palmöl für den weltmarkt im kontext der nachhaltigkeit · table on sustainable palm oil“ (rspo)...
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Fakultät für Psychologie und Pädagogik
Department für Pädagogik und Rehabilitation
Lehrstuhl für Schulpädagogik
Palmöl für den Weltmarkt
im Kontext der Nachhaltigkeit
Ein Beitrag zum Lernbereich Globale Entwicklung
im Fach Geographie
Seminar Globales Lernen als Baustein einer zukunftsfähigen Schule
Seminarleiter Christoph Steinbrink
Wintersemester 2015/2016
Verfasser: Robert Hortig
Studiengang: Lehramt Gymnasium
Inhaltsverzeichnis
1. Globales Lernen im Fach Geographie ............................................................................................. 1
2. Unterrichtseinheit Palmöl für den Weltmarkt im Kontext der Nachhaltigkeit .............................. 2
2.1 Sachanalyse .............................................................................................................................. 2
2.2 Didaktische Analyse .................................................................................................................. 4
2.3 Methodische Analyse ............................................................................................................... 6
2.4 Verlaufsplanung ........................................................................................................................ 8
3. Abschließende Bemerkungen ....................................................................................................... 10
Materialien ....................................................................................................................................... 11
Quellenverzeichnis ........................................................................................................................... 14
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1. Globales Lernen im Fach Geographie
Globalisierung ist gemeinhin als Prozess der transnationalen Vernetzung von Akteuren zu verste-
hen. Sie umfasst die Dimensionen Ökonomie, Ökologie, Kultur, Politik und Zivilgesellschaft (BECK
2015, 26). Der Globalisierungsprozess führt dazu, dass „Ereignisse in einem Teil der Welt zuneh-
mend Gesellschaften und Problembereiche in anderen Teilen der Welt berühren“ (WOYKE 2011,
177). Die Entwicklung globaler Herausforderungen in einer begrenzt tragfähigen Welt erfordert
nicht nur eine Neuorientierung von Wirtschaftsweise und Konsumverhalten, sondern stellt auch
den modernen Bildungsbegriff vor neue Aufgaben. Kinder und Jugendliche sollten neben fachli-
chen Kompetenzen auch zukunftsorientierte Kompetenzen erwerben und entwickeln können, um
zu einem vorausdenkenden und verantwortungsbewussten Handeln befähigt zu werden sowie
Wechselbeziehungen und Interdependenzen erkennen zu lernen (DATTA/LANG-WOJTASIK 2013, 6).
„Globales Lernen“ ist die pädagogische Reaktion auf die Herausforderungen der Globalisierung.
Leitziel pädagogischer Bemühungen ist dabei der „souveräne Mensch“, der globale Entwicklungen
mit lokaler Handlungsfähigkeit in Übereinstimmung bringen kann (SCHEUNPFLUG/SCHRÖCK 2000, 14).
Dementsprechend soll der Lernende darin unterstützt werden, sowohl Orientierung für das eige-
ne Leben in globalisierten Verhältnissen zu finden als auch eine Vision für eine nachhaltig und
solidarisch gestaltete Weltgesellschaft zu entwickeln. Der angemessene Umgang mit einem zu-
nehmend hohen Gehalt an Komplexität in verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen stellt in
diesem Zusammenhang eine wesentliche Herausforderung dar. Die Methoden des „Globalen Ler-
nens“ sind daher darauf ausgerichtet, den Erwerb von umfassenden Gestaltungskompetenzen
(Erkennen, Bewerten, Handeln) zu unterstützen. Ganzheitliche Methoden, die den Einzelnen mit
seinen Widersprüchen und Bedürfnissen zum Subjekt des Lernprozesses machen, spielen dabei
eine wichtige Rolle (KRÄMER 2008). Das „Globale Lernen“ versteht sich als Bildungskonzept, das
Bezug auf alle Unterrichtsfächer nimmt.
Der „Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung“ (SIEGE ET AL. 2015) greift die-
sen fächerübergreifenden und fächerverbindenden Leitgedanken im Sinne des „Globalen Ler-
nens“ und einer „Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ auf und stellt die curriculare Anbindung
des Lernbereiches an die einzelnen Unterrichtsfächer her. Dem Unterrichtsfach Geographie kann
in diesem Zusammenhang eine große Bedeutung beigemessen werden. Zahlreiche Themen des
Lernbereiches Globale Entwicklung finden sich auch im Lehrplan des Geographieunterrichts wie-
der, so z.B. „Eine Welt“, „Globalisierung“ und „Nachhaltige Entwicklung“. Die Geographie zeichnet
sich durch ihre fachspezifisch dominierende Grundperspektive des Raumbezuges aus, aus welcher
die Themen betrachtet werden. Im Zentrum stehen dabei die Erfassung und Erklärung von raum-
wirksamen bzw. räumlich differenzierbaren Strukturen und Prozessen im gesamten System Erde
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und ihrer Bevölkerung. Dies kann auf verschiedenen Maßstabsebenen erfolgen – von der klein-
räumigen sublokalen bis hin zur globalen Ebene. Sowohl naturwissenschaftliche als auch geistes-
wissenschaftliche Aspekte werden bei der Betrachtung mit einbezogen. Im Rahmen des Faches
lassen sich unterschiedliche geographiespezifische Teilkompetenzen erwerben, die bei der Entfal-
tung der Kernkompetenzen des Lernbereiches Globale Entwicklung (Erkennen, Bewerten, Han-
deln) mitwirken.
