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469 2. Eine kontrollierte E i g e n v e r a n t w o r t 1 i c h k e i t. Ihre Bedeutung liegt darin, daf~ eine Person vorhanden ist, die Rechen- schaft fiir das gesamte Betriebsgebaren abzulegen hat und fiir den sich daraus ergebenden positiven oder negativen Betriebserfolg voll verant- wortlich zeichnet. 3. Ein forstliches R e c h n u n g s w e s e n. Seine Unentbehrlichkeit ist darin zu suchen, daf~ der Betriebsleitung die notwendigen Dispositionsdaten geliefert und dem Waldbesitzer die er- forderliche Kontrolle zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit sehaes Be- triebes geboten wird. Ein sotcher Forstwirtschaftsbetrieb, der von den Hemmnissen eines ihm wesensfremden verwaltungsmiit~igen Denkens befreit ist, wird H6chstleistun- gen an Wirtschaftlichkeit vollbringen, die gleichermal~en den berechtigten Erwartungen privatwirtschaftlicher Rentabilitiit u n d volkswirtschaftlicher Produktivit~it entsprechen werden. Reviergeschichte als eine Grundlage der Waldbauplanung Die Entwicklung tier gr~l. Erb~cb-l~rbachschen Waldungen im Odenwald Von U. RODENWALDT Mit 7 Abbildungen ,,Wer nicht yon dreitausend Jahren sich weifl Rechenschaft zu geben, bleibt im Dunkeln unerfahren, mag yon Tag zu Tage leben." Goethe Vorwort Die Ver~nderungen im Walde vollziehen rich im allgemeinen f~ir das mensdiliche Auge so langsam, selbst fiir den Forstmann fast unsichtbar, da~ ihm tiefgreifende Unterschiede im Aufbau und der Zusammensetzung seines Reviers in den wenigen Jahren seiner T~itigkeit gar nicht zum Bewut~tsein kommen k6nnen. Aber ein einziger Blick in ein ~ilteres Betriebswerk zeigt, dat~ in wenigen jahrzehnten oder gar Jahrhunderten im Walde Ver~inderungen festzustellen sind, deren kritische Beachtung nicht nur ffir die verantwortungs- bewut~te forstliche Wirtschaft yon gr61~ter Bedeutung ist, sondern uns auch man& ungekt~irte Frage 16sen hilft, uns Fingerzeig sein kann fiir k~inftiges Vorgehen, ein unschiitzbares Hilfsmittel bei der AufsteIlung yon Hiebs- und KulturpP,inen. Hier ertSffnet sich der F o r s t g e s c h i c h t e, der reinen Grundlagen- fors&ung aus historischem Interesse, in der Schaffung einer R evier- g e s c ix i c h t e ein weites fruchtbares Arbeitsgebiet als a n g e w a n d t e W i s s e n s c h a f t , zur Unterstiitzung des praktischen Forstmanns, des R evierverwalters. Eine Reviergeschichte soll die Entwicklung eines Waldes in seinem ganzen Aufbau, in seiner Zusammensetzung und in seinem Holzvor- rat darstellen, soll die waldbaulichen und wirtschaftlichen Gedankeng~,inge

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Page 1: Reviergeschichte als eine Grundlage der Waldbauplanung

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2. Eine kontrollierte E i g e n v e r a n t w o r t 1 i c h k e i t. Ihre Bedeutung liegt darin, daf~ eine Person vorhanden ist, die Rechen- schaft fiir das gesamte Betriebsgebaren abzulegen hat und fiir den sich daraus ergebenden positiven oder negativen Betriebserfolg voll verant- wortlich zeichnet.

3. Ein forstliches R e c h n u n g s w e s e n. Seine Unentbehrlichkeit ist darin zu suchen, daf~ der Betriebsleitung die notwendigen Dispositionsdaten geliefert und dem Waldbesitzer die er- forderliche Kontrolle zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit sehaes Be- triebes geboten wird. Ein sotcher Forstwirtschaftsbetrieb, der von den Hemmnissen eines ihm

wesensfremden verwaltungsmiit~igen Denkens befreit ist, wird H6chstleistun- gen an Wirtschaftlichkeit vollbringen, die gleichermal~en den berechtigten Erwartungen privatwirtschaftlicher Rentabilitiit u n d volkswirtschaftlicher Produktivit~it entsprechen werden.

Reviergeschichte als eine Grundlage der Waldbauplanung

Die Entwicklung tier gr~ l . Erb~cb-l~rbachschen Waldungen im Odenwald

V o n U . RODENWALDT

Mit 7 Abbildungen

,,Wer nicht yon dreitausend Jahren sich weifl Rechenschaft zu geben, bleibt im Dunkeln unerfahren, mag yon Tag zu Tage leben."

G o e t h e

V o r w o r t

Die Ver~nderungen im Walde vollziehen rich im allgemeinen f~ir das mensdiliche Auge so langsam, selbst fiir den Forstmann fast unsichtbar, da~ ihm tiefgreifende Unterschiede im Aufbau und der Zusammensetzung seines Reviers in den wenigen Jahren seiner T~itigkeit gar nicht zum Bewut~tsein kommen k6nnen.

Aber ein einziger Blick in ein ~ilteres Betriebswerk zeigt, dat~ in wenigen jahrzehnten oder gar Jahrhunderten im Walde Ver~inderungen festzustellen sind, deren kritische Beachtung nicht nur ffir die verantwortungs- bewut~te forstliche Wirtschaft yon gr61~ter Bedeutung ist, sondern uns auch man& ungekt~irte Frage 16sen hilft, uns Fingerzeig sein kann fiir k~inftiges Vorgehen, ein unschiitzbares Hilfsmittel bei der AufsteIlung yon Hiebs- und KulturpP, inen.

Hier ertSffnet sich der F o r s t g e s c h i c h t e , der reinen Grundlagen- fors&ung aus historischem Interesse, in der Schaffung einer R e v i e r - g e s c ix i c h t e ein weites fruchtbares Arbeitsgebiet als a n g e w a n d t e W i s s e n s c h a f t , zur Unterstiitzung des praktischen Forstmanns, des R evierverwalters.

Eine R e v i e r g e s c h i c h t e soll die Entwicklung eines Waldes in seinem ganzen Aufbau, in seiner Zusammensetzung und in seinem Holzvor- rat darstellen, soll die waldbaulichen und wirtschaftlichen Gedankeng~,inge

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in den verschiedenen Zeitabschnitten erforschen, ihre Verwirklichung, Aus- wirkung und Erfahrungen aufzeichnen und festhalten. Sie soll insbesondere a b e r i n d e r E r f o r s c h u n g b e s t a n d e s g e s c h i c h t l i c h e r E i n z e l h e i - t e n tiber die Entwicklung einzelner Best~inde das W i e zweckm~it~iger und un- zweckm~it~iger Mat~nahmen festlegen und der Wirtschaft dienstbar machen. Dies ist um so notwendiger, da die Entwicklung der Best~inde vielfach von dem ,,gedachten Ver lauf" abweicht und wichtige Erfahrungen schon beim ersten Stellenwechsel verloren zu gehen pflegen, selbst dann, wenn sie in irgendeinem Aktensttick niedergelegt und damit , ,vergraben" sind und dies Anla~ zu m a n & neuen unn/Stigen Versuchen, Zeitverlusten und vermeidbaren Fehlern ist.

Genau wie der Arz t zun~ichst die Krankengeschichte seines Patienten erforscht, mut~ auch d e r Fors tmann die Entwicklung seiner Best~inde - - wenigstens tiber den Zei t raum einer Umtriebszeit - - kennen, um hieraus seine Schlut~folgerungen ziehen zu k/Snnen. Der Fors tmann mufg, will er seinen Beruf nicht nur rein handwerklich und kurzsichrig auffassen, i n J a h r - h u n d e r t e n s e h e n u n d d e n k e n k / S n n e n , wenn sein Werk, das ftir Ein-Jahrhunder t geschaffen wird, den /Srtlichen Verh[iltnissen und wirt- schaftlichen Bedingungen unter Ausnutzung a l l e r bisherigen Erfahrungen entsprechen und dami t vor den kritischen Augen der Nachwelt Bestand haben soil. Die Forstgeschichte hilft ihm, diese unerl~if~lich,e Gabe zu erwerben. Diese Feststellung erscheint selbstverst~indlich und daher tiberfltissig, tats~ichlich aber fehlt eine Reviergeschichte in dieser Form als wichtiges waldbauliches Werk- zeug heute noch in den meisten Revieren. Auf diesem Gebiet ist noch viel nachzuholen!

Diese forstgeschichtlicbe Studie entstand im Rahmen der yon mir 1945/46 im Grail- lichen Forstamt ErlSach ausgeftihrten Forsteinrichtungsarbeiten. Beim Oberprtifen yon zweifel- haften Aitersangaben in alten Betriebswerken wurden groi~e Unterschiede im Aufbau und der Zusammensetzung zum frtiheren Waldbild festgestellt, und dies fiihrte nun zu weiteren Untersuchungen und Vergleichen.

Das Ergebnis dieser Arbeit soil sein: 1. Ein B e i t r a g z u r F o r s t g e s c h i c h t e des O d e n w a l d e s . 2. Ein R e c h e n s c h a f t s b e r ic h t fiber das, was im Rahmen einer planvolIen, nach-

haltigen Forstwirtschaft yon den verantwortlichen Forstbeamten im Gr~iflichen Forstamt Erbach geschaffen wurde.

3. Ein W i r t s c h a f t s g u t a c h t e n zu der neu aufgestellten Forsteinrichrung, An- regungen, die ihren Zweck erffillt haben, wenn sich daraus praktische Nutzanwendungen ftir die kiinftige Bewirtschaftung ableiten lassen und dem Wirtschafter ein genauer Ein- blick in die Erfolge und MiBerfolge der bisherigen waldbaulichen MaBnahmen vermittelt werden konnte. Da die Zeitverh~iltnisse eine ungektirzte Drucklegung dieser Studie in Buchform aus

finanziellen Grtinden unm~Sglich machten, war es erforderlich, das Manuskript so zu ktirzen, dab eine Ver6ffentlichung als Aufsatz im Rahmen einer forstlichen Fachzeitschrift m/Sglich wurde. Es mugte daher alles, was tiber das ,,Forstgeschichtliche" hinausging oder nut speziellen Wert fiir das Gr~ifliche Forstamt Erbach besafg, in Fortfall kommen. Auf wald- bauliche Probleme konnte daher an dieser Stelle auch nur kurz hingewiesen werden.

Zu besonderem Dank bin ich S. E. Graf Alexander zu Erbach-Erbach verpflichtet, sowohl ftir die rgberlassung der Gr~iflichen Kammerakten, durch deren Studium das Zustandekommen dieser Arbeit tiberhaupt erst ermSglicht wurde, sowie ftir das grofle lnteresse am Fortgang und den Ergebnissen der Untersuchungen in seinem Walde.

Dank schulde ich ferner dem Revierverwalter des Gr~iflichen Forstamtes, Herrn Ober- forstmeister Diersch, for die f6rdernden Aussprachen und wertvollen Hinweise, gest/itzt auf seine 35j~ihrige Erfahrung.

Ich danke Herrn Oberlandmesser Buxbaum in Michelstadt, der mich mit seinem groBen Wissen tiber die Geschichte und die Besiedelung des Odenwaldes, sowie in seiner Eigenschaft als Stadtarchivar yon Michelstadt in jeder erdenklichen Weise untersttitzt hat

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als eine Grundlage der WaldbaupIanung 471

und der diese Arbeit durch seine Karte tiber die ,,Siedlungsarten in der Mark Michelstadt" so augerordentlich "berei&erte.

Es ist mir ferner ein Bediirfnis, Herrn Dr. habil. R. B. Hilf der Universit~it Freiburg an dieser Stelle fiir seine zahlreichen Anregungen, die auf seinen umfassenden forstgeschichtlichen Kennmissen und Erfahrungen basierten, meinen aufrichtigen Dank ab- zustatten.

I. Eintiihrung

A. Gesckichtliches

Zum Gr~ifli& Erbach-Erbachischen Forstamt in Erbach gehSren die Reviere:

Eulbach . . . . mit etwa 1 230 ha Zell . . . . 900 ha Erbach . . . . 360 ha Reichenberg . . . . . 840 ha

3 330 ha alle in der alten ,,M a r k M i c h e 1 s t a d t", im Herzen des Odenwaldes gelegen. Uber die Entstehungsgeschichte dieses Waldbesitzes ist aus der ,,Ge- schichte der Dynasten und Grafen zu Erbach und ihres Landes" von SIMON sowie den Arbeiten yon BUXBAUM folgendes zu entnehmen:

Im Jahre 815 wurde E i n h a r d , dem Kanzler und }3iographen Karls des Grof~en, durch Ludwig den Frommen die ,,M a r k M i c h e 1 s t a d t " (etwa 162 km 2) zum Geschenk gemacht:

,,Michlinstadt in dem Walde, der Odonewald genannt wird, in dessen Mitte eine h61zerne Kirche sich befindet und wozu auf jeder Seite hin an Feld und Wald eine Strecke von 2 Stunden oder eine Meile geh6rt. Dabei sind 14 Knechte mit ihren Weibern und Kindern und iiberdies 40 Leibeigene m~innlichen und weiblichen Geschlechts,"

Einhard hatte sich gerade dieses Gebiet ausgebeten, denn in einem seiner iiberlieferten Briefe schreibt er: ,,Als ich noch am kaiserlichen Hole lebend und weltlichen Gesch~ften obliegend vielfach iiber die Muf~e nachsann, die ich dermaleinst zu geniet~en wiinschte, machte ich e i n e n e i n s a m e n u n d v o n d e m V o l k s v e r k e h r g a n z a b g e l e g e n e n O r t ausfindig, und erhielt ihn dutch die Freigiebigkeit des Fiirsten Ludwig, dem ich damals diente, zu eigen. Dieser Ort ist in dem deutschen Waldgebirge gelegen, d a s zwischen dem Neckar und dem Main liegt und heutigentags ,con seinen Be- wohnern und Nachbaren Odonewald genannt wird."

Diese Schenkung umfat~te, dem Brauch der Zeit entsprechend, den M e i e r h o f M i c h e I s t a d t ( an der Stelle der heutigen ,,Kellerei") und den k 6 n i g l i c h e n B a n n w a l d .

Das wenig fruchtbare B u n t s a n d s t e i n g e b i e t d e s O d e n - w a l d e s war - - nach HAUSRATi-t - - damalS allerdings noch f a s t u n - b e s i e d e l t , Ortsnamen werden in der Schenkungsurkunde - - auger Michelstadt - - und in der sp~iteren Grenzbeschreibung auch noch ni&t ge- nannt. Die in der R6merzeit an Stragen und Kastelle (Limes) angeschlossenen kleinen Ortschaften waren wieder verschwunden.

Einhard begann vermutlich sehr bald, seinen Besitz durch Rodungen (bei Michelstadt) und Erweiterung der landwirts&aftli&en Nutzfl~i&e, Heran- ziehung yon Siedlern, G r i i n d u n g d e s K l o s t e r s S t e i n b a c h - die ~ilteste erhaltene deuts&e Basilika (827) - - zu ers&liet~en. Bis 840 war iedenfalls die Zahl der H/Srigen auf 100 gestiegen.

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472 U. RODENWALDT: Reviergeschichte

Bei seinem Tode ~ 840 - - vermachte er seinen Besitz dem K 1 o s t e r L o r s c h (Testament yon 819).

Die H e r r e n y o n E r p a c h , zweifellos schon damals ein ange- sehenes und hier - - in Dorf Erbach --ans~ssiges fr~inkisches Herrengeschlecht, verwalteten 'als V i S g t e d e s K l o s t e r s L o r s c h diesen Grundbesitz und tibten die Gerichtsbarkeiten aus. (Urkundlich belegt seit 1148.) W~ihrend des Verfalls des Klosters festigten sie vermutlich ihre - - erbliche ~ Stellung

~ . . ~ . . . . . . Die Grerlzen der N a r ~ im 3ahre 8 1 5 . . . . . . . . . . . . . Die heuH9e L a n d e ~ g r e n z e . . ............................... Die he~i-tgen 6emarkuncjsgrenzen.

6renzen dee W~ldhuberlgOler~[wo keine Hubenfl~i~e vorliegen.bel~ebl" Eemenglage] Her~hsftswald

Y/// / / / / / / / / / / / /a 6emeindewald I ; " " : :: -"..V :::' ". -:'~(-'.\~-~J Privafwald.

verleilter AImenl-wald '~

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Q Revier Eulbach. ( ~ Revier Ze;I. ( ~ Revier Frbach.

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Abb. 1. Siedhmgsarten der Mark Michelstadt

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als eine Grundlage der Waldbauplanung 473

so, dai~ bei Aufhebung des Klosters 1232 Und Einziehung der Klosterbesit- z u n g e n d u r c h das Bistum Mainz, der S c h e n k y o n E r p a c h mit diesem Gebiet y o n K u r - M a i n z b e l e h n t w u r d e .

Der lange Streit, der nun zwischen K u r - P f a l z und K u r - M a i n z um die ehemaligen Lorscher Besitzungen geftihrt wurde , wurde 1307 durch P fa l zg ra f Rudol f , H e r z o g yon Bayern, durch Besetzung dieser Gebietsteile und Niede r - brennen yon Stadt und Burg Michelstadt entschieden.

1 3 f l wird, jedoch H e r r Schenk Eberha rd zu Erbach erneut mit der Mark Michelstadt, jetzt als K u r p f ~i 1 z e r L e h e n , belehnt und erh~ilt das Recht, Stadt und Burg wieder aufzubauen.

Mit der Zeit Einhards beginnend, haupts~ichlich aber zwischen 1000 und I300, erfolgte die B e s i e d l u n g d e r M a r k M i c h e l s t a d t , nach- weisbar aus der N e n n u n g der Or t snamen in den verschiedenen Lehnsbriefen.

Die Besiedlung erfolgte hier seit 1150 durch Schaffung yon typischen W a 1 d h u b e n - D/5 r f e r n (~iltere Siedlungen weisen noch Gemenglage auf). Die Schenken Erbach stellten zur Erschliei~ung ihres Landes den her- angezogenen Siedlern Waldfl~ichen zur Verfi igung, die in H u b e n y o n 100 his 240 Morgen ( 2 5 - - 6 0 ha), in seltenen F~illen bis" 350 Morgen aufgetei l t wurden und dafiir zinspflichtig waren. Da r t i be r hinaus wurde der Siedlung ein A 1 1 m e n d - W a 1 d (auch Almen genannt) ausgeschieden. Diese H u b e n wurden nur teilweise gerodet, auf absoluten WaldbiSden oder aus sonstigen Gri inden blieben Waldparze l len , jetzt b~iuerlicher P r i v a t w a l d ( ,G i i t e rwa ld" ) erhalten: , , Inma~en ein jeder Bauer also besorget worden , daf~ er auf seinem Gut ohne andere zu Bekr~inkung Mast, W a y d (Weide) und H o l z hat ." ~

Die meisten Hubengi i te r sind schmale Gtiterstriche (z. B. Gemeinde Wi i rz - berg 5 km t~mg), welche of t yon einer Grenze der G e m a r k u n g nach der gegen- iiberliegeriden ziehen. In manchen Gegenden ziehen die H u b e n quer tiber das Tal , w o d u r & es m~Sglich geworden ist, dai~ " Hi ibner Wiesen im Tal , A & e r leder sodann an den beiden unteren H~ingen und nach der H 6 h e zu W a l d erhalten hat (siehe Skizze" Gemeinde Mossau).

Zwei Beispiele m6gen dies zahlenm~it~ig erl~iutern. Die Angaben stammen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Damals waren die Huben, da Teilung seit 1552 (Landesordnung der Grafschaft Erbach) verboten war, noch fast unver~indert erhalten.

Gemarkung S c h ~ S l l e n b a c h (1754): Bauland Wald zus. Morgen

1. 1 Hube . . . . . . . . . . 83 29 112 2. 1 Hube . . . . . . . . . . 57 32 89 3. Schultheil~ Jos. TrumpFheller . 123 31 154 4. Job. Adam Brand . . . . . . . 144 31 175 5. Gg. Scheuermann (1A Hube) 48 2 50 6. Jak. Ihrig . . . . . . . . . 119 97 216 7. Johs. Sterner . . . . . . . . 90 34 124

Hier Gemarkung E t z e a n (1750):

Bauland 1. Brandschneiders Hube . . . . . . 74 2. Bromanns Hube . . . . . . . 75 3. Stephans Vollhube . . . . . . . 81 4. Volken-Vollhube . . . . . . . 78 5. Beuchners Hube . . . . . . . 74 6. Sauers Hube . . . . . . . . . 68 7. Schumpsen Hube . . . . . . . 56 8. Weimars Hube . . . . . . . . 79 9. Gemeinde Allmend . . . . . . - -

ist also jede Hube mit 7,5 ha (oder dreimal 7,5 ha) Wald ausgestattet worden.

Wald zus. Morgen 100 174 22 97

198 279 190 268 114 188 46 114 74 130 86 165

179 179

Forstw. Cbl., 70. Jhg., Hef t 8 31

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474 U , RODENWALDT : Reviergeschichte

Hier waren die Huben also mit fast gleicher Ackerfl~iche ausgestattet, w~ihrend die Gr~Si~e der Waldfl~ichen verschieden ist (5 bis 50 ha).

In verschiedenen D6rfern sind einzelne Huben in der ursprtinglichen Form no& heute erhalten. Die meisten sind jedoch in den letzten 100 Jahren durch Erbteilung und Verk~iufe zu b~iuerlichem Kleinbesitz zersplittert worden.

Die A l l m e n d - W a l d u n g e n wurden die heutigen Gemeinde- waldungen (z. B. Michelstadt 650 ha). In verschiedenen Gemeinden wurden sie aber um 1825 unter die Berechtigten aufgeteilt und damit zum b~iuerlichen Privatwald (z. B. in Weitenges~il~, siehe Skizze), eine vom forstlichen und volkswirtSchaftlichen Standpunkt ~iui~erst bedauerliche Entwi&lung: JXarR 1838: ,,Diese, mit vortrefflichen Best~inden Versehen gewesenen Waldungen sind in kurzer Zeit niedergehauen worden. Was die Privaten yon Buchen- und Eichen-Hochwaldungen noch besitzen, sind einzelne unbedeutende Reste, welche nur der abfallenden Bl~itter wegen noch iibergehalten werden." Ein Teil dieser devastierten Bauernwaldungen wurde sp~iter yon der Gr~iflichen Verwaltung oder yon der hessischen Staatsforstverwaltung aufgekauft und damit wieder einer besseren Bewirtschaftung und gr6i~eren Produktionsf~ihig- keit zugefiihrt.

Aus dem ~iltesten Zinsbuch yon 1454 geht he'rvor, dai~ damals die Huben- bildung - - weil bereits alles fiir landwirtschaftliche Zwe&e geeignete Gel~inde verteilt war - - l~ingst beendet war. In diesem Zinsbuch ist bereits die Rede yon 1A, 1/4 und */8 Huben, woraus mit Sicherheit zu entnehmen ist, daf~ bereits mehrere Generationen an der Zerschlagung der Vollhuben beteiligt waren. Man darf daher annehmen, daf~ um 1300 die Hubenbildung und Besiedlung abgeschlossen war. Damit war auch die Abgrenzung (Rodungsgrenze) des verbleibenden H e r r s c h a f t s w a l d e s , dem jetzigen Waldbesitz der Grafen zu Erbach-Erbach land Erbach-Fiirstenau in grof~en Ztigen vollzogen. Die einzelnen Revierel (Eulbach, Zell und Reichenberg), die Reste des ehemals ausgedehnten k~Sniglichen Bannf0rstes, umgaben, an den Grenzen der alten Mark gelegen, auf meist steilen Bergh~ingen sto&end (absoluter Waldboden) wie ein Saum das besiedelte Gebiet. Die Waldungen im Innern der Mark sind ehemalige Allmend-Waldungen der D6rfer und Hubenwaldungen.

Eine Vergr~Sf~erung des gr~iflichen Besitzstandes brachte de r 30j~ih'rige Krieg, in dessen Verlauf die Bev~51kerung auf 1/20 zusammenschmolz (Pest) und einige D~Srfer ausstarben. Die Wiederbesiedlung, insbesondere durch Heran- ziehen yon Schweizern und Sachsen, ging trotz gtinstiger Bedingungen (eine Hube zu 5 Gulden!) nur langsam und unvollst~indig vorwlirts. Das nicht wiederbesiedelte Gel~inde wurde als herrenloses Gut durch den Landesherren eingezogen. So ist das Revier E r b ac h der ehemalige Allmend-Wald des eingegangenen Dorfes Rot~bach. Das ausgestorbene Dorf Eulbach wurde Hof- gut und sp~iter aufgeforstet, woran noch die Dis'triktsnamen ,,Hiittensch!~ige" und ,,Heumatte" erinnern. Der Flurname ,,Heumatte" soil iibrigens entlang des Limes mehrfach vorkommen, ein Hinweis fiir r6mische Rodungen zur Versorgung der Kastelle (Pferde), so daf~ dieser Name m~Sglicherweise einen noch ~ilteren Ursprung hat.

