromquotient beschreibt somit die Güte einer Wertstroms. Sinkt der WQ
verbessert sich der Wertstrom.18
Auf der oberen Ebene der Zeitlinie werden die Reichweiten der jeweiligen Bestände ein-
getragen. Beispielsweise ergibt sich bei einem Bestand von 5.500 Stk. und einer Tages-
produktion nach Kundentakt von 225 Stk./d eine Reichweite von 24,4 Tagen. Auf der un-
teren Ebene wird die Bearbeitungszeit aus den einzelnen Prozesskästen eingetragen.
Somit ergibt sich für unser Beispiel ein WQ von 830,6. Das Ziel des Wertstromdesigns
wird sein diesen zu reduzieren.
18 vgl.: Klevers, T.; Wertstrom-Mapping und Wertstrom-Design; S. 135
Stanzen Biegen Waschen Versand
. BZ: 120 sek.
ZZ: 120 sek.
LG: 1
RZ: 45 min.
. BZ: 1.200 sek
LG 60
ZZ: 20 sek.
RZ: 120 min.
BZ: 15 sek.
LG: 10 Stk.
ZZ: 1,5 sek.
RZ: 10 min.
Lieferant(en)
Mo. + Mi.
5.500 Stk. 3.200 Stk. 550 Stk. 4 Coils
(170 Stck /
Coil)
ERP-System / AV /
Disposition
Wöchentliche Planung
Aufträge täglich
Fax wöchentlich
2 X täglich.
DLZ = 44 d
Wertschöpfungszeit = 22,25 min
14,2 d 24,4 d 3 d 2,4 d
Produktfamilie: Federsets Anzahl Varianten: 86
Jahresstückzahl: 54.000 Stk. Fabriktage: 240 d/a Arbeitszeit: 420 min / 7 h
Kundentakt: 112 sek.
15 sek. 1.200 sek. 120 sek.
Kunden
Aluminiumcoil: Var. 2
Stahlcoil: Var. 2
WBZ: 10 Tage
Wertstromanalyse
:
Vorgehensweise bei der Wertstrommethode
Modul 10 - 25
3.1.4 Verbesserungspotentiale
Der abschließende Schritt der Wertstromanalyse ist die Potentialermittlung. Hierbei gilt es
Verbesserungspotential hinsichtlich Produktions-Durchlaufzeit sowie der Taktabstimmung
der jeweiligen Produktionsprozesse am Kundentakt zu identifizieren. Die Zeitlinie gibt
konkrete Hinweise auf die zu identifizierenden Potentiale. Z. B. sind in Abbildung 16 Ver-
besserungspotentiale durch sog. „Kaizen-Blitze“ dargestellt. Die Durchlauzeiten dieses
Prozesses lassen sich durch die Einführung von FIFO-Kopplungen und Supermärkten
voraussichtlich drastisch senken. Ebenfalls ist die Steuerungseben manuell ausgeprägt
und nicht auf den realen Kundenbedarfen ausgelegt. Dies führt zu Push-Steuerungen und
somit hohen WIP-Beständen19
. Auch sollten durch ein Taktdiagramm die einzelnen Pro-
duktionsprozesse an den Kundenbedarfen angenähert werden.
Abbildung 16: „Current State" mit Verbesserungspotentialen
Abbildung 16 stellt eine vollständige Wertstromanalyse dar. Nach Abschluss der Wert-
stromanalyse gilt es, diesen Ist-Wertstrom einer Produktfamilie nach definierten Gestal-
tungsprinzipien zu optimieren. Dieser Prozess wird Wertstromdesign genannt.
19 WIP-Bestand = Umlaufbestand (Work in Process)
Stanzen Biegen Waschen Versand
. BZ: 120 sek.
ZZ: 120 sek.
LG: 1
RZ: 45 min.
. BZ: 1.200 sek
LG 60
ZZ: 20 sek.
RZ: 120 min.
BZ: 15 sek.
LG: 10 Stk.
ZZ: 1,5 sek.
RZ: 10 min.