2. Unterrichtseinheit Palmöl für den Weltmarkt im Kontext der Nachhaltigkeit
Die Unterrichtseinheit „Palmöl für den Weltmarkt im Kontext der Nachhaltigkeit“ soll einen Bei-
trag zum Lernbereich Globale Entwicklung im Fach Geographie leisten. Sie richtet sich hinsichtlich
des Themas und der zu erwerbenden Kompetenzen an der gymnasialen Oberstufe aus. Der zeitli-
che Rahmen erstreckt sich über zwei Unterrichtsstunden à 45 Minuten. Die Bezüge zum Lehrplan
(ISB 2004) umfassen die Bereiche „Landwirtschaft in den Tropen“, „Landschaftswandel“, „Welt-
handel und Globalisierung“, „Nachhaltige Landnutzung“ sowie „Nachwachsende Rohstoffe“. Für
die konkrete Unterrichtsplanung unterscheidet man die Sachanalyse, die didaktische Analyse und
die methodische Analyse (KESTLER 2015, 346ff). Die in den einzelnen Planungsdimensionen erziel-
ten Ergebnisse werden anschließend synthetisch zu einer Verlaufsplanung verknüpft.
2.1 Sachanalyse
Palmöl wird aus den Früchten der Ölpalme gewonnen. Sie gehört mit durchschnittlich 3,8 t Öl pro
Hektar und Jahr zu den ertragreichsten Ölpflanzen weltweit (SCHOLZ 2004, 13). Die Produktions-
menge von Palmöl ist in den letzten Jahren stark angestiegen und weist inzwischen einen Anteil
von etwa 30% an der globalen Pflanzenölproduktion auf (GEIBLER/BIENGE 2010, 42f). Das Vorkom-
men der Ölpalme beschränkt sich wegen ihrer klimatischen Anforderungen auf die Zone des im-
mergrünen tropischen Regenwaldes entlang des Äquators. Indonesien und Malaysia sind als wich-
tigste Erzeugerländer für ca. 86% der weltweiten Palmölproduktion verantwortlich (FAOSTAT
2016).
Der Handel mit Palmöl erfolgt in internationalen Wertschöpfungsketten. Die Ernte der Ölfrüchte
findet in arbeitsintensiver Handarbeit über das ganze Jahr hindurch statt. Von den Plantagen wer-
den sie auf Lastwagen in nahegelegene Ölmühlen zur Verarbeitung transportiert. Aus dem Frucht-
fleisch wird das Palmöl gewonnen, sowie aus dem Samenkern das Palmkernöl (SCHOLZ 2004, 11).
Neben den überwiegend großindustriell bewirtschafteten Plantagen tragen auch Kleinbauern
signifikant zur weltweiten Produktion bei. Das produzierte Palmöl wird anschließend von den
Ölmühlen je nach Anwendungsbereich über den Handel an verschiedene Unternehmen der wei-
terverarbeitenden Industrie geliefert (GEIBLER/BIENGE 2010, 44). In den Importländern gelangt das
3
verarbeitete Palmöl letztlich über den Groß- und Einzelhandel in Form diverser Produkte zum
Konsumenten. Palmöl wird überwiegend als Nahrungsmittel und zu deren Herstellung verwendet.
Dazu gehören u.a. Margarine, Speiseöl und Backfett wie auch Kartoffelchips und Süßwaren. Es
dient auch als Grundlage für Kerzen, Seifen und Kosmetika. Die energetische Nutzung von Palmöl
als Kraftstoff für Fahrzeuge oder zur Wärme- und Stromgewinnung in Kraftwerken stellt einen
weiteren Anwendungsbereich dar.
Seit Mitte der 1990er Jahre sind die Exportmengen von Palmöl kontinuierlich angestiegen (EBD.).
Das liegt vor allem an der ganzjährig hohen Flächenproduktivität, den niedrigen Löhnen der Arbei-
ter und Arbeitsmigranten, der im Vergleich zu anderen Pflanzenölen günstigen Herstellung und
der politischen Förderung erneuerbarer Energien. Die größten Absatzmärkte sind China, die EU,
Indien und Pakistan, die zusammen über die Hälfte des Palmöls importieren (FAOSTAT 2016). Insge-
samt nimmt die energetische und stoffliche Nutzung zu Lasten der Nutzung als Nahrungsmittel
stark zu.
Die Ausweitung der Palmölwirtschaft hat einschneidende Folgen für Ökologie und Gesellschaft.
Auf die Umwelt wirkt sich insbesondere der Anbau von Ölpalmen in Monokulturen nachteilig aus.
In den Anbauländern Indonesien und Malaysia liegt eines der letzten Gebiete großer intakter Tro-
penwälder, die insgesamt 60% der weltweiten Biodiversität umfassen (GEIBLER/BIENGE 2010, 45).
Die für den Ölpalmenanbau genutzte Fläche wurde dort im Verlauf der letzten Jahrzehnte stark
ausgeweitet. Dies lässt sich nicht nur auf die Umnutzung von anderen Plantagenflächen und
Brachland zurückführen, sondern auch auf die Abholzung und Brandrodung von Naturwaldflä-
chen. Die Palmölindustrie trägt auf diese Weise zur weltweiten Abnahme von Biodiversität bei.
