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Pflegedokumentation im Pflegealltag Christoph Meinhart BSc, MScN 17. November 2016 1

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Pflegedokumentation

im Pflegealltag

Christoph Meinhart BSc, MScN

17. November 2016

1

Christoph Meinhart BSc, MScN

Christoph Meinhart BSc, MScN

Zu meiner Person

✆: +43 (0)50-2211-1408

✉: [email protected]

2

• 2009-2012: Bachelorstudium GuK (FH-Salzburg)

• 2012- 2015: DGKP geriatrische Sonderklasse SALK

• 2012-2014: Masterstudium Pflegewissenschaft (UMIT)

• 2014- laufend: Pflegewissenschaftler (FH-Salzburg)

• 2016- laufend: Ph.D Studium: Nursing and Allied Health Sciences

(PMU-Salzburg)

Fragen treten meist erst bei der

Durchführung auf – Sie können

sich gerne melden!

Inhalt

I. Einleitung

Definition Pflegedokumentation

Inhalte der Pflegedokumentation

II. Stimmungsbild aus der Praxis

III. Rechtliche Grundlagen

IV. Pflegeprozess Assessment

Planung

Evaluierung

V. Flussdiagramme

VI. Entlassungs- / Verlegungsbericht

VII. Pflegebericht

VIII.Take Home Message

EINLEITUNG

Definition

Pflegedokumentation

„Die Pflegedokumentation ist ein

fachliches Arbeitsinstrument, das die

systematische, kontinuierliche und

schriftliche Erfassung sowie die

Auswertung von pflege- und

behandlungsrelevanten Daten

ermöglicht.“ (Grimm, 2010, S. 8)

Inhalte der

Pflegedokumentation

• Pflegeassessment

• Individueller Pflegeplan

• Pflegebericht

• Flussdiagramme

• Entlassungs-

Verlegungsbericht

PatientInnenakte

STIMMUNGSBILD AUS DER

PRAXIS

Welche Einstellung

habe ich zur

Pflegedokumentation?

Wie wird bei uns

dokumentiert ?

Stimmungsbild aus der Praxis

• Dokumentation Zeitfaktor

• Pflege in Worte zu fassen schwer

• Schreibarbeit Zeit für PatientInnen ↓

Pflegeprozess im Alltag sichtbar Probleme ↓

• gesamtes Team hat Zugriff auf Informationen

(Keitel 2007, S. 14ff.)

Stimmungsbild aus der Praxis

(Rasse, 2014) n=40

Zeitaufwand pro PatientIn und Tag für

die Pflegedokumentation in Österreich

(Winkler et al., 2006)

n=1645

Nachteile der

Pflegedokumentation

(Winkler et al., 2006)

n=1645

Vorteile der

Pflegedokumentation

(Winkler et al., 2006)

n=1645

RECHTLICHE GRUNDLAGEN

Rechtliche Grundlage

(DGKP)

Christoph Meinhart BSc, MScN 16

Rechtliche Grundlage (PA)

Christoph Meinhart BSc, MScN 17

PFLEGEPROZESS

Assessment – Pflegeplanung

Phasen des Pflegeprozesses

nach NANDA-I

Christoph Meinhart BSc, MScN 19

Definition Pflegeprozess

• „Der Pflegeprozess ist ein logischer,

klientenzentrierter, zielgerichteter,

universell anwendbarer und

systematischer Denk- und

Handlungsansatz, den Pflegende

während ihrer Arbeit nutzen (Wilkinson,

2007).“

Christoph Meinhart BSc, MScN 20

ASSESSMENT

Christoph Meinhart BSc, MScN 21

Assessment

• Erste Schritt im Pflegeprozess

• systematische Datensammlung der

relevanten PatientInnendaten

• Grundlage für Pflegeplanung

• „Ohne ein systematisches Pflegeassessment

ist es nicht möglich, akkurate und genaue

Pflegediagnosen zu erstellen (Lunney, 2007).“

Christoph Meinhart BSc, MScN 22

Initiales Assessment

• Aufnahmeassessment

• Datenbasisassessment

• Vollassessment

• ev. Fokusassessment

• Daten werden zu ersten

Problemsichtung erstellt

Fortlaufendes

Assessment

• Fokusassessment

• betrachtet spezifische

Probleme, Aktivitäten oder

Verhaltensweisen

• konzentriert sich auf bereits

identifizierte Probleme, oder

identifiziert neue

• Datenverwendung zur

Zielerreichung und

Problemlösung

Christoph Meinhart BSc, MScN

Einteilung der Assessments

23

Assessment

• Schritte des Assessments

• 1.Datenerhebung

• 2.Datenvalidierung

• 3.Datenstrukturierung

• 4.Datendokumentation

Christoph Meinhart BSc, MScN 24

Datenerhebung

• Sammeln von Informationen über:

• den Gesundheitszustand der/des Pat.

