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Informationen zur politischen Bildung / izpb  320 4/2013 Politisches System der USA

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Informationenzur politischen Bildung / izpb 320

4/2013

Politisches System der USA

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2 Politisches System der USA

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

 

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Inhalt

Die USA – eine europäische Idee mitwelthistorischer Bedeutung 4 

Konkurrenz und Kontrolle der Machthaber:

checks and balances 8 

Horizontale Gewaltenteilung 8 

Vertikale Gewaltenteilung: Föderalismus 27 

Temporale Kontrolle: Macht auf Zeit durch Wahlen 30 

Mittler zwischen Zivilgesellschaft und Politik:Themennetzwerker 44 

Schwache Parteien 44 

Starke Interessengruppen 46 

Think Tanks als Ideen- und Personalagenturen 47 

Medien als vierte Gewalt? 50 

Aktuelle Probleme: Politikblockade 54 

Der Schuldenberg 54 

Blockierte Wirtschaftspolitik 56 

Freie Hand für freien Handel? 57 

Volle Kraft zurück: Energie- und Umweltpolitik 58 

Abwälzen außenpolitischer Lasten 60 

Literaturhinweise und Internetadressen 64 

Schlagwörterverzeichnis 66 

Der Autor 67 

Impressum 67 

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Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

Editorial

„E in Land im Würgegriff“, „Unvereinigte Staaten“, „Eines langen Tages Reise in die Unregierbar

keit“ – so lauteten Schlagzeilen der deutschen Presse im Oktober 2013. Anlass für diese Zuschreibungen

waren die haushaltspolitischen Auseinandersetzungen zwischen der Republikanischen Mehrheitim Kongress und dem Demokratischen PräsidentenObama. Es drohte – wieder einmal – die Zahlungsunfähigkeit der USA, 16 Tage lang waren Bundesbehörden geschlossen und wurdenRegierungsangestellte in Zwangsurlaub geschickt. Erst Ende Dezember konnten sichDemokraten und Republikaner mühsam auf einen Minimalkompromiss einigen.

Aufmerksame Beobachter sprechen von einer Tendenz zur Polarisierung der US-Gesellschaft, die sich in den vergangenen Jahren verschärft hat – und das sowohlauf politischem, sozialem, wirtschaftlichem wie auf kulturellem Gebiet. Es ist zwarnicht das erste Mal, dass eine Schließung von Bundesbehörden erfolgt ist oder dassum die Schuldengrenze gestritten wird, aber die Bereitschaft, tragfähige Kompromisse herbeizuführen, scheint in den vergangenen Jahren zunehmend verloren ge

gangen zu sein.Was spricht für die Richtigkeit dieser Beobachtungen, und welche Entwicklungenliegen der konstatierten Polarisierung zugrunde? Wie ist das politische System derUSA angelegt, das aufgrund seiner Prinzipien und seiner elastischen Konstruktionzum Vorbild für viele Demokratien weltweit wurde, und wie kann es unter den aktuellen Voraussetzungen seine Funktionsfähigkeit bewahren?

Der Autor dieses Heftes, der Politikwissenschaftler Josef Braml, erklärt die Grundprinzipien, nach denen das politische System der USA aufgebaut ist, stellt seinewichtigsten zentralen Akteure vor, beschreibt ihr Zusammenwirken auf den verschiedenen Politikfeldern und erläutert die Spielregeln und den Rahmen, in demdie politischen Auseinandersetzungen stattfinden. Dabei geht er auch auf die historischen Hintergründe und die Ideengeschichte ein, weil ohne sie die politischenStrukturen der USA, ihre aktuellen Probleme und die künftige Entwicklung nicht zu

verstehen sind.

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Jutta Klaeren

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Politisches System der USA4

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

Josef Braml

Die USA – eine europäische Idee mit welthistorischer Bedeutung

 Die Verfassung von 1787 ist bis heute Grundlage politischen Handelns in den USA. Sie genießt nicht nur bei der eigenen

 Bevölkerung Anerkennung, auch international haben

ihre Prinzipien und ihr freiheitliches Gesellschaftsmodell

Vorbildcharakter. Seit 2001 ist es schwieriger geworden,

diesen hohen Anspruch zu erfüllen.

 Am 17. September 1787 unterzeichnen die Abgesandten der Einzelstaatenin Philadelphia unter Vorsitz des späteren Präsidenten George Washington die Verfassungsurkunde für ihr neues Staatswesen. (Bildausschnitt)

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    L    i    b .

     D   e    A   g   o   s    t    i   n    i    P    i   c    t .

    /   g   a    k

Die Architekten der US-amerikanischen Verfassung, die sogenannten Gründerväter, darunter Benjamin Franklin,

Alexander Hamilton, Thomas Jefferson und George Washington, genießen bis heute in den USA für ihr Werk große Wertschätzung. Dass die älteste bis heute gültige republikanischeStaatsverfassung auch im 21. Jahrhundert mehr oder wenigerunverändert besteht, liegt an ihrer elastischen Konstruktion.Die miteinander verbundenen Prinzipien der Volkssouveränität, der individuellen Menschenrechte und der Repräsentationgewährleisten immer noch die Statik des Verfassungsgerüstsvon 1787.

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Die antike Vorstellung vom Volk als Quelle von Regierungs

macht wurde mit dem neuzeitlichen Konzept individuellerMenschenrechte verschränkt: In einer liberalen Demokratiestößt der Mehrheitswille des Volkes dort an Grenzen, wo erdie Rechte von Minderheiten beschneidet – eine „Tyrannei derMehrheit“ soll verhindert werden. Das Misstrauen gegenüberder breiten Masse wird in einem weiteren Konstruktionselement deutlich, der repräsentativen Demokratie: Insbesondereauf der Ebene des Bundesstaates sollte nicht das Volk selbst imSinne einer direkten Demokratie entscheiden, sondern seineRepräsentanten. Dahinter steht die Erwartung, dass vom Volkgewählte Vertreterinnen und Vertreter in ihrem Handeln weniger durch Leidenschaften und Affekte geleitet sind, sonderneher rationale und weitsichtige Entscheidungen treffen als

eine direkte Volksregierung.

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Die „Erfindung“ der amerikanischen Nation, so der US-amerikanische Politikwissenschaftler Benedict Anderson inseinem 1988 auf Deutsch erschienenen gleichnamigen Buch,gründet denn auch wesentlich auf der Emanzipation vom

„Alten Kontinent“ Europa mit seinen Staatskirchen und Herrschern von Gottes Gnaden. Gleichzeitig waren die Siedler inder „Neuen Welt“ von Beginn an von dem Bewusstsein erfüllt,eine von Gott auserwählte Nation zu sein:  „God’s own country“ . Diese Abkehr vom Staatskirchentum, verbunden mit demBewusstsein des Auserwähltseins, kommt auch im ersten Verfassungszusatz zum Ausdruck: Die Einrichtung einer staatstragenden Amtskirche wird untersagt und Religions- undMeinungsfreiheit gewährleistet. Diese verfassungsrechtlichgewährte Freiheit schafft bis heute Raum für Pluralismus undein ständiges Ringen um die legitime Position von Religion imSpannungsfeld zwischen privater und öffentlich-politischer

Sphäre. So steht etwa das Schulgebet bis heute im Zentrumpolitischer Auseinandersetzungen, insbesondere seit dasOberste Gericht, der Supreme Court , 1985 im Fall Wallace v.(v. = versus, lat. für gegen) Jaffree entschied, dass in staatlichenSchulen sogar eine Minute der Stille zum freiwilligen Betenoder Meditieren gegen die „establishment clause“  verstoße, dievor der Etablierung einer Staatsreligion schützen soll.

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Geprägt von den Erfahrungen absolutistischer Herrschaft,insbesondere von den Praktiken der damaligen Kolonialmacht Großbritannien, und inspiriert durch aufklärerischeIdeen der Philosophen John Locke und Montesquieu, wolltendie Exilanten fernab ihrer Heimat eine „Neue Welt“ schaffen.In ihr sollte Herrschaft nicht wie auf dem „Alten Kontinent“

von oben, von Gottes Gnaden, legitimiert sein, sondern jegliche Macht von unten, vom Volke, auf Zeit verliehen werden.Der Einzelne – wobei damals indes nur an den wohlhabendenMann mit weißer Hautfarbe gedacht war – galt als Quelleder Volkssouveränität. Darüber hinaus sollte im Sinne einer

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 Ausdruck der Verehrung gegenüber der Republik und der Fahne, die sie symbolisiert, ist der Fahneneid,den hier 2004 eine Schulklasse in Pennsylvania leistet. Die Formulierung „under God“ verweist auf dasnationale Selbstverständnis, ist in einem Land mit Religionsfreiheit aber auch immer wieder umstritten.

 

   a   g

   e   s

     G   e    t    t   y    I   m

    /

   a   s    C   a    i   n

    W    i    l    l    i   a   m    T    h   o   m

 Pledge of Allegiance:

 I pledge allegiance to the flag of the UnitedStates of America and to the republic for

which it stands, one nation under God, indivisible, with liberty and justice for all.

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Treueschwur: 

 Ich schwöre Treue auf die Fahne derVereinigten Staaten von Amerika und

die Republik, für die sie steht, eine Nationunter Gott, unteilbar, mit Freiheit und

Gerechtigkeit für jeden.

http://usa.usembassy.de/regierung-treueschwur.htm

liberalen Verfassung durch Prinzipien der GewaltenkontrolleMissbrauch verhindert werden, um individuelle Grundrechtevor staatlicher Willkür zu schützen.

Die wichtigsten, im Weiteren als individuelle oder persönliche Freiheitsrechte bezeichneten civil liberties  werdendurch die ersten zehn Verfassungszusätze (amendments)garantiert. Diese auch unter dem Begriff der  Bill of Rightszusammengefassten Grundsätze wurden am 15. Dezember1791 als Ganzes in die US-Verfassung aufgenommen. Nachdem Bürgerkrieg (1861-1865) kamen weitere Verfassungszusätze dazu, wobei der 14. besonders bedeutsam für denSchutz der individuellen Freiheitsrechte jeder Person – un

geachtet der Staatsbürgerschaft – ist. Allerdings hat die verfassungsrechtliche Auslegung des Supreme Court   gezeigt,dass einige der individuellen Freiheitsrechte ausschließlichUS-Amerikanerinnen und -Amerikanern vorbehalten sind.

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Die Verfassungsväter haben der Gewaltenkontrolle besondere Aufmerksamkeit gewidmet, denn das Grundprinzip derkonkurrierenden, sich gegenseitig kontrollierenden Staatsgewalten (checks and balances) hat eine grundlegende Bedeutung für die Sicherung individueller Freiheitsrechte. Nebender horizontalen Gewaltenteilung in die gesetzgebende (Legislative), die ausführende (Exekutive) und die richterlicheGewalt (Judikative) wurde in der amerikanischen Verfassungauch eine vertikale Gewaltenkontrolle angelegt: Die Befugnis

se zwischen den Einzelstaaten und dem Bundesstaat wurdenaufgeteilt. Mit horizontaler und vertikaler Gewaltenteilungsollte verhindert werden, dass die Rechte und Freiheiten desEinzelnen und jene der Einzelstaaten über Gebühr eingeschränkt werden.

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Gleichwohl wurden die Rechte der Einzelstaaten, die states‘rights, mit Billigung des Supreme Court  auch dazu missbraucht,um bis ins 20. Jahrhundert in den Südstaaten der USA die Rassendiskriminierung aufrechtzuerhalten. Erst in den 1950erund 1960er-Jahren gelang es der Bürgerrechtsbewegung, demcivil rights movement , die Rassentrennung und -diskriminierung mehr oder weniger zu überwinden. So erklärte der Su preme Court  1954 im Fall Brown v. Board of Education die Rassentrennung an staatlich finanzierten Schulen für unzulässig.Der Voting Rights Act   von 1965 ermöglichte schließlich auchder afroamerikanischen Bevölkerung verbesserte Rechte zurpolitischen Teilhabe. Rassendiskriminierung ist jedoch bis

heute ein politisch brisantes Thema geblieben.

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Ungeachtet solcher Unzulänglichkeiten sollte schon nachdem Ansinnen der frühen Siedler der Neuen Welt das „amerikanische Experiment“ die Welt verbessern. Das LeitbildUS-amerikanischer Außenpolitik bewegte sich im Laufe ihrer Geschichte kontinuierlich zwischen Absonderung vonder Welt und missionarischem Drang zur Weltverbesserung.Der selbstverstandene Ausnahmecharakter der USA, dersogenannte Exzeptionalismus, manifestierte sich dementsprechend in unterschiedlicher Weise: zum einen, indem die„beinahe auserwählte“ Nation ( „almost chosen“ , so AbrahamLincoln), die  „city upon a hill“   (so der puritanische PionierJohn Winthrop 1630 in Anspielung auf das biblische Jerusa

lem, das einen engen Bund mit Gott hatte) selbstgenügsamder Welt als leuchtendes Vorbild diente, oder zum anderen,indem sie die Welt aktiv verändern wollte, sei es mit diplomatischen oder militärischen Mitteln, sei es durch Vorgehenim Alleingang oder mit Unterstützung anderer Staaten.

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5Die USA – eine europäische Idee mit welthistorischer Bedeutung

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

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6 Politisches System der USA

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

 „All men are created equal“  – ein Verfassungsgebotund seine Auslegung

 Am 17. Mai 1954 entschied das ObersteGericht im Fall Brown v. Board of Education, dass nach Hautfarbe getrennte

Schulen „von Natur aus ungleich“sind und dem Gleichheitsgrundsatz des14. Zusatzartikels der Verfassung wider sprechen. Mit diesem wegweisendenUrteil revidierten die Obersten Richterauch die bislang vorherrschende

 Rechtsauslegung gemäß der „separatebut equal“-Doktrin. Sie war 1896 im Fall Plessy v. Ferguson etabliert worden,um Rassentrennung zu rechtfertigen,solange es „getrennte, aber gleichwer tige“ Einrichtungen für afroamerikanische und weiße Schüler gab. Landesweit,

vor allem in den Südstaaten, waren jedoch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts die nach Hautfarbe getrenntenSchulen alles andere als gleichwertigeingerichtet. Die ursprüngliche Klägerin, Esther Brown, kritisierte die schlimmen Zustände, mit denen afroamerikanische Kinder in ihrer Heimatstadt South

 Park im Bundesstaat Kansas alltäglichzu kämpfen hatten. Ihre auf die StädteWichita und Topeka ausgeweitete Klage wurde unterstützt von der bereits1909 gegründeten National Association

 for the Advancement of Colored People(NAACP). Mit der erfolgreichen Sammelklage, der sich weitere Familien anschlossen (unter anderem Oliver Brown ,nach dem der Fall benannt wurde),konnte schließlich die Rassentrennung

an US-amerikanischen Schulen aufgehoben werden.

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 Am 2. Juli 1964 unterzeichnete Präsi

dent Lyndon B. Johnson in Anwesenheit des Bürgerrechtlers Martin Luther King den Civil Rights Act, mit dem die Diskriminierung der afroamerikanischen Bevölkerung bei Wahlen und in öffent lichen Einrichtungen wie Restaurants, Hotels oder Bussen abgeschafft werdensollte. Bereits sein Vorgänger John F. Kennedy hatte auf die immer heftigerwerdenden öffentlichen Protesteder Afroamerikaner reagiert. In seiner

 Ansprache vom 11. Juni 1963 hatteer seine Landsleute und die Gesetzgeber

aufgefordert, der Diskriminierung ein Ende zu bereiten. Es war dann aber die Regierungsmannschaft seines Nach folgers Johnson, der es gelang, das heftigumstrittene Gesetz durch den Kongresszu manövrieren. Gleich in seiner ersten Ansprache an die versammelten Abgeordneten und Senatoren am 27. November1963 äußerte Präsident Johnson, dasskein noch so eloquenter Nachruf den wenige Tage zuvor, am 22. November 1963,ermordeten Präsidenten gleichermaßenehren könne wie die schnellstmögliche

Verabschiedung des Bürgerrechtsgeset zes, für das Kennedy so lange gekämpfthabe. Mit dem Civil Rights Act konntezwar die Zweiklassengesellschaft in öf  fentlichen Räumen mehr oder wenigerbeseitigt werden, aber nicht die Diskrimi

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nierung der Afroamerikaner bei denWahlen.

 Mit dem von Präsident Johnson am

6. August 1965 unterzeichnetenVoting Rights Act sollte einmal mehrsichergestellt werden, dass der afroamerikanischen Minderheit gleiche Voraussetzungen gegeben werden, umsich an den Wahlen zu beteiligen. Dazuwurden diskriminierende Praktikenwie Analphabetismus-Tests als Voraussetzung zur Wählerregistrierungverboten und die verantwortlichen Einzelstaaten unter Aufsicht des Bundes justizministeriums gestellt.

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 Am 25. Juni 2013 urteilte das Oberste

Gericht im Fall Shelby County v. Holdermit einer denkbar knappen Mehrheitvon fünf gegen vier Stimmen, dass im

 „Lichte gegenwärtiger Bedingungen“,insbesondere aufgrund der verbesserten politischen Beteiligung von Minder heiten, eine elementare Bestimmung(Sektion 4) des Voting Rights Actüberholt und damit verfassungswidrigsei. Bisher unterstanden die bei Wahlenmit Diskriminierungspraktiken historisch vorbelasteten Südstaaten der Bundesaufsicht. Die Gesetzgeber sind

nun aufgefordert, neue, an die heutige Zeit angepasste Kriterien zu finden,die weiterhin eine bundesstaatliche Auf sicht der von den Einzelstaatenorganisierten Wahlen rechtfertigenwürden.

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 Der Civil Rights Act von 1964 ist ein Meilenstein auf dem Weg zur Gleichberechtigung der afroamerikanischen Bevölkerung. Nach der Unterzeichnung wendet sich Präsident Johnson (sitzend) demhinter ihm stehenden Bürgerrechtler Dr. Martin Luther King zu.

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7Die USA – eine europäische Idee mit welthistorischer Bedeutung

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

Nach den für die USA traumatischen islamistischen Terroranschlägen vom 11. September 2001 auf das World Trade Center  in New York und das Pentagon bei Washington haben dieBemühungen von US-Präsident George W. Bush (2001-2009),mehr Sicherheit auf Kosten der Freiheit zu erlangen und die

Welt mit militärischen Mitteln zu demokratisieren, jedoch zueinem merklichen Qualitätsverlust der eigenen, US-amerikanischen Demokratie geführt. Barack Obamas Wahl zum 44.Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gab Anlasszur Hoffnung auf einen Kurswechsel. „Change we can believein“  hatte sein Wahlkampfmotto gelautet, und in seiner Amts

antrittsrede verurteilte er die Politik seines Vorgängers: „Wirverweigern uns gegen die irreführende Wahlmöglichkeitzwischen unserer Sicherheit und unseren Idealen.“ Er bekundete dagegen die Absicht, unter seiner Führung der vonden Gründervätern verfassten Charta zur Gewährleistungvon Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten wieder neuenGlanz zu verleihen. „Diese Ideale erleuchten immer noch dieWelt, und wir geben sie nicht preis, nur weil es zweckdienlicherscheint“, so Obama in seiner Ansprache. (www.whitehouse. gov/blog/inaugural-address/)

Ob es Präsident Obama gelingen wird, die inneren Kollateralschäden des „Globalen Krieges gegen den Terror“ (GlobalWar on Terror ) und den internationalen Ansehensverlust der

einstigen liberalen Vorbilddemokratie zu reparieren, bleibtabzuwarten. Dies wäre nicht ohne Belang, denn der Qualitätszustand der freiheitlich verfassten offenen US-Gesellschaft beeinflusst aufgrund ihres Vorbildcharakters die weltweite Wahrnehmung demokratischer Rechtsstaatlichkeitund internationaler Rechts- und Ordnungsvorstellungen.

 Frau Professor Bungert, Präsident Obama

wird in diesem Jahr [2013] zweimalvereidigt. Was hat es damit auf sich? Es wäre in den USA undenkbar, dassder offizielle Festakt zur Inauguration aneinem Sonntag stattfindet. Damit nundas Land nicht ohne vereidigten Präsidenten ist, wenn der verfassungsmäßig

 festgesetzte Termin des Amtswechsels am20. Januar auf einen Sonntag fällt, gibtes seit dem 20. Jahrhundert an diesemTag eine Vereidigung im Weißen Haus imkleinen Kreis, am Montag wiederholtder Präsident seinen Schwur in aller Öf 

 fentlichkeit. Im 19. Jahrhundert hatte manden Amtseid auf Samstag vorverlegt –mit der seltsamen Folge, dass es einen Taglang zwei vereidigte Präsidenten gab.

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So viel Umstand mit Rücksicht auf denchristlichen Ruhetag?Offiziell sind Religion und Staat in denUSA strikt getrennt. Aber die puritanischeTradition ist bis heute lebendig. DerSonntag gehört dem Gottesdienst. Festivitäten sind verpönt, ebenso wie Alkoholgenuss. […] Das sind natürlich Ana

chronismen, deren Logik auch nichtdurchgehalten ist. Der Superbowl, einesder größten Sportereignisse in denUSA, darf zum Beispiel sehr wohl sonntags stattfinden.

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Sind die USA also doch eine Art Gottesstaat?

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 Mit dem Begriff wäre ich vorsichtig, aber

klar, es gibt eine Vermischung von Reli gion und Politik, was in der Wissenschaftoft „Zivilreligion“ genannt wird. Sie wirdnirgends deutlicher als in der Inaugurationsfeier mit Gebeten zu Beginn undeinem Schluss-Segen – Ritualen, die nichtzu einer säkularen staatlichen Zeremoniezu passen scheinen. Offiziell wird dann

 gern gesagt, es werde nicht der Gott einerbestimmten Religion adressiert. [...] 

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Welchen Sinn hat die religiöse Aufladung der ganzen Feier?

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Sie drückt das Selbstverständnis der US- Amerikaner als „Gottes auserwähltesVolk“ aus. Auch das ist puritanisches Erbeund Teil der Zivilreligion. Europäern istdieser Erwählungsgedanke oft fremd. FürUS-Amerikaner hingegen verbindet sichdamit die Selbstverpflichtung, sich der göttlichen Erwählung und des Erbes derVorväter würdig zu erweisen. Jede Generation von Amerikanern wird daraufhinneu geprüft. […] 

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Ohne Bibel geht es nicht?

 Fast alle Präsidenten haben auf die Bibel geschworen. George Washingtons Ver eidigung hätte zwar beinahe ohne Bibelstattgefunden. Doch im letzten Augenblick wurde ein Exemplar herbeigeschafft,

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ausgerechnet aus einem Freimaurertem pel. Seitdem hat nur John Quincy Adams, Präsident von 1825 bis 1829, stattdessen

auf ein Gesetzesbuch geschworen. Nach Kennedys Ermordung 1963 wurde seinVize Lyndon B. Johnson an Bord der Air Force One vereidigt. Dort fand sichzwar keine Bibel, wohl aber ein katholisches

 Messbuch. Das musste als Ersatz herhalten. Also: Bibel muss sein. Neuerdings ebensogar zwei [Am Montag, 21. Januar 2013,dem Tag der öffentlichen Vereidigung Präsident Obamas, wurde auch offiziell derGedenktag für den schwarzen Bürgerrecht ler Martin Luther King begangen. Deshalb leistete der Präsident an diesem Tag

seinen Amtseid nicht nur auf die Bibeldes ehemaligen Präsidenten Abraham Lincoln, sondern auch auf eine Bibel Martin Luther Kings. – Anm. d. Red.]. Bei seiner „kleinen Vereidigung“ am Sonntagwird Obama noch eine dritte benutzen,eine Bibel aus Familienbesitz.

