tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

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Dieter Jacob/Constanze Stuhr (Hrsg.) Tagungsband Arbeitsgemeinschaften für Planung und Bau – Perspektiven für Sachsen Ergebnisse einer In-house-Seminarreihe zur Überführung von Musterverträgen für die gemeinsame Planung und Bauausführung in regionalen Arbeitsgemeinschaften Ein Vorhaben gefördert aus Mitteln des Innovationswettbewerbs „Wirtschaft trifft Wissenschaft“ des BMI und des Projektträgers Jülich Projektpartner: InnoRegio Freiberg e.V. Freiberg, am 24. November 2010

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Page 1: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

Dieter Jacob/Constanze Stuhr (Hrsg.)

Tagungsband

Arbeitsgemeinschaften für Planung und Bau –

Perspektiven für Sachsen

Ergebnisse einer In-house-Seminarreihe zur Überführung von Musterverträgen für die

gemeinsame Planung und Bauausführung in regionalen Arbeitsgemeinschaften

Ein Vorhaben gefördert aus Mitteln des Innovationswettbewerbs „Wirtschaft trifft

Wissenschaft“ des BMI und des Projektträgers Jülich

Projektpartner: InnoRegio Freiberg e.V.

Freiberg, am 24. November 2010

Page 2: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

Programm der Tagung

14:30 Begrüßung und Überblick

Dr. Frank Gehre, InnoRegio Freiberg e.V.

14:45 Planen und Bauen in Deutschland – Eine Bestandsaufnahme

Thomas Schumann, TU Bergakademie Freiberg

15:00 Design meets Build – Die Dach-ARGE Planung und Bau als neues Konzept

Dr. Christoph Winter / Armin Ilka, TU Bergakademie Freiberg

15:30 Kaffeepause

16:00 Perspektiven für Sachsen – Chancen im Bereich privater und öffentlicher Bauvorha-

ben

Thomas Schumann / Alin Hiller, TU Bergakademie Freiberg

17:00 Erste Erfahrungen: Das Projekt „Neubau der Karl-Günzel-Schule“ in Freiberg

Ronny Erfurt, phase 10 Ingenieur- und Planungsgesellschaft mbh Freiberg

17:45 Zusammenfassung und Ausblick

Dr. Frank Gehre / Thomas Schumann

18:00 Verabschiedung

Page 3: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

Inhaltsverzeichnis 1. Einführung .......................................................................................................... 1

2. Planen und Bauen in Deutschland – Eine Bestandsaufnahme...................... 1

Thomas Schumann, TU Bergakademie Freiberg

3. Design meets Build – Die Dach-ARGE Planung & Bau als neues Konzept .. 5

Dr. Christoph Winter / Armin Ilka, TU Bergakademie Freiberg

3.1. Einführung in das Konzept Dach-ARGE Planung und Bau ................................ 5

3.2. Besonderheiten der kaufmännischen Geschäftsführung .................................. 11

4. Perspektiven für Sachsen – Chancen im Bereich privater und öffentlicher

Bauvorhaben .................................................................................................... 14

Thomas Schumann / Alin Hiller, TU Bergakademie Freiberg

4.1. Innovationswettbewerb „Wirtschaft trifft Wissenschaft“ .................................... 14

4.2. Voraussetzungen und Chancen für eine Dach-ARGE Planung und Bau

bei der Bewerbung um öffentliche Aufträge...................................................... 15

5. Erste Erfahrungen: Das Projekt „Neubau der Karl-Günzel-Schule“

in Freiberg......................................................................................................... 20

Ronny Erfurt, phase 10 Ingenieur- und Planungsgesellschaft mbh Freiberg

6. Zusammenfassung und Ausblick ................................................................... 27

Dr. Frank Gehre, InnoRegio Freiberg e.V. / Thomas Schumann,

TU Bergakademie Freiberg

7. Literaturverzeichnis ......................................................................................... 29

Page 4: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

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1. Einführung

Der vorliegende Tagungsband „Arbeitsgemeinschaften für Planung und Bau – Perspektiven

für Sachsen“ fasst die wichtigsten Ergebnisse eines im Rahmen des Programms „Inno-

vationswettbewerb Wirtschaft trifft Wissenschaft“ geförderten Projekts zusammen.1 Die

Zielstellung des Projektes bestand darin, den Wissenstransfer von der Theorie in die Praxis

zu erreichen. Dazu wurden zum einen Inhouse-Seminare bei Institutionen und Unternehmen

abgehalten, um die Konzeption der Dach-ARGE Planung und Bau vorzustellen. Zum

anderen wurden Planspiele mit Planern, Bauunternehmen sowie öffentlichen und privaten

Auftraggebern durchgeführt.

2. Planen und Bauen in Deutschland – Eine Bestandsaufnahme

Referent: Thomas Schumann

TU Bergakademie Freiberg

Die klassische Realisierung in der Baubranche wird von einer Trennung von Planung und

Bauausführung bestimmt. Den darin gesehenen Vorteilen einer erhöhten Kontrolle und

Sicherheit stehen jedoch möglicherweise folgende Gefahren gegenüber:

• hohe Wahrscheinlichkeit, dass Informationen zwischen Planung und Bau verloren gehen

bzw. ungenutzt bleiben,

• Gefahr von Lücken in Ausschreibungen,

• Kostenüberschreitungen,

• Terminunsicherheiten.