• eine Familie

• eine Gemeinde

Christoph Meinhart BSc, MScN 25

Subjektive Daten

• Persönliche Erfahrungen

• Nicht messbare Daten

• Nicht durch Beobachtung

zum Erheben

• Primär

• Aussagen der/des

PatientIn

• Sekundär

• Aussagen/Meinungen von

Angehörigen/KollegInnen

Objektive Daten

• Beobachtung/Untersuchung

• Messbare Daten

• Primär

• Alles was selbst

beobachtet/untersucht wurde

• Sekundär

• Daten aus Befunde

(Laborwerte…)

Christoph Meinhart BSc, MScN

Datenerhebung-

Datenquellen

26

Datenvalidierung

• Validierung = Daten zu überprüfen bzw.

zu verifizieren

• Um zu gewährleisten, dass die

Informationen komplett und korrekt sind

• Um eigene Fehler, Vorurteile und

Fehlinterpretation der Daten auszuräumen

• Um zu vermeiden, falsche Schlüsse aus

den Daten zu ziehen

Christoph Meinhart BSc, MScN

„Wer kritisch denkt, validiert

seine Daten.“

27

Datenstrukturierung

• Datensammlung sollte systematisch

erfolgen.

• nach dem verwendeten Pflegemodell:

• … ATL

• … AEDL

• … ABEDL

Christoph Meinhart BSc, MScN 28

Datendokumentation

• Assessmentdaten müssen zugänglich

sein sowie weitergeleitet und

dokumentiert werden.

• subjektive Daten mittels Zitaten

• keine Schlussfolgerungen

• keine vagen Formulierungen

• Wertschätzung!

Christoph Meinhart BSc, MScN 29

PFLEGEPLANUNG

Medizinische Probleme vs.

Pflegeprobleme

• Medizinische Diagnose…

• … benennt einen Krankheitsprozess, einen

pathologischen Zustand, welcher

behandelt werden wird.

• Eine Pflegediagnose…

• … ist eine Schlussfolgerung über den

Gesundheitszustand bzw. eine

menschliche Reaktion des Klienten/der

PatientIn (Wilkinson, 2012, S. 186)

Christoph Meinhart BSc, MScN 31

Definition Pflegediagnose

• „Eine Pflegediagnose ist die klinische

Beurteilung der Erfahrungen/Reaktionen von

Einzelpersonen, Familien oder sozialen

Gemeinschaften auf aktuelle oder potentielle

Probleme der Gesundheit im

Lebensprozess.“

• PD bilden die Basis für die Wahl der

Maßnahmen, um die Ziele zu erreichen, für

welche Pflegepersonen verantwortlich sind (NANDA-I, 2016,S. 141)

Christoph Meinhart BSc, MScN 32

Menschliche Reaktionen

• Physische Reaktionen

• Psychische Reaktionen

• Soziale Reaktionen

• Spirituelle Reaktionen

Christoph Meinhart BSc, MScN 33

Beispiel

„Die Ärztin diagnostiziert bei einem Patienten

Hypertonie. Sie verschreibt ihm ein Antihypertonikum

und ordnet eine salzarme Diät an. Als Pflegeperson

diagnostizieren und behandeln wir die die Reaktion des

Patienten und/oder seiner Angehörigen auf die med.

Diagnose“

Christoph Meinhart BSc, MScN 34

Patient motiviert die Ernährung

einzuhalten?

Welche Umstellung betrifft die

Familie ?

Ist Patient über die Wichtigkeit der

Therapieeinhaltung informiert ?

med. Diagnosen verlaufen über gesamten Krankheitsverlauf

Pflegediagnosen können sich im Prozess ändern

Pflegediagnosentitel:

Ä:

SS:

SO:

R:

35 Christoph Meinhart BSc, MScN

Ziel Maßnahme

FZ: Maßnahme 1

NZ: Maßnahme 2

…..

Ausformulierung der

Pflegeplanung

IST-Zustand:

Ist alles präzise

angeführt?

SOLL-Zustand:

SMART-Regel ? Vom IST SOLL

W-Regel erfüllt ?

Formulierungshilfe für

Pflegeziele

• SMART- Formulierung • S – Spezifisch (Ist Ziel präzise genug formuliert?)

• M – Messbar (Ist Zielerreichung überprüfbar?)

• A – Attraktiv/akzeptiert (Bringt es einen Nutzen?)

• R – Realistisch (Ist Ziel überhaupt erreichbar?)