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Wie funktioniert denn der Schwur aufzwei Bibeln gleichzeitig?

 Indem man sie übereinanderlegt. Jedes Exemplar ist an einer bestimmten Text stelle geöffnet. […] 

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 Heike Bungert, geb. 1967, ist Professorin für Neuere und NeuesteGeschichte an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

  „Religiös getränkt“. Joachim Frank im Gespräch mit der Historikerin Heike Bungert über das Zeremoniell zur Vereidigung

 Barack Obamas, in: Frankfurter Rundschau vom 16. Januar2013

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Ohne Religion geht es nicht

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8 Politisches System der USA

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

Josef Braml

Konkurrenz und Kontrolleder Machthaber: checksand balances 

 Legislative, Exekutive und die Bundesstaaten haben jeweils

eigene Interessen und Befugnisse. Sie kontrollieren sich gegenseitig und werden von der Wählerschaft, von Interessengrup

 pen und ggf. vom Supreme Court kontrolliert. Eine wachsende

 gesellschaftliche Polarisierung erschwert Kompromisse.

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   a    l    l    i   a   n   c   e

   p    i   c    t   u   r   e

Strikte Trennung: Nur für besondere Anlässe, etwa für seine Rede zur Lage der Nation – hier 2012 –, darf der Präsident den Kongress betreten.

Um Machtmissbrauch zu verhindern, haben die Architektender US-amerikanischen Verfassung mehrere Kontroll

dimensionen verankert: Erstens verleiht der Souverän, das

heißt der wahlberechtigte Bürger, die Macht an seine Repräsentanten nur auf Zeit (temporale Machtkontrolle), damit diese ihm Rechenschaft schuldig bleiben. Zweitens verlangt dieföderale Struktur, die Machtbefugnisse der den Bürgern näherstehenden Einzelstaaten mit jenen des Gesamtstaates in Einklang zu bringen (vertikale Machtkontrolle). Dies musste nichtzuletzt auf den Schlachtfeldern des Bürgerkrieges und in bisheute andauernden höchstrichterlichen Auseinandersetzungen ausgefochten werden. Drittens gibt es sowohl auf einzelstaatlicher Ebene als auch auf der Ebene des Gesamtstaateseine Teilung der Gewalten in Legislative, Exekutive und Judikative (horizontale Machtkontrolle).

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Horizontale Gewaltenteilung

Der zentrale Unterschied zwischen dem US-amerikanischen(präsidentiellen) checks and balances-System und parlamentarischen Regierungssystemen wie dem der BundesrepublikDeutschland liegt in der unterschiedlichen Beziehung zwischender Legislative und der Exekutive begründet. Anders als der US-Präsident, der durch einen landesweiten Wahlakt persönlich gewählt wird und damit eigene Legitimation beanspruchen kann,

wird die deutsche Kanzlerin mittelbar von der Mehrheit im Parlament gewählt. Auch in der politischen Auseinandersetzungmuss die Spitze der deutschen Exekutive darauf vertrauen können, dass ihre politischen Initiativen von ihrer Fraktion bzw. Koalition im Bundestag mitgetragen werden. Die Stabilität sowohl

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Strukturmerkmale parlamentarischer undpräsidentieller Regierungssysteme

 Merkmal parlamentarisch (z. B. BRD) präsidentiell (z. B. USA)

 Legitimation nur Parlament direkt gewählt Präsident und Parlament mit jeweils eigener Legitimation

Organisation der Gewaltenkontrolle

- Gewaltenverschränkung Trennung von Regierung und Parlament 

 politische Abberufbarkeit der Regierung

 ja nein (nur verfassungsrecht lich, impeachment )

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 Parlamentsauflösungsrechtder Exekutive

 ja nein

 Regierungsamt und Parlamentsmandat 

- vereinbar unvereinbar  

 Partei- und Fraktionsdisziplin stark schwach

Walter Bagehot, The English Constitution, Ithaca (1867) 1 966; Ernst Fraenkel, Das amerikanische Regierungssystem, Köln/Opladen 1960; Winfried Steffani, Parlamentarische und präsidentielle Demokratie: Strukturelle Aspekte westlicher Demokratien, Opladen 1979, S. 39-104

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9Konkurrenz und Kontrolle der Machthaber: checks and balances

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

der Regierung/der Exekutive als auch jene der Parlamentsmehrheit hängt von einer engen und vertrauensvollen Kommunikationsbeziehung zwischen beiden ab. Diese „Gewaltenverschränkung“ charakterisiert parlamentarische Regierungssysteme.

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Legislative und Exekutive sind im politischen System der USAnicht nur durch verschiedene Wahlakte stärker voneinander

„getrennt“. Das System der checks and balances ist darüber hinaus dadurch gekennzeichnet, dass die politischen Gewaltenmiteinander konkurrieren und sich gegenseitig kontrollieren.Der US-amerikanische Kongress übernimmt somit nicht automatisch die politische Agenda der Exekutive/des Präsidenten,selbst wenn im Fall des unified government das Weiße Haus(Sitz des Präsidenten) und Capitol Hill (Sitz des Kongresses) vonder gleichen Partei „regiert“ werden. Noch weniger ist dies derFall, wenn bei einem divided government Präsident und Kongress von unterschiedlichen Parteien „kontrolliert“ werden,was mit dem Wahlergebnis 2012 erneut eintrat.

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Während im US-System die Legislative als Ganzes mit derExekutive um Machtbefugnisse konkurriert, ist „Opposition“

im parlamentarischen System auf die Minderheit im Parlament beschränkt, die nicht die Regierung trägt. Insbesonderefür die Regierungspartei/-koalition sind Partei- bzw. Fraktionsdisziplin grundlegend erforderlich, um die Funktionsfähigkeit der eigenen Regierung, ja des parlamentarischen Regierungssystems insgesamt zu gewährleisten. Da Exekutiveund Parlamentsmehrheit in einer politischen Schicksalsgemeinschaft verbunden sind, haben einzelne Abgeordnete ein

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Eigeninteresse, bei wichtigen Abstimmungen nicht von derParteilinie abzuweichen und sich der Fraktionsdisziplin zufügen. Wahlverfahren, Parteienfinanzierung, Kandidatenrekrutierung und die hohe Arbeitsteilung im Parlament gebenweitere Anreize für parteidiszipliniertes Verhalten.

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Dagegen ist in den USA die politische Zukunft einzelner

Abgeordneter und Senatoren weitgehend unabhängig vonder des Präsidenten; ihre (Wieder-)Wahlchancen hängen vorrangig vom Rückhalt im eigenen Wahlkreis bzw. Einzelstaatab. Aufgrund des Wahlsystems und der Politikfinanzierungsind sie als „politische Einzelunternehmer“ ( political entrepreneurs) in den USA primär selbst für ihre Wiederwahl verantwortlich und haften gegebenenfalls auch persönlich für ihrAbstimmungsverhalten im Kongress, weil sie sich gegenüberInteressengruppen und Wählerschaft nicht hinter einer Parteidisziplin verstecken können. Den US-Parteien fehlen in derlegislativen Auseinandersetzung Ressourcen und Sanktionsmechanismen, um den Gesetzgebungsprozess im Sinne einerParteidisziplin zu gestalten (siehe S. 44 f.).

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 Power of the purse: die Legislative

Die Legislative und ihre Befugnisse sind in der US-Verfassung –noch vor dem Präsidenten und dessen Aufgaben – an erster Stelle angeführt. Artikel I, Absatz 1 bestimmt: „Die gesetzgebendeGewalt ruht im Kongress der Vereinigten Staaten, der aus einem

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© Bergmoser + Höller Verlag AG, Zahlenbild 854 511

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10 Politisches System der USA

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

Senat und einem Abgeordnetenhaus besteht.“ Im Sinne der Verfassungsväter, dargelegt von James Madison in den  Federalist

 Papers, Nr. 63, galt die Senatskammer seinerzeit schon als „gemäßigte und angesehene Körperschaft von Bürgern“ (temperateand respectable body of citizens), die nötig war, um die „regelwidrigen Leidenschaften“ (irregular passions) der Abgeordneten der

zweiten Kammer zu zügeln.

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Ihre unterschiedlichen konstitutionellen Eigenschaften begünstigen die Konkurrenz zwischen den beiden Kammern undbedingen damit eine weitere Form der Gewaltenkontrolle. Einlangjähriger Insider bringt die Rivalität zwischen House of Representatives und Senate auf den Punkt: Für Christopher Matthews,den ehemaligen Stabschef des legendären Sprechers des Abgeordnetenhauses, Tip O’Neill, existiert eine Art unsichtbare Trennwand zwischen beiden Kammern. Senatoren könnten Jahre aufdem Kapitol-Hügel zubringen, ohne je die andere Seite des Kapitols betreten zu haben – wenn es nicht die Reden des Präsidentenzur Lage der Nation (State of the Union) gäbe, zu der sich Senatorenund Abgeordnete im Plenum des größeren Abgeordnetenhauses

versammeln. Es gäbe keinen anderen wirklich wichtigen Grund,um in Ungnade zu fallen, als als Senator hinüber zum Abgeordnetenhaus zu gehen. Andererseits würde es ein Abgeordneter ausAngst vor einer Demütigung nie wagen, die ehrwürdigen Hallendes Senats zu betreten (zitiert in: Ross Baker,  House and Senate,New York / London 1995, S. 14 f.).

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Der Statusunterschied zwischen beiden ist enorm: Ein Senatorvertritt einen ganzen Bundesstaat, sein Bekanntheitsgrad ist dementsprechend viel größer. Seine längere Amtszeit von sechs Jahrenund Exklusivrechte in der Gesetzgebung (zum Beispiel die Blockademöglichkeit des filibuster  (siehe S. 13), mithilfe derer er den ganzen Gesetzgebungsprozess aufhalten kann, verleihen ihm mehrMachtpotenzial. Dagegen repräsentiert ein Abgeordneter nur eine

sehr viel kleinere Teileinheit eines Bundesstaates; er muss sich allezwei Jahre zur Wahl stellen und ist über seinen Wahlkreis hinausnur wenigen bekannt, es sei denn, er hat eine Führungspositioninne. Mehr noch als im Abgeordnetenhaus in der Hierarchie auf zusteigen, träumen die meisten Abgeordneten insgeheim davon,irgendwann auch einmal Senator zu werden. Hingegen gab es inder Parlamentsgeschichte der USA noch keinen Senator, der nachseinem Ausscheiden aus dem „Oberhaus“ (Senat) für das „Unterhaus“ (Repräsentanten-/Abgeordnetenhaus) kandidierte.

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Doch die Verfassung zwingt beide zur Zusammenarbeit. Damiteine Gesetzesvorlage (bill) dem Präsidenten zur Unterzeichnungvorgelegt werden kann, muss sie in beiden Kammern in identischer Form verabschiedet werden. Der dafür notwendige intensive

Austausch findet häufig über den Mitarbeiterstab (congressionalstaff ) der Senatoren und Abgeordneten statt; in vielen Fällen aucherst später, in einem ad hoc für eine bestimmte Gesetzesvorlageeinberufenen Gremium: Im Vermittlungsausschuss (conferencecommittee) verhandeln dann die von den Parteiführungen beiderKammern bestimmten Vertreterinnen und Vertreter in kleinererRunde, um einen Kompromiss zu finden.

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Der Kongress ist das zentrale Verfassungsorgan bei der Gesetzgebung – auch wenn die beiden anderen politischen Gewaltenmitwirken: der Supreme Court  durch die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen und der Präsident durch seinVetorecht. Der Präsident hat zwar selbst kein Initiativrecht undkann nur mittelbar über gleichgesinnte Abgeordnete und Se

natoren Gesetzesvorlagen auf den Weg bringen. Er hat jedochdas „letzte“ Wort: Damit eine Vorlage (bill) zum Gesetz (law )wird, ist diese von ihm zu unterzeichnen. Er kann auch auf denlaufenden Gesetzgebungsprozess Einfluss nehmen, indem ersein suspensives (aufschiebendes) Veto ausspricht oder damit

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 Die US-Legislative, der Kongress, residiert mit beiden Kammern im Kapi

tol. Senat und Repräsentantenhaus sind aber räumlich getrennt, und esbesteht zudem ein machthemmendes Konkurrenzverhältnis.

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 Am 13. Januar 2013 leisten die Mitglieder des neu formierten 113. Kongresses den Treueeid im Plenarsaal des Repräsentantenhauses.

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Vollversammlung des Senats, des kleinen, aber einflussreichen „Ober hauses“ 

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12 Politisches System der USA

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

* OMB = Office of Management and Budget ** Gesetzesentwürfe werden entweder in beiden Kammern gleichzeitig eingebracht oder nachVerabschiedung im Plenum der einen Kammer in die andere verwiesen.

Christoph M. Haas, Winfried Steffani und Wolfgang Welz, Der Gesetzgebungsprozess, in: Wolf- gang Jäger, Christoph M. Haas und Wolfgang Welz (Hg.), Regierungssystem der USA, 3. Aufl., München/Wien: Oldenbourg-Verlag 2007, S. 185-204, hier S. 188 © Bergmoser + Höller Verlag AG, Zahlenbild 854 525

Kongressmitarbeiter undexterne Expertise

 Die Arbeit der Abgeordneten und Senatoren wäre ohne das Zutun ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (con gressional staff) nicht denkbar. Für einen Abgeordneten arbeiten im Schnitt 15 bis20 Mitarbeiter; manche Senatoren haben gar einen Stab von über 100 Fachkräften. Insbesondere die staffer im Senat ver  fügen über enorme informelle Machtbe fugnisse. Sie wurden von dem Politik

wissenschaftler Michael J. Malbin 1980deshalb auch schon als „Volksvertreterohne Mandat“ (unelected representatives)bezeichnet. Abgeordnete und Senatorenbeschäftigen Personal in ihrem Wahlkreisund in Washington. Doch selbst in ihren Parlamentsbüros sind neben der legislativen Arbeit viele Helferinnen und Helferin der Wahlkreisarbeit (case work) tätig.

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Case Worker: Die Bürgerinnen und Bür  ger erwarten von ihrem Senator oder Abgeordneten, dass er sich auch um ihre

 persönlichen Anliegen kümmert. Die für die case work eingeteilten Mitarbeiterhelfen etwa bei Problemen mit Rentenbescheiden, Krankenversicherungen, Studienplätzen oder Steuerangelegenheiten.

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 Legislative Staff: Die legislativen Mitar beiter bereiten ihren Abgeordnetenoder Senator inhaltlich auf Ausschussoder Plenumssitzungen vor, schreiben Reden und Pressemitteilungen, verfassenVorlagen und Änderungsanträge imGesetzgebungsprozess, bereiten Statementsund Fragen für öffentliche Anhörungenvor. Um die Interessenlage vor wichtigen Abstimmungen einschätzen zu können,treffen sie sich mit Regierungsvertretern, Unternehmern, Lobbyisten und Re präsentanten zivilgesellschaftlicher

Organisationen.

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 Professional Staff: Die Vorsitzenden der Ausschüsse und Unterausschüsse, die vonder Regierungspartei bestimmt werden,sowie deren Stellvertreter (ranking members) von der Minderheitspartei verfügendarüber hinaus über erfahrene, meistältere Fachleute, die sogenannten professional staffer, die die inhaltliche Arbeitin den Ausschüssen koordinieren sowie externe Sachverständige, Interessengruppenund Regierungsvertreter zu den öffentli

chen Anhörungen (hearings) einladen.

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Wissenschaftliche Dienste: Um sich ge gen die umfangreiche Expertise desWeißen Hauses und der Regierungsbü

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rokratie zu rüsten, können Senatoren, Abgeordnete und deren Mitarbeiterstabauf sehr professionelle wissenschaftliche Hilfsdienste wie den Congressional Research Service (CRS), das Government Accountability Office (GAO), eine Art Rechnungshof des Kongresses, oder in Haushaltsfragen auf das Congressional Budget Office (CBO) zugreifen.

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 Externe Ideen- und Personalagenturen: Schließlich leisten auch Expertinnenund Experten politikorientierter For 

schungsinstitute, sogenannter ThinkTanks, und Professoren an Universitäten Politikberatung. Insbesondere die vomamerikanischen Politikwissenschaftler Kent Weaver so genannten advokatischenThink Tanks (advocacy tanks), die Partei für bestimmte Partikularinteressen oderein politisches Lager ergreifen, kultivierenseit den 1980er-Jahren intensive Per sonalkontakte mit Kongressmitgliedern, pflegen gar eine Personaldatenbankund leisten tatkräftige Unterstützung beider Rekrutierung. Viele Think Tanker

haben praktische Erfahrung im Kongress gesammelt; umgekehrt arbeiten aufdem Capitol Hill zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zuvor ineinem Think Tank beschäftigt waren.

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13Konkurrenz und Kontrolle der Machthaber: checks and balances

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

droht. Denn sein Einspruch kann nur von jeweils einer Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern des Kongresses überstimmtwerden – was sehr selten möglich ist.

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Hingegen hat auch die Legislative Möglichkeiten, die ausführende Gewalt zu kontrollieren, sprich oversight   auszuüben: Beischweren Verfehlungen, sogenannten  high crimes  and misde

meanors, kann der Senat (nach Aufnahme eines Verfahrens durchdas Abgeordnetenhaus) sogar den Präsidenten seines Amtes entheben (impeachment ). Völkerrechtlich bindende Vertragsunterzeichnungen des Präsidenten gelten erst, wenn sie vom Senatratifiziert worden sind. Der Senat muss ferner präsidentiellenPersonalernennungen für höhere Ämter wie Richter, Botschafter,Minister und weitere Spitzenbeamte zustimmen. Zwar kann derPräsident den Rat und die Zustimmung (advice and consent ) desSenats umgehen, indem er Kandidaten außerhalb der Sitzungsperiode, das heißt über ein recess appointment , ernennt. Doch deren Amtszeiten enden dann mit der jeweiligen Legislaturperiode,und sie bekommen bei ihrer Amtsausübung den Unmut der Senatoren zu spüren. Denn das wirksamste politische Kontrollmit

tel ist die Macht der Geldbörse ( power of the purse), das heißt, derKongress muss bzw. darf die Haushaltsmittel insbesondere auch jene für Exekutivorgane bewilligen.

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Die unterschiedlichen Wahlzyklen des Präsidenten und desKongresses ermöglichen eine weitere Facette der Machtkontrolle, nämlich eine „geteilte Regierung“. Mit den Wahlen 2012wurde einmal mehr eine Regierungskonstellation des divided government  etabliert, das heißt, dass die Partei, die den Amtsinhaber im Weißen Haus stellt, nicht über Mehrheiten im Kongress verfügt.

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Während der Präsident im Falle eines unified government imSprecher des Abgeordnetenhauses (speaker of the house) einenVerbündeten hat, der ihm hilft, Mehrheiten für seine politischen

Initiativen zu organisieren, ist dieser im Falle des divided government  sein schärfster Widersacher. Zwar verfügt der Sprecher desAbgeordnetenhauses wegen der fehlenden Partei- und Fraktionsdisziplin nicht über die enormen Sanktionsmittel, die ein Fraktionschef in einem parlamentarischen Regierungssystem wie inDeutschland hat. Der US-Präsident kann sich mit entsprechendenHilfen für die Wahlkreise oder Einzelstaaten der umworbenen Abgeordneten und Senatoren sogar Kongressmitglieder der anderenPartei „kaufen“. Doch hat auch der speaker  Mittel zur Verfügung,um die Mehrheit seiner Parteifreunde auf Linie zu halten: Er kanndie für Interessengruppen und deren Zuwendungen besonders attraktiven Vorsitzenden von Ausschüssen und Unterausschüssen

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bestimmen, über einen Verfahrensausschuss, das rules committee,regeln, ob und in welchen Ausschüssen bzw. Unterausschüssenein Gesetz behandelt wird, und festlegen, inwieweit Änderungsanträge (amendments) zulässig sind und welche Prozeduren zuerfolgen haben. Die Geschäftsordnung des Abgeordnetenhausesgibt dem Sprecher also wirksame Machtinstrumente an die Hand.

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Erheblich schwieriger ist es, den Senat zu führen. In dieserKammer kann ein einziger Senator mit Dauerreden, einem sogenannten filibuster , den Geschäftsbetrieb aufhalten – solange ihmnicht eine qualifizierte Dreifünftelmehrheit von 60 Senatoren denMund verbietet. „To invoke cloture“  lautet das Manöver, um ein filibuster  abzuwenden.

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Seitdem die Demokraten im November 2013 mit ihrer einfachenMehrheit kurzerhand die Geschäftsordnung des Senats veränderten – sich für die von den Republikanern so genannte „nukleareOption“ entschieden –, können Blockademanöver bei Personalbenennungen nunmehr mit einer einfachen Mehrheit aufgehobenwerden. Ausgenommen bleiben jedoch Nominierungen für dasOberste Gericht sowie das normale Gesetzgebungsverfahren. Hier

sind weiterhin 60 Stimmen nötig, um eine Blockade aufzuheben.

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 Der Sprecher des Repräsentantenhauses, John Boehner (li.), ist als Vertreter der Republikanischen Mehrheit im Abgeordnetenhaus politischer Gegner des Demokratischen Präsidenten Obama.

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 Filibuster light 

[…] In einem historischen Schritt hat der demokratisch beherrschteSenat im US-Kongress ein seit 1806 praktiziertes Instrument teilweise ausdem Verkehr gezogen, mit dem die zahlenmäßig kleinere Fraktion Ent 

scheidungen der tonangebenden Partei nach eigenem Gusto blockierenkann – den sogenannten Filibuster, eine potenziell endlose Ermüdungs

rede. […] Bisher konnte jedes Mitglied im Senat ohne zeitliche Begrenzung reden und Personalentscheidungen so auf Eis legen. Das amerika

nische Parlamentssystem wollte so Minderheitenschutz gewährleisten.Um die Debatte abzukürzen und eine Abstimmung zu erzwingen, war

bisher das Ja von 60 der insgesamt 100 Senatoren nötig.

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Weil die Demokraten nur über 55 Sitze verfügen, konnten die Republikaner im Prinzip jede Personalie blockieren. Sie machen davon

seit Amtsantritt von Obama überproportional Gebrauch. Vor Kur zem sprach der konservative Senator Ted Cruz aus Texas, Wortführer

der Fundamental-Opposition, 21 Stunden am Stück gegen Obamasumstrittene Gesundheitsreform. Dabei trug er unter anderem aus

 Kinderbüchern vor. Den Filibuster-Rekord hält mit 24 Stunden und 18 Minuten nach wie vor Strom Thurmond. Der als Demokrat gestartete

Senator, der später die Seiten wechselte, wollte so 1957 das Ende der Rassentrennung verhindern.