Im 19. Jahrhundert wurden die Reviere dutch Ankauf devastierter Bauernwaldungen arrondiert.

Aus diesem urspriinglichen Lehen der Schenken yon Erbach, das durch weitere Lehen, Heiratsgut, Erbschaft und Kauf im Laufe der Jahrhunderte vergr6i~ert worden war, entwi&elte sich die selbst~indige Herrschaft Erbach, welche 1532 zur R e i c h s g r a f s c h a f t erhoben wurde. 1806 wurde die

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Grafsclxaft durch die Mediatisierung als K r e i s E r b a c h dem Grof~herzog- rum Hessen einverleibt. Der ,Herrschaftswald" verblieb jedoch als Privatwald den Grafen Erbach, nunmehr seit 800 Jahren im Besitz dieses Hauses.

B. Ve~etationskun d~icheJs

Ein dichter, fast u n u n t e r b r o c h e n e r L a u b w a 1 d , in dem Buche und Traubeneiche vorherrschten, iiberzog in der vom Menschen noch unange-. tasteten Naturlandschaft in den letzten Jahrtausenden (3000 v. Chr. bis 1000 n. Chr.) den Odenwald. Acker und Weidefl~ichen wurden erst im Laufe der Besiedlung geschaffen. Die Kiefer kam in vereinzelten Horsten wohl auf den ~irmsten, trockenen Standorten vor, w~hrend die Fichte vollkommen ge- fehlt hat. Die heute so verbreiteten N a d e l h o l z w a l d u n g e n s i n d a l s o r e i n e f o r s t w i r t s c h a f t l i c h e S c h 6 p f u n g e n .

Pollenanalytische Untersuchungen, die JAESCHXE 1935 bier in zwei Mooren vornahm, dem ,,Roten Wasser" (400 m) 13 km siidwestl, yon Erbach und ,,Baiersgrund" (380 m) 7 km nordwestl, yon Erbach bei Mossau (Revier Reichenberg) fiihrten zu folgenden Feststellungen:

Der Anfang des Moorwachstums (110 cm Tiefe) liegt offenbar am Ende der E i c h e n - M i s c h w a l d - H a s e l z e i t (Atlantikum - - nach den BLYTT-SERNANDERschen Klimaabschnitten). Es folgt sehr bald der S t e i l - a n s t i e g d e r B u c h e , die in den folgenden Abschnitten der Wald- geschichte der v o r h e r r s c h e n d e B a u mis t . In etwa 40 cm Tiefe endet die uneingeschr~inkte Buchenherrschaft und tritt nochmals die E i c h e her- vor, bis in der W a l d b a u z e i t die K i e f e r mit 84% die FiJhrung 0bernimmt.

Das starke Vorkommen der Erle, sp~iter der Birke, ist als/Srtlich bedingt anzusehen. Als weitere Begleiter mit geringerem Anteil wurden Weide, Hasel und Linde festgestellt, in 30 und 68 cm Tiefe fand sich je ein Pollenkorn von Tanne. Pollen der K i e f e r wurden in ganz g e r i n g e r Z a h l in allen Horizonten gefunden, bis in der Waldbauzeit (seit 1750) ihr Ansteigen ein- setzt. Die Buche bleibt auch w~hrend der Waldbauzeit in betr~chtlicher Menge vertreten, neben ihr erscheint deutlicher die Fichte.

JAESCmIE leitet aus seinen Untersuchungen vier Walderscheinungs- Formen ab"

1. E i c h e n - M i s c h w a l d - B u c h e n - H a s e l f o r m (Atlantikum), 2. B u c h e n - E i c h e n - Mischwald-Form (Subatlantikum)

(Vorherrschaft der Buche), 3. E i c h e n - Mischwald - B u c h e n - Form (Subatlantikum),

unmittelbar vor dem Ansfieg der Kiefern und Fichten. Ein erneutes V o r d r i n g e n d e r E i c h e vor Einsetzen der ,,Wald-

bauzeit" (18. Jahrh.) mag hier bereits auf m e n s c h l i c h e n E i n f l u f ~ zuri~ckzufiihren sein. Die Buche besaf~ ftir den Menschen nicht die Vorztige der Eiche.

Der lichte Eichen-Hutwald m~t starkem Graswuchs, der Eichen-Mittel- wald und der Eichen-Niederwald waren dagegen Waldwirtschaftsformen, die sich der Mensch des Mittelalters wohl bewuf~t schuf, da diese seinen damaligen Bedtirfnissen (Bauholz, Werkholz, Waldweide, Mast) am besten entsprachen. Die Bestandesbegri~ndung durch Stockausschlag und Pflanzung von Eichen- heistern war eine seit altersher bekannte und bew~hrte Methode.

31"

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476 U. RODENWALDT: Reviergeschichte

Erst die regellose P len te rwa ldwi r t schaf t des 17. und 18. J ah rhunder t s gab der Buche durch ihr Schattenertr~ignis, ihrem dichten Schlul~ u n d der Bodenbeschat tung die MSglichkeit, die Eiche wieder zuri ickzudri ingen, erneut fiir kurze Zei t die Vorherrschaf t zu gewinnen und jede Eichenver j i ingung zu ve rh indern , so dat~ die Eiche hier im O d e n w a l d mit A b n u t z u n g der Al tho lz - vorr~ite bis 1800 fast vol l sd indig ausstarb.

4. K i e f e r n - B u c h e n - F i c h t e n - F o r m der Wa ldbauze i t . Diese Ums te l l ung vom reinen L a u b w a l d in N a de l ho l z in den letzten

2 J a h r h u n d e r t e n wurde auch durch die forstgeschichtlichen Arbe i ten yon HAUSRATH ftir den badischen O d e n w a l d nachgewiesen und wi rd in dieser Arbe i t fiir den hessischen O d e n w a l d erg~inzt.

KNAPP stellte auf Grund p f 1 a n z e n s o z i o 1 o g i s c h e r U n t e r s u c h u n g e n (1946) im Odenwald verschiedene n a t tir 1 i c h e Assoziationen auf, yon denen die Waldungen des hier behandelten Gr~iflichen Forstamtes Erbach im wesentlichen zwei Formen umfassen:

1. D e n H a i n s i m s e n - B u c h e n w a l d des O d e n w ~ i l d e r B u c h e n g e b i e t e s in den kalten und niederschlagsreichen HShen ti b e r 400 m (an Nordh~ngen tiber 300 m). Hier gewinnt die B uch e die Vorherrschaft tiber alle anderen nattirlichen, mehr w~rmeliebenden Holzarten.

Diese Bu&enzone unterscheidet sich vom Buchenwald des Nordschwarzwaldes vor allem durch das Fehlen der Tanne, yon der Assoziation des Taunus und der rheinischen Gebirge namentlich durch das regelm~iffige A u f t r e t e n des Hasenlattichs (Prenanthes purpurea), sowie des F e h 1 e n s yon Eichen-Farn (Dryopteris Linnaeana), Buchen-Farn (Dryopteris phegopteris), Mandel-Wolfsmilch (Euphorbia amygdaloides), Qui:rlbl~ittriger Weii~wurz (Poiygonatum verticillatum), Zwiebel-Zahnwurz (Cardamine Bulbifera), Wald-Rispengras (Poa Chaixii).

2. D i e E i c h e n - H a i n b u c h e n - M i s c h w a l d z o n e d e s U n t e r n e c k a r - g e b i e t e s. Sie schlieiqt an die untere Grenze des Odenw~ilder Buchengebietes an. Z u i h r g e h S r t d e r w e i t a u s g r S f l t e T e i l des R e v i e r s . Auch hier ist die B u c h enoch die verbreitetste n a t ti r 1 i c h e Holzart, jedoch treten andere Holz- arten h~iufiger und in reichlicher Beimischung, auf vielen Standorten auch vorherrschend, auf. Unter diesen ist die T r a u b e n - E i c h e die wichtigste.

Als typische Standortspflanzen sind zu nennen: Waldsimse (Luzula sivatica), Hasenlattich (Prenanthes purpurea), Waldschwingel (Festuca silvatica), SchSnes Hartheu (Hypericum pulchrum) und Wald-Gamander (Teucrium scorodonia).

I n welcher Weise der M e n s c h diese nati.irlichen Waldgesel lschaf ten beeinflut~t u n d durch S c h a f f u n g d e r N a d e l h o l z - W a l d u n g e n in ihrer B a u m a r t e n - Z u s a m m e n s e t z u n g ver~indert hat, w i rd in den folgenden Abschnit ten besprochen werden.

II. Die Fors twir t schaf t bis 1800

In dem Gr~flichen Hausarchiv, 70 Schr~inke mit geordneten und katalogisierten Urkunden und Akten zurtick bis ins 12. Jahrhundert, miissen Sch~itze art forstgeschichtlich wertvollen Unterlagen vorhanden gewesen sein. Beim Luftangriff auf Darmstadt 1944 ist das gesamte Archly mit dem hessischen Staatsarchiv restlos vernichtet worden. Unersetz- liche Werte wurden damit ein Opfer des Krieges!

Dartiber hinaus sind bereits 1893 bet einem Brand der Gr~iflichen Rentkammer in Erbach wertvolle neuere Forstakten und s'amtliche ~.iteren Karten verloren gegangen.

Da diese Urkunden forstgeschichtlich niemals ausgewertet worden sind, k6nnen iiber die Zusammensetzung und den Aufbau des Waldes sowie tiber seine Bewirtschaftung bis zum Jahre 1800 keine genauen, zahlenm~.f~ig festgelegte Angaben gemacht werden. Immer- hin verftigen wir aber noch tiber einige Unterlagen, aus denen sich Rtickschliisse mit einiger Zuverl~issigkeit ziehen lassen.

Als Material stehen hierftir zur Verftigung: 1. Angaben tiber die Nutzung des Waldes, die sich verstreut in alten Btichern und

Berichten fanden. 2. Die Erbachschen Forstordnungen.

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als eine Grundlage der Waldbauplanung 477

3. Angaben tiber die Erbachschen Waldungen in dem Buch yon KLEINIUS. 4. Eine Taxation (Waldbeschreibung und Sch~itzung der vorhandenen Holzmassen) ffir das

Gr~iflich Erbach-Ftirstenausche Forstamt aus dem Jahre 1766. 5. Die Dienstanweisung ftir den Oberj~ger JOHANN DANIEL PABST aus dem Jahre 1758. 6. Angaben tiber die Einftihrung der Kiefer im 18. Jahrhundert. 7. Waldbauliche Angaben in einer Revierbeschreibung des Reviers Relchenberg 1802 yore

Forstrat Louis.

A. Die ~?utzung des W a l d e s

Nach diesen Quellen erfolgte die Nutzung des Waldes bis in die Neuzeit (1800) in der gleichen extensiven Weise, die uns aus anderen Teilen Deutsch- lands bekannt und ausfiihrlich beschrieben ist. Das Schwergewicht der Wir t - schaft lag auf den heutigen Nebennutzungen. Im einzelnen:

1. B e s c h a f f u n g v o n B a u h o l z (Eiche). Da die Bauernwaldungen wohl z. T. als Niederwald bewirtschaftet

wurden, mul~te der ,,Herrschaftswald" zweifellos einen grof~en Teil des Eichen-Bauholzbedarfs fiir die umliegenden Gemeinden aufbringen (,,Bauwald"). Dat~ diese Anforderungen bedeutend und nicht leicht zu befriedigen waren, beweisen die Forstordnungen, die eine b a u h o 1 z - s p a r e n d e B a u w e i s e, die Nachzucht yon Eichen, sowie eine bessere Bewirtschaftung der Bauern- und Gemeinde-Waldungen for- derten.

Die Dauerhaftigkeit und die St~irken der zum Bau verwendeten E i c h e n kann man an dem bekannten, 1485 gebauten Michelst~idter Rathaus besonders anschaulich studieren und bewundern.

Dariiber hinaus wurden Stark-Eichen als sogenannte , , H o l - 1 ~i n d e r S t ~i m m e" zum Schiffsbau nach Hol land zu hohen Preisen verkauft.

Daft es sich nicht nur um einzelne St~imme oder um seltene Verk~iufe gehandeh hat, beschreibt KL~IN~US 1750: .Ich verschweige (leider[ Verf.) die ungeheufen Massen schlanker Niume yon hervorragender HShe, die die Holl~inder usw. zum Schiffsbau zur Geniige hinwegfahren. Es berichtet SEBASTIAN MONSTER in seiner Kosmographie, Band III, Seite 868, daft vor diesen 200 Jahren aus dem Odenwald und seinen Aus- l~iufern, als dessen Mittelpunkt ich glei&sam unsere Flur (Erba&) setzte, eine ungeheure Menge durch den Neckar und Main in den Rhein geflSt~t wurde und so yon den anliegenden Sfiidten bis Bingen gesehen werden konnten."

Es geht ferner aus emem Projekt hervor "con dem KLEINIUS berichtet nach dern holI~indische Holzh~indler die Absicht hatten, die Miimling far das Triften yon Eichen auf eigene Kosten zu regulieren, um dadurch die Transporrkosten zum Main ffir die starken Eichenst~imme herabzusetzen.

Auch weisen vMe im Odenwald vorkommende Flur- und Distriktsnamen wie: ..Holl~inder Baum", ,,Holl~inder Htitte" und ,,Holl~inder Schlag" auf diese Handels- beziehung him

Die hohen Preise far ,,Holl~inder St~imme" haben zweifellos stark zur wertm~ifgigen Devastierung des Waldes und zum Verschwinden der Eichen beigetragen.

Im Gegensatz zum Odenwald blieben die Eichen im Spessart, der zum grogen Teil dem Bistum Mainz gehSrte, erhalten. Die Mainzer Kirchenfiirsten liel~en wohl aus ihrer jagd-Passion heraus bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts niemand an den Wald heran und konnten sich dies

,auch erlauben, weil sie finanziell besser gestellt waren als die durch den 30j~ihrigen Krieg verarmten weltlichen Landesherren. Heute sind diese damals geschonten ,,Spessart-Eichen" z u einem feststehenden forstlichen

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Wertbegriff geworden, w~hrend vor 150--350 Jahren (1600 1800) die zweifellos g 1 e i c h w e r t i g e n ,Odenwald-Eichen" unter Aui~eracht- lassung des Begriffs der Nachhaltigkeit, d. h. o h n e e n t s p r e c h e n d e p 1 a n m ~i f~ i g e N a c h z u c h t , restlos genutzt wurden. Mit den aus ihren Planken gebauten Kricgsschiffen und Kauffahrern wurde die hol- l~indische Weltmachtstellung begrtindet und das ostindisch~ Inselreich erschlossen. Ein interessantes Beispiel der Verfle&tung der internatio- nalen Wirtschaft!

2. W e r k h o 1 z - - haupts~ichlich Eiche und Buche fiir Stellmacher, Schreiner, Ktifer, Schnitzer usw. zur Herstellung aller t~iglichen Ge- brauchsgegenst~inde (z. B. auch Leuchtsp~ne und Fa&eln aus Buche).

3. B r e n n h o 1 z. Bei einer nicht allzu starken Bev~51kerungsdichte und emem hohen Bewaldungsprozent dtirfte die Brennholz-Nutzung fiir den 6rtlichen Bedarl c i m ,Herrschaftswald" gering gewesen sein, zumal die Waldhuben-D6rfer tiber eigenen b~iuerlichen grald und eine Dorf- Allmend verftigten und aus diesen den gr~Si~ten Teil ihres Bedarfs selbst decken konnten.

1840 spricht J~icev, abet yon einem bedeutenden B r e n n h o 1 z - H a n d e 1 tiber Laudenbach und W6rth a. Main und yon dort zu Schiff nach Aschaffenburg, Hanau, Offenbach, Frankfurt , Mainz usw. Seit wann dieser Handel in den vorhergehenden Jahrhunderten bestand, ist infolge Vernichtung der Akten nicht nachweisbar. J~cer, vertritt aber die An- si&t, dab die Holzpreise bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts so gering waren, daf~ bis dahin n u r N u t z h o l z gehandelt wurde. In Holz- verkaufslisten aus dem Jahre 1681 sei Brennholz tiberhaupt noch nicht erw~ihnt, die erste Rechnung, in der Brennholz aufgefiihrt war, war ihm erst aus dem Jahre 1716 bekannt. Das Aufkommen des Brennholz- Handels im 18. Jahrhundert hing wohl mit dem Schwinden der Holz- vorr~ite in der n~iheren Umgebung der St~idte in dieser Zeit zusammen.

Folgende Zusammens te l lung - - nach Erbacher Fors t rechnungen zeigt die Ent- wicklung der Holzpre ise ftir 1 K l a f t e r Buchenholz zu 144 F rank fu r t e r cb-Fu~:

1730 15 Kreuze r 1790 3 Gulden 56 Kreuzer 1740 I G u l d e n 6 ,, 1800 5 ,, 30 ,,

1750 2 ,, 1810 -7 . 12 . 1760 2 . 42 . 1820 3 ,, 30 ,, 1 7 7 0 2 ,, 24 ~ 1830 8 ,, 30 1780 , 2 ,, 12 ,, 1840 14 ,, 48 ,,

Aus dem stet igen Steigen der Holzpreise in diesen 100 Jahren wi rd die wachsende Bedeutung des Holzes und die zunehmende H o l z n o t besonders deutlich, auch wenn mit emei" gewlssen Ge lden twer tung zu rechnen ist.

Der auf fa l l end niedrige Holzpre is im Jahre 1820 w a r nach JKGr:R auf eine unsaubere ,,Be gi inst igung" der Holzh~indler (siehe Abschnit t I I I ) zuriickzufiihren.

4. Die H o l z v e r k o h l u n g war wohl d as w i c h t i g s t e h o l z - v e r a r b e i t e n d e G e w e r b e . H~iufige Distriktsbezeichnungen wie , ,Kohlwald" und ,,Kohlberg" sowie die zahlreichen in den meisten Distrikten vorkommenden Kohlplatten erinnern daran, ebenso wie die Nennung dieser Nutzung in allen Forstordnungen an hervorragender Stelle.

Jeder Meiler faf~te 25 30 rm und ergab eine Ausbeute yon 40 bis 55 % an Holzkohle. Die Holzkohle wurde ben6tigt yon den verschie- denen im Odenwald seit Jahrhunderten (nacl~weisbar seit 773) arbeiten- den Hiittenwerken. JRcER beziffert 1835 allein den p, ihrlichen Bedarf des Htittenwerks Steinbach (bei Michelstadt) mit 12 000 Stecken = 13 200 fm.

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Das' Ende der Holzverkohlung war bestimmt durch den Bau der Eisenbahn und damit der Zufuhr von Steinkohle (1870).

5. Die P o t t a s c h e g e w i n n u n g. Die Gewinnung und der Handel mit Pottasche waren Monopol des Landesherrn, das verpachtet wurde. Zur Herstellung durften nur ,,miirbe, faule, liegende B~iume, unniitzes Hecken- zeug, Hollunder und Stauden verarbeitet werden. Nur fiir die Laubtr6ge durften Buchen-St~imme gef~illt werden."

An diese Nutzung erinnert noch die Flurbezeichnung ,,Pottasche- Buckel".

1750 beziffert K~r~Nms die Erzeugung in der Grafschaft Erbach auf ' 300 Ztr., w~ihrend JS~GER 100 Jahre sp~iter schreibt, daf~ dies Gewerbe

infolge des Ansteigens der Holzpreise fast v611ig verschwunden sei. 6. G e r b r i n d e g e w i n n u n g . Der Odenwaldwar von jeher eines der

bedeutendsten Produktions-Zentren - - Qualit~itsware fiir Eichenrinde. Die Hirschhorner Rindenversteigerungen waren weithin bekannt. Auch gab es dort ein Rinden-Magazin, L a u e r genannt.

Da die Einnahmen bei 14j~ihrigem Umtrieb hoch waren, war es kein Wunder, daf~ ein wesentlicher Fl~chenanteil des Waldes als ,,Eichen- Stockschlag" bewirtsch'aftet wurde.

7. M a s t n u t z u n g . Wir wissen, daf~ die Einnahmen aus der Mast- ' nutzung 1632 in den benachbarten Breuberger-Waldungen sehr viel h~Sher

waren als die aus dem Holzverkauf. Die Zahl der ,,eingeschlagenen" Schweine betrug dort damals 2232 Stiick!

Mit dem Verschwinden' der Eichen aus dem Walde ging diese Nutzung immer mehr zuri~ck. Der letzte Schweineeintrieb im Gr~iflichen Forstamt land 1906 start.

8. V i e h w e i d e. Die Viehweide, die so stark zur Devastierung der W~ilder in Deutschland beigetragen hat, mui~ auch hier, trotz aller Forstordnun- gen, Ausmat~e angenommen haben, die jede Verj.-Wirtschaft fast unm~Sg- lich machte.

~3ber die aus dem Weidegang entstehenden unvermeidlichen Un- stimmigkeiten kam es verschiedentlich zu langwierigen jahrzehntelangen, mit aller Erbitterung gef[ihrten Prozessen, aus denen wir jedenfalls ent- nehmen k~Snnen, welche wirtschaftliche Bedeutung die Waldweide einer- seits fiir den Viehbesitzer hatte und welcher Schaden andererseits aber dem Waldbesitzer zugefiigt wurde.

Mit Aufkommen der Stallf~itterung (Kleeanbau) h/Srte die Wald- weide um 1800 gliicklicherweise von selbst auf und erledigten sich dadurch mehrere Prozesse yon selbst durch ,,l~ingeres Lagern".

9. L a u b s t r e u - N u t z u n g . Diese f~ir den Wald so aut~erordentlich sch~idliche Nutzungsform war im 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts so umfangreich, dag sich immer wieder Klagen iiber Bodenri~ckgang und Zopftrocknis finden. In ~ilteren Zeiten hat sie wohl noch gefehlt. Das Laub wurde gr6t~tenteils verbrannt und die Asche als D ii n g e m i t t e l verwendet (Lit. KL~INms).

!0. Z e i d l e r e i . 11. W a l d - F e l d b a u : Hack- u r id R~Sderwald.

H a c k w a l d u n g e n sind N i e d e r w a l d u n g e n (Eichen- Sch~ilwaldungen oder Brennholz-Niederwaldungen mit Ei, Bu, HBu, Hasel usw.), in denen nach dem Hieb, dem Abbrennen des Bodeniiber-

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zugs und des herumliegenden Reisigs (,,Uberland-Brennen" oder ,,Schmoren") und einer Bodenbearbeitung mit der Hacke, ffir 1--2 Jahre Getreideanbau betrieben wird (heute noch: Haubergs-Wirtschaft im Siegerland).

R (5 d e r w a 1 d dagegen ist H o c h w a 1 d , der nach, dem Kahl- abtrieb in gleicher Weise dem Feldbau f[ir 1--2 Jahre iiberlassen wird.

Beide Formen des Waldfeldbaues sind nach J~c~r, im Odenwald uralt: ,,Das Eberbacher Saal- und Lagerbuch gedenkt ihrer Existenz im Anfang des 14. Jahrhunderts in einer Art, nach welcher damals das Alter derselben einige Jahrhunderte hinaufgesetzt wurde."

Distriktsnamen mit ,,-r6der", z. B. Saur/Sder, Allmenr~Sder, R~Sder- berg, ferner Namen mit ,,gebrannter Wald" und ,,Kornberg" weisen noch auf diese Nutzungsart hin.

B. Berechtigungen

Es f:,illt auf, daf~ das Gr~ifliche Forstamt durch k e i n e r 1 e i Berechti- gungen belastet ist. Nach einer Auskunft des Stadtarchivars von Michelstadt, Herrn BUXBAUM, der das Gr~ifliche Hausarchiv sehr genau kannte, ist ihm darin [iber Berechtigungen oder ihre Abl~Ssung niemals etwas aufgefallen und auch in den erhaltenen Forstakten des zwanzigsten Jahrhunderts forscht man vergeblich nacil Unterlagen.