• T – Terminiert (Ist klarer Endtermin vorgegeben?)

Christoph Meinhart BSc, MScN 36

Pflegemaßnahmen mit

„5-W-Regel“

1. Was ist zu tun?

2. Wie ist es

durchzuführen ?

3. Wie oft ist es zu tun?

4. Womit ist es zu tun?

5. Wer führt es aus?

Christoph Meinhart BSc, MScN 37

Pflegemaßnahme

?!?!?!?!?!?!?

EVALUATION

Christoph Meinhart BSc, MScN 39

Evaluation

…ist eine geplante und kontinuierliche Beurteilung

• der vom Pat. in Richtung Zielverwirklichung

gemachten Fortschritte

• der Wirksamkeit des Pflegeplans durch den Pat.,

seine Angehörigen, Pflegepersonen und andere

Mitglieder des Gesundheitsversorgungsteams.

Christoph Meinhart BSc, MScN 40

Zusammenhang zwischen

Evaluierung und Pflegeprozess

• Evaluierung ist nur möglich – wenn

Pflegeprozess bisher richtig abgelaufen

ist!

• Erneute Datensammlung

• nicht zu Diagnosezwecken

• Welche Auswirkungen hat/hatte

die Pflege auf die diagnostizierten Probleme ?

• Evaluierungsphase beendet den

Pflegeprozess nicht!

Christoph Meinhart BSc, MScN 41

Evaluation

• Fortlaufende Evaluation

• während oder direkt nach einer

Pflegeintervention

• Reaktion des Pat. auf die Intervention

• Anpassung sofort möglich

• Intermittierende Evaluation

• Bestimmter Zeitpunkt (z.B. einer Woche)

• Verdeutlicht den Status der Pflegeziele

• Anpassung im Pflegeplan

Christoph Meinhart BSc, MScN 42

Evaluation

• Evaluierung kann nur anhand zuvor

festgelegten Kriterien (=Ziele) erfolgen

• Ziel erreicht

• die gewünschte Reaktion ist eingetreten

• Ziel teilweise erreicht

• nur ein Teil der gewünschten Reaktion ist

eingetreten bzw. nur zeitweise zu beobachten

• Ziel nicht erreicht

• gewünschte Reaktion ist (noch) nicht

eingetreten

Christoph Meinhart BSc, MScN 43

FLUSSDIAGRAMME

Grafisches Flussdiagramm

ENTLASSUNGS-

VERLEGUNGSBERICHT

Entlassungs- und

Verlegungsbericht

• Beschreibung der Erkrankung zum Entlassungszeitpunkt

• Aktuelle Medikation (ev. Doppelung mit Arztbrief,

trotzdem wichtig)

• Durchgeführte Schulungen und Beratungen

• Anweisungen für Nachsorge als Empfehlung

• Aktivitätsgrad und Selbstversorgungsfähigkeiten

• Unterstützungssysteme/Bezugspersonen

• Art der Entlassung (gehfähig, etc.) (Wilkinson, 2012, S. 396)

Christoph Meinhart BSc, MScN 47

PFLEGEBERICHT

Christoph Meinhart BSc, MScN 48

(Verlaufs-) Pflegebericht

„Der Pflegebericht hat zum Ziel aktuell

auftretende Probleme, deren

Verlaufsbeschreibung sowie die Beschreibung

des Befindens des Pflegebedürftigen zu

erfassen. Der Pflegebericht weist in der Regel,

sofern keine Besonderheiten zu verzeichnen

sind, keine täglichen Eintragungen auf.“ (MDS,

2005,S. 37)

Charting by Exception (CBE)

• … ist ein System, bei dem nur bedeutsame

Befunde/ Abweichungen von zuvor

festgelegten Normen dokumentiert werden.

• Norm = Pflegeplanung/Standards

Muss von Einrichtung/Träger festgelegt

werden!!

• Cummins & Hill (1999)

• Dokumentationszeit und Kosten ↓↓

Pflegebericht

• Vermeiden Sie Füllwörter

• Vermeiden Sie

Doppeldokumentation

• Der Pflegebericht soll nicht als

Fleißdokument der Pflegekraft

dienen (Pflegeplan ist

vorhanden, dort werden die

Interventionen dokumentiert)

• Dokumentieren Sie pflegerische

und ärztliche Interventionen

(über den Pflegeplan hinaus)

und die Reaktionen des/r

PatientIn

• Einmalige Pflegehandlungen

dokumentieren

• Vermeiden Sie persönliche

Ansichten/Wertungen

• Grundlage für Evaluierung

Christoph Meinhart BSc, MScN 51

(Rappolt et al., 2010, S. 8ff)

Pflegedokumentation aus der

Praxis

Keine Abweichung

von der „Norm“

In Pflegeplanung/

Durchführungsnachweis

vermerkt

Häufigkeit ?!