Zudem werden bei der Brandrodung starke Emissionen klimawirksamer Gase freigesetzt, insbe-
sondere in Gebieten trockengelegter Torfböden. Dies führt auch zu erhöhten Werten der Luftbe-
lastung. Indirekt äußern sich die ökologischen Folgen des Palmölanbaus vor allem in der Verdrän-
gung anderer Landnutzungen. So resultiert beispielsweise aus der Errichtung einer Plantage auf
einer zuvor für den Getreideanbau genutzten Fläche die Erschließung einer alternativen landwirt-
schaftlich nutzbaren Fläche – wiederum häufig zu Lasten des Naturwaldes. Auf diese Weise kann
sich selbst durch die Anlage von Plantagen auf landwirtschaftlichen Flächen ein erhöhter Druck
zur Nutzung von Naturwaldflächen ergeben (EBD., 46).
Die vorangetriebenen Veränderungen in der Landnutzung haben auch gesellschaftliche Folgen. In
Indonesien und Malaysia beispielsweise stellt die Beschäftigung im Palmölsektor eine wichtige
wirtschaftliche Stütze für die Bevölkerung dar (SCHOLZ 2004, 16f). Demgegenüber stehen die teil-
weise schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeitskräfte sowie die mit der Auswei-
tung von Plantagen einhergehende Zunahme an Landkonflikten zwischen internationalen Unter-
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nehmen und indigenen Gruppen (PICHLER 2014, 121ff). Kleinbauern und Ureinwohner werden
häufig gewaltsam von ihrem angestammten Land vertrieben. Das Nebeneinander von staatlicher
Rechtsordnung und traditionellem Gewohnheitsrecht führt in vielen Fällen zu überlappenden
Verantwortlichkeiten und Legitimierungsansätzen auf Seiten der Akteure (BECKERT/KECK 2015,
12ff). Allein in Indonesien verzeichnen NGOs ca. 5000 Land- und Menschenrechtskonflikte, die im
Zusammenhang mit der Palmölindustrie stehen.
Ein Ansatz, mit dem die nicht-nachhaltigen Folgen der Palmölwirtschaft eingedämmt oder ver-
mieden werden können, ist die Zertifizierung gemäß Nachhaltigkeitsstandards. Durch den „Round
Table on Sustainable Palm Oil“ (RSPO) – einer internationalen freiwilligen Initiative bestehend aus
Unternehmen sowie Umwelt- und Sozialverbänden – wurden Kriterien und Regeln für die Stan-
dards und Zertifizierung erstellt. Die Prinzipien der RSPO richten sich an landwirtschaftlichen,
ökonomischen, rechtlichen, ökologischen und sozialen Aspekten der Palmölwirtschaft aus. Im
Zentrum steht dabei die Förderung eines langfristigen Managements und nachhaltiger Praktiken
auf den Plantagen ebenso wie die Prüfung der Umwelt- und Sozialverträglichkeit bei Erweite-
rungs- oder Neuerschließungsmaßnahmen. Eine große Anzahl der beteiligten Umwelt- und Men-
schenrechtsorganisationen kritisiert jedoch die mangelhafte Durchsetzung der Prinzipien und das
strukturelle Machtungleichgewicht des RSPO zu Gunsten der Unternehmen (RETTET DEN REGENWALD
E.V.). Eine weitere Schwäche ist die unzureichende Beachtung von indirekten Effekten, die z.B.
durch Flächennutzungskonkurrenzen entstehen (GEIBLER/BIENGE 2010, 47). Diese lassen sich durch
einen produktbezogenen Ansatz nicht oder nur wenig steuern. Trotz dieser Schwächen könnte
sich die Nachhaltigkeitszertifizierung der RSPO als wichtiger Schritt in einem Entwicklungsprozess
zu einem umwelt- und sozialverträglicheren Handel mit Palmöl erweisen. Denn es zeigt sich, dass
in Erzeugerländern durch nicht-staatliche Standards gesetzliche Regelungen angeregt werden
können (Ebd., 47f). Künftig wird auch die Frage der internationalen Regelung globaler Wertschöp-
fungsketten eine zunehmend bedeutende Rolle einnehmen.
2.2 Didaktische Analyse
Die Auswahl der Unterrichtsinhalte ist hinsichtlich deren Bildungsgehaltes zu begründen. Die Glo-
balisierung ist als ein epochaltypisches Schlüsselproblem im Sinne Klafkis aufzufassen. Sie trägt zu
einem tiefgreifenden Wandel der Mensch-Umwelt-Beziehungen bei. Sowohl Handlungs- und Ver-
antwortungsräume als auch Wahrnehmungs- und Bewertungsräume unterlaufen einer ständigen
Ausweitung ihres Horizontes. So zeigt auch der weltweite Handel von Palmöl in Wertschöpfungs-
ketten diese Entwicklung exemplarisch auf. Die transnationalen ökonomischen Verflechtungen
und die damit in Zusammenhang stehenden ökologischen und gesellschaftlichen Folgen werden
an diesem Beispiel eindrücklich verdeutlicht. Die Gegenwartsbedeutung des Themas äußert sich
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für die Schüler vor allem im alltäglichen Konsumverhalten. Nach Schätzungen der Naturschutzor-
ganisation WWF ist Palmöl heute weltweit in jedem zweiten Supermarktprodukt enthalten (WWF
2016). Auch die energetische Nutzung des Rohstoffes für die Strom- und Wärmeproduktion oder
als Biokraftstoff betrifft die Lebenswirklichkeit der Schüler in der Rolle von Verbrauchern ganz
unmittelbar. Die Auseinandersetzung mit dem Thema dient der Orientierung für das eigene Leben
ebenso wie der Entwicklung einer Vision für das Leben in einer human gestalteten Weltgesell-
schaft. Im Zusammenhang mit dem Leitbild für nachhaltige Entwicklung kommt die Zukunftsbe-
deutsamkeit des Themas deutlich zum Ausdruck.