Daher geht der Markttrend dahin, Planung (design) und Bauausführung (build) miteinander

zu verbinden (design-build). Abbildung 1 stellt wichtige Bestandteile der Organisation von

Planungs- und Ausführungsseite dar.

1 Förderung durch das Bundesministerium des Innern unter der Trägerschaft des Beauftragten der

Bundesregierung für die neuen Bundesländer.

Page 5: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

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Planung Bau

Architekten Planer Industrie Baugewerbe

Bundes-architekten-kammer

Bundes-ingenieur-kammer

Verband Beratender Ingenieure VBI

Hauptverbandder Deutschen Bauindustrie e.V.

Zentralverband des DeutschenBaugewerbes ZDB

Architekten-kammern in den Ländern

Ingenieur-kammernin den Ländern

VBI Landes-verbände

Landes-verbände

Landesverbände

[zahlreiche weitere Berufsfachverbände] Bezirksverbände Handwerks-innungen des Baugewerbes

Deutscher Industrie- und Handelskammertag DIHKIndustrie- und Handelskammern (IHK) der Länder

Landesarbeitsgemeinschaft der Industrie-und Handelskammern im Freistaat Sachsen

IHK Chemnitz – IHK Dresden – IHK Leipzig

Abbildung 1: Planung und Bau

Die Struktur der Planungs- und Baubranche stellt sich wie folgt dar:

• Der Wettbewerb zwingt die Unternehmen zu einer bestimmten Größe, um eigenständig

am Markt agieren zu können.

• Große Bauunternehmen bzw. Generalunter- oder -übernehmer kaufen sich die Planung

ein.

• Diese verfügen dann über ein gewisses Maß an Marktmacht.

• Kleine und mittlere Planer und Bauunternehmen sind von den Großen abhängig und

werden zur verlängerten Werkbank bzw. zu Subunternehmen degradiert.

Dies führt zu Abwehrreaktionen und politischen Gegenmaßnahmen (z. B. Vorzug der loswei-

sen Vergabe). Durch dieses Vorgehen (wie z. B. die losweise Vergabe) ergeben sich zwar

mehr Marktchancen für kleinere Unternehmen und „kleine Mittelständler“. Gleichzeitig entste-

hen jedoch auch hohe Effizienzverluste.

Abbildung 2 zeigt für das Bauhauptgewerbe auf, wie sich die Struktur im Jahr 2009 im Ver-

gleich zum Jahr 1995 darstellt. Daraus geht hervor, dass sich das Bauhauptgewerbe mittler-

weile zu über 90 Prozent aus kleinen Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten zusam-

mensetzt. Diese Unternehmen beschäftigen knapp die Hälfte der Arbeitnehmer und erwirt-

schaften ein Drittel des Umsatzes des Bauhauptgewerbes. Gegenüber dem Jahr 1995 ist

somit eine deutliche Verlagerung der Bedeutung des klassischen mittelständischen Unter-

nehmens (mit 50 bis 199 Beschäftigten) hin zu den kleinen Unternehmen (mit 1 bis 19 Be-

schäftigten) zu verzeichnen.

Page 6: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

3

Abbildung 2: Struktur des Bauhauptgewerbes

Quelle: Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V./Kraus/Stand: 03/2010

Um die Effizienzverluste der klassischen Vorgehensweise einer getrennten Vergabe von Pla-

nung und Bau mit vorzugsweise losweiser Vergabe beheben zu können, gibt es verschie-

dene Lösungsansätze:

• Bildung von Arbeitsgemeinschaften (ARGEn) kleiner und mittelständischer Unternehmen

für Planung und Bau

Bisher existieren nur ARGE‘n „unter Gleichen“:

Planer � Planer bzw. Bauunternehmen � Bauunternehmen

Es gibt folgende Musterverträge:

� Verband beratender Ingenieure: Planer-ARGE

� Zentralverband des deutschen Baugewerbes: Los-ARGE

� Bauindustrieverband:

� Beistellungs-ARGE (Leistungs-ARGE)

� Dach-ARGE

• Der Entwicklungsansatz des Lehrstuhls für Baubetriebslehre der TU Bergakademie Frei-

berg verfolgt ebenfalls die Bildung von ARGEn, allerdings als Kooperation von Planern

und Bauunternehmen in Form einer Dach-ARGE. Als Grundlage des Muster-Dach-ARGE-

Vertrages für „Planung & Bau“ bietet sich der klassische Dach-ARGE-Vertrag an, da er

� für einen Zusammenschluss unterschiedlicher Fachbereiche (Planer und Bauunter-

nehmen) geeignet ist,

Page 7: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

4

� im Innenverhältnis eine eigenständige Leistungserbringung gewährleistet und

� ausreichend die technische und kaufmännische Geschäftsführung berücksichtigt.