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Unter Zuhilfenahme der sogenannten „nuklearen Option“ brachte derdemokratische Mehrheitsführer in Washington, Harry Reid, das seit

über 200 Jahren praktizierte Modell jetzt [November 2013] zu Fall. Dieentscheidende Abstimmung verlief mit 52:48 Stimmen. […] 

 Dirk Hautkapp, „Ende der Ermüdungsrede mit Filibuster light?“,in: General-Anzeiger Bonn vom 23. November 2013

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Deshalb gilt es im Senat, Anreize zu geben, um möglichst alle100 Senatorinnen und Senatoren zufriedenzustellen. Mit Druckwürde man hingegen wenig bewirken. Nach der „Macht“ desMehrheitsführers im Senat gefragt, erwiderte der ehemaligeDemokratische Senator und majority leader  George J. Mitchell:„Man hat die Macht, 99 Hintern zu küssen.“ (zitiert nach Ross

Baker, House and Senate, New York / London 1995, S. 91).Noch weniger Macht kann der Präsident auf die Senatoren

ausüben, von denen nicht wenige eine Kandidatur für das Präsidentenamt erwägen. Der amtierende Präsident Barack Obama war selbst Senator, bevor er erfolgreich für die Präsident

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14 Politisches System der USA

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

schaft kandidierte. Der Kongress hat im politischen Systemder Vereinigten Staaten, anders als die Legislative in parlamentarischen Regierungssystemen, allgemein eine sehr starke, institutionell fundierte Machtstellung gegenüber der Exekutive – insbesondere auch durch seine Aufsicht (oversight )und Organisationsgewalt gegenüber der Administration, dem

Verwaltungsapparat des Präsidenten.

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Zwischen Legislative und Exekutive: die Verwaltung

Im Kontrast zur überschaubaren und hierarchisch organisierten deutschen Ministerialbürokratie erscheint die US-Behördenstruktur als unübersichtlicher Wildwuchs von Organisationseinheiten. Während die deutsche Kanzlerin ander Spitze des Kabinetts steht, ihr damit auch die Ministerien und deren Bürokratie untergeordnet sind, hat der US-Präsident viel größere Schwierigkeiten, seine Exekutive zuleiten. Enorme Anstrengungen, um die eigene Linie in einem

Interessengeflecht rivalisierender Ministerien und Regierungsstellen durchzusetzen, gehören zum mühsamen Tagesgeschäft des sogenannten Chefs der Bundesverwaltung. Dieeinzelnen Behörden wurden oftmals ad hoc, aus politischenAnlässen oder wegen Krisen gegründet und nicht etwa indas bestehende Organigramm eingegliedert, sondern hinzugefügt. Die daraus entstandene fragmentierte Struktur istgewollt, denn sie bietet Außenstehenden vielfältige Möglichkeiten der Einflussnahme.

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Die US-Verwaltung ist geprägt durch intensives Kompetenzgerangel zwischen Exekutive und Legislative, wenn esdarum geht, wichtige Positionen zu besetzen, die Behördenfinanziell auszustatten sowie deren Aufgaben vorzugeben

bzw. zu kontrollieren. Zwar liegt die exekutive Gewalt beimPräsidenten. Laut Verfassung (Artikel III, Absatz 1) muss erdafür sorgen, dass die Gesetze „gewissenhaft“ vollzogen werden. Er kann dazu unter anderem auch die Führungsspitzender Ministerien (departments) und Bundesbehörden ( federalagencies) nominieren. Doch müssen diese von der Legislative,namentlich vom Senat, gebilligt werden. Dem Kongress obliegt auch die Organisationsgewalt, sprich die Befugnis, dieBundesbehörden zu errichten und zu finanzieren. Die  pow er of the purse  führt seit jeher zu (informellen) Absprachenzwischen den Geldgebern im Kongress und den Empfängernin der Verwaltung. Insbesondere die für die Finanzierungverantwortlich zeichnenden Abgeordneten und Senatoren

zuständiger Kongressausschüsse bewachen mit Argusaugen ihre Pfründen, die auch ihre Wiederwahl sichern helfen.Denn ihr politisches Schicksal hängt letztlich davon ab, wiesehr sie die Partikularinteressen in ihren Wahlkreisen bzw.Einzelstaaten bedienen können, und insbesondere jene vonihnen nahestehenden Interessengruppen, die ihre immerteurer werdenden Wahlkämpfe finanzieren.

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Meistens sind denn auch Vorhaben misslungen, den Verwaltungsapparat wieder zu verkleinern. So scheiterte Anfang der 1970er-Jahre Präsident Richard Nixon (1969-1974)mit seinem Versuch, durch einen radikalen Umbau „anti-präsidiale Nischen“ in der Exekutive zu eliminieren. Mit seinemDezentralisierungsprogramm des  „New Federalism“   wollte

eine Dekade später Präsident Ronald Reagan (1981-1989) das „big government“   in Washington verkleinern – ohne nachhaltigen Erfolg. Der amtierende Präsident Barack Obama istebenso bemüht, den Regierungsapparat schlanker und effizienter zu machen. Bereits im Januar 2012 hat der Präsident

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den Kongress um die Kompetenz ersucht, die handelspolitischen Aufgaben von sechs Regierungseinheiten, darunterdas Handelsministerium und das Büro des Handelsbeauf tragten, in einer neuen Behörde zusammenzufassen. Wer diesymbiotischen Dreiecksbeziehungen, das „eiserne Dreieck“(iron triangle) zwischen den betroffenen Einheiten der Exe

kutive, der Wirtschafts- und Handelslobby und den federführenden Ausschüssen im Kongress kennt, muss aber skeptischsein, ob dem Präsidenten die ehrgeizige Neuorganisation derHandelsbehörden gelingen wird.

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Mittlerweile haben sich zu den Vertretern von Partikularinteressen, Kongressausschüssen und der Exekutive auchnoch Experten von Think Tanks, Universitäten und Journalisten gesellt. Ihre etwas lockeren themenspezifischen Verbindungen wurden 1978 vom US-amerikanischen Politikwissenschaftler Hugh Heclo  „issue networks“   genannt: Mittelsdieser „Themennetzwerke“ versuchen sie mit vereintenKräften bestimmte Interessen und politische Ideen durchzusetzen, weshalb sie vom US-Politikwissenschaftler Paul

Sabatier 1993 als „Tendenzkoalitionen“ (advocacy coalitions)bezeichnet wurden.

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Jeder Präsident ist deshalb gut beraten, einen eigenen, nurihm gegenüber loyalen Beraterstab um sich zu scharen, umin diesem Interessengeflecht seine politische Linie durchzusetzen – nicht zuletzt auch gegenüber der Verwaltung„seiner“ Exekutive. Denn die Auseinandersetzungen in denReihen der Exekutive sind nicht minder heftig. Auf der einenSeite versuchen die „Männer und Frauen des Präsidenten“,das  presidential government , die Politikinitiativen des Weißen Hauses voranzutreiben. Auf der anderen Seite bremst

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Simon Koschut 

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15Konkurrenz und Kontrolle der Machthaber: checks and balances

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

sie das  permanent government   immer wieder aus. Die relativ autonomen Ministerien und Behörden versuchen unabhängig vom jeweiligen Präsidenten und von der jeweiligenparteipolitischen Konstellation ihre eigenen institutionellen Besitzstände zu wahren. Dabei berücksichtigen sie dieAbsichten der ihnen nahestehenden Kongressausschüsse

und die Anliegen der von ihnen repräsentierten Interessengruppen. Hinzu kommen noch jene unabhängigen Behörden(independent agencies), deren Leiter bzw. Leiterinnen der Präsident zwar nominieren kann, wofür er aber wiederum dieZustimmung des Senats benötigt. Die independent regulatory agencies, die häufig auch als independent regulatory commissions  bezeichnet werden, sind überdies ausschließlichdem Kongress verantwortlich. Die meisten von ihnen werden massiv von Interessengruppen beeinflusst. Die von Regulierungen Betroffenen regulieren sich mehr oder wenigerselbst. Regulation by the regulated lautet das Prinzip, das demPräsidenten kaum Einwirkungsmöglichkeiten lässt.

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Die persönlichen Mitarbeiter des Präsidenten – die er ohne

Zustimmung des Senats frei auswählen kann – sind seineengsten Vertrauten in den Machtkämpfen, die mit dem Begriff bureaucratic politics  verharmlosend umschrieben werden. Die Getreuen und einflussreichsten Berater des Präsidenten sind im White House Office  zu finden. Sie genießen auchein „exekutives Privileg“ (executive privilege), das heißt, siesind der Legislative nicht Rechenschaft schuldig und dürfenvor Kongressausschüssen nicht verhört werden. Die anderen,dem Präsidenten ebenso nahestehenden Leiterinnen und Leiter der Einheiten ( federal agencies) des  Executive Office of the President  müssen jedoch vom Senat abgesegnet werden undauch nach ihrer Bestätigung der Legislative laufend Rede undAntwort stehen.

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 Konsultationen gehören zum Regierungsalltag. Präsident Obama in einer

 Kabinettssitzung (September 2013), ...

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... in einer Besprechung mit seinen Beratern (Oktober 2009) ...

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… und in einer Haushaltsdiskussion mit führenden Mitgliedern der Demokratischen Partei (Oktober 2013)

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The President’s Team:

11 federal agencies des Executive Office of the President  (Stand: Juli 2013):

White House Office (Persönlicher Stab des Präsidenten)

Office of the Vice President (Beraterstab des Vizepräsidenten)

 Executive Residence (Wohnung/Personal des Präsidenten und seiner Familie)

Council of Economic Advisers (Wirtschaftspolitik)

Council on Environmental Quality (Umweltschutzmaßnahmen) National Security Council (Außen- und Sicherheitspolitik)

Office of Administration (Verwaltungsfragen)

Office of Management and Budget (Haushaltsaufstellung und Kontrolle)

Office of National Drug Control Policy (Drogenkontrollpolitik)

Office of Science and Technology Policy (Wissenschafts- und Technolo giepolitik)

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Office of the United States Trade Representative (Handelspolitik)

www.whitehouse.gov/administration/eop

Ebenso wie bei diesen Personalentscheidungen muss der Präsident auch bei der Besetzung der Ministerämter die Machtkalküle der „anderen politischen Gewalt“, sprich die Interessen des Kongresses, berücksichtigen.

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16 Politisches System der USA

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

 15 Ministerien

(executive departments; Stand: Juli 2013)

 Im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland spielt im politischen System der USA das Kabinett keine wichtige Rolle. Die Minister heißen

in den USA bezeichnenderweise „Sekretäre“ (Secretaries) des Präsidenten, etwa der Außenminister Secretary of State. So gilt auch bei diesem prominenten Amt als grundlegendes Prinzip: Der Präsident ist der

 „Koch“, der Außenminister der „Kellner“. Die engsten persönlichen Berater des Präsidenten sind einflussreicher als seine Minister, die er oftmals

auch aus wahltaktischen und politischen Erwägungen ernennen muss. In der Regel vertreten Minister auch die Interessen ihrer Häuser

(departments), die wiederum von einflussreichen Senatoren oder Abgeordneten finanziell abhängig sind.

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 Department of Agriculture (Landwirtschaftsministerium):www.usda.gov

 Department of Commerce (Handelsministerium):www.commerce.gov

 Department of Defense (Verteidigungsministerium):www.defense.gov

 Department of Education (Bildungsministerium): www.ed.gov 

 Department of Energy (Energieministerium): www.energy.gov 

 Department of Health and Human Services (Gesundheitsministerium):www.hhs.gov

 Department of Homeland Security (Heimatschutzministerium):www.dhs.gov

 Department of Housing and Urban Development (Bauministerium):www.hud.gov

 Department of Justice (Justizministerium): www.usdoj.gov

 Department of Labor (Arbeitsministerium): www.dol.gov Department of State (Außenministerium): www.state.gov

 Department of the Interior (Innenministerium): www.doi.gov

 Department of the Treasury (Finanzministerium):www.treasury.gov 

 Department of Transportation (Verkehrsministerium):www.dot.gov

 Department of Veterans Affairs (Kriegsveteranenministerium):www.va.gov 

www.whitehouse.gov/administration/cabinet/ 

Die große Fülle politischer Berufungen in die Ministerien undBehörden geht nicht nur auf Kosten des öffentlichen Dienstes(civil service); sie ist zeitraubend und erschwert nach Wahlenden Übergang von einer Regierungsmannschaft zur nächsten.Mit jedem neuen Präsidenten wechseln in den USA etwa 7000Fachleute ihre Position: entweder von außen nach innen oder, imFalle der ausscheidenden Administration, von innen nach außen.In diesem Drehtürsystem der revolving doors, des ständigen inand-out , spielen neben Interessengruppen auch Think Tanks, dasheißt politikorientierte Forschungsinstitute, eine wichtige Rolleals „Ideenagenturen“, so der Politologe Winand Gellner 1995.

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Dementsprechend politisch ist das Selbstverständnis im Ver

waltungsapparat. Während die meisten auf Lebenszeit dienenden deutschen Beamten sich für ihr Fortkommen nicht politischengagieren müssen und sich auf ihre Aufgabenbereiche undnächste „Verwendung“ konzentrieren können, arbeitet die US-amerikanische Bürokratie im Zentrum der Auseinandersetzung

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um den politischen Machterhalt. Das Gros der oft nur für eineAmtszeit beschäftigten Verwaltungseliten beteiligt sich mehroder weniger sichtbar an der politischen Meinungsbildung undEntscheidungsfindung. Diese  policy maker   sind indes keine inkompetenten Parteigänger, sondern ausgewiesene Experten mitpolitischer Orientierung. Ihre Fachkenntnisse haben sie zumeist

über mehrere Jahre in verschiedenen Arbeitsbereichen erworben,sei es in der Exekutive, der Legislative, einem Think Tank, einerUniversität oder einem Privatunternehmen. Sie wechseln häufigihre Arbeitgeber, bleiben aber ihrem Themenschwerpunkt (issue)treu. Damit sind sie auch in ihrem issue network gut vernetzt, waswiederum ihren nächsten Arbeitsplatz sichern hilft.

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Diese „Wanderarbeiter“ haben mittlerweile die auf LebenszeitBeschäftigten des civil service verdrängt. Zwar genießen auch einige US-amerikanische Staatsbedienstete noch Privilegien wieeine mehr oder weniger sichere Anstellung. Schlechte Bezahlungund mangelnde Aufstiegschancen haben aber zur Demoralisierung und permanenten Krise des civil service geführt. Nicht zuletzt spiegelt das geringe Ansehen des Staatsdienstes auch die

historisch begründete, institutionell begünstigte und politischverstärkte Skepsis großer Teile der US-Bevölkerung gegenüberdem Staat wider.

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Obschon der Begriff  „government“  über Jahrzehnte in denKöpfen der meisten US-Amerikaner negative Vorstellungen hervorgerufen hatte, wurde die Regierung von ihren Bürgern zwischenzeitlich merklich positiver wahrgenommen. Eine seit den1960er-Jahren nicht mehr registrierte Vertrauensmarke vonknapp 60 Prozent brach mit dem bis dahin vorherrschenden Muster einer „Vertrauenslücke“ (confidence gap), so das Ergebnis einerGallup-Umfrage, die von den  AEI Studies in Public Opinion 2003zitiert wurde. Ein genauer Blick der Politikwissenschaftler CalvinMackenzie und Judith Labiner von der renommierten  Brookings

 Institution zeigte jedoch, dass dieses überschwängliche Vertrauenin die eigene Regierung in erster Linie als unmittelbare emotionale Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 zuinterpretieren ist: Ausgehend von 29 Prozent im Juli 2001 schlugdas Vertrauensbarometer kurz nach den Terrorangriffen auf eineHöhe von 57 Prozent aus und pendelte sich im Mai 2002 wiederauf 40 Prozent ein. Gemessen an den Umfrageergebnissen vor denTerrorangriffen wurde der Regierung in Washington jedoch immer noch ein deutlich höheres Vertrauen entgegengebracht. DasGefühl von Verwundbarkeit und nationaler Bedrohung bewirkteein gesteigertes Bedürfnis nach Schutz, dessen Gewährleistungdie meisten US-Amerikaner ihrer Regierung, vor allem ihremPräsidenten als Oberstem Befehlshaber zutrauten. Neben ihm

konnte nur seine unmittelbare Umgebung von Amtsträgern derExekutive auch nach einem zeitlichen Abstand zu den Anschlägendiesen immensen Vertrauensbonus noch auf sich konzentrieren,während die übrigen Volksvertreterinnen und -vertreter sowieStaatsangestellten in der Gunst der Bevölkerung nach einem kurzen Ausschlag wieder auf ihr vormaliges Niveau absanken.

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Macht und Ohnmacht der Exekutive

Geprägt durch die historische Erfahrung mit den Monarchiender „Alten Welt“ wollten die Verfassungsväter die Machtbefugnisse des Präsidenten beschneiden. Doch die Bedrohung durch

das Königreich Großbritannien und die Persönlichkeit des ersten amerikanischen Präsidenten George Washington (1789-1797)sorgten dafür, dass das Amt mit mehr Handlungsspielraum, alsozusätzlichen Machtbefugnissen gegenüber dem Kongress undgegenüber den Einzelstaaten, ausgestattet wurde. Washington,

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17Konkurrenz und Kontrolle der Machthaber: checks and balances

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

© Bergmoser + Höller Verlag AG, Zahlenbild 854 545

 Franklin D. Roosevelt 1933-1945

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 Harry S. Truman1945-1953

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 Dwight D. Eisenhower 1953-1961

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 John F. Kennedy 1961-1963

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 Lyndon B. Johnson1963-1969

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 Richard Nixon1969-1974

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Gerald Ford1974-1977 

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 Jimmy Carter 1977-1981

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 Ronald Reagan1981-1989

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George Bush1989-1993

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 Bill Clinton1993-2001

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George W. Bush2001-2009

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 Barack Obamaseit 2009

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US-Präsidenten der vergangenen 80 Jahre

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18 Politisches System der USA

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

ehemaliger Oberbefehlshaber der Kontinentalarmee der 13 nordamerikanischen Kolonien im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1775-1783) gegen die britische Kolonialmacht, beanspruchte als Präsident und Hüter der neu gewonnenen „independence“vom Mutterland ebenso im Inneren größere Gestaltungsmacht.Auch im Laufe der weiteren Geschichte wurden als Reaktion

auf nationale Krisen, etwa auf die Weltwirtschaftskrise in den1930er-Jahren, den Zweiten Weltkrieg und die Anschläge vom11. September 2001, die Bundeskompetenzen, vor allem jene desPräsidenten, erheblich erweitert. Als Staatsoberhaupt, Regierungschef, Chef der Bundesverwaltung, höchster Diplomat, militärischer Oberbefehlshaber und Parteiführer kann der Präsidentheute umfangreiche, in der Verfassung garantierte Aufgabenund Funktionen beanspruchen.

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Dennoch ist im politischen System der checks and balancesseine Macht beschränkt. Je nach Politikbereich verfügt der Präsident über unterschiedliche Machtbefugnisse: Während in derSicherheitspolitik selbst das Oberste Gericht die mangelnde Gewaltenkontrolle seitens der Legislative beklagt, sind dem Präsi

denten in allen anderen Politikfeldern, etwa in der Wirtschafts-,Handels-, Umwelt- und Energiepolitik, durch den Kongress oftmals die Hände gebunden.

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Der US-Präsident, der selbst keine Gesetzesvorlagen einbringen kann und bei Initiativen gleichgesinnte Abgeordnete undSenatoren benötigt, ist im Gesetzgebungsprozess laufend gefordert (und gelegentlich überfordert), im Kongress für die Zustimmung zu seiner Politik zu werben, das heißt je nach Politikinitiative unterschiedliche und zumeist parteiübergreifende Adhoc-Koalitionen zu schmieden.

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Das ist für den seit Januar 2009 amtierenden Präsidenten sehrmühsam geworden. Präsident Obama konnte nur in den erstenzwei Jahren seiner ersten Amtszeit auf die Mehrheit seiner Par

teifreunde im Kongress (sprich im Abgeordnetenhaus und Senat) zählen und diese Zeit für umfangreiche Maßnahmen wiedie Gesundheitsreform oder die Reform der Finanzmärkte nutzen. Seit Februar 2010, als die Demokraten mit der Nachwahl desdurch den Tod von Edward Kennedy freigewordenen Sitzes ihreDreifünftelmehrheit (60 Stimmen) im Senat verloren, und insbesondere seit die Republikaner bei den Zwischenwahlen vom November 2010 die Mehrheit im Abgeordnetenhaus zurückerlangten, ist es für ihn noch viel schwieriger geworden, Kompromissemit der Legislative zu finden.

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Daran änderte auch seine Wiederwahl 2012 nichts. Mit der Bestätigung der Mehrheit der Republikaner im Abgeordnetenhauskann bis zu den nächsten Zwischenwahlen im November 2014

mindestens eine Kammer der Legislative, entweder der Senatoder insbesondere das von den Republikanern kontrollierte Abgeordnetenhaus, die Initiativen des Demokratischen Amtsinhabers im Oval Office blockieren. Das ist umso problematischer, alsder Amtsinhaber ja gewählt und wiedergewählt wurde, um denenormen wirtschaftlichen und sozialen Problemen des Landesabzuhelfen.

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Für Kompromisse bleibt ohnehin wenig Zeit, weil schon 2014wieder Kongresswahlen anstehen und der Präsident spätestensdann als „lahme Ente“ (lame duck) gilt. Denn er kann nach seiner zweiten Amtszeit nicht mehr wiedergewählt werden undverfügt deshalb in der legislativen Auseinandersetzung überweniger „politisches Kapital“ ( political capital): Beim politischen

Kuhhandel – im Englischen als „Pferdehandel“ (horse trading) bezeichnet – sichert sich der Präsident die Unterstützung des einenoder anderen Gesetzgebers, indem er im Gegenzug versichert,künftig die eine oder andere wählerwirksame finanzielle Unterstützung in den Wahlkreis bzw. Einzelstaat des umworbenen Ab

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geordneten oder Senatoren fließen zu lassen. Diese Versprechungen verlieren jedoch gegen Ende der Präsidentschaft an Zugkraft.

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Der Präsident muss nunmehr politische Führung (leadership)demonstrieren. Wenn er nicht mehr mit Angeboten locken kann,dann muss er umso mehr öffentlichen Druck ausüben. PräsidentTheodore Roosevelt (1901-1909) prägte den Begriff der „bully pul

 pit“ , das Bild der „hervorragenden“ (bully ) Redeplattform einerKanzel ( pulpit ), welche die Präsidentschaft seiner Ansicht nachbot, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Seine exponierte Stellung als einziger landesweit gewählter Politiker kannder Präsident dazu nutzen, um über die Massenmedien auch dieWählerbasis der Kongressmitglieder für seine Agenda zu mobilisieren, damit die (qualifizierte) Mehrheit der Abgeordneten undSenatoren seiner Politik folgen. Das ist dennoch nicht einfach, dadiese eine institutionelle Identität als Mitglieder des Kongresses haben, sich der „anderen Staatsgewalt“ (the other branch of

 government ) zugehörig fühlen und mit der Exekutive um Machtkonkurrieren.

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Die Sorge der Legislative um die institutionelle Machtbalance

tritt jedoch in den Hintergrund, wenn Gefahr in Verzug ist. InKrisen- und Kriegszeiten steht der Präsident als Oberster Befehlshaber im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Ihm kommt die Rolle des Schutzpatrons zu. Der patriotische Sammlungseffekt desrally around the flag  bedeutet einen immensen Machtgewinnund Vertrauensvorsprung für den Präsidenten und die Exekutive. Nicht zuletzt symbolisiert das Präsidentenamt die nationaleEinheit, gilt das Weiße Haus als Ort der Orientierung, an demin Krisenzeiten die Standarte hochgehalten wird. Präsidentenkonnten immer wieder nationale Krisen dazu nutzen, die Struktur des Regierungsapparats und der Verwaltung grundlegend zuverändern, indem sie exekutive Kompetenzbereiche auf nationaler Ebene gebündelt und oftmals auch erweitert haben.