Das Grobziel der Unterrichtseinheit lässt sich im Sinne des „Globalen Lernens“ folgendermaßen
formulieren: „Den Zusammenhang zwischen alltäglichen Konsumgütern und der Ausweitung der
Palmölproduktion kennen und verstehen; die Auswirkungen des Ölpalmenanbaus vor dem Hin-
tergrund des Leitbildes einer nachhaltigen Entwicklung bewerten“.
Die konkreten Feinziele für die erste Stunde der Unterrichtseinheit richten sich am Kompetenzbe-
reich „Erkennen“ aus und dienen der Orientierung in einem komplexen Themenfeld. Sie lauten:
1.) „Die verschiedenen Nutzungsformen von Palmöl mithilfe einer graphischen Darstellung nen-
nen“ 2.) „Die wichtigsten Erzeugerländer mithilfe einer thematischen Karte nennen“ 3.) „Die ein-
zelnen Stufen in der Wertschöpfungskette der Palmölindustrie mithilfe eines Textes und einer
graphischen Darstellung erläutern“ 4.) „Die Bedeutung der Palmölproduktion für die Länder Indo-
nesien und Malaysia mithilfe eines Textes, eines Diagramms und einer thematischen Karte cha-
rakterisieren“. Die genannten Lernziele beziehen sich alle auf den kognitiven Bereich und sind
bezüglich des Anforderungsniveaus aufeinander aufbauend angeordnet. Zusätzlich stellt die Aus-
wertung von graphischen Darstellungen, thematischen Karten und Diagrammen ein instrumentel-
les Lernziel dar. In diesem Zusammenhang soll die selbstständige Anwendung geographischer
Arbeitsweisen eingeübt werden. Die angestrebten Lernziele sind als Vorbereitung für die folgende
Stunde der Unterrichtseinheit zu begreifen, die sich auch verstärkt dem affektiven Bereich zu-
wendet.
Die konkreten Feinziele für die zweite Stunde der Unterrichtseinheit beziehen sich auf die beiden
Kompetenzbereiche „Erkennen“ und „Bewerten“. Damit soll die Kompetenz zu „Handeln“ ange-
bahnt werden. Die Feinziele lauten: 1.) „Die ökologischen und gesellschaftlichen Folgen einer
Ausweitung des Ölpalmenanbaus anhand eines Textes analysieren und bewerten“ 2.) „Die Gestal-
tung einer nachhaltigen Palmölgewinnung mithilfe eines Textes und einer thematischen Karte
erläutern“ 3.) „Eine Haltung zur weltweiten Entwicklung der Palmölwirtschaft in der Diskussion
mit anderen ausformen und begründen“. Die ersten beiden Lernziele sind dem kognitiven Be-
reich zuzuordnen und entsprechen einem hohen Anforderungsniveau. Das dritte Lernziel ent-
6
stammt im Wesentlichen dem affektiven Bereich und spricht emotionale, moralische und soziale
Fähigkeiten an. Aber auch kognitive Aspekte spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rol-
le. Die kritische Reflexion verschiedener Interessenlagen ist ebenso Voraussetzung für eine aus-
gewogene Urteilsbildung wie der angemessene Umgang mit Widersprüchlichkeiten und Ambiva-
lenzen. Konkretes Handeln im Einklang mit dem Leitbild der Nachhaltigkeit kann im Rahmen der
Unterrichtseinheit lediglich angebahnt werden.
2.3 Methodische Analyse
Die erste Stunde der Unterrichtseinheit enthält zwei große aufgabengeleitete Abschnitte, die bei-
de methodisch am „Kooperativen Dreischritt“, einer Form der Partnerarbeit, ausgerichtet sind.
Dieser vollzieht sich in drei aufeinander folgenden Phasen (Abb. 1). Zunächst setzt sich jeder Schü-
ler durch eigenes Nachdenken individuell mit der vorgegebenen Aufgabenstellung auseinander
(Think). Daraufhin werden in Paaren die Ergebnisse ausgetauscht und ergänzt, um zu einem Kon-
sens über das gemeinsame Ergebnis zu gelangen (Pair). Schließlich wird das gemeinsame Ergebnis
im Plenum vorgetragen und somit mit dem Rest der Klasse geteilt (Share). Dem hohen inhaltli-
chen Komplexitätsgehalt wird durch den doppelten Einsatz dieser Methode eine klare, von außen
vorgegebene Struktur im Unterrichtsverlauf gegeben. Beiden aufeinander folgenden Abschnitten
können jeweils konkrete Lernziele zugeordnet werden. Darüber hinaus trägt die kooperative
Partnerarbeit zum sozialen und kommunikativen Lernen bei und führt zu einer stärkeren Sensibili-
sierung der Selbst- und Partnerwahrnehmung (Kestler 2015, 241). Durch den Einsatz dieser Me-
thode soll auch auf die anspruchsvollere Kooperationsform im Rahmen der folgenden Stunde der
Unterrichtseinheit vorbereitet werden.