Der Wissenstransfer der Theorie in die Praxis erfolgt dabei über Inhouse-Seminare und

Planspiele. Das im Oktober 2008 begonnene Projekt wird im Rahmen des Innovationswett-

bewerbs Wirtschaft trifft Wissenschaft des BMI unter der Trägerschaft des Beauftragten der

Bundesregierung für die neuen Bundesländer gefördert. Die konkrete Durchführung des Wis-

senstransfers erfolgte bzw. erfolgt in vier Schritten:

A. Vermittlung von Kompetenzen zur ARGE-Bildung

B. Sensibilisierung beider Marktseiten für das Konzept

C. Erarbeitung von Leitfäden und Strukturempfehlungen

D. Absicherung der Nachhaltigkeit

Page 8: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

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3. Design meets Build – Die Dach-ARGE Planung und Bau als neues Konzept

Referenten: Dr. Christoph Winter, Dipl.-Kfm., Dipl.-Wi.-Ing. Armin Ilka

TU Bergakademie Freiberg

3.1. Einführung in das Konzept Dach-ARGE Planung & Bau

Die aktuellen Markttendenzen stellen sie wie folgt dar:

• Es ist eine steigende Komplexität von Gebäuden und zu erbringenden Dienstleistungen

zu verzeichnen.

• Die Nachfrage nach Komplettleistungen bzw. Systemlösungen steigt.

• Der Trend bewegt sich hin zu einer Übertragung von mehr Risiken und Verantwortung

auf die Bauschaffenden.

• Die verschiedenen Formen der Generalunternehmerschaft werden bei gleichzeitiger Zer-

splitterung des Marktes begünstigt.

• Für mittelständische Unternehmen besteht die Wahl zwischen der Rolle als Subunterneh-

mer oder Kooperationspartner in ARGEn.

Um diesen Tendenzen zu begegnen, wird im Folgenden die Konzeption einer Kombination

von Planungs- und Ausführungsleistungen in Form der Dach-ARGE Planung & Bau vorge-

stellt. Die Vergabeform des Planens und Bauens aus einer Hand (engl. „Design-Build“) ist

nicht neu. In den USA begann die Entwicklung dieser Vergabeform vor über 20 Jahren. Mitt-

lerweile liegt der Marktanteil von Design-build bei über 40 Prozent, Tendenz weiter steigend

(vgl. Abbildung 3).

Abbildung 3: Entwicklung der Vergabeformen in den USA (ab 2005 geschätzt)

Quelle: Design-Build Institute of America, Washington, www.dbia.org

Page 9: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

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Die Kombination von Planungs- und Ausführungsleistungen bietet gerade für kleine und

mittelständische Unternehmen zahlreiche Vorteile, wie zum Beispiel:2

• erleichterter Markteintritt über den jeweiligen marktkundigen und bekannten Kooperations-

partner, zudem wird Systemkompetenz „rund ums Bauen“ und „rund ums Planen“ aufge-

baut

• gleichzeitig kann sich das einzelne Unternehmen durch das Konstrukt der Dach-ARGE

auf seine jeweilige Kernkompetenz konzentrieren

• Reduzierung des Zeitaufwandes bei Prozess- oder Produktinnovationen

• Kostenvorteile z. B. durch Gemeinkostendegression, Einzelkostenoptimierung oder Inves-

titionsoptimierung

Für die Bauherrenseite ergeben sich ebenfalls Vorteile:3

• Durch den Informationsaustausch zwischen Planern und Ausführenden lassen sich

Potenziale für Kosteneinsparungen und weitere Optimierungen erschließen.

• Der Kunde profitiert von optimierten Bauabläufen sowie einer Zeit- und Kostenersparnis.

• Die Projektrisiken werden klar festgelegt und durch die Partner gesteuert.

• Es existieren klare Verantwortlichkeiten und eine eindeutige Projektorganisation. Dies

führt zu einer raschen Konfliktlösung bzw. schnellen Entscheidungsfindung.

• Der Bauherr erhält im Ergebnis ein qualitätsgerechtes und kostengünstiges Bauvor-

haben.

Die Vorteile einer Kombination von Planung und Bau lassen sich nicht nur verbal be-

schreiben, sondern auch in Zahlen ausdrücken (vgl. Tabelle 1).

Vergleichsgröße Design-Build

(Planung & Bau)

Design-Bid-Build

(traditionell)

Durchschnittliches

Projektvolumen (Mio. $)12 8

Durchschnittliche Planungs- und

Bauzeit (Monate)23 40

Durchschnittliche

Zeitverlängerung (Monate)1 2

Anteil Projekte ohne

Zeitverlängerung41 % 36 %

Anteil Projekte ohne

Kostensteigerung38 % 20 %

Durchschnittliche Leistungs-

intensität (Mio. $ / Monat)1,5 0,6

Projektzufriedenheit insgesamt 4,5 4,5

Tabelle 1: Vorteile von Design-build

Quelle: Universities of Colorado/Iowa State University/University of New Mexico (2009)

2 Vgl. Wischhof, K. (2000).

3 In Anlehnung an Weeber, H./Bosch, S. (2006).

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Damit die Konzeption einer Kombination von Planungs- und Ausführungsleistungen erfolg-

reich ist, sind bestimmte Anforderungen zu erfüllen. Zunächst muss die „klassische Denk-

weise“, dass die Realisierung eines Bauvorhabens eine Serie von in sich geschlossenen

Paketen darstellt, durchbrochen werden. Dies fördert zugleich den interdisziplinären und

ganzheitlichen Ansatz für alle Phasen eines Bauvorhabens.

