synapse 60

24
Oslo eine Sommerreise Was sich ändern muss ein offener Brief an unseren Dekan Nr. 60 November '13 diamond edition Eine Frage der Verantwortung der Fall Mollath Fannys Welt das Gesetz der Wandelwelt ALLEx abge(s)ch(l)eckt MeCuM Mentor zwei Seiten, ein Gespräch Zeitschrift der Medizinstudierenden Münchens Synapse Forum - Mollath am 13.12.2013

Upload: synapse-redaktion

Post on 08-Mar-2016

250 views

Category:

Documents


3 download

DESCRIPTION

60. Jubiläumsausgabe der Zeitschrift der Medizinstudierenden Münchens

TRANSCRIPT

Page 1: Synapse 60

Osloeine Sommerreise

Was sich ändern mussein offener Brief an unseren Dekan

Nr. 60 November '13

diamond edition

Eine Frage der Verantwortungder Fall Mollath

Fannys Weltdas Gesetz der Wandelwelt

ALLExabge(s)ch(l)eckt

MeCuM Mentorzwei Seiten, ein Gespräch

Zeitschrift der Medizinstudierenden Münchens

Synapse Forum - Mollatham 13.12.2013

Page 2: Synapse 60

Synapse2 www.synapse-redaktion.de

Nr. 60

Impressum

Redaktion

Julia Eder, Nils Engel, Manuel Kolb, Johannes Kuhn, Kara Wullenkord, Stephanie Zühlke

Herausgeber

Breite Liste Gesundheit Pettenkoferstraße 11 80336 München

Tel.: (089) 2180-72689 [email protected]

Bildnachweis

flickr.com, openclipart.com, sxc.hu, Wikimedia Commons, eigene Werke

Are you still reading this?

Auflage: 2.000 Exemplare Druck: Druckerei Miller, Traunstein Satz: Rick Paschold, Manuel Kolb

Cover: © Manuel Kolb, The Periapt; mit Genehmigung der

Gandras-Dear-Collection

Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

mit dieser Ausgabe begehen wir ein ganz be-sonderes Jubiläum, wir feiern die 60. Ausgabe unserer Zeitung für die Medizinstudierenden Münchens, die in Anlehnung an die volkstümli-che Namensgebung des 60. Hochzeitstages im Zeichen des Diamanten stehen soll. 60 Aus-gaben sind keine 60 Jahre – dennoch blickt unsere Synapse auf eine bewegte Geschichte mit Höhen und Tiefen zurück. Politisch & ge-sellschaftskritisch, kulturell aktiv & informativ – so war und ist die Synapse ein treuer Beglei-ter im hiesigen Medizinstudium. Federführend scheute sie nie davor zurück, Themen kontro-vers zu behandeln, Skandale aufzudecken und auch polarisierend zu wirken.

In den frühen 90-iger Jahren liefert der zweite Golfkrieg Stoff zur heftigen Auseinanderset-zung - selbst an der medizinischen Fakultät - die verbal aber auch mit Fäusten geführt wurde. Im Rahmen des Berufsfelderkundigungsprakti-kums zum Berufsbild des Bundeswehrarztes kommt es zum Eklat: Die 19. Ausgabe berichtet über den Fall eines Medizinstudenten, der bei einer Protestaktion gegen die von ihm als Wer-bung für den Krieg verstandene Veranstaltung vom damaligen Leiter des Walther-Straub-Ins-tituts unter körperlicher Gewalt und schweren Drohungen aus dem Hörsaal gezehrt wurde.

In den nächsten Jahren kocht die Tierschutzde-batte in München hoch und beschäftigt schließ-lich die bayrische Landespolitik. Seinerzeit war ein umstrittener Meerschweinchen-Versuch noch integraler Bestandteil des Physiologie-Praktikums im vorklinischen Medizinstudium. Tierschutzaktivisten taten schon seit Jahren ihren Protest kund, indem sie die Münchener Studenten auf dem Weg zu den verpflichtenden Lehrveranstaltungen behinderten. In diesem Klima entzündete ein bereits genehmigter Tier-versuch mit 20 Makakenaffen zu anatomischen Grundlagen der Okulomotorik die Gemüter. Tierschutzvereine und Lokalpresse waren be-müht, die Tierversuchsabläufe falsch und be-wusst grausam darzustellen. So war von Affen die Rede, die „um mehrere Achsen geschleu-dert werden“ und „Magnetspulen hinter die Au-gen eingepflanzt“ werden. Die zuständige Phy-siologie-Professorin sowie ihre Familie wurden schließlich mit Drohungen terrorisiert, nach-dem ihre Privatadresse am Marienplatz an den Pranger gestellt worden war. In dieser Situation bekannte sich die Synapse offen zu dieser Pro-fessorin und zur Legitimität ihres Forschungs-vorhabens und stellte den Falschinformationen eine umfangreiche fundierte Richtigstellung gegenüber, machte sich jedoch gleichsam auch dezidiert für ein tierversuchsfreies Medizinstu-dium stark.

Die Synapse prägt nachhaltig, wie Medizinstu-denten ihren Campus wahrnehmen. In einem fulminanten Weckruf der Ausgabe 28 mit dem Titel, „Warum Kopierdagobert schon wieder ei-nen neuen panzerknacksicheren Kopiergeldsilo braucht“, wird die damals schmähende - heute eher liebevoll gebrauchte Titulierung „Dago-bert“ für den Kopierdienst Ibing in der Goethe-straße nachhaltig zementiert. Damals stand der Dagobert noch in Konkurrenz zur Fachschaft, die es traditionell gewöhnt war, Klausuren-sammlungen und Skripte unter den Studenten zu verteilen und dabei preislich deutlich güns-

tiger blieb als der Dagobert, der es dennoch hinbrachte, dieses Geschäftsfeld mit zuneh-menden Erfolg zu kapern – und dies trotz viel höherer Preise. Der Artikel verortet die Schuld für diese absurde Entwicklung beim zahlungs-kräftigen Medizinstudenten, der unreflektiert bereit sei, doppelt so viel für eine Kopie zu be-zahlen als dies in München üblich sei: zumin-dest „15 Pfennige pro Kopie!

In den „Null-er“-Jahren wird die Synapse bo-denständiger und persönlicher. Vermehrt ste-hen Themen auf der Agenda, die den Mediziner im Studium wirklich beschäftigen. Wie sieht der Arbeitsmarkt der Zukunft aus? Welche Vor-und Nachteile sind mit der MeCum-Umstrukturie-rung des hiesigen Curriculums verbunden? Wie komme ich als Studierender ins Ausland? Wie bereite ich mich am geschicktesten auf Physi-kum & Co vor? Die Synapse will dem Studen-ten immer auch ein praktischer Helfer sein und veröffentlicht vielfach Rezensionen zu neuer-schienenen Lehrbüchern. Die Synapse möch-te Menschen unserer Fakultät verbinden und die Persönlichkeiten hinter ihren universitären Funktionen aufdecken. Immer wieder laden Interviews mit ausgewählten Professoren und Studenten zum kennenlernen ein und helfen, Barrieren und Vorurteile abzubauen.

Über all die Jahre blieb beständig die Enge Ver-zahnung zwischen Zeitung und Studentenschaft gewahrt, die uns auch in den Zehner-Jahren des aktuellen Jahrtausends kennzeichnen soll. Ihr seid unsere Leser. Ihr seid unsere Redakteure mit Themen, die Münchens Medizinstudenten bewegen. Durch Euch wird dieser steten Sym-biose Leben verliehen! Dafür möchte ich Euch Medizinern Münchens im Namen der Synapse-Redaktion herzlich danken!

Wir sind nicht-kommerziell, kritisch, kreativ und persönlich – so wollen wir auch in Zukunft für Euch da sein. Ein Hoch auf die kommenden 60 Ausgaben!

Nils EngelChefredakteur

© Biphop, Diamant Street Art

Page 3: Synapse 60

Synapse 3www.synapse-redaktion.de

Nr. 60

Inhalt

2 Editorial4 Über das Diamantene6 AllEx Dégustation8 Erasmus9 Der Fall Mollath 12 Synapse Forum Mollath13 Gedenkgottesdienst14 Medizinischer Frühling 201318 MeCuM Mentor20 Lyrik aus der Redaktion22 Gewinner vom letzen Mal23 Fannys Welt24 Gewinnspiel

Page 4: Synapse 60

Synapse4 www.synapse-redaktion.de

Nr. 60

Betörend und von unvergänglicher Schön-heit, rar, kostbar und teils von unschätzba-ren Wert - so ist uns dieser Edelstein archetypisch für seine Klasse auf ewig im Bewusstsein der Menschheit verhaftet. Eine Begegnung mit ihm hat die Potenz, dem verführbaren Wirklichkeitswandler zum Verhängnis zu gereichen. Pur, rein, ziemlich sim-pel und doch von unver-gleichlicher Komplexität, wenn ein einfallendes Licht an den Facetten seines Schliffs in seine Spektralfarben zerlegt in äo-nen-facher Varietät dem Be-trachter betäubend ins Auge zurückhallt. Dann nämlich ist dessen Verstand besetzt, sein Blick unabwendbar fokussiert und er selbst versunken in der Tiefe des Augenblicks, die keinen Boden mehr erahnen lässt, seine Empfindungen aufzufangen. Er verliert sich, er verträumt sich, bis er schließlich in unendlicher Refle-xion dieses spezifischen Momentes in unaushaltbarer Bündelung all seiner spirituellen Energien und fas-sungslos geblendet von der strahlenden Leere unendlicher Reflexion des Lich-tes die Bedeutung des Seins und der Welt gesehen zu haben glaubt, ohne jedoch nur annähernd den Hauch einer Spur begrif-fen zu haben. Zu vereinnahmend ist diese Offenbarung doch, als dass der Betrachter sie fassen könnte. Die Asymmetrie des Mo-mentes wird mir schließlich augenfällig, der scheinbar allwissenden und nichtssagenden, in seinem Blenden verhöhnen Weisheit des Steines habe ich nichts zuzusetzen. In Ge-genwart des Brillanten kristallisiert sich mei-ne Verzweiflung heraus. Verloren antworte ich ihr mit im Tränenschwall gelöstem Salz. Endlich reiße ich den Blick fort und erringe die Teilhaftigkeit an der Alltagswelt zurück, doch ein Tränenkristall sollte auf meinen Wangen wachsen...

Come on! Hatte ich etwa den Verstand verloren? Schließlich handelt es sich doch

bei dem Betrachtungsgegenstand ledig-lich um einen banalen metastabilen

Festkörper aus Kohlenstoffa-tomen, der bei einer Aktivie-

rungsenergie von etwa 1500 °C unter Luftabschluss

seiner bodenständigeren Bestimmung zugeführt werden kann: sich als Bleistift nützlich zu ma-chen. Wird es ihm unter Raumluft bei 800 °C zu Warm, besitzt er gar die Frechheit, zum Treib-hauseffekt beizutragen.

Keineswegs unzerstörbar ist er also, unser Diamant,

auch wenn man ihn ursprüng-lich mit dieser Eigenschaft attri-

buierte. Seine erste Begegnung mit der Menschheit und wohl auch der

Mythos seiner Unzerstörbarkeit gehen auf das vierte Jahrtausend vor Christus

in Indien zurück, wo man sich seiner Zeit tatsächlich außer Stande sah, dies härteste

bekannte Mineral zu bearbeiten. Stattdessen verehrte man ihn für seine außergewöhnli-chen Eigenschaften und seine natürliche, als

„ideal“ angesehene Oktaederform, als etwas göttliches. Das aus dem Sanskrit hervorge-hende Wort „Vajra“ bezeichnet die Waffe der furchterregenden vedischen Gottheit Indra, der Göttin über die Naturgewalten und des Krieges, steht aber auch für „Diamant“.

Von Gott gegeben, unvergänglich und eine besondere Kostbarkeit auf Erden – so mag man sich wohl auch über eine Ehe zwischen zwei Menschen äußern, die durch viele Höhen und Tiefen hindurch 60 Jahre lang Bestand gehabt hat. Dementsprechend ent-schied man sich im deutschem Sprachraum dafür, ihr den durchaus triftigen Titel der

„diamantenen Hochzeit“ zuzusprechen.