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So mündete die „Große Depression“ der 1930er-Jahre in denSozialstaat, der von Präsident Franklin D. Roosevelt (1933-1945)geprägt wurde. Im Zuge der militärischen und sicherheitsdienstlichen Aufrüstung im Zweiten Weltkrieg erhielt die Bundesregierung umfangreiche Sicherheitsaufgaben. Im Kalten Krieg gegendie Sowjetunion etablierte sich eine Interessenverbindung zwischen Militär, Rüstungsindustrie und politischen Eliten. In seinerAbschiedsrede warnte Präsident Dwight D. Eisenhower (1953-1961), der einst selbst Generalstabschef der Armee war, im Januar1961 vor diesem „militärisch-industriellen Komplex“.

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Der Kalte Krieg und seine Nebenkriegsschauplätze, etwa in Vietnam, gingen auch im Inneren einher mit einer „imperialen Präsidentschaft“, so der Buchtitel des US-Historikers und Beraters

zweier US-Präsidenten, Arthur Schlesinger Jr., 1973: Das Regierungshandeln der Kriegspräsidenten Lyndon B. Johnson (1963-1969) und Richard Nixon (1969-1974) war wenig transparent undim Falle Nixons höchst kriminell. Ihm drohte ein Amtsenthebungsverfahren (impeachment ) wegen „schwerster Verbrechenund Amtsvergehen“ (high crimes and misdemeanors). Denn seineMachenschaften hatten das System der checks and balances ausdem Gleichgewicht gebracht. Um in der Watergate-Affäre einerformalen Amtsenthebung zu entgehen, trat Nixon schließlicham 9. August 1974 zurück. Danach schlug das Pendel wieder indie andere Richtung: In Reaktion auf die Grenzüberschreitungender Exekutive beanspruchte der Kongress wieder mehr Machtbefugnisse.

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Die Verunsicherung nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 und der von der Regierung George W. Bush so genannte Globale Krieg gegen den Terror eröffneten einmal mehrMöglichkeiten, die Gestaltungsmacht des Präsidenten und derunter seiner Führung handelnden Exekutive auszuweiten. Schon

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19Konkurrenz und Kontrolle der Machthaber: checks and balances

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

unmittelbar nach Amtsantritt hatten Präsident George W. Bush,Vizepräsident Richard (Dick) Cheney und ihre Gefolgsleute keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass sie die Positionder Exekutive auf Kosten der Machtbefugnisse der Legislativezu stärken beabsichtigten. Diese offensive Strategie des WeißenHauses, den vor allem in der Amtszeit des Vorgängers Bill Clinton

(1993-2001) erstarkten Kongress wieder in eine untergeordneteRolle zu drängen, erhielt mit den Terroranschlägen von New Yorkund Washington ihre Legitimation – und zwar durch die in derUS-amerikanischen Bevölkerung gemeinhin gehegte Überzeugung, dass dies angesichts der nationalen Bedrohung rechtens,

 ja notwendig sei. Im Globalen Krieg gegen den Terror konnte derPräsident nunmehr die dominante Rolle des Oberbefehlshabersder Streitkräfte spielen. Aber auch in der nationalen Diskussiongelang es George W. Bush, seine Diskurshoheit zu etablieren undsich als Schutzpatron zu geben, der die traumatisierte Nation vorweiteren Angriffen bewahrt.

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Unter dem Primat der Sicherheit konnte Präsident Bush auchinnerhalb der Exekutive Organisationsstrukturen aufbrechen und

Kompetenzen neu verteilen. Zahlreichen Ministerien wurden Ressourcen und Aufgabenbereiche entzogen und dem 2002 neu geschaffenen Heimatschutzministerium, dem Department of Homeland Security   (DHS), zugewiesen. Eine Vielzahl von Einheiten ausanderen Ministerien wurde in dieses neue Heimatschutzministerium integriert, zwei Dutzend Bundesbehörden mit etwa 180 000Bediensteten und einem jährlichen Budget von 40 MilliardenDollar darin zusammengefasst. In Fragen der inneren Sicherheitist das  Department of Homeland Security   auf horizontaler Regierungsebene federführend bei der Zusammenarbeit mit anderenMinisterien. Es ist zudem bei der vertikalen Koordination die zen

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-© Bergmoser + Höller Verlag AG, Zahlenbild 854 529

Die Watergate-Affäre

 Am frühen Morgen des 17. Juni 1972 ver haftete die Polizei fünf Männer, die of  fenkundig versucht hatten, in die Bürosder nationalen Parteizentrale der Demokraten im Washingtoner Watergate Hotel einzubrechen. Was der Pressesprecher des republikanischen Präsidenten Nixon auf Anfrage als „drittklassigen Einbruch“ bezeichnete, führte zwei

 Jahre später – und erstmals in der amerikanischen Geschichte – zum Rücktritteines amerikanischen Präsidenten.

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 Dass die politischen Hintergründe desWatergate-Einbruchs ans Tageslicht kamen, ist in erster Linie zwei Journalistender Washington Post, Bob Woodwardund Carl Bernstein, zu verdanken. Sieenthüllten – mit Hilfe eines Informanten namens „Deep Throat“, der sich erst2005 zu erkennen gab (es handeltesich um den Stellvertretenden Direktordes FBI, W. Mark Felt) – nach und nach,

dass der Präsident selbst von dem Einbruch wusste und dessen Vertuschungbefohlen hatte.

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 Angesichts der Kritik seiner politischenGegner hatte Nixon, der von Natur

aus ein unsicherer und misstrauischer Mensch war, einen geheimniskrämerischen Führungsstil entwickelt und einenautoritären Apparat aufgebaut, derdie Macht des vermeintlich von der Presse und den Demokraten „belagerten“Weißen Hauses konsequent ausbaute. Die Paranoia des Präsidenten reichte soweit, dass er eine geheime Spezialeinheitaufbaute, die sogenannten „Klempner“, die Feindlisten erstellten, subversive Gerüchte

in die Welt setzten und politische Gegner –wie die Demokraten im Watergate Hotel – ausspionierten und abhörten.

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 Als die illegalen Aktivitäten im Prozess gegen die Watergate-Einbrecher andie Öffentlichkeit drangen, profilierte sichder Präsident zunächst als Saubermann,während er einen seiner Vasallennach dem anderen „opferte“. Die Situation spitzte sich zu, als Nixons ehrgeiziger Mitarbeiter John Dean, der anfangsloyal hinter dem Präsidenten gestandenhatte, öffentlich erklärte, Nixon habe

die Vertuschung selbst initiiert. Anfangsdementierte der Präsident die Behauptung Deans. Zum wahren Unglückstag für den Präsidenten wurde dann freilich jener Freitag, der 13. Juli 1973, an dem

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öffentlich bekannt wurde, dass es Tonbandaufzeichnungen aller Gespräche gab, die im Weißen Haus geführt wurden. Zwar konnte Nixon die von einemSonderermittler geforderte Freigabe derTonbänder über ein Jahr lang hinauszögern. Seine Glaubwürdigkeit hatte der Präsident jedoch bereits verloren, alser im sogenannten Samstagabend-Massaker vom Oktober 1973 den Justizminister und dessen Stellvertreter entließ,

weil diese sich geweigert hatten, den für Nixon so unbequemen Sonderermitt ler seines Amtes zu entheben. Selbstals im Sommer 1974 mit der Herausgabeder Tonbänder der endgültige Beweis für seine Verwicklung in die Watergate Affäre vorlag, zog Nixon die politischen Konsequenzen nur zögerlich. Um einer formalen Amtsenthebung zu entgehen, trat der Präsident am 9. August 1974schließlich zurück. Damit hatte dasWatergate-Spektakel, das für viele Amerikaner zur Unterhaltungsserie mit

Shakespeare’scher Dramatik gewordenwar, ein Ende gefunden.

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Christof Mauch, Die 101 wichtigsten Fragen – AmerikanischeGeschichte, München: C.H.Beck Verlag 2008, S. 116 f.

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21Konkurrenz und Kontrolle der Machthaber: checks and balances

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

Die Nachrichtendienste wurden von der Regierung George W.Bush nicht nur finanziell aufgerüstet, sondern auch ermutigt,ihre Arbeit mit mehr Nachdruck zu verrichten. Nach Medienberichten haben in der Amtszeit George W. Bushs Mitarbeiterder CIA im Globalen Krieg gegen den Terror unter anderem dieFoltermethode des simulierten Ertränkens, das sogenannte wa

terboarding, praktiziert oder mutmaßliche Terroristen festgenommen bzw. entführt und in befreundete autoritäre Staatengeflogen, wo noch weit robustere Verhörmethoden angewendet werden. Damit verstießen die USA unter anderem gegendie Folterkonvention der Vereinten Nationen.

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Im Rahmen des Globalen Krieges gegen den Terror wurdeRecht neu interpretiert – im nationalen wie internationalenRahmen. Mit dem Angriffskrieg gegen den Irak und den auchvon der nachfolgenden Obama-Regierung als Folter eingestuf ten Praktiken bei Verhören wurde Völkerrecht gebrochen. Umden inneren politischen Frieden zu wahren, scheute PräsidentObama jedoch davor zurück, die federführenden Mitarbeiterder Bush-Administration juristisch zur Verantwortung zu zie

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hen. In Obamas bisheriger Amtszeit sind auch viele von derVorgängerregierung eingeleitete Strategieänderungen weitergeführt, ja forciert worden. Die Obama-Regierung hat letztlichden Globalen Krieg gegen den Terror rhetorisch geschicktervermittelt und mit weniger militärischem Aufwand und geringeren politischen wie ökonomischen Kosten, dafür aber mit

größerem geheimdienstlichem Einsatz weitergeführt.

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In diesem Zusammenhang wirkt es stimmig, dass der von Präsident Obama Anfang Januar 2009 als Direktor der CIA nominierteLeon Panetta von Juli 2011 bis Februar 2013 das Amt des Verteidigungsministers innehatte. Sein Nachfolger bei der CIA wurde General David Petraeus, den bereits Präsident Bush zum Befehlshaberdes den amerikanischen Streitkräften im Irak und Afghanistanübergeordneten regionalen Kommandobereichs (US Central Command) berufen hatte. Als Chef der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe (ISAF) war er für die von der NATO geführteSicherheits- und Aufbaumission in Afghanistan verantwortlich.

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Bereits George W. Bush hatte im Grenzgebiet zwischen Af ghanistan und Pakistan den Einsatz von Drohnen befohlen. Das

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Drohnen – die neuen Waffen

 Herr Mazzetti, […] Sie nennen die US- Kriegsführung einen Schattenkrieg, indem mit unbemannten Drohnen gezielt Jagd auf Terrorverdächtige gemacht wird. Wie kam es dazu? In den USA hat sich nach den katastro phalen Anschlägen vom 11. September

2001 nach und nach ein neues militärisches Denken durchgesetzt. Die gezielteTötung von Terrorverdächtigen wurdewieder als möglich erachtet. Bis kurz vorden Anschlägen war das unvorstellbar. [...] 

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 Im Jahr 2001 hieß der US-PräsidentGeorge W. Bush. Warum hat sein Nach folger Barack Obama, der vielen alsdas komplette Gegenmodell zu Bushschien, den Drohnenkrieg fortgesetzt?[…] Obama hat nie versprochen, den

 Drohnenkrieg zu beenden. Es ist nach

seinem Amtsantritt sogar das Gegenteil geschehen: Der Präsident hat den Drohnenkrieg erheblich ausgeweitet. […] 

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 Hat es Sie überrascht, dass der Präsident [...] einmal sinngemäß gesagt hat: „Was immer die CIA haben will, dasbekommt sie.“? [...]  Das hat mich nicht überrascht. Der Satzzeigt nur, dass Obama diese Art der geheimen Kriegsführung als sehr effektivwahrnimmt. [...] Er hat [...] nie gesagt,dass er als Präsident überhaupt keinen

 Krieg führen wird.

 Ist der Schattenkrieg ein sauberer Krieg? Nein. Krieg ist Krieg. Was den Einsatzvon Drohnen in Obamas Augen offenbar

so attraktiv macht, ist die Tatsache, dasses sich dabei nicht um einen teuren Besatzungskrieg wie in Afghanistan oderim Irak handelt. Kein einziger US-Soldatläuft Gefahr, sein Leben zu verlieren. Drohnen kann man – im Gegensatz zu Bodentruppen – tatsächlich begrenztund sehr gezielt einsetzen.

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 Das klingt so, als wären Drohnen dieerste Waffe, die nicht außer Kontrolle geraten kann. Das ist falsch. Ein Krieg ist in letzter Konsequenz nicht kontrollierbar, obman ihn nun konventionell führt oder per Fernsteuerung.

 Die USA führen seit mehr als zehn Jahren diesen Drohnenkrieg. Inzwischensind die Grenzen zwischen den Geheimdiensten und dem Militär praktisch ver schwunden. [...] Warum hat es so

lange gedauert, bis darüber eine öffent liche Debatte begonnen hat? Niemand in der US-Politik hat prinzipielletwas gegen diese Art der Kriegsführung. Über alle Parteigrenzen hinwegwird der Einsatz von Drohnen als richtigangesehen. Die Kongressabgeordnetenhaben sich erst in diesem Jahr [2013] etwas kritisch geäußert, weil sie mehreingebunden sein wollten. [...] 

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 [W]arum wird über die Rechtmäßigkeitsolcher Drohneneinsätze nicht mehr

 gestritten? Das ist ganz einfach: Die Rechtsanwältevon zwei aufeinander folgenden Re gierungen, einer republikanischen undeiner demokratischen, haben immer

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wieder deutlich gemacht: Wir dürfendas machen. Das ist alles in den Kompetenzen enthalten, die der Kongress der

 Regierung nach den Anschlägen vom11. September 2001 gegeben hat. [...] 

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 Niemand in den USA spricht von denzivilen Opfern des Drohnenkriegs.Seit die Drohnen-Operateure nicht ein

mal mehr die Identität ihrer Zielper sonen kennen müssen, muss doch auchlogischerweise die Zahl der Opfer unterden Zivilisten gestiegen sein. Ich glaube, das hat damit zu tun, dass Drohnen die ultimativen Waffen in einem geheimen Krieg sind. Es herrscht ein Informationsvakuum. Alles wird geheim gehalten, und die Einsätze geschehenin unzugänglichen Gegenden der Welt,in denen nicht so ohne Weiteres Jour nalisten ihrer Arbeit nachgehen können.

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 Ist der Drohnenkrieg der Krieg der Zukunft? Es gibt Leute, die sagen: So etwas wie Afghanistan oder Irak machen wir niewieder. Mit Vorhersagen dieser Artwäre ich vorsichtig. Ich glaube eher, dassder Krieg per Fernsteuerung die Art der Kriegsführung verändern wird – sowie es Panzer getan haben oder Flugzeuge.  Auf Bodentruppen wurde trotzdemnicht verzichtet.

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 Mark Mazzetti, 39, arbeitet im Washingtoner Büro der „New

York Times“. Der Journalist ist Träger des Pulitzer-Preises.

 „Neues militärisches Denken“. Interview von Damir Frasmit Mark Mazzetti, in: Frankfurter Rundschau vom21./22. September 2013

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22 Politisches System der USA

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

sind unbemannte Luftfahrzeuge (unmanned aerial vehicles,UAV) zur Aufklärung und Überwachung. Mit Raketen bestücktkönnen diese – dann als unmanned combat air vehicles (UCAV)bezeichneten – Luftfahrzeuge bei Bedarf auch in Kampfeinsätzen Verwendung finden. Nach der Amtsübernahme Obamaswurden diese Einsätze, die sowohl von der CIA als auch vom

Pentagon gesteuert werden können – insbesondere auch überdem Staatsgebiet Pakistans –, forciert. Darüber hinaus wurdendie Überwachungs- und Kampfeinsätze im weltweiten Kampfgegen den Terrorismus auf andere Gebiete ausgeweitet, etwaauf den Jemen und Somalia. Es vergeht kein Monat, in demnicht mindestens ein Anführer der Taliban oder Al-Qaidas aufdiese Weise getötet wird.

Doch Washington riskiert damit, die Bevölkerungen dieser Länder gegen sich aufzubringen, Terrorgruppen die Rekrutierung zuerleichtern und diplomatische Verstimmungen zu verursachen.Am Ende könnte es mit diesem Vorgehen gerade jene Alliiertenverprellen, mit denen es die Last der globalen Verantwortung teilen möchte, so die eindringliche Warnung eines langjährigen Si

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cherheitsberaters des amerikanischen Außenministeriums: JohnB. Bellinger III stellte in einem Meinungsbeitrag in der Washington

 Post  vom 3. Oktober 2011 die rhetorische Frage:  „Will Drone Strikes Become Obama’s Guantánamo?“  Umso mehr wurde die Zusammenarbeit mit den Alliierten belastet, als durch die EnthüllungenSnowdens bekannt wurde, dass die amerikanischen Nachrichten

dienste im großen Umfang auch Verbündete der EuropäischenUnion abhören.

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Der Globale Krieg gegen den Terror verursachte vor allem innenpolitische „Kollateralschäden“. Aus Sicht der Bush-Regierunghatte die Präventionsfunktion Vorrang vor der Rechtsfindungsund Rechtsstaatsfunktion. Diese Umgewichtung blieb nicht ohneWirkung auf das Verhältnis zwischen persönlichen Freiheitsrechten und Sicherheit: Die Prävention künftiger Terroranschläge gingoft auf Kosten individueller Freiheit. Mehr noch: Die sogenannteAshcroft-Doktrin der Prävention (benannt nach dem federführenden Justizminister John Ashcroft) drohte die grundlegende Sicherung persönlicher Freiheitsrechte durch das System sich gegenseitig kontrollierender Gewalten auszuhebeln.

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Der Preis der Kriege

Viele Veteranen der jüngsten Feldzüge Amerikas leiden [...] unter PTBS, post traumatischen Belastungsstörungen, dieihnen ihr Leben in der Heimat zur Höllemachen. Einschlägigen Studien zufolgehaben bis zu 20 Prozent aller Kriegsheimkehrer PTBS-Symptome – was eine

eher vorsichtige Schätzung sein dürfte. Man könnte auch einfach sagen: Alle diese meist jungen Menschen stehen unterdem Schock dessen, was sie erlebt oder garselbst angerichtet haben. Niemand vonihnen wird diesen Krieg je wieder los. Fasteine Volkskrankheit dürfte es werden, an gesichts der weit mehr als zwei MillionenSoldaten, welche die USA inzwischen inden Irak und nach Afghanistan geschickthaben: eine neue Generation der Gezeichneten in Amerika, die Generation 9/11.

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 Die Zahl der Selbstmorde in ihren Reihen

ist alarmierend hoch: Nicht weniger alsachtzehn Kriegsheimkehrer nehmen sichTag für Tag in den USA das Leben, so dieoffiziellen Statistiken. Das sind innerhalbeines Jahres mehr als alle bisherigenUS-Kriegstoten in Afghanistan und Irak zusammen. Einer von fünf Selbstmör dern in Amerika ist ein Veteran. Dabei istdie nach oben geschnellte Suizidratetatsächlich nur einer von vielen bedrückenden Indikatoren, die dokumentieren,wie sehr die Kriege an den VereinigtenStaaten zehren – menschlich, sozial,

 finanziell. Sie zerreißen das Gewebe derGesellschaft.

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 Die Kosten sind exorbitant und drohendie Ressourcen selbst dieses so reichen Landes zu erschöpfen. [...] Seit mehr als

einem Jahrzehnt, seit dem 11. September2001, befinden sich die USA in permanentem Kriegszustand. [...] Die Kriege sindnicht präsent, und doch bedrücken sie die

 Nation ungemein. […] Mehr als 6300 toteSoldaten hat Amerika in den vergangenenzehn Jahren zu beklagen, fast 4500 vonihnen im Irak. [...] 

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 Die Bürde ist ungleich verteilt. Gemessen

an der Bevölkerungszahl, wird ein über  großer Teil der Kondolenzbriefe aus demWeißen Haus an Adressen in ländlichen

 Regionen Amerikas gegangen sein. Das hatdas Online-Magazin The Daily Yonderermittelt, das sich als Sprachrohr des ländlichen Amerikas jenseits der großen Ballungszentren im Osten und Westen der USAsieht. Die Redaktion hatte im Jahr 2007 dieToten der Kriege in Afghanistan und Irak

 gezählt und festgestellt, dass, bezogen aufdie Zahl der Männer im wehrfähigen Alter,doppelt so viele Gefallene aus ländlichen

Gemeinden oder Kleinstädten stammtenwie aus den Metropolen. […] Das war 2007,aber das Verhältnis dürfte sich seither nichtwesentlich verschoben haben. […] Auchbei den Versehrten der Kriege ist dieses Un

 gleichgewicht zu beobachten. Mehr als 47 000 Soldaten wurden in dem Jahrzehntseit 9/11 verwundet. Dank eines ausgeklü

 gelten Rettungssystems können inzwischenviele Schwerstverletzte gerettet werden,die früher auf dem Schlachtfeld verblutetwären. Doch beinahe die Hälfte der Ver wundeten wird für den Rest ihres Lebens

medizinische Betreuung benötigen. [...] 

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 In jedem Fall ist die VA, die Veteranenverwaltung, heillos überfordert mit der

 Betreuung Zehntausender körperlich und Hunderttausender seelisch Versehrter.

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Gründe für dieses Versagen gibt es viele:Gleichgültigkeit, bürokratische Desorganisation oder schlicht die Tatsache, dasszu Beginn von Amerikas „Global War onTerror“ niemand ahnte, wie viele Schwerst verwundete von den Fronten der Weltnach Hause zurückkehren würden. [...] 

-

-

 Diese menschlichen „Kosten“, so bittersie auch sind, machen tatsächlich jedoch

nur einen Teil der Bürde aus, die Amerikaseit dem 11. September zu schulternhat. Auch finanziell sind die Kriege für das

 Land ein Desaster. Der Congressional Research Service, der unabhängige wissenschaftliche Dienst des US-Parlaments,bezifferte die direkten Ausgaben für das

 Militär im ersten Jahrzehnt nach 9/11auf nicht weniger als 1,3 Billionen Dollar.800 Milliarden davon wurden in den Irakkrieg gesteckt, gut 440 Milliarden inOperationen in Afghanistan, der Rest inden Ausbau von Stützpunkten rund um

den Globus und in Hilfsprogramme in Af  ghanistan und Irak. Das war im Frühjahr2011. [...] 

-

-

 Die wahren Kosten des militärischen En gagements seit dem 11. September dürftenindes noch weitaus höher liegen. Derlinke Ökonom und Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz taxiert sie aufmittlerweile über drei Billionen Dollar. Undlaut Forschern von der Brown University,einer der US-Elitehochschulen, werden die

 Kriegskosten sich am Ende auf 3,7 Billionen Dollar belaufen – Zinszahlungen noch

nicht miteinbezogen. [...] 

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 Mit freundlicher Genehmigung des Berlin Verlages in der PiperVerlag GmbH. Reymer Klüver / Christian Wernicke, Amerikasletzte Chance, © 2012 Berlin Verlag in der Piper Verlag GmbH,S. 159 ff.