Für das Planungsteam bedeutet dies:

• einen gegenüber der Vergangenheit erweiterten Austausch mit ausführenden Unterneh-

men, Lieferanten und Systemherstellern,

• ein Umdenken seitens der Planer zum Rollenverständnis als Vorreiter der Beschaffungs-

kette und

• die Delegierung bestimmter Detailplanungen an diejenigen, die über das jeweilige Fach-

wissen verfügen.

Die Koordination der unterschiedlichen Planungsbeiträge stellt im Rahmen der Gesamt-

leistung eine Schlüsselrolle in der Planungsphase eines Projektes dar. Dies schließt auch die

Integration aller beitragenden Fachfirmen mit ein.

Für die ausführenden kleinen und mittelständischen Unternehmen gilt, dass das Zustande-

kommen und der Erfolg einer Kooperation entscheidend von einer gründlichen Vorbereitung

abhängen. Das einzelne Unternehmen muss seine eigenen Ziele formulieren, die durch die

Kooperation erreicht werden sollen. Es müssen „Partner gefunden werden, die

• die eigenen Stärken ergänzen und / oder die eigenen Schwächen ausgleichen,

• mit passender Zielvorstellung und ähnlichem Engagement in die Kooperation eintreten,

• aufgrund ihrer Historie einen Vertrauensvorschuss verdienen und

• Bauten durch Planung und schlüsselfertige Erstellung gewährleisten.“4

Die Suche nach geeigneten Kooperationspartnern ist immer an die Erfüllung bestimmter

Kriterien gebunden. Hierzu gehören beispielsweise:5

• fachliche Aspekte wie Leistung, Know-how, Innovationskraft, Referenzen

• kaufmännische Aspekte wie Größe der Aufträge, Unternehmensgröße, räumliche Abgren-

zung, Bonität und finanzielle Leistungsfähigkeit, Zugang zu Auftraggebern

• Kooperationsaspekte wie Kooperationsloyalität, Entscheidungsfähigkeit, Zuverlässigkeit,

Erfahrung, Unternehmenskultur und Organisation, Einbindung in bestehende Netzwerke

Der idealtypische Ablauf einer Dach-ARGE Planung und Bau vollzieht sich in mehreren

Phasen (vgl. Abbildung 4). „Die Vorbereitungsphase ist durch die grundsätzliche Bereitschaft

zur Kooperation sowie die Suche nach und Auswahl von geeigneten Partnern und Projekten

4 Jacob, D./Stuhr, C. (2010), S. 378. Vgl. auch Jacob, D. (Hrsg.) (2009), S. 28 und die dort

angegebene Literatur.

5 Vgl. Jacob, D./Stuhr, C. (2010), S. 378; Jacob, D. (Hrsg.) (2009), S. 29-31 und die dort angegebene

Literatur.

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8

gekennzeichnet. In der Bietergemeinschaftphase läuft üblicherweise ein zweistufiges Ange-

botsverfahren zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer ab. Ist die Präqualifikation erfolg-

reich gewesen, wird bei privaten Auftraggebern zuerst ein entsprechender Vertrag für die

vorbereitende Planung auf Honorarbasis geschlossen. Durch das frühzeitige Zusammenspiel

von Planer und Ausführendem verfügt der Auftraggeber am Ende dieser Stufe über eine opti-

mierte Planung. An diesem Punkt, dem Ende der Bietergemeinschaftsphase, steht sowohl

eine Entscheidung des Auftraggebers als auch der Bietergemeinschaft an, ob die Zusam-

menarbeit fortgesetzt werden soll. Im positiven Fall gibt die Bietergemeinschaft ein zweites

Angebot für die eigentliche Baugenehmigungsplanung, Ausführungsplanung und Ausführung

ab. Dieses Vertragsangebot kann auf unterschiedlichen Vergütungsarten basieren (wie

einem Pauschalpreis, einer Zielvereinbarung mit oder ohne GMP (Guaranteed Maximum

Price) oder auch einer Selbstkostenvereinbarung mit Honorar).6 In der Kooperationsphase

werden durch die enge Verzahnung von Planung und Arbeitsvorbereitung die Vorteile der

interdisziplinären Zusammenarbeit besonders sichtbar. Beispielsweise wissen ausführende

Firmen in der Regel sehr gut, wie sich bestimmte Anforderungen mit dem geringsten Auf-

wand umsetzen lassen. Unter der Einbeziehung gelernter Planer können sich beide Seiten

hier optimal abstimmen.“7

Abbildung 4: Idealtypischer Ablauf einer Kooperation

Quelle: Jacob, D. (Hrsg.) (2009), S. 24 und die dort angegebene Literatur

„Eine Kooperation von Planern und Bauunternehmen ist durch einen Zusammenschluss von