Wenn wir nun also der vorliegenden 60. Ausgabe unserer Synapse den Titel „diaman-tene Ausgabe“ zugestehen, so meinen wir auch hier, Parallelen zwischen Mineral und Zeitung ausmachen zu können - wollen vor allem aber auch ein Zeichen setzen.

Die Synapse ist eine Kostbarkeit, sie ist wertvoll und im Gegensatz zu den ein-drucksvollsten Exemplaren unter den Dia-manten für Euch erschreckend preiswert zu haben! Kostenfrei zum Semesteranfang liegt sie aus und möchte Wertschätzung erfahren. Sie will Euch verzaubern und verführen. Verlieren sollt ihr Euch in den mannigfal-tigen Facetten ihres Themenspektrums wie im Glanze des Brillanten. Manchmal mys-tisch, manchmal geheimnisvoll muten ihre Inhalte an. Das ein oder andere abgedruckte Gedicht lädt zum träumen ein. Besonders alt ist die Synapse noch nicht, wohingegen die ältesten Exemplare unter den Diaman-ten auf eine bewegte Geschichte von bis zu 4,3 Mrd. Jahren verweisen können – aber was nicht ist, kann ja noch werden! Auch unvergänglich ist die Synapse keineswegs, nur unter der Schutzatmosphäre des vitalen Engagements durch Leser und Redakteure kann das funkelnde Kleinod bewahrt, ihre Phasenumwandlung in schales und stumpfes Graphit letztlich vermieden werden.

Über das Diamantene in der 60. Synapse

von Nils Engel

Page 5: Synapse 60

Synapse 5www.synapse-redaktion.de

Nr. 60

Grundsätzlich lassen sich unsere Synapse, Leser, Redakteure und Diamanten alle auf eine gemeinsame Basis zurückführen: Wir alle bestehen zu einem beträchtlichem An-teil aus Kohlenstoff! Eben dieser Kohlenstoff vermag es, nahezu alles in der organischen Chemie des Menschen miteinander zu ver-knüpfen. Ebenso verknüpft die Synapse die Menschen der medizinischen Fakultät in München miteinander. In dem Sinne, in wel-chem die Zusammensetzung der Diamanten unser aller Wesen widerspiegelt, ermutigen sie uns durch ihr strahlendes Beispiel, un-ser wahres Potential zu entfalten. Um aus Kohlenstoff Diamanten zu machen bedarf es natürlich gewaltiger Energien im Sinne von Hitze und Druck. Und auch ein Rohdiamant ist ziemlich unscheinbar, wenn er nicht auch noch den perfekten Brillantschliff erhält.

Was beim Diamanten in symbolischer Kon-servierung dauerhaft währt, ist wie ich glau-be, für uns Menschen und auch für die Sy-napse als fortdauernder Prozess anzusehen. Drum’, liebe Mediziner Münchens, lasst uns nicht nachlassen uns und die Synapse fort-dauernd zu schleifen, auf das wir alle früher oder später im vollendeten Glanze brillieren

– was auch immer wir dereinst verkörpern wollen.

Wir feiern die 60. Ausgabe unseres Rohdi-amanten „Synapse“. Auf eine brillante Zu-kunft mit reichlich Schliff!

Als man dann im Laufe der Zeit in Indien die Technik entwickelt hatte, Diamanten zu bearbeiten, machte man sie in zu Augen von Ikonenstatuen der Gottheit Vishnu. Zwei besonders gewaltige Exemplare von un-schätzbarem Wert dienten Vishnu im seiner-zeit im 17.Jhr. wohl bedeutsamsten Hindu-Tempel Südindiens als Augenlicht. Dieser Tempel in Srirangam war zum Schutze seiner Kostbarkeiten von sieben Mauern umgeben, von denen die äußerste einen Umfang von 11 Kilometern umspannte. Kein christlicher Ausländer war befugt, weiter als bis hinter die vierte Mauer vorzudringen.

Es trug sich zu der Zeit zu, dass ein De-serteur der französischen Armee von dem Schatze erfuhr und den Plan fasste, sich die-sen anzueignen. Zu diesem Zwecke nahm er den Glauben der Hindus an und brachte Jahre damit zu, die Berechtigung zu erlangen, als Gläubiger in den innersten Schrein zu-gelassen zu werden, wo der erhoffte Schatz ihn erwartete. Schließlich war es soweit: Man gab seinem Drang zur Göttlichkeit nach und in einer stürmischen Nacht wagte er das unterfangen. Nachdem er jedoch das erste Auge Vishnus aus seinem Sockel gelöst hatte, packte ihn die Angst und er floh mit nur einem Stein aus der Tempelanlage in den Dschungel. Er war schließlich froh, Zuflucht in einem Quartier der englischen Armee zu finden, wo er den riesigen Diamanten für ei-nen lächerlichen Spotpreis einem englischen Kapitän verkaufte. Dieser wiederum konnte das Stück mit großem Profit einem jüdischen Händler in London andrehen und solcher Art wechselte der Diamant noch einige Male profitabel seinen Besitzer, bis er schließlich in Amsterdam landete.

Seinerzeit bestand in Russland die folgende Machtkonstellation: Nach dem Ableben der

Kaiserin Elisabeth I. fiel Peter III. die russi-sche Herschafft zu, dessen Ehefrau Kathari-na die Große war. Die preußenfreundliche Politik Peters wurde in Russland allerdings mit großer Abscheu beäugt und auch Ka-tharina hielt nicht besonders viel von ihrem Gatten. Stattdessen zog sie es vor, eine Liai-son mit dem körperlich sehr ansprechenden Offizier Grigori Orlow zu unterhalten, der sich schließlich ermutigt sah, den Sturz und das Ableben Peter III. vorzubereiten und Katherina somit zum russischen Thron zu verhelfen. Anstatt ihn allerdings - wie von Orlow erhofft - zu ihrem Gemahl zu erklä-ren, distanzierte Katharina sich von Orlow zu Gunsten neuer Affären. Resigniert ver-ließ Orlow Russland und stieß in Amsterdam auf den feilgebotenen sagenhaften Diaman-ten, den wohl Katharina die Große vormals auch schon ins Auge fasste, dessen sagenhaf-ten Preis sie allerdings nicht zu zahlen bereit war. Fest entschlossen, die Gunst der Kaise-rin zurückzuerlangen, erwarb Orlow den Di-amanten für eine unfassbare Summe und bot ihn, wiederangelangt in Russland, Katharina der Großen zum Geschenk. Diese akzeptier-te zwar die Gabe und ließ den Stein in das Zepter der russischen Zaren fassen, welches heute im Kreml ausgestellt ist und vermach-te Orlow ein Marmorschloss in St. Peters-burg – entsprach ansonsten aber keineswegs dem eigentlichen Ansinnen Orlows. Dieser ehelichte schließlich seine Nichte und starb in geistiger Zerrüttung.

Und was lernen wir aus dieser Geschich-te? An Diamanten ist eben gar nichts Gold, was glänzt. Diamanten allein machen weder glücklich noch lässt sich wahre Liebe mit ihnen erkaufen. Ferner lässt sich diese Er-kenntnis möglicherwiese leider ebenso auf diese „diamantene“ Ausgabe der Synapse übertragen.

Page 6: Synapse 60

Synapse6 www.synapse-redaktion.de

Dégustation

Jede Prüfung ein neues Buch? Aber welches denn bloß?

Das können im Verlaufe des klinischen Abschnitts des Studiums verdammt viele werden! Im Übrigen ist es müßig, sich regel-mäßig über das „Wie lerne ich?“ den Kopf zu zerbrechen und dabei Zeit fürs eigentli-che Lernen wegzuwerfen. Den Satz: „Ich lerne mit den Vorlesungen“, hört man zu-weilen ... Der Autor kommt ins Grübeln und manch’anderer mag ihm zustimmen: „Da check ich im nachhinein auch nichts mehr, wenn ich nicht in den Vorlesungen gewesen bin“. Im Übrigen sind viele Vorlesungen – mit Verlaub – schlicht inhaltlich zu schwach und zu schlecht strukturiert, um den Stoff ei-nes Themenkomplexes allein unter Zuhilfe-nahme dieser solide aufarbeiten zu können.

Wenn man als Medizinstudent noch träu-men dürfte, würde man sich gerne ein Lehr-buch wünschen, das alle relevanten Stu-dieninhalte der Klinik didaktisch gut und übersichtlich vereinigt. Prüfungsrelevant soll es natürlich sein. Die Semesterprüfungen würde man ja gerne einigermaßen vernünf-tig bestehen. Und dann muss der ganze Stoff auch noch mal für das 2. Staatsexamen auf-gefrischt werden...

Die Herausforderung steht also: Ein Kom-pendium zum 2. Staatsexamen, das vielleicht auch zur Vorbereitung auf die Semesterprü-fungen taugt? Tatsächlich sind jüngst zwei konkurrierende Werke in den Ring gestiegen, die Herausforderung anzunehmen: Auf der Seite des Elsevier-Verlags mit einem Kampf-gewicht von 4797 Gramm: „mediscript StaR: das Staatsexamens-Repetitorium zum Ham-merexamen“, welches vom LMU-Studenten insofern ein besonderes Augenmerk ver-dient, als das es in Anlehnung an das Uni-eigene Tutorium LMU-StaR und von dessen

Organisator, Matthias Angstwurm, konzi-piert worden ist. Für den Thieme-Verlag tritt an: „Allex – Alles für Examen“, mit einem Kampfgewicht von eindrucksvollen 6114 Gramm. Die vorliegende Rezension soll sich vorwiegend auf den letztgenannten Athle-ten konzentrieren. Bedeutet sein physisches Übergewicht auch den Vorentscheid?

Ein schwerer Brocken, fein gegliedert

2740 Seiten sind keine leichte Kost! Aber wenn man den Anspruch hat, das gesamte medizinische Prüfungswissen in ein Werk zu stopfen, darf man am Papier nicht spa-ren. Dennoch: Die klare Aufteilung des Stoffes nach Fächern gefällt. Ob man die-se Aufteilung begrüßt, oder die Inhalte der konservativen und chirurgischen Medizin lieber zusammen, d.h. nach Krankheits-bildern strukturiert, gefunden hätte, bleibt Geschmackssache. Das Werk besteht aus 3 Bänden, geliefert im Pappschuber, die simpel mit den Buchstaben A, B und C ge-kennzeichnet sind. Band A beinhaltet die Innere Medizin, Band B fasst alle weiteren klinischen Fächer, Band C ist mit „Grund-lagen und Querschnitte“ betitelt und weist alles auf, was man sonst noch so brauchen könnte: Die Grundlagenfächer Klinische Chemie, Patho und Mikrobio, Pharmako-logie und Radiologie ebenso wie die, dem LMU-Studenten aus den L-Kursen und Q-Fächern bekannten Inhalte – der landläufig unliebsamen Epidemiologie inklusive. Auch die Integration eines Abschnittes „Leitsymp-tome“, in welchem ebendiese definiert und deren Differentialdiagnosen aufgeführt wer-den, fällt positiv auf. Das Sachverzeichnis wurde praktischerweise in ein Beiheft ausge-lagert. Wer gewohnt ist, auswärtig zu lernen, kann den passenden Band problemlos im Rucksack unterbringen. Allerdings erscheint das Konkurrenzprodukt „mediscript StaR“

wahlweise auch als Skriptenreihe und hat in dieser Form sicherlich die Nase vorn, falls man das Buch im Semester vorlesungsbe-gleitend nutzen möchte.

Beginnt man zu schmökern, setzt sich der positive Ersteindruck der Gliederung im Detail fort. Lange Fließtexte wurden dem Leser, der ja das Ziel hat, eine Riesenmen-ge Stoff binnen kürzester Zeit aufzusaugen, dankenswerter Weise erspart. Kurze Text-passagen mit klaren Überschriften und Auf-zählungen prägen das Bild. Sofern sinnvoll, findet sich eine tabellarische Ergänzung der Lerninhalte.

Layout top! – Verarbeitung dürftig

So macht es Spaß! Eine Vielzahl von Bil-dern, Grafiken und Merkkästchen umspie-len den Text und gönnen dem müden Augen eine Pause beziehungsweise schicken sich an, Sachverhalte zu verdeutlichen und der Theorie ein klinisches Beispiel beizugeben. Überwiegend sind die Grafiken dabei an-deren Werken aus dem Hause Thieme ent-liehen. Alles, was vom IMPP schon mal als prüfungswürdig befunden worden ist, findet sich in Textmarker-Manier gelb unterlegt und erlaubt dem Leser somit relativ zügig, beim Überfliegen eines Kapitels dessen Rele-vanz für den schriftlichen Teil des Hammer-examens einzuschätzen.