Auf Grund der im ersten Abschnitt besprochenen Besiedlung des Landes seit 1150 in Form der W a l d h u b e n - S i e d l u n g e n ist wohl anzuneh- men, dat~ der jetzige Gr~ifliche Waldbesitz vermutlich mit Berechtigungen iJberhaupt nicht oder nut in AusnahmefSllen belastet war, da jede Hube tiber eigenen Wald, die D6rfer/,iber Allmend-Wald verfi~gte. Die Voraussetzungen, die in anderen Gegenden zu der Begri~ndung yon Weide-, Mast- und Holz- rechten f[ihrten, £ehlten hier im allgemeinen. Den Bed[irfnissen der BevSlke- rung war eben nicht durch B e r e c h t i g u n g e n a m W a l d e , sondern durch Z u t e i 1 u n g v o n W a 1 d yon vornherein Rechnung getragen worden.

Gewil3, die W a 1 d w e i d e wurde a 1 s R e c h t ausgeiibt, in erbitterten Prozessen verteidigt und i~ den Prozei~akten verschiedentlich als ,,altherge- brachte Gerechtsame" bezeichnet. Es ist auch durchaus m6glich, dat~ vereinzelt, nl. Orte, die v o r 1150 gegrfindet worden waren und noch keine Waldhuben- Bildung oder Allmend-Wald aufweisen, tatsichlich sehr alte Weiderechte aus jener Zeit im urspri~nglichen Bannwald besat~en.

In den rneisten F~illen diirfte es sich aber nicht um Rechte, sondern um besondere V e r g fin s t i g u n g e n gehandelt haben, die schlief~lich als G e - w o h n h e i t s r e c h t angesehen und beansprucht wurden, oder um eine Weideerlaubnis gegen Z a h l u n g e i n e s W e i d e g e l d e s .

Beispiele, die als Beweise dienen m~Sgen: a) ,,lm Jahre 1515 a~f St.-Barbara-Tag haben beide Herren Schencken Eberhard und

Valentin Gevattern und Herrn zu Erbach, der Stadt Erbach ihr g e h a b t e s B e n e.f i c i u m in der Steinharts - Halle (heute Distrikt Steinmannshalde) unweit Eulenbach gelegen, durch einen Brief, so noch in dem Archiv zu finden confirmirt, krafft welchen dieL Erbach'schen Einwohner in der Eckernzeit mit ihrem Schweinvieh zu treiben und das Eckern zu geniel3en Macht haben." (Aus Prozet~akten ~ber Wald- weide zwischen den StSdten Michelstadt und Erbach 1702.)

b) In dem langen (1756 1814) Prozef~ iiber die Ausi~bung der Waldweide im Heuberg (Revier Zell) zwischen der Stadt Michelstadt und dem Grafen zu Erbach-Erbach fiihrte die Stadt als Beweismittel einen Weidebrief des Grafen Georg zu Erbach aus dem Jahre 1541 an. In dieser Urkunde wird aber yon dem Weiderecht ,,zwischen Miimling

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und dem Heuberg", also auf den Talwiesen und nicht ,,ira" Heuberg gesprochen, worauf die juristische Fakulfiit der Universit~it Wiirzburg, die als Gutachter fiir Michelstadt au.ftrat, unter anderem hinwies. Dagegen wurde yon gr~iflicher Seite behauptet (1756), daf~ es sich lediglich um ein , , p r e c a r i u m 13er v i a m g r a - t i a e" gehandelt habe, als den MichelstS.dtern auch das Weiden i m Walde erlaubt wurde. Der damalige Forstmeister IHl~Xo fiihrt dazu aus. dal~ in den vergangenen Jahrhunderten, als solche ,,Vergiinstigungen" erteilt wurden, die Bev~Slkerungsdichte nur gering und daher auch die Viehherden nur schwach gewesen w~iren. Da aufgerdem das Holz noch fast keinen Wert gehabt habe, sei der Schaden gering gewesen und die Erteiiung einer solchen Erlaubnis zu verstehen. ,,Die Zeiten abet haben sich ge~indert und diese Ver~inderung hat Hochdieselbe berechtigt, den v/5Iligen Genut~ yon Ihrem Eigentum wieder an sida zu ziehen."

Iirl fibrigen wurde der Schaden an Jungwuchs dutch die Waldweide im Heuberg (,,hoher Wald", der 1750 ,,ausgeschlichten" wurde, also Plenterwald), der yon Zwei h~iheren darmsfiidtischen Forstbeamten aufgenommen wurde, f[ir die Vernichtung yon 180 ha auf 4767 Gulden geschS.tzt, fiir die damalige Zeit eine gewaltige Summe.

c) 1553 ,,Die Gemeinde ~rnsbach reversiert, daf~ ihr Graf Eberhard um 21~ G u l d e n W e i d g e i d geg/Snnt, seinen' Weidgang auf Ernsbacher Markung, den sie seither mit ihrem Rindvieh besucht, auch mit Schafen zu gebrauchen."

Auch war die Waldweide nicht in allen Teilen des Herrschaftswaldes erlaubt. Dies geht aus einer Anzeige des Oberj~iger PABST aus dem Jahre 1765 gegen den Erbacher Viehhirten hervor, der ,,mit der ganzen Herde Vieh, worunter ca. 50 Stiick Geifgen gewesen, in den sogenannten Kiimmelsgrund (heute Distr. K6mpelsgrund) zum Weiden gefahren, auch wiirklich gewaidet, ohngeachtet es dermalen bey der Satz-Zeit ganz ver- botten, auch nicht, wie geschehen einen Hund mit in den Wald zu nehmen erlaub seye, und soviel derselbe wisse, h~itten die Biirgerschaft ohnedem k e i n r e c h t d a r i n n e n z u w a i d e n, sondern nur zur Tr~inke hinein, abet auch gleich wieder herauszufahren."

Das L a u b s t r e u re c h e n wird als ,,Benefiz" erw~ihnt, war im Herr- schafts-Wald kein Recht und war vielmehr gegen Leistung des ,,Forsthabers" (= ]/4 Malter Haler), oder gegen Geld eine E i n n a h m e - Q u e l l e der Verwaltung, obwohl die Forstbeamten immer wieder darauf hinwiesen, dat~ der angerichtete Schaden unvergleichlich viel gr~Sf~er sei, als die Einnahmen. Nachdem die Streun~tzung aber erst einmal eingebiirgert und die Viehhaltung darauf eingestellt war, war sie aus sozialen Erw~igungen heraus aber nut sehr schwer wieder zuriickzudr~ingen. Noch heute wird besonders im Revier Zell lediglich aus diesem Grunde fiir das Dorf Weitenges~if~ immer noch Laubstreu abgegeben, um dort die derzeitige Viehhaltung iiberhaupt zu erm/Sglichen.

Zu Waldverwiistungen durch Berechtigte, in den Ausmaf~en wie sie z.B. ZEYI~EI~ im Sch6nbucl~ festgestellt hat, kam es hier also auf Grund einer weisen Besiedlungsform nicht, wenn auch s c h w e r e f o r s t l i c h e S c h S . d e n durch die E r l a u b n i s d e r W a l d w e i d e und des L a u b r e c h e n s verursacht wurden.

• C . D i e F o r s t o r d n u n g e n

Da der Mensch - - der Deutsche macht hierin leider keine Ausnahme - - seit jeher den Wald als geeignetes Objekt fiir eine schrankenlose, egoistische Ausbeutung anzusehen pflegt, s0fern er darin nicht yon einsichtiger, verant- wortungsbewut~ter Hand gehindert wird, so fiihrten diese Nutzungen mit der steigenden Bev/Slkerungszahl - - wie aller Often in Deutschland - - auch hier zu einem Raubbau und einer Waldverwiistung, die einzuds.mmen und die Forstwirtschaft i n geordnete Bahnen zu leiten Ziel der ,,F o r s t o r d n u n - g e n" war.

In Ausiibung ihrer Forsthoheit erlief~en die Grafen zu Erbach mehrere Forstordnungen fiir ihr Land.

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482 U. RODENWALDT: Reviergeschichte

Infolge der Vernichtung des Archivs sind wir f/ir die meisten Forstord- nungen auf die kurzen und leider unvollst~ndigen Angaben yon KILLINGEI~ und SEe~r, angewiesen. Aus diesen ist zu entnehmen:

Die erste bekannte F o r s t o r d n u n g f i i r d i e H e r r s c h a f t B r e u b e r g, ein Teil der Standesherrschaft Erbach (grenzt n~Srdlich an die Mark Michelstadt), stammt a u s d e m J a h r e 1565.

Diese Forstordr/ung beschr~inkt sich auf Gebote, die zu einer . E i n s c h r ~ i n k u n g d e r H o l z n u t z u n g ffihren sollten. So war die F~illung z u m H o 1 z v e r k a u f durch die Untertanen aus eigenen Waldungen ohne obrigkeitliche Bewilligung untersagt. Das gleiche galt f/Jr den Verkauf v0n Bauholz aus herrschaftlichefi Forsten und die H o 1 z a u s f u h r. In F~illen dringender Not (Schulden) wurde die Genehmigung zur Eillung und :zum Verkauf erteilt. Auf dem Holzverkauf und dem Verkauf von Holzkohlen fiber die Landesgrenzen ruhte der ,,Holz-Zehnt" als Ausfuhrzoll.

Eine weniger strenge Regelung erfuhr die Beschaffung von Bau- und Brennholz fiir e i~g e n e Zwecke der Untertanen. Die rechtzeitige Ausbesserung yon Geb~iuden wurde angeordnet, um dadurch eine Ersparnis an Holz zum Nutzen der gesamten Waldwirtschaft zu erzielen.

Der zeitpunkt des Erlasses der hierauf folgenden z w e i t e n , gr6f~eren F o r s t o r d n u n g l~it~t sich nach SEZGEr( nich.t mit Sicherheit feststellen (vermutlich 1632 Verf.). Nach SEzczr, zeichnet sich diese Verordnung durch ihre iiberaus starke Ann~herung an die Landgr~iflich-hessische Forstord- nung aus.

Die h o l z s p a r e n d e n V o r s c h r i f t e n .werden versch~irft: Jeder Holzbedarf f/Jr Neubauten oder Ausbesserungen an Geb~iuden war

anzumelden. Prfifung und Anweisung erfolgte durch das Forstpersonal. H~user, Scheuern und St~ille muf~ten zwei bis drei Schuh hoch aus Steinen ausgefiihrt werden, wie iiberhaupt die Verwendung von Steinen als dauer- hafter Ersatz f/.ir Holz angestrebt werden sollte.

Holzverk~ufe und Holzausfuh} bedurften wie bisher der Genehmigung durch den Grafen.

Die m a f ~ v o l l e A u s i i b u n g d e r F o r s t b e r e c h t i g u n g e n (Allmend-Wald!) Und eine rege A u f f o r s t u n g s - T ~ i t i g k e i t waren neue Forderungen, die im Interesse der Waldwirtschaft als unumg~inglich angesehen wurden. Ersatzpflanzung yon drei oder mehr B~iumen an angebener Stelle wurde dann verlangt, wenn ein gesunder, fruchtbarer Baum an einen Untertan abgegeben wurde.

D i e F o r s t o r d o u n g f i i r d i e G r a f s c h a f t E r b a c h y o n 1762 Diese Forstordnung stellt eine wesentliche Weiterentwicklung gegeniiber

den Vorhergehenden dar, insbesondere durch Verbote zum Schutz des W~ldes und Gebote zur Verbesserung seiner Ertragsf~ihigkeit. Die 68 Paragraphen lassen sich in folgende Punkte kurz zusammenfassen: 1. G e b o t e z u m S c h u t z d e r G r e n z e n .

J~hrlicher Grenzbegang wird vorgeschrieben, M~ingel an Grenzzeichell us~¢. sind zu beheben, jede Besch~idigung von Grenzb~iumen und Grenz- steinen ist verboten.

2. R e g e l u n g d e s H o l z e i n s c h l a g s . Der Bedarf an Bau-, Werk-, Brenn- und Kohlholz ist dem J~iger-

meister und den Forstschreibern anzumelden, nach Genehmigung vor- schriftsm~if~ig aufzuarbeiten und an bestimmten Tagen abzufahren. Beim Einschlag sind die Verjiingungen zu schonen. A u f j e d e m M o r g e n

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• als eine Grundlage der Waldbauplanung 483

s i n d 16 H e g e r e i s e r s t e h e n z u l a s s e n . Es wurde also die l~berftihrung von Nieder- in M i t t e 1 w a 1 d, bzw. seine Erhaltung, angestrebt, mit Uberhalt von jeweils 40 St~immen je Hektar.

3. E i n s c h r ~ i n k u n g e n d e s N u t z h o l z v e r b r a u c h s . So sollen statt Eichen auch andere Holzarten als Bauholz abgegeben

werden, Tannen (gemeint sind sicher Kiefern, die. v e r ei n ~ e 1 t vor -~ kamen), Buchen, Hainbuchen, Birken, Erien und Aspen, insbesondere Windwtirfe, um das-,,masttragende Holz" zu schonen.

Es soll auf Mittel und Wege gedacht werden, beim Wasserbau und Bau yon Wehren weniger Bauholz zu verwenden.

Auch der Abhieb dicht tiber dem Boden wird gefordert, die StockhShe darf 25 cm nicht tiberschreiten.

4. R e g e l u n g d e r W a l d w e i d e , Die Waldweide in jungen Schl~igen (Niederwald) wird jeweils ftir

mehrere Jahre verboten, bis das Vieh an den Stockausschl~igen keinen Schaden mehr zuftigen kann.

Ziegenhaltung wird verboten und nur einigen Ortsarmen erlaubt, die aber daftir zu sorgen haben, dat~ dem aufwachsenden Wald dadurch kein Schaden zugeftigt wird.

Der Schweineeintrieb wird geregelt. 5. A u f f o r s t u n g s g e b o t e .

Jeder Hausmann mut~ mindestens alle drei Jahre sechs junge Eichen nach Weisung der FSrster pflanzen, ein Fremder, der zuzieht, ftinf und der sich hineinbefreit vier St~immchen setzen und mit Dornen gegen Vieh zu schiitzen. Was an jungen Pflanzen in den ersten drei Jahren verdirbt, soll ersetzt werden.

Ebenso mtissen die, die Eichen-, Bau-, Fai~-, Felgen- oder Speichenholz erhalten, f/Jr jeden Stamm drei neue setzen.

6. S t r e n g e B e a u f s i c h t i g u n g d e r P r i v a t - u n d G e m e i n d e - w a l d u n g e n , u m e i n e r w e i t e r e n W a l d v e r w t i s t u n g v o r z u b e u g e n .

In diesem Paragraphen wird festgestellt, daf~ durch planloses Hauen und sinnlose Ubernutzung, sich die W~ilder in einem trostlosen Zustand bef~inden, so d ai~ z u b e f i i r c h t e n s e i , ' d a t ~ i n K i i r z e M a n - g e 1 a n H o 1 z s e i n w e r d e. Um Schlimmeres zu verhhten, soll in Zukunft j e d e r geplante Holzeinschlag im Privat- und Gemeindewald angemeldet und erst nach tSrtlicher Begutachtung durch die Forstbeamten nach erfolgter Genehmigung erlaubt sein. Die Schultheigen und Forst- beamten werden angewiesen, ftir die Befolgung dieser Vorschrift Sorge zu tragen und jede Ubertretung unnachsichtlich zur Anzeige und Bestrafung zu bringen.

7. B e s t i m m u n g e n z u m S c h u t z d e r J a g d u n d Z e i d l e r e i . Sie enthalten Verbote wie die des Schlingenstellens, Hetzenlassens yon

Hunden, Hunde mit in den Wald zu nehmen, Entwendung von Fallen U S W . U S W .

Eine weitere F o r s t o r d n u n g wurde 1721 erlassen. Sie entspricht, yon einigen unwesentlichen F_nderungen abgesehen, der Forstordnung yon 1672, ist also lediglich eine ,,Neu-Auflage".

Die n~ichste F o r s t o r d n u n g srammt aus dem Jahre 1757. Von dieser ist leider nur der ,,jagdliche Teil" erhalten. Ob sie wohl waldbaulich inter-

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essante Vorschriften nach dem Muster der Hanau-M/inzenbergschen Forst- ordnung yon 1736 enthielt?

Man daf t dies als s i c h e r annehmen, denn in der ,,Forstordnung fiir die Herrschaft Breuberg yon 1752" (g e m e i n s c h a f t 1 i c h e r Erbach-L6wen- st'einscher Besitz!) findet sich eine ausf~hrliche Vorschrift fi~r die Ausfi.ihrung eines 3hiebigen G r o f~ - S c h i r m s c h 1 a g e s unter der l~berschrift: ,,Wie die Waldungen zu tractieren, wieder in Anwuchs zu bringen und in gutem Stand zu halten."

Es wird darin zun~ichst allgemein angeordnet, dat~ die Waldungen s o - v i e l i m m e r m ~ S g l i c h s c h l a g w e i s e behandelt (Kap. I, ~ 6) und der einzelne Schlag in der Weise gef/.ihrt werde (K'ap. II, ~ 2 usw.), daf~ n i c h t z u 1 i c h t gehauen werde, damit die Sonne nicht das Erdreich und den jungen Aufschlag vertrockne. Es sollen also iiber die ganze Fl~iche verteilt ,,gesund¢ Heister, daneben auch alle guten und gesunden Eichen zu Wald- Re&t" stehengelassen werden.

Die e r s t e N a c h l i c h t u n g soll erfolgen, wenn der Jungwuchs ,,e i n e s K n i e s h o c h und dariiber erwa'chsen und also die Austrocknung des Erdreichs nicht so sehr mehr zu befiirchten ist."

Die R ~i u m u n g soll erfolgen, wenn die Verj~ingung ,,M a n n s 1 a n g e r w a c h s e n", unter m6glichster Vermeidung yon F~illungssch~iden.

Interessant ist eine weitere Vorschrift (~ 5), dat~ im Dickungsalter eine ,,A u s s c h n e i d e 1 u n g " erfolgen sollte, ,,dergestalt, daf~ dem jungen Stamme die Aste bis eines Mannes ho'ch genommen, der Stamm aber g~inzlich geschonet" werden soll". Zur Ausfi~hrung dieser Arbeit, nach Weisung und unter Aufsicht der Forstbeamten, war die Bev/51kerung verpflichtet; sie erhielt als Entgelt das angefallene Reisig.

Uber eine weitere B e s t a n d e s p f 1 e g e heif~t es im Kap. II, ~ 6: ,,Wo- rauf alsdann ein solcher Wald und Schtag, wo er nicht noch nachher von dem u n t ~ c h t i g e n u n d u n t e r d r i . i c k t e n S t a n g e n - ~ n d K r a k - k e l - H o l z z u s ~ i u b e r n u n d a u s z u l ~ i u t e r n , solange bis er wie- der recht haubar worden, in Ruhe gelassen und nichts auf~er dem Eichen-, Bau-Holz zur h6chsten Notdur f t darinnen angewiesen und gef~illt werden soll."

Zum Schutze des Jungwuchses wurde ferner das Eintreiben von Vieh verboten (das letzte Mal im ersten Sommer nach dem Hieb zur Bodenverwun- dung durch Viehtritt) bis das ,,junge I-Iolz dem Vieh aus dem Maul gewachsen war". Auch die Streunutzung und das Fahren mit Fuhrwerken durch die Be- st~inde (man bedenke die Wegelosigkeit der grot~en Abteilungen!) wurde aus diesem Grunde untersagt.

In ,,H u t w a 1 d u n g e n" (~ 14) (gemeint sind sicher R~iumden) sollte kfinstlich im Herbst durch Saat von Eicheln und Bucheln; auf armen B6den, im Fr~ihjahr durch Saat yon , ,Tannen" kultiviert werden. An sumpfigen Stellen seien Erlen auszus~ien.

F/ir Eichen-Nachwuchs wurde auch Pflanzung empfohlen, auf im Herbst griindlich vorbereiteten Pflanzl6chern. Das Pflanzenmaterial sei in 2 bis 4 M0rgen groflen ,,Eichelg~irten" zu erziehen (~ 18).

Die letzte F o r s t o r d n u n g von 1786 erlaubte - - nach SEEGER - - das Laubrechen dort, wo diese forstwirtschaftliche Nebennutzung f~ir die Landwirtschaft unentbehrlich war. Die Einhaltung der vorgeschriebenen Lese- holztage wurde f[ir ebenso dringend erachtet, wie die ,,forstm~f~ige Benutzung dieses b e n e f i c i . "

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als eine Grundlage der Waldbauplanung 485

,,Auf Hauptbalken und Hauptpfosten far grot~e Geb~iude ruhte die Ab- gabe einer Forstgeb/.ihr. Geringes Bauholz war davon frei."

Wir k6nnen aus diesen kurzen Angaben aber die Forstordnungen jeden- falls entnehmen, daf~ dem Grafen zu Erbach die H e b u n g d e r F o r s t - w i r t s c h a f t (auch in den Bauern- und Gemeindewaldungen)sehr am Her- zen lag. Dat~ sie mit diesen Bemahungen auch Erfolg hatten, geht aus einer Bemerkung JArgrRs (1845) hervor:

,,Die pl&zliche Entbindung der Privat-Waldungen (= Bauern-Waldun- gen) von der forstlichen Beaufsichtigung (Anfang des 19. Jahrh.) hat dem Odenwald sehr tiefe Wunden geschlagen, denn es haben die meisten Besitzer ihre Waldungen, in der Freude, von den Fesseln der Forstpolizei entbunden zu sein, ruiniert und es sind auf diese Art gegen 100 000 Morgen Waldfl~iche beinahe ertraglos geworden."

D. Zusta~d und Bewirtschaftung des Waldes im 18. Jalwhundert

Wie darfen wir uns auf Grund des vorliegenden Materials den Zustand und die Bewirtschaftung des Gr~ifl. Waldbesitzes um 1750 vorstellen?

a) Einen bedeutenden Fl~ichenanteil nahm zweifellos der i m P 1 e n - t e r w a l d b e t r i e b b e w i r t s c h a f t e t e B u - E i - H o c h w a l d ein. Der Plenterwald mag si& ganz natiirlich aus dem urspriinglichen Ei-Bu-Ur- wald entwi&elt haben. Besat~ der Nieder- und Mittelwald fiir den K 1 e i n - w a 1 d b e s i z e r far die damalige Zeit zweifellos die gr6t~eren wirtschaft- lichen Vorteile bei lei&ter Bewirtschaftung, so darfte der G r o t~ w a 1 d - b e s i t z e r , bei dem die J a g d eine iiberragende Rolle spielte, zun~ichst weniger stark in das Gefiige des urspriinglichen Waldes eingegriffen haben. Holl~inderst~imme und Bauholz liegen sich auch im Hochwald einzelstamm- weise gewinnen und diese Nutzungsart fahrte damit wohl zum P 1 e n t e r - w a 1 d. Ei&en-Mast gab es auch hier, so dat~ auch diese Betriebsform den wichtigsten volkswirtschaftli&en Bediirfnissen Rechnung'trug. C. HEXER be- zeichnet daher 'auch 1854 diese Betriebsart als ,,die ~ilteste, die friiher sehr verbreitet war". Man darf daher wohl annehmen, daf~ der im Plenterbetrieb bewirtschaftete B u - E i - H o c h w al d i m m e r d i e v o r h e r r - s c h e n d e W i r t s c h a f t s f o r m im Herrschaftswald war. Die Fl?iche war besto&t mit Bu aller Altersklassen, aus denen noch die vorhandenen alten Uberh~ilter yon Ei und Bu yon Zeit zu Zeit ,,mit aller Behutsamkeit heraus- ges&lichen" wurden, in der Erwartung, dag sich auf diesen ,,Blatten" I = La&en) Naturveriangung einfinden werde. Tats~ichlich fahrte diese Methode aber auf die Dauer zu einer v/511igen Devastierung des Waldes: Der E i c h e n - A u f s c h l a g wurde yon den Bu&en aberwachsen und v e r - d r ~i n g t , vielfach wurde jedoch auch der g e s a m t e J u n g w u c h s dur& den durch mat~lose Clberhege iibersetzten Rotwildbestand sowie dur& Waldweide vollkommen v e r n i c h t e t. Das ,,behutsame Ausschl~iuchen" lief~ sidx auch in den riesigen unaufgeschlossenen Abteilungen in der Praxis ni&t verwirklichen und weitere sehr erhebliche Sch~iden am Jungwuchs wur- den beim Racken unfl Schleifen des Holzes verursacht, wurde ;,durch die able Methode des Ausschl?iuchens der junge Bu&en-Anwuchs znr H~ilfte wiederum ruiniert'. Das Gutachten des Taxators yon 1756 bes.agte daher: ,,dat~ er aber- malen Zeuge, wie d a s A u s s c h l ~ i u c h e n e l n e h 6 c h s t s c h ~ i d - l i c h e M e t h o d e sey".

