stampfer objekt des monats, august 2001

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Gerät zum Betrachten der Stampfer-Scheiben Foto: P. Amand Kraml Objekt des Monats aus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster August 2001 Prof. Stampfers Stroboscopische Scheibe Nr. XIX Pappe, Papier, Durchmesser: 29 cm Inv. Nr.: 11122401( - 11122419) Foto: P. Amand Kraml Simon Stampfers Stroboskopische Scheiben Bei "Prof. Stampfers Stroboscopische Scheiben", auch als "optische Zauberscheiben" bezeichnet, handelt es sich um Pappe-Scheiben in einer Größe von 28 - 29 cm Durchmesser. Auf beiden Seiten sind kolorierte Stiche mit verschiedenen radiär angeordneten Motiven aufgeklebt. Am Rand ist eine unterschiedliche Anzahl von Schlitzen (8-13) variabler Breite geschnitten oder gestanzt. 1833 erlangt Simon Stampfer auf seine Erfindung, die im Verlag Trentsensky und Vieweg, Wien und Leipzig aufgelegt wird, das Privileg mit Nr. 1920: 1920. S. Stampfer, Professor am k. k. polytechnischen Institute in Wien. (Wieden , Nro. 64), und Mathias Trentsensky; auf die Erfindung, Figuren und farbige Formen, überhaupt Bilder jeder Art, nach mathematischen und physischen Gesetzen so zu zeichnen, dass, wenn dieselben mit gehöriger Schnelligkeit durch irgend einen Mechanismus vor dem Auge vorbeigeführt werden, während der Lichtstrahl beständig unterbrochen wird, die mannigfaltigsten optischen Täuschungen

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A List of Stampfer's stroboscopic discs.

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Page 1: Stampfer Objekt Des Monats, August 2001

Gerät zum Betrachten der Stampfer-ScheibenFoto: P. Amand Kraml

Objekt des Monatsaus dem Museum der Sternwarte Kremsmünster

August 2001

Prof. Stampfers Stroboscopische Scheibe Nr. XIX

Pappe, Papier, Durchmesser: 29 cmInv. Nr.: 11122401( - 11122419)

Foto: P. Amand Kraml

Simon Stampfers Stroboskopische ScheibenBei "Prof. Stampfers Stroboscopische Scheiben",auch als "optische Zauberscheiben" bezeichnet,handelt es sich um Pappe-Scheiben in einer Größevon 28 - 29 cm Durchmesser. Auf beiden Seitensind kolorierte Stiche mit verschiedenen radiärangeordneten Motiven aufgeklebt. Am Rand isteine unterschiedliche Anzahl von Schlitzen (8-13)variabler Breite geschnitten oder gestanzt.

1833 erlangt Simon Stampfer auf seine Erfindung,die im Verlag Trentsensky und Vieweg, Wien undLeipzig aufgelegt wird, das Privileg mit Nr. 1920: 1920. S. Stampfer, Professor am k. k.polytechnischen Institute in Wien. (Wieden , Nro.64), und Mathias Trentsensky; auf die Erfindung,Figuren und farbige Formen, überhaupt Bilderjeder Art, nach mathematischen und physischenGesetzen so zu zeichnen, dass, wenn dieselben mitgehöriger Schnelligkeit durch irgend einenMechanismus vor dem Auge vorbeigeführt werden,während der Lichtstrahl beständig unterbrochenwird, die mannigfaltigsten optischen Täuschungen

Page 2: Stampfer Objekt Des Monats, August 2001

Stampfers PorträtArchiv der Sternwarte

in zusammenhängenden Bewegungen und Handlungen dem Auge sich darstellen, und wobei diese Bilderam einfachsten auf Scheiben von Pappe oder irgend einem andern zweckmässigcn Materiale gezeichnetwerden, an deren Peripherie Löcher zum Durchsehen angebracht sind. Wenn diese Scheiben, einemSpiegel gegenüber, schnell um ihre Achsen gedreht werden, so zeigen sich dem Auge beim Durchsehendurch die Löcher die belebten Bilder im Spiegel, und es können auf diese Weise nicht nur Maschinen-Bewegungen jeder Art, z. B. Räder und Hammerwerke, fortrollende Wägen und steigende Ballons,sondern auch die verschiedenartigsten Handlungen und Bewegungen von Menschen und Thierenüberraschend dargestellt werden. Auch lassen sich nach demselben Prinzipe durch andere mechanischeVorrichtungen selbst zusammengesetztere Handlungen, z. B. theatralische Szenen, in Thätigkeit begriffeneWerkstätten etc., sowohl durch transparente als auch nach gewöhnlicher Art gezeichnete Bilderdarstellen. Auf zwei Jahre; vom 7. Mai. (Jb. Polytechn. Inst. Bd. 19, 406f.)