Wenn da nur der Paperback-Einband nicht gewesen wäre! Bei einem Buch, das immer-hin mit 150 Euro auf dem studentischen Konto zu Buche schlägt, hätte man sich wenigstens ein Hardcover mit Lesezeichen gewünscht. In der vorliegenden Form ver-strömt das Werk Telefonbuch-Charme und macht in der Pappkarton-Hülle insgesamt eine schäbige Figur.

AllEx – Alles fürs Examen: Das Kompendium für die 2. AP

Thieme, Stuttgart; 1. Auflage, 19. September 2012abge(s)ch(l)eckt von Nils Engel

Page 7: Synapse 60

Synapse 7www.synapse-redaktion.de

Dégustation

Das Versprechen gebrochen...

„Allex ist vollständig, spart Zeit und gibt Si-cherheit“ – So wirbt zumindest der Slogan des Verlages.

Unterzieht man das Werk einer genaueren Untersuchung, wird man in puncto Voll-ständigkeit auch tatsächlich nicht viel aus-zusetzen haben. Da ist wirklich „Alles drin“

- soweit man es jedenfalls von einem Kom-pendium erwarten kann. Die Masse des Stof-fes erzwingt natürlich Kürze. Um das Ver-ständnis nützlicher Grundlagen herzustellen, sind die Passagen vielleicht stellenweise zu kurz gehalten, so dass der Leser – sofern er diese nicht mehr parat haben sollte – auf anderweitige Literatur ausweichen müsste (Beispiel: Rückenmarksbahnen).

Inhaltlich deckt der „Allex“ alles ab, was das IMPP im 2. Staatsexamen schon mal fragte (in gelb, s.o.) und ergänzt viele weitere Informationen, die oftmals mit größerer Pra-xisrelevanz aufwarten können. Insgesamt entsteht so ein sehr kohärenter und in der Kürze solider Überblick über das klinische Basiswissen.

Peinlich für den Thieme Verlag wird es al-lerdings, wenn der Leser den vielen Fehlern gewahr wird, die sich zwischen den Seiten verbergen. Neben Rechtschreibfehlern fin-det sich dabei leider auch eine Unzahl von inhaltlichen Schnitzern, die teils so gravie-rend sind, dass man sich doch sehr wundern muss, wie ein namhafter Fachbuchverlag so etwas veröffentlichen kann. Sollte hier das Lektorat aus ökonomischen Erwägungen heraus an die Leser delegiert werden, um die 1. Auflage noch vor dem nächsten Examens-termin als Prüfungsliteratur auf dem Markt platzieren zu können? Fairer Weise aktuali-siert der Verlag wenigstens das Erratum, die Fehlerliste zum Werk, regelmäßig und stellt sie online zum kostenlosen Download be-reit. Sie umfasst inzwischen, mit Stand vom 02.09.13, stolze 21 Seiten (!!) und wird wohl

noch weiter anwachsen. Eindrucksvolle Bei-spiele für das Gebotene sind z.B. die gleich-sinnig verminderten Werte für Transferrin und Ferritin bei Eisenmangelanämie (Band A, S. 121) die azyanotischen Herzfehler mit Rechts-links Shunt (Band B, S. 172), oder die witzige „Protonen-Emissions-Tomografie (PET)“ (Band C, S 492).

Wie bei solcher Fehlerdichte die verspro-chene „Sicherheit“ beim Lernen aufkommen soll, bleibt fraglich. Selbst wenn man beim Lesen die Fehlerliste zur Hand hat, dürften viele der Fehler noch gar nicht entdeckt worden sein. Im günstigsten Falle hieße dies, bei Unsicherheiten woanders nachzulesen. Das kostet „Zeit“ und Nerven. Im schlimms-ten Falle führen falsche Informationen zu Fehlern in der Prüfung oder gar am Patien-ten. Natürlich hat auch das Konkurrenzwerk

„mediscript StaR“ seine Fehler. Hier belief sich der Umfang des Erratums mit Stand vom 24.07.13 auf immerhin 16 Seiten, die Fehler scheinen hier inhaltlich allerdings insgesamt weniger schwerwiegend zu sein und Korrekturangaben beziehen sich oft-mals lediglich auf Aspekte der Rechtsschrei-bung oder Interpunktion.

Kompendium zum Hammerexamen – Pra-xistauglich auch im Semester?Sicher: für die Innere Medizin und die

Chirurgie beschaffen sich wohl die meisten Studenten im Verlaufe ihres Studiums die als

Referenz gehandelten Werke „Herold“ und „Müller“ und fahren damit in der Regel auch nicht schlecht. Angesichts der Fehlerdichte im „Allex“ und der Knappheit der stofflichen Aufarbeitung kann für diese essentiellen Be-reiche auch keine Empfehlung gegeben wer-den. Aber wie sieht es mit den anderen klini-schen Fächern und den Basisbereichen aus, für die der Entscheid zum Kauf eines Buches normalerweise schwer fällt?

Ich stand vor einer solchen Entscheidung im Fache Anästhesie/Intensiv- und Not-fallmedizin und entschied mich, den Allex zusammen mit dem INM-Notfallskript zur Grundlage meines Lernens zu erheben. Zeit-lich ist der Umfang der Kapitel sehr gut zu bewältigen gewesen. Im Ergebnis standen zufriedenstellende 17.5/20 Punkte im Klaus-urteil Anästhesie und 13.5/15 Punkte im Teil Notfallmedizin.

Dennoch: Möchte man nur wenige Rand-bereiche mit dem Allex lernen, ist das Preis-Leistungsverhältnis zu schlecht und man sollte auf flexiblere Lösungen ausweichen. Das Elsevier „mediscript StaR“ wird bei-spielsweise auch als Skriptenreihe angebo-ten - allerdings mit erheblichem Preisnach-teil gegenüber der Komplettausgabe (139,99 EUR anstatt von 99,99 EUR –aber auch in dieser Form noch günstiger als der AllEx mit 149,99 EUR) . Ansonsten bietet die etab-lierte BASICS-Reihe, (ebenfalls im Elsevier-Verlag), eine Lösung an.

Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise gestellt von:

Lehmanns Fachbuchhandlung für Medizin

Pettenkoferstraße 18, 80336 München

Fazit

Prinzipiell ist der Allex als Staatsexamens-Repetitorium kon-zeptionell ein guter Ansatz und ist bedingt auch während des Studiums zur Prüfungsvorbereitung geeignet. In der gegenwärti-gen 1. Auflage ist die Anschaffung jedoch angesichts der gravie-renden inhaltlichen Fehler und des stattlichen Preises nicht zu empfehlen. Insgesamt erscheint das Konkurrenzprodukt „me-discript StaR“ bisweilen sorgfältiger lektoriert worden zu sein und punktet zudem mit größerer Flexibilität & Verarbeitungs-qualität. Falls Euch die Zeit bleibt: Wartet auf die 2. Auflage!

Page 8: Synapse 60

Synapse8 www.synapse-redaktion.de

Nr. 60

8 Synapse

Ab August bin ich dann mal weg. Im Sinne des niederländischen Humanisten Erasmus werde ich das Ausland erkunden - fünf Mo-nate im hohen Norden Europas. Ich werde das Abenteuer Medizinstudium in Norwe-gen erleben und ein Erasmus-Semester in Oslo absolvieren.

Einige unserer Kommilitonen kehren ent-weder gerade aus dem Ausland zurück oder planen ein Semester dort. De facto gehen pro Jahr etwa 700 LMU-Studenten im Rah-men des Erasmus-Programms ins Ausland, darunter werden etwa 50 Plätze an Medizin-studenten vergeben.

Wenn man bedenkt, wie viele Medizinstu-denten wir jedoch sind, sind 50 Plätze im Jahr eigentlich recht wenig. Viele zögern bei der Möglichkeit eines Auslandsemesters, schließlich kann man ja auch Famulaturen im Ausland machen! Doch kann man vier Wochen Famulatur mit einem ganzen Se-mester vergleichen? Diese Frage und viele weitere werde ich wohl erst im Januar 2014 nach meiner Rückkehr beantworten können.

Woran liegt es, dass doch so wenige von uns den Schritt ins Ausland wagen?

Am Erasmus-Programm selbst wohl nicht. Schließlich wurde das EU-finanzierte Pro-jekt auf die Beine gestellt, um europäischen Studierenden den Weg in Nachbarländer zu erleichtern.

zu protokollieren. So können viele Studien-leistungen anerkannt werden. Häufig muss man allerdings tatsächlich ein zusätzliches Semester einplanen, um Veranstaltungen nachzuholen.

Dass sich der Aufwand trotz mancher Hür-den lohnen wird, da bin ich mir ziemlich si-cher. Nicht umsonst bekommen alle - egal ob altgedienter Professor oder gerade zu-rückgekehrter Erasmus-Student - ein Leuch-ten in den Augen, wenn sie in Erinnerungen an ihre Zeit im Ausland schwelgen.

Ich bin gespannt!

À propos Erasmusvon Stephanie Zühlke

Die Organisation und der Aufwand der Planung von Studienseite sind überschau-bar: Eine Bewerbung mit Notenübersicht, Sprachzertifikaten und Motivationsschrei-ben an den jeweiligen Programmbeauftrag-ten für das Erasmus-Land; die Bewerbung an der ausländischen Uni nach der Zusa-ge des Erasmus-Platzes; das Ausfüllen des Learning Agreements; die Beantragung ei-nes Urlaubssemesters an der Heimatuni.

Eher ist der Grund wohl in der Finanzie-rung des Auslandaufenthalts und der Or-ganisation im privaten Umfeld zu suchen. Auch mein Ziel Norwegen ist beispielswei-

se für seine hohen Lebenshaltungskosten bekannt. Mit der Erasmus-Zuwendung von etwa 200€ kann man natürlich keine weiten Sprünge machen; eher ist es als ein willkom-mener Zuschuss einzustufen.

Die Angst vor dem „Verlust" eines Semes-ters ist nachvollziehbar, aber schwer zu begründen. Denn ein Auslandssemester ist meiner Meinung nach auch eine Investition in die Zukunft; nicht zwangsläufig für den Lebenslauf, sondern auch ganz persönlich. Damit jedoch nicht alle Lehrinhalte an der Heimatuni nochmals absolviert werden müssen, ist es in jedem Fall wichtig, Äqui-valenzbescheinigungen zu erhalten oder selbst möglichst die Veranstaltungsinhalte

Page 9: Synapse 60

Synapse 9

Nr. 60

Ein Skizze der Gründe der Tragödie in Kürze...

Warum muss ein Mann namens Gustl Mollath 7 Jahre lang zu Unrecht in der ge-schlossenen Psychiatrie schmoren? Dieser Umstand ist sicherlich komplex zu erklä-ren und nur durch die unwahrscheinliche

Koinzidenz von Böswilligkeit, moralischen wie handwerklichen Versagen, Befangen-heit, pekuniärer Interessen auf illegalen Grundlagen und dem bewussten Willen zur

Unwahrheit vieler beteiligter Personen möglich gewesen. Verschwörungstheoretiker mögen ein Komplott der Mächtigen und Reichen am Werke sehen, das in der Deu-tung des Gustl Mollaths un-möglich die Aufklärung des

„größten und wahnsinnigsten Steuerskandals“ gewollt ha-ben könnte. Mildere Stimmen heben in kleineren Dimensi-onen zuvörderst die Rosen-kriegs-Konstellation zwischen Mollath und seiner früheren Ehefrau hervor, in welcher die skrupulöse Frau schnell alle Glaubwürdigkeit sicherte, nachdem sie ihren einstigen Ehemann zum gemeingefähr-lichen Irren stilisieren konnte und hierbei auch noch durch die willfährige Mittäterschaft

diverser Ärzte unterstützt worden war. Wie dem auch sei: Mollath musste ausgeschaltet werden.

Scham der Justiz, Scham der vielleicht reu-mütigen Mitschuldigen und Verantwortli-chen tat letztlich ein Übriges, den grotesken Skandal und das liederliche staatliche Un-recht an einem Manne ins schier Unendliche zu verlängern, als die medial und öffentlich bekanntgewordene Faktizität der Wahrheit längst jegliche Spur einer Rechtfertigung für die Freiheitsberaubung Herrn Mollaths vernichtet hatte und jede weitere Minute am Kapital vom Glauben in die Rechtstaatlich-keit dieses Landes unerbittlich nagte.