Abb. 1: Ablaufphasen der Partnerarbeit (Kestler 2015, 240)
Die zweite Stunde der Unterrichtseinheit ist methodisch geprägt von der „Strukturierten Kontro-
verse“. Diese bietet sich besonders bei Themenstellungen mit gegensätzlichen Standpunkten an,
7
wie etwa den positiven und negativen Auswirkungen der Palmölwirtschaft. Der Aufbau der
„Strukturierten Kontroverse“ lässt sich in vier aufeinander folgende Phasen gliedern (Abb. 2). Im
ersten Schritt werden die Schüler in Gruppen zu je vier Personen aufgeteilt. Innerhalb jeder Grup-
pe werden zwei Dyaden gebildet, die sich jeweils mit einer der beiden konträren Positionen be-
schäftigen (Aneignungsphase). Daraufhin wird die Argumentation innerhalb der Stammgruppe
vorgestellt. Je eine Person einer Dyade legt dem anderen Paar seine Position dar. Danach disku-
tieren die Paare zusammen das Thema in der Gruppe, dürfen dabei aber nur die eigene Position
vertreten (Vermittlungsphase). Anschließend wechseln die Paare innerhalb der Gruppe die inhalt-
liche Position. Die Dyaden eignen sich dazu die Argumente der ursprünglichen Gegenposition an
und stellen sich diese dann in der Gruppe wechselseitig vor. Dies zwingt zu einem radikalen Pers-
pektivwechsel (Verarbeitungsphase). Abschließend wird in den ursprünglichen Stammgruppen
das Problem noch einmal frei diskutiert, um in einer Synthese einen gemeinsamen Konsens zu
finden. Im Plenum werden dann die Erfahrungen mit der Lernmethode ausgetauscht und ihr Sinn
und Zweck diskutiert (Diskussions- und Plenumsphase). Das Vorgehen bei der „Strukturierten
Kontroverse“ dient in erster Linie dem Prozess einer ausgewogenen Urteilsbildung in Anbetracht
einer konträren Themenstellung. So geht es zunächst darum, unvoreingenommen nacheinander
gegensätzliche Standpunkte einzunehmen und im Perspektivwechsel Argumente für beide Seiten
kennenzulernen (Kestler 2015, 260). Erst im Anschluss folgt die freie Diskussion, um zu einem
sachlich begründeten Konsens zu gelangen. Die Arbeit in Kleingruppen ermöglicht es dabei jedem
Lernenden, ohne große Scheu eine aktive Rolle auszuüben.
Abb. 2: Ablauf der zweiten bis vierten Phase der Strukturierten Kontroverse – nach der Aneignungsphase in
Einzel- und Partnerarbeit als erstem Unterrichtsschritt (Kestler 2015, 261)
8
2.4 Verlaufsplanung
Die Strukturierung des Unterrichtsverlaufs erfolgt mithilfe des AVIVA-Modells.
Zeit Phase Inhalt Medium Methode
Stunde 1
3 Ausrichten SuS beschreiben und interpretieren die
Pressemitteilung: „Der Regenwald, aufs
Brot geschmiert“ (s. Materialien)
Text, Bild
3 Vorwissen
aktivieren
SuS ordnen die Pressemitteilung in den
Kontext von Globalisierung ein
Leitfrage für den Unterricht:
In welchem Zusammenhang stehen unse-
re alltäglichen Konsumgüter und die
Ausweitung der Palmölproduktion?
Plenum
ca.
13
Informieren SuS bearbeiten die Aufgabenstellung (1)
auf dem Arbeitsblatt „Palmölindustrie
weltweit“ (s. Materialien):
SuS lesen die Texte und interpretieren die
dazugehörigen Graphiken auf dem Ar-
beitsblatt sowie eine entsprechend Karte
im Atlas zunächst für sich alleine
Text, Graphik
(M1, M2)
Diercke-Atlas
Kooperativer
Dreischritt:
Think
Verarbeiten In Paaren werden die Ergebnisse ausge-
tauscht und ergänzt, um zu einem Kon-sens über das gemeinsame Ergebnis zu
gelangen (stichpunkthafte Notizen)
Text, Graphik
(M1, M2) Diercke-Atlas
Pair
6 Auswerten SuS tragen das gemeinsame Ergebnis im
Plenum vor
Sicherung und Ergänzung in Form von
stichpunkthaften Notizen
Kurzer Rückbezug zur Pressemitteilung
Text, Graphik
(M1, M2)
Diercke-Atlas
Share
ca.