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23Konkurrenz und Kontrolle der Machthaber: checks and balances

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

Befürworter dieses Vorgehens sehen die außerordentlichenMachtbefugnisse der Exekutive durch die alles überragendeSchutzrolle des Obersten Befehlshabers legitimiert. Aus dieser Sicht erscheint es vertretbar, dass in Kriegszeiten das zivileRecht, das stärker den Anspruch auf individuelle Freiheitsrechte betont, zum Kriegsrecht mutiert, in dem der kollektive

Sicherheitsaspekt alle anderen überragt. In den verschiedenenProblembereichen lässt sich entsprechend ein gemeinsamerNenner ausmachen: Es geht weniger um die strafrechtlicheVerantwortung einzelner Täter und deren Verfolgung wegenbegangener Taten, sondern vielmehr um die allgemeine Verhinderung künftiger Attentate. Denn wie Justizminister Ashcroft in seiner Ansprache bei der U.S. Attorneys Conferencein New York am 1. Oktober 2002 erklärte, war die „Kultur derHemmung“ (culture of inhibition) vor dem 11. September „sostark auf die Strafverfolgung begangener Straftaten fokussiert, dass sie die Prävention künftiger Terroranschläge einschränkte.“ (Auszüge in Siobhan Gorman, There Are No SecondChances, in: National Journal vom 21.12.2002)

Nicht wenige Beobachter sahen in dieser Praxis aus verfassungsrechtlicher Warte hingegen ein gefährliches Wagnis, beidem die im politischen System der USA fest verankerten Prinzipien der checks and balances  ausgehebelt zu werden drohten. Kenntnisse der amerikanischen Geschichte begründendiese Befürchtungen: In einer eingehenden Analyse mit demTitel  „All the Laws but One: Civil Liberties in Wartime“  warnte William Rehnquist, bis zu seinem Tode Anfang September2005 Chief Justice (Oberster Richter) des Supreme Court, bereits1998 vor der Gefahr, dass der Oberste Befehlshaber in Kriegszeiten durch zusätzliche Machtbefugnisse dazu verleitet wird,den konstitutionellen Rahmen zu überdehnen.

 Die Bush/Ashcroft-Doktrin …

 Justizminister John Ashcroft brachte das Rechtsverständnis der Bush-Regierung im Dezember 2001 vor dem Justizausschuss des Senats deutlich zum

 Ausdruck: „Herr Vorsitzender, Mitglieder des Ausschusses, wir befinden unsim Krieg gegen einen Feind, der individuelle Rechte ebenso missbraucht

wie Passagierflugzeuge: als Waffen zum Töten von Amerikanern. Wirhaben darauf reagiert, indem wir den Auftrag des Justizministeriums neudefiniert haben. Unsere Nation und ihre Bürger gegen terroristische An

 griffe zu verteidigen, ist nunmehr unsere erste und vorrangige Aufgabe.“

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… und ihre Probleme

 An den einzelnen Bereichen, in denen die Problematik der Einschränkung persönlicher Freiheitsrechte vor allem auch internationale Aufmerksamkeit erregte, lässt sich erkennen, dass die Verantwortlichen zwischen zwei

 Klassen von Rechtsträgern unterschieden: zwischen amerikanischen Bürgern und „Nicht-Amerikanern“. Ungeachtet der verfassungsrechtlichen

 „due process“– bzw. „equal protection“-Bestimmungen, in denen vomSchutz der individuellen Freiheitsrechte „jeder Person“ (any person) die

 Rede ist, genossen die sich in den USA aufhaltenden Ausländerinnen und

 Ausländer nach Auffassung der Bush-Administration grundsätzlich nichtden gleichen Rechtsschutz wie die Staatsbürgerinnen und Staatsbürgerder Vereinigten Staaten. Wenn sie als mutmaßliche Terroristen eingestuft

wurden, hatten sie zudem auch noch diesen „minderen Anspruch“verwirkt. Sie wurden gar als Outlaws (Gesetzlose) behandelt, wenn sie sich

nicht auf dem souveränen Staatsgebiet der Vereinigten Staaten befanden –wie die gefangenen Taliban- und Al-Qaida-Kämpfer auf dem US-Marine

stützpunkt in Guantánamo Bay, Kuba. Unter den jahrelang Inhaftiertenbefanden sich auch viele, die irrtümlich festgenommen wurden. Die

 Entscheidung, wer welche Rechte „verdiente“, wurde a priori von der Exekutive getroffen. Die Bush-Administration versuchte dabei auch, sich

der Kontrolle juristischer und parlamentarischer Instanzen zu entziehen.

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Lauschen erlaubt

[…] Seit den Anschlägen vom 11. September2001 meint die Mehrheit der Amerikaner,dass bei Terrorgefahr die Privatsphäre zurückstehen müsse. 56 Prozent gebenlaut einer Langzeitstudie des renommier ten Pew Research Center der Sicherheitden Vorrang und finden es „akzeptabel“,dass Telefon- und Internetdaten gespei

chert werden. [...] 

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 Das heißt nicht, dass die Überwachung inden USA keine Regeln und Grenzen hätte.

 Bevor die National Security Agency (NSA)massenhaft Daten sammeln darf und dieGeheimdienste abhören dürfen, müssen sienicht nur den Justizminister um Erlaubnisbitten, sondern auch ein Geheimgericht,den Foreign Intelligence Surveillance Court(FISA-Gericht). Jedenfalls, wenn im Laufe derÜberwachung Amerikaner betroffen seinkönnten. Die bloße Kontrolle der Nachrichtendienste durch einen parlamentarischen

 Ausschuss, wie in Deutschland, reicht nicht. Das letzte Wort hat die dritte Gewalt –auch wenn das FISA-Gericht ein seltsamesTribunal ist, weil es nicht öffentlich operiertund die möglichen Opfer nicht anhört.

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 Im Keller eines klotzigen Justizgebäudes,auf halber Wegstrecke zwischen Wei ßem Haus und Kapitol, entscheiden elf Bundesrichter in einem fensterlosen,abhörsicheren Raum über die Anträge der Nachrichtendienste. Kein Wort dringtaus den Sitzungen, die Urteile bleibenunter Verschluss. [...] 

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 Die Richter genehmigen nicht nur das Ausspähen im konkreten Einzelfall.

Seit den Anschlägen vom 11. Septembersind sie überdies eine Art verfassungsrechtliches Gutachtergremium und prü fen, ob auch die im Rahmen des Antiterrorkampfs beantragten unspezifischen flächendeckenden Überwachungsmaßnahmen rechtmäßig sind. Dazu zählt diemassenhafte Speicherung von Verbindungs- und Inhaltsdaten mithilfe vonGoogle, Yahoo oder Facebook sowieder Telefonfirma Verizon.

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1978 wurde das FISA-Gericht ins Leben gerufen. Es war die Antwort auf den Wa

tergate-Skandal und das hemmungslose Aushorchen angeblicher Staatsfeinde.Unter dem Vorwand des Spionageverdachtsund der Gefährdung der nationalenSicherheit hatten Amerikas Präsidenten

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reihenweise Vietnamkriegsgegner, Bürger rechtler und politische Konkurrentenausleuchten lassen. Der Kongress stopptediese Willkür. Seither liegt der Schutz der Privatsphäre maßgeblich in den Händendieser elf Richter. Ihre Rechtsphilosophiekennt man nicht, sie lässt sich allerdingserahnen: Zehntausende von Überwachungsanträgen wurden in 35 Jahren genehmigt und nur fünf oder sechs abge

lehnt. Auch die massenhafte Speicherungvon Vorratsdaten ließen die Richter jedes Mal anstandslos passieren. […] 

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 Allerdings ist dies […] weder Pflichtver  gessenheit noch Zufall. „Verfassungen“,sagt Jeffrey Rosen, Datenschutzexperte, Juraprofessor an der George-WashingtonUniversität und einer der besten Kennerder transatlantischen rechtspolitischen Mentalitätsdifferenzen, „sind immerauch ein Spiegel der nationalen Geschichte, der Kultur und Psychologie.“ Wenn Amerikaner an die Terrorgefahr denken,

erinnern sich Deutsche an die Überwachungsapparate der Gestapo und der Stasi.[...] 

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 Martin Klingst, „Lauschen? Wir sind so frei“, in: DIE ZEIT Nr. 30vom 18. Juli 2013

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24 Politisches System der USA

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

Zwar hat Bushs Nachfolger, der seit dem 20. Januar 2009 amtierende Präsident Barack Obama, sich gleich in seiner Ansprache zur Amtseinführung von der Politik seines Vorgängersdistanziert. Doch sind seinen Worten bislang wenige Taten gefolgt. Mittlerweile ist über die Medien ans Tageslicht gekommen, dass viele Sicherheits- und Geheimdienstpraktiken der

Bush-Administration von der Obama-Regierung im Dunkelnweitergeführt bzw. in vielen Bereichen sogar noch forciertwurden.

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Sicherungsinstanz Judikative

Auch die Frage, ob die Rechtsprechung der Exekutive ihre Grenzen aufzeigen könnte, beurteilte der Oberste Richter skeptisch:„Wenn die (höchstrichterliche) Entscheidung getroffen wird,nachdem die Kriegshandlungen beendet sind, ist es wahrscheinlicher, dass die persönlichen Freiheitsrechte favorisiertwerden, als wenn sie getroffen wird, während der Krieg noch

andauert“, so William Rehnquist 1998 im oben erwähnten Buch.Obschon zivilgesellschaftliche Interessengruppen vereinzelt einige Teilerfolge vor Gericht erzielen und einschlägige Urteile erwirken konnten, wurden diese in der Regel nach Gegenhaltender Exekutive von höheren Instanzen wieder zurückgewiesenoder für nicht rechtskräftig erklärt.

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Letztendlich sind solche Fälle dann von der höchsten richterlichen Instanz, dem Supreme Court , zu entscheiden. Die Urteileder neun Richterinnen und Richter beeinflussen unter anderem auch die Kräfteverhältnisse der politischen Gewalten imUS-System der checks and balances. So wurden die Versucheder Regierung George W. Bushs, die eigenen Machtbefugnisseauf Kosten der Legislative und Judikative auszuweiten, vom

Supreme Court verurteilt – unter anderem mit der Rechtsprechung vom Juni 2008 ( Boumediene et al v. Bush et al). Die Richter entschieden, dass die  „Habeas Corpus“ -Bestimmung auchfür Guantánamo Geltung habe, woraufhin fünf der sechs klagenden Guantánamo-Häftlinge im November 2008 entlassenwurden. Dieses Urteil erging allerdings mit einer knappenMehrheit von fünf gegen vier Stimmen. Dabei haben die beiden von Präsident Bush ernannten Richter Samuel A. Alito undChief Justice  John G. Roberts, Jr. in ihrer Minderheitsmeinungden Machtanspruch und die Vorgehensweise des Präsidentenim Globalen Krieg gegen den Terror gebilligt.

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Mit jeder Neubesetzung von Richterämtern am SupremeCourt   stehen mit einer möglichen Veränderung der Mehr

heitsverhältnisse auch grundlegende, für die Qualität deramerikanischen Demokratie ausschlaggebende Entscheidungen auf dem Spiel. So konnten die Obersten Richter auch eineder größten Verfassungskrisen der jüngsten US-amerikanischen Geschichte entschärfen, indem sie im Fall  Bush v. Goream 12. Dezember 2000 den Ausgang der heftig umstrittenenPräsidentschaftswahl zugunsten des Republikaners George W.Bush entschieden.

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Trotz dieser fundamentalen Kontroversen genießt der Su preme Court   in der US-Bevölkerung höchste Autorität. SeineZustimmungsraten übertreffen bei Weitem die Werte der anderen politischen Gewalten, namentlich des Kongresses unddes Präsidenten.

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Doch sind auch die Rechtsprechungen des Obersten Gerichts nicht in Stein gemeißelt. Im Laufe der Entwicklungder USA von einer Agrar- über eine Industrie- hin zu einerDienstleistungs- und Informationsgesellschaft mussten dieRichter immer wieder neue Realitäten mit den (interpre

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Sitz des Supreme Court, der höchsten richterlichen Instanz, in Washington, D.C. …

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   a   c    k

    B   r

     D   e   n   n    i   s

    /   v

     l   a   n    d   o

    /

   a    l    l    i   a   n   c   e

   p    i   c    t   u   r   e

... und seine neun derzeitigen Mitglieder: (v. li. n. re.) Clarence Thomas, Sonia Sotomayor, Antonin Scalia, Stephen Breyer, Chief Justice John Roberts,Samuel Alito, Anthony Kennedy, Elena Kagan und Ruth Bader Ginsburg

-

   v

     l   a   n    d   o

    /

   a    l    l    i   a   n   c   e

   p    i   c    t   u   r   e

Das Gerichtssystem der USA

 In der Justiz der USA herrscht ebenso das Prinzip der Gewaltenteilung – zwischen der Bundesgerichtsbarkeit und der Jurisdiktion der Einzelstaaten, die parallel existieren. Daneben gibt es auch noch die außerhalb der Judikative urteilenden Militärgerichte(Military Courts).

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 Die Bundesgerichtsbarkeit  besteht ausdrei Instanzen: Auf der untersten Ebenerichten 94 District (Trial) Courts, darüberstehen 13 Berufungsgerichte (AppellateCourts), deren Urteile wiederum vomObersten Gericht (Supreme Court) revidiert werden können.

 Der Suprem e Court  besteht aus neun Richterinnen und R ichtern, die auf Lebenszeit berufen werden. Sie werdenvom Präsidenten ernannt und müssenvon der Legislative, namentlich vomSenat, gebilligt werden.

 Die Gerichte der Einzelstaaten sindhauptsächlich für Zivil- und Strafsachenzuständig.

 Jeder Einzelstaat hat sein eigenes, mehr stufig aufgebautes Gerichtssystem undseine eigenen Strafzumessungen. So giltin einigen Staaten noch die Todesstrafe, während sie in anderen bereits ab

 geschafft wurde. Auch die Berufungder Richter ist unterschiedlich: Je nach 

 Bundesstaat werden Richter entwederdirekt vom Volk gewählt oder politisch,das heißt von der jeweiligen Exekutiveund Legislative ernannt.

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25Konkurrenz und Kontrolle der Machthaber: checks and balances

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

tierbaren) Verfassungsgrundsätzen in Einklang bringen.Doch die Interpretationsfähigkeit des Verfassungstextes istbis heute umstritten. Während die einen den Text der Verfassung nur gemäß der „ursprünglichen Absicht“ (originalintent ) ihrer Väter auslegen wollen, sehen die anderen imVerfassungstext ein „lebendes Dokument“ (living document ).

Dementsprechend fordern erstere juristische Zurückhaltung( judicial restraint ) und verurteilen den Standpunkt der anderen Gruppe, die weite rechtliche Auslegung, als Aktionismus( judicial activism).

Bei einigen Urteilen geht es im wahrsten Sinne um Leben undTod. Mit der Entscheidung des Obersten Gerichts zur Abtreibung ( Roe v. Wade, 1973) wurden viele Gläubige politisiert. DieLiberalisierung des Abtreibungsrechts bedeutete die Geburtsstunde der politischen Bewegung der Christlich Rechten, konservativer evangelikaler und katholischer Interessengruppen

und ihrer Wählerschaft, die sich seither im Sinne einer „moralischen Mehrheit“ verstärkt für die Republikaner engagieren.Sogenannte moralische Themen (moral issues) wie Abtreibungspalten nicht nur die Bevölkerung in Befürworter und Gegner,

Die amerikanischen Rechtsquellen

 Häufig werden nur das geschriebene Rechtund das Richterrecht als Quellen desamerikanischen Rechts unterschieden. […] 

 Das sog. „constitutional law“ umfasst[…] nach amerikanischem Verständnisnicht nur die in der Verfassung niedergelegten Normen, sondern auch deren jeweilige Interpretation durch den Su preme Court.

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Unterhalb des „constitutional law“ istdas sog. „statutory law“ anzusiedeln, dasdie durch die gesetzgebenden Körper schaften beschlossenen Normen inkl. ihrer Auslegung durch die Gerichte umfasst.

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 Nochmals eine Stufe niedriger steht dassog. „administrative law“, das weder dem „constitutional“ noch dem „statutorylaw“ entgegenlaufen darf und das als Aus füllung der Lücken des „statutory law“

durch administrative Organe umschriebenwerden kann. Letztlich ist das aus England importierte

 „common law“ zu nennen. Das „commonlaw“ ist durch Gerichte gesetztes Recht, dasin Streitfällen bei einem Fehlen gesetzlicher

 Normen entwickelt wird und das die spätere Rechtsprechung bei gleichgelagerten Fällen präjudiziert. Da das „common law“ inseinem Rang hinter das geschriebene Rechtzurücktritt, ist es leicht einsichtig, dass die

ses Recht durch die vermehrten Aktivitätender Legislativorgane im modernen Staateallmählich seine frühere Bedeutung verliert.

 Hierüber darf allerdings nicht vergessenwerden, dass entscheidende Grundsätze des

amerikanischen Rechts auf das englische „common law“ zurückgehen, […]  z. B. die berühmte „due process of law“-Klausel, diedie wichtigsten Verfahrensgrundsätze fest schreibt und die – abgesichert im V. und

 XIV. Amendment der US-Verfassung – u. a. Eingriffe in Leben, Freiheit und Eigentum „without due process of law“ verbietet.

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 Emil Hübner / Ursula Münch, Das politische System der USA. Eine Einführung, 7., überarbeitete und aktualisierte Auflage,© Verlag C. H. Beck, München 2013, S. 158

Nominierungen für denSupreme Court 

 Für Nominierungen an den Supreme Courtkann der Justizausschuss im Senat dieschriftliche Stellungnahme der beiden Senatoren aus dem Staat einholen, aus demauch der Kandidat stammt. Wegen derblauen Briefbögen, auf denen die Gut achten geschrieben werden, ist dieses Ver  fahren auch unter der Bezeichnung blueslip bekannt. Faktisch liegt damit das

Schicksal eines Kandidaten in der Handzweier Senatoren, die eine Anhörung vonvornherein verhindern können. In diesem Netzwerk von politischen Abhängigkeitenoffenbart sich das Potenzial für politischmotivierte Ernennungen. Kein Präsidentkann es sich leisten, politisches Personalohne eine Abstimmung mit Kongressabgeordneten zu bestimmen, das gilt umsomehr, wenn der Abgeordnete oder Senatoreine für den Präsidenten wichtige Rolle im Kongress einnimmt. Die Personalauswahl für die Bundesgerichte trägt deshalb

durchaus Züge einer Patronagepolitik.

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 Die typische Strategie für die Personalauswahl, insbesondere für ein Amt am Su

 preme Court, zielt nicht darauf ab, einzelne Entscheidungen zu beeinflussen, sondern

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den Grundstein für eine langfristig angelegte Doktrin zu legen. Die Auswahl von Richtern wird häufig als die am stärksten politisierte Dimension innerhalb der Judikative wahrgenommen. […] Über 90 % der

 Nominierungen stammen in der Tat ausdem Umfeld der Partei des Präsidenten.

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 Zum Verdruss der Präsidenten […][ist d]ieGeschichte des Supreme Court […] [jedoch]reich an Beispielen, die eine Kluft zwischenden Erwartungen der Präsidenten undden Urteilen der Richter belegen. Präsident

 Eisenhower nominierte beispielsweise den Richter Earl Warren zum Chief Justice, derin der Folge mit seiner unerwartet liberalen Rechtsprechung maßgeblich an deramerikanischen Sozialpolitik der 1950/60er-

 Jahre beteiligt war, sehr zum Missfallen Eisenhowers. Ähnlich frustriert [waren zu Beginn der 2000er-Jahre] die Republikaner,deren Präsident George H.W. Bush inden 80er-Jahren Richter Souter im Glaubennominiert hatte, dass er ein zuverlässiger

 Konservativer sei. Judge Souter [vertrat]seit seiner Ernennung indes mit hoher Zu

verlässigkeit Demokratische Positionen.

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 Laut Verfassung muss der Senat jedem Kandidaten zustimmen, bevor dessen Berufung rechtskräftig wird. Dafür befasstsich zunächst der Justizausschuss mit

 Anhörungen der Kandidaten. […] Nach den Anhörungen im Ausschuss findet eine Abstimmung im Plenum statt. Eine einfache Mehrheit reicht aus, um einen Kandidatenzu bestätigen.

 Eine seit dem Ende des Zweiten Weltkrie ges fest verankerte Praxis im Ernennungs prozess ist die Empfehlung der American Bar Association […]. Sie gibt Empfehlungen als „very qualified“, „qualified“ und „not qualified“ heraus. In der Regel ist es für einen

 Kandidaten mit der Bewertung „not quali

 fied“ aussichtslos, für ein hohes Richteramternannt zu werden. Die Qualifikation eines Richters wird vor allem dann zum ent scheidenden Kriterium, wenn der Kandidat

 politisch vergleichsweise gemäßigt ist. Indiesem Fall wird es für die opponierende

 Partei sehr schwierig, gegen einen moderaten, hoch qualifizierten Richter anzugehen, weil sie sich damit selbst dem Vorwurf par teipolitischer Stellungnahme aussetzt. Der

 Präsident kann natürlich auch, im Gegenzug für die Unterstützung eines wichtigenGesetzesvorhabens, einen Kandidaten der

anderen Partei vorschlagen, wenn er glaubt,er oder sie teile im Allgemeinen seine politischen Ansichten.

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Winand Gellner / Martin Kleiber, Das Regierungssystem derUSA, Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2007, S. 120 ff.

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28 Politisches System der USA

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

Einzelstaaten entzogen werden, bei den Einzelstaaten liegen.Weniger eindeutig sind jedoch jene Befugnisse, die aus denenumerated powers  abgeleitet werden können: namentlichdie impliziten, implied powers. Das sind insbesondere Kompetenzen, die Washington entsprechend der necessary and

 proper  clause in Form von „notwendigen und angemessenen“Gesetzen für sich beansprucht, um seine verfassungsmäßigen Rechte und Pflichten zu erfüllen. Auch die general welfareclause, gemäß der die Zentralregierung für das Gemeinwohlzu sorgen hat, ist vielfältig interpretierbar.

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Bei Streitigkeiten zwischen Bundesstaat und Einzelstaatenentscheidet der Supreme Court . Historische Grundsatzentscheidungen der Obersten Richter haben die Ausgestaltungdes Föderalismus maßgeblich bestimmt. Insbesondere nutzteder Oberste Richter und überzeugte  Federalist  John Marshallseine Amtszeit (1801-1835) dazu, die Generalklauseln (necessary and proper clause, general welfare clause, commerce clause)zugunsten erweiterter Bundesvollmachten auszulegen. In

ihrer Urteilsfindung waren die Richter jedoch meistens vonsozioökonomischen Entwicklungen und politischen Entscheidungen beeinflusst oder haben diese sogar nachvollzogenbzw. legitimiert (so Michael Bothe 1982, S. 144).

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Als Reaktion auf nationale Krisen, etwa auf die Weltwirtschaftskrise in den 1930er-Jahren, wurden die Bundeskompetenzen erweitert. So bereitete die „Große Depression“ den Wegfür den Sozialstaat. Um dem Marktversagen zu begegnen,regulierte die Bundesregierung unter der Führung von Präsident Franklin D. Roosevelt in einem „New Deal“  neue Bereiche(etwa die Finanzmärkte), kümmerte sich auch um die Fürsorge für arme, kranke und alte Menschen und übernahm Kompetenzen, die vorher den Einzelstaaten oblagen, zum Beispiel

Straßenbau, Ausbau der Energie- und Kommunikationsnetzeund andere Infrastrukturleistungen.