Doch wie konnte es soweit kommen? Stichpunktartig ließen sich vielleicht die fol-genden Punkte zusammentragen:

Der Fall Mollath – Wenn der formale Freispruch schlimmer ist als die Schuld....

„Jemand musste Gustl M. verleumdet haben, denn ohne daß er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet.“

An und für sich leben wir in einem Rechtsstaat. Die Ausnah-me gibt aber auch hier vor, die Regel zu bestätigen. Ab und

an kann jeder von uns auch mal Opfer unversehens hereinbrechender, totaler Entrechtung werden und Namen, welche letztlich verantwort-lich zeichnen müssten, bleiben im Dunkeln. Bekommt ein einstmals mündiger Bürger erst das Etikett „Patient“ aufgedruckt, fehlt sogleich die Voraussetzung, den Wahrheitsgehalt seiner Aussagen auch nur zu erwägen. Und so bleibt man weggesperrt auf unbestimmte Zeit....

Klingt nach unfassbarer Fiktion, ist aber so - auch wenn das eingangs bemühte Zitat tatsächlich der Gedankenwelt Franz Kafkas und der Eingangspassage seines Romans

„Der Prozess“ entrissen ist. Findet hier übrigens jemand ei-nen Fehler?

Ich auch nicht! Gustl Mollath ist wahrhaftig unfreiwillig und beschämend zum Protagonisten einer modernen bayrischen Erweiterung des Kafka-Oeuvres geworden. Der Leser ist zu-gleich gefesselt, empört und den Tränen nahe, erzittert in dem Drange, die sich unverhohlen abzeichnende, zunehmend dem fatalen Finale zutreibende Mühle des Unrechts aufzuhalten.

Doch das System spottet des Lesers Ohnmacht geflis-sentlich Hohn – Josef K. findet schließlich ein blutiges Ende.

"Die Logik ist zwar unerschütterlich, aber einem Menschen, der leben will, widersteht sie nicht.", heißt es bei Kafka zum Trotz. Seit dem 06. August 2013 ist Gustl Mollath nach 7 Jahren Freiheitsentzug endlich wieder auf freiem Fuße.

„Die Unterbringung des Gustl M.“von Franz Kafka?

13. Dezember 2013, 17.00 Uhr

im Chirurgie Hörsaal,Nussbaumstraße 20

weitere Infoszweite Seiten weiter!

Versuch einer Aufarbeitung mit forensisch-psychiatrischem Fokus

Der Fall Mollath

von Nils Engel

Page 10: Synapse 60

© valery.photographySynapse10 www.synapse-redaktion.de

(1) Ein Richter ...

... namens Otto Brixner ist im Verfahren ge-gen Gustl Mollath nicht an der Wahrheits-findung interessiert und befangen. Er ist in früheren Zeiten zugleich der Handballtrai-ner des neuen Ehemanns der Exfrau Mol-laths gewesen. Insbesondere ist er im Jahre 2004 auch noch gar nicht zuständig für den Fall. Dennoch führt ein Anruf seinerseits bei der Steuerfahndung zum Abbruch der Ermittlungen im von Mollath angezeigten Steuerskandal, trotz einer von ihm vorgeleg-ten umfangreichen Beweislast in Form eines mehr als 100 Seiten umfassenden „Durap-lusordners“. Stattdessen entsteht eine Akten-notiz: „M.=Spinner“. Im Jahre 2006 erlangt Brixner über ungewöhnliche Zufälle schließ-lich die Zuständigkeit für den Fall und macht sich diverser Rechtsbeugungen schuldig. Die 106 Seiten umfassende Verteidigungsschrift Mollaths hätte dessen Glaubwürdigkeit sub-stantiell unterstützt – Brixner wird im Mai 2013 vor einem Untersuchungsausschuss allerdings zugeben, „er habe damals anderes zu tun gehabt“, da seine Frau erkrankt ge-wesen sei und habe die Akte daher nie gele-sen. Stattdessen brüllte er während der Ver-handlung stets Mollath an und drohte mit Saalverweis, sobald dieser die Schwarzgeld-vorwürfe zu seiner Verteidigung vorbrachte. Diese hätten nichts Mit der Anklage zu tun gehabt. Jener vorsitzende Richter einer gro-ßen bayrischen Strafkammer, der keine Zeit hatte, die Akten zu lesen, wird später haupt-verantwortlich das Urteil gegen Mollath un-terzeichnen. Hat ein Angeklagter denn kein persönliches Schicksal, das es rechtfertigen würde, dessen Fall gründlich zu studieren, bevor man ihn auf unbestimmte Zeit weg-sperrt?

(2) Eine Exfrau, ...

... geb. Petra Müller, schreckt vor nichts zu-rück, sich am Exmann für die Aufdeckung ihrer lukrativen Schwarzgelddeals zu rächen. Folgende Aussage ist von einem Freund der Familie - im späteren Verlauf auch unter Eid - dokumentiert „Wenn er seine Klappe hält, kann er 500.000 von seinem Vermögen behalten. Wenn Mollath mich und die Bank anzeigt, mache ich ihn fertig.“ Bezeichnen-derweise erfolgen die Erstattung der Straf-anzeige durch die Frau wegen angeblicher Körperverletzung durch ihren Mann sowie die Aufnahme eines internen Ermittlungs-verfahrens der Hypovereinsbank bezüglich der Schwarzgeldvorwürfe gegen die Frau - am selben Tag.

(3) Ärztliche Gutachter auf dem Gebiet der forensischen Psychiatrie ...... – allen voran Dr. Klaus Leipziger, Chef-arzt der forensischen Psychiatrie des Be-zirkskrankenhauses Bayreuth - bescheinigen Mollath das Vorliegen eines „Wahnsystems“ auf Grundlage seiner berechtigten Schwarz-

geldvorwürfe, ohne den Realitätsgehalt seiner Aussagen je überprüft zu haben. Be-sagter Gutachter machte sich nicht einmal die Mühe, seinen Patienten persönlich zu untersuchen, sondern schlussfolgerte sei-ne Befunde alleinig auf der Grundlage von Aktenvermerken. Damit steht er keinesfalls allein: Auch eine Frau Dr. Krach, seinerzeit tätig in der psychiatrischen Ambulanz am Klinikum am Europakanal in Erlangen, sah sich 2003 allein auf Grund von Schilderun-gen der Ehefrau Petra Mollath in der Lage zu bescheinigen, dass „der Ehemann mit großer Wahrscheinlichkeit an einer ernstzuneh-menden psychiatrischen Erkrankung leidet, im Rahmen derer eine erneute Fremdge-fährlichkeit zu erwarten ist“. Diese haltlose Aussage nimmt das Gericht zum Anlass, die Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens über Herrn Mollath zu beauftragen. Als die-ser sich der Untersuchung verweigert, ordnet das Gericht die zwangsweise Unterbringung zum Zwecke der Exploration nach § 81 StPO an. Eine solche Praxis ohne die Einwirkung des Betroffenen gilt jedoch schon mit Ver-fassungsgerichtentscheid vom 09.10.2001 als verfassungswidrig und ist als Rechtsbeugung zu bezeichnen – ein hieraus gewonnenes Gutachten ist also rechtlich nicht verwert-bar. Dennoch nimmt das Procedere seinen Lauf: Ein erster Gutachter namens Worth-müller erklärt sich nach einer Woche Frei-heitsentzug schließlich für befangen. Bis Leipziger endlich auf die Idee kommt, sein Fehlgutachten zu erstellen, bleibt Mollath auf Verdacht weggesperrt – für insgesamt 6 Wochen! Am quasi letzten Tag der rechtlich zulässigen Unterbringung kommt Leipziger auf die Idee, Herrn Mollath zu untersuchen. Dieser misstraut Leipziger inzwischen aber und verweigert die Mitarbeit – das Gutach-ten entsteht alleinig aufgrund von Aktenla-ge. Es geht auch anders: Andere Gutachter, welche Herrn Mollath gründlich persönlich untersuchen, können die angeblich vor-handene „wahnhafte Störung“ und die Ge-meingefährlichkeit keineswegs bestätigen, so etwa Dr. Hans Simmerl 2007 oder Prof. Dr. Weinberger 2011. Beide halten die Schwarz-geldvorwürfe Mollaths für plausibel und bemängeln zurecht, dass ihr Realitätsgehalt niemals überprüft worden sei. Eine Gemein-gefährlichkeit sehen sie beide nicht gegeben. Simmerl sollte seinerseits das Vorliegen der Voraussetzungen für die Einrichtung einer Betreuung für Mollath überprüfen - sieht diese aber keineswegs gegeben. Er findet lediglich „Hinweise für eine für eine auffal-

lige Grundpersönlichkeit des Betroffenen mit fanatisch-querulatorischen Zügen.“ Be-merkenswerter Weise liest man auch den folgenden Satz in seinem Gutachten: „Die sich immer mehr zuspitzenden Konsequen-zen u. Eskalationen, die schließlich in der forensischen Unterbringung gipfelten, dürf-ten zumindest zum Teil auch auf die unfle-xible, absolut auf Gerechtigkeit beharrende u."rechthaberische" Grundhaltung des Be-troffenen zurückzuführen sein.“ Mollath ist also kein einfach zu händelnder Mensch. Wäre dies eine legitime Begründung, Men-schen in Deutschland wegzusperren, müss-te der Autor dieser Zeilen ernstlich besorgt sein und besser umgehend das Land ver-lassen. Diese, dem Gutachten Leipzigers in ihrem Ergebnis völlig entgegen gerichteten Gutachten, werden jedoch in der Beurtei-lung der Voraussetzungen für die Weiterun-terbringung Mollaths völlig ignoriert. Zwei-felsohne bringt Simmerl jedoch die in Stein gemeißelte Gemeingefährlichkeit als Grund-lage des einstigen Gerichtsbeschlusses zur Unterbringung ins Wanken. Eine Koryphäe der forensischen Psychiatrie muss her und eine Gegendarstellung abliefern. Im Jahre 2008 verfasst ein gewisser Prof. Dr. Körber, Direktor der forensischen Psychiatrie der Charité Berlin, ein Prognosegutachten von Berlin aus, in welchem dieser die „wahn-hafte Störung“ Mollaths bestätigt sieht und

„die Gefährlichkeit des Untergebrachten“ als „nach wie vor unvermindert“ ansieht – all dies wohlgemerkt, ohne Herrn Mollath jemals gesehen zu haben. Auf die Spitze der Ab-surdität treibt es jedoch ein Prof. Pfäfflin der Universitätsklinik Ulm, der 2011 – immer-hin nach einem gründlichen Gespräch mit Herrn Mollath – gutachterlich nicht von der Diagnose der „wahnhaften Störung“ seiner Vorgänger abweichen will und die Diagnose des Herrn Leipzigers quasi zitiert, obwohl sich der Wahrheitsgehalt der Schwarzgeld-vorwürfe zunehmend aufdrängt. Doch oh-nehin seien Gutachter „keine KriminaIisten und keine Juristen, und sie haben bei ihren Beurteilungen zunächst einmal von den Feststellungen des rechtskräftigen Urteils auszugehen.“ Ärzte sollen also möglicher-weise ergangene Fehlentscheidungen eines Gerichtes nicht hinterfragen, wenn sich dies zum Wohle eines Patienten auswirken könn-te, der vielleicht gar keiner ist!? In einem Anhörungstermin bezieht Pfäfflin wie folgt Stellung: Die „Frage nach möglicherweise illegalen Geldgeschäften, die die Ehefrau des Untergebrachten eventuell abgewickelt haben könnte” spiele „für die Beurteilung keine zentrale Rolle". Es sei „vielmehr so, dass die Gedanken des Untergebrachten um einen fernen Punkt von Unrecht kreisen, das sich in der Welt ereignet. Dabei handelt es sich um den Kristallisationspunkt der wahn-haften Störung. Das reale Geschehen spielt lediglich eine untergeordnete Rolle". Wie er diesen absurd konstatierten „fernen Punkt von Unrecht“ wissenschaftlich haltbar be-

Besagter Gutachter machte sich nicht ein-mal die Mühe, seinen Patienten persönlich zu untersuchen, sondern schlussfolgerte seine Befunde alleinig auf der Grundlage

von Aktenvermerken.