Unternehmen unterschiedlicher Fachbereiche und unterschiedlicher Branchen gekennzeich-

net. Im Außenverhältnis ist ein einheitliches Auftreten gegenüber dem Auftraggeber erforder-

lich. Im Innenverhältnis dahingegen ist es wichtig, dass jeder beteiligte Partner seine Leistun-

gen eigenständig und eigenverantwortlich erbringen kann. Hierfür bietet sich – wie bereits er-

wähnt – die Dach-ARGE an (vgl. Abbildung 5). Sie schließt mit dem Auftraggeber einen

6 Vgl. Winter, C. (2003), S. 131 ff. 7 Jacob, D./Stuhr, C. (2010), S. 380.

Page 12: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

9

gesamten Vertrag über Planung und Bau ab. Im Verhältnis der an der Kooperation beteilig-

ten Unternehmen untereinander wird diese Gesamtleistung in einzelne Lose aufgeteilt und in

Form von gesonderten Verträgen an die Gesellschafter vergeben. Somit ist gewährleistet,

dass sämtliche Leistungen der Planungs- und Ausführungsphase gemeinsam im Team

besprochen und anschließend in eigener Verantwortung durchgeführt werden.“8

Abbildung 5: Modell einer interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft

Quelle: Wallau, F./Stephan, M. (1999), S. 24

In Abbildung 6 ist ein Beispiel einer Dach-ARGE mit funktionaler Aufteilung der Leistungs-

bereiche dargestellt.

8 Jacob, D./Stuhr, C. (2010), S. 378, mit geringfügigen Änderungen entnommen.

Page 13: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

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Abbildung 6: Beispiel einer Dach-ARGE

Quelle: Eigene Darstellung, erstellt von R. Zietz und C. Winter

Für die Bietergemeinschaft und die Dach-ARGE gibt es entsprechende Musterverträge.

Mustervertrag: Bietergemeinschaftsvertrag

§ Inhalt

Präambel

1 Gesellschafter

2 Beendigung der Bietergemeinschaft

3 Auftragserteilung und Abschluss des Dach-ARGE Vertrags Planung und Bau

4 Schiedsgericht

5 Schlussbestimmungen

6 Geschäftsführung und Vertretung

Mustervertrag: Dach-Arbeitsgemeinschaftsvertrag

§ Inhalt

1 Gesellschafter

2 Name, Sitz und Zweck

3 Vertragsdauer

4 Beteiligung und Haftung

5 Gesellschafterversammlung

6 Gesellschafterleistungen

7 Vertretung

8 Technische Geschäftsführung

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9 Kaufmännische Geschäftsführung

10 Vergütung für die Geschäftsführung

11 Finanzen

12 Versicherungen

13 Steuern

14 Beiträge zu Verbänden, besondere Umlagen und dergleichen

15 Bürgschaften für Dritte und Abtretung von Forderungen aus dem Dach-ARGE Vertrag

16 Mängelhaftung

17 Ausscheiden eines Gesellschafters

18 Folgen des Ausscheidens und Auseinandersetzung

19 Urheberrecht

20 Abwerbungsverbot

21 Schiedsgericht

22 Schlussbestimmungen

3.2. Besonderheiten der kaufmännischen Geschäftsführung

Mögliche Rechtsformen einer Dach-ARGE sind die Gesellschaft mit beschränkter Haftung

(GmbH) und die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Die Hauptvor- und -nachteile sind

nachfolgend zusammengestellt (vgl. Tabelle 2).

Rechtsform GmbH GbR

Vorteil Haftungsbeschränkung auf

Gesellschafterebene

einfache Gründung, gut für

eine temporäre Gesellschaft

geeignet

Nachteil eigentlich auf Dauer

angelegt, mit Kosten

verbunden

keine Haftungsbeschränkung

auf Gesellschafterebene

Tabelle 2: Rechtsformen einer Dach-ARGE

Die kaufmännische Geschäftsführung der ARGE hat die Buchhaltung sicherzustellen.

Damit sind konkret folgende Aufgaben verbunden:

1. Einrichten der Buchhaltung

2. Erstellung des Kontenplanes

3. Eingangsrechnungen inkl. Gesellschafterrechnungen bearbeiten und verbuchen

4. Kassenabrechnung erstellen

5. Ausgangsrechnungen inkl. Gesellschafterrechnungen erstellen und verbuchen

6. Bankbelege prüfen und verbuchen

7. Kontenpflege und -abstimmung

8. Abschlussarbeiten (Zwischenabschluss bzw. Abschluss) vornehmen

9. Meldewesen und Statistik durchführen

10. Prüfung – extern

11. Kaufmännische Revision – intern

Page 15: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

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Im Rahmen der steuerlichen Aspekte ist bei den Verkehrsteuern insbesondere auf die Um-

satzsteuer und bei den Ertragsteuern insbesondere auf die Einkommen- und Gewerbesteuer

(da die ARGE i. d. R. eine BGB-Gesellschaft ist) einzugehen. Nach Festlegung des BFH

handelt es sich bei einer ARGE um einen Unternehmer im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1

UStG, der eine typische gewerbliche Tätigkeit ausübt. Der Umsatzsteuer unterliegen daher:

• einerseits das Entgelt für die Bauleistung zwischen ARGE und Auftraggeber (Traglast)

und

• anderseits Lieferungen und Leistungen gegen Entgelt zwischen ARGE und Gesellschafter

(Vorsteuer).

