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www.julius-kuehn.de
Pflanzenschutz- Bienenschutz – Neonikotinoide
Dr. Jens Pistorius
Aufgabenfeld Pflanzenschutz/Bienenschutz
im Institut für Bienenschutz
www.jki.bund.de
I. Risikobewertung der Bienengefährlichkeit von Pflanzenschutzmitteln und Zulassung
II. Forschung zur Bienengefährlichkeit von Pflanzenschutzmitteln
III. Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen
Risikobewertung: Dosis – Wirkung
Pflanzenschutzmittel:
• Wirkstoff (Toxizität, Wirkmechanismus, Wirkstoffeigenschaften)
• Wirkstoffgehalt des Mittels
• Formulierung (Beistoffe)
• Mittel/Wirkstoffmenge pro ha – Bienengefährlichkeit?
Risikobewertung: Toxizität Neonikotinoide
Wirkstoff LD50 Oral / Biene (Wirkstoff)
LD50 Kontakt / Biene (W.)
Anwendung; Mittel
Imidacloprid, Clothianidin, Thiamethoxam
~4 ng ~24 bis 44 ng
Saatgutbeizung, (Zulassung ruht) Spritzung (B1-bienengefährlich)
Fipronil (kein Neonic.):
4 ng 5 ng In DE nur Anwendung als staubfreies Granulat – zzT keine Zulassung
Acetamiprid 9300 ng 10200 ng Spritzung in vielen Kulturen (u.a. Raps, Obst, Beeren) (B4-bienenungefährlich)
Thiacloprid 17320 ng 38820 ng Spritzung in vielen Kulturen (u.a. Raps, Obst, Beeren) (B4)
Die meisten Fungizide, Herbizide
>100 000 ng
>100 000 ng
Spritzung in vielen Kulturen (u.a. Raps, Obst, Beeren) (B4)
Prüfung erfolgt abhängig vom Mittel/Wirkstoff in mehreren Stufen:
1. Laborstudien zur Toxizität LD50, LC50, LDD50 ….. (Adult: akut- Oral, Kontakt Neu: chronisch, Larven)
2.Halbfreilandstudien zur Bienengefährlichkeit in
Flugzelten mit Bienenvölkern
3.Freilandstudien zur Bienengefährlichkeit mit „Wirtschaftsvölkern“
Prinzip: Risikobewertung, Toxizität, Bienengefährlichkeit-
Prüfstufen Labor, Halbfreiland, Freiland
„Triggerwerte“ – wann ist welche Prüfung notwendig?
Überschreiten Trigger Werte (HQ, ETR, PEC) Unterschreiten: B4, B3
Einstufung: B1 (Bienengefährlich), B2, B3, B4 (bienenungefährlich)
Risikobewertung, Bienenschutz & Pflanzenschutz-
welche Exposition, welche Effekte?
Systemische
Rückstände,
Nektar & Pollen,
Guttation, Pfützen
Imkerliches handeln, z.B.
Varroabekämpfung
Letale und subletale Effekte-
Relevanz und Realität
• Subletale Effekte – relevante und nicht relevante- alles was eine Veränderung bewirkt aber nicht tödlich ist.
• Viele subletale Effekte nur auf Laborebene messbar, aber in vielen Fällen kein Nachweis von Auswirkungen auf Bienenvölker unter praktischen Bedingungen
• Weiterentwicklung einiger spezieller Methoden klar wünschenswert
• Subletale Effekte- z.B. Verhaltensänderung, Verwirrung/Desorientierung u.v.a. sollten – wenn sie relevant sind- kurz/mittel/langfristige Auswirkungen auf Bienenvolkparameter haben (Auswirkungen auf Volks- und Brutentwicklung, Honigertrag, Verhalten….) und werden somit auch jetzt in Bienenvolkprüfungen mit abgedeckt.
• Letale Effekte - klar relevant – sublethale: manche, nicht alle relevant
Effekte auf Einzelbiene vs. Auswirkung auf Volksebene?
Was sind akzeptable Effekte? Was ist das Schutzziel?
Forschung: Thema Beizstaubabdrift: Feldrealistische
Aussaat von Mais oder Raps mit bekannter
Beizabriebsqualität, Abdrift durch Wind auf benachbarte
(blühende) Nichtzielflächen (Raps oder Senf)
Zusammenhänge: Beizabrieb(qualität) / Exposition / Effekte
Exposition Nichtzielflächen & Bienen: Petrischalen, Blüten, Gesamtbestand;
Nektar, Pollen, Bienenbrot,
Effekte Bienen: Mortalität, Brut- & Volksentwicklung, Rückstände tote Bienen 8
Kontrolle Treatment
Titel
maximal dreizeilig
eingeben (Größe mindestens 24 pt)
Optional: Angaben zur Präsentation, Institutsadresse oder dergleichen in diese Zeile eintragen
10
Forschung: Thema: Risiken durch Pollen / Nektar von
Clothianidin-gebeiztem Raps für Honigbienen,
Hummeln oder Solitärbienen (ABO)?