Handlungsempfehlungen für

die Praxis I

• Fehler in der Dokumentation

• Standardisierte Fachsprache

verwenden (SNL)

• CAVE: Abkürzungen (z.B. HWI)

• zeitnahe Dokumentieren

• jeden Eintrag mit Datum und Zeit +

Handzeichen

• Nachträge erkenntlich machen

Handlungsempfehlungen für

die Praxis II

• spezifisch Dokumentieren

• keine vagen Begriffe

• an Fakten halten – keine wertende Sprache

• „gut“, „schlecht“, „aggressiv“ usw.

• die Dokumentation der erbrachten Pflege

erfolgt im Durchführungsnachweis

• Reaktion auf Maßnahmen dokumentieren –

Evaluierung !

Formulierungshilfen I

• Fokus® -Dokumentation (Lampe, 1985)

• D (-aten)

• A (-ktion)

• R (-eaktion)

• (A)

• ….

Christoph Meinhart BSc, MScN 55

• A (-ssessment)

• I (-ntervention)

• R (-eaktion)

• A (-ktion)

Formulierungshilfen II

• Subjektive Daten (was sagt PatientIn)

• Objektive Daten (durch den Gebrauch

unserer Sinne messbar, z. B. Vitalzeichen)

• Assessment/Analyse bedeutet hier

Interpretation oder Erklärung

• Plan mithilfe dessen das Problem gelöst

werden soll (Wilkinson, 2012, S. 398)

Christoph Meinhart BSc, MScN 56

Pflegedokumentation aus der

Praxis

Daten

Aktion

Reaktion

Nutzen der

Pflegedokumentation

• Sicherstellung einer kontinuierlichen

PatientInnenversorgung

• Verbesserung der Kommunikation

• Leistungsdarstellung der Pflege

• Sicherstellung einer evidenzbasierten Pflege

• Grundlage für Pflegeforschung

• Sicherstellung von Pflegequalität (Alfaro-LeFevre,

2013, S. 309f)

Take home Message I

(Rappold, 2010, S. 30)

Take home Message II

"If we can not name it, we cannot

control it, finance it, research it, teach

it, or put it into public policy.“ (Lang &

Clark, 1992)

Literaturverzeichnis

• Cummings, KM., Hill, MT.(1999). Charting by Exception: a timely format for you? American Journal of

Nursing, 99 (3), 24ff

• Alfaro-LeFevre, R. (2013). Pflegeprozess und kritisches Denken. Praxishandbuch zum kritischen Denken,

Lösen von Problemen und Fördern von Entwicklungsmöglichkeiten. Bern: Verlag Hans Huber

• Grimm, NA. (2010). Die Pflegedokumentation aus Sicht der Pflegekräfte. Eine qualitative Studie.

Bachelorarbeit: Hochschule für Angewandte Wissenschaft Hamburg

• GuKG (2016). Bundesgesetz über Gesundheits- und Krankenpflegeberufe (Gesundheits- und

Krankenpflegegesetz - GuKG)

• Keitel, P. (2007). Handlungsorientiere Pflegedokumentation: Wissen, worauf es ankommt. 1. Auflage,

Stuttgart: Kohlhammer

• Lampe, S. (1985). Focus Charting - Creative Management. Mineapolis,

• Litschauer, M., Gantner, E., Hackl, J., Stelzmüller, C.(2008). Gesundheits- und Krankenpflegerecht. Wien:

LexisNexis ARD Orac

• Lunney, M. (2007). Arbeitsbuch Pflegediagnostik: Pflegerische Entscheidungsfindung, kritisches Denken

und diagnostischer Prozess – Fallstudien und –analysen. Bern: Verlag Hans Huber

• Rappolt et al. (2010). Arbeitshilfe für die Pflegedokumentation. ÖBIG- Österreichisches Bundesinstitut für

Gesundheitswesen.

• Rasse, K. (2014). Pflegedokumentation auf der Intensivstation Wie viel Unterstützung benötigt das Team?.

Abschlussarbeit

• MDS (2005). Grundsatzstellungnahme Pflegeprozess und Dokumentation. Essen: MDS-Verlag

• NANDA-I (2016). Pflegediagnosen. Definitionen und Klassifikationen 2015-2017. Kassel: Recom

• Wilkinson, JM. (2012) Das Pflegeprozessbuch. Bern: Verlag Hans Huber

• Winkler, P., Rottensteiner, I., Pochobradsky, E., Riess, G. (2006): Österreichischer Pflegebericht. Im

Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen, ÖBIG, Wien