"Als ein Unbekannter" mit einer besonderen Vorliebe zur Mathematik stelltesich Simon Stampfer (1790 - 1864) in seinem ersten Brief vom 1817-01-16 anP. Thaddäus Derflinger vor. Als er im Jahre 1833 das Privilegium derösterreichischen Monarchie für seine stroboscopischen Scheiben erhält, ist erbereits ein sehr guter Freund unseres Hauses. P. Sigmund Fellöcker schreibtim Todesjahr Stampfers 1864: "der Mann hat eine so grosse Bedeutung fürdie ganze nachfolgende Geschichte unserer Sternwarte, und diese Briefe sindso interessant für die Geschichte seiner eigenen wissenschaftlichenEntwicklung und so vorbildlich (möchte ich sagen) für das freundschaftlicheVerhältniss, das er noch durch vier nachfolgende Decennien mit unseremHause unterhielt..."Im Ganzen sind ... Briefe von Simon Stampfer in unserem Archiv erhalten.Ein kurzer aber interessanter Hinweis auf die stroboskopischen Scheibenfindet sich in Stampfers Brief vom 1835-12-08 (Brief Nr. 14) an seinen"hochgeehrten Freund" P. Marian Koller: "ich muss mich fast schämen, daßich selbst diese nicht als freundschaftliche Gabe überlassen kann; ich habe nicht nur das Unglück, vondem ganzen Geschäfte nur pekuniären Schaden zu leiden, sondern habe auch vom Verleger [MathiasTrentsensky, Anm.] keine Exemplare erhalten können, um sie an Bekannte und Freunde als Andenken zuvertheilen."[so das Original, im Gegensatz zu anderen Publikationen]P. Sigmund Fellöcker schreibt in seinem Katalog des Physikalischen Kabinetts: "Haben wir in beidenAuflagen (2te Auflage 1835, vide meine Geschichte der Sternwarte S. 260); ich habe sie vereinigt und mitrothen römischen Numern bezeichnet. ... Zum bequemen Drehen und Ansehen der Figuren findet sich eineeigene Vorrichtung im optischen Kasten [Bild links]; es ist damit auch ein Spiegelträger verbunden. Läßtman aber den Spiegel durch jemanden eigens halten, so kann man durch freie Handgriffe, deren mehrerevorhanden, auch den Zweck erreichen." Dabei bleibt aber unklar, welche Scheiben zur ersten Auflage gehören und welche zur zweiten. AusStampfers Beschreibung, die zur zweiten Auflage ausgeliefert wurde und die er dann auch im 18. Bandder Jahrbücher des kaiserl. königl. polytechnischen Instituts veröffentlicht hat, können die 8 Scheiben derzweiten Auflage rekonstruiert werden. (Sie sind in der Tabelle blau unterlegt.) Normalerweise wirdangegeben, dass die erste Auflage nur 6 Scheiben umfasst hätte, eine Rechnung des Jahres 1833 inKammereirechnungen des Stiftsarchivs (717 322) belegt aber den Kauf von 7 Stampfer-Scheiben zumPreis von 4 fl. Die restlichen Scheiben wurden wohl aus dem laufenden Etat des Physikalischen Kabinettsbezahlt, sodass dem Rentamt des Stiftes dafür keine Rechnungen vorliegen. Zu welcher Reihe dieScheiben mit den Original-Nummern XVII - XXII gehören (in der Tabelle rot unterlegt), ist auch nochnicht geklärt.

Hier eine Zusammenstellung der Stampfer-Scheiben der Sternwarte Kremsmünster mit den Nummern undder Beschreibung von P. Sigmund Fellöcker sowie der Original-Nummerierung

Vorderseite Rückseite Fellöcker-Nr

Org-Nr. Beschreibung Bilderzahl

Page 3: Stampfer Objekt Des Monats, August 2001

I.