ABO Projekt: Halbfreiland + Freilandversuche,
5 Bieneninstitute, 2014 & 2015
Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen
Jährlich ca. 100-150 Einsendungen, Bienenschäden mit Verdacht auf
Vergiftung. Ausnahmejahr: 2008 mit 885 Schadmeldungen
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emb
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Bienenproben ohne Rückstände im Jahresverlauf (2006-2015) nicht alle
gemeldeten Schäden durch PSM/Biozide erklärbar!
Jahr 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017
Anzahl gemeldeter
Bienenschäden 150 81 108 140 93 144 100*
(*4.10.17)
Top 10 Wirkstoffe – Bundesweit, 2012 bis 2016
beteiligt/ursächlich für Bienenvergiftungen
Wirkstoff Rang Gesamt-
ergebnis 2012 2013 2014 2015 2016
Dimethoat 1 37 7 10 13 3 4
Fipronil 2 22 3 2 4 5 8
l-Cyhalothrin + Azol 3 17 6 4 2 3 2
Clothianidin 4 15 2 5 5 1 2
Imidacloprid 5 14 2 3 5 4 0
Indoxacarb 6 12 2 2 5 0 3
a-Cypermethrin +
Azol 7 9 3 2 2 0 2
(zeta-)
Cypermethrin 8 8 1 2 2 1 2
Chlorpyrifos 9 7 0 3 2 1 1
Etofenprox 9 7 2 0 2 1 2
Top 10 Wirkstoffe – Bundesweit, 2016:
beteiligt/ursächlich für Bienenvergiftungen
Wirkstoff Rang Gesamtergebnis 2016
Fipronil 1 8 8
Dimethoat 2 4 4
Indoxacarb 3 3 3
Clothianidin 4 2 2
Etofenprox 4 2 2
l-Cyhalothrin & Azolfungizid 4 2 2
a-Cypermethrin & Azolfungizid 4 2 2
(zeta-) Cypermethrin 4 2 2
Spinosad 4 2 2
Pyrethrin 4 2 2
Schlussbemerkungen
• Die meisten, nicht alle Bienenschäden sind (er)klärbar
• Nicht jeder Bienenschaden ist ein Vergiftungsschaden.
• Auch der Einsatz von Bioziden kann sehr kritisch sein („Ameisenköder auf zuckerhaltiger Basis!“)
• Die häufigsten Ursachen von Bienenvergiftungen sind eindeutig Fehlanwendungen von Pflanzenschutzmitteln und Nichtbeachtung der Anwendungsvorschriften!
• Wichtig ist Kommunikation von Imkern & Landwirten- Beratungsbedarf auf beiden Seiten!
Schlussbemerkungen
• Differenziertere Betrachtung der Wirkstoffe, Anwendungen und des Anwendungsbereiche, potentieller Risiken und tatsächlicher Probleme nötig
• Relevante subletale Effekte werden bei Bewertung berücksichtigt
• Bienenvolkprüfung sind und bleiben essentiell- mehr Berechnungen gaukeln zwar oft „mehr Sicherheit“ vor, viele „Stellschrauben“ jedoch (z.T. sehr) schwach
• Verschärfung der Prüfungen- ok, notwendig und sinnvoll. Aber: manchmal einfach nur übertrieben, Ideologie (Politik) vs. Wissenschaft? Sicherheitsfaktoren ja, aber bitte mit Realitätsbezug!
• Neue Erkenntnisse zu Hummeln und anderen Wildbienen- Vergleichbarkeit mit Honigbienen? Methodenentwicklung, auch Freiland notwendig- in Arbeit!
• Viele Forschungsarbeiten, insbesondere zu Neonikotinoiden- unterschiedlichster Qualität, auch sehr schlechte- in der Öffentlichkeit kommen „dramatische Effekte“ aber immer am besten an!
• Weitere Entscheidungen zu hochtoxischen Neonikotinoiden nach Abschluss der Gesamtsichtung aller Daten aus EU (Ende 2017 – Mitte 2018)
Bienenschutz, Pflanzenproduktion und
Kulturlandschaften –
ganzheitlich und zukunftstauglich:
im Miteinander gestalten!
Danke!
für Ihre Aufmerksamkeit, Ihre Bemühungen und
Aktivitäten für einen sachgerechten Bienenschutz!
LD50 (Lethal Dose): Maß für Toxizität
LD50-Wert (in μg pro Biene):
Eingruppierung in eine Toxizitätsstufe
– unter 1 μg pro Biene = sehr toxisch (fast alle Insektizide)
– 1 – 10 μg pro Biene = toxisch (Insektizide)
– 10 – 100 μg pro Biene = mittel bis schwach toxisch
– > 100 μg pro Biene = nicht toxisch