Sehen wi t abet 'weiter, dag in der Dienstanweisung fur den Oberj~iger PABsTa. d . J . 1 7 5 8 b e r e i t s d e r B e g r i f f d e r N a c h h a l t i g k e i t a u f -

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t au c h t , der Oberj~iger feststellen soll, wieviel Holz ohne Schaden und Nachteil j~ihrlich geschlagen werden kann, die Waldnutzungen dabei aber j~ihrlich gleich bleiben sollen, so ergibt sich daraus zwangsliiufig, dal~ damals auf Abhilfe und eine zweckmF.i~igere Betriebsform gesonnen werden mutate und wurde. Man land einen Weg im Ubergang zum schlagweisen Hochwald, zum B u c h e n - G r o/~ s c.h i r m s c h 1 a g. Es liegt nahe anzunehmen, daft PABST, der in seiner Dienstanweisung den Auftrag erhielt, ,,ordentliche Schl~ige unter Erhaltung yon Samenb~iumen, an Stelle des starken Ausschl~iuchens, zu ftihren", auf das in der Nachbarschaft erprobte Verfahren der ,,Hanau-Mtin- zenbergischen Forstordnung" yon 1736 griff und'dieses auch hier zur Anwen- dung brachte. Jedenfalls geht aus der Altersklasseniibersicht von 1830 hervor, dag um diese Zeit g e s c h l o s s e n e , g l e i c h a l t r i g e B u c h e n - b e s t ~i n d e geschaffen worden sind.

b) In vielen F~illen war es aber fiir diesen Ubergang zu sp~t. Die Uber- nutzungen nach dem 30j~ihrigen Krieg und die Devastation durch den r e g e 11 o s e n Plenterbetrieb hatte auf grot~en Fl~ichen bereits zu lichten, vergrasten und ausgehagertefi Hutewaldungen geftihrt. VMfacb hatte auch der Kahlhieb des R/Sderbetriebes (,,zu einem Rott gelegt"), wenn diese Fl~ichen ohne Einsaat yon Forstsamen liegen blieben oder die Saat mif~lang, zu U d - 1 a n d (Kahlfl~ichen) gefiihrt, das lediglich mit Heide, Ginster und Wacholder bestockt war. Aber auch bier wurde Wandel geschaffen: Ubergang auf eine neue Holzart, Aufforstung dieser Fl~chen mit K i e f e r.

E i n z e 1 n e Kiefern als Mischh61zer in Buchen-Best~inden oder als 13ber- h~ilter gab es schon im 17. Jahrhundert. Die Forstordnung von 1672 spricht bereits davon, daf~ Tannen (gemeint sind zweifellos Kiefern) auch als Bauholz verwendet werden sollen, ferner werden 1838 im Revier Eulbach einige 150j. Kiefern-Oberst~inder im Distrikt Miihgriind und einige 100j. Kiefern im Re- vier Zell, Distrikt Heuberg, erw~ihnt. Ihr Vorkommen ist vermutlich darauf zuriickzufiihren, dai~ gr6f~ere und kleinere B1/Sf~en im Plenterwald, die durch Viehweide, Wildverbif~ usw. entstanden waren, mit Kiefer einges~it worden waren. Ftir den Distrikt Heuberg ist dies mit Sicherheit nachzuweisen: 1750 werden solche durch Viehweide entstandene BliSf~en beschrieben und auf einer Karte a. d. J. 1803 sind solche Kiefern-Horste, in der Signatur einwandfrei als Kiefer erkennbar, eingezeichnet und als ,,Tannen" bezeichnet.

Der K i e f e r n b e s t a n d ist aber eine Neuerung des 18. Jahrhunderts. Nach einem Bericht der Grof~herzogl. Oberf/Srsterei Erbach aus dem Ja~are 1858, der auf Angaben des ,,Saal- und Lagerbuchs des Amtes Reichenberg" (1750 vom Rentmeister HrYL verfai~t) beruht, ist zu entnehmen:

Im J~hre 1730 wurde der e r s t e V e r s u c h mit dem Anbau der Kiefer auf die persSnliche Initiative des damaligen regierenden Grafen G~oRc WIL~t~LiVt gemacht. Es wurde damals bei Reichelsheim ein Sttick ,,iDdung" umgeackert und mit Kie£ern-Samen beslit. Da diese Saat tiberraschend gut gediehen war, erlieg der Graf 1750 eine Ver0rdnung, worin empfohlen wurde, dai~ in allen Dominial- und Gemeindeforsten die ,,Udungen" (die vielen B16t~en, die immer noch aus den Verwtistungen des 17. Jahrhunderts stammten) mit Kiefern einzus~ien seien. Die Privaten (Bauernwald) wurden aufgefordert, diesem Beispiel zur Aufforstung der ,,grot~en Wald6dungen" zu folgen.

Im Gr~iflichen Wald stand auch dieses Aufforstungswerk unter der Lei- tung des Oberj~iger Joh. Daniel PaBsT, der ftir diesen Zweck aus dem ,,Darm- st~idtischen" iibernommen wurde. Vermutlich wurden im Gr~iflichen Forstamt

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als eine" Grundlage der Waldbauplanung 487

die ersten Kiefern-Best~inde um 1740 im Revier Reichenberg (nach dcr~Re ~ vier-Beschreibung des Rev. Reichenberg 1802) begri~ndet. Verwendet wurden Samen aus Darmstadt, Sachsen und Wtirttemberg, ohne n~ihere Herkunfts- angaben. Im Revier Eulbach lassen sich Kiefern-Best~inde seit 1780, in den Revieren Zell und Erbach seit 1800 nachweisen.

1845 s&~itzt JXcEi~ bereits den Kiefern-Anteil an der Gesamtwaldfl~iche des Odenwaldes auf 30 %!

Mehrfach vorkommende Flur- und Distriktsnamen wie ,,Tannenacker", die iibrigens immer an der Wald-Feld-Grenze liegen, sind zweifellos nicht alt, sondern weisen auf ktinstliche Aufforstung geringer Ackerb6den, best~itigen aiso nur die obigen Ausfiihrungen.

Uber die K i e f e r n - N a t . - V e r j . finden sich in der Revierbeschreibung des Forstrat Louis ftir das Revier Reichenberg folgende interessante Angaben:

,,Die b e k a n n t e s t e M e t h o d e , einen jungen Schlag yon Nadelholz anzuiegen, von welchem der Samen yon den darauf stehenden St~immen verlanget werde, welche die sch/Snsten Schl~ige in gleichem Wuchs hervorbringet, ist diese:

D i e S c h l ~ i g e g a n z s c h m a l a n z u l e g e n , a u f d e m S c h l a g i n e l n e r g e w i s s e n E - n t f e r n u n g S a m e n b ~ i u m e s t e h e n z u l a s s e n , doch abet die Hauung der Gestalt zu fahren, daft der Sad- oder Stid-West-Wind, welcher die Zapfen meistens 6ffnet den fliegenden Samen 'yon dem noch stehenden ganzen Wald auf den Schlag treibe, und durch den stehenden Wald die Standreiser, well solche dem Umsturz sehr ausgesetzt seien, die reif~enden Westwinde abgehalten werden ( a l s o : N O - S a u m ) . ,~

Da aber auf schmalen S&l~igen keine grofle Klafterzahl ( w e i l s o l c h e n i c h t i ib e r 50 S c h r i t t b r e i t s e i n d ii r f e n) gef~illt werden kann und doch yon dem Reichenberger Forst wahrscheinlich mit der Zeit j~ihrlich einige 100 Klafter gefordert werden, so mug man allerdings auf diese Hauungsart Verzicht tun.

Auch rut man in starken Hauungen a l l e 60 S c h r i t t e i n e n S t r i c h d e s W a l d e s yon einigen Ruten breit zur Besamung s t e h e n l a s s e n . Auch dleses k/Snnte unternommen werden. Allein der Same des Nadelholzes verlanget einen wunden Boden, der zwar meistens in geschlossenen Kiefernw~ildern anzutreffen und nur eine Oberfl~iche, die mit nicht hochliegenden Nadeln, worinnen sich der Same leicht durchbohret, gede&et ist.

Abet noch in keiner Gegend, wei&e mir bekannt ist, habe ich noch die Menge ' Forstunkr~iuter yon Farn, Moos, Heide und Heidelbeere, und zwar in geschlos~enen Kiefernw~ildern, angetroffen, als wie in dem Reichenbei~ger Forst und wel&e Ursache mir noch verschlossen bleibet. Und in diesem Distrikt ist auf eine natiirliche Besamung, welche emen sch/Snen und gleichen Wuchs hervorbringet, glatterdings keine Rechnung zu machen, denn es ist nicht zu erwarten, dat~ in einem so ges&lossenen Boden das 10. Korn werde zur Erde gelangen, noch aufgehen kann."

Mit Kiefern aus u n g e e i g n e t e m S a a t g u t (,,Darmst~idter Kie- fer") machte man bereits 1802 die ersten schlechten Erfahrungen. Wit schlie- • qen dies aus einer Bemerkung des Forstrats Louis, der die Eignung der Kiefer als Bauholz bezweifelt, auf Grund der Feststellung: ,,Unter 10 Kiefern ist kaum 1 Stamm, welcher auf 4 SchniJre beschlagen werden kann." 120 Jahre gergingen, bis man die Ursache hiervon erkannte und anfing, die Folgerungen hieraus zu ziehen!

c) Nieder- und Mittelwald, flS, chenm~iffig allerdings von g a n z u n t e r g e o r d n e t e r B e d e u t u n g . Niederwald hat im ,,Herrschaft~- wald" - - im Gegensatz zum Kleinprivatwald - - wohl nie eine wesentliche Rolle gespielt. Der Mittelwald diirfte entweder durch Aushieb des Oberholzes im Zeichen der Eichen-Ubernutzung zum Niederwald degradiert worden sein oder w~ihrend und nach dem 30j. Krieg zur Zeit c]es Bev61kerungsschwun- des unterblieben die Unterholzhiebe, der Bestand wuchs zum Hochwald (Plenterwald) dutch. Bis Ende des 18. Jahrhunderts war der Ei-Mittelwald

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jedenfalls in der Grafschaft Erbach verschwunden: JXcEr, 1843: ,,Mittelwal- dungen einiger Ausdehnung finden sich in dem Kern des Odenwaldes nicht, wohl aber im Grot~herzogl. badischen Anteil."

IH. Zust~nd d e s W a l d e s urn 1 8 2 6

Aus dem Jahre 1826 liegt die erste erhaltene, sehr ausfiihrliche Revier- beschreibung des Forstgeometers JXczR vor, die durch die Zahlenangaben der Taxation des Jahres 1838 erg~inzt wird. Diese Unterlagen bieten die M/Sg- lichkeit, den Waldzustand zu erfassen und zu beurteilen. Das Bild ist mehr als unerfreulich!

l~ber ein Drittel des Reviers (1200 ha yon 2800 ha!) waren um diese Zeit Bl~5t~en o d e r m e h r o d e r w e n i g e r e r t r a g l o s e r H u t e - w a 1 d , als Folge einer unglaublichen Mif~wirtschaft um die Jahrhundert- wende, unter einem ,,Forstrat", dessen Name aber durch seine Trinkfestig- keit und Sp~if~e in Erbach noch heute im Volksmund bekannt und hoch ge- achtet ist und fiber den noch zablreiche Anekdoten im Umlauf sind. Die Alt- holzvorr~ite an Ei und Bu waren in den jahren 1800--1825 abgenutzt wor- den, kein Bestand ~ilter als 85 Jahre. Ebenso fehlte die jtingste Altersklasse, da in dieser Zeit offensichtlich fast keine Bu-Naturverjiingung mehr einge- leitet oder gelungen war (nur 40 ha in 2 Jahrzehnten). Die Nadelholzfl~che (Ki) umfat~te etwa 240 ha, durchweg noch Stangenh~51zer unter 40 Jahren, praktisch also noch ohne wirtschaftliche Bedeutung.

Bei der Betrachtung der beigefi.igten Altersklasseniibersicht aus dem Jahre 1838 muf~ man die Balken der einzelndn Altersklassen um 20 Jahre (eine Stufe) zurtickgeschoben denken und somit die 1--20j. Best~ir/de noch zum grol~en Teil zur ,,B16t~enfl~iche" hinzuz~ihlen!

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Abb. 2. AltersklasseniJbersicht I838. Forstamt Erbach

D i e A l t e r s k l a s s e n i i b e r s i c h t e r g i b t d a n n d a s B i l d e i n e s i i b e r n u t z t e n W a l d e s , in d e m v o n e i n e r p l a n - v o l l e n o d e r g a r n a c h h a l t i g e n F o r s t w i r t s c h a f t n o c h k e i n e Re d e s e i n .k a n n. Dabei sind die 40--80i. Bu-Hochwaldbest~inde aber ein Hinweis, dat~ es im 18. Jahrhundert noch besser ausgesehen haben ITIuF~.

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als eine Grundlage der Waldbauplanung 489

Diese Feststellungen werden in einem ausfiihrlichen Bericht des Forst- geometers JOHANN PmLIve ERNST LUDWm JaGla~, ein Schiiler HUNDESHACENS, best~itigt, der darin den Versuch unternimmt, die Ursachen ftir diesen Verfall auseinander zu setzen.

JaGEe, sagt, daf~ noch im 18. Jahrhundert die Gr~iflichen Waldungen sich in einem ,,bltihenden Zustand" (unter Oberj~iger JOHANN DANIEL PABST 1735 bis 1768, der ein bedeutender Forstmann gewesen sein soll) befunden haben mit Bu-Ei-Altholzvorr~iten. Der Verfall stamme haupts~ichlich aus den retzten Jahrzehnten, als zur Schuldendeckung hohe Einschl~ige (l[lbernutzung) get~tigt wurden, w~ihrend die Forstwirtschaft in unf~ihigen H~tnden lag, bei ,,gewissen Oberforstmeistern, die sich nur durch die Jagd gehoben haben und halten k/Snnen, in dem sie auf~er dieser nichts verstehen und ihren Herren mit nichts anderem als der Jagd unterhalten k6nnen. Diese Jagdinspektoren und Ober- forstmeister geh/Sren nach Ht1NDESHAGI~N ZU der Zunft einer wenig gebildeten, im eigentlichen Miiffiggang, zwischen einer gewerbst~itigen Bev/51kerung fort- lebenden und blot~ mit der Wildzucht und Wildschutz beauftragten edelen J~igerei, deren Thun sich tiber das T6dten eines scheuen Wildes sich nicht zu erheben vermag."

In der Unf~ihigkeit und Unzul~inglichkeit der Forstbeamten sieht er die Quelle allen 17bels. Auch die Forstbetriebsbeamten waren ja zumeist ,,J~iger", die nebenher - - ohne jegliche Ausbildung und Fachkenntnis - - forstliche Auf- gaben tibertragen bekamen und diese nun unsachlich und ohne Passion au.~- ftihrten und ,das Leichte dem Miihsamen" vorzogen. Auch waren es zumeist Gr~ifliche Bediente, die eines Tages ,,den Teller mit dem Waldhammer ver- tauschten". ,,Solange die Waldbesitzer aber im Glauben beharren, die Wald- behandlung sei etwas Leichtes und kgSnne iedem J~iger nebenher tibertragen werden und solange dieselben nicht erkennen, daf~ der Forstmann sehr merk- lich auf Erh6hung oder Erniedrigung neben Verbesserung oder Verschlechte- rung des Waldzustandes einwirken kann, insolange werden dieselben die h/Schstm~Sglichen Ertr~ige aus ihren Waldungen nicht erhalten und dieselben auch nie in vollem Flor sehen" (JacER).

"Diesen Niedergang ftihrt JS~Gre. also - - zweifellos richtig - - auf die fachliche und menschliche Unzul~inglichkeit des gesamten damal'igen Gr~iflichen .Forstpersonals zuriick und z~ihlt zahlreiche Folgen, die auf diesem Grundiibel baslerten, auf. So zitiert er ein Wort CoT'rAs: ,Mit dem Mangel an Kennmis ist bei der Forstverwaltung gewiShnlich au& b/Sser Wille verbunden, und wenn mart jemand zumutet, etwas zu machen, was aui~er dem Bereich seiner Kriifte liegt oder was seiner Gesinnung widerstrebt, so kann man schon im voraus wissen, daI~ das Machwerk verungltickt."

Planlose Wirtschaft (einen Hiebsplan gab es noch nicht!), Obernutzungen zur S&uldende&ung (Vorrat und Zuwachs waren noch unbekannte Begriffe), Vernachliissigung der NaturverjiSngung, aus Bequemlichkeit unterlassene Kul- turen, fehlerhafte Kulturen (Saaten im Mai Juni), vers~iumte Nachbesse- rungen, waren Folgen fachlicher Unkenntnis. Auch die Durchforstungen lagen lm argen. In jungen Best~inden wurden sie vers~iumt, in ~iiteren zu stark ge- ftihrt. Obwohl selbst JaorR nur eine Durchforstung im Jahrzehnt fordert, meint er, daf~ ,,dem Gr~iflichen Forstpersonal dieser Satz nicht gefallen wird, weil es dadurch einige Tage des Vergntigens der Jagd, fiir das es mehr Sinn hat, entbehren mug". Das-Auszeichnen erfolgte auch nicht rechtzeitig im Sommer, sondern in der Regel erst unmittelbar vor dem Hieb, meist durch die Holzhauer.

Forstw. C b l . 70. Jhg., Heft. 8 32

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490 u. RODrNWALI)T: Reviergeschichte

Verschwiegen soll auch nicht werden, daf~ das gering bezahlte Forst- personal Bestechungen zug~inglich war und ,,Schmausereien" yon Holzh~indlern mit den Forstbediensteten an der Tagesordnung waren, ,,bei denen es hoch herging, gefressen und gesoffen, was das Zeug h~ilt". Die Folge war, dat~ sich die Holzh~tndler selbst die zum Einschlag gelangenden Hiebe aussuchen durften oder Schichtholz mit Ubermai~ aufgesetzt wurde, ,,urn sich erkenntlich zu zeigen". AucI~ erhielt das Forstpersonal GebiJhren f[ir das geschlagene Holz und war dementsprechend an jeder 13bernutzung selbst stark interessiert.

Als weitere Grtinde fiir den schlechten Waldzustand finden wir auf- gezeichnet: die s c h I e c h t e n W e g v e r h ~i 1 t n i s s e, zumeist zahlreiche tiefeingeschnittene, oft in einer Breite yon 100 m, nebeneinanderliegenden steile Hohlwege, in denen die Fuhrwerke angebremst zu Tal geschleift wurden, riicksichtslose S t "r e u n u t z u n g und W a 1 d w e i d e.

Auch war der F o r s t f r e v e 1 eine allt~igliche Erscheinung. (,,Binnen drey M0naten 90 Frevelposten entdeckt.") Dabei wurde keineswegs scharf durchgegriffen, da das Forstpersonal bestechlich war. Bezeichnend ist auch die ~uf~erung eines Kammerdirektors zu J~Grr,: ,Wenn Sie die Frevel unter- dr[icken, woher kommen dann die Forststrafgelder?" Man sah darin also so- gar eine Einnahmequelle!

IV. Begi~n der nachhaltigen Forstwirtschaft

Forstmeister J . P . E . L . J~GEP, (1826--1841)

Es ist das Verdienst des Forstgeometers J~cF~r,, der alsbald als Forstmeister die Verwaltung der Gr~iflichen Waldungen tibernahm, diese Mif~st~inde klar erkannt zu haben und in den folgenden 15 Jahren (bis 1841) seiner T~itigkeit mit aller Energie und Kompromit~losigkeit auf die E i n f ti h r u n g e i n e r n a c h h a l t i g e n F o r s t w i r t s c h a f t - - a l s o s e i t d e m Jahre 1 8 2 6 - - bingewirkt zu haben.

Die Arbeit JXG~ns in Erbach kann man in 3 Gebiete gliedern:

1. A u f b a u e i n e r F o r s t o r g a n i s a t i o n . Er weist mit Nachdruck darauf hin,. dai~ eine Forsttaxation nur dann die aufgewendeten Kosten lohne, wenn Forstbeamte vorhanden seien, die in der Lage w~iren, mit Faehkenntnis planm~if~ig zu wirtschaften. ,,Durch blof~e ~Be£ehle, Verord- nungen und Instruktionen kann das ~3bel nicht behoben werden, denn die besten Vorschl~ige bleiben unausgeftihrt, wenn es an gutem Willen, an einer richtigen Leitung, sowie den n&igen Kenntnissen fehlt." Als Leiter der Gr~iflichen Forstverwaltung hat er alles getan, um diese Voraussetzung zu schaffen, durch Erlat~ yon Dienstinstruktionen fiir die Revierf/Srster und Holzhauer nnd durch scbarfe Auswahl der Bewerber bei Neuein- stellung.

2. a) E r t r a g s k u n d l i c h e U n t e r s u c h u n g e n . Der T axator hatte es in der ersten H~ilfte des 19. Jahrhunderts nicht so einfach, da ihm die vielen heute entwickelten forstlichen Hilfstafeln noch nicht zur Verfiigung standen. Trotzdem w~ire es ein Irrtum an- zunehmen, daf~ bei Aufstellung der ersten Betriebspl~ine und Errech- nungder Abnutzungss~itze etwa nur nach dem forstlichen G&terblick gearbeitet worden w~ire. Schon allein die Tatsache, daf~ die yon J~icER im voraus errech'neten Hiebss~itze fast genau mit den sp~iteren Einrich- tungswerken iibereinstimmen, beweist dies zur Geniige.

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als eine Grundlage der Waldbauplanung 491

Tats~ichlich haben damals eine Anzahl Forstleute bereits Lokals- Ertragstafeln aufge'stellt, die dann jeweils nach den 6rtlichen Verh~ilt- nissen - - an Hand yon Probeaufnahmen berichtigt und abge~indert wurden. In einer Mappe fanden sich hier z. B. Abschriften bzw. Aus- ziige yon Ertragstafeln yon COTTA, eine Tafel yon KI.AUVr,~CHT, yon Forstinspektor KOETH ZU Battenberg, yon HUI'~DESHAGEN, eine hess. Tafel fiir die Wetterau von Oberforstdirektor v. KLIVSTEIN in Darm- stadt und Erfahrungszahlen fiir die Schwalenbergschen Forsten von PAULSEN a. d. J. 1805.

Auf diesen Unterlagen aufbauend, die dutch eigene Probefl~ichen und Aufnahmen fiir die 6rtlichen Verh~ltnisse berichtigt wurden, ent- wickelte J)i~ER 1829 eine ,,Ertragstafel fiir die Erbachschen Waldun- gen" getrennt nach Laubholz und Nadelholz.

Eine Aufgliederung nach ,,Bonit~iten" unterblieb darin. Die Er- tragstafel entsprach den Wachstumsverh~iltnissen auf den ,,besseren und besten B/Sden". Bei der Einsch~itzung geringerer Standorte wurde die Fl~iche um 15 bzw. 30 % gek[irzt. Daf~ir enthielt die Tafel gleichzeitig Sortiments- und Geldertrags-Angaben. Ein Vergleich mit der Tafel yon SCHWAVVACH zeigte, daf~ diese Rir Laubholz etwa den Angaben von Bu (gew. Schlut~) von II / I II und damit den /Srtlichen Verh~ilt- nissen auf besseren Standorten entspricht. Die Angaben iiber Stamm- zahlen, Massen des verbleibenden Bestandes und Vornutzungsertr~ige stimmen dabei geradezu erstaunlich iiberein!

Fiir die Kiefer entspricht die Ertragstafel etwa der von SCHWAV- PACH II. Allerdings sind die Stammzahlen in den j~ingeren Altersstufen gr6fler, was vermutlich auf die friiher iiblichen Vollsaaten zur[ickzu- fi~hren ist. Wenn J~CER ferner fi~r Kiefern die Massenleistung der iiber 40j. Best~inde iibersch~itzte, so ist dies auf Mangel an Erfahrungen zuriickzuRihren, da es ~iltere Best~inde damals hier nocl~ nicht gab. Auf diesen verst~indlichen Irrtum ist zweifellos die lJberbewertung der Kiefern im J~cEr, schen Aufforstungsprogramm zuriickzuf~ihren.

Die Vornutzungsmassen entsprechen etwa den Angaben yon SCHWAPPACH, ein Beweis, wie welt JKGER den ,,Dunkel-M~innern" seiner Z6it voraus war!