Lieferant(en)
Mo. + Mi.
5.500 Stk. 3.200 Stk. 550 Stk. 4 Coils
(170 Stck /
Coil)
ERP-System / AV /
Disposition
Wöchentliche Planung
Aufträge täglich
Fax wöchentlich
2 X täglich.
DLZ = 44 d
Wertschöpfungszeit = 22,25 min
14,2 d 24,4 d 3 d 2,4 d
Produktfamilie: Federsets Anzahl Varianten: 86
Jahresstückzahl: 54.000 Stk. Fabriktage: 240 d/a Arbeitszeit: 420 min / 7 h
Kundentakt: 112 sek.
15 sek. 1.200 sek. 120 sek.
Kunden
Aluminiumcoil: Var. 2
Stahlcoil: Var. 2
WBZ: 10 Tage
Wertstromanalyse
Wertstromquotient: 1,9 (Ziel: )
:
FIFO ein-
führen
Supermarkt einführen
FIFO ein-
führen
Vorgehensweise bei der Wertstrommethode
Modul 10 - 26
3.2 Gestaltung des Soll-Zustands durch Wertstromdesign
Nachdem der Ist-Zustand in Form der Wertstromanalyse erfasst ist, beginnt das Wert-
stromdesign. Ziel dieses Arbeitsschrittes ist die Neugestaltung der Produktions- und Ge-
schäftsprozessabläufe hin zu einem effizienten und kundenorientierten Wertstrom.20 Hier-
bei muss die Grundidee der Verschwendungsvermeidung, also die Reduzierung der nicht-
wertschöpfenden Tätigkeiten grundsätzlich und permanent in Betracht gezogen werden.21
Der Fokus liegt hierbei auf die Vermeidung der 7 Verschwendungsarten22:
Bestände
Flächen
Wegezeiten
Transporte
Überproduktion
Wartezeiten
Fehler / Reparaturen
3.2.1 Gestaltungsrichtlinien im Wertstromdesign
Innerhalb des Wertstromdesigns existieren derzeit sieben wesentliche Gestal-
tungsprinzipien, die den Weg zu einem optimalen, verschwendungsarmen und
kundenorientierten Soll-Zustand ebnen.23 Im Rahmen der Gestaltung eines „Fu-
ture States“ gilt es, insgesamt sieben Richtlinien konsequent auf die Wertstrom-
analyse anzuwenden und im Wertstromdesign zu zeichnen:
1. Ausrichtung der Produktion am Kundentakt
2. Kontinuierliche Fließfertigung
3. FIFO-Verkopplung / Supermarkt-Pullsystem
4. Schrittmacher-Prozess
5. Pitchintervall / Glättung des Produktionsvolumens
6. Ausgleich des Produktionsmixes
7. Reduktion von Rüstzeiten und Losgrößen
20 vgl.: Erlach, K.; Wertstromdesign; S. 118 ff.
21 vgl.: ebenda
22 vgl.: Takeda Hitoshi und Erlach, K.; Wertstromdesign; S. 121 ff.
23 vgl.: Arnold, D.; Furmans, K.; Materialfluss in Logistiksystemen; S. 264 ff.
Vorgehensweise bei der Wertstrommethode
Modul 10 - 27
3.2.1.1 Ausrichtung der Produktion am Kundentakt
Für die Einführung einer fließenden Fertigung wird ein klarer Produktionsrhythmus be-
stimmt, der durch die Kunden vorgegeben ist.24 Die Ausrichtung der Produktion am Kun-
dentakt25, der bereits in der Wertstromanalyse errechnet wurde, ermöglicht eine fließende
Fertigung zu erhalten. Den Produktionsrhythmus zu halten, bedeutet nichts anderes, als
nach Kundentakt zu produzieren.