10
Informieren SuS bearbeiten die Aufgabenstellung (2)
auf dem Arbeitsblatt „Palmölproduktion
in Indonesien und Malaysia“ (s. Materia-
lien):
SuS lesen den Text und interpretieren die
dazugehörigen Graphiken auf dem Ar-
beitsblatt zunächst für sich alleine
Text, Graphik
(M3)
Kooperativer
Dreischritt:
Think
Verarbeiten In Paaren werden die Ergebnisse ausge-
tauscht und ergänzt, um zu einem Kon-
sens über das gemeinsame Ergebnis zu
gelangen (stichpunkthafte Notizen)
Text, Graphik
(M3)
Pair
9
5
Auswerten SuS tragen das gemeinsame Ergebnis im
Plenum vor
Sicherung und Ergänzung in Form von
stichpunkthaften Notizen
Text, Graphik
(M3)
Share
5 Rückbezug zur Pressemitteilung
SuS reflektieren den Zusammenhang
zwischen unseren alltäglichen Konsumgü-
tern und der Ausweitung der Palmölpro-
duktion
Text, Bild
Stunde 2
2 Ausrichten Lehrer zeigt erneut die Pressemitteilung
und erinnert an die Leitfrage für den Un-terricht:
In welchem Zusammenhang stehen unse-
re alltäglichen Konsumgüter und die
Ausweitung der Palmölproduktion?
Text, Bild
5 Vorwissen
aktivieren
Spiel „Wertschöpfungskette“ zur Wieder-
holung der wichtigsten Ergebnisse:
SuS erläutern aufeinander aufbauend
jeweils eine Stufe in der Wertschöp-
fungskette der Palmölindustrie (dabei
reichen sie stets ein Seil weiter, um die
„Kette“ zu veranschaulichen)
Spiel im
Plenum
ca.
25
Informieren SuS bearbeiten die Aufgabenstellung (3)
auf dem Arbeitsblatt „Palmölproduktion
in Indonesien und Malaysia“ (s. Materia-
lien):
SuS werden in Gruppen zu je vier Perso-nen aufgeteilt
Innerhalb jeder Gruppe werden zwei
Dyaden gebildet, die sich jeweils mit ei-
ner der beiden konträren Positionen
(Palmölwirtschaft: Positiv ↔ Negativ)
beschäftigen
Text (M4) Diercke-Atlas
Strukturierte
Kontroverse:
Aneignung
Verarbeiten Vorstellung der Argumentation innerhalb
der Stammgruppen (nicht im Plenum!):
Je eine Person einer Dyade stellt seine
Position dem anderen Paar vor
Danach diskutieren die Paare zusammen
das Thema in der Gruppe (nur eigene
Position vertreten!)
Text (M4) Vermittlung
10
Die Paare wechseln innerhalb der Gruppe
die inhaltliche Position (Palmölwirtschaft:
Negativ ↔ Positiv):
Die Dyaden eignen sich dazu die Argu-
mente der ursprünglichen Gegenposition an und stellen sich diese dann in der
Gruppe wechselseitig vor (radikaler Pers-
pektivwechsel)
Text (M4) Verarbeitung
(Positions-
wechsel)
Auswerten In den ursprünglichen Stammgruppen wird das Problem noch einmal frei disku-
tiert, um in einer Synthese einen gemein-
samen Konsens zu finden
Sicherung in Form einer Mindmap
Text (M4) Diskussion
6 Auswerten Erfahrungen mit der Lernmethode wer-den ausgetauscht und ihr Sinn und Zweck
reflektiert
Plenum
7 Lehrer bringt einen Einkaufsbeutel mit,
der verschiedene Supermarktprodukte
enthält (mit und ohne Palmöl)
SuS überprüfen mithilfe der Handy-App
„ZEROPALMÖL“, ob die Produkte Palmöl
enthalten (WWF-Studie: mehr als jedes
zweite Supermarktprodukt)
→ Handlungsmodell für den Alltag
(Selbstwirksamkeit erfahrbar machen)
Originale Ge-
genstände
Plenum
*SuS = Schülerinnen und Schüler
3. Abschließende Bemerkungen
Die Unterrichtseinheit „Palmöl für den Weltmarkt im Kontext der Nachhaltigkeit“ behandelt ein
exemplarisches Thema des Lernbereiches Globale Entwicklung. Die angestrebten Lernziele bezie-
hen sich auf den Erwerb von umfassenden Gestaltungskompetenzen im Sinne des Globalen Ler-
nens. Dabei liegt der fachspezifische Beitrag in der Vermittlung einer globalen Perspektive, welche
die Wechselwirkungen zwischen unterschiedlichen geographischen Räumen berücksichtigt. Es
zeigt sich, dass die Lernenden zwar zumeist über ein hohes Wissen in Bezug auf Globalisierung
und Nachhaltigkeit verfügen, dieses aber nur selten in eine ebenso hohe Handlungsbereitschaft
umsetzen. In diesem Zusammenhang kann es förderlich sein, Gelegenheiten für die Schülerinnen
und Schüler zu schaffen, in denen sie Selbstwirksamkeit erfahren können. Der Einsatz der Handy-
App „ZEROPALMÖL“ bereitet dabei einen möglichen Anknüpfungspunkt für alltagsbezogenes Han-
deln.