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Der Bund unterstützt seitdem die zunehmend überforderten Einzelstaaten in ihren Aufgaben mit üppigen Geldzuweisungen ( federal grants-in-aid). In den knapp vier Jahrzehnten

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von 1930 bis 1968 stiegen die Bundeszuweisungen von 120Millionen auf 19 Milliarden Dollar, wie Stephen J. Wayne u. a.in „Conflict and Consensus in American Politics“ , Belmont 2007,S. 75 f. nachweisen. Im Zuge dieser Zusammenarbeit, des sogenannten cooperative federalism, wurde der von den Gründer

vätern angelegte Dualismus (dual federalism) überlagert.

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Spätestens in den 1980er-Jahren fühlten sich jedoch vieleEinzelstaaten durch die „goldenen Zügel“ Washingtons gegängelt. Denn mit Hilfe des sogenannten Regulierungsföderalismus konnte der Bund in die Einzelstaaten „hineinregieren“,etwa indem er die Sozial- und Infrastrukturhilfen nicht nurmit Regulierungsauflagen verband, sondern die Mittel auchnach parteipolitischen und wahltaktischen Erwägungen vergab. Da außer Vermont alle Einzelstaaten zu ausgeglichenenHaushalten verpflichtet sind, das heißt keine Schulden machen dürfen, sind sie umso mehr vom Bund abhängig.

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Mit seinem Dezentralisierungsprogramm des  „New Federalism“   wollte Präsident Ronald Reagan dem  „big government“ ,

das mit dem  „New Deal“   Roosevelts geschaffen und von denPräsidenten John F. Kennedy und Lyndon B. Johnson ausgebautworden war, zu Leibe rücken. Die sogenannte devolution, dasheißt die Übertragung administrativer Verantwortung an dieEinzelstaaten, hat indes nicht viel bewirkt – im Gegenteil: DieBundeszuweisungen sind im Laufe der folgenden Jahrzehnteweiter gestiegen, und sie sind restriktiver geworden: Ende der1970er-Jahre machten die für spezifische Zwecke gebundenencategorial grants drei Viertel und die allgemeinen, mit weitemVerwendungsspielraum versehenen block grants  ein Viertelaus. In den 1990er-Jahren ist deren Anteil nach Berechnungenvon Wolfang Welz (2007) gar auf ein Zehntel geschmolzen. DerBund hat offensichtlich die „goldenen Zügel“ weiter gestrafft.

Denn zweckgebundene Zuwendungen helfen auch den Regierungsvertretern in Washington bei ihrer Wiederwahl: DieWohltaten für die Einzelstaaten bzw. Wahlkreise können damitvon den Wählern besser den federführenden Senatoren undAbgeordneten zugerechnet werden.

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Kompetenzverteilung im föderalen System der USA

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 Bundeskompetenzen Konkurrierende Kompetenzen

 Kompetenzen der Einzelstaaten

Währungsangelegenheiten

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 Regulierung des Handelsmit anderen Nationenund zwischen den

 Einzelstaaten (interstatecommerce)

 Erhebung von Import zöllen

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 Pflege der auswärtigen Beziehungen und Abschluss von Verträgen

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Verabschiedung von „notwendigen und geeigneten“ Gesetzen

 Erklärung und Führungvon Kriegen

 Regulierung des Post wesens -

Steuererhebung

 Enteignung zum

öffentlichen Nutzen gegen entsprechende Entschädigung

 Recht zur Kreditauf nahme

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Gründung von Bankenund Unternehmen

Verabschiedung und Durchsetzung vonGesetzen

 Finanzierung der allgemeinen Wohlfahrt 

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 Einrichtung von Gerichtshöfen

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Organisation vonWahlen

 Regulierung des Handelsinnerhalb des Einzelstaates (intrastatecommerce)

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Schutz der öffentlichenWohlfahrt, Sicherheitund Sitten

 Etablierung einer republikanischen Regierungsform auf einzelstaatlicher und lokaler

 Ebene

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alle Kompetenzen, dienicht explizit dem Bundzugewiesen bzw. den

 Einzelstaaten vorent halten sind

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Quelle: Lee Epstein / Thomas G. Walker, Constitutional Law for a Changing America. A ShortCourse, 3. Aufl., Washington D.C. 2005, S. 176; zitiert nach Wolfgang Welz, „Die bundeseinheitlicheStruktur“, in: Wolfgang Jäger u. a. (Hg.), Regierungssystem der USA, 3. Aufl., München / Wien:Oldenbourg-Verlag 2007, S. 69-98, hier S. 73

Office of Management and Budget, Budget of the United States Government, Fiscal Year 2013, Historical Tables, Washington 2013, S. 251-252, http://www.whitehouse.gov/sites/default/files/ omb/budget/fy2013/assets/hist.pdf 

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30 Politisches System der USA

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

Temporale Kontrolle: Macht auf Zeitdurch Wahlen

Alle Macht geht vom Volke aus. Indem Macht nur für eine bestimmte Zeit gewährt wird, soll sie vom Volkssouverän unmittelbar kontrolliert werden können. So wird der US-Präsidentfür eine Amtszeit von vier Jahren gewählt; seit dem 22. Verfassungszusatz von 1951 ist die maximale Amtszeit auf zweiPerioden – also acht Jahre – begrenzt. Die Amtszeit der 435Repräsentanten des Abgeordnetenhauses beträgt zwei Jahre, jene der 100 Senatoren sechs Jahre. Alle zwei Jahre steht einDrittel der Senatssitze zur Wiederwahl an. Während bei den

Kongresswahlen in den jeweiligen Wahlkreisen und Einzelstaaten wenig Wettbewerb zwischen den Parteien herrschtund die Amtsinhaber hohe Wiederwahlchancen haben, ist dieNation bei Präsidentschaftswahlen mittlerweile in zwei etwagleich große Lager gespalten.

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Wettbewerbsverzerrungen bei Kongresswahlen

Kritische Beobachter fordern seit längerem ein sogenanntesterm limit , sprich eine maximale Amtsdauer von Mitgliederndes Kongresses, um mehr Wettbewerb bei den Wahlen zu ermöglichen. Denn nur Sitze, die frei werden (open seats) – wenn

ein Abgeordneter oder Senator etwa aus Altersgründen nichtmehr zur Wiederwahl antritt –, sind wirklich umstritten. DieAmtsinhaber (incumbents) genießen einen Amtsbonus auf grund ihres Bekanntheitsgrades, ihrer Erfahrung sowie ihrerWohltaten in ihren Wahlkreisen bzw. Einzelstaaten währendihrer bisherigen Mandatstätigkeit. Zudem gehen die üppigenWahlkampfzuwendungen von Interessengruppen ungeachtetder Parteizugehörigkeit fast ausschließlich an die incumbents,Herausforderer haben somit nur Außenseiterchancen. Die Wiederwahlquote von Amtsinhabern im Abgeordnetenhaus liegtseit vier Jahrzehnten über 90 Prozent (mit einer Ausnahme,2010: 85 Prozent); sie lag in vielen Wahlzyklen sogar bei 98 Prozent. Auch im Senat ist seit Anfang der 1980er-Jahre die Tendenz

steigend; 2012 konnten nach Angaben des Center for Responsive Politics (2013) 91 Prozent der Amtsinhaber ihre Herausfordererabwehren (www.opensecrets.org/bigpicture/reelect.php).

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Der Wettbewerb bei den Wahlen zum Abgeordnetenhauswird zudem durch das Zuschneiden der Wahlkreise einge-

Aktives und passivesWahlrecht

 Aktives Wahlrecht: Das Mindestalter

 für das aktive Wahlrecht wurde mitdem 1971 erlassenen 26. Verfassungszusatz von 21 auf 18 Jahre gesenkt. Wahlberechtigt sind alle Männer und, seit dem19. Verfassungszusatz von 1920, auch Frauen. Wahlberechtigte müssen sich inWahlregister ihres Bundesstaatesbzw. Wahlkreises eintragen lassen. Dabeimuss man sich als potenzieller Wähler/  potenzielle Wählerin der Demokraten, Republikaner oder als Unabhängiger identifizieren. Die Registrierung und An gabe der Parteipräferenz ist nötig, um

sich an den Vorwahlen beteiligen zukönnen, in denen die Kandidaten der Parteien gekürt werden. Bei geschlossenen Vorwahlen (closed primaries) dür 

 fen nur Wählerinnen und Wählerteilnehmen, die sich als Anhängerinnenbzw. Anhänger der jeweiligen Parteiregistriert haben. Bei offenen Vorwahlen(open primaries) hingegen darf jederregistrierte Wähler teilnehmen. Da dieOrganisation der Wahlen – auch von denen der nationalen Ebene – im Kompetenzbereich der Einzelstaaten liegt (siehe

S. 27 f.), gibt es kein einheitliches, bundesweites Wahlverfahren. In der heutigen Praxis gelten vielfältige Einzelbestimmungen, etwa bei der Registrierung undtechnischen Durchführung von Wahlen.

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 Die mancherorts für US-amerikanischeVerhältnisse hohen Auflagen (etwadie Pflicht, einen gültigen Ausweis oderUrkunden vorzulegen) hemmen die

Wahlbeteiligung, insbesondere jene sozialschwacher Schichten. Mit dem Urteildes Supreme Court im Juni 2013 im FallShelby County v. Holder (siehe S. 6 u. 26)ist diese Problematik erneut zumGegenstand heftiger politischer Auseinandersetzungen geworden, nicht zuletzt zwischen dem Bund und den Einzelstaaten.

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 Passives Wahlrecht: Die Auflagen fürdas Recht, gewählt zu werden, sind je nach Amt verschieden: Das Mindest alter, um Präsident zu werden, beträgt

 35 Jahre, Senatoren müssen 30, Ab geordnete mindestens 25 Jahre alt sein.Um sich für das höchste Amt im Staate,die Präsidentschaft, zu bewerben,muss der Kandidat oder die Kandidatindie US-amerikanische Staatsangehörigkeit von Geburt an besitzen undin den zurückliegenden 14 Jahren inden USA gelebt haben.

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 In einem College im US-Bundesstaat Michigan helfen Freiwillige im September 2012 beim Eintrag indas Wahlregister. Die Registrierung (zum Teil zuzüglich der Angabe von Parteipräferenzen) berechtigt zur Teilnahme an den Vorwahlen, deren Organisation in die Kompetenz der Einzelstaaten fällt.

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31Konkurrenz und Kontrolle der Machthaber: checks and balances

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

schränkt. Nach jeder alle zehn Jahre stattfindenden Volkszählung sind die Parlamente und/oder Regierungen der Einzelstaaten angehalten, die Wahlkreisgrenzen für die Wahlihrer Repräsentanten in Washington den demografischenEntwicklungen anzupassen. Dabei versuchen diese seit jeher,Vorteile für die eigene Partei herauszuschlagen. Seitdem der

Gouverneur von Massachusetts, Elbridge Gerry, Anfang des19. Jahrhunderts einen Wahlkreis derart zuschnitt, dass er –wie ein zeitgenössischer Zeitungskarikaturist ironisch bemerkte – wie ein Salamander aussah, wird diese Manipulationals „gerrymandering“ bezeichnet (eine Kombination aus „Gerry“ und dem Wortende von „Salamander“). Mittlerweile istdie Technik des Zuschneidens derart verfeinert worden, dassin vielen Wahlkreisen der eigentliche Wettbewerb nicht mehrzwischen den Parteien, sondern innerhalb des jeweiligen Lagers ausgetragen wird.

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Zudem grenzen sich die Lebensräume der beiden politischen Lager immer stärker voneinander ab. Viele US-Amerikaner wählen ihren Wohnort nach sozialen, ethnischen, religiö

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     M    ä   r   z   1    8   1   2

    t   a   m   2    6 .

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    p   u    b    l    i   z    i   e   r

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Getrennte Welten

[...] In Chelsea, wo der Hilfspolizist Robert Burnett lebt, wählt fast jeder die Re publikaner. [...] Im Süden der Bronx, wo Michael Gonzalez lebt, wählen fastalle die Demokraten. [...]

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 Die Nation sortiert sich. Amerikanersind beweglich, und wann immer sie um

ziehen, streben sie wenn möglich dort hin, wo Menschen denken und fühlen wiesie. Republikaner, so haben Sozialforscherermittelt, wünschen große Vorgärten,Steakhäuser, Golfplätze und einen evangelikalen Pastor. Demokraten bevorzugenstädtische Biotope, Supermärkte mitÖkokost, Yoga-Kurse und sozial engagier te Kirchengemeinden – oder auch garkeine Kirchengemeinden.

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 Das Land hat die Rassentrennung über wunden, stattdessen grassiert nun die politische Segregation von Roten (Repu

blikanern) und Blauen (Demokraten). DieGesellschaft verklumpt zu Haufen vonGleichgesinnten. 1976 lebte nur ein gutesViertel aller Amerikaner in sogenannten Landslide Countys, also in Landkreisen, indenen stets dieselbe Partei mit mindestens20 Prozentpunkten Vorsprung gewinnt.

 Inzwischen wohnt fast die Hälfte aller Amerikaner in solchen Gegenden. Wer andersdenkt, lebt woanders.

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 Es ist dies der Nährboden, auf dem dieGroßparteien gedeihen; sie ähnelnmehr und mehr reinrassigen Stämmen.

Wer von der politischen Lehre abweicht,wer zum Kompromiss mit dem Gegnermahnt, gilt als unzuverlässig. Wer zumanderen Lager gehört, der lebt in Feindesland, im anderen Amerika.

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 Hilfspolizist Robert Burnett stammt aus Birmingham, Alabama, der verkommenen Stahlstadt mit der landesweit siebt höchsten Mordrate. „Als wir dann die Häuser hier draußen in Chelsea gesehenhaben, haben wir uns in die Gegendverliebt“, erinnert er sich, „hier können die Kinder unbeschwert auf der Straße spielen. Wie früher.“ 

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Vor 15 Jahren war Chelsea noch ein Weiler mit 900 Einwohnern. An die alte Zeit erinnert heute eine weiß getünchte Holzbaracke, deren windschiefe Front „Gottes Segen für Amerika“ erbittet. Einstwar dies der einzige Laden weit und breit. Inzwischen hat sich die Anzahl der Einwohner verzwanzigfacht. Die Menschen finden hier: ein preiswertes Haus, einen gepflegten Rasen, kaum Kriminalität, denWalmart am Highway 280. Eine kleinbürgerliche Idylle, erschaffen am Reißbrett.

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 „Dies ist das rote Amerika“, sagt Bur 

nett. Republikanisches Gebiet. Konservativzu fühlen ist hier draußen so selbstver ständlich wie Fan der „Crimson Tide“ zusein, des Football-Teams der Universitätvon Alabama. Die Weißen hier haben dieStahlstadt Birmingham hinter sich gelassen, auch die Schwarzen, die dort lebenmit ihren Problemen und die, natürlich inihrem eigenen Wahlkreis, stramm demokratisch wählen. „White Flight“, heißt das. Die weiße Flucht.

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 In der Bronx ist es Mitte des vergangenen Jahrhunderts geschehen. Die Weißen

zogen weg, es blieben fast nur Schwarzeund Latinos. Die Familie von MichaelGonzalez stammt aus Puerto Rico, er ist imSozialbauviertel Hunts Point aufgewachsen, im Süden der Bronx. „Die schlimmste

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aller schlimmen Gegenden Amerikas“,sagt er. Vor allem in den 1980er-Jahren.

 Nutten, Drogen, Gewalt. Wer hier großwird, „lernt die Straße“, wie er sagt.

 Als er 15 war, ging Gonzalez in einen Blumenladen und bat um eine Putzstelle. Er blieb sechs Jahre, und am Endeverstand er das Geschäft besser als die Inhaber. Dann führte er einen Laden im

Süden Manhattans, und als er auch dortnichts mehr lernen konnte, machte er sichselbstständig. Er belieferte die Premieren

 feiern des Bezahlsenders HBO. „Sex andthe City“, „The Sopranos“. [...] 

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 Es ist eine kleine Erfolgsgeschichte ausder South Bronx, in der noch immer 40 Prozent der Menschen in Armut leben,wo fast jeder Zweite es nicht auf die HighSchool geschafft hat, wo fast jeder Zweite Angst hat davor, die Miete nicht mehrbezahlen zu können und auf der Straßezu landen.

[...] [S]eit der Wirtschaftskrise leben dieGebeutelten nicht mehr nur in denblauen Wahlkreisen, sondern auch in denroten. [...] 

 „Wer in der Bronx aufwächst“, sagtGonzalez, „der lernt schon in der Schule,dass die Demokraten für die Armenkämpfen und die Republikaner für die Reichen.“ Es ist ein Naturgesetz, es wirdweitergegeben von einer Generation andie nächste, und Gonzalez wird es auchan seinen Sohn weitergeben. Demokratoder Republikaner, das ist mehr als

 Parteizugehörigkeit, es ist Identität und Lebensgefühl. […] 

 Nicolas Richter / Christian Wernicke „Du bist hier in meinem Land“, in: Süddeutsche Zeitung vom 5. November 2012

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32 Politisches System der USA

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

sen und politischen Kriterien, sie lassen sich dort nieder, wosie Gleichgesinnte vermuten. Damit werden die Wahlkreisehomogener. Die Bewohnerinnen und Bewohner von Demokratischen oder Republikanischen „Inseln“ haben so noch weniger Möglichkeiten, sich im Alltag mit der Meinung andersDenkender auseinanderzusetzen, zumal viele auch aufgrund

ihrer Berufswahl und ihres Medienkonsums in verschiedenenWelten leben.

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Diese beiden Entwicklungen, das politische gerrymandering und die gesellschaftliche Abgrenzung, haben dazu beigetragen, dass sich in den Vorwahlen immer mehr Kandidaten mitextremen Positionen durchgesetzt haben, weil sie nunmehralles daran setzen mussten, den harten Kern der homogenereneigenen Wählerschaft, die sogenannte Basis (base), anzusprechen und sich weniger um heterogenere und gemäßigtereWählerschaften der Mitte bemühen müssen. Die so gewählten Repräsentanten sind bei ihrer Tätigkeit im Parlamentdann auch gut beraten, extreme Positionen zu vertreten. Siehaben keine Anreize, in der Gesetzgebung die nötigen Kom

promisse mit dem anderen Lager einzugehen, weil sie damitGefahr laufen, bei der nächsten Vorwahl von einem parteiinternen Herausforderer angegriffen zu werden, der vorgibt, dieInteressen des Wahlkreises kompromissloser zu vertreten. Diesogenannte Polarisierung, das Auseinanderdriften der Positionen in der politischen Auseinandersetzung im Abgeordnetenhaus, hat demnach auch strukturelle, im Wahlsystem und inder Gesellschaft angelegte Gründe.

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Präsidentschaftswahlen: die 50-50-Nation

Hingegen ist bei den Präsidentschaftswahlen der Wettbewerbzwischen den beiden Parteilagern sehr viel härter. Die USA scheinen sich zu einer „50-50-Nation“ entwickelt zu haben. Seit denWahlen von 1984, bei denen der Republikaner Ronald Reagan

seinen Demokratischen Herausforderer Walter Mondale deklassierte, gab es keinen Sieger mehr, der viel mehr als 53 Prozentder Stimmen auf sich vereinen konnte. Einige haben sogar mitweniger als der Hälfte der abgegebenen Stimmen ( popular vote)gewonnen, so zwei Mal Bill Clinton (1992 und 1996) sowie GeorgeW. Bush (2000). Wenn man bedenkt, dass die Wahlbeteiligung in

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Kongress: Konfrontation statt Kooperation

Viele Europäer glauben an den Nieder  gang der Vereinigten Staaten – siedenken dabei an verrottete Infrastruktur, sozialen Zerfall und den am Endeunvermeidlichen Kollaps einer überanstrengten Militärmacht. Das ist eineirreführende Fantasie. Amerika kannimmer noch viele Ressourcen für seine

 Zukunft mobilisieren – eine Spitzenfor schung ohnegleichen, seine Attraktivität

 für Einwanderer aus aller Welt, einedynamische Wirtschaft mit den führen

den Konzernen der digitalen Ökonomie. Als Land sind die USA ziemlich stark. Aber auch als Staat? Die wirklichenamerikanischen Schwächen sind die zer rüttete politische Kultur und das funktionsschwache politische System, bis hinzur Gefahr der Regierungsunfähigkeit.

 Das Washingtoner Drama dieser Tage[im Januar 2013] um die „Fiskalklippe“hat die Risiken gezeigt. […] 

 Die Unversöhnlichkeit, die das Regieren in den USA inzwischen so schwermacht, ein Klima, in dem der Kompromiss

als Verrat und die Halsstarrigkeit als prinzipienfeste Tugend gilt – von außenwirkt das wie der Gipfel der Irrationalität. Die Feindseligkeit folgt aber ihrereigenen zerstörerischen Logik.

 Diese Logik hat eine ideologische Seite:die immer stärkere Polarisierung deramerikanischen Politik. Vor allem die Re publikaner sind nicht mehr die breitaufgestellte Mitte-rechts-Partei, die sielange waren. Die Republikaner vonheute sind eine überzeugungsstarke, hochdisziplinierte Kampftruppe, die mit echter Inbrunst an ihren Doktrinen (von derSchrumpfung des Wohlfahrtsstaatsbis zum Verbot der Schwulenehe) festhält. Bei den Demokraten ist die Ideologisie

rung weniger schrill, die parteiliche Stur heit aber ebenfalls beträchtlich; Zweifelam Segen des öffentlichen Dienstes oderan großzügigen Konjunkturprogrammen sind unter Linksliberalen weithinunerwünscht.

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 Ihre eigentliche Brisanz bekommt die Polarisierung jedoch erst dadurch, dasssie sich auch machtpolitisch auszahlt. Mehr und mehr Abgeordnete stammenaus gleichsam einfarbigen Wahlkreisen, überwältigend republikanisch odervorherrschend demokratisch; sie haben

weniger den hoffnungslos unterlegenenGegenkandidaten der anderen Parteizu fürchten als mögliche Herausfordererim eigenen Lager. Sie müssen nichtdurch Kompromissfähigkeit um die po

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litische Mitte werben, sondern durch Linientreue die Rechtgläubigen beider Stange halten – eine Prämie auf Dogmatismus und Extremismus. […] 

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Gehässige Polarisierung ist immer unschön. In den Vereinigten Staatenaber ist sie gefährlich. Denn stärker alsdie meisten politischen Systeme istdas amerikanische auf Kooperation undÜberparteilichkeit ausgerichtet. Hierlässt sich nicht „durchregieren“: Der direkt gewählte Präsident und die eben

so direkt gewählten Abgeordneten bilden fast automatisch unabhängige, selbst ständige Machtzentren; eine clubartigverfasste Parlamentskammer wie derSenat kann überhaupt nur funktionieren, wenn ihre Mitglieder miteinanderauskommen und geschäftsfähig sind.

 Dass der Kongress im Angesicht der „Fiskalklippe“ immerhin einen Minimalkompromiss zustande gebracht hat, zeigthoffentlich, dass die Vorräte an Staatsbürgersinn noch nicht ganz aufgebrauchtsind. Aber die USA werden mehr, viel

mehr davon brauchen. Und das selbstkrisenbedrohte Europa muss zuschauenund die Daumen drücken.

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 Jan Ross, „Unter Feinden“, in: DIE ZEIT Nr. 2 vom 3. Januar 2013

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36 Politisches System der USA

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

Die Ergebnisse der Wahlen, insbesondere ihre differenzierteAnalyse, sprachen für den Erfolg der Obama-Strategie. Wählermit niedrigerem Einkommen, die das bestehende Wirtschaftssystem als ungerecht empfanden, stimmten mehrheitlich fürObama. Er verdankte seine Wiederwahl insbesondere densozial benachteiligten Hispanics (die auch als Latinos bezeich

net werden) und den afroamerikanischen Wählerinnen undWählern. Die Minderheiten machen mittlerweile knapp einViertel der Wählerschaft aus und bildeten einmal mehr einengeschlossenen Wählerblock für Obama.