Die Austaktung der einzelnen Prozesse zum Kundentakt vermeiden Bestände und Über-
produktionen zwischen den Prozessen in der Fertigung. Die Produktion muss demnach
permanent diesen Rhythmus halten, um die Kundenbedürfnisse erfüllen zu können und
gleichsam Überproduktion zu vermeiden. Orientiert sich der Produktionsrhythmus dem-
nach am tatsächlichen Kundenbedarf, erhöht sich die Flexibilität, um auf Änderungen der
Nachfrage rascher reagieren zu können.26 Ein Taktabstimmungsdiagramm hilft, sich dem
Kundentakt der analysierten Produktfamilie zu nähern und die einzelnen Fertigungsinhalte
sinnvoll aufzuteilen. Nachdem die offensichtlichen Verschwendungen innerhalb der Ferti-
gungsprozesse eliminiert wurden, kann eine sinnvolle Taktabstimmung dadurch erfolgen,
dass durch Reduzierung und Verschiebung von Arbeitsinhalten eine Taktauslastung je
Mitarbeiter von ca. 95 % des Kundentaktes erreicht werden sollte.27
3.2.1.2 Kontinuierliche Fließfertigung
Die Implementierung der kontinuierlichen Fließfertigung und des One-Piece-Flow gilt als
Hauptziel des Wertstromdesigns, da es auf eine Flussgestaltung der Fabrik abzielt, die
ganzheitlich eingeführt werden sollte.28 Alle Teile sollen direkt und ohne Unterbrechung
zum nachfolgenden Prozess weitergeleitet werden.29 Bei der kontinuierlichen Fließferti-
gung wird ein Teil produziert und direkt an den nächsten Prozessschritt weiter gegeben,
ohne dass es zwischen den einzelnen Prozessen gepuffert oder gelagert wird.30
24 vgl.: Töpfer, A.; Hrsg.; Lean Six Sigma; S. 149
25 vgl.: Kundentakt; S. 18
26 vgl.: öpfer, A. Hg. : ean Si Sigma
27 vgl.: Erlach, K.; Wertstromdesign; S. 143 ff.
28 vgl.: Arnold, D.; Furmans, K.; Materialfluss in Logistiksystemen; S. 266
29 vgl.: ebenda
30 vgl.: Rother, M.; Shook, J.; Sehen lernen; S. 41
Vorgehensweise bei der Wertstrommethode
Modul 10 - 28
Die unterbrechungsfreie Produktion vermeidet Puffer und Bestände zwischen den Pro-
zessen, reduziert das Materialhandling und den Logistikaufwand und hat eine höhere Va-
riantenflexibilität bei minimalen Durchlaufzeiten einzelner Produkte.
Die in der Wertstromanalyse gezeichneten Prozesskästen würden somit im Idealfall zu
einem Prozesskästchen zusammenwachsen, wenn eine durchgängige Fließfertigung er-
zielt werden könnte. Die Praxis sieht allerdings aufgrund unterschiedlicher Rüstzeiten,
Losgrößen, Kapazitätsbelegungen und Produktvarianten anders aus.31
Um diesen Her-
ausforderungen begegnen zu können greifen die nachfolgenden Gestaltungsprinzipien
des Wertstromdesigns.
3.2.1.3 FIFO-Verkopplung / Supermarkt-Pullsystem
Aufgrund stark unterschiedlicher Losgrößen und Rüstzeiten von Prozessabläufen ist eine
direkte Verkettung nach dem Fließprinzip durch den Einsatz von FIFO-Verkopplungen
und / oder Supermarkt-Pullsystemen zu planen.32
FIFO steht als Akronym für „First In First Out“, und bedeutet, dass das Teil, das als Erstes
an einen weiteren Produktionsprozess weitergegeben wird auch immer zuerst bearbeitet
wird. Hierdurch lassen sich Materialien zwischen Prozessen mit einer Bestandsobergren-
ze durch z.B. die Länge der FIFO-Bahn puffern. Wird beispielsweise die vorgegebene
Menge überschritten, d. h. die FIFO-Bahn ist vollständig gefüllt, stoppt der vorgelagerte
Prozess, bis die produzierten Teile zum nachgeordneten Prozess weiterlaufen. Die FIFO-
Bahn wird im Wertstromdesign als zweier parallel verlaufender Linien zwischen zwei Her-
stellungsprozessen dargestellt. Die maximale Bestandsmenge wird ebenfalls notiert. Die
Steuerung erfolgt per Freigabesignal durch den nachgelagerten Prozess entweder per
elektronischen oder manuellen Signal. Die Ausprägung des Signals kann eine Karte, ein
Bildschirmsignal oder durch die Länge einer FIFO-Bahn erfolgen. Dieses Signal wird
ConWip-Signal33
genannt und stößt die Produktion des Vorgängerprozesses an.34
31 vgl.: Klevers, T.; Wertstrom-Mapping und Wertstrom-Design; S. 81
32 vgl.: Hämmerle, M.; Rally, P.; Spath, D.; Wertschöpfung steigern; S. 19
33 ConWip = „Constant Work in Process“
34 vgl.: Erlach, K.; Wertstromdesign; S. 177 ff.