II.

XIX.

XX.

Hämmernde Schmiede.

Mädchen amZiehbrunnen.

8

III.

IV.

XV.

XVI.

Mädchen amZiehbrunnen.

Ringelspiel.8

V.

VI.

XV.

XVI.

Mädchen amZiehbrunnen.

Ringelspiel.8

VII.

VIII.

XXI.

XXII.

Reitender Trompeter.

Velocipede11

IX.

X.

XIII.

XIV.

Reitender Trompeter; inder Mitte mit ein- oderauswärtsgehendenWellen - je nach derRichtung des Drehens.

Velocipede; in der Mittemit auf- undniedersteigendenKugeln.

11

XI.

XII.

XI.

XII.

Ballspielender sichselbst im Kreisedrehend und hüpfend.

Musicirende undTanzende.

10

Page 4: Stampfer Objekt Des Monats, August 2001

XIII.

XIV.

XVII.

XVIII.

Ballspielender sichselbst im Kreisedrehend und hüpfend.

Köpfe nach Höhe undBreite sich verzerrend.

10

XV.

XVI.

I.

II.

Schwarze und rotheconcentrische Sternenach entgegengesetztenRichtungen rotirend.

Concentrische Räderund Sterneverschiedentlichrotirend; zu äußerstschwarze Dreiecke incentrifugalerBewegung.

13

XVII.

XVIII.

I.

II.

Schwarze und rotheconcentrische Sternenach entgegengesetztenRichtungen rotirend.

Concentrische Räderund Sterneverschiedentlichrotirend; zu äußerstschwarze Dreiecke incentrifugalerBewegung.

13

XIX.

XX.

V.

VI.

Ballone auf Stielen umihre Axe rotirend.

Räder, jedes um seineeigene Axe, und alle umeinengemeinschaftlichenMittelpunkt rotirend,letzterer nachentgegengesetztenRichtungen.

10

XXI.

XXII.

III.

IV.

Ballone auf Stielen umihre Axe rotirend.

Räder, jedes um seineeigene Axe, und alle umeinengemeinschaftlichenMittelpunkt rotirend,letzterer nachentgegengesetzten

10

Page 5: Stampfer Objekt Des Monats, August 2001

Richtungen.

XXIII.

XXIV.

VII.

VIII.

In der Mitte ein großes,dann zwei Zonenkleinerer gezähnter ineinander greifenderRäder, sämmtlichrotirend.

Ungezähnte Räder,rotirend; Hammer aufeinen Ambos schlagend(bei verkehrtem Drehender Scheibe); bei jedemSchlage fällt eine Kugelvom Ambos.

10

XXV.

XXVI.

V.

VI.

In der Mitte ein großes,dann zwei Zonenkleinerer gezähnter ineinander greifenderRäder, sämmtlichrotirend.

Ungezähnte Räder,rotirend; Hammer aufeinen Ambos schlagend(bei verkehrtem Drehender Scheibe); bei jedemSchlage fällt eine Kugelvom Ambos.

10

XXVII.

XXVIII.

X.(XVI.)

IX.(XV.)

Stelzenmänner, auf- undniederbeugend.

Räderstücke, erzeugendlauter rotirende Räder,die aber an ihrem Platzebleiben.

10

XXIX.

XXX.

VIII.

VII.

Räderstücke, erzeugendlauter rotirende Räder,die aber an ihrem Platzebleiben.

Stücke von Buchstaben:OPTIK gebend.

10

XXXI.

XXXII.

XIII.

XIV.

Stücke von Buchstaben:FRANZ gebend.

Der Buchstabe F von8

Page 6: Stampfer Objekt Des Monats, August 2001

Sternen umkreist.

XXXIII.

XXXIV.

III.

IV.

Centrifugale odercentripedale Wellen, jenach der Drehrichtung.

Auf- undniedersteigende Kugeln,größere und kleinere, i.e. beim Aufsteigengrößer, beimNiedersteigen kleinerwerdend.

10

XXXV.

XXXVI.

XII.

XI.

Kopf sich rechts undlinks drehend.

Kopf den Mund auf-und zumachend, auchdas Auge öffnend undschließend.