Eine sp~ktere Ertragstafel - - die yon der ersten nur gering ab- weicht - - wurde yon ihm 1838 in ,,Land- und Forstwirtschaft im Oden- wald" ver~Sffentlicht.

b) Durchfiihrungeiner genauen V e r m e s s u n g u n d K a r t i e r u n g aller Reviere des Forstamtes.

c) A u s a r b e i t u n g y o n v o r z i ~ g l i c h e n B e t r i e b s w e r k e n (1838/39) fiir s~imtliche Reviere. Die Betriebswerke u nach der Fach- werksmethode aufgebaut bringert nicht nut genaue Ertragsberech- nungen unter Wahrung der Nachhaltigkeit und I--Iebung der I..iolz- massenerzeugung, sondern enthalten auch s e h r a u s f ii h r 1 i c h e B e s t a n d e s b e sc h r e i b u n g e n, forstliche Erfahrungen, Gedan- ken iiber kiinftige Bewirtschaftung, so daf~ sie eine reiche Fundgrube ffir bestandes-geschichtliche Arbeiten sin d. Es s ei bemerkt, dai~ die darin enthaltenen forstlichen und waldbaulichen Anschauungen yon grot~em theoretischen und praktischen Wissen Zeugnis ablegen und in den meisten F~illen geradezu ,,modern" klingen.

32*

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U. RODENWALDT: Reviergeschichte

Bei der Festsetzung des Abnutzungssatzes waren fiir JXCER mat~- gebend" aa) Zun~ichst Nutzung aller zuwachsarmen und aus sonstigen Griinden

minderwertigen (verlichteten) Best~inde, ohne Riicksicht auf das Bestandesalter. Entscheidend war fiir ~ n nicht die Umtriebszeit, sondern der ta'ts~ichliche Zustand des Waldes und Schaffung yon Best~inden, die ,,vollen Ertrag" liefern.

bb) Streben nach einem ,,Normalertrag", normaler Hiebsfl~iche (Fach: werk), einem n o r m a l e n A l t e r s k l a s s e n v e r h ~ ! t n i s und einem normalen Holzvorrat, so dai~ dadurch in den kommen- den Jahrzehnten mit einer Hiebsatzerh6hung gerechnet werden kann.

1838 war der wirkliche Waldzustand aber noch weir yon diesem angestrebten Normalwald entfernt!

cc) Als Umtriebszeit legte er zugrunde: Bu~e 100 Jahre, Nadelholz 60 Jahre, Niederwald 20 Jahre.

Als Beisplel sei das v0n ihm errechnete H i e b s s o 11 fiir das Revier Zell (damals 800 ha) fi~r die kommenden 50 Jahre (f~inf Perioden zu je 10 Jahren) angefiihrt:

Buchen- Nadelholz- Dutch- j~ihrlich Betriebskl. Betriebskl. Niederwald forstung insgesamt

Periode fm fm fm fm fm I 605 290 60 495 1456

II 780 445 340 851 2416 III 1420 918 278 1025 3641 IV 1306 880 926 1126 4178

V 1313 993 602 1111 4019 Bei einem Vorrat yon 70 fm je ha (Baumholz) betrug der Abnutzungs-

satz zun~ichst 2 f m j e h a ( D e r b - u n d Reiserholz), um in tier 4. Periode auf 5 fm anzusteigen, dem errechneten N o r m a l e r t r a g .

a) D i e V e r b e s s e r u n g d e s W a l d z u s t a n d e s durch Pflege des Vorhandenen (Durchforstung), B e s e i t i g u n g d e r B 1 6 g e n u n d B e g r i i n d u n g n e u e r B e s t ~ i n d e , die wie z. B. die L~i- M i s c h b e s t ~i n d e im Revier Erbach in den Distrikten Holzfeld und Sauloch heute zu den forstlichen Sehenswiirdigkeiten des Oden- waldes geh~Sren.

Unter seiner Leitung wurden in den 15 Jahren seiner T~itigkeit rund 1000 ha Neukulturen 'angelegt. Er beseitigte damit alle B1/5t~en (600 ha) und die meisten stark verlichteten und devastierten Best~inde. Bevorzugt wurde die Saat:

Ki-Saat . . . . . . 326 ha Ki-L~i-Mischsaat 281 ha Ei-Saat . . . . . . 263 ha ! L~i-Pflanzung . . . . 20 ha | Fi-Pflanzung . . . . 16 ha J Ei-Pflanzung . . . . 40 ha

~ ) Die Kie~er J~iCERS Holzartenwahl

rund 900 ha

rund 75 ha.

J~iG~R sah sich vor die Aufgabe gestellt, in den vier Odenwaldrevieren des Forstamtes etwa 600 ha Kahlfl~ichen und etwa 600 ha 0,5 bestockte Be-

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st~inde wieder in ertragsf~ihigen Zustand zu bringen und muf~te eine Holzart w~ihlen, die fiir diese Zwecke geeignet erschien, da die autochtone Holzart, die Buche, infolge ihrer Frostgef~ihrdung naturgem~if~ auf den kahlen Fl~ichen weniger geeignet war. Seine Wahl fiel auf die K i e f e r.

Zur Wahl der Kiefer als bestandsbildende Holzart m~Sgen die guten Erfahrungen, die man mit den aus der 2. H~ilfte de~ 18. Jahrhunderts stam- n-lenden und auf dem armen Buntsandsteinboden gutwiichsigen, geschlossenen Ki-Stangenh61zern gemacht hatte, beigetragen haben. Dar/~iber hinaus finden wir aber auch die - - irrige Ansicht vertreten, dai~ die Kiefer eine boden- bessernde Holzart sei, sowie die Ubersch~tzun~ der Massenleistung im hohen Alter: ,,Keine Holzart liefert einen h~Sheren Ertrag und verbessert den Boden so bedeutend als die Kiefer." JXcrR war sich aber auch bereits i.iber die gr~51~eren Gefahren, denen das Nadelholz gegeniiber dem Laubholz ausgesetzt ist, im klaren und sieht iiberhaupt in der Umwandlung n u r e i n e v o r il b e r - g e h e n d e M a f~ n a h m e. Er schreibt: ,,Wird es r~itlich gefunden, diese Nadelholz-Betriebsklasse demn~ichst wieder in Niederwald oder in Buchen- Hochwald umzuwandeln, so ist dagegen nicht nur nichts zu erinnern, Sondern es wird sogar das Vorhaben sch6n und l~Sblich sein."

I n d e n f o l g e n d e n 50 J a h r e n w a r ~ a b e r d i e d a m a l s b e g r i i n d e t e V o r l i e b e f/.ir di 'e K i e f e r so s t a r k , dai~ s i e , v o n J a h r z e h n t z u J a h r z e h n t in s t e i g e n d e m Maf~e a n - g e b a u t , z u r d o m i n i e r e n d e n H o l z a r t w u r d e , bis um die Jahrhundertwende die Fichte st~irker in den Vordergrund trat.

Uber die K u 1 t u r m e t h o d e wissen wit, daf~ ausschlieltlich Kiefern- saaten mit grol~en S a m e n m e n g e n - 12 kg je Hektar -- , V o 1 l's a a t e n , Anwendung fanden (davon teilweisc 1/3 L~irchensamen). Der Kiefernsamen wurde zum grof~en Tell yon der Firma Keller in Darmstadt angekauft.

K i e f e r n p f l a n z u n g , und zwar mit 4 8j..Ballen-Pflanzen (Ent- nahme mit dem H~YrRschen Hohlbohrer oder Spaten), wurden zur Nach- besserung angewendet. Im benachbarten Forstamt Beerfelden wurden zur gleichen Zeit allerdings auch Kulturen durch Pflanzung mit 2--3j. Kiefern durch den Forstmeister, sp~iteren Professor C, HEYER begr/.indet.

Die unter dem Ballen vorstehenden Wurzeln wurden abgeschnitten (SwTzrNBrRcscher Wurzelschnitt!)...,Der Pfl~inzling selbst wird bis auf die letzten 3 Jahrestriebe beschnitten und hierbei werden die Astchen ein Zoll vom Stamm entfernt, weggenommen."

Die K i e f e r n n a t u r v e r j i i n g u n g spielte keine Rolle, da ~iltere Kiefern-Best~ind~ noch sehr selten waren. Interessant ist aber J~icERs Be- merkung zu diesem Problem: ,,An den wenigsten Orten findet eine natiirliche Verjiingung der Kiefer statt und da wo man sie versucht hat, ist man wieder davon abgekommen."

bb) Die L~rche

Wie bereits erw~ihnt, wurde vielfach gleichzeitig mit der Kiefer L~irchen- samen (8 kg Ki und 4 kg L~i je Hektar) durch JXcr~ bei den Kulturen ver- wendet. Er ~iuf~ert die Ansicht: , ,Die l_,~irche i s t d e r B a u m , w e l - c h e r d i e a b n e h m e n d e E i c h e n o c h a m b e s t e n z u e r s e t z e n i m S t a n d e i s t." Da iiber ihre Ertragsleistung im Odenwald noch nichts bekannt war - - denn auch diese Holzart wird erst seit 1800 angebaut , empfiehlt er, hieriiber Versuche anzustellen. Er ahnt dabei noch nicht, daf~ er durch seine ,,Beisaat yon L~irche" die sch/Snsten und Wertvotlsten L~irchen-

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Best~inde des Erbacher Reviers, vielleicht des Odenwaldes iiberhaupt, be- griinden wiirde. Sie nehmen allerdings eine andere Bestandesentwicklung, als urspriinglich gedacht war . Hierauf wird weiter unten noch n~iher einge- gangen werden.

Auch wurde vielfach L ~i r c h e n - P f 1 a n z u n g, sowohl Kleinpflanzen wie 3 m hohe Heister, zur Nachbesserung in tiickige Kulturen und Verjiin- gungen ausgefiihrt.

D i e L ~ i r c h e h a t j e d e n f a l l s a l l g e m e i r i i h r e A u f g a b e a l s b o d e n p f l e g l i c h e u n d h 6 c h s t e E r t r ~ i g e l e i s t e n d e H o l z a r t e r f i i l l t !

Leider k6nnen wir ihre Herkunft nicht mit Bestimmtheit nach~weisen. Es lieg sich lediglich feststellen, dag der Samen zumeist bei der Firma Gerbig in Erbach gekauft wurde und diese Firma besteht ni&t mehr. Aus Stadtrech- nungen im Stadtarchiv des benachbarten Michelstadt geht aber hervor, dag far den Gemeindewald 1811 und 1819 L ~ i r c h e n s a m e n i n T i r o l vom Handelsmann SVLVESTER HIJNDrRrr, gekauft wurde. Auch Michelstadt besitzt heute herrliche L~ir&en-Buchen-Best~inde! Bekannt ist ferner auf Grund miindlicher 121berlieferungen, dat~ die ehemals sehr bedeutende Samenhand- lung Hamburger in Stockheim bei Erbach, die auch L~irchensamen fiir das Forstamt geliefert hatte, friiher enge Handelsbeziehungen zu einer Firma in Innsbru& hatte. Die Wahrscheinlichkeit, dag es sich hier um A 1 p e n - L ~i r c h e n handelt, ist daher sehr grog.

Jedenfalls haben wir heute hier vollendet schSne L~irchen, die ihte Eig- hung fiir den Standort im Laufe yon 120 Jahren erwiesen h aben und die wir jetzt ohne Risiko fiir die Nachzu&t verwenden k6nnen.

Es ist zu erw~ihnen, dag die ben/Stigte Samenmenge fiir unsere Begriffe augerordentli& hoch war: Far L~ir&en-Vollsaaten empfiehlt JXGER 30 k je Hektar, da der Samen stark verunreinigt sei, namentlich yon den Zapfen- schuppen, was vom Stampfen oder Zerschneiden der Zapfen aus der Maschine herriihre und zudem in der Regel mehr als 50 % taube KSrner enthielt. Zur Erz~ehung yon PflS.nzlingen hat er sogar Saaten mit 150 kg je Hektar aus- gefiihrt! - - Aus Samenmengen alter Rechnungen kann man also keine Schliisse auf die ausgefiihrten Kulturfl~ichen ziehen!

cc) Die Fichte

Im Gr~iflichen Forstamt Beerfelden waren unter Einflut~ von v. ZANTHIER (Harz!) in der zweiten H~ilfte des 18. Jahrhunderts Anbauversu&e mit Fi&te ausgefiihrt worden und auch im Revier Reichenberg werden 1802 schon einige kleine Fichtenbest~inde genannt.

Aus den Altersklassen-Ubersichten der anderen Reviere geht abet hervor, dag dort die ersten F i c h t e n - B e s t ~ i n d e erst gegen 1 8 2 0 begriindet worden sind und die Einbiirgerung der Fichte - - die heute bei den Kulturen so iiberwiegend bevorzugt wird - - sehr viel zSgernder vor sich gegangen ist als bei der .Kiefer. Ihr Fl~ichenanteil ist zwar stetig, abet zun~ichst nut lang- sam 'angestlegen.

JXGrR schreibt: ,Die Fichte liefert die h/Schsten Materialertr;ige und verdient nament- lich in V e r m i s c h u n g mit Buche fleigiger angebaut zu werden." Er stellt abet auch fest: ,,Obgleich die .Fi&te als ein uns&~itzbares Ges&enk der Natur anzusehen und diejenige Holzart ist, ohne wei&e unsere Hochgebirge meist waldlos sein wiirden, so kann man sich doch ni&t verhehlen, daf~ ihr Anbau oft nut wegen der Lei&tigkeit desselben in neuer Zeit (1849) so ausgedehnt worden ist und sich fiber Fl~chen verbreitet, welche dem seit Jahrtausenden vorhanden gewesenen Laubholz und namentlich der Buche, auch

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als eine Grundlage der Waldbauplanung 495

ferner h~.tten erhalten werden sollen und bei angemessener Streuschonung auch ferner erhalten werden k~Snnen. Dadurch, dag die Staatsregierungen dem Waldeigentum in Be- ziehung auf Erhaltung der zur Nachzucht vorhandenen edlen Holzarten erforderlichen Bodenkraft, zu geringen Schutz angedeihen lassen, veranlassen, ja zwingen dieselben zum Anbau einer Holzart, welche den allergr~Sf~ten Gefahren dutch Wind und Schnee, Feuer und Insekten ausgesetzt ist, w~ihrend die yon der Natur gegebene Holzart, nachdem die- selbe nut erst den leicht zu begegnenden Gefahren ihrer ersten Jugend entzogen ist, fast keine natiirlichen Feinde kennt. So sehr wir warnen, kraftfordernde Holzarten auf ent- krS.fteten Boden anzubauen, so sehr warnen wir vor dem We&sel yon Laubho!z mit Nadelholz ohne dringendste Veranlassung und vor Eindringlingen, welche, einmal vor- handen, sehr schwer zu beseitigen sind. I n a l l e n D r t i i c h k e i t e n , w o d i e B u c h e m ~ i f ~ i g e s G e d e i h e n v e r s p r i c h t , s o l l t e d i e F i c h t e s t e t s in V e r m i s c h u n g m i t d e r B u c h e , i n r e i n e n B e s t ~ i n d e n , w o m 6 g l i c h , a b e r n i e a n ~ e b a u t w e r d e n , well diese so unendlich durch Insekten ielder."

Ein weiterer Grund fiir das langsame Eindringen der Fichten ist aber wohl darin zu suchen, daft damals (1830) noch fast ausschlief~lich durch S a a t kultiviert wurde trod die Freisaaten von Fichte h~iufig mil~lungen sind (Gras- wuchs, Diirre). •

Jedenfalls legt JXcl~, 1835 im Revier Eulbach 6 Pro befliichen zu je 0,25 ha an, um eine geeignete Kulturmethode f~ir diese Holzart zu erproben.

Das Ei des Kolumbus, das einfache und sichere ,,Fichten-Stoppen" mit 4i. verschulten, im Pflanzgarten erzogenen Pflanzen, das so stark zur Ver- fichtung des deutschen Waldes beigetragen hat, hatte hier also damals noch keinen Eingang gefunden.

Zum Einbringen von Fichten in liickige Buchenverjiingungen fanden Fichten-Ballenpflanzung, auch Ballen-Biischelpflanzung, Anwendung.

dd) Die Buche

Dort, wo wiichsige Buchen-Bestiinde noch' eine Buchen-Nat.-Verj. m/Sglich erscheinen lassen, will JXc~R auch weiter die Buche nachziehen. S e i n E i n - g r i f f z u r S t e l l u n g d e s D u n k e l s c h l a g e s betrug etwa 40% (O. L. HARTIG: 25--30 %). In diesem Zusammenhang weist er darauf hin, dai~ die Buchen-Best~inde bier auf Buntsandstein im Odenwald ,,1 i c h t e r g e s t ' e l l t w e r d e n m i i s s e n , a l s d i e g e w / S h n l i c h e n R e g e l n d e r S c h r i f t s t e 11 e r b e s a g e n." Eine Erfahrung, die wit heute im vollen Umfang best~itigen k/Snnen.

Seit 1826 sind nun tats~ichlich auch wieder Buchen-Nat.-Verj. mit Erfolg ausgefiihrt worden, die heute zu sch6nen Alth61zern herangewachsen sind.

ee ) Die Eiche (Ho~chwald)

,,Im /Sstlichen Odenwald, namentlich in der Grafschaft Erbach, tritt die Eiche wieder h~iufiger auf, und es kann hier in dem Eulbacher Forst (Distr. Steinmannshalde) wenigstens ein nicht ganz unbedeutender geschlossener Eichenbestand von 180 Jahren Alter vorgezeigt werden. Noch vor 150 bis 200 Jahren (also 1650 1700) war die Eiche in dieser Gegend priidominie- rend, allein sie hat in Folge abgenommener Bodenkraft (Streunutzung) und dem Streben nach h6herem Ertrag der Buche und sehr oft auch der Kiefer weichen miissen. Wie bedeutend die Ei-Hochwaldungen friiher gewesen sein miissen, ergibt sich u. a. schon daraus, d'ag in den Breuberger Waldtmgen (grenzen n6rdlich an die Mark Michelstadt, welche ietzt (1838) beinahe gar keine Eichen mehr haben, im Jahr 16i5 2232 Schvceine in die'Vormast, oder, wie es damals hief~, ,,Vordehm", eingeschla~en worden sind. Die Vordehm hat 3148 Gulden 4 Batzen 11/2 Kreuzer, die Nachdem 119 Gulden 5t/2 Batzen, eine fiir die damalige Zeit sehr bedeutende Summe, welche den Erl/Ss aus Holz

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bei weitem iiberstiegen hat, eingebracht, obgleich noch eine bedeutende ZahI Schweine befreiet war."

Aus JSiGer, s Taxe liit~t sich nachweisen, dat~ es jtingere (unter 180jiihr.) Ei-Best~inde schon damals nicht mehr gab, kiinstl, oder natiirl, Verjiigung seit dem 30j~ihr. Krieg also nicht mehr ausgef[ihrt bzw. nicht mehr gelungen waren. Die Plenterwirtschaft und sp~ter der Grof~sch~irmschl~ag fiihrten eben zu einer einseitigen Beg~instigung der Buche und liet3en Eichen nicht mehr hochkommen.

Die Nachzucht von E i c h e nh o c h w a 1 d hat J~C, ER wohl im allge' meinen n ic h t gef/Srdert. Die heute noch vorhandenen Eichen-Best~inde aus seiner Zeit waren nachweislich als Eichen-Niederwald geplant gewesen, die seine Nachfolger jedoch ,,durchwach.sen" lief~en.

Dagegen liet~ er zweifellos E i c h e n - B a l l e n p f l a n z e n in ltickigen Buchen- Nat.-Verj. ausftihren: ,,Man pflanzt Eiche zerstreut in die Buchen-Licht- und/ Abtriebs-

• schliige und w~ihlt dazu am besten recht stufige Pfl~inzlinge yon mindestens 1/2 bis 1/3 Zolt (1 bis 11/2 cm) unterem Dm. und 5 bis 6 Fuf~ (1,2 bis 1,5 m) H6he. Kleinere Pfl~inzlinge aus dichtem Schluf~ genommen, welche sich nicht tragen k6nnen, taugen nichts und solltel3 £ernerhin nicht mehr angewendet werden. Unter 25 bis 30 Pfund sollte keine Pflanzheister saint dem Erdballen wiegen."

If) Eichen-Ni~derwald

J/iGER f/Jrderte dagegen die B e g r ti n d u n g (Aufforstung yon B16i~er) und Pflege v on E i - N i e d e r w a 1 d mit 14j. Umtrieb und einer 2j. land- wirtschaftlichen Zwischennutzung, dem Hackwald. Auf Grund seiner ertrags- kundlichen Untersuchungen, die 1835 ver6ffentlicht wurden, kam er fiir die damalige Zeit zu dem Ergebnis, daf~ diese Nutzungsart den h6chsten Ertrag aller forstlichen Wirtschaftsformen abwerfe. In den Betriebswerken der ein- zelnen Reviere finden sich dann auch h~iufig die Bemerkungen: ,,Fiir Eichen- Niederwald geeignet" oder ,,In Ei-Niederwald umzuwandeln". J~ihrlich wurden erhebliche Summen ftir den Ankauf yon Eicheln und das Einstufen ausgegeben. Das Ergebnis war jedoch im allgemeinen negativ. Schon .1842 berichtet der Forstinspektor Frhr. v. DIEMAR, daf~ den JS~GrRschen Arbeiten auf diesem Gebiet kein Erfolg beschieden gewesen sei, die Eichen-Kulturen

_mii~lungen seien und die Fl~iche beschleunigt in Nadelholz (Kiefer) umge- wandelt werden mtit~te. Nach JS~crr, starben die jungen Eichen auf den durch lange Streunutzung ausgehagerten B~Sden, sowie bei Vorkommen yon Letten im Untergrund, ab. Auch Wildverbii~ diirfte eine Rolle gespielt haben.

S o ist es zu erkl~iren, dat~ trotz gegenteiliger Bestrebungen, die Ei-Nieder- waldfl~iche nicht mehr wesentlich zugenommen hat.

gg) D~e Durchfors tung

W~ihrend in der Vorschrift fiir die Ausfiihrung yon Buchen-Nat.-Verj. yon J~iGERS Vorg~nger aus dem Jahre 1802 in Buehen-Best~inden nur je eine Nieder-Durchforstung im Alter yon 50 und 70 vorgesehen war, legte J~CER auf die Bedeutung der Df. schon gr&~eren Nachdruck, sowohl zur Erziehung yon Vornutzungsmassen, zur Steigerung des Zuwachses als auch zur Bestandes- Pflege. , , In d e r f l e i t 3 i g s t e n V o r n a h m e d e r Dr . l i e g t d a s h a u p t s ~ i c h l i c h s t e M i t t e l z u r V e r m e h r u n g des E r - t r a g e s . "

Laubholz will er vom Alter 40 an alle 1 0 J ah r e , Nadelholz vom Alter 20--25 an alle 5 - - 7 J a h r e durchforsten (,,spiitestens sobald sich das Holz tr~igt"), nach der Regel: ,,Lieber 6fter und schwa&, als selten und st~irker". Seine Vornutzungsmassen entsprechen nach seinen Ertragstafeln

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denen der Tafel SCHWAPPACH. Er selbst schreibt dartiber, dai~ er bei einer Durchforstung bis zu 16 % der jeweiligen Bestandesmasse entnehme, im Durchschnitt 13 %, w~ihrend andere Forstleute seiner Zeit h6chstens 10 % glaubten, nutzen Zu dfirfen. Er ffigt hinzu, daf~ die Kl~rung dieser Streitfrage fiber die St~irke des zul~issigen Df.-Eingriffs nur durch lange Versuche, die sich wenigstens fiber 1/2 Abtriebsalter erstrecken mfit~ten, erbracht werden k~Snnte.

Die Art seiner Durchforstung muf~ eine s t a r k e N i e d e r - D u r c h - f o r s t u n g gewesen sein (Entnahme des gesamten Unterstandes und gleich- z e i t i g E i n g r i f f i n d a s K r o n e n d a c h ) . D e r Schritt zu rHoch-Durch- forstung unter Belassung des lebensf~ihigen als Bodenschutz ist ihm jedoch noch nicht gelungen.

Leider gab es bei seinem Ausscheiden aus dem Dienst (1842) wieder einen Rfickschlag, denn sein Nachfolger wurde ausdrficklich angewiesen, ,,keinen Stamm mehr zu f~illen, der den oberen Schlui~ des Waldes unterbricht, auch dann nicht, wenn der Stamm wirklich abst~indig'sei". Also eine Kfickkehr zur schwa&en Nieder-Durchforstung, eine Anweisung, die leider yon JXGee.s Nachfolgern ge.wissenhaft befolgt wurde.

JXoeR war, wenn auch noch nicht am Ziel der Hoch-Durchforstung , - immerhin seiner Zeit voraus, denn die schwache m~ii~ige Nieder-Durchforstung wurde in den Gr~iflichen Waldungen noch bis 1920 angewendet.