Page 11: Synapse 60

© valery.photography Synapse 11www.synapse-redaktion.de

Nr. 60legt haben will, bleibt indes völlig unklar. Aus dem Gutachten selbst wird deutlich, das Pfäfflin eigenanamnestisch eigentlich nichts bei Mollath findet, was die Feststellung einer

„wahnaften Störung“ oder der Gemeinge-fährlichkeit stützen würde. Auf die Frage des Verteidigers: „Angenommen, die Geschäfte der Ehefrau des Untergebrachten seien tat-sächlich so abgelaufen, wie von ihm behaup-tet, kann man dann von „Wahn" sprechen?", entgegnet Pfäffin im Verweis auf das vorher gesagte unglaublicher Weise schlicht: „Das kann man trotzdem.“

(4) Die oberste Repräsentantin der bayri-schen Justiz, ...... die Justizministerin a. d. Beate Merk, ver-schleppt bewusst die Aufklärung der augen-fälligen, nennen wir es: „Ungereimtheiten“, im Fall Mollath und belügt die Öffentlichkeit. Im November 2011 werden in der ARD-Fern-sehsendung „Report Mainz“ Informationen bekannt, denen zufolge die Hypovereinbank die Vorwürfe Gustl Mollaths sehr wohl ernst nahm und noch im Januar 2003 umgehend interne Ermittlungen einleitete. Im Ergebnis wurden Petra Mollath und diverse weitere Bankangestellte umgehend außerordentlich gekündigt. Nach Bekanntwerden dieser In-formationen hielt es die Staatanwaltschaft plötzlich für nötig, doch noch selbst genauer bei der Hypovereinsbank nachzufragen. Im März 2012 nimmt Beate Merk im bayri-schen Landtag schließlich zur Antwort der Bank Stellung und erwähnt hierbei zwar den jetzt vorliegenden internen Revisionsbericht der Bank, spricht aber weiterhin davon, dass die von Mollath damals vorgelegte Beweis-last ein „abstruses Sammelsurium“ gewesen sei, das damals wie heute keinen „Anfangs-verdacht“ zur Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen bedeutet hätte. Auch der Son-derrevisonsbericht der Bank böte hierfür keinen Anlass. Im November 2012 gelangt schließlich auch „Report Mainz“ an den in-ternen Revisonsbericht der Bank. Hier heißt es über die Anschuldigungen Gustl Mollaths,

„alle nachprüfbaren Behauptungen haben sich als zutreffend herausgestellt“ es ist von „Depotübertragen“ in die Schweiz von

„18,5 Mio. DM“ „allein aus dem Nürnber-ger Raum“ die Rede, für welche die Exfrau Mollaths von der Schweizer Bank wohl Pro-visionen erhielt. Ausdrücklich attestiert die Bank „allen“ von Mollath erwähnten Mitar-beitern „viele und gravierende Verfehlungen bzw. Verstöße gegen interne Richtlinien und externe Vorschriften (u.a. Abgabenordnung, Geldwäschegesetz, Wertpapierhandelsge-setz)“. Konfrontiert mit diesen Ergebnissen rechtfertigt sich Merk in einem Interview mit „Report Mainz“ im Dezember 2012 je-doch noch: „Sobald sie verfolgbar waren, haben sie sich {die Behauptungen Mollaths} als nicht zutreffend herausgestellt“. Hierbei muss es sich um die bewusste Falschaussa-ge einer promovierten Juristin zum Zwecke

der Täuschung handeln. Tatsächlich wurden die Unterlagen vom Landesamt für Steuern nochmals gesichtet. Daraus geht hervor, dass

„12 der insgesamt 106 Seiten“ aus dem Ord-ner Mollaths für die Steuerfahnder „brauch-bare Informationen“ enthielten und zusam-men mit dem erst 9 Jahre nach Entstehung durch die Staatsanwaltschaft angeforder-ten Revisionsbericht der Hypovereinsbank sowie Kontoverfügungen von Schweizer Nummernkonten seit 2012 „klare Ermitt-lungsansätze“ zur Einleitung von „Besteue-rungsverfahren“ vorgelegen haben. Letztlich sind wohl seit dem Februar 2012 zumindest 19 Steuerermittlungsverfahren aus den Vor-würfen Mollaths hervorgegangen, teils durch Selbstanzeigen. Offenkundig deckt Merk hier das Versagen der bayrischen Justiz und belügt die Öffentlichkeit auch noch zu dem Stand des Verfahrens: Wäre bereits 2003 ein ernsthaftes Ermittlungsverfahren auf Grund-lage von Mollaths Strafanzeige eingeleitet worden, wäre die Feststellung einer „wahn-haften Störung“ schon damals unzweifelhaft das gewesen, als welches sie sich letztlich entpuppen musste: völlig unhaltbar! Nie hätte es so wohl zu einer 7 Jahre währenden Freiheitsberaubung kommen können.

(5) Auch so ließe sich argumentieren: Mollath ist ein Mann mit ausgeprägtem Gerechtigkeitsempfinden...

... Aus dem Bewusstsein heraus, zu Unrecht in der Anstalt zu sitzen, verweigert er diverse Male die Zusammenarbeit mit den Gutach-tern und insistiert auf den Schwarzgeldskan-dal. Die Gutachter werten dies prognostisch ungünstig als „fehlende Krankheitseinsicht“. Ist es richtig, die Zusammenarbeit mit einem Unrechtssystem zu verweigern? Absolut! Hätte der Versuch der Anpassung an die-se Umstände unter Aufgabe des absoluten Rechtsanspruchs den Zeitraum der Unter-bringung für Mollath verkürzt? Auch diese Frage ist wohlmöglich zu bejahen. Mollath handelt menschlich betrachtet über die Zeit-dauer seiner Freiheitberaubung antiintuitiv, was ihm ideell allerdings im höchsten Maße anzurechnen ist. Wo die meisten Menschen schon froh wären, endlich wieder die Luft der Freiheit zu atmen, lässt Mollath wenig Erleichterung erkennen. Seine wichtigste Hoffnung und sein Antrieb bleiben einzig die schleunige Aufnahme des Wiederaufnah-meverfahrenes, aus dem er sich die völlige Anerkennung der Wahrheit erwartet – und zwar wie er sie sieht!

Die mediale Aufmerksamkeit für das Schicksal des Herrn Mollath entwickelte sich zwar spät - der unbedingte Gestus des rechtsschaffenden Bürgers sollte es den Medien allerdings eminent erleichtern, ein einseitiges und unbescholtenes – stellenwei-se gar ikonenhaftes Bild – des Opfers eines willkürlichen bayrischen Justizsystems zu

zeichnen - ein Bild, das durchaus unreflek-tiert auch kaum mehr in Frage gestellt wur-de – die Spiegelredakteurin Beate Lakotta wäre hier als dankeswerte Ausnahme anzu-führen. Dies besorgte dann doch noch spät die Freilassung eines Menschen, der sonst wahrscheinlich in Vergessenheit versunken wäre. Hätte Mollath nicht in unermüdlich aus der Anstalt heraus geschriebenen Brie-fen die richtigen Personen auf sein Schicksal hingewiesen, wäre die Welle der öffentlichen Entrüstung niemals angestoßen worden.

Viele andere hätten in Verzweiflung über eine solch unfassbare Unbill wohl resigniert

- nicht so Gustl Mollath. Inwieweit begüns-tigte der Charakter Mollaths nun also des-sen Schicksal? Darf man denn überhaupt so fragen? Ein funktionierendes Rechtssystem sollte unbeachtet dieses Aspektes jederzeit in der Lage sein, gerechte Entscheidungen zu treffen bzw. ungerechte Urteile schnellst-möglich zu revidieren. Wenn wir aber den-noch so fragen wollen: Die Freilassung Mollaths erfolgte - nicht zuletzt mitbedingt durch seinen renitenten Charakter - spät, da-für allerdings in Märtyrergestalt.

Die hier vorangehend skizzierte Konstel-lation der Verfehlungen, die letztlich die Einweisung und langjährige Unterbringung Herrn Mollaths ermöglichten, ist quantitativ wie qualitativ frappierend, selbst wenn sie hier sicherlich nicht einmal annähernden Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Die Komplexität dieser Geschehnisse kann viel-leicht aber auch Hoffnung aufzeigen: Viele Punkte des Rechtsystems müssen versagen, viele Personen korrumpierbar sein, bevor ein Fall Mollath überhaupt denkbar wird.

Wenn allein wir zukünftigen Ärzte und potentiellen Gutachter (auch eine Krank-schreibung ist ein ärztliches Gutachten!) die gründliche Untersuchung des Patienten und eine unabhängige Diagnosestellung zu Grundprinzipien unserer ärztlichen Beurtei-lung erheben, sollte ein weiterer Fall Mollath schon unmöglich geworden sein.

Eventuell bleibt somit einem Schicksal, wie demjenigen des Gustl Mollath, ein zwar trauriges aber auch sehr seltenes bis singu-läres Vorkommen im deutschen Rechtsstaat beschert....

Es wäre jedenfalls zu hoffen!

Es hängt nicht zuletzt... An UNS!

Ein funktionierendes Rechtssystem sollte unbeachtet dieses Aspektes jederzeit in der Lage sein, gerechte Entscheidungen zu treffen bzw. ungerechte Urteile schnellst-

möglich zu revidieren.

Page 12: Synapse 60

Synapse12 www.synapse-redaktion.de

Nr. 60

Der Fall MollathDer Fall MollathVersuch einer Aufarbeitung mit forensisch-psychiatrischem Fokus

13. Dezember17.00 Uhr17.00 UhrHörsaal Chirurgie, Nussbaumstraße 20

• Dr. med. Hanna Ziegert• Dr. med. Friedrich Weinberger• Prof. Dr. med. Klemens Dieckhöfer• Ministerialrat Dr. jur. Wilhelm Schlötterer . . .diskutieren mit den Medizinstudenten Münchens

Dieser Mann verlor 7 Jahre in der Psychiatrie, weil er Steuerbetrug anzeigte...

Kann Dir so etwas auch passieren? ©

201

3 | D

esig

n: R

ick

Pasc

holdNach bayrischer Rechtsprechung bist dureif für die Anstalt!

Nach bayrischer Nach bayrischer Rechtsprechung bist du

Rechtsprechung bist dureif für die Anstalt!

© W

ikipedia/Harald Bischoff

(CC-by-sa-3.0 de)

© o

pens

tree

tmap

.org

, CC

BY-S

A

© W

ikip

edia

/Mic

hael

rtsc

h (C

C 3.

0 U

npor

ted)

Page 13: Synapse 60

Synapse 13www.synapse-redaktion.de

Nr. 60

Wir schreiben den 24. Juli des Jahres 2013. Einen jener schwülen Tage, die einem den Schweiß auf die Stirn treiben und den Atem rauben. Eine Akkumulation von Feuchte und Hitze mit der der Kreislauf zu kämpfen hat. Am Nachmittag jenes Tages, fand um 16:00 die Gedenkfeier des Präparierkurses in der Leopoldkirche statt, als sich ein warmer Sommerregen über die eintreffenden Menschenmassen ergoss.

Als einleitender Redner hob Peter Blümel, der katholische Hochschulseelsorger der Ludwigs-Maximilians-Universität, hervor, dass die Veranstaltung zwei Gegensätze vereine: Nämlich die Medizinstudenten, die aus der Spendebereitschaft der Verstorbenen ihren Nutzen ziehen konnten, auf der einen Seite; die trauernden Angehörigen, denen erst nach zwei Jahren die Überreste der einst nahestehenden Person rückgeführt wurden, auf der anderen. Auch die Trauer und der Tod an sich sind zwiespältig. Denn der Tod kann auch Erlösung sein. Das Le-ben besteht aus Leben und Tod. Einer Ambivalenz, der man nicht entrinnen kann.

Nach Sonne muss auch Regen folgen, aber der Regen kann auch ein Segen sein, wie ein war-mer Sommerregen. In diesem Falle ist die Nässe nicht kalt und unangenehm sondern wässert die ausgedörrten Pflanzen und ist nicht nur für diese eine willkommene Abwechslung.