Vorgehensweise bei der Wertstrommethode
Modul 10 - 29
Eine FIFO-Verkopplung kommt häufig bei folgenden Situationen zum Einsatz:
Überbrückung große räumlicher Distanzen
Ausgleich von Taktabstimmungsproblemen zwischen zwei Prozessen
Unterschiedliche Rüstzeiten zwischen Prozessen
Häufige, wiederkehrende Störungen mit Ausfallzeiten
Chargenbildung im Folgeprozess
Die Einführung von Supermarkt-Pullsystemen erfolgt immer, wenn eine losweise Ferti-
gung unvermeidbar ist. In einem Supermarkt werden die unterschiedlichen Produkte zwar
immer losweise eingelagert, die Nachproduktion allerdings erst bei Erreichen eines Mel-
debestandes angestoßen. Die Steuerung dieser Supermarkt-Pullsysteme erfolgt per Kan-
ban. Der Begriff Kanban stammt aus dem Japanischen und bedeutet nichts anderes als
Karte. Das heißt, die Karte wird als Hilfsmittel verwendet, um die Information über Kunden
bzw. vorgelagerte Prozesse zu den nachgelagerten Prozessen zur Auslösung der weite-
ren Produktion zu übermitteln. Die Produktionsmenge und damit auch die Bestandsober-
grenze wird hierbei vorab festgelegt. Die Disposition erfolgt zwar klassisch Verbrauchsge-
steuert, allerdings wird die Kanban-Regelung direkt in der Produktion visualisiert.35
Im
Wertstromdesign werden Supermarkt-Pullsysteme durch die Symbole in Abbildung 11
gezeichnet.
3.2.1.4 Schrittmacher-Prozess
Durch eine ganzheitliche Anwendung des Pull-Systems ist es i. d. R. nur an einem Punkt
in der Produktion notwendig, die Produktionsdaten einzugeben und somit die gesamte
Produktion zeitlich zu planen.36 Das heißt, nur an dieser Stelle werden Kundenaufträge
übertragen, um sämtliche Produktionsprozesse auszulösen.37
35 vgl.: Erlach, K.; Wertstromdesign; S. 189 ff.
36 vgl.: Arnold, D.; Furmans, K.; Materialfluss in Logistiksystemen; S. 266
37 vgl.: ebenda
Vorgehensweise bei der Wertstrommethode
Modul 10 - 30
Der Anspruch an den Schrittmacher-Prozess ist derjenige, dass er der gesamten Produk-
tion und damit allen Prozessen dem Rhythmus geben soll und sich an den Kunden orien-
tiert. Durch die vorab eingesetzten Verkopplungsprinzipien steuert sich die Produktion
selbstständig auf Basis dieses Einsteuerungspunktes. Dieser Punkt ist gleichzeitig auch
der OPP (Order Penetration Point), an dem alle nachfolgenden Prozesse kundenspezi-
fisch und vorgelagerten Prozesse kundenanonym produzieren. Der Versand kann kein
Schrittmacher-Prozess sein, da er kundenseitige Schwankungen und Restriktionen in der
Versandlogistik (Tourenplanung) von der Produktion abschirmen sollte.