Zu beachten ist die Umkehr der Schuldnerschaft bei Bauleistungen (§ 13 b Absatz 1 Satz 1

Nr. 4 UStG), d. h. der Leistungsempfänger wird zum Steuerschuldner. Dieses Konstrukt

kommt häufig bei der Dach-ARGE zur Anwendung, da hier die einzelnen Gesellschafter Bau-

leistungen für die Dach-ARGE erbringen. Die Dach-ARGE wird dann dementsprechend zum

Steuerschuldner.

Die Geschäftsführungsaufgaben gemäß der §§ 8 bis 9 des ARGE-Vertrages stellen eine

umsatzsteuerliche Besonderheit dar, da sie als nicht steuerbare Leistungen anzusehen sind.

So genannte Nichtfeststellungs-ARGEn sind gemäß § 180 Absatz 4 AO nicht selbst einkom-

mensteuerpflichtig. Sie unterliegen gemäß § 2 a GewStG auch nicht der Gewerbesteuer. So

genannte Feststellungs-ARGEn werden wie eine normale Personengesellschaft besteuert.

Das bedeutet, sie sind gewerbesteuerpflichtig und es erfolgt eine einheitliche und gesonderte

Gewinnfeststellung. Eine Nichtfeststellungs-ARGE liegt immer dann vor, wenn der alleinige

Zweck der ARGE in der Erfüllung eines einzigen Werk- oder Werkliefervertrages besteht.

Ein wichtiges und komplexes Themenfeld ist das der Absicherung über Bürgschaften (vgl.

Abbildung 7). In Abhängigkeit vom Sicherungszweck existieren verschiedene Bürgschafts-

arten. Die Vertragserfüllungsbürgschaft sichert sowohl die Ausführung als auch die Mängel-

ansprüche ab und bezieht sich auf das Arbeitsergebnis. Wenn bereits Abschlags- oder

Vorauszahlungen vor Beginn der Bauausführung geflossen sind, kann auch eine Vorauszah-

lungsbürgschaft gefordert werden.9 Die Bürgschaft für Abschlagszahlungen auf Stoffe und

Bauten besichert den Anspruch des Auftraggebers von Stoffen und Bauteilen, falls der Auf-

tragnehmer Abschlagszahlungen für noch nicht eingebaute Teilleistungen verlangt. Die

Mängelhaftungsbürgschaft dient zur Absicherung von Mängelhaftungsansprüchen des Auf-

traggebers nach der Abnahme sowie bereits vor der Abnahme bestehender Mängel-

ansprüche.10

„Neben den externen Bürgschaften gibt es Bürgschaften, die ein Gesellschafter gegenüber

den anderen Gesellschaftern der ARGE stellen muss (interne Bürgschaften). Durch Rück-

bürgschaften werden Innenrisiken der ARGE abgesichert (z. B. der Ausfall eines Gesell- 9 Vgl. Wahner, R. et al. (2008), S. 1247. 10 Entnommen aus: Jacob, D./Stuhr, C./Winter, C. (Hrsg.) (2011), S. 441.

Page 16: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

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schafters). Kommt es zur Auszahlung verfügbarer Gelder an die Gesellschafter, dann kann

vom einzelnen Gesellschafter als Sicherheit eine Bürgschaft in Höhe des an ihn ausge-

zahlten Betrages verlangt werden (Bürgschaft für vorläufige Auszahlungen). Falls Arbeiten

von Gesellschaftern als Nachunternehmer ausgeführt werden, sind für deren Leistungen

entsprechende Bürgschaften (z. B. Vertragserfüllungsbürgschaft) zu fordern. Darüber hinaus

sind weitere Partnerbürgschaften denkbar.“11

Typische interne Bürgschaften

AuftraggeberTypische externe Bürgschaften

(für Dritte, die nicht ARGE-

Gesellschafter sind)

� Vertragserfüllungsbürgschaft

� Vorauszahlungsbürgschaft

� Bürgschaft für Abschlagzahlungen

auf Stoffe und Bauten

� Mängelhaftungsbürgschaften

ARGE

Bauvertrag

AußenverhältnisInnenverhältnis

Gesellschafter der ARGE

A + B + C

Rückbürgschaften

der Gesellschafter

für externe Arge-

Bürgschaften

§ 7.45

Gesellschafter als

NU

§ 11.25

Bürgschaften

für vorläufige

Ausschüttungen

Partner-

bürgschaften

Abbildung 7: Bürgschaften bei ARGEn

Quelle: Jacob, D./Stuhr, C./Winter, C. (Hrsg.) (2011), S. 442 und die dort angegebene

Literatur

11 Ebenda, S. 441 f.

Page 17: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

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4. Perspektiven für Sachsen – Chancen im Bereich privater und öffentlicher Bauvorhaben

Referenten: Thomas Schumann (Punkt 4.1.) / Alin Hiller (Punkt 4.2.)