Während Peter Blümel die christlichen Aspekte betonte, war es das Anliegen von Prof. Dr. Jens Waschke, insbesondere auf die Interessen der Medizinstudenten im Zuge seiner Rede einzugehen. So erklärte er sehr eingängig, dass es den Medizinstudenten nur durch den Präpa-rierkurs ermöglicht wird, die Dreidimensionalität und somit die vollkommene Anatomie des Menschen zu verstehen. Zudem wird ein Student der Vorklinik nur so mit dem Tod, der ihm oder ihr in seiner späteren Berufslaufbahn begleitet, konfrontiert.

Drei Medizinstudenten legten den Anwesenden durch drei Reden unterschiedlicher Qualität ebenfalls diesen Blickpunkt dar. Sie Sprachen teils sehr pathetisch von ihrem Studiengang und sprachen großen Dank gegenüber den Körperspendern aus, der an dieser Stelle nicht vergessen werden darf.

Bevor das „Abendlied “ von Josef Rheinberger erklang, fasste die Hochschulpfarrerin Martina Rogler durch ihre abschließende Ansprache die vorangehenden Aspekte nochmals auf.

Der gesamte Gottesdienst wurde von einem Chor aus Medizinstudenten begleitet, den Dr. Ca-rolin Unterleitner begleitete. Abgesehenen von der musischen Umrahmung der Veranstaltung zogen die Sänger des Chores mit Kerzen in die Kirche ein, um sie am Altar abzustellen. Je eine Kerze für je einen Verstorbenen - Symbol für deren Seelen .

Am Ende der Veranstaltung hatten die Angehörigen die Möglichkeit, von den Studenten des Chores jene Kerzen wieder entgegen zu nehmen, was nicht nur eine schöne Geste darstellte sondern den gesamten Ablauf der Veranstaltung abrundete.

Als die Besucher aus der Kirche hinaustraten, überstrahlte die Sonne ganz München, aber die drückende Schwüle war mit dem Regen in den Gulli geflossen. Ein Abschied von der Schwere der feuchten Hitze.

Ein Abschied im Sommerregenvon Julia Maria Eder

© W

ikip

edia

/Mic

hael

rtsc

h (C

C 3.

0 U

npor

ted)

Page 14: Synapse 60

Synapse14 www.synapse-redaktion.de

Nr. 60

Initiative: Medizinischer Frühling 2013 – Was muss sich ändern?

In der vergangenen Ausgabe 59 der Synapse präsentierten wir Euch unter diesem Stichwort eine Initiative, aus welcher mit Eurer Mitwirkung Vorschläge zur Verbesserung des Medizinstudiums in München hervorgehenden sollten. Diese Anregungen wurden nun gesammelt und dem Studiendekan der medizinischen Fakultät der LMU, Herrn Prof. Dr. Dr.h.c. Maximilian Reiser, in der nachstehenden Form vorgebracht. Im Sinne eines offenen Briefes findet sich diese Anfrage unverändert abgedruckt auch an dieser Stelle wieder.

Die Antwort des Studiendekans wird in der kommenden Ausgabe der Synapse an dieser Stelle zu finden sein.

Herzlichen Dank an alle eingegangenen Wortmeldungen Eurerseits, die in der Erstellung dieses Briefes berücksichtigt worden sind!

Zeitung der Medizinstudierenden MünchensNils Engel i. V.

[email protected].: 0157 / 85565070

Apianstraße 7 85774 Unterföhring

Offener Brief

Betreff: Was sich am Medizinstudium an der LMU ändern könnte – Eine Anregung zum Dialog

Sehr geehrter Prof. Dr. Dr.h.c. Reiser,

sicherlich ist Ihnen die „Synapse“ als Zeitung der Medizinstudierenden Münchens und als Fachschaftszeitung der Fach-schaft Medizin der LMU München ein Begriff. In der vergangenen Frühjahrausgabe Nr. 59 unserer Zeitung nahmen wir das Frühlingsmotiv des „Erwachens“ und der allgemeinen „Erneuerung“ zum Anlass, eine Umfrage unter unseren Lesern zu lancieren. Wir fragten damals konkret: Was muss sich am Medizinstudium in München ändern?

Die im Rahmen dieser Umfrage vonseiten der Redaktion und von Lesern der Synapse hervorgebrachten Punkte möchte ich ihnen im Folgenden mit der Bitte um Verwirklichung - zumindest aber unter der Erwartung einer konstruktiven Stellung-nahme Ihrerseits - antragen:

Page 15: Synapse 60

Synapse 15www.synapse-redaktion.de

Nr. 60

1. Wir glauben, dass der Status eines Medizinstudenten extrem aufgewertet würde und dessen Verbundenheit mit seinem Universitätsklinikum letztlich gefestigt würde, sofern dieser zumindest in Teilen diejenigen Rechte zugebilligt bekä-me, die alle Angestellten der Universität selbstverständlich genießen. Aus einem solchem „Klimawandel“ würden langfristig Studenten wie Universität gleichermaßen profitieren. Nicht zuletzt leisten auch die Studenten eine weithin unvergütete Mitarbeit, wenn sie die Ärzte in ihrer Arbeit auf Station unterstützen. Neben der Forschung tragen die Studenten wesentlich zur Reputation eines „Universitätsklinikums“ in der Außenwahrnehmung bei. Auch der Forschungsaspekt wäre ohne die unzählige Schar an motivierten Doktorandinnen und Doktoranden nicht denkbar, die sich unmittelbar aus der Studenten-schaft speist. Wir stellen also fest: Das Universitätsklinikum als solches entbehrt ohne den motivierten Studenten jegliche Daseinsberechtigung. Dieser Sachverhalt sollte entsprechend gewürdigt werden!

Die folgenden Maßnahmen würden z.B. wichtige Akzente eines Richtungswechsels setzen können:

a. Gleichstellung von Medizinstudenten und Mitarbeitern in der Preisgestaltung der Speiseversorgung

Ein Medizinstudent zahlt für die Einnahme des Mittagessens, sofern er die offizielle Regelung des Bezahlsystems in den Mitarbeiterkantinen des Universitätsklinikums mit Standort Ziemssenstraße/Großhadern nicht unterlaufen kann, 4 EUR pro Mahlzeit. Hingegen sind Angestellte berechtigt, 10 Essensmarken à 3 EUR zu erwerben. Hieraus schlussfolgert sich der groteske Umstand, dass ein Medizinstudent ohne eigenes Einkommen de facto mehr für sein Mittagessen bezahlt, als der ärztl. Direktor des Klinikums! Die vom Studentenwerk betriebenen Mensen können hierbei, insbesondere für die Medizin-studenten im klinischen Abschnitt ihres Studiums, keine Alternative anbieten. Überdies sind diese während der Vorlesungs-zeiten teils heillos überfüllt. Es böte sich in dieser Diskussion ferner an, den Solidaritätsgedanken zu erwägen: In Lehre und Patientenversorgung arbeiten Angestellte des Klinikums und Studenten eng zusammen. Ist es nicht enttäuschend, dass diese am Mittagstisch nach offizieller Auslegung getrennte Wege einschlagen sollen und nicht andrerseits legitim, ein Abstellen dieses Missstandes zu einzufordern?

b. Einführung von „Dienstkleidung“ für Studenten

Medizinstudenten sind im klinischen Abschnitt Ihres Studiums während praktischer Unterrichtseinheiten, z. B. im Rah-men der „bedside teachings“, ständig auf wechselnden Stationen eingeteilt. Aus den seinerzeit noch erhobenen Studienbei-trägen wurde immerhin ein Kittel am Anfang des Studiums zur Verfügung gestellt, der nach dem Einsatz im anatomischen Präparierkurs wohl kaum noch für Patientenkontakte in Frage gekommen wäre. Letztlich hat sich also jeder Medizinstu-dent, spätestens für den klinischen Abschnitt seines Studiums, einen weiteren Kittel anzuschaffen und wäre theoretisch verpflichtet, diesen vor jedem Wechsel der Station aus hygienischen Gründen zu waschen. Dabei bleibt es höchst fraglich, inwieweit dies in der Praxis von jedem Studenten so umgesetzt wird. Es ist zu befürchten: ein nicht unbeträchtlicher Teil der Studenten verschleppt mit ungewaschenen Kitteln Keime von Station zu Station, was einen beträchtlichen Hygienemangel darstellt. Für wahr: Jedem Studenten ist hinreichendes Verantwortungsbewusstsein zu unterstellen, für die Pflege seiner Dienstgarderobe aufzukommen. Aber letztlich ist hiermit doch auch ein nicht zu vernachlässigender Aufwand verbunden. Festzustellen bleibt: Die Studentenschaft ist in vielen Abschnitten Ihres Studiums ähnlich stark belastet wie das Personal des Klinikums. Letzteres bekommt allerdings Dienstkleidung gestellt, die von der vom Klinikum beauftragen Wäscherei re-gelmäßig gereinigt wird. Aus Gründen, die im bereits im vorhergehenden Abschnitt angeklungen sind, wird an dieser Stelle die folgende, die Studienbedingungen für Mediziner merklich verbessernde, Maßnahme vorgeschlagen:

Jedem Medizinstudenten sollte spätestens zu Anbeginn des klinischen Abschnitts seines Studiums ein Satz Wäsche un-entgeltlich angepasst werden. Die Wäsche nimmt sodann am „Turnover“ der Wiederaufbereitung der vom Klinikum beauf-tragten Wäscherei teil und kann nach erfolgter Reinigung vom Studenten an einer zentralen Ausgabestelle abgeholt werden. Der Student wäre folglich den Mitarbeitern des Klinikums auf dieser Ebene gleichgestellt.

2. Abbau der „Anwesenheitspflicht“ im Medizinstudium und mehr Wahlfreiheit über die Teilnahme an Unterrichts-veranstaltungen

Das Medizinstudium schickt sich an, im Rahmen seiner Laufzeit für die Übernahme des vielleicht verantwortungsvollsten Berufsbildes überhaupt auszubilden - dem Beruf des Arztes - der letztlich für das Leben seiner Patienten verantwortlich ist. Es ist einerseits richtig, dass ein solches Studium im besonderen Maße in der Lage sein muss, die Vermittlung des für die qualifizierte Ausübung einer solchen Position benötigten Fachwissens in hohem Maße zu garantieren. Andererseits ist all’ dieses Fachwissen doch auch völlig wertlos, wenn mit ihrer Anwendung kein verantwortungsbewusster Mediziner betraut wird, der sich jederzeit der Tragweite seiner Entscheidungen bewusst ist.

Page 16: Synapse 60

Synapse16 www.synapse-redaktion.de

Nr. 60

Aus dem Curriculum des Medizinstudiums, wie es an der LMU gegenwärtig realisiert ist, lassen sich folgende Annahmen ableiten:

- Das Curriculum traut dem Medizinstudenten nicht zu, sich aus intrinsischer Motivation heraus das benötigte Fach-wissen anzueignen und Leistungen zu erbringen. Stattdessen wird ein aufrichtiges Interesse des Studenten am Fache der Me-dizin indirekt in Frage gestellt. Das Vermögen des Studenten, selbstverantwortlich darüber zu entscheiden, welche Veranstal-tungsangebote ihn weiter bringen oder besser durch das Lesen entsprechender Fachliteratur zu ersetzen wären, wird gänzlich in Abrede gestellt. Diesem Studenten wird aber gleichsam zugemutet werden, in seiner zukünftigen Arztposition eigenverant-wortlich Patienten zu betreuen. Hier tut sich ein Widerspruch auf, der nicht wegzudiskutieren ist.

- Die Motive, die hinter dieser ungünstigen Entwicklung stecken könnten, werden hingegen sehr wohl augenfällig. Die Gesellschaft meldet Bedarf an, den befürchteten „Ärztemangel“ zu verhindern. Die Hochschulen stehen hier in der Verantwor-tung, insbesondere quantitativ für Nachschub zu sorgen. Vor diesem Hintergrund ist es vielleicht naheliegend, auch noch den unmotivierten Medizinstudenten „an die Hand zu nehmen“ und zu seinem Glück zu zwingen. Es mag sogar sein: In einem we-niger verschulten, selbstverantwortlich zu organisierenden Medizinstudium würden einige Studenten auf der Strecke bleiben. Nur: Müsste man dann nicht in erster Linie das gegenwärtige Zulassungsverfahren zum Medizinstudium in der Verantwortung sehen und dessen längst überfällige Revision anstreben?