8

XXXVII.

XXXVIII.

9

X.

Ein Holzabsäger.

Ein Läufer.10

Eine CD-ROM mit animierten Darstellungen all unserer Stampfer-Scheiben können Sie selbstverständlichbei uns bekommen. Wenn Sie etwas Geduld aufbringen, zeigen wir Ihnen gerne ein Bild aus dieserSammlung.

Quellen und Literatur:

ALLMER, Franz 1996: Simon Stampfer : 1790 - 1864 . ein Lebensbild, in: Mitteilungen der geodätischen Institute derTechnischen Universität Graz, Nr. 82, Graz

ANONYM 1837: Verzeichnis der in der österreichischen Monarchie in den Jahren 1833, 1834 und 1835 auf Erfindungen,Entdeckungen und Verbesserungen ertheilten Privilegien oder Patente, in: Jahrbücher des kaiserl. königl. polytechnischen Institutsin Wien, Bd. 19, Wien, 304-507

FELLÖCKER, P. Sigmund o. J.: Physikal. Cabinet. Instrumente und Experimente, Archiv der Sternwarte, S. 35-36

FELLÖCKER, P. Sigmund 1864: Die Geschichte der Sternwarte der Benediktiner-Abtei Kremsmünster, Linz

Page 7: Stampfer Objekt Des Monats, August 2001

FÜSSLIN, Georg 1993: Optisches Spielzeug oder wie die Bilder laufen lernten, Stuttgart

GETHMANN, Daniel 2006: Zauberscheiben und Schwingungsverhältnisse. Simon Stampfer, Félix Savart und die Erfindung derstroboskopischen Methode, in: D. Gethmann & Chr. B. Schulz (Hrsg.), Apparaturen bewegter Bilder - Kultur und Technik, Bd. 02,Münster, 51-77

HERR, J. 1865: Simon Stampfer. Eine Lebensskizze. Wien

KOLLER, P. Marian o. J.: Stroboscopische Scheiben von Prof. Stampfer und Plateau's Phantasmaskop, MS, Archiv der SternwarteKremsmünster

KOLLER, P. Marian 1840: Verzeichnis der Apparate des physikalischen Cabinetes zu Kremsmünster, zusammengestellt von P.Marian Koller vom Sept. 1839 bis Mai 1840, Nr. 178

KRAML, P. Amand 2008: 250 Jahre Sternwarte Kremsmünster, in: Öffentliches Stiftsgymnasium Kremsmünster 151.Jahresbericht, 33-83, Thalheim

PLATEAU, Joseph Antoine 1832: Sur un nouveau genre d'illusion, d'optique, Correspondece mathematique et physique del'observatoire Bruxelles, 7. Jg. 365-368

POGGENDORFF, J. C. 1834: LVIII. Stroboskopische Scheiben, Phänakistikop, Phantasmaskop, in: Annalen der Physik undChemie, Bd. 32, Leipzig, 636-661

RENOLDNER, Thomas 2010: Animation in Österreich - 1832 bis heute, in: Die Kunst des Einzelbilds. Animation in Österreich -1832 bis heute, hrsg. Dewald, Christian, Groschup, Sabine, Mattuschka, Mara & Renoldner, Thomas, Wien, 41-153

SCHUSTER, Peter & STRASSER, Christian o. J.: Simon Stampfer 1790 - 1864. von der Zauberscheibe zum Film, Schriftenreihedes Landespressebüros, Serie Sonderpublikationen Nr. 142, Salzburg

STAMPFER, Simon 1834: Über die optischen Täuschungs-Phänomene, welche durch die stroboskopischen Scheiben (optischenZauberscheiben) hervorgebracht werden, in: Jahrbücher des kaiserl. königl. polytechnischen Instituts in Wien, Bd. 18, Wien, 237-258

WACHELDER, Joseph 2006: Bewegte Bilder? Bewegte Scheiben! Die Wunderscheiben Joseph Plateaus und Simon Stampfersund ihre Rezeption, in: Gethmann & Chr. B. Schulz (Hrsg.), Apparaturen bewegter Bilder - Kultur und Technik, Bd. 02, Münster,96-122

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(c) P. Amand Kraml, 2001-11-03 Letzte Änderung: 2013-04-29