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Ob Obama die prekäre soziale Lage in seiner zweiten Amtszeit verbessern kann, bleibt jedoch fraglich. Bereits vor derWahl im November 2012 war abzusehen, dass auch der nächste Präsident wieder mindestens von einer Kammer des Kongresses blockiert werden würde: entweder Romney durchden Senat oder Obama weiterhin von der RepublikanischenMehrheit im Abgeordnetenhaus. Die Ergebnisse der Kongresswahlen bestätigten die Prognosen mehr oder weniger unveränderter Mehrheitsverhältnisse und zementierten damit den

bestehenden Politikstau ( gridlock).

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Künftig werden die Grabenkämpfe zwischen Präsident undKongress wohl noch heftiger, weil sich beide, der DemokratObama und die Republikaner im Kongress, durch ihr neues Wählermandat in ihrer bisherigen politischen Konfrontationshaltung bestätigt fühlen. Nicht einmal beim ThemaEinwanderungsreform konnte bislang eine Einigung erzieltwerden, obwohl es unter den Konservativen bereits einige  Vordenker wie den Kolumnisten David Brooks gibt, der die Blockadehaltung der Republikaner bei der Einwanderungsreformim Hinblick auf künftige Wahlen als „politischen Selbstmord“bezeichnet.

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Wahlentscheidende Faktoren bei denPräsidentschaftswahlen 2012

 Anteil (in %)der Wähler 

Obama-Wähler 

 Romney-Wähler 

 Anteil der Gesamtstimmen 50 48

Geschlecht 

 Männer  Frauen 47 53

45 55 

5244

 Ethnische Zugehörigkeit Weiße

 Afroamerikaner  Hispanics Asiaten

7213103

39937173

59627 26

 Alter 18-29 Jahre alt 

 30-44 45-6465 und älter 

1927 3816

605247 44

37 45 5156

 Parteiidentifikation Republikaner  Demokrat Unabhängige

323829

69245 

937 

50

 Familieneinkommen (2011)Weniger als 50 000 Dollar 

 50 000 bis 99 999100 000 und mehr 

41

3128

60

4644

38

5254

 Finanzielle Lage der Familie im Vergleichzu vor vier Jahren

 Besser Schlechter Gleich

25 3341

841858

15 8040

Wichtigstes Thema/Problemfeld Außenpolitik Haushaltsdefizit Wirtschaft Gesundheitsversorgung

5 15 5918

563247 75 

33665124

Größtes, einen persönlich betreffendes Wirtschaftsproblem

 Immobilienmarkt  Arbeitslosigkeit SteuernSteigende Preise

8381437 

63543249

32446649

 Beurteilung der wirtschaftlichen Lage Exzellent oder gut  Nicht so gut oder schlecht 

2377 

9038

960

 Erwartung der wirtschaftlichen EntwicklungWird besser Wird schlechter 

 Bleibt gleich

393029

889

40

99057 

 Hat mehr Wirtschaftskompetenz Barack Obama Mitt Romney 

4849

984

194

Wirtschaftssystem Begünstigt die Wohlhabenden Ist gerecht 

55 39

7122

2677 

Steuererhöhungen, um Haushaltsdefizitzu reduzieren

 Ja Nein

3363

7337 

2461

Weniger als 100 = keine oder andere Angabe. Exit Polls des National Election Pool 2012

Sitzverteilung im US-Kongress,113. Legislaturperiode, seit 3.1.2013; Stand: Dezember 2013

 Abgeordnetenhaus Senat 

 Republikaner  232 45  

 Demokraten 201 53

Unabhängige – 2

(beide stimmenregelmäßig mit den

 Demokraten ab)

Vakante Sitze*  2 –

Gesamt  435 100

* Vorzeitig ausgeschiedene Abgeordnete werden noch durch Nachwahlen besetzt.

United States Congress

Ausblick: Die Weißen in der Minderheit

Bei den Präsidentschafts- und Kongresswahlen 2016 werdendie nächsten Demokratischen und Republikanischen Spitzenkandidaten ihre persönliche Partei-Plattform festlegen.Schon lange Zeit vor dem eigentlichen Wahlkampf gilt es fürdie Aspiranten, Spenden zu sammeln und ein Netzwerk vonUnterstützern zu knüpfen. Dabei wären auch die Wahlkämpfer der Republikaner gut beraten, bereits im Vorwahlkampfendlich die  Latinos  als wichtige Wählergruppe zu berücksichtigen.

Der vorläufig letzte Republikanische Präsident, George W.

Bush, erzielte ein überdurchschnittlich gutes Wahlergebnisbei der hispanischen Bevölkerung, weil er diese in religiöserHinsicht und in ihrer Muttersprache anzusprechen wusste.Die (vorläufig) letzten beiden Verlierer, John McCain und MittRomney, waren in ihrer vorherigen politischen Karriere alsSenator bzw. Gouverneur zwar durchaus liberal eingestellt,insbesondere in der Einwanderungsfrage. Um sich jedoch imVorwahlkampf gegen ihre teilweise chauvinistisch argumentierenden Herausforderer durchsetzen zu können, mussten sieihrerseits extremere Positionen einnehmen und schmälertendamit im Hauptwahlkampf ihre Siegeschancen.

Die hispanischen Wähler werden demografisch bedingt immer wichtiger, zumal sie auch in hoher Konzentration in den

für Wahlsiege ausschlaggebenden Einzelstaaten leben. Bereitsbei der Wahl 2012 haben Romneys enorme 20 ProzentpunkteVorsprung vor Obama bei weißen Wählern nicht genügt, umdie Hausmacht des amtierenden Präsidenten bei den Wählerinnen und Wählern aus den ethnischen Minderheiten, der

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38 Politisches System der USA

Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

sche Wählerinnen und Wähler gewinnen zu können, zumaldiese sehr religiös sind. Zwar haben bislang soziale und wirtschaftliche Gründe den Ausschlag für deren Hinwendung zuden Demokraten gegeben. Aber eine günstigere allgemeineWirtschaftslage und ein verbesserter sozioökonomischerStatus von  Latinos  könnte künftig die Grundlage dafür bilden, dass hispanische Wähler – wie die meisten US-Amerikaner – ihre Wahlentscheidung aufgrund ihrer religiösen

Einstellung treffen.

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Mittlerweile gilt die Faustregel: Je häufiger US-Amerikanerden Gottesdienst besuchen, desto eher wählen sie einen Kandidaten der Republikaner. Evangelikale Latinos sind dafür auf geschlossener als katholische. Während erstere es als gottgegeben hinnehmen, dass jeder selbst „schuld“ an seiner Armutist, halten es die zweiten eher mit der katholischen Soziallehre,wonach mit sozialer Hilfestellung die Menschen zum Besseren bekehrt werden sollen. Während sich in der politischenDebatte katholische Bischöfe schon seit längerem für die Einwanderer aus Lateinamerika stark gemacht haben, werdendie sozialen Belange von Einwanderungsfamilien nunmehrauch von evangelikaler Seite professionell vertreten, etwa

durch die  National Hispanic Christian Leadership Conference,einem organisatorischen Ableger der einflussreichen National Association of Evangelicals. Der evangelikale Einfluss nimmtzu, weil auch immer mehr katholische  Latinos  sogenannteErweckungserlebnisse haben und ins Lager der „wiedergeborenen“ Glaubensgemeinde konvertieren. Bereits 2007 bezeichneten sich vier von zehn Latino-Christen als „born again“  oder„evangelikal“ ( Pew  2007, S. 8).

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Die Demokraten haben ihr strukturelles Defizit bei der religiösen Wählerschaft erkannt und versuchen ihrerseits,„moralische Werte“ im Wahlkampf stärker zur Geltung zubringen, indem sie, über sexualmoralische Themen hinausgehend, „moral values“  breiter interpretieren und neben Um

weltschutz auch Armutsbekämpfung als moralisches Themadeuten. So wollen sie in der Umweltpolitik „Gottes Schöpfungbewahren“, und der ehemalige „Sozialhelfer“ (community or  ganizer ) Barack Obama hat auch die von George W. Bush initiierte  „faith based initiative“   befürwortet, in deren Rahmen

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Kirchen mit staatlichen Mitteln soziale Dienstleistungen erbringen. Innen- und machtpolitisch bleibt demnach höchst relevant, wer letztendlich die Deutungshoheit über „moralischeWerte“ gewinnt.

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 Bei Wahlen gilt die Faustregel: Je häufiger die Gläubigen einen Gottesdienst besuchen, desto eher

wählen sie Republikanische Kandidaten. Studierende eines auf Theologie spezialisierten Colleges in Haverhill, Massachusetts, 2012 beim Gebet

   a   g   e   s

     G   e    t    t   y    I   m

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    i   e   n   c   e    M   o   n    i

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     T    h   e    C    h   r

    /

    M   e    l   a   n    i   e    S    t   e    t   s   o   n    F   r   e   e   m   a   n

Wahlkämpfe: Finanzierung und Mobilisierung

Nach der Wahl ist vor der Wahl. Im sogenannten permanenten Wahlkampf müssen 435 Abgeordnete und ein Drittel der100 Senatoren einmal mehr schier unvorstellbare Geldsummen einwerben, um ihre Wiederwahl im November 2014 zusichern. Ebenso sind die Bewerber um die Präsidentschaftimmer wieder angehalten, neue Rekorde bei der Einwerbung von Spenden zu brechen. Damit sind Politiker in denUSA sehr offen für die „Kommunikation“ der Interessengruppen geworden, zumal die Obersten Richter finanzielleZuwendungen im Wahlkampf wiederholt als Ausdruck derMeinungsfreiheit ( freedom of speech) interpretiert haben,die nicht gesetzlich reglementiert werden dürfe.

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Als der Supreme Court  1976 im Fall Buckley v. Valeo die ge

setzliche Regelung der Politikfinanzierung (die Wahlkampf spenden und die Ausgaben der Kandidaten begrenzt hätte)wegen Einschränkung der persönlichen Meinungsfreiheitfür verfassungswidrig erklärte, wurde die rechtliche und institutionelle Position von Partikularinteressen entscheidendaufgewertet. Die spezifische US-amerikanische Interpretation der freedom of speech bedeutet zum einen, dass Meinungen und Interessen bestimmter Gruppen mehr Gehör finden als die anderer. Es wird zum anderen auch zunehmendschwierig, in dem immer größer werdenden Chor von  political action committees  (PACs), Super PACs, Wirtschaftsvertretern, Interessengruppen und betuchten Privatleuten dieStimme der politischen Parteien herauszuhören.

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Seitdem der Supreme Court  am 21. Januar 2010 im Fall Citizens United v. Federal Election Commission einmal mehr denersten Verfassungszusatz der Meinungsfreiheit hochhielt,sind alle Dämme gebrochen. Der infolge des Skandals umdie Bilanzfälschungen und politischen Verbindungen des

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47Mittler zwischen Zivilgesellschaft und Politik: Themennetzwerker

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Bis zur Jahrtausendwende stiegen sowohl die Anzahl als auch dieZuwendungen von PACs enorm an. Die Zuwendungen an Kandidaten für Wahlkämpfe auf nationaler Ebene verzeichneteneinen Anstieg (inflationsbereinigt) von zwölf (1974) auf knapp70 Millionen Dollar (1998) – das entspricht einer Erhöhung der„Kaufkraft“ amerikanischer PACs um knapp 500 Prozent (Braml2004, S. 129 ff.), die innerhalb dieses Vierteljahrhunderts in das

politische System der USA eingeflossen ist. Wie die obige Abbildung verdeutlicht, wurden insbesondere wirtschafts- und industrienahe Organisationen in Stellung gebracht.

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Das politische System der USA bietet diesen Politunternehmern ein optimales Betätigungsfeld: Ihr Spielraum ist in denUSA weniger durch die potenzielle Machtrolle politischerParteien – der traditionellen Türsteher ( gatekeepers) – eingeschränkt, und sie haben leichteren Zugang zu einer größerenZahl mitentscheidender Akteure. Neben der persönlichen Ansprache von Entscheidungsträgern in der Exekutive/Administration, Judikative und im Parlament in Washington bearbeiten Interessenvertreter insbesondere die 435 Abgeordnetenund 100 Senatoren über ihre Wahlkreise bzw. Einzelstaaten. Sie

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zielen mit ihrem Graswurzel-Lobbying direkt auf die Basis, dieWähleranbindung.

Ein besonders wirksames Mittel für Interessengruppen, umEinfluss auf den Gesetzgebungsprozess und die Wiederwahl zunehmen, sind „Wählerprüfsteine“ (scorecards oder voter guides).Interessengruppen der Christlich Rechten machen zum Beispielkritische Abstimmungen publik, damit Abgeordnete und Sena

toren wissen, dass ihre Bevölkerung im Wahlkreis genau erfahren wird, wie sie abgestimmt haben (Braml 2005, S. 79 ff.).

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Dieser externe Einfluss einer Vielzahl unterschiedlicher undoft widerstreitender Interessen ist als erheblich einzuschätzen, vor allem bei den Kongresswahlen. Da US-amerikanischeAbgeordnete und Senatoren keiner Parteidisziplin unterworfen sind, können sie sich auch nicht hinter ihr verstecken. Einzelne Politiker laufen ständig Gefahr, im Rahmen einflussreicher Kampagnen an den Pranger gestellt und gegebenenfallsbei der Kandidatur um eine Wiederwahl persönlich zur Rechenschaft gezogen zu werden. Sie wägen deshalb bei jedereinzelnen Abstimmung gründlich ab, wie diese sich bei dennächsten Wahlen für sie persönlich auswirken könnte.

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© Federal Election Co mmission (FEC), Pressemitteilungen

Think Tanks als Ideen- und Personalagenturen

Das checks and balances-System der Vereinigten Staateneröffnet auch anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen wie Think Tanks vielfältige Einwirkungsmöglichkeiten,insbesondere aufgrund seiner Durchlässigkeit: Sie bedingteine hohe Rotation und erleichtert Karrierewechsel. Indiesem System der revolving doors, des fortwährenden in

and-out , werden Personen und mit ihnen auch Ideen undInteressen ständig ausgetauscht. In keinem anderen Landals den USA wird ein derart breiter und offener (außen)politischer Diskurs gepflegt, an dem sich unzählige Interessengruppen und Think Tanks maßgeblich beteiligen und

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in dem sie ihre verschiedenen Kommunikationsrollen ausüben können.

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Während in einem parlamentarischen Regierungssystemwie der Bundesrepublik Deutschland die politischen Parteien bei der Rekrutierung des Spitzenpersonals von zentralerBedeutung sind und ohnehin ein großer Berufsbeamten

apparat von politischen Veränderungen unberührt bleibt,übernehmen in den USA Think Tanks  die Rolle des Personaltransfers und damit auch der Ideengebung. Anders als inDeutschland, wo nur eine Handvoll Fachleute je die Seitengewechselt haben, kommentieren US-amerikanische Exper

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Experten stimmen darin überein, dass es sehr schwierig ist,den wirklichen Einfluss von Interessengruppen und ThinkTanks  zu ermessen. Die meisten Politikwissenschaftler halten es für „zwecklos“, nach direkten Auswirkungen vonThink-Tank-Aktivitäten zu fragen: „Solche Fragen könne nurstellen, wer die Komplexität des politischen Prozesses nichtin Rechnung stelle. In einzelnen Fallstudien seien Nachweise

durchaus möglich, systematisch überzeugende Erklärungen(aber) wohl eine Illusion“, so der mittlerweile verstorbeneNestor der US-amerikanischen Politikwissenschaft NelsonPolsby im Gespräch mit Winand Gellner (1995, S. 22).

Gleichwohl ist es offensichtlich, dass sich in den vergangenen Jahrzehnten die Eigenschaften und Arbeitsweisenvon Think Tanks grundlegend verändert haben, was sich ineiner Politisierung der Beratung US-amerikanischer Politik

widerspiegelt: „In den ersten Jahrzehnten bis zur Mitte des20. Jahrhunderts wurden Think Tanks allgemein als objektive und sehr glaubwürdige Produzenten von Expertisen fürpolitische Akteure angesehen. In der heutigen, viel dichterbesiedelten Think-Tank-Landschaft werden sie zunehmendzu streitsüchtigen Advokaten in balkanisierten Debattenüber politische Richtungsentscheidungen, oder werden zu

mindest so wahrgenommen.“ (Rich/Weaver 1998, S. 250).Das ist genau das Ziel advokatischer Institute: Ihre klarepolitische Positionierung beschert ihnen bessere Sichtbarkeit in den Medien. Damit haben sie auch bessere Kartenbeim Fundraising. Denn die Geldgeber nehmen an, dassThink Tanks  nicht nur direkt, sondern vor allem auch überdie Medien indirekt Einfluss auf politische Entscheidungennehmen können.

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 Andrew Rich / R. Kent Weaver, Advocats and Analysts: Think Tanks and the Politicization of Expertise, in: Allan J. Cigler / Burdett A. Loomis (Hg.), Interest Group Politics, Washington D.C. 1998, S. 235-254

Medien als vierte Gewalt?

Nicht erst seit Orson Welles‘ 1938 ausgestrahlter Radiosendung „Invasion from Mars“ , nach der viele Hörer voller Angstauf die Straßen liefen, weil sie das, was ihnen vermitteltwurde, für real hielten, existiert der Mythos von den übermächtigen Medien. Er wurde bereits zuvor mit der Erforschung der Wirkung von Werbung und Propaganda verfestigt. Die Annahme omnipotenter Medien beherrschte auchlange Zeit die Medienwirkungsforschung.

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Mittlerweile wird der Medieneinfluss differenzierter gesehen: Zum einen bemühen sich die Medien selbst – oder werdenvon anderen als Medium bemüht –, um auf politische Entschei

dungen Einfluss zu nehmen. Zum anderen können sie aber auchmitentscheiden, worüber entschieden wird: indem sie ein Thema problematisieren oder ein zu lösendes Problem auf die politische Tagesordnung bringen. Neben dieser Agenda-SettingFunktion, wie sie 1972 die US-Forscher Maxwell E. McCombs

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und Donald L. Shaw beschrieben, können die Medien auch nochden Rahmen des Vorstellbaren abstecken: sprich mit Begriffenoder Metaphern das Problem und dessen Lösung begreifbarmachen und dabei Einfluss nehmen oder manipulieren.

In seiner analytischen Betrachtung der menschlichen Kommunikation unterschied der Journalist Walter Lippmannbereits 1922 zwischen der „Außenwelt“ und den „Bildern inunseren Köpfen“. Die Realität ist laut Lippmann zu groß, zukomplex und zu vergänglich, als dass sie von uns direkt wahrgenommen werden könnte. Da wir jedoch in ihr handeln müssen, behelfen wir uns damit, sie durch ein einfacheres Modell

zu rekonstruieren, damit sie uns vertraut und umgänglicherwird. Diese Modelle, sprich (Sprach-)Bilder, liefern uns die Medien und die Medienmacher.

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Politik liegt für die meisten Menschen außerhalb ihres Erfahrungshorizonts, sodass sie von anderen erforscht und be

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Zwar wird von Vertretern etablierter Medien gerne eingewendet, dass mit der Beliebigkeit der Angebote im Internet dieQualität verloren gehe. Doch die Qualitätsberichterstattungwurde aufgrund der Kommerzialisierung und Konzentrationder Medienwelt ohnehin schon längst ausgedünnt.

Der US-amerikanische Medienmarkt wird (laut Hübner/

Münch 2013, S. 101) von fünf Medienimperien (Time Warner, Disney, Murdoch’s News Corporation, General Electric/ NBC undCBS Corp.) mit 90 Prozent der Marktanteile beherrscht. Die Lockerung gesetzlicher Regulierungen, etwa 1996 mit dem Telecommunications Act , habe es den Megakonzernen erleichtert,auch ihre vertikalen Integrationsstrategien durchzusetzen,das heißt Produktion und Verteilung von Medieninhalten unter ein Firmendach zu bekommen.

Der politisch interessierte Fernsehzuschauer hat die Wahlzwischen wenigen kommerziellen Stationen: der ABC ( American Broadcasting Company ), dem CBS (Columbia Broadcasting System) und der NBC ( National Broadcasting Company ),dem vom Medienmogul Ted Turner geschaffenen Nachrich

tensender CNN (Cable News Network) sowie dem vom australischen Geschäftsmann Rupert Murdoch finanzierten Fox TV . Staatlich geförderte Qualitätssender wie PBS ( Public Broadcasting System), C-SPAN (Cable-Satellite Public Affairs Network) oder NPR ( National Public Radio) sind vom Aussterben bedroht, da sie laufend Schwierigkeiten mit ihrer Finanzierung haben.

Auch der Zeitungsmarkt konzentriert sich auf immer weniger Anbieter. Vier von fünf Tageszeitungen in den USAbefinden sich in der Hand von Konzernen; dem größten, derThompson-Gruppe, gehören mittlerweile über 100 Tageszeitungen. Die Kommerzialisierung hat zur Konzentration undAusdünnung der Medienvielfalt geführt. Es gibt in den USA

heute nur noch wenige Städte, in denen die Bewohner mehrals eine Tageszeitung zu lesen bekommen. Auch die überregionalen, landesweit verbreiteten Blätter wie das Wall Street Journal, USA Today , die New York Times, die Los Angeles Times und die Washington Post  kann man an einer Hand abzählen.Hinzu kommen die Wochenmagazine Time, Newsweek und US News and World Report .

Kommerzialisierung und Konzentration haben ihren Preis:weniger Auswahl und noch weniger Qualität: Nach Einschätzung von Emil Hübner und Ursula Münch (2013, S. 102) ist inden USA Qualitätsjournalismus zur Ausnahme geworden; derGroßteil des Landes gleiche einer „Informationswüste“, in deres keine Vielfalt, sondern „nur die Vervielfältigung weitge

hend gleicher, häufig sehr seichter Inhalte“ gebe.Die Medienlandschaft in den USA hat sich in den letztenJahren merklich politisiert. Weit entfernt vom Ideal unabhängiger Berichterstattung verhalten sich viele US-Journalistenwie Matadore im politischen Zweikampf. Viele sind Teil vonKoalitionen, die bestimmte Themen oder politische Tendenzen befördern (issue networks; advocacy coalitions). Die Grenzen zwischen Journalismus und politischem Aktionismus sindhäufig nicht mehr erkennbar. Die offensichtlichsten Beispielesind die TV-Sender Fox und MSNBC (ein Gemeinschaftsunternehmen von NBC Universal und Microsoft ).

Die Einseitigkeit der Medienangebote führt dazu, dass auchdie Rezipienten in jeweils eigenen Welten leben. Die Zuschau

er werden mit anderslautenden Meinungen nicht mehr behelligt. Die Republikaner informieren sich über Fox News; MSNBCdient den Demokraten als Informationsquelle. Beide Lagerkönnen sich mittlerweile auch im Alltag nicht mehr über diegleiche Realität unterhalten, weil die Wahrnehmungsunterschiede zu groß geworden sind.