Grundsätzlich bestehen zwei Möglichkeiten zur logistischen Verknüpfung zwischen dem
Schrittmacher-Prozess und dem Versand bzw. Warenausgang.
Erstens ist die direkte Versendung von auftragsbezogenen Artikeln, die dem Versand
über eine FIFO-Bahn bereitgestellt werden. Diese Variante wird „Make-To-Order“ genannt
und eignet sich für eine auftragsbezogene Fertigung.
Zweitens lassen sich die Produkte aus einem Fertigwarenlager versenden, die vorab
durch den Versand daraus kommissioniert werden. Die Nachproduktion der entnommen
Artikel wird per Kanban-Regelung angesteuert. Der Versand erfolgt also über ein Super-
markt- ager und wird als „Make-To-Stock“ ösung bezeichnet. Die kundenanonyme Fer-
tigung eignet sich bei Serienprodukten mit geringer Produktvarianz und erlaubt es, die
Produktionslosen von den Kundenauftragslosen zu trennen.38
3.2.1.5 Pitchintervall / Glättung des Produktionsvolumens
Die Freigabe von Produktionsaufträgen muss in kleinen und einheitlichen Volumen in im-
mer gleichen Zeitabständen erfolgen, um ein gleichmäßigen und dauerhaften Produkti-
onsrhythmus zu erhalten. Erreicht wird eine Glättung des Produktionsvolumens durch ein
exakt definiertes Arbeitsvolumen (pitch), das in immer gleichen Zeitabständen und Men-
gengerüsten am Schrittmacherprozess eingesteuert wird.39
38 vgl.: Erlach, K.; Wertstromdesign; S. 221 ff.
39 vgl.: Erlach, K.; Wertstromdesign; S. 131
Vorgehensweise bei der Wertstrommethode
Modul 10 - 31
Häufig erstellt die Arbeitsvorbereitung einen Wochenplan um rüstreduziert fertigen zu
können. Dieses in der Produktion befindliches großes Arbeitsvolumen lässt eine Zuord-
nung zum geforderten Kundentakt nicht mehr zu. Ebenfalls wird der bestehende Plan u. a.
durch Eilaufträge und eigenständige Umplanungen hinfällig, was die Produktion erheblich
stört.40
Das Produktionsvolumen, welches in definierten Zeitabständen in die Produktion gegeben
wird nennt sich Freigabeeinheit (FE) und muss vorab errechnet werden.
Als Faustregel lässt sich sagen, dass die Freigabeeinheit ein Vielfaches des Kundentak-
tes sein sollte und an einer Gebindemenge wie beispielsweise eine Versandpalette ange-
passt ist.41
Berechnet wird die Freigabeeinheit mit der Formel:
FE = Freigabeeinheit = pitch (Zeiteinheit)
KT = Kundentakt (Zeiteinheit / Sekunde)
b = ganzheitlicher Faktor gleichzeitig freizugebender Gebinde
GM = Gebindemenge (Stk.)
Die Freigabeeinheit an dem Schrittmacherprozess beträgt 60 Minuten und lastet 32 Pro-
dukte in die Produktion ein. Das bedeutet auch, dass alle 60 Minuten eine neuer Auftrag
an dem Schrittmacher-Prozess eingelastet wird, aber auch eine Umplanung der Auftrags-
reihenfolge für beispielsweise Eilaufträge erfolgen könnte, ohne die Abläufe in der Pro-
duktion zu stören. Ein Eilauftrag „drängelt“ sich lediglich in der Planungsreihenfolge vor
und bedrängt nicht den eingefrorenen Zustand der bereits freigegeben Einheit. In der Pra-
xis muss diese Freigabeeinheit zwischen Steuerungs- und Planungsaufwand sowie der
Anbindung an den Kundentakt ausgelotet werden.
40 vgl.: Erlach, K.; Wertstromdesign; S. 231 ff.