TU Bergakademie Freiberg

4.1. Innovationswettbewerb „Wirtschaft trifft Wissenschaft“

Wissenstransfer über Inhouse-Seminare und Planspiele in Sachsen

• Anbahnung, Entwicklung und Umsetzung einer Dach-ARGE Planung und Bau am

Beispiel einer praxisnahen Ausschreibungsunterlage (FLB)

• „Spielerische“ Bildung von Bieter- und Arbeitsgemeinschaften aus Teilnehmern des

Seminars

• Zielgruppe: sächsische KMU der Planungs- und Bauwirtschaft

• Bausteine:

� Identifikation geeigneter Kooperationspartner

� Abgleich der gegenseitigen Kompetenzerwartungen

� gemeinsame Entwicklung von Strategien zur Reaktion auf Ausschreibungen

� Aufzeigen von Möglichkeiten zur Außendarstellung der ARGE-Partner

Zur Sicherstellung einer nachhaltigen Verankerung des Konzepts wird die Erarbeitung zweier

Leitfäden angestrebt (vgl. Abbildungen 8 und 9). Dabei soll Unternehmen einerseits das not-

wendige Rüstzeug für die Handhabung des Dach-ARGE-Modells „an die Hand gegeben

werden“. Andererseits – und u. U. in erster Linie von Bedeutung – sollen der öffentlichen

Hand als wichtigem Auftraggeber die Vorteile und die notwendigen Schritte zur Umsetzung

des Konzepts aufgezeigt werden.

Modul Inhalt

01 Einführung in das Management von ARGEn

02 Strategien zur Bildung von ARGEn

03 Gemeinsame Bearbeitung des Angebots

04 Gemeinsames Projektmanagement

05 Dach-Arbeitsgemeinschaften mittelständischer Unternehmen

06 Dach-Arbeitsgemeinschaften mit Planern & Architekten als Partner

07 Dach-Arbeitsgemeinschaftenfür Planung und Bau

Abbildung 8: Nachhaltigkeit: Leitfaden-A „Wirtschaft“

Page 18: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

15

Modul Inhalt

01 Klassische Formen der Ausschreibung

02 Die Funktionale Leistungsbeschreibung FLB

03 Strukturierung, Organisation und Durchführung von Bieterwettbewerben

04 Begründung von Vergabeentscheidungen

05 Projektcontrolling

06 Dokumentation und Wissensmanagement

07 Einrichtung von Shared-Service-Centren zur Unterstützung von Vergabeprozessen

Abbildung 9: Nachhaltigkeit: Leitfaden-B „Öffentliche Hand“

4.2. Voraussetzungen und Chancen für eine Dach-ARGE Planung und Bau bei der Bewerbung um öffentliche Aufträge

Nachfolgend sollen die Voraussetzungen und Chancen einer Dach-ARGE Planung und Bau

bei der Bewerbung um öffentliche Aufträge im Freistaat Sachsen eruiert werden. Dazu

wurden vom Lehrstuhl für Baubetriebslehre der TU Bergakademie Freiberg 16 fragenbogen-

basierte Interviews geführt mit:

• Vertretern der öffentlichen Hand (Sächsisches Staatsministerium der Finanzen, SIB

Dresden, Zentrales Vergabebüro Dresden, Stadtverwaltung Freiberg und Mittweida),

• Vertretern der Sächsischen Interessensverbände (Landesverband VBI Sachsen, Archi-

tektenkammer Sachsen, HWK Chemnitz) und

• Vertretern der Auftragsberatungsstelle Sachsen e.V.

In diesen Gesprächen sollten zwei Hauptfragen geklärt werden:

1. Wann ist ein Abweichen von der Einzellosvergabe möglich (EU-weite versus nationale

Vergaben)?

2. Welche Erfahrungen liegen bezüglich Gesamtvergabe und Funktionalausschreibung vor?

Der erarbeitete Fragebogen umfasste drei Themenblöcke.

Themenblock 1 des Fragebogens: „Allgemeines“

Zunächst wurde nach den Erfahrungen der Interviewpartner und generellen Problemen im

Zusammenhang mit der klassischen losweisen Vergabe gefragt. Das Aussagenspektrum der

Interviewpartner reichte von „… es existieren vielfältige Problempunkte hinsichtlich der los-

weisen Vergabe“ bis „… mit diesem Vergabeverfahren sind keine beziehungsweise nur un-

wesentliche Probleme verbunden“. Aus den Gesprächen kristallisierten sich folgende allge-

meine Problempunkte der losweisen Vergabe heraus:

Page 19: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

16

• Bestimmung der geeignetsten Losgröße

• hoher Aufwand bezüglich der Durchführung der vielen Vergabeverfahren und der Ange-

botsprüfung und -wertung

• hoher Koordinationsaufwand

• Zusammenfassung von Fachlosen

• steigende Gefahr der Einsprüche seitens der Bieter und Interessenvertreter

Die speziellen, im Zusammenhang mit der losweisen Vergabe auftretenden Probleme sind in

Abbildung 10 zusammengefasst. Diese Probleme können erheblichen Einfluss auf die Ter-

min- und Ablaufplanung haben.