Veröffentlichung Robert Hortig
MATERIALEN PALMÖLINDUSTRIE WELTWEIT KOPIERVORLAGE
M|1
Palmöl wird aus den Früchten der Ölpalme gewonnen. Sie gehört mit durchschnittlich 3,8 t Öl pro ha
und Jahr zu den ertragreichsten Ölpflanzen weltweit. Die Produktionsmenge von Palmöl ist in den letz-ten Jahren stark angestiegen und weist inzwischen einen Anteil von etwa 30% an der globalen Pflanzen-ölproduktion auf. Das Vorkommen der Ölpalme beschränkt sich wegen ihrer klimatischen Anforderun-
gen auf die Zone des immergrünen tropischen Regenwaldes entlang des Äquators.
Aufgabe 1: Die Verwendung von Palmöl steht seit einiger Zeit in der Diskussion. a) Nennen Sie verschiedene Nutzungsformen von Palmöl und die wichtigsten Erzeugerländer (M1,
Diercke Weltatlas 2008, 240.2).
b) Erläutern Sie die einzelnen Stufen in der Wertschöpfungskette der Palmölindustrie(M2). Formulieren Sie geographische Fragestellungen, die sich in diesem Zusammenhang ergeben.
© Geographische Rundschau Geibler/Bienge 2015
M|2
Der Handel mit Palmöl erfolgt in internationalen Wertschöpfungsketten. Die Ernte der Ölfrüchte findet in arbeitsin-tensiver Handarbeit über das ganze Jahr hindurch statt. Von den Plantagen werden sie auf Lastwagen in nahegele-gene Ölmühlen zur Verarbeitung transportiert. Aus dem Fruchtfleisch wird das Palmöl gewonnen, sowie aus dem
Samenkern das Palmkernöl. Neben den überwiegend großindustriell bewirtschafteten Plantagen tragen auch Kleinbauern signifikant zur weltweiten Produktion bei. Das produzierte Palmöl wird anschließend von den Ölmüh-len je nach Anwendungsbereich über den Handel an verschiedene Unternehmen der weiterverarbeitenden Indust-
rie geliefert. In den Importländern gelangt das verarbeitete Palmöl letztlich über den Groß- und Einzelhandel in Form diverser Produkte zum Konsumenten. Palmöl wird überwiegend als Nahrungsmittel und zur Herstellung von
Kosmetika verwendet. Nach Schätzungen der Naturschutzorganisation WWF ist Palmöl heute weltweit in jedem zweiten Supermarktprodukt enthalten. Ein weiterer Anwendungsbereich ist die energetische Nutzung von Palmöl als Kraftstoff für Fahrzeuge oder zur Strom- und Wärmegewinnung in Kraftwerken.
Veröffentlichung Robert Hortig
MATERIALEN PALMÖLPRODUKTION IN INDONESIEN UND MALAYSIA KOPIERVORLAGE
M|3 Die weltweit größten Palmölproduzenten M|4 Palmölproduktion und die Frage der Nachhaltigkeit
Indonesien
Kein anderes Land der Welt weißt
zurzeit günstigere Standortfakto-ren auf als Indonesien. Das Land verfügt über riesige potenziell
geeignete Landreserven, ein Heer billiger Arbeitskräfte und unter-nehmerfreundliche gesetzliche
Regelungen. Mit über 200 Mio. Einwohnern
besitzt Indonesien einen beachtli-chen Binnenmarkt für Palmöl. Inzwischen wird jedoch der größte
Anteil exportiert, v.a. nach China, Europa und Indien. Diese Entwick-lung setzt starke Impulse für den
heimischen Arbeitsmarkt. Kein Wunder, dass der Palmöl-
sektor boomt: Die Anbaufläche dehnte sich von 1980 bis 2000 um das Zehnfache aus, von knapp
300.000 auf über 3 Mio. ha – eine Fläche von der Größe Belgiens.
Mit 75% liegt der weitaus größte Teil der Ölpalmenplantagen auf Sumatra. Es ist damit zu rechnen,
dass die Erschließung neuer Plantagen weiter zügig voran-schreiten wird.
Malaysia
Neben Indonesien gehört Malaysia
zu den größten Palmölproduzen-ten der Welt. Palmöl ist heute das wichtigste Agrarprodukt des
Landes. 58% der gesamten agrari-schen Nutzfläche Malaysias sind mit Ölpalmen bedeckt und etwa
die Hälfte aller im Agrarsektor Beschäftigten arbeiten im Palmöl-
sektor. Für die Zukunft zeichnen sich jedoch zwei Probleme ab: die ho-
hen Bodenpreise und der Mangel an billigen Arbeitskräften. Malay-
Exporte von Indonesien und Malaysia an unverarbeiteten Palmöl im Jahr 2005 (Geibler/Binge 2010)
Pro und Contra Palmölplantagen
Viele Argumente sprechen gegen die
Nachhaltigkeit des Palmöls: vor allem die ökologischen Aspekte der Ab-nahme von Naturwäldern und Arten-
vielfalt. Die Erweiterung der Ölpal-menplantagen erfolgt auf Kosten des Regenwaldes. Primärvegetation und
der Lebensraum bedrohter Tierarten wie dem Orang-Utan und dem Sumat-
ra-Tiger gehen verloren. Durch Brand-rodung entstehen Waldbrände, Emissionen von Kohlenstoffdioxid und
es bilden sich hochgiftige Rauch-schwaden („haze“). Der Anbau von Ölpalmen verdrängt den lokalen
Anbau von Grundnahrungsmitteln und führt zu steigenden Lebensmit-
telpreisen und Versorgungsengpässen (Nahrungsmittelkonkurrenz). Es kommt weiterhin zu einem erhöhten
Nutzungsdruck, da alternative Flä-chen für den Anbau von Grundnah-
rungsmitteln erschlossen werden müssen (Rodung von Regenwald). Sozial höchst problematisch ist in
diesem Zusammenhang auch die Verdrängung der indigenen Bevölke-rung aus ihren Siedlungsräumen.