41 vgl.: ebenda
Vorgehensweise bei der Wertstrommethode
Modul 10 - 32
3.2.1.6 Ausgleich des Produktionsmixes
Große Losgrößen sind für die Fertigungsplanung leichter zu planen und lange Umrüstzei-
ten werden vermieden. Allerdings kann es sein, dass Kunden nicht kurzfristig bedient
werden können, fragen sie die nicht produzierten Teile an. Lange Lieferzeiten oder hohe
Fertigwarenbestände sind die Folge. Ein ausgeglichener Produktionsmix bedeutet, die
Herstellung von Teilevarianten so zu verteilen, dass in einem relativ kurzen Zeitraum un-
terschiedliche Teile in kleinen Losgrößen rüstoptimiert produziert werden.42
Wird das Variantenspektrum gut durchmischt, können individuelle Kundenbedarfe durch
die Freigabe gerade der geforderten Varianten am Schrittmacherprozess schnell erfüllt
werden. So kann nach jeder Freigabeeinheit eine neue Variante produziert und mit einer
kurzen Lieferzeit ausgeliefert werden. Auch verhindert ein Durchmischen der Varianten
ein Ansammeln von Fertigungsaufträgen zur Losbildung. Ein ausgeglichener Produkti-
onsmix nivelliert auch die Belastung einzelner Produktionsprozesse, da am Schrittma-
cherprozess die Belastung um einen Mittelwert schwankt, weil die Bearbeitungszeiten der
Produktvarianten i. d. R. nicht gleich sind.
In der Praxis kann die Steuerung am Schrittmacherprozess mit den definierten Freigabe-
einheiten und dem ausgeglichenen Produktionsmix mit Hilfe eines Ausgleichskastens,
japanisch auch Heijunka-Box bezeichnet, erfolgen. Mit dem Ausgleich des Produktionsmix
wird erreicht, dass beim Schrittmachenden Prozess häufig die Produkte gewechselt wer-
den und somit in kleineren Losgrößen produziert wird. Somit wird die Produktion flexibler
und kann schneller auf Kundenwünsche reagieren.43
Abbildung 17 zeigt ein Beispiel einer
Heijunka-Box, wie sie pyhsisch in der Produktion aufgestellt werden kann. Der Frei-
gabehorizont in diesem Beispiel beträgt eine halbe Schicht. Die Arbeitsvorbereitung plant
die Aufträge und den Produktionsmix vor und ordnet einen Produktionskanban mit der
definierten Freigabeeinheit und der zu fertigenden Produktvariant zu einem freien Frei-
gabeintervall ein. Eilaufträge können so ebenfalls bei einer freien Freigabeeinheit einge-
plant und schnell gefertigt werden.
42 vgl.: Arnold, D.; Furmans, K.; Materialfluss in Logistiksystemen; S. 267 f.
43 vgl.: Erlach, K.; Wertstromdesign; S. 237 ff.
Vorgehensweise bei der Wertstrommethode
Modul 10 - 33
Abbildung 17: Heijunka-Box
Abbildung 18: Funktionsskizze der Produktionsglättung und des Produktionsmixes44
44 In Anlehnung an: Rother, M., Shook, J.; Sehen Lernen
6.00 7.00 8.00 9.00 10.00 11.00 12.00
Typ A - 01
Typ A - 02
Typ A - 03
Typ B - 01
Typ B - 02
Typ B - 03
Freigabeintervalle in UhrzeitProduktvariante
Ausgleichskasten (Heuijunka-Box)
Kanban
Kanban
Kanban
Kanban
Kanban
Kanban
Kanban
Funktionsweise einer Entnahme nach Pitchintervall und Heijunka Box
6.00 7.00 8.00 9.00 10.00 11.00 12.00
Typ A - 01
Typ A - 02
Typ A - 03
Typ B - 01
Typ B - 02
Typ B - 03
Freigabeintervalle in UhrzeitProduktvariante
Ausgleichskasten (Heuijunka-Box)
Kanban%
Kanban%
Kanban%
Kanban%
Kanban%
Kanban%
Kanban%
Vorgehensweise bei der Wertstrommethode
Modul 10 - 34
Abbildung 18 beschreibt das Funktionsprinzip der Produktionsglättung und Ausgleich des
Produktionsmixes. Der Logistiker holt aus der Heijunka-Box den nächsten Produktions-
kanban und liefert ihn am Schrittmacherprozess ab, der die Produktion steuert. Dort ent-
nimmt der Logistiker eine fertige Pitchmenge und liefert sie dem Supermarkt aus dem der
Versand kundenspezifisch entnimmt.