Erw~ihnenswert ist ferner, dai~ JXGEP, Probefl~ichen anlegte, um den Z u w a c h s r f i c k g a n g d u r c h S t r e u n u t z u n g nachzuweisen, da diese die ersten ihrer Art gewesen sein dfirften! Die Ergebnisse sind in seiner Arbeit fiber ,,die Land- und Forstwirtschaft im Odenwald" ver6ffentlicht.

V. Die Entwicklung 1 8 4 2 ~ 1 9 4 6

Unter die planlose Wirtschaft der Vergangenheit war ein Strich gezogen, die Aufgabe, eine n a c h h a l t i g e F o r s t w i r t s c h a f t zu schaffen, war erkannt und mit eiserner Energie und einer glficklichen forstlichen Hand war der Anfang gemacht. Und nun vollzog sich in dem folgenden Jahrhunder t die stetige Entwicklung einer . v o r b i l d l i c h e n u n d v o r s i c h t i g e n V o r r a t s w i r t s c h a f t , bis diese - - wie in allen deutschen Waldungen - - durch die Uberhiebe seit 1934 so j~h und verheerend unterbrochen wurde.

Es genfigt, diese Entwicklung hier nur kurz zu skizzieren, da wesentliche Neuerungen nicht zu verzeichnen sin&

A. D i e E n t w i c k l u n g a u f w a l d b a u l i c h e m G e b i e t . Auf waldbaulichem Gebiet ist zun~ichst interessant, dag 1842 der Ver-

such gemacht wurde, bei der Umwandlung zuwachsarmer Bu-Best~inde K i - S a a t e n nicht nach Kahlabtrieb, sondern u n t e r e i n'e m 1 i c h t e n B u - S c h i r m vorzunehmen. Dieser Versuch ist t rotz der Empfindlichkeit der Kiefer gegen F~illungssch~iden gelungen. Best~inde, die auf diese Weise be- grfindet wurden, haben sich heute zu massenreichen Best~inden mit Laubholz- Zwischen- und Unterstand - - durch Naturverjfingung der Bu entwickelt, wie uns die Bestandesgeschichte lehrt"

Revier Zell, Distrikt Alter-Stockschlag Abt. 6, 7 und 8 1838 (J.Xm~R): 19 ha ,,50 bis 60j. zl. geschlossen stehende, jedoch sehr schlecht zu-

wachsende Buchen. Der Bestand ist zu gut, um ihn kahl abzutreiben und beinah zu schlecht, um ihn stehen zu [assen. W~ire ich Waldeigenttimer, ich wiirde den Abtrieb und die Kultur mit Kiefer wlihlen."

Page 30: Reviergeschichte als eine Grundlage der Waldbauplanung

498 U. RODENWALDT: Reviergeschichte

1842 (v. DIEMAR): ,,Aui~er Zuwachs stehendes Buchen-Stangenholz, teils gipfeldiirr. I s t in o i n e n S c h l a g zu s t e l l e n u n d d i e F l ~ . c h e m i t 8 kg K i e f e r u n d 4 kg L ~ r c h e a n z u s ~ i e n (je ha)."

1859 ,,i7j. Kiefern. Der Bestand hat durch Schneebruch etwas gelitten. U b e r d i e g a n z e F l i i c h e h i n g l e i c h m ~ . f ~ i g v e r t e i l t p r o M o r g e n e t w a 10 S t i~ c k Bu-Oberst~inder (40 je ha)."

t896 ,,Geschiossenes, /Srtlich lichtstehendes geringes 54j. Kiefern-Baumholz mit ein- zelnen eingewachsenen L~irchen und sperrigen Buchen aus friiherer Umtriebszeit. D i e g a n z e A b t e i l u n g i s t mi~ e i n e m z i e m l i c h g e s c h l o s s e n e n B u - U n ~ e r w u c h s v e r s e h e n . "

1946 ,,104j. Ki-Altholz, wtichsig und gutsch~ftig mit Buchen-Zwischen- und Unter- wuchs, sowie zahlreichen wiichsigen L~rchen und einigen starken, sperrigen Buchen aus der vorlgen Umtriebszeit."

Jeha: Ki . . . . . . . . 145 fm L~. . . . . . . . . 105 ,, Bu . . . . . . . . 150 ,,

400 fm In diesem Fall hat man also die Buchen-Stangen einwachsen Iassen (oder sp~iter

nicht mehr herausbekommen), diese haben sich verjtingt und vermutlich unterstiJtzt durch den Eisbruch 1858 die erwiinschte Laubholzbeimischung geschaffen. Der Bestand ist heute einer der sch/Snsten, massenreichsten Besdinde des Reviers mit 0,4 Ki, 0,2 L~i und 0.4 Bu, in dem allerdings die sperngen Uberh~ilter st/Sren.

U m 1855 stel len wit, in der K u l t u r m e t h o d e den U b e r g a n g v o n d e r Saa t zur P f 1 a n z u n g lest , zun~ichst un te r V e r w e n d u n g yon Wildl f iagspf lanzen, sp~iter durch planm~i~ige Pf lanzennachzucht in einem 0,8 ha grof~en Pf lanz- gar ten . So weis t der K u l t u r p l a n fo r 1858 fo lgende Z a h l e n aus:

• S a a t P f l a n z u n g Ki . . . . . . . . . 0,5 ha Ki . . . . . . . . . 4 ha Ki/L~. . . . . . . . 1 ,, L~i . . . . . . . . 17,5 , F i / L ~ . . . . . . . 4 ,, Fi . . . . . . . . 20 ,, Fi . . . . . . . . 0,5 ,, Ei . . . . . . . . 1 ,,

6 ha 42,5 ha

D a m i t beg inn t d a n n die verst~irkte , , E i n w a n d e r u n g " d e r F i c h t e , deren ~ilteste Best~inde heute e twa 90 J a h r e a l t sind, also um 1860 begr t inde t wurden .

1870 w u r d e y o n F o r s t m e i s t e r IHv, I¢ die Mischung y o n K i e f e r mi t Fichte empfoh len , A n b a u sowohl durch Saa t wie Pf lanzung, teils auch durch Ver - b i n d u n g von Saa t und Pf lanzung. In dieser Mischung, bei de r die Kie fe r hier immer die H e r r s c h a f t t iber die Fichte gewinnt , sol l te die Fichte den Boden de&en , dem W i l d Schutz b ie ten und in den H a u p t b e s t a n d einwachsen, wenn die K ie f e r dem Schneebruch erl iegt .

1880 setzte energisch die U m w a n d l u n g yon E i - N i e d e r w a l d in H o c h w a l d (Kie fe r ) ein, nachdem die Preise f i i r G e r b r i n d e so abgesunken waren , dai~ der Ei&en-Sch~i lwald seine Wi r t s cha f t l i chke i t eingebiif~t hat te :

18"59 . . . . . je 50 kg 12,00 RM 1891 . . . . . . . . 50 ,, 6,50--7,00 ,, 1897 . . . . . . . 50 ,, 4,00--5,00 ,, 1906 . . . . . . . 50 ,, 4,00 ,,

Aus der gleichen Zei t s t a m m e n die ersten A n b a u v e r s u c h e m i t D o u g l a s i e u n d W e y m o u t h s k i e f e r , die sehr erfreul iche Ergeb- nisse ze i t igen sol l ten, jedoch info lge ihres ge r ingen U m f a n g e s bis je tz t keine grof~e wir tschaf t l iche Bedeutung e r r ingen konn ten .

Seit 1920 w u r d e der N a t u r v e r j ti n g u n g wiede r erh/Shte A u f m e r k - s amke i t geschenkt und ergab verschiedene sehr sch~Sne W a l d b i l d e r , bis das ~chnelle H i e b s t e m p o s e i t 1 9 3 4 w i e d e r z u m K a h l s c h l a g fi ihrte.

Page 31: Reviergeschichte als eine Grundlage der Waldbauplanung

als eine Grundlage der Wa!dbauplanung 499

Der Standort ist verjiingungsfreudig, und - - eine normale Wirtschaft vorausgesetzt - - dtirfte die Naturverjiingung wohl in den meisten F~illen zum Erfolg t:iihren. Bis 1920 hatte sic - - yon der Buche abgesehen - - allerdings keine wesentliche Rolle gespielt, da die Nadelh/51zer ia erst auf B15l~en, U m - w a n d l u n g s ~ l ~ i c h e n , nach Abtrieb ,,absdindiger" Besdinde und auf mit~lungenen Bu-Verj.-Fl~ichen auf Kahlfl~ichen i n e r s t e r G e n e r a t i o n begriindet wurden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dal~ vor 1920 mehrfach Buchen-Verj. mit~lungen sind, da die Wirtschafter die Schlagstellung zu ,,zaghaft" vornahmen, w~ihrend erfahrungsgemagCg (siehe JXcEI~I 40 %) die Buchen-Verj. hier auf Buntsandstein unter dem Motto ,,mehr Licht" stehen mug!

Fiir Buche wurde mit Erfolg weiterhin der G r o f~ - S c h i r m s c h I a g angewendet, nachdem der Fehler der zu dunklen Ste!lung erkannt war, so dat~ ein Abweichen yon dieser alten, bew~hrten Methode und die Anwendung anderer Schlagmethoden oder sonstiger waldbaulicher Feinheiten nicht ange- bracht erschien. Lii&en wurden mit Nadelholz ausgepflanzt.

Abet auch Bu-Fi-Ki-Best~inde wurden dutch femelartige Hiebe verjiingt und ergaben sch/Sne Mis&-Verjiingungen yon Nadelholz und Buche in Einzel- ,and horstweiser Mischung.

Seit 1934 ist aber das Hiebstempo zu scharf, so dat~ die Nat.-Verj. zwangsl~iufig in den Hintergrund treten m u ~ t e. Die Aufforstung der vielen Schiagfl~ichen (Revier Eutbach) erfolgte nun aus Griindcn, die im n~ichsten Abs&nitt gew~Srdigt werden so!leT:, in erster Linie ktinstlich dur& Pflar~zung mit F i c h t e , so daf~ diese Holzar t fl~ichenweise bald die F[ihrung iibernehmen wird, ein Problem, auf das ebenfalls noch eingegangen wird.

In mehreren verlichteten Kiefern-Best~inden wurde U n t e r b a u und V o r a n b a u mit Buche ausgefiihrt und ergaben sch/Sne Bilder, sot:ern diese Kulturen gegen Verbif~ geschiitzt werden konnten.

Von groger wirtschaftlicher Bedeutung war der A u s b a u d e s W e g e n e t z e s, dessen Mangelhaftigkeit s&on 1750 und sp~iter yon Jxcee. betont worden war und seit 188(3 mit aller Energie in Angriff genommen wurde und in einem Ausmag und einer Vollendung erfolgte, wie man dies so leicht nicht wieder finder. Das Revier wurde nach Abschlu{~ dieser Arbeiten (urn 1900) neu vermessen und kartiert, so dat~ dem Wirtschafter heute vor- ziigliche Wirtschaftsgrundlagen zur Verfiigung stehen.

B. D i e E n t w i c k i u n g d e s A l t e r s k l a s s e n a u f b a u s u n d H o l z v o r r a t s

Ein Verglei& der Taxationen des letzten Jahrhunderts weist zahlenm~igig eindeutig aus, dat~ durch planm~it~ige und vorsichtige Wirtschaft folgende Erfolge erzielt wurden:

1. Beseitigung der Bl~igen bis 1859 und sp~ter die Umwancllung der Nieder- waldfl~ichen in Hochwald.

2. Vorratseinsparungen (yon 75 fm auf 230 fm je Hektar), trotz der yon Jahrzehnt zu Jahrzehnt steigenden Hiebss~itze. Um 1900 konnte sogar - - ohne Herabsetzung des Hiebssatzes ~ die Umtriebszeit fiir Kiefern yon 60 auf 80 Jahre, far Buche yon 100 auf 120 Jahre erfolgen. Der Hiebssatz stieg yon 2 auf 4,8 fm/ha.

3. Bis 1925 war das Altersklassenverh~/ltnis v/511ig normaIisiert. 4. Zunahme des Nadelholzanteils.

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5 0 0 U . RODF, NW.&LDT : R e v i e r g e s c h i c h t e

A u f s o l c h e n L e i s t u n g e n b e r u h t d e r g u t e R u f d e r d e u t s c h e n F o r s t w i r t s c h a f t i n d e r W e l t .

Diese Aufw~irtsentwicklung wurde jedoch 1932 abgestoppt. Als Folge Aer allgemeinen Wirtschaftskrise erwiesen sich 1932 S a n~ e r u n g s h {e b e zur Schuldendeckung der Gesamtverwaltung fCir erforderlich. Auf Grund des grot~en Holzvorra tes mid Vorhandenseins hiebsreifer Werth/51zer (Misch- h61zer in Buchenbesdinden) hielt BAAZ)Er, als Gutachter einen solchen ein- maligen - - auf wenige Jahre verteilten Eingriff ohne Beeintr~ichtigung der Nachhaltigkeit fiir unbedenklich.

Fast gleichzeitig aber begann der s t a a t l i c h a n g e o r d n e t e 150- prozentige H o 1 z e i n s c h 1 a g , der n u r durch die noch h~Sheren H o l z - u m I a g e n abgeRSst wurde, die noch gef~ihrlicher waren, da nun nicht mehr nach waldbaulichen Grunds~/tzen, sondern nacb ,,S o r t i m e n t e n" gehauen werden mul~te. Jede forstliche Planung - - Betriebswerk, Nat.-Verj. - - wurde fast unm~Sglich gemacht, und der Hieb nicht mehr vom forstlichen FingerspitzengefLihl, sondern yon dicksichtslosen, einschneidenden An0rd- nungen geleitet. Sie fiihrten nicht nur zu einer V o r r a t s m i n d e r u n g , sondern auch zu einer s c h w e r e n w a l d b a u l i c h e n B e e i n t r ~ i c h - t i g u n g. So mut~ten in den kohlenlosen Wintern 1945--1947 f~ir die Grot~- st~.dte B u c h e n - B r e n n h o 1 z h i e b e gefLihrt werden, durch die diese Holzar t , die als ,,N~ihrmutter des Waldes" in allen Besdinden als Grund- bestand erhalcen werden miif~te, weitere schwere Einbuf~en (siehe Obersicht der Entwicklung d e r Holzartenvertei lung) erlitten hat. W a 1 d b a u 1 i c h e S c h ~ d e n , d i e k a u m w i e d e r g u t z u m a c h e n s i n d .

Die Vorratsaufnahme 1946 ergab, dat~ der Holzvor ra t seit 1935 von 230 fm wieder auf 165 fmiha abgesunken war! Die Aufwiirtsentwicklung des Holzvorrates ist also Z. Z. als abgeschlossen zu betrachten und da auch in der Zukunf t Lib e r m ~i f~ i g e Holzforderungen an den Wald gestellt werden Aufbau der Sdidte, Exporthiebe, fehlender Holzimport!) , so ist es

1925

Iz/3

;.-170

Eber 7#0

hu ~57 ZZg Z3,Z Z08 Z95

ei<he- o i i i

W FH"F ';"',n- m- m., m,, rim,

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1946 ~ ?_,2"1 ,

198 150 190 9Z IZ8 ha

'#sY//I F¢~ '¢ V/,I V A m V / I VII : 1 ~ ~z-Fic/Te

m.o m,, u m m mso mz61/.~,-Fi t iTte

27-#0 ¢1-#0 61-80 81-700 b'ber I I I I

Abb. 3. Folgen der Oberhiebe im Revier Eulbach auf das Altersklassenverh~iltnis 1925 : 1946

nicht schwer auszurechnen, wann die Forstwirtschaft wieder auf dem Aus- gangspunkt angekommen sein wird, a 1 s ,, n a c h h a 1 t i g" i s t s i e j e d e n f a l l s s e i t 1 9 3 4 n i c h t m e h r z u b e z e i c h n e n .

Page 33: Reviergeschichte als eine Grundlage der Waldbauplanung

als eine Grundlage der Waldbauplariung 501

Alle Reserven einer vorsichtigen Wirtschaft sind schon lange auf- gebraucht.

D i e F o l g e n d i e s e r l ~ ! b e r h i e b e a u f d e n A l t e r s k l a s s e n - A u f b a u zeigt deutlich die schematische Darstellung ftir das Revier Eulbach 1925--1946.

VI. Beurte i lung der e inzelnen Holzarten a uf Grund der Bestandesmffn~hme 1946

Die" im Jahre 1946 ausgefiihrte Bestandes- und Vorratsaufnahme im Rahmen der Betriebsregelungsarbeiten bietet im Zusammenhang mit der Be- standesgeschicht.e die Grundlage zu einer kritischen Beurteilung der bisherigen Wirtschaft und ihrer einzelnen Fakmren. 1. D i e E n t w i c k l u n g d e r H o l z a r t e n - V e r t e i l u n g (siehe schematische Darstdlung).

Aus dieser Ubersicht, die einen Zeitraum Von tiber 100 Jahren beriick- sichtigt, wird die Entwicklungs-Tendenz der verschiedenen Holzarten deut-

lich, die man im t~iglichen forst- % 700

8O

60

qO

~0

0 3ahi" 1800

Abb. 4,

I ' Nadelholz - -

8uchen-tlochwald %,

• .... gichen-Niederwal¢- 6 ~ f

..g__3e / . !7. .......... *~=~ 2~°/°

,..*-" . ~ 8 ~ . . 7Olo

T838 190J 19Z5 ,79q6

Entwicklung der Holzartenvecccilung 1800--1946. Forstamt Erbach

7S%

c)

lichen Leben nicht tibersehen kann, die zu beachten aber yon gr6t~ter Wichtigkeit ist.

a) Wir sehen den N i e d e r - g a n g d e r N i e d e r -

w a l d w i r t s c h a f t , eine volkswirtschaftli& er- freuliche Tatsache.

b) Wir sehen aber auch die A b n a h m e d e r B u -

c h e n - H o c h w a l d - f l ~ i c h e a u f rd . 2 5 % , eine Ab w~irts-Entwicklung, die noch nicht abgeschlossen sein diirfte! Diese Tatsache

ist im Hinblick auf die waldbauiiche Bedeutung der Buche als Misch.holz- art s e h r b e d e n k 1 i c h , mahnt nicht nur zur Vorsicht, sondern for- dert eindringlich, dai~ der Buche in Zukunft wieder eine gr6~ere Beachtung beigemessen werden mut~, d e n n a l l e i n im H o l z v o r r a t u n d n o r m a l e n A l t e r s k l a s s e n v e r h ~ i l t n i s i s t d e r W e f t d e s W a l d e s n i c h t b e g r t i n d e t . Das Nadelholz, seit 200 Jahren tiberhaupt erst bestandesbildend vor- handen, ist heute mit etwa 75 % der Waldfl~iche weit vorherrschend und beeinfluf~t nicht nur hier, sondern allgemein im Odenwald das Aussehen des Waldes und seiner Wirtschaft.

2. B e u r t e i l u n g d e r e i n z e l n e n H o l z ' a r t e n a) Kie~er

Diese Holzart nimmt der Fl~iche nach heute den gr/Sf~ten Anteil ein. Die Altersklassentibersicht zeigt das Oberwiegen der 40 60j. Best~inde, zurii&- zuftihren auf die umfangreichen Umwandlungen yon Niederwald in den Jahren 1880--1900, die fast ausschlief~lich durch Aufforstung mit Kiefer erfolgt sin&

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502 U. ]{ODENWALDT: Reviergeschichte

Wir k/snnen heute 3 Gruppen von Kiefern-Best~inden unterscheiden: 1. Kiefern mit Beimischung yon Buche, L~irche, stellenweise auch Fichte.

Auf die bestandesgeschichtliche Entwicklung solcher Best~tnde w u r d e bereits eingegangen.

Je gr/sf~er der Anteil an Mischholzarten ist, um so massenreicher (schon J;iG~R weist darauf bin!) und f o r s t ~i s t h e t i s c h s c h i5 n e r - - nach den Grunds~itzen des grolSen Forst~isthetikers yoN SALISCH-- Postel - - sind diese Best~inde, w e r t , u m a l s e i n e r s t r e b e n s - w e r t e s W i r t s c h a f t s z i e l h i n g e s t e l l t z u w e r d e n !

2. Kiefern-Stangenh61zer mit Beimischung schwacher Eichen-Stangen, ehe- malige Stockschlagfl~ichen, zum Tell grob~istig und schlecht geformt, aus ungeeignetem, nichtstandortsgem~if~en Saatgut entstanden. Zur baldigen G r u b e n h o l z v e r w e r t u n g besonders geeignet.

3. R e i n e Kiefern-Best~inde oder nur mit ganz unbedeutender Beimischung unterst~indiger Buchen.

In solchen Best~inden glaubt man sich auf arme Sandb~Sden der Mark Brandenburg oder der Tuchlerheide versetzt! Nur die Hanglagen er- innern noch an d e n Odenwald. Die Best~inde sind meist stark verlichtet, massenarm, der Boden mit Heidelbeere iiberzogen - - Anziehungspunkt der Grot~st~idter in der Blaubeerzeit. Beobachtungen an Stammscheiben und Zuwachs-Bohrungen zeigen zumeist sehr breite Jahresringe in der Jugend und ein auff~illiges Nachlassen vom Alter 60 an. Steht man zwischen einem solchen Bestand und einem Buchen-Nadelholz-

Mischbestand, auf genau dem gleichen Standort und sieht auf der einen Seite den forst~isthetisch sch/snen, so gesund erscheinenden ,,grtinen" Wald und auf der anderen Seite eine ~trmliche ,,Kienheide", so dr~ingt sich unwillktirlich das Geftihl auf, dai~ der r e i ne Kiefern-Bestand hier unharmonisch und fremd wirkt und man denkt an den Ausspruch yon SALISCH, der sagt: ,,Die Beach- tung ~isthetischer Gesichtspunkte sichert vor wirtschaftlichen Mit~griffen, well man mit dem Streben nach dem Sch6nen, welches zur Vollkommenheit f/,ihrt, das Gute und damit das Zweckm~ffige gleich mit erreicht."

Der r e i n e Kiefern-Bestand hat seine Aufgabe zur Beseitigung der B1/5~en vor 100 Jahren erfiillt und - - um mit Ji4G~R zu sprechen, erscheint es , , j e t z t r ~ i t l i c h , w i e d e r e i n e a n d e r e H o l z a r t o d e r H o l z - a r t e n - M i s c h u n g (bei der auch die Kiefer vertreten sein kann) n a c h - z u z i e h e n . " D e r S t a n d o r t k a n n m e h r l e i s t e n a l s n u r d e n K i e f e r n - R e i n b e s t a n d .

Die Bestandesgeschichte solcl~ reiner Kiefernbest~inde ist uninteressant. ]hre Begrtindung durch Vollsaat und Eineggen (sp~iter Pflanzung lj. Kiefern auf Streifen) wurde bereits beschrieben.

In einem V0rtrag auf der Tagung des hess. Forstvereins 1926 in Michelstadt faf~te der Revierverwalter des staatl. Forstamtes Michelstadt, Forstrat KocH, die Grunds~itze der Kiefern-Nadlzucht in folgenden Punkten zusammen, die nach den obigen Ausftihrtmgen als ,,Rezept" dienen k~Snnen:

1. D i e K i e f e r i s t i n Z u k u n f t i n M i s c h b e s t ~ i n d e n (haupts~ichlich mit Buche) z u b e g r t i n d e n .

2. Die Verjtingung, einerlei ob nattirlich oder ktinstllch, hat in nicht zu schmalen, e twa 40 m breiten Streifen zu erfolgen.

3. Bei g e e i g n e t e n Best~inden und gtinstigen Standortverh~iltnissen soli in Samenjahren die Kiefer natiirlich verjlingt werden.

4. Auf Verjtingung soll n i c h t gewartet werden, sondern ktinstliche Bestandes-Begriindung sp~itestens im zweiten jahr erfolgen.

Page 35: Reviergeschichte als eine Grundlage der Waldbauplanung

als eine Grundlage der Waldbauplanung 503

5. Alle anderen Best~inde sind ki~nstlich durch Bflanzung 1-j. Kiefern, nach erfolgtem Vor- anbau der Buche, zu verjiingen.

Pflanzenbedarf: 20 000 1-j. Kiefern 10 000 Buchen.