Ein weiteres Motiv, die Verschulung mit möglichst vielen redundanten Lehrveranstaltungen voranzutreiben, ist die Tatsache, das die Höhe der finanziellen Mittel, die für den Lehrbetrieb zu Verfügung stehen, partiell auch davon abhängt, wie gut die Studenten der eigenen Universität bei den Staatsexamina abschneiden. Im medizinischen Lehrbetrieb bestehen somit also An-reize, das Studienziel nicht zuletzt auch an der Optimierung der Prüfungsergebnisse der Staatsexamina zu orientieren. Wenn wir glauben, das die Befähigung zum Arztberuf anhand der Zahl der richtig beantworteten MC-Fragen adäquat zu messen ist, wäre dies wohl nicht weiter falsch. Sollten hier jedoch Zweifel aufkommen, sollte man die Ausgestaltung des Studiums even-tuell doch überdenken.

Eines soll hier aber auch dezidiert herausgestellt werden: Die überwiegende Zahl an Lehrveranstaltungen, welche die LMU im Rahmen des medizinischen Curriculums anbietet ist bereits gut bis sehr gut. Die angebotene Evaluation der Lehrveranstal-tungen trägt dazu bei, diese hohe Qualität der Lehre noch weiter zu verbessern. Es lassen sich jedoch auch distinkte Faktoren ausmachen, die von dieser Qualitätssicherung unter der Bedingung „Pflichtveranstaltung“ nicht erfasst werden können:

- Die wahrgenommene Qualität einer Lehrveranstaltung steht und fällt mit der Motivation und Qualität des Dozenten. Diese kann, vor dem Hintergrund der dünnen Personaldecke und in Anbetracht der Tripel-Belastung von Dozenten, bestehend aus Patientenversorgung, Lehre und Forschung, einfach nicht in 100% der Fälle gewährleistet werden. Man täte aus Gründen der Qualitätssicherung daher gut daran, insbesondere die inhaltlich repetitiven Veranstaltungen zu Gunsten der Qualität quan-titativ zu einzudämmen.

- Die Qualität einer auf die Interaktivität zwischen Dozenten und Studenten setzenden Lehrveranstaltung steht und fällt insbesondere auch mit der Motivation der teilnehmenden Studenten. Diejenigen Studenten, die freiwillig nicht an einer u.U. inhaltlich repetitiven Lehrveranstaltung teilnehmen würden, weil sie glauben, schon alles zu wissen oder schlicht kein Interesse an Materie, Lernform oder der Fremdbestimmung haben, sich aber wegen der Existenz von „Logbüchern“ trotzdem genötigt sehen, missmutig der Veranstaltung beizuwohnen, werden wohl kaum zum Lernerfolg beitragen. Ganz im Gegenteil: diese Studenten werden genervt oder aus Langeweile eher stören, abgelenkt sein und wenig Konstruktives zum Lernerfolg beizutragen haben und ja, auch das: Sie werden gezwungen sein, ihre Zeit zu verschwenden!

Ein motivierter Dozent muss dies als Ignoranz gegenüber seinen Bemühungen ansehen, eine gute Lehre anzubieten. Folglich wird er sich zukünftig weniger engagieren. Dies vergiftet nun aber das Studienklima insgesamt und trägt in der Konsequenz da-für Sorge, dass diejenigen Studenten, die auch freiwillig zur Veranstaltung gekommen wären, weil sie diese als gute Möglichkeit zur Auffrischung und Verfestigung ihres Vorwissens betrachten, weniger stark von der Veranstaltung profitieren werden. Somit verschwenden nun also auch die intrinsisch motivierten Studenten Ihre Zeit!

Diese Fehlentwicklung ist nun keineswegs durch den quantitativen Ausbau des verpflichtenden Lehrangebots zu überkom-men sondern wird, ganz im Gegenteil, durch einen solchen in ihrer negativen Eigendynamik noch befeuert.

Page 17: Synapse 60

Synapse 17www.synapse-redaktion.de

Nr. 60

In diesem Sinne muss unser Plädoyer zum Schluss lauten:

Lassen Sie bitte alle Studenten nach Hause gehen, die keine Lust auf eine bestimmte Lehrveranstaltung haben, um insge-samt mehr Freiheit für mehr Qualität im Studium zu ermöglichen. Es würden letztlich alle Beteiligten profitieren!

Wir haben Sie an dieser Stelle mit Ideen konfrontiert, von denen wir glauben, dass sie, wohl überlegt und begründet for-muliert, durchaus den Anspruch erheben dürfen, erhört zu werden. Nichtweniger stehen wir in der Überzeugung, dass eine Berücksichtigung dieser Ideen das medizinische Studienklima an der LMU, das schon jetzt ein sehr gutes ist, weiter verbes-sern würde. Ein gewähntes „sehr gut“ sollte ohnehin nicht die Stagnation an einer Institution rechtfertigen dürfen, welche öffentlich schallend den Anspruch auf „Exzellenz“ für sich reklamiert.

In der Erwartung und Gewissheit, dass Sie als Studiendekan der medizinischen Fakultät der LMU diesen Anspruch teilen werden, verbleiben wir in gespannter Erwartung Ihrer Antwort.

Aufrichtigsten Dank für Ihr entgegenkommendes Verständnis und Ihre Unterstützung!

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr

Nils Engel

i. V. der Synapse-Redaktion und den Lesern der Synapse

Page 18: Synapse 60

Synapse18 www.synapse-redaktion.de

Studium und Arbeit

„MeCum-Mentor“ ist das Mentorenprogramm der Medizinischen Fakultät der LMU. Zielsetzung ist es, die Mitglieder der Fakultät – egal ob Student oder Arzt -stärker miteinander zu vernetzen und somit eine Ba-sis für den Erfahrungs- und Informationsaustausch zu schaffen und dies insbesondere auch auf vertika-ler Ebene zwischen „Jung“ und „Alt“, „Einsteigern“ und „Professionals“, zu gewährleisten. Das Programm wendet sich vor allem an uns Studenten und eröffnet die Möglichkeit, nach Anlage eines kurzen Interessen-profils im Internet gezielt Kontakt zu einem passen-den Mentor aufzubauen und von dessen Erfahrungs-schatz zu profitieren. Wer sich zum Beispiel für eine experimentelle Doktorarbeit interessiert, kann sich so von einem erfahrenden Postdoc beraten lassen. Wer beispielsweise weiß, dass er sich die Chirurgie als künftiges Berufsfeld vorstellen könnte, kann Tipps von einem Chirurgen beziehen. Selbstverständlich profitieren auch die Mentoren davon, den Draht zum Nachwuchs nicht zu verlieren und ein Verständnis dafür zu wahren, was sich junge Mediziner für Lehre und berufliche Zukunft wirklich wünschen. Natürlich können auch wir Studenten uns selbst als Juniormen-toren engagieren, um das Netzwerk der Mediziner ak-tiv mitzugestalten & das studentische Leben an unse-rer Fakultät durch Austausch zu bereichern!

Vorab nähere Informationen zu den vielfältigen Angeboten und Projekten von MeCum-Mentor ...

Interesse bekommen? Das jährliche MentoRingFest am

10. Dezember erwartet Euch!

www.mecum-mentor.de

Page 19: Synapse 60

Synapse 19www.synapse-redaktion.de

Studium und Arbeit

Peter Loose, Assistenzarzt und Mentor im MeCuM-Mentor-Programm

Wo haben Sie studiert und welche Facharztausbildung durchlaufen Sie derzeit?

Ich habe im schönen München an der LMU studiert und mache gerade meine Facharztaus-bildung zum Anästhesisten.

An welchem Krankenhaus/in welcher Praxis arbeiten Sie?

Im Klinikum der LMU in Großhadern

Sind sie in der Forschung aktiv?

Momentan (noch) nicht.

Moritz Lux, Student und Mentee im MeCuM-Mentor-Programm:

In welchem Semester studierst du?

Ich komme jetzt ins 7. Semester und fange mit Modul 23 an.

Hast du schon mit deiner Doktorarbeit begonnen?

Ja, ich habe ziemlich früh angefangen. Im 5. Semester habe ich angefangen nach einer Doktorarbeit zu suchen und habe über FöFo-Le eine für mich passende gefunden. Seit dem 6. Semester bin ich dran.

Warum hattest du das Bedürfnis, dir einen Mentor zu su-chen?

Ich interessiere mich für die Anästhesie und überlege mir, ob ich nicht vielleicht mal in die Richtung gehen will. Deswegen habe ich einen Mentor gesucht der in diesem Bereich erst seit kurzem arbeitet und mir sozusagen „aus erster Hand“ erzählen kann wie der Einstieg in das Berufsleben in diesem Fach ist. So bin ich auf Peter gestoßen.

Wie hast du von MeCuM-Mentor erfahren?

Durch Zufall. Die Seite MeCuM-Mentor ist auf MeCuM-Online verlinkt. Eines Tages habe ich da einfach draufgeklickt.

Hast du das Matching auf unserer Hompage als kompli-ziert empfunden?

Überhaupt nicht, ist doch total einfach!

Hast du mehrere Mentoren ausprobiert? Hat es lange ge-dauert, den richtigen zu finden?

Nein ich habe nicht mehrere Mentoren aus-probiert. Nach dem Matching werden einem ja ca. 10 Mentoren in absteigender Reihenfolge vorgeschlagen. Ich habe einfach den genom-men, dessen Beschreibung mir am sympa-thischsten war. Zufällig war Peter auch der Erste auf der Liste...

Welche Qualitäten sollte dein Mentor für dich haben?

Das Wichtigste: Die Chemie muss einfach stimmen! Das merkt man ja schon nach 3 Mi-nuten im ersten Gespräch. Der Rest ergibt sich fast von selbst: Einen Arzt der unmotiviert ist und keine Lust darauf hat irdendetwas an jun-ge Studenten weiter zu geben wird, man inner-halb des MeCuM-Mentor Projektes vermutlich gar nicht erst finden. Die Mentoren melden sich ja auch freiwillig.

Ansonsten ist für mich nur wichtig, dass mein Mentor für mich Zeit hat, ein Professor, der schon 10 Doktoranden hat, ist da vermutlich nicht die beste Wahl...

Sehen Sie sich in der Zukunft auch in einem Krankenhaus/einer Praxis?

Das schöne am Arztberuf ist, dass man später so viele Möglichkeiten hat. Momentan sehe ich meine Zukunft eher im klinischen Setting, denn die Arbeit als Anästhesist und Intensiv-mediziner ist natürlich dort beheimatet. Hier lernt und sieht man einfach mehr. Trotzdem will ich die Arbeit in einer Praxis nicht aus-schließen – sein eigener Chef zu sein, das hat schon was. Aber das hat noch Zeit!

Hatten Sie früher auch einen Mentor?

Ja, mein Vater! (lacht) Aber der war nicht für die Medizin zuständig, sondern für alles an-dere im Leben. Bei MeCuM-Mentor habe ich mir keinen Mentor gesucht. Zwar war ich da-mals angemeldet, das Matching habe ich aber nie abgeschlossen. Ich glaube, ich war mir da-mals nicht der Bedeutung eines guten Mento-ring-Programms bewusst.

Seit wann sind Sie Mentor und wie sind Sie dazu gekom-men?

Seitdem ich im Klinikum arbeite bin ich auch Mentor.

Wie viele Mentees haben Sie schon betreut?

Moritz ist mein erster Mentee.

Was kann man Ihrer Meinung nach von einem Mentor erwarten?

Von beiden Seiten kann man Interesse und Respekt füreinander und Vertrauen und ehr-lichen Umgang miteinander erwarten. Ein Mentor sollte zudem stets erreichbar sein – an der Erreichbarkeit muss ich allerdings noch arbeiten.

Profitieren Sie auch von Ihrem Mentee?

Selbstverständlich!

In wie weit ,,beraten“ Sie Ihren Mentee? Machen Sie kon-krete Vorschläge?

Mein Ziel ist es, den Mentees meine Erfahrun-gen und persönlichen Erkenntnisse zur Verfü-gung zu stellen, ihnen dabei evtl. Alternativen aufzuzeigen und sie so vor Fallstricken zu be-wahren. Das ist natürlich alles sehr subjektiv und muss für meinen Mentee überhaupt nicht das Richtige sein. Die Entscheidungen können die Mentees letztendlich nur selber treffen.

Können Sie ein typisches Treffen mit Ihrem Mentee be-schreiben?