3.2.1.7 Reduktion von Rüstzeiten und Losgrößen
Geringere Rüstzeiten heißen kleinere Losgrößen bei gleichen Kosten. Somit kann auf
Kundenbedarfsschwankungen in den nachgelagerten Prozessen schneller reagiert wer-
den.45 Das Ziel im Wertstrom ist es, einen Zustand zu erreichen, in dem jede Variante in
Stückzahl eins zu jeder Zeit kundenindividuell produziert werden kann. Dieser Idealzu-
stand ist aufgrund der Produktvarianz schwer erreichbar. Dennoch gilt es, Losgrößen und
Rüstzeiten vehement zu reduzieren, um das angestrebte Wertstromziel zu erreichen.
Innerhalb der Wertstrommethode gibt es einen Kennwert, der die Variantenflexibilität einer
Ressource ausdrückt. Der sog. EPEI-Wert (Every-Part-Every-Intervall) ist die Zeitspanne
in der alle Teilevarianten in der geforderten Losgröße zuzüglich der erforderlichen Rüst-
zeiten sowie Stillstände gefertigt werden können. Er besagt somit, wie lange es dauert,
bis alle Varianten einmal produziert wurden. Werden allerdings die Rüstzeiten einer Res-
source halbiert, kann die Losgröße ebenfalls halbiert werden und der EPEI-Wert reduziert
sich.46
Eine Methode zur Rüstzeitreduzierung nennt sich SMED47 und steht für „Single Minute
Exchange of Die“ und bedeutet Maschinenstillstandszeiten unterhalb einer Minute. Die
Methode trennt die 5 Phasen des Rüstens:
1. Vorbereitung
2. Abrüsten
3. Einrüsten
4. Probelauf
5. Nachbereitung
45 vgl.: Erlach, K.; Wertstromdesign; S. 209 ff.
46 vgl.: Erlach, K.; Wertstromdesign; S.74 f.
47 Eine ausführliche Beschreibung der SMED-Methode befindet sich in Lehrunterlage 11 (Da wo
Wenige hingucken – Effiziente Gestaltung von Rüstwechseln)
Vorgehensweise bei der Wertstrommethode
Modul 10 - 35
3.2.2 Soll – Wertstrom / Future State
Unter Einhaltung der genannten Gestaltungsrichtlinien kann nun ein Soll-Wertstrom ge-
zeichnet werden, der innerhalb des Wertstrommanagements projektiert und umgesetzt
wird. Durch sog. Kaizen-Blitze werden Bereiche mit besonderem Fokus auf dem Wert-
strom-Plan visualisiert.48
Da der Wertstrom den gesamten Fluss durch das Unternehmen
betrifft, ist es sinnvoll, eine komplette Produktion in mehrere Schleifen aufzuteilen und in
einer definierten Reihenfolge zu optimieren und umzusetzen. 49 Abbildung 19 zeigt ein
Beispiel eines „Future States“, den es nun umzusetzen gilt.
Abbildung 19: „Future State"
48 vgl.: Abbildung 16, S. 25
49 vgl. Rother, M., Shook, J.; Sehen Lernen; S. 78
Stanzen Biegen Waschen Versand
. BZ: 120 sek.
ZZ: 120 sek.
LG: 1
RZ: 45 min.
. BZ: 1.200 sek
LG 60
ZZ: 20 sek.
RZ: 120 min.
BZ: 15 sek.