Ebenso wenig werden Kompromisse in der politischen Praxisbelohnt, im Gegenteil: So wurde der Republikaner John Boehner, als er zur Behebung des Schuldenproblems im Sommer 2011eine Einigung mit dem Demokratischen Präsidenten Obamaausgehandelt hatte, von  Fox News, dem Sprachrohr der staatskritischen, von Milliardären wie den Brüdern Charles und DavidKoch finanzierten Tea Party -Bewegung, umgehend publizistisch

in die Mangel genommen. Der Kompromiss ist bekanntlich gescheitert. Der Sprecher des Abgeordnetenhauses gilt seitdemals schwer angeschlagen. Boehner hat nunmehr große Schwierigkeiten, die eigenen Reihen zusammenzuhalten, um mit Präsident Obama politische Lösungen für drängende Probleme zufinden. Damit tragen auch die Medien zur Polarisierung bei, diemittlerweile das politische System der USA lähmt.

 Noch informieren sich die meisten US-Amerikaner über das Fernsehen. Junge Leute nutzen aber zunehmend digitale Medien, um mehr über Politik zu erfahren. „Zuschauer“ in Fred’s Texas Café in Fort Worth 2013

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 Insbesondere die Printmedien leiden unter der veränderten Mediennutzung. In den vergangenen Jahren hat sich die Anzahl der Tageszeitungen drastischreduziert. Zeitungskiosk auf Manhattans Upper West Side 2012

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55Aktuelle Probleme: Politikblockade

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auch unter Obamas Führung milliardenschwere Rettungsund Förderprogramme, um die größte Wirtschafts- und Finanzkrise seit den 1930er-Jahren zu beheben.

Bereits das Haushaltsjahr 2008 markierte mit 459 Milliarden Dollar ein Rekorddefizit. 2009 war der Fehlbetrag mehrals dreimal so hoch: 1413 Milliarden Dollar. In den beiden Fol

gejahren wurde der Staatshaushalt erneut um jeweils etwa1300 Milliarden Dollar überzogen. Auch im Haushaltsjahr2012, das am 30. September 2012 endete, bezifferte sich dasHaushaltsdefizit auf über 1100 Milliarden Dollar.

Da sich Jahr für Jahr weitere hohe Milliarden-Defizite anhäuften, musste die Gesamtschuldenobergrenze, die vomKongress bereits im Februar 2010 auf 14 Billionen Dollar erhöht worden war, im Jahr 2011 erneut angehoben werden.Doch spätestens im Sommer 2011, im Zuge der Auseinandersetzungen um die Anhebung der Schuldenobergrenze, wurde deutlich, dass das politische System blockiert ist. Dasseine solche in der Vergangenheit routinemäßig abgewickelte Aktion dieses Mal zum heftigen politischen Streit wurde,

verdeutlicht den Ernst der Lage. Selbst die Drohungen derRatingagenturen, die Kreditwürdigkeit der USA herabzustufen, brachten die politischen Kontrahenten nicht zur Raison.So machte im August 2011 Standard and Poor`s seine Ankündigung wahr und stufte die Kreditwürdigkeit der USA vonAAA auf AA+ herab.

Nach monatelangem ergebnislosem Tauziehen, das die Finanzmärkte in beständiger Unruhe hielt, konnte PräsidentObama Anfang August 2011 zwar dann doch noch den BudgetControl Act  unterzeichnen. Wie der Name des Gesetzes suggeriert, sind mit der Anhebung der Schuldenobergrenze um zunächst 900 Milliarden Dollar auch Ausgabenkürzungen verbunden: In den nächsten zehn Jahren sollen insgesamt 2400

Milliarden Dollar eingespart werden. Doch die zur Ermittlungder ersten Sparziele im Umfang von zunächst 1500 MilliardenDollar eingesetzte überparteiliche Gruppe von Abgeordnetenund Senatoren konnte sich bis zum vereinbarten Stichtag,dem 23. November 2011, nicht auf konkrete Vorschläge einigen. Deshalb ist seit März 2013 ein automatischer Mechanismus in Kraft getreten, der über alle Haushaltstitel verteilt, imsozialen wie im militärischen Bereich, Kürzungen nach demRasenmäherprinzip (sequestiation) durchführt.

Die drastischen Ausgabenkürzungen und die Unsicherheit, wie lange diese Kürzungen dauern, drohen, den Konsumenten Kaufkraft und Kauflaune zu nehmen und die Kon junktur zu bremsen. Hinzu kam, dass staatliche Angestellte

von ihren Arbeitgebern in unbezahlten Zwangsurlaub geschickt werden mussten, weil sich die Kontrahenten gegenEnde des Haushaltsjahres (zum 30. September) nicht einmalauf einen Übergangshaushalt einigen konnten. Die meistenRegierungsgeschäfte wurden für 16 Tage stillgelegt, wasdas Land laut Berechnungen überparteilicher Forschungsinstitute auf das Gesamtjahr gerechnet rund 24 MilliardenDollar Wirtschaftsleistung und über 120 000 Arbeitsplätzegekostet haben dürfte. (White House / Office of Managementand Budget (OMB), Impacts and Costs of the October 2013 Federal Government Shutdown, Washington, D.C., November 2013,S. 2 ff.; http://www.whitehouse.gov/sites/default/files/omb/re ports/imp acts-and-costs-of-octobe r-20 13 -feder al-gove rn

ment-shutdown-report.pdf)Nachdem im Herbst 2013 der Sturz in den sogenannten fi

nanziellen Abgrund ( fiscal cliff ) in letzter Minute abgewendetwerden konnte, ist Anfang 2014 der nächste Showdown zwischen Präsident und Kongress vorprogrammiert. Einmal mehr

© Congressional Budget Office (CBO) 2012, eigene Darstellung

Schuldenstand 30.9.2013

© picture-alliance / dpa-infografik, Globus 17 973; Quelle: Office of Management and Budget, White House

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muss die Gesamtschuldenobergrenze angehoben werden. Auflange Sicht führt jedoch kein Weg daran vorbei, die drückendeStaatsschuldenlast abzubauen.

Um eine Einigung mit Präsident Obama zu finden, der beflügelt durch seine Wiederwahl nunmehr noch weniger alsbisher bereit ist, seinen Parteigenossen im Kongress Ausga

benkürzungen zuzumuten, müsste John Boehner, der angeschlagene Parteichef der Republikaner im Abgeordnetenhaus,den Seinen mehr Einnahmen, also Steuererhöhungen abringen. Doch insbesondere die libertären, der Tea Party nahestehenden Republikaner wollen das Schuldenproblem lösen, indem nur die Ausgaben gekürzt werden.

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Die von den Granden der Tea Party -Bewegung patronierten und finanzierten Republikaner würden insbesonderemit höheren Steuersätzen einen „politischen Selbstmord“begehen, zumal viele von ihnen auch öffentlich einen Eidgegen Steuererhöhungen geschworen haben. US-Abgeordnete sind entsprechend der Funktionslogik des politischen(Wahl-)Systems und der Politikfinanzierung politische Ein

zelunternehmer, keine Parteisoldaten. Bedroht durch mögliche – von anti-staatlichen  political action committees und

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Partikularinteressen finanzierte – Gegenkandidaten bei denVorwahlen für die im November 2014 anstehenden Kongresswahlen, werden viele dieser Abgeordneten zunächstan ihr eigenes Überleben denken und weniger an die öffentliche Wahrnehmung ihrer Partei, die laut Umfragen mehrheitlich für ein Scheitern der Haushaltspolitik verantwort

lich gemacht wird.Spätestens seit den Zwischenwahlen 2010 ist die Schuldenlast politisch brisant geworden. Damals wurden auch republikanische Mandatsträger, die für Bushs 700-MilliardenRettungsplan gestimmt hatten, bereits von den libertärenAnhängern und Herausforderern der Tea Party -Bewegungan den Pranger gestellt. In größerem Ausmaß wurden jedoch am Wahltag jene fiskalkonservativen Demokraten, diesogenannten  Blue Dogs  abgestraft, die in Wahlkreisen miteher fiskalkonservativer Wählerklientel zur Wiederwahlanzutreten hatten. Selbst langjährige Abgeordnete wieder Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Ike Skelton,und der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, John Spratt,

mussten das jähe Ende ihrer 34- bzw. 28-jährigen Amtszeiten hinnehmen.

Blockierte Wirtschaftspolitik

Obama hat auch in seiner zweiten Amtszeit sehr wenig fiskal- und wirtschaftspolitischen Handlungsspielraum, umdie lahmende Wirtschaft wiederzubeleben. Sollte der Präsident versuchen, die Wirtschaft mit kreditfinanzierten Aus

gaben anzukurbeln, wird er am Kongress scheitern, denndort verhindern die libertären, staatskritischen Repräsentanten der republikanischen Tea Party -Bewegung die Kreditaufnahme, unterstützt von den fiskalkonservativen Demokraten.

Auch sein Amtsvorgänger, Präsident George W. Bush, hattebereits ähnliche Schwierigkeiten gehabt. Bushs Gesetzesinitiative für ein 700-Milliarden-Dollar-Stabilisierungsprogramm

(Troubled Asset Relief Program, TARP) scheiterte beim erstenVersuch an der Blockadehaltung „seiner“ republikanischenMehrheit im Abgeordnetenhaus. Erst als die Märkte panischreagierten – der Dow-Jones-Index fiel nach der Abstimmungs

niederlage vom 29. September 2008, laut einer Meldung derZeitung The Economist  vom gleichen Tag, innerhalb einesHandelstages um die Rekordmarke von über 700 Punkten –,gelang es Präsident Bush im zweiten Anlauf, die erforderlichen Stimmen seiner Parteifreunde zu gewinnen.

Nach dieser Stimmabgabe, die für viele staatskritische Republikaner politisch riskant war, konnte sein Nachfolger Obamabei der nächsten Intervention – mit seinem 787 Milliarden Dol

Reparaturbedürftig:

die Infrastruktur Die Infrastruktur in den USA ist in einem Maße vernachlässigt und reparaturbedürftig, dass sie auch schon bei geringeren Einwirkungen als einem Hurrikanzusammenbricht. Schlaglochpisten, gekappte Stromleitungen, einsturzgefähr dete Brücken oder löchrige Wasserleitun gen, es besteht Reparaturbedarf. Doch für den öffentlichen Sektor wird immerweniger Geld zur Verfügung gestellt.

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Stromnetze: Die oberirdisch verlegten

 Kabel sind extrem anfällig. Jeder herab fallende Ast kann eine Leitung zerreißenund so mitunter ein ganzes Viertel vonder Elektrizitätsversorgung abschneiden.Weil dies bei fast jedem stärkeren Sturm

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 passiert, raten Elektrizitätswerke den

 Bürgern zum Kauf von Generatoren.Trinkwasser: Viele veraltete Wasser werke warten auf eine Sanierung. Diemeisten Rohrleitungen sind mehr als60 Jahre alt, viele mehr als 100. Jeden Tagversickern durch Lecks knapp 30 Millionen Liter Trinkwasser im Erdreich.

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Schule: Eine landesweite Übersichtüber den Bauzustand öffentlicher Schulenin den USA fehlt. Ende der 1990er-

 Jahre sei bereits bei einem Drittel derGebäude eine umfangreiche Sanierungerforderlich gewesen, sagt der Inge

nieursverband ASCE. 2005 nutzten 37 Prozent aller Schulen improvisierte Klassenräume aus Fertigbauteilen.

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 Flughäfen sind oft überaltert und über lastet, Verspätungen an der Tages

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ordnung. Das aus den 1950er-Jahren

stammende Flugleitsystem sollte nach Expertenansicht durch effizientere Modelle ersetzt werden.

 Brücken: Mehr als ein Viertel der rund600 000 Brücken entsprechen nichtmehr optimalen Sicherheitsstandards,über 160 000 sind einsturzgefährdet.2007 starben 13 Menschen beim Einsturzeiner Autobahnbrücke.

Staudämme: Das Durchschnittsalterder mehr als 85 000 Dämme liegtbei 51 Jahren. Viele weisen gravierendeSicherheitsmängel auf.

 „Marode und überaltert“, im Artikel: Damir Fras, „Aner kennung für den Staat“, in: Frankfürter Rundschau vom1. November 2012

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nahm Barack Obama als erster US-amerikanischer Präsident amGipfel teil. Das Engagement der USA in der Region wird von denASEAN-Staaten begrüßt, weil Amerikas Interessen auch ihreHandlungsspielräume, nicht zuletzt gegenüber China, erweitern.

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Um die pazifischen Länder wirtschafts- und handelspolitischstärker an sich zu binden, versuchen die USA im Rahmen derTrans-Pacific Partnership  (TPP) die Liberalisierung und Marktintegration in der transpazifischen Region voranzutreiben.Fraglich bleibt indes, ob der US-Präsident das dafür nötigeinnenpolitische Kapital aufbringen kann, um dem protekti

onistisch eingestellten Kongress dieses umfangreiche Freihandelsabkommen abzuringen. Ein weiteres Problem bestehtdarin, dass auch die umworbenen Handelspartner Interessenkonflikte plagen, vor allem wenn diese Initiative gegen Chinagerichtet sein sollte. Denn Japan und andere Länder der Regiongenießen zwar einerseits den militärischen Schutz der USA,vor allem auch gegenüber China, doch teilen sie andererseitsmit dem Reich der Mitte wichtige Handels- und Währungsinteressen. Peking und Tokio wollen ihre Währungsreserven peuà peu aus der „Dollar-Falle“ ziehen. Um den Dollar zu umgehen,hat China unter anderem schon zwei Vereinbarungen zur gegenseitigen Anerkennung von Währungen mit Japan und Südkorea geschlossen. Neben zahlreichen asiatischen Ländern hat

China auch mit Brasilien, Indien und Russland vereinbart, denHandel untereinander in nationalen Währungen abzuwickeln.China arbeitet daran, eine multipolare Ordnung mit mehrerenLeitwährungen zu etablieren.

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Früher oder später werden die Währungsmärkte die Kräfteverhältnisse im internationalen Handel abbilden – nämlich einemultipolare Ordnung mit drei Kraftzentren: Der Dollar wird aufabsehbare Zeit seine Leitfunktion mit dem Euro und dem chinesischen Renminbi teilen müssen. Damit werden die USA aberkünftig nicht mehr wie bisher den Gutteil der Währungsreserven anderer Länder zum Nulltarif erhalten und über ihre Verhältnisse, das heißt kreditfinanziert, wirtschaften können.

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Die USA versuchen derweil, sich aus der Schuldenfalle zu

befreien, indem sie durch ihre Notenbank jene Staatsanleihenaufkaufen lassen, die über den Markt von ausländischen Investoren nicht mehr bedient werden. Dieses Vorgehen wird beschönigend als „quantitative Lockerung“ bezeichnet. In Wahrheitdruckt man neues Geld. Die internationale Leitwährung Dollar

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gerät dadurch unter Druck, wird also abgewertet. Das hat zweiNebeneffekte, die aus US-amerikanischer Sicht durchaus willkommen sind: Die Vereinigten Staaten können sich einerseitseines Großteils ihrer Schulden entledigen, andererseits verbilligen sich ihre Exportwaren und sind damit wieder mehr gefragt.Selbst wenn die Strategie, den Dollar zu schwächen, kurzfristigerfolgreich sein sollte, bleiben die langfristig grundlegendenStrukturprobleme der US-Wirtschaft bestehen: marode Infrastruktur, unzureichendes Bildungssystem, Vernachlässigungdes Produktionssektors.

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Die Unausgewogenheit der Außenhandelsbilanz ist neben

der hohen Staatsverschuldung ein weiteres strukturelles Problem der US-Wirtschaft (twin deficit ). Das in den letzten Jahrenangestiegene Handelsdefizit stellte die USA zunächst vor keinegrößeren Schwierigkeiten, solange die Lieferanten ihre Erlöse inden USA reinvestierten. Sollten Investoren jedoch Zweifel an derProduktivität, Wirtschaftskraft und Geldwertstabilität der USAhegen und ihre Erlöse für Waren und Dienstleistungen in anderen Ländern und Währungen sichern, etwa in Europa oder inAsien, würden der Dollar und die US-Wirtschaft noch massiverunter Druck geraten.

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Die sozialen und wirtschaftlichen Probleme verstärken dievon den Gründervätern angelegte Konkurrenz der politischenGewalten so sehr, dass sie sich immer häufiger blockieren und

die politische Handlungsfähigkeit im Innern wie nach außenlähmen. Zwar erheben die Vereinigten Staaten nach wie vor denAnspruch, eine liberale Weltordnung amerikanischer Prägungaufrechtzuerhalten, doch die wirtschaftliche Schwäche und dieEinschränkungen der politischen Führung hindern sie zunehmend daran, ihre globale Ordnungsfunktion wahrzunehmen,indem sie sogenannte öffentliche Güter wie Sicherheit, freienHandel und eine stabile Leitwährung bereitstellen. Das ist dieVoraussetzung dafür, dass andere Länder die Vormachtstellungder USA, des sogenannten liberalen Hegemons, akzeptieren undseiner Führung folgen. Doch Washington wird in Zukunft voraussichtlich mehr Gewicht darauf legen, seine vitalen Eigeninteressen rücksichtsloser durchzusetzen und versuchen, Lasten

abzuwälzen: sei es über die gezielte Schwächung der US-amerikanischen Leitwährung, über Protektionismus in der Handelspolitik oder über Lastenteilung in der Sicherheitspolitik. Dieswird Konkurrenten wie Verbündete in Asien und Europa vorneue Herausforderungen stellen.

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 Außenpolitisch richten die USA ihren Blick stärker nach Asien. Ausdruck dessen ist auch die Teilnahme von Präsident Barack Obama beim Gipfel der ASEAN-Staaten. „Familienfoto“ der Staats- und Regierungschefs 2011 in Nusa Dua auf Bali

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64 Politisches System der USA

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Informationen zur politischen Bildung Nr. 320/2013

staff, congressional staff = 

Kongressmitarbeiter/ -innen S. 10, 12

State of the Union = Rede des Präsidenten zur Lage

der Nation S. 10

Supreme Court = Oberstes Gericht S. 4 f., 6, 24 ff.

swing states  S. 33

Tea Party, Tea Party Movement  S. 42 ff., 45, 52, 54, 56 f.term limit  S. 30

Terroranschläge vom 11. September 2001 (9/11)  S.7, 18 ff.Think Tanks = politikorientierte Forschungs

institute S. 12, 14, 16, 42, 47 ff.

Trade Promotion Authority (TPA); 

früher: fast track S. 57

twin deficit = Staatsschulden plus Außenhandels

defizit S. 62

Umweltpolitik  S. 58 f.

unified / divided government S. 9, 13, 34

US-Präsident / Aufgaben und Funktionen (Grafik) S.17

Verfassungssystem (Grafik) S. 9

Verwaltung, Behörden S. 14 ff.

Veto, suspensives = aufschiebendes S.9 f., 12f.

Volkssouveränität S. 4 f.

Voting Rights Act  S. 5 f., 26

Wahlen/Wahlrecht  S. 30 ff.Wahlkampf/Wählermobilisierung  S. 34 ff., 51

Wahlspenden/Wahlkampffinanzierung  S. 38 ff., 43

waterboarding = Foltermethode des simulierten

Ertränkens S. 21

Watergate-Affäre  S. 19, 23, 45

White House = Sitz des Präsidenten S. 9 ff.Wirtschafts-/Finanzkrise  S. 18, 28 f., 31, 34 f., 55, 59 f.

Wirtschaftspolitik  S. 56

wissenschaftliche Dienste des Kongresses  S. 12

Zeitungsmarkt  S. 52 f.

Der AutorDr. Josef Braml ist seit Oktober 2006 wissenschaftlicher Mitarbeiter des Programms USA/Transatlantische Beziehungen der Deutschen Gesellschaft fürAuswärtige Politik (DGAP) in Berlin. Er leitet außerdem die Redaktion „Jahrbuch Internationale Politik“. Zuvor war er wissenschaftlicher Mitarbeiterder Stiftung Wissenschaft und Politik (2002-2006), Projektleiter des AspenInstitute Berlin (2001), Visiting Scholar am German-American Center (2000),Consultant der Weltbank (1999), Guest Scholar der Brookings Institution(1998-1999), Congressional Fellow der American Political Science Association(APSA) und legislativer Berater im US-Abgeordnetenhaus (1997-1998). Ausbildungsstationen: Berufsausbildung zum Bankkaufmann; Wehrdienst Pionierbataillon 240; Abitur über den Zweiten Bildungsweg; Auslandssemesteran der Université de Nice – Sophia Antipolis; Sprachen, Wirtschafts- und

Kulturraumstudien (Diplom) an der Universität Passau (1997); Promotionim Hauptfach Politikwissenschaft und in den Nebenfächern Soziologie undFranzösische Kulturwissenschaft an der Universität Passau (2001).

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Seine Fachgebiete:

Amerikanische Weltordnungsvorstellungen und transatlantische Beziehungen; Sicherheits-, Energie- und Handelspolitik der USA; Wirtschaftliche undinnenpolitische Rahmenbedingungen amerikanischer Außenpolitik; Vergleichende Governance-Analyse, u. a. deutsches und US-Regierungssystem;Religion und Politik in den USA

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 Kontakt: [email protected]; https://dgap.org/de/think-tank/experten/203

Impressum

Herausgeberin:Bundeszentrale für politische Bildung/bpb, Adenauerallee 86, 53113 Bonn,Fax-Nr.: 02 28/99 515-309, Internetadresse: www.bpb.de/izpb,E-Mail: [email protected]

Redaktion:Christine Hesse (verantwortlich/bpb), Jutta Klaeren, Magdalena Langholz(Volontärin)

Gutachten und redaktionelle Mitarbeit:Ines Jurkeit, Alicante, Spanien; Dr. Simon Koschut, Akademischer Rat am Lehrstuhl für Auslandswissenschaften der Friedrich-Alexander-Universität Erlan

gen/Nürnberg; Prof. Dr. Peter Lösche, Kassel (bis 2007 Lehrtätigkeit am Institut für Politikwissenschaft der Georg-August-Universität Göttingen); MartinNeibig, Darmstadt; Jenny Rademann, Eisenhüttenstadt; Verena Waeger, Köln

Titelbild:KonzeptQuartier® GmbH, Fürth; unter Verwendung von fotolia (NIcholasB, Andrea Izzotti, SergiyN); Stephen Crowley / The New York Times / laif 

Umschlag-Rückseite:KonzeptQuartier® GmbH, Fürth

Gesamtgestaltung:KonzeptQuartier® GmbH, Art Direktion: Linda Spokojny, SchwabacherStraße 261, 90763 Fürth

Druck:STARK Druck GmbH + Co. KG, 75181 Pforzheim

Vertrieb:IBRo, Verbindungsstraße 1, 18184 Roggentin

Erscheinungsweise:vierteljährlich.ISSN 0046-9408. Auflage dieser Ausgabe: 500 000

Redaktionsschluss dieser Ausgabe:Dezember 2013

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Anforderungen

bitte schriftlich anPublikationsversand der Bundeszentralefür politische Bildung/bpbPostfach 501055, 18155 RostockFax: 03 82 04/66-273 oder E-Mail: [email protected]

Absenderanschrift bitte in Druckschrift.

Abonnement-Anmeldungen oder Änderungen der Abonnementmodalitäten bitte melden an [email protected]

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Informationen über das weitere Angebot der Bundeszentrale fürpolitische Bildung/bpb erhalten Sie unter der o. g. bpb-Adresse.

Für telefonische Auskünfte (bitte keine Bestellungen) steht das Infotelefon der bpb unter Tel.: 02 28/99 515-115 von Montag bis Donnerstagzwischen 8.00 Uhr und 16.00 Uhr und freitags zwischen 8.00 Uhr und15.00 Uhr zur Verfügung.

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