Da die heutigen Kiefernbest~nde - - wie beschr ieben- aus Saatgut ver- schiedenster Herk[infte entstanden sind, ist es kein Wunder, dai~ neben gut- sch~iftigen edlen Kiefern, solche yon krummen, ~istigen Wuchs stehen, die aus ungeeignetem Saatgut entstanden sind. Da auf die Herkunftsfrage im vorigen Jahrhundert nicht geachtet wurde, fehlen uns heute 1eider Angaben, aus denen lehrreiche Schliisse gezogen werden k~Snnten. Auch erscheint es unm/Sglich, fest- zustellen, welche Kiefern yon den wenigen u r s p r ~i n g 1 i c h e n Odenwald- Kiefern abstammen.

An Sch~iden ist die Kiefer in erster Linie dem Schneebruch ausgesetzt, der besonders im Stangenholzalter vernichtend wirken kann und auf den die f r ~ h z e i t i g e V e r l i c h t u n g zuriickzuf~hren ist (1858, 1936).

b) L~trche

Durch den gliicklichen Umstand, daf~ die L~irche seit 120 Jahren zun~ichst ,,als Beisaat zur Kiefer", sp~iter al's Pflanzung in liJckige Kulturen beigemischt wurde, kommen heute L~irchen in allen Revierteilen und Altersstufen so zahl- reich vor, daf~ iiber ihre Leistungsf~ihigkeit und Anbauwi~rdigkeit ein Urteil abgegeben werden kann.

Gewig k/Snnte, da allein J ~ r r , 300 ha Ki-Lii-Best~inde begr/.indet hat, der Einwand erhoben werden, daf~ diese vorhandenen L~irchen eigentlich doch nur ,,kiimmerliche Reste" seien, eine kritische Bemerkung, die auch fiir die Schlitzer-Liirchen gemacht wurde. Hierzu ist aber festzustellen:

1." Vide ungesch[itzte L~irchen wurden schon in ihrer Jugend ein Opfer des Rehbocks, was bereits J~Grr, roll Zorn berichtet.

2. Ein grof~er Teil der J~GrRschen Best~inde ist 1858 (Eisbruch-Katastrophe) zusammengebrochen. Auch wenn wir Veranlassung haben anzunehmen, daf~ dabei die L~rchen weniger stark gelitten haben, sind sie stellenweise vermutlich bei der Aufr~iumung doch mit aufgearbeit worden.

3. Nach Aussagen eines Revierf/Srsters, der seit 40 Jahren seinen Bezirk be- treut, war die Nachfrage nach den dauerhaften L~t-Stangen fiir Zaunbau (Wildpark) und als Koppelpf~ihle yon jeher sehr stark, so dai~ sie schon im Stangenholz-Alter vielfach starker als die Kiefer zur Nutzung her- angezogen wurden.

4. Infolge falscher, zu schwacher Durchforstung trat der L~rchenkrebs stel- lefiweise stark auf und fi~hrte zu starkem Aushieb, der bei richtiger Be- standes-Behandlung hEtte vermieden werden k/Snnen.

5. Ein Teil der eingesprengten starken Altholz-Liirchen - - Wertholz- St~imme - - wurde um 1935 im Rahmen des Sanierungshiebes heraus- gezogen.

6. Die meisten Nadelholz-Best~inde aus der J'~cr~,schen Zeit sind inzwischen im Rahmen einer 80- oder 1001ihr. Umtriebszeit planm~if~ig abgenutzt. Der Umfang ihres derzeitigen Vorkommens l~il~t also k e in e n Schluf~

f;dr eine negative Beurteilung ihrer Anbauwi~rdigkeit zu, da all die angefiihr- ten Gr~inde mit ihrer w a 1 d b a u 1 i c h e n Eignung gar nichts zu tun haben. Die Betlrteilung der jetzt noch vorhandenen L~irchen als Mal~stab erscheint da- her durchaus gerechtfertigt.

Im allgemeinen finden wit die L~rche einzelstammweise in vielen Ki- und Bu-Best~nden beigemischt, als Hauptholzart jedoch nur noch in einigen Be-

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504 U. RODENWALDT: Reviergeschichte

st~inden des Reviers Erbach (Dis t r ik t H o l z f e l d u n d Sauloch). Sie b i lden dort vollholzige, k r e b s f r e i e , starke St~imme mit hohem Wer tho lz -An te i l , die infolge ihrer Sch~Snheit den Blick des For s tmanns immer wieder auf sich ziehen.

Betrachten wir die interessante Bestandesgeschichte dieser Best~inde: D i s t r i k t S a u l o c h 1. B o d e n : Lehher Nordhang. Oberer Buntsandstein. Frischer, mitteltiefgri~nfliger, milder Lehm< 1838 ,,Diese Fliiche lag teils seit vielen Jahren blofi, tells war sie mit abst~indigen Buchen

gerade so bestanden wle die Abteilung 9, und es sind bier ganz dieselben Forstwirt- schaftswidrigkeiten begangen worden wie dort.

Ich liefl die Masse einschlagen, den Boden yon seiner Decke befreien und eine Aussaat mit K i e f e r n - S a m e n , worunter e t w a s L~i rche gemischt ~war, im Friihjahr 1830 vornehmen.

Die Saat ist jetzt (1838) schon als gelungen zu betrachten und wird demn~ichst vollen Ertrag liefern.

Well Boden und Lage der Buche g~nsti,g sind, so kann d i e s e H o 1 z a r t sp~iter wieder hierher gebracht werden oder es kann auch ein Anbau der Eiche oder die Beibehaltung der Kiefer stattfinden, je nachdem das eine oder das andere am vor- teilhaftesten erscheint."

1858 Im Jahre 1858 wurde das Revier yon dem schweren'Eisbruch heimgesucht, durch den dieser Bestand so schwer gelitten hat, daft Buchen-Unterbau erforderlich wurde.

1859 ,,Budien-Saat vom Jahre 1859 unter Kiefern. Im Jahre 1859 gingen viele Pflanzen infolge der Hitze ein, infolgedessen eine Nachbesserung in diesem Jahre n~Stig wurde. Die Kiefern-, L~irchen- und Birken-Oberst~nder sind 29 Jahre (1830) alt." Abteilung 6 g (heute Holzfeld 3 und 4)

,,Neben Abteilung 6 g etwa 3--4 Moi~gen sehr licht stehende L~irchen, die lm Herbst 1858 mit Buche untersEt worden sind. Die Saat ist infolge der Hitze 1859 mifilungen und muff wiederholt werden."

1903 ,,45j. B u c h e n mit sehr vielen alten L~irchen, am NW-Rand Tannen und Fichten." Und ,,unregelm~i~ige Bestockung mit 45j. B u ch e n und. sehr vielen alten L~irchen und wenigen Eichen."

1925 L ~i r c h e 0,5, Buche 0,4, Tanne und Fichte 0,1" L~i 109j. (?) ,,LF.rche 0,7, Buche 0,3. Buche zwischen- und unterst~indig." Und ,,L~irche 0,5, Buche 0,4, Kiefer 0,1."

1946 ,,Ideales l16j. L ~ i r c h e n - A l t h o l z 0,6 (anerkannter Bestand fiir Saatgut- Gewinnung) mit starker Beimischung yon 86j. Buchen 0.3 (zwischen- und unterst~n- dig), sowie einigen Ki, Fi und Ta (zusammen 0,1). H6he: 35 m (Oberh6he 38 m) 1,0 bestockt I. Bon.

j e ha: Holzart mlttel. Dm. Stammzahl Kreisfl~iche Masse L~irche . . . . . . . . 45 105 16,8 290 Kiefer . . . . . . . . 33 18 1,6 20 Fichte . . . . . . . . . 26 18 1,0 15 Tanne . . . . . . . . 24 41 1,8 20 Buche . . . . . . . . . 29 190 tl,4 165

32.6 510 fm

Diese Best~nde waren also urspr~inglich als K i e f e r n - B e s t ~ n d e begrfindet. Durch den in diesem Fall ,,segensreichen" Eisbruch 1858 brachen die Kie fe rn heraus. A n diese N a t u r k a t a s t r o p h e e r innern heute noch einige wenige eingesprengte Kiefern , sowie Ba jone t t -Bi ldung an e inze lnen L~irchen. Die damals 28j. L~irchen w u r d e n mit B u c h e un te rbau t , der Bestand wurde daher 1903 als B u c h e n - B e s t a n d beschrieben und erst 1925 erfolgt die Beschreibung mi t L ~ r c h e als H a u p t h o l z a r t .

Dieses Beispiel zeigt zugleich, daft die Bes tandes-Entwick lung oft von dem , , gedach t enVer l au f " abweicht und w i e w i c h t i g d i e K e n n t n i s d e r B e s t a n d e s - G e s c h i c h t e f f i r d i e B e u r t e i l u n g e i n e s B e s t a n d e s i s t .

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als eine Grundlage der Waldbauplanung 505

Diese Art der Bestandes-Entwicklung hat sich i~brigens 1936 im Revier Eulbach wiederfiolt. Auch dort brachen aus mehreren Ki-L~t-Stangenh~51zern die Kiefern heraus und nur ein lichter L~i-Ki-Schirm blieb stehen, der dort damals jedoch nicht mit Buche, sondern mit Fichte unterbaut worden ist.

Die Massenaufnahmen best~itigen die Feststellung von SCHOBER (•939) bei anderen L~irchen-Best~inden in Hessen:

1. ~Iohe Kreisfl~ichen des Bestandes (Schichtenschlut~, L~irchen-Oberstand mit Buchen Zwischen- und Unterwuchs).

2. Geringe Stammzahl der L~irche, dafi~r aber gr~Sf~ere Durchmesser. 3. H6hen, Durchmesser und Massen welt h/Sher als Kiefer I.

D i e s e h o h e n M a s s e n l e i s t u n g e n - - a u f B u n t s a n d - s t e i n ! beweisen zugleich die Richtigkeit der JXcERschen Annahme, daf~ die L~irche ' die h6chsten Ertr~ige liefern werde, daher ,, u n s e r e A u f m e r k - s a m k e i t im h / S c h s t e n G r a d v e r d i e n e o "

Auch auf Standorten mittlerer Giite (lehm. Sand, Ki III) weist die L~irche Wuchsleistungen auf, die der Kiefer augenscheinlich welt iiberlegen sind.

Aber auch die g l e i c h a l t r i g e M i s c h u n g y o n B u u n d L~i hat einzelne sehr sch/Sne Bestandsbilder ergeben. Voraussetzung fiir solche

~Best~inde dtirfte aber sein, dat~ entweder die Lticken in der Bu-Naturverjiin- gung so grog sind, dat~ die L~irche im Dickungsalter nicht erstickt, oder eine intensive Jungwuchspflege und L~iuterungen gew{ihrleistet ist. Leider ist dies nicht irnmer oder zu allen Zeiten der Fall gewesen (z. B. Kriegs- und Nach- kriegszeit!), so dat~ aus der Bestandesgeschichte auch~ Beispiele angeftihrt werden k6nnen, die ausweisen, daf~ in zun~ichst gut gelungenen Bu-L{i-Verjiin- gungen die L~irchen wieder vollkommen verschwunden sind, well sie yon der gleichaltrigen Bu verdr~ingt wurden. Die L~irche ist nun einmal eine gegen Seitendruck ~iuf~erst empfindtiche Holzart!

Man beachte, d'ai~ in den beschriebenen Muster-L~irchen-Best~inden diese Holzart einen Altersvorsprung yon 30 Jahren hatte!

Die L~irche - - a 1 s H a u p t h o 1 z a r t bedarf stets der Beimischung einer bodenpfleglichen Holzart (Buche), um eine Bodenverunkrautung (je nach Standort: Brombeere, Himbeere, Graswuchs, Heidelbeere) zu verhindern, eine Notwendigkeit, die hier durch die Bodenverwilderung in einem 0,5 ha groi~en L~rchen-Reinbestand als Beispiel unterstrichen wird.

Als Mischholzart ftir die L~ kommt auch die E d e l k a s t a n i e in Frage, sofern ein Schutz der Kultur gegen Wildverbif~ (Zaun) m~Sglich ist. Vorhandene alte Edelkastanien, die im Wuchs der Buche nicht nach.stehen - - wie bereits J~GER erw~ihnt - - geben hierftir einen Hinweis.

Den Gefahren anderer Holzarten, Windwurf, Schnee- und Eisbruch und Borkenk~ifer sind die L~irchen nicht oder weniger stark ausgesetzt. Nur der Rehbock, der vermeidbare L~irchenkrebs und die L~i-Minier-Motte sind als Sch~idlinge zu nennen. Der L~irchen-Krebs hat um 1880 zu einer L~i r c h e n - K r i s e gef~ihrt, da man die wahren Ursachen und Zusammenh~inge seines Auftretens noch nicht kannte. Das starke Auftreten des L~irchenkrebs in der zweiten I-I~ilfte des vorigen Jahrhunderts, in der Zeit der schwachen und vor- sichtigen Durchforstungen, beweist m. E. aber nichts gegen die Anbauwtirdig- keit der L~irche, weder gegen die Eignung des Standortes noch gegen die Eig- hung des Saatgutes. Es ist jedenfalls kaum zu bezweifeln, dalg hier der L~- Krebs 1 e d i g 1 i c h auf zu dichte Begr[indung, mangelnde Jungwuchspflege und ungeniigende Freistellung im Stangenholz-Alter zur~ickzuf~ihren ist, wof~ir man Beispiele in allen zu dicht stehenden StangenhSlzern finder. Der Krebs

Forstw. Cbl., 70. Jhg., Heft 8 33

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506 U . RODENWALDT: Revierges&ichte

is talsoeinMangel, derzubehebenis t , a b e r e i n e r a u f m e r k s a m e n B e o b a c h t u n g b e d a r f .

S t a n d o r t ( f r i s c h e r , m i t t e l t i e f g r i i n d i g e r , l e h m i g e r S a n d b i s L e h m ) und S a a t g u t habenhier ih reEignunginder Praxis erwiesen. Ob ein weiterer Anbau der L~irche Zum Erfolg fiihrt, liegt demnach in der glii&lichen Hand des Wirtschafters!

Es ers&eint aber dringend erforderli&, die Bestandesgeschi&te anderer, typischer L~i-Bu-Mischbest~inde in den angrenzenden Odenwald-Forst~imtern, in denen ebenfalls sehr s&Sne'Liir&en vorkommen, zu erforschen, um daraus Schliisse fiir ihre erfolgreiche Nachzucht zu ziehen und unnStiges Herum- experimentieren zu vermeiden.

Man kSnnte z. B. daran denken, aucla heute besonders auf Kahlschlag- Fl~ichen zun~ichst wieder Ki-L~i-Best~inde zu begriinden, nach 30 Jahren die Kiefern als schwaches Grubenholz zu nutzen und dann mit Buche zu unter- bauen. So wiirde sich dann auch ein 120j. Umtrieb, der zur Stark- und Wert- holzzucht wiinschenswert w~ire, wirts&aftlich vertreten lassen.

Auch kann dutch kiinstliche D ii n g u n g vielleicht der L~ir&e in einer ungediingten Buchen-Verjiingung ein bleibender Vorsprung verschafft werden.

D i e K l ~ i r u n g d i e s e r F r a g e e r s c h e i n t b e s o n d e r s d e s - h a l b so w i c h t i g , w e i l d i e L ~ i r c h e u n t e r B e r i i c k s i c h t i - g u n g a l l e r w a l d b a u l i c h e n u n d w i r t s c h a f t l i c h e n G e - s i c h t s p u n k t e b e i d e r k i i n f t i g e n f o r s t l i c h e n B e w i r t - s c h a f t u n g d e r W a l d u n g e n d e s O d e n w a l d e s e i n e w e i t g r 6 r i e r e B e d e u t u n g v e r d i e n t , a l s d i e s b i s h e r d e r F a l l w a r .

c) F i c h t e

Aus vorsichtigen Anf~ingen heraus hat die Fichten-Fl~iche (siehe Alters- klassen-Tabelle 1946) yon Jahrzehnt zu Jahrzehnt stets zugenommen, und bat in den letzten 20 Jahren sprunghaft an Ausdehnung gewonnen.

Die GriJnde hierftir sind die- 2asho selben, die seinerzei.t den Forst- 11"i meister JXGER veranlariten, die ['."i Kiefer in verst~rktem Marie an- ..'. zubauen.

• "".. Die erheblichen Ubernutzungen ..[... ~Ta so seit 1934 hatten eine HShe, die mit ::" .....~ii~ ~ ao ea normalen Durchforstungen und . [ ~ ~ 1 sna den planm{iriigen Haupmutzungen 7-20 20-qo ¢0-00 60-80 80-700 giber 700

Abb. 5." (Veri.-Hiebe) nicht gede&t werden Altersklasseniiberslcht far Fichte. Revier Eulbach. 1 9 4 6 konnten. Sie hatten aurierpian-

miiriige Kahlhiebe zur Folge, wollte man nicht die ganzen Reviere verhauen. Diese Fl~i&en muf~ten schnell, mit geringem Arbeitsaufwand (Kriegszeit) billig und zuverl~issig, ohne grorie Nachbesserungen in Kulturzustand gebracht werden. Die hohen Massenleistungen, ihre gute Verzinsung, die gute Verwertbarkeit des Holzes bei dem heutigen Stand der industriellen Wirtschaft, dies alles sind Gr[inde genug, um sie als Wirtschafts-Holzart auf den Vordergrund treten zu lassen. Hinzu kommt, dari sich hier die vorhandenen ~ilteren, reinen Fichten- Best~inde in feuchten, lehmigen Talmulden oder auf L6rilehm sto&end, oder horstweise in Buchenbest~inden eingemischt, zu massenrei&en, wti&sigen Be-

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als eine Grundlage der Waldbauplanung 507

st~inden II Bon. entwickelt haben und zum Fingerzeig fiir die Holzartenwahl wurden. Zweifellos werden auch die heranwachsenden Fi&tenkulturen in

4 0 Jahren mit ihren hohen Vornutzungs-Ertr~igen eine unsch~itzbare Hilfe fiir den Wirtschafter sein, der nach den Ubernutzungen der Gegenwart nicht mehr iiber Altholz-Vorr~ite verfiigen wird.

qSg

. . . . 79~5 79¢6

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8uche Fichte K/e£et"

Abb. 6. Zunahme der Fichte auf Kos~en yon" Buche und Kiefer. in den

letzten 20 Jahren im Revier Zell

Trotz all dieser umstrittenen Vorziige darf jedoch auf dem n~ihrstoff- und kalkarmeri Bunt- sandsteinboden ihre Gefahr fiir eine Bodenver- schlechterung nicht iibersehen werden, und dies ist hinsichtlich ihres Anbaues in Zukunft s t ~i r - k e r zu beriicksichtigen.

Die Fichte leistet Hervorragendes , aber man d a r i dabei nicht iibersehen, daft sie nun einmal auch eine a n = s p r u c h s v o 11 e Holza r t ist, die mit der durch sie ver- ursachten Bodenvers~iuerung und ihren Folgen fiir das Bodenprofil und den N~ihrstoffgehalt des Bodens sich fiir die n~ichste Waldgenera t ion ungiinstig auswirken kann, wenn d e r Boden nicht in der Lage ist, diese Gefahren durch Basengehalt auszugleichen. Man dar f sich durch die Leistung der e r s t e n Generat ion nicht t~ius&en lassen, die Fichte hier als standortgerecht anzusehem Es ist viel-

mehr als sicher anzunehmen, dat~ hier durch den Fichten - R e i n b e s t a n d der Boden- zustand weitgehend verschlechtert wird und die Leistungen sp~itestens in der zweiten Gene- ra t ion w e s e n t I i c h abfallen werden, wie dies yon WIEDEMANN in Sachsen nach dem Uber- gang yore Bu-Fi-Bestand zum Fichten-Reinbestand festgestellt wurde. (1--1 ~ Ertragsstufe.)

Der Fichte im R e i n b e s t a n d gegeniiber erscheint hier auf den meisten Buntsandstein-Standorten Zurii&haltung am Platze, sollen unsere Nach- kommen in 100 Jahren nicht vor degradierten B6den stehen. Zum mindesten bedarf aber diese wichtige Frage einer eingehenden bodenkundlichen Unter- suchung fiir die 6rtli&en Verh~ilmisse. Der Fl~i&enanteil, der der Fichte zu- zubilligen ist (auf fris&en Lehmb6den, Mulden usw.) diirfte s&on iiber- schritten sein.

Im ei n s e i t i g e n Streben nach hSchster Massenleistung kann die Oberfiihrung in eine reine Fi&tenwirtschaft - - selbst nach erfolgter techni- scher Boden-Melioration mit Kalk eines Tages schwere unvorhergesehene Ri.i&schl~ge - - z. B. dutch Sturm oder Insekten-Kalamiditen zur Folge haben, die alle hochgespannten Hoffnungen vernichten wiirden. Eine einzelne Privatverwaltung darf auch nicht alles auf eine Karte setzen! Dariiber hinaus sind hier im Odenwald zweifellos H o 1 z a r t e n - M i s c h u n g e n (Lgt, Ki, Bu) heranzuziehen, die in ihren Ertr~gen den Leistungen des reinen Fichten- Bestandes nicht allzu sehr na&stehen, ohne seine Gefahren zu teilen!

In Mischung mit Bu~e (Einzelmischung) spielt die Fichte dagegen erfah- rungsgem~it~ aueh auf den typischen Buntsandstein-B6den zweifellos eine be- deutende Rolle fiir die Ertragssteigerung der Waldungen, ohne daft ihle sch~idlichen Auswirkungen auf den Boden zur Geltung kommen. Voraussetzung daftir sind abet Buchen-Nat.-Verj., Voraussetzungen, die durch das Zuriick- dr~ingen der Buchen-Fl~chen leider in vielen F~illen nicht mehr gegeben sind und dutch die Buchen-Brennholzhiebe der letzten kohlenlosen Winter weiter beeintr~ichtigt werden! Wir steuern also leider immer weiter in Richtung auf den Fichten-Reinbestand!

Far die Erziehung yon Fichten-Laubholz-Mis&best~inden ist ferner die Vorwtichsigkeit und Unduldsamkei t der Fi&te zu beriicksichtigen. Das Laubholz muff einen betr~ichtlichen Fl~chenanteil haben und muff h o r s t w e i s e b e i g e m i s c h t sein, da jeder Einzelstamm in der Jugend rettungslos verloren ist. So ist bei Auffors tung yon Eichen-Niederwaldungen

33*

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508 U. RODENWALDT : Reviergeschichte

mit Fichte das letzte diinne Eichen-St~ingelchen nach 30 Jahren abgestorben. Auch in Dickun- gen sehen wir in schSnen Mischverjiingungen yon Fi, L~i, Ki, Bu die Fichte alle anderen Holzarten verdr~ngen, wenn nicht die Jungwuchspflege das angestrebte Mischungsvorh~lmis erh~lt.

Die Verj~ingungs-Freudigkeit der Fichte ist grog.

d) WeiBtanne

Auch die Tanne fehlt im urspriinglichen Naturwald des Odenwaldes. HAUSRATH Rihrt dies darauf zuriick, daf~ bier die Niederschl~ige urn etwa 200 mm geringer sind als im Schwarzwald!

An Versuchen, die Tanne kCdnsttich einzubiirgern, hat es aber nicht ge- fehlt. Als Weiser rnag ein um 1660 bei Wermbach im sogenannten ,,Fichten- garten" begr~ndeter Bestand gedient haben, der nach JKGER 1845 185j. Stiimme mit 43 m H/She (172.Fut~), Stammumfang von 4,25 m (170 Zoll) und Inhalt von 16 fm (1000 Kubikfuf~) aufwies. Auch bei Hirschhorn a. N. und im Revier Reichenberg gab es damals je einen kleinen Bestand aus dem 18. Jahr- hundert. Im Distrikt Reichenbergerhang (Rev. Reichenberg) steht heute davon noch ein letzter, sehr alter, starker Tannen-Uberh~ilter mit 35 m H~She und 106 cm Durchmesser = 12 fm tnhalt.

Von 1816--1826 wurde z. B. 870 kg Tannensamen angekauft, bei einem damaligen Samenbedarf yon 60 kg ie Hektaro

Im Betriebswerk fiir das Revier Zell 1896 findet sich die Bemerkung, daf~ die Weii~tanne ,,zur Erziehung gemischter Best~inde i n r e i c h 1 i c h e m M a t~ e in die Jungwiichse eingebracht wird. Sie wird z. T. in reinen Horsten angebaut, und zwar unter dem Schutz der Buche an Orten, wo die Buche nicht gCdeiht und eine Umwandlung in Nadelholz als geb6ten erscheint. In Einzel- mischung mit der Buche mui~ die Weii~tanne schon bei Stellung des Vorberei- tungshiebes eingebracht werden, umbei ihrem l angsamen Wuchs in der Jugend~ zeit der Uberwucherung durch die Buche Vorzubeugen".