Auf der anderen Seite sprechen mehrere Argumente für die Nachhal-
tigkeit des Palmölanbaus: Der nach-wachsende Rohstoff kann nachhaltig kultiviert werden. Der Anbau führt zur
Schaffung neuer Arbeitsplätze, denn die Ölpalmenkultivierung ist sehr arbeitsintensiv und sorgt für eine
konstante Beschäftigung. Die hohe Nachfrage auf dem Weltmarkt und
die hohe Flächenproduktivität sind ausgesprochen ökonomisch.
Beispiel einer nachhaltigen Plantage
Es kommt auf die Anbau- und Produk-
tionsbedingungen an, wenn man entscheiden will, ob ein nachwach-sender Rohstoff nachhaltig angebaut
wird oder nicht. Die Ölpalmenplanta-ge erfordert ausgeklügelte Produkti-ons- und Verarbeitungsprozesse,
denn die geernteten Früchte verder-ben rasch und erfordern eine schnelle
Verarbeitung. Diese Anforderungen sind nur von Großgrundbesitzern erfüllbar. Nachhaltige Ölplantagen
(vgl. Karte „Ophir“ Diercke Weltatlas 2008, S. 177.2) verknüpfen die Vortei-le einer Plantage mit denen eines
kleinbäuerlichen Familienbetriebs. Der Aufbau einer solchen Plantage
basiert auf dem Nukleus und dem Plasma. Der Nukleus umfasst den Bereich mit der Palmölfabrik, Verwal-
tungsgebäude und Wohnhäuser. Sie gehören einem Großgrundbesitzer
oder einer großen Firma. Die sich anschließende Plasma-Fläche ist unter Kleinbauern aufgeteilt, die auf
der Fläche neben den Ölpalmen auch Gemüse und Reis für ihren Bedarf anbauen (Subsistenzwirtschaft). Sie
liefern ihre Ölpalmenfrüchte an die Nukleus-Fabrik.
Die positive Bewertung der Ophir-Ölpalmenplantage wird damit be-gründet, dass das Einkommen der
Vertragsbauern über dem Durch-schnitt ländlicher Haushalte liegt und sie ihre Kredite zurückzahlen konn-
ten. Auch die Umweltbelastungen wurden in diesem Beispiel als tragbar
bewertet.
Runder Tisch für nachhaltiges Palmöl
Im Jahr 2004 wurde der Runde Tisch für
nachhaltiges Palmöl (Roundtable on Sustainable Palm Oil, RSPO) gegründet. Die derzeit ca. 340 Mitglieder decken
50% der weltweiten Palmölproduktion ab. Ziel der Mitglieder ist die Förderung des Anbaus und der Verwendung von
nachhaltigem Palmöl. Dazu wurden Kriterien und ein Zertifizierungssystem
entwickelt. Kritiker beanstanden die begrenzte Wirksamkeit (da nicht alle Produzenten RSPO-Mitglieder sind),
dass die Umsetzung der Kriterien bislang nur auf zertifizierten Plantagen (Musterplantagen) erfolgt, unzurei-
chende Kontrollen und fehlende Sank-tionen bei Verstößen und dass Mono-
kulturen nicht nachhaltig sind. Auf der anderen Seite zeigt die Initiative, dass diese Anregungen für gesetzliche
Regelungen geben konnten und die Plantagen der Mitglieder einen besse-
ren Standard haben als jene von Nicht-Mitgliedern.
Text: Y. Schleicher (nach Geibler/Bienge 2010)
Aufgabe 3:
Diskutieren Sie die Frage der Nachhal-tigkeit von Palmölprodukten in einer
strukturierten Kontroverse.
a) Analysieren und Bewerten Sie
dazu die ökologischen und gesell-schaftlichen Folgen einer Auswei-tung des Ölpalmenanbaus (M4).
b) Erläutern Sie zudem, wie die Palmölgewinnung nachhaltig ge-
staltet werden kann (M4, Diercke Weltatlas 2008, S. 177.2).
Eine Mindmap kann zur Veranschauli-
chung dienen.
sia gilt als ein Hochlohnland Sü-dostasiens. Anstatt die Plantagen-
flächen weiterhin auszudehnen, werden künftig die Intensivierung der bestehenden Pflanzungen
und die Weiterverarbeitung des Palm- und Palmkernöls im Zent-
rum stehen.
Text gekürzt aus: Ölpest im Regenwald?
(Scholz 2004)
Aufgabe 2:
Charakterisieren Sie die Bedeu-tung der Palmölproduktion für die Länder Indonesien und Malaysia
(M3).
Weltweite Produktionsmengen und Anbauflächen von Palmöl 1960-2009 (Geibler/Binge 2010)
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