Man trifft sich auf einen gemütlichen Kaffee oder ein Radler im Café Mariandl. Ob das ty-pisch ist, weiß ich nicht. Wir machen das aber so!

Fragen an den MeNtor:

Wie lange hast du deinen aktuellen Mentor nun schon?

Noch nicht lange, erst seit 2-3 Monaten.

Wie oft triffst du dich mit deinem Mentor?

Wir haben vereinbart, dass wir uns einmal pro Semester treffen. Wenn ich eine Frage oder ein Problem hätte, wäre aber ein kurzfristiges Tref-fen jederzeit möglich.

Beschreibe doch mal ein typisches Treffen mit deinem Mentor! Über welche Themen sprecht ihr? Wo kann er dir weiterhelfen?

Wir haben uns bisher einmal getroffen. Von einem „typischen“ Treffen kann also nicht die Rede sein.

Unser erstes Treffen war im Cafe Mariandl. Die Atmosphäre war total locker. Peter hat mich gefragt, wie es mir im Studium und mit der Doktorarbeit geht und was ich später ein-mal machen möchte. Ich habe ihn gefragt wie der Einstieg als Assistenzarzt war, wo er stu-diert hat u.s.w. Ein erstes Kennenlernen also.

Peter konnte mir gleich beim ersten Treffen Tipps geben für einen Auslandsaufenthalt in den USA im PJ, da ich plane zumindest ein Tertial im Ausland zu verbringen.

Kannst du dir vorstellen später auch Mentor zu werden? Warum?

Wenn ich als Assistenzarzt am Anfang nicht total überfordert bin, dann auf jeden Fall. Wenn man den richtigen Mentee findet macht es sicherlich Spaß und außerdem ist es nur fair wenn man das, was man selber einmal bekom-men hat auch an andere weiter gibt.

Fragen an den StuDeNteN

Page 20: Synapse 60

www.synapse-redaktion.de20 Synapse

Lyrik

Fenster

Von Johannes Kuhn

Das Dunkel schon die Straßen tränkt,

Die Stille laut zu hören ist.

Die Sonne hat sich längst gesenkt

Und du jetzt ganz alleine bist.

Der Blick durchs Fenster ist getrübt

Kein Lichtschein mehr erhellt dich jetzt.

Welch Einsamkeit dich längst umgibt

Das wolltest du doch als zuletzt.

Gedanken fließen ungehemmt

In deinem vollen Kopf umher.

Hast dich dagegen doch gestemmt

Nur nützt es manchmal schon nichtmehr.

Die Schwere, die dich nun umgibt

Lässt kaum noch Helligkeit bestehn.

Du hast die Freiheit so geliebt

Und kannst sie jetzt nicht vor dir sehn.

Mach dir das Denken nicht so schwer.

Lass sein, was nicht zu ändern ist.

Dann fühlst du oftmals umso mehr,

Wie einzigartig du doch bist.

Olivenbaum

Von Johannes Kuhn

Du bist schon alt, doch bist das Leben,

stehst stolz und angesehen vor mir da.

Obwohl nichts bleibt, so wie es war

wirst du mir ruhigen Schatten geben.

Wenn weicher Wind dich sanft berührt

und deine Blätter zitternd schweben,

reckst du dich hoch dem Blau entgegen.

Du hast den Himmel schon gespürt.

Die Äste wiegen frei umher.

Du glitzerst silbergrün im Licht.

Dein breiter Stamm steht ruhig und schlicht,

ich komme immer wieder gern hierher.

© Jack Zalium

Page 21: Synapse 60

Lyrik

Synapsewww.synapse-redaktion.de

Liebe ist wie Stalingrad

Von Manuel Kolb

Liebe ist wie Stalingrad

Stalingrad Massengrab

Tausend Tote seh`n herab

Gleiche Kämpfe

Tag für Tag

Eng an eng liegen wir

Zwischen uns die leise Gier

Was kann ich noch so ertragen

An welchen Fronten

Erschüttert Entsagen

Jeden Tag im gleichen Krieg

Für der Liebe ihren Sieg

Reiben wir einander auf

Nehmen Gräben voll

— Verluste in Kauf

© Maarten Van Damme

21

Page 22: Synapse 60

Synapse22 www.synapse-redaktion.de

Gewinnspiel

Gewinner vom letzten Mal

Die Synapse macht Medizinstudenten glücklich!

Es folgen die glücklichen Gewinner der Gewinnspiele der Ausgabe 59...

„MedizinStyle“ Gewinnspiel:

Frage: „Der Titel welcher populären US-Krankenhaus-Serie bezeichnet OP-Bekleidung?“

Richtige Antwort: „Scrubs“

Ein Oberteil der Cherokee Workwear Core Stretch Linie der US-Marke Cherokee Uniforms haben gewonnen:

Andrea Suhs & Martin Bullan

Gewinnspiel „Leben“:

Frage: Welches ist die häufigste Autoimmunhepatitis?

Richtige Antwort: „Autoimmunhepatitis Typ 1, klassische (lupoide) autoimmune Hepatitis“,

die für etwa 80% aller Autoimmunhepatitiden verantwortlich zeichnet

Das Buch „Leben“, von David Wagner, hat gewonnen:

Martin Bullan

Die Synapse-Redaktion gratuliert allen Gewinnern herzlich & wünscht viel Freude an den Gewinnen!

Medizinstyle Ines VangerowBoschetsriederstraße 11881379 München

Page 23: Synapse 60

Synapse 23www.synapse-redaktion.de

Leben und Kultur

Ein sonniger Tag im April, lauter Studenten sitzen auf den Treppen vor der Pettenkofer-straße 14. Eine Gruppe Mädchen tauscht Bücher aus – uuh, keine Medizinbücher. Eine von ihnen ist meine Freundin, wir schlendern in Richtung Hörsaal. Ich frage sie nach dem Buch mit dem bunten Cover.

„Das ist Fannys Buch. Hat sie selbst geschrie-ben.“ Im zweiten Semester? Meine Neugier-de ist geweckt, ich treffe die Berlinerin Fran-ziska Pernice, die sich mit ihrem Spitznamen vorstellt, auf einen Kaffee.

Synapse: Glückwunsch zum veröffentlichten Debut! Wie kommt eine 19-Jährige auf die Idee, einen Fantasy-Roman zu schreiben?

Fanny: Danke! Angefangen zu schreiben habe ich mit zehn Jahren. Kinder wollen doch voll oft ein Buch schreiben. Mein gro-ßer Bruder hat damals eines geschrieben, das wollte ich auch. Ich hab dann immer weiter gemacht, auch, als mein Bruder wie-der aufgehört hat.

S: Und dann hast du fast zehn Jahre daran geschrieben?

F: Nein, insgesamt sieben. Die Geschichte entwickelte sich mit mir weiter. Ich war ein großer Harry Potter Fan, und eines Tages stellte ich fest, dass mein Buch langsam zu Harry Potter wurde, und musste etwas än-dern. An einem Punkt als ich vierzehn war und im Urlaub auf Sardinien, habe ich die letzten 300 Seiten weggeworfen und den ganzen Sommer durchgeschrieben. Mit fünf-zehn habe ich mit meiner Familie in New Jersey gelebt, da habe ich nichts gemacht, und danach wieder richtig viel – eine klei-ne Liebesgeschichte kam hinzu - bis ich mir irgendwann sagte, Silvester 2011 muss es

fertig sein. Ich habe dreimal so viel Text ge-schrieben wie das Buch enthält.

S: Dabei hat das Buch über 400 Seiten! Und dann?

F: Dann habe ich erst einmal drei Monate Pause gemacht und den Text meinen Eltern zu lesen gegeben. Alleine und mit ihrer Hil-fe habe ich noch einiges überarbeitet. Und dann haben wir einen Verlag gesucht. Es ha-gelte natürlich zunächst Absagen, aber ein kleiner Verlag aus Hamburg, der sonst vor allem Sylt-Bücher im Programm hat, erklär-te sich zur Veröffentlichung bereit. Nach er-neutem Lektorat ist das Buch nun seit März im Quermarken-Verlag erschienen.

S: Erzähl mal von der Geschichte!

F: Es ist ein Jugendbuch. Die 15-jährige Cati lebt während einer arbeitsbedingten Abwe-senheit der Eltern und studienbedingten Ab-wesenheit des Bruders auf einem Gestüt in der Stadt Treppsen und fühlt sich etwas ein-sam. Ein Mädchen, Xenda, mit dem sie sich unfreiwillig ein Zimmer teilt, erzählt ihr, sie käme aus einer anderen Welt, was Cati ihr natürlich nicht glauben kann. Mangels Al-ternativen setzt sie sich dennoch mit Xendas Gerede über die Parallelwelt, die durch Spie-gelbilder zu erreichen ist, auseinander. Die Neugierde siegt, und während in Treppsen mysteriöse Morde und auf dem Gestüt ein scheinbar durchgeknallter Hengst für Aufre-gung sorgen, planen die beiden, ihre Herbst-ferien in der Parallelwelt zu verbringen.

S: Ist das die Wandelwelt?

F: Genau. Während die uns bekannte nor-male Welt, bei mir „Alte Welt“ genannt, ihren eigenen und von Menschen durchaus beein-flussten Gesetzen gehorcht, wird die Wan-delwelt von einer Kraft regiert, deren Motiv die Perfektion ist – und zwar in engen, selbst definierten Grenzen. Um beispielsweise Na-turzerstörung gar nicht erst entstehen zu lassen, bestehen die Städte aus ihrer puren Form, aus fließendem Wasser oder aus Sand. Eindringlinge sind nicht vorgesehen, was für Cati sehr bald zu einem Problem wird. Sie wird von den Hütern und Ausführern dieser Kraft, den Imminuati, überwältigt, soll deren Schule besuchen, wird dann von der Gegen-bewegung entführt und hat eigentlich keinen

Plan, was das Ganze soll. Und was es mit ihr und ihrer ursprünglichen Welt zu tun hat.

S: Dunkle Mächte – und wo bleibt die Liebesgeschichte?

F: Die gibt es, versprochen! Aber das musst du selbst herausfinden…

S: Deine Sprache wird als einfach und jugendlich, aber doch tiefgängig beschrieben. Hast du sie bewusst so gestaltet?

F: Ich habe einfach immer so geschrieben, wie ich gedacht habe. Ich wollte ich mich nicht unnötig kompliziert ausdrücken, ich wollte so nah am Leben wie möglich sein. In den USA hat mich ein Satz inspiriert: Show, don`t tell!

S: Und wie ist dein Leben jetzt? Hat sich irgendetwas verändert?

F: Es war ein gutes Gefühl, es geschafft zu haben! Das brauchte Geduld und Durchhal-tevermögen, und hat mir natürlich Selbst-vertrauen gegeben, als es geklappt hat. Das Schreiben hat mir immer Halt gegeben, war etwas Kontinuierliches in meinem Leben und hat mir nach Amerika geholfen, wieder ins Deutsch rein zu kommen. Jetzt bin ich natürlich auch etwas traurig, aber große Ver-änderungen gab es nicht.

S: Wirst du wieder schreiben?

F: Während des Studiums nicht! (lacht) Aber ich hab schon eine Idee, ich finde luzides Träumen total spannend, Träume im Traum beeinflussen. Drei- vier Mal habe ich das schon geschafft – es ist das Größte!

S: Wir dürfen gespannt sein!

Die Zweit-Semesterin Franziska Pernice veröffentlichte den Fantasy-Roman „Das

Gesetz der Wandelwelt“.

Fannys Welt von Kara Wullenkord

Neugierig? „Das Gesetz der Wan-delwelt“ erscheint im Quermarken-Verlag, Taschenbuch, 462 Seiten, ISBN 978-3-940006-12-7, 12 Euro, online und in jedem Buchladen bestellbar. Fragen und Anmerkungen nimmt Fanny Pernice gern via Face-book entgegen.

Page 24: Synapse 60

Gewinnspiel

24 www.synapse-redaktion.deSynapse

Synapse goes Lifestyle!

Lernst Du noch oder lebst Du schon?

Schick uns Deinen Lifestyle-Tipp für Medizinstudenten und gewinne einen Lehmanns-Gutschein im Wert von 30 Euro!!!

Alle Einsendungen an [email protected]

Mit freundlicher Unterstützung durch:Lehmanns Fachbuchhandlung für MedizinPettenkoferstraße 1880336 München