Viel ist yon den vielen Versuchen aber nicht ~ibrig geblieben, einige starke Tannen-Uberh~ilter, ein kleines, wiichsiges, aber verlichtetes 68j. Tannen- Baumholz, und ein 50j. Tannen-Stangenholz, das s t a r k e T r o c k n i s auf- weist. Auch in jiingerer Zeit - - um 1925 herum - - wurde unter dem Einflut~ eines staatlichen Inspektionsbeamten der Anbau der Tanne durch Voranbau und Auspflanzen yon Liicken mit allen Mitteln in allen Revieren versucht. Diese jetzt 20--25j. Tannen sind heute kniehoch, ausgesprochen Wild~isungs- Pflanzen.

All diese Bilder sind besonders im Hinblick auf eine wirtschaftliche Um- triebszeit von 80--100 Jahren nicht ermutigend. Die Tanne d~rfte daher auch in Zukunft die Wirtschaft. nicht mat~geblich beeinflussen.

Es ist wichtig, dies bestandesgeschichtlich festzustellen, damit in 20 oder 30 Jahren nicht wieder unn/Stige, kostspielige Versuche unternommen werden.

e) Buclle

Die Buche, die sich - - wie ja schon J~/~GER festgestellt hat - - hier leicht veriiing t, zeigt heute in allen Altersklassen ein normales freudiges Wachstum und bildet - - waldbaulich gesehen - - scbASne Best~inde. Die f r ~ e r beschrie- benen Zuwachs-Stockungen und Gipfeldiirre sind verschwunden, nachdem die Streunutzung zur~ckgegangen ist und der Boden nicht mehr von Jahr zu Jahr ausgepliindert wird.

In den Buchen-Best~inden werden seit 1920 starke Hochdurchforstungen gefiihrt, die - - unter Erhaltung des lebensf~ihigen Unterstandes - - eine Be-

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als eine Grundlage der Waldbauplanung 509

standes-Kreisfl~iche yon 23m25 qm anstreben, und in ihren Massenleistungen etwa den Angaben der Ertragstafel von SCHWAPPACH fiir ,,lockeren Schluf~" entsprechen.

Beispiel: Kreuzgraben 14 Buche III 94j. 23,4 qm 298 fm je ha

Beispiel: Litzert 4 a Buche III 107j. 22,9 qm 330 fm je ha

ES sind Bestandes-Bilder, f/Jr die dem Revierverwalter sdner Zeit die Anerkennung fiir vorbildliche Durchforstung durch das Reichsforstamt aus- gesprochen wurde.

Ertragsm~it~ig gesehen kann aber heute der B u c h e n - R e i n b e s t a n d mit dem langen, mindestens 120j. Umtrieb und dem verh~iltnism~if~ig geringen Nutzholz-Prozent, sowie den geringen Buchen-Stammholzpreisen nicht als das ideale Wirtschaftsziel angesehen werden.

U m so gr/51~er i s t d i e B e d e u t u n g d e r B u c h e a b e r h i e r a u f d e m n ~ i h r s t o f f a r m e n B u n t s a n d s t e i n a l s M i s c h - h o l z a r t .

Vide der heute als Reinbest~inde erscheinenden Buchen-Best~inde sind urspriinglich Mischbest~inde gewesen: bis zum Jahre 1934 wies das Revier noch groi~e Vorr~ite (40 000 fm) an Mischh/51zern (Ki, Fi, L~i, Ei) auf, einzeln oder truppweise verteilte, mittelstarke - - starke (25--90 cm BrusthShen-Dm,) hiebsreife Werth/51zer. Diese hiebsreifen WerthiSlzer wurden zum griSi~ten Teil als Sonderhieb herausgezogen. Aus dem derzeitigen Bestandesbild kann man daher nicht immer Ri~ckschliisse tiber ihre urspriingliche Bestandes-Zusam- mensetzung oder auf ihre Begri~ndung ziehen. Sie haben ihre wirtschaftliche Aufgabe bereits erfiillt und mahnen uns, ktinftig nach gleichen erfolgreichen Grunds~itzen zu ~ arbeiten wie unsere Vorfahren, denn diese Best~inde waren die Wertholz-Tr~iger.

Der Buchen-Bestand, wertm~if~ig angereichert durch Beimischung von Ki, Fi, L~i oder der Nadelholz-Bestand mit Beimischung yon Buche zur Wahrung der Bodenkraft, ein allgemein anerkanntes forstliches Ideal, ist trotz des Sonderhiebes g!iicklicherweise immer noch in verschiedenen Variationen vor- handen: als 1. Buche mit Beimischung yon Kiefer und Fichte,

2. Buche mit Beimischung von 0,1 Eiche und 0,1--0,2 L~irche, 3. Mischbestand yon 0,4 Kiefer, 0,4 Buche, 0,2 L~irche, 4. Mischbestand yon 0,7 L~irche und 0,3 Buche, 5. Kiefer mit Beimischung yon 0,1--0,2 Buche. Diese, dem natiirlichen Waldbild ~ihnlichen und forstlichen Idealbildern

nahekommenden oder gar entsprechenden Best~inde erm/Sglichen nicht nur Ver- gleiche, ertragskundliche Untersu&ungen und eine Urteilsbildung, sondern beweisen zugleich, w a s im Odenwald geschafft werden kann, w~ihrend die Bestandesgeschichte uns das W i e erkl~irt und uns die Nachahmung erleichtert: Einige Bestandesgeschichtliche Beispiele fi.ir die verschiedenen Mischungsformen wurden bereits in den vorhergehenden Abschnitten besprochen.

Diese Mischbest~inde beruhen auf der Voraussetzung des Vorhandenseins eines Buchen-Vorbestandes zur natiirlichen Beimischung der Buche. U m s o b e d e n k l i c h e r muf~ d i e F e s t s t e l l u n g s t i m m e n , daf~ d a s B u c h e n - V o r k o m m e n f l ~ c h e n m ~ i t ~ i g a u f 2 3 % a b g e s u n - k e n i s t und in den kohlelosen Jahren zur Erf~illung der Buchen-Brennholz- umlagen fiir die Bev~lkerung der Groi~st~idte (hier Darmstddt, Frankfurt,

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'510 U. RODENWALDT: Reviergeschichte

Offenbach) r a p i d e w e l t e r a b g e s u n k e n i s t , da diese Umlagen nur dutch riicksichtslose, jedem forstlichen Wissen und Gewissen wider- sprechende Hiebe erf/.illt werden konnten.

Gewit~, man kann Buche auch durch Unterbau oder Voranbau einbringen, eine Maf~nahme, die hier seit 20 Jahren in mehreren Best~inden unter Kiefer ausgefiihrt wurde, aber es ist bekannt, wie kostspielig, schwierig, langwierig und oft entt~iuschend diese Maf~nahmen sind (Wildverbii~).

Neben seiner Vorratsminderung durch die Uberhiebe erfolgte also eine schwere w a l d b a u l i c h e S c h ~ i d i g u n g , auf die einmal unter nod~- maligem Hinweis auf die Ubersicht der.Entwicklung der Holzartenverteilung nachdriicklich hingewiesen werden muff, a a d e r B u c h e n - R ii c k g a n g i m O d e n w a l d b e r e i t s e i n e n s e h r e r h e b l i c h e n U m f a n g a n g e n o m m e n h a t .

In allen Abteilungen, die noch v o n d e r Buche bestockt sind, muf~ daher z i e 1 b e w u i~ t versucht werden, diese Holzart durch Nat.-Verj. zu erhalten, sobald die Best~inde zum Hieb herangezogen werden miissen. Gelingt eine liickige Verj~ingung, so ist damit die beste M~Sglichkeit gegeben, geeignete wertvolle Mischholz-Arten zur Massen- und Wertsteigerung einzeln oder horstweise einzubringen und das ideale Wirtschaftsziel zu erreichen. Dariiber hinaus mu~ aber versucht werden, soweit dies finanziell und arbeitstechnisch i~berhaupt nur m~Sglich' ist, durch Voranbau oder Unterbau mit Buche dieser Holzart den gebiihrenden Anteil wiederzugewinnen, in einem gr6t~eren Umfang, als dies bisher der Fall war.

f ) Eiche

Die Eiche, nach JXG~r, bis in den Anfang des 18. Jahrhunderts neben der Buche H a u p t h o 1 z a r t , ist praktisch als Wirtschafts-Holzart verschwun- den und nur noch einige ganz wenige,-etwa 100j. Best~inde und einige unter Naturschutz stehende alte knorrige Waldriesen, zeugen noch yon der einstigen Sch6nheit des urspr~inglichen Waldbildes.

Noch vor 100 Jahren wird die Eiche als wichtige Mischh01zart in den meisten Best~inden erw~ihnt, und es m~issen nach den Bestandes-Beschreibungen noch Vorriite yon 150--200j. Stark-H~51zern vorhanden gewesen sein. Diese Vorr~ite sind im Laufe der Zeit - - bis auf ganz unbedeutende Reste - - ver- braucht, in einigen Buchen-Besfiinden finden wir noch eine Beimischung von 0,1 80j. schwache Eichen-Baumh61zer, aber j~ingere Best~inde, Nachwuchs fehlt :¢ollkommen.

Eine kleine Privatverwaltung kann sich im Zeitalter der durch hohe Lasten erzwungenen h/Schsten Rentabilit~it nicht den Luxus einer mindestens 160j. - - fiir Furnier-Holzzucht 300j. - - Umtriebe gestatten! Um so mehr muf~ der Staat als forstlicher GrolSgrundbesitzer dieser Holzart die notwendige Beachtung schenken und sollte ihr im Odenwald einen angemessenen Fl~chen- Anteil einr~iumen.

g) Ausl~nder-Anbau Weymoutl~s-Kie~er

Weymouths-Kiefern, von denen die ~iltesten etwa 50 Jahre alt sind, finden sich in allen Revierteilen, meist an Weg- und Bestandes-R~indern einzel- stammweise oder reihenweise beigemischt. In den Revieren Eulbach und Reichenberg stehen einige kleine r e i n e Wey.-Ki-Best~inde. Heute wird nut noch einzelstammweise Beimischung im Bestandesinnern vorgenommen, um

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als eine Grundiage der Waldbauplanung 511

Schmuckreisig-Diebstahl, dem die B~iume an den Wegr~indern besonders aus- gesetzt waren, zu mindern.

Die bisher gemachten Erfahrungen hinsichtlich ihrer hohen Wuchsleistung und ihr g[instiger Einflui~ auf den Boden (Verdr~ingen der Heidelbeeren durch die dichte Nadeldecke) sind sehr gut. Andererseits ist aber auch der Befall mit Blasenrost sehr stark, der den Aushieb vMer befallener St~imme erforderlich macht. Trotzdem wird man auch in Zukunft diese Holzart mit Vorteil als M i s c h h o 1 z - A r t verwenden k/Snnen.

• Douglltsi e

Seit 50 Jahren wird auch die Douglasie vMfach an Bestandesr~indern oder einzeln und in kleinen Horsten in Bu-Nat.-Verj. oder Schneebruch- Lficken eingebracht. Die Wuchsleistung dieser wertvollen Holzart - - deren Schmuckreisig auch f~ir die Gr~ifliehe Hofg~irtnerei eine beachtliche Neben- nutzung liefert - - sind erstaunlich.

Beispiel" Eine 1906 gepflanzte, also 40j. Douglasie im Revier Zell hat heute eine H~he Von 23 m, 50 cm Durchmesser und einen Inhalt yon 2 fm! Dort findet sich auch auf einigen Bestande'sl~icken bereits Douglasie-Anflug.

VH. Riickblick und Ausbliek

Der innere Odenwald war bis etwa zum Jahre 1000 ein geschlossener B u c h e n - E i c h e n - U r w a l d ,

durch den die R~Smer einige Straiten gelegt, den Limes (im 1. Jahrhundert) mit Kastellen (hier Eulbach und Wi~rzberg) und Wachti~rmen gebaut hatten, mit einigen kleinen Siedlungen, die aber den Wald noch nicht umzugestalten vermochten.

Hierher zogen die Burgunder von Worms her zur Jagd. Hier gab es B~iren, W61fe, Luchse, starke Hirsche und gro~e Keiler, und unweit vom Revier Reichenberg, am Spessart-Kopf, ist eine der Quellen, die f/.ir sich den Namen Siegfried-Brunnen in Anspruch nimmt.

Zwischen 1000 und 1300 erfolgt die Besiedlung. Der Wald wurde auf einen Fl~ichenanteil yon etwa 50 % zuriickgedr~ingt. Aber der Mensch griff auch r~cksichtslos in den verbleibenden Wald ein, es entstand die

M i t t e l w a l d w i r t s c h a f t , in der die E i c h e als Lichtholzart im Oberholz die dominierende Holzart war, w~ihrend vermutlich die B u c h e gleichzeitig im

B u c h e n - E i c h e n - P l e n t e r w a l d , der sich aus dem Urwald entwickelte, erhalten blieb.

Eine weitere Ubernutzung des Oberholzes im Mittelwald und der stei- gende Bedarf an Brotgetreide und Buchweizen f~ir die wachsende Bev61kerung fiihrten teilweise zum

N i e d e r w a l d m i t H a c k b a u . Seit dem 30j. Krieg und den Pfalzverwi~stur~gen l~if~t sich dann immer

mehr "der Riickgang der Mittelwald-Fl~ichen feststellen, sie werden z . T . iiberfiihrt in

B u c h e n - E i c h e n - H o c h w a l d u n g e n , "die im regellosen Plenterbetrieb bewirtschaftet werden.

Das 18. Jahrhundert bringt wichtige Netlerungen: Es wird zum ersten- real der Begriff der N a c ti h a 1 t i g k e i t formuliert und in eine Dienst- anweisung aufgenommen; man erkennt die Nachteile eines regellosen Plenter-

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betriebes, man sucht und findet den Ubergang zum schlagweisen Hochwald, dem

G r o f ~ - S c h i r m s c h l a g . Zur Aufforstung von •dland, devastierten Mittel- und Plenterwaldfl~ichen wird die

K i e f e r eingebiirgerfi

Aber eine neue forstliche Idee ben6tigt bekanntlich ihre Keimruhe! So ging es auch h i e r - nach sehr hoffnungsvollen und erfolgversprechenden Anf~ingen in der Mitte des Jahrhunderts - - zun~ichst wieder weiter 60 Jahre bergab, bis zur fast vollst~indigen Waldverwiistung im Anf'ang des 19. Jahr- hunderts.

Die Holzvorr~ite der heranwachsenden Hochwaldungen reizten zur egoistischen Ubernutzung unter Aut~erachtlassung des bereits bekannten Be- griffs der Nachhaltigkeit. Gleichzeitig entwickelte sich das Wirtschaftsleben, stieg der Holzbedarf und das Schreckgespenst der Holznot klopfte energisch an die Tfir. In dieser Zeit des Niederganges erstehen uns aber die Grof~en unter den Forstleuten, erkennen die Gefahren und die Bed~irfnisse der Zeit und schaffen nun die

p l a n v o l l e , n a c h h a l t i g e F o r s t w i r t s c h a f t . Sie greifen notgedrungen zum Nadelholz, um die Holznot zu bannen und den Wald so schnell als m6glich wieder in ertragsf~higen Zustand zu bringen.

Das 19. Jahrhundert schafft so den K i e f e r n - H o c h w a l d ,

w~ihrend im 20. Jahrhundert die F i c h t e

bevorzugt angebaut wird. So ~iiberwiegt heute mit mehr als 75 % der Nadelholz-I-iochwald, w~ih-

rend die Buche immer weiter in den Hintergrund zuriicktritt und die Eiche und der Niederwald fast restlos verschwinden, ihre Wirtschaftlichkeit ver- loren haben.

illtll'i'1l']Tl- i'rltllllllllll l l1575777 ! >=: ...... • Jahr 80~ 1000 1300 1700 1750 1800 1950

Abb. 7. Versuch einer sd~ematischen Darstellung der Entwicklung der Wirtschaftsformen urld der Hauptholzarten seit dem Jahre 800 im Kreis Erbach

So gab der Mensch in wenigen Jahrhunderten dem Wald mehrfach eine vSllig andere Zusammensetzung und einen anderen Aufbau. Zun~ichst un- bewuf~t und hemmungslos seinen Trieben und Bediirfnissen folgend, bis die Not ihn zur Einsicht zwang und ihn neue Mittel und Wege zur Hebung der Ertragsf~ihigkeit des Waldes finden liei~en. Selbstverst~indlich war nicht alles richtig, fehlten doch zun~ichst die waldbaulichen Erfahrungen und alle wissen- schaftlichen Erkenntnisse. Wir sind heute in der gliicklichen Lage, die Ergeb- nisse einer 120j. planvollen Forstwirtschaft kritisch, zu betrachten, auf ihre Brauchbarkeit iiberprfifen und daraus lernen zu k6nnen. Wit haben aber

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als eine Grundlage der Waldbauplanung 513

damit auch die V e r p f 1 i c h t u n g , unsere Schluf~folgerungen in die Ta t umzusetzen!

Beim Abw~igen aller Faktoren und bei dem derzeitigen Stand unseres Wissens kommt man zu dem Schlui~, daf~ wieder einmal eine n e u e Richtung eingeschlagen werden muf; mit dem Ziel, die N a d e l h o l z - R e i n - b e s t ~i n d e wieder verschwinden zu lassen und das Waldbild in einen

N a d e l h o l z - B u c h e n - M i s c h b e s t a n d

umzugestalten. D i e s i s t k e i n e n e u e E r k e n n t n i s , schon unsere forstlichen Vorfahren waren sich fiber die Vorzfige dieser Waldform im klaren, und in allen Wirtschafts-Gutachten der letzten 100 Jahre wird dies betont, auch wurden in dieser Zeit die Mischbest~inde begriindet, aus deren Zusam- mensetzung und Wuchsleistung wir heute dieses Wissen sch~Spfen! Aber im Grol~en gesehen hat die Praxis diese Forderung nicht gentigend in die Ta t umsetzen ktSnnen, und wenn wir heute noch lange zaudern, wird die Buche in grof~en Teilen des Odenwa!des so welt zurfickgedriingt sein, daf~ das Ziel zu erreichen fast unmiSglich sein wird. Diese Aufgabe mug daher mit Energie und z i e 1 b e w u t~ t angepackt werden!

Uber dieses Ziel und die Wege, die zu seiner Verwirklichung fiihren, mut~ man sich heute aber um so mehr und um so eher klarwerden, als die derzeitigen Ubernutzungen zu einer Abnutzung der noch vorhandenen ~ilteren Best~inde i n s c h n e 1 1 e m T e m p o ffihrt und parallel dazu eine verst~irkte Kulturt~itigkeit nicht nur die wichtigste Aufgabe ist, sondern diese auch das Waldbild in verh~,iltnism,if~ig kurzer Zeit e n t s c h e i d e n d beeinflussen wird. Der Forstmann mug nun versuchen, die Sch~iden, die in den letzten Jahren dem Walde zugefiigt wurden, unter Beriicksichtigung aller stand/Srt- lichen, wirtschaftlichen und bestandesgeschicbtlichen Erkenntnisse wiedergut- zumachen, neue Best~inde zu begriinden, die hochwertiger, betriebssicherer und leistungsf~ihiger sind als ein reiner Kiefern- oder Fichtenbestand. M u s t e r - b e s t ~i n d e , die unseren forstlichen Zielen entsprechen oder nahekommen und deren Bestandesgeschichte genau bekannt ist, k/Snnen dabei dem Wir t - schaft ein wertvoller Weiser sein. Gleichzeitig sollen sie dem forstlichen Nachwuchs vor Augen ffihren, w a s geschaffen werden kann und w e 1 c h e W e g e zu diesem Ziel geffihrt haben.

Liter~tur-Verzeichnis

1. BUXBAUM, Beitr~ige zur Siedlungs- und Wirtschaftsgeschichte des Odenwaldes. 1928. Selbstverlag, Michelstadt.

2. Graf EBERt~ARD ZU Erbach-Erbach, Ober Hochwaldwirtschaft in Rot- und Damwild- Tierg/irten. Allg. Forst- und Jagdzeitung 1860.

3. F6rtLiscfi, Forstliche Reise durch den hess. Odenwald. 1864, Karlsruher Braun'sche Hofbuchdruckcrei.

4. HAUSRATrt, H., _Anderungen in der Bestockung des Pf~ilzer Odenwaldes. Forstw. Central- blatt 1905.

5. HAUSRATrt, Zur Geschichte des Schirmschlags. Allg. Forst- u. Jagdzeitung 1943, Heft 1. 6. HAvst~Azrt, Die Geschichte des Waldeigentums im Pf~ilzer Odenwald. Karlsruhe 1913. 7. HEXER, C., Der Waldbau oder die Forstproduktenzucht. Gieflen 1854. 8. HILt, R.B., Der Wald in Geschichte und Gegenwart. Potsdam 1938. 9. IrtRic, Uber Hochwaldwirtschaft in Rot- und Damwild-Tierg~irten. Altg. Forst- u.

Jagdzeitung 1858 und 1870.

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514 U. RODENXCALDT : Reviergeschichte

10. JXGrR, J . P . E . L . , Der Hack- und R/Sdewald. Darmstadt 1835, Verlag Dingeldey. 11. J~Grg, J . P . E . L . , Die Land- und Forstwirtschaft des Odenwaldes. Darmstadt 1843,

Verlag Dingeldey. 12. J~ioEg, J . P . E . L . , Anleitung zum Betrieb der Privatforstwirtschaft des Odenwaldes.

Darmstadt 1848, Verlag Kichler. 13. J~orR, J. P. E. L., Das Forstkulturwesen in Theorie und Praxis. Marburg 1849, 1865.

Elwert'sche Univ.-Buchhandlung. 14. JAESCHHE, Zur Waldgeschichte des 'Odenwaldes und des Taunus (Pollenanalytische

Untersuchungen). Forstwiss. Centralblatt 1935. 15. KILLINGER, Die l~indl. Verfassung der Grafschaft Erbach und der Herrschaft Breuberg

im 18. Jahrhundert. Strat~b~rg 1912. 16. Kr~mIus, De aera aquis et locis agri erbacensis atque breubergensis largi Oden-

waldieae tractus. Frankfurt et Lipsiae 1754. 17. KNAVV, R., Uber Pflanzengesellschaften der W~ilder im Odenwald. 1946. 18. KocH, Forstrat, Die Einbfirgerung der Kiefer in der ehem. Grafschaft Erbach im

Odenwald. Allg. Forst- u. Jagdzeitung 1930. 19. KocH, Forstrat, Die Verjiingung der Kiefer im Michelst~idter Stadtwald. Bericht des

hess. Forstvereins 1926. 20. v. SALZSCH, Die Forst~thetik. Berlin, Springer, 1902. 21. SCHOBER, R., Monographie der L~irche. 22. SZEGER, Die Geschichte der Forstwirtschaft des hess. Odenwaldes. Mainz 1933. 23. SIMON, Die Geschichte der Dynasten und Grafen zu Erbach und ihres Landes. Frank-

furt/M., Verlag Br~Jnner 1858. 24. VANSrLOW, K., Waldbautechnik im Spessart. Verlag Springer, Berlin 1926. 25. WiEDEMANN, E., Zuwachsrfickgang und Wuchsstockung der Fichte. Tharandt 1923.

Quellen~ngabe

1. Die F o r s t a k t e n d e r G r ~ i f l . R e n t k a m m e r zu Erbach. Insbesondere: Erbach'sche Forstordnung yon 1672 und 1 7 2 1 Dienstanwelsung fi.ir den Oberj~iger Pabst 1758 Revierbeschreibung des Reviers Reichenbei~g 1802 Gut- achten des Forstgeometer J~iger 1826 Revierbeschrelbung s~imtlicher Reviere yon J~iger 1826 Dienstinstruktion fiir Revierf~rster 1832 - - Ertragstafel fiir die Erbach'sehen Waldungen 1829 Guta'chten des Forstinspektors Frhr. v. Diemar 1842 Gutachten yon Prof. Baader 1934 - - Kulturnachweisungen Holzeinschlagsnachwei- sungen - - Betriebsstatistik Jagdakten - - Betriebswerke yon 1838, 1859, 1900, 1925, 1835, 1946.

2. A r c h i v d e r G r ~ i f l . E r b a c h - F i i r s t e n a u i s c h e n R e n t k a m m e r in Steinbach. Taxation yon 1766. Taxation yon 1800.

3. F o r s t a k t e n d e s S t a d t a r c h i v s in Michelstadt. 4. F o r s t a k t e n de~ S t a d t a r c h i v s in Erbach. 5. Fiirstl. L~Swenstein-Wertheim-Rosenberg'sches Archly zu Wertheim a. Main.

,,Breuberger gemeinsch. Archly". Rep. 26 b.