LG: 10 Stk.
ZZ: 1,5 sek.
RZ: 10 min.
Lieferant(en)
Nach Kanban
ERP-System / AV /
Disposition
Aufträge täglich
2 X täglich.
DLZ = 4,1 d
Wertschöpfungszeit = 22,25 min
60 min 1 d 3 d 60 min
Produktfamilie: Federsets Anzahl Varianten: 86
Jahresstückzahl: 54.000 Stk. Fabriktage: 240 d/a Arbeitszeit: 420 min / 7 h
Kundentakt: 112 sek.
15 sek. 1.200 sek. 120 sek.
Kunden
Aluminiumcoil: Var. 2
Stahlcoil: Var. 2
WBZ: 10 Tage
Wertstromdesign – Soll-Wertstrom
Wertstromquotient: 0,2 (Ziel: )
:
BM 4 Coils
1 h
Vorgehensweise bei der Wertstrommethode
Modul 10 - 36
3.3 Wertstrommanagement durch Wertstromjahresplan
Das Wertstrommanagement beinhaltet einen Wertstromjahresplan, der sämtliche Aktivitä-
ten und Umsetzungen abbildet und in einem Projektmanagement zusammenfasst. Dieser
Plan setzt in einer festgelegten Reihenfolge unter erklärten Zielen, die mit den Geschäfts-
zielen verknüpft sind, die erforderlichen Maßnahmen mit definierten Verantwortungen
verbindlich um. Alle am Prozess beteiligten Mitarbeiter und Führungspersonen müssen
den Plan verbindlich unterschreiben.
Abbildung 20: Wertstromjahresplan
Wertstromjahresplan
Datum Unterschriften Betriebsleiter
Betriebsleiter Betriebsrat
Wertstrommanager Technik
Produktfamilie Wartung
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Prüfer Datum
Betroffener
Abteilung
PrüfungszeitplanMonatsplanung
VerantwortlicherGeschäftsziel der
Produktfamilie
WS-
SchleifeWertstromziele Ziel (messbar)
Wertstromjahresplan
Beispiel: Verbesserung der
Profitabilität der
Produktgruppe xyz
Beispiel: - Warenlager
- Montage
- Schrittmacher
Beispiel: - Supermarkt einführen
- Zuverlässigkeit erhöhen
Beispiel: - Max. 1 Tag Bestand + Pullsteuerung
- Rüstzeit halbieren
Zusammenfassung
Modul 10 - 37
4 Zusammenfassung
Diese Lehrunterlage gibt einen kleinen Einblick in die Wertstrommethode. Ziel hierbei war
es, dem Leser einen Überblick über die Methode zu geben sowie eine strukturierte Her-
angehensweise für die Anwendung der drei Wertstromschritte im eigenen Unternehmen
darzustellen. An dieser Stelle sei genannt, dass sich die gesamte Wertstrommethode
weitaus komplexer in der Anwenderpraxis darstellt, als es sich im hier beschriebenen
Kontext zeigt, weil über die aufwendige Datenerfassung auch ein vollständiges Projekt-
und Umsetzungsmanagement aufgebaut werden muss. Ebenfalls stößt die Methode bei
einer variantenreichen Fertigung schnell an ihre Grenzen, weil die Identifikation der Pro-
duktfamilien Schwierigkeiten verursacht. Auch sind die Materialflüsse, die es zu erfassen
gilt, in häufig historisch gewachsenen Unternehmensstrukturen sehr komplex. Es sei aber
angemerkt, dass sich die Anwendung der Wertstrommethode und das Mapping des Cur-
rent State lohnen kann, naheliegende Potentiale zu identifizieren und die Kundensicht im
Produktionsbereichen einzunehmen und an die Kundenbedürfnisse auszurichten.
Quellenverzeichnis
Modul 10 - 38
Quellenverzeichnis
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Töpfer, A.; Hrsg.; Lean Six Sigma. Erfolgreiche Kombination von Lean Management, Six
Sigma und Design for Six Sigma; Berlin; 2009