AUFTRAGGEBER AUFTRAGNEHMER

� unzureichende Grundlagenermittlung

� Fehler- und/oder lückenhafte Leistungsbeschreibungen und Leistungsverzeichnis

� Unklarheiten in Vergabeunterlagen

� mangelhafte Planungsleistungen

� nachträgliche Nutzungs- und Planungsänderungen

� Nachprüfungs- und Vergabekammerkammerverfahren

� Insolvenz der Auftragnehmer, der Subunternehmer oder des Generalunternehmers

� unbegründete Rügen und Einsprüche der Bieter

� Nachtragsmanagement

Politische Entscheidungen

Witterungsbedingungen

Unvorhersehbare Ereignisse, v.a. im Bereich der Altbausanierung

Änderung der DIN-Vorschriften

Abbildung 10: Spezielle Probleme der losweisen Vergabe

Im ersten Themenblock wurde außerdem um eine Stellungnahme der Interviewpartner zur

GU-Vergabe und zur funktionalen Leistungsbeschreibung gebeten. Dabei stellte sich heraus,

dass Vergaben von Komplettleistungen an Generalunternehmer (GU) eher die Ausnahme

darstellen und in den letzten zehn Jahren lediglich bei großen, umfangreichen Bauprojekten

durchgeführt wurden. Die Erfahrungen mit derartigen GU-Projekten waren jedoch häufig

negativ. Daher wird nach wie vor bevorzugt die losweise Vergabe durchgeführt, da sie sich

nach Ansicht der Interviewpartner jahrelang bewährt hat. Funktionale Leistungsbeschreibun-

gen (FLB) kommen nur selten zur Anwendung. Der SIB und die Landeshauptstadt Dresden

haben geringe Erfahrungen in diesem Bereich. Die Stadt Freiberg hat die FLB erstmals bei

einem aktuellen Schulprojekt eingesetzt. Die Stadt Mittweida hat keine Erfahrungswerte mit

FLB. In den Gesprächen war festzustellen, dass gegenüber der FLB viele Vorbehalte beste-

hen. Dabei kann der Auftraggeber mithilfe einer FLB Innovationen und Know-how des

Marktes abfragen und innovative, kreative Realisierungsvorschläge erhalten.

Page 20: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

17

Themenblock 2 des Fragebogens: „Arbeitsgemeinschaften“

Die Fragen des zweiten Themenblocks dienten dazu, den Stellenwert der Arbeitsgemein-

schaften zu ermitteln und die Erfahrungen mit dieser Kooperationsform im öffentlichen Auf-

tragswesen aufzuzeigen. Die Interviews ergaben folgende Ergebnisse:

• Arbeitsgemeinschaften werden von allen interviewten öffentlichen AG beauftragt,

allerdings tritt dieses Kooperationsmodell im Bereich Hochbau nur selten auf.

• Die Interessenverbände befürworten ebenfalls die Bildung von Arbeitsgemeinschaften.

• Die Erfahrungen mit diesem Kooperationsmodell sind generell positiv.

• Der SIB ist vom Sächsischen Staatsministerium der Finanzen angewiesen, die Bildung

von Bietergemeinschaften wirksam zu fördern.

• Die Bildung von Arbeitsgemeinschaften kann über die Lose und die Losgröße beeinflusst

werden.

Die Interviewergebnisse zeigen jedoch auch auf, dass dieses klassische Kooperationsmodell

noch nicht vollständig im sächsischen Markt implementiert werden konnte.

Themenblock 3 „Planung und Bau aus einer Hand“

Im dritten Themenblock sollten Fakten und Argumente erhoben werden, die für und gegen

eine Beauftragung einer ARGE Planung und Bau zur Durchführung einer öffentlichen Bau-

maßnahme sprechen. Zunächst wurden sechs positive Aspekte, die sich aus einer Kombina-

tion von Planungs- und Bauleistungen im Gegensatz zum klassischen Prinzip der getrennten

Vergabe von Planungs- und Bauleistungen ergeben können, den Gesprächspartnern zur Be-

urteilung vorgelegt:

• kundenorientierte Planung und Ausführung durch frühzeitigen Informationsaustausch

• klare Verantwortlichkeiten und eindeutige Projektorganisation

• optimierter Bauablauf

• rasche Konfliktlösung/schnelle Entscheidungen

• Win-Win-Situation für alle Beteiligten

• Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der KMU

Abbildung 11 fasst die Ergebnisse zur Einschätzung der Vorteile des Konzeptes Planung

und Bau zusammen.

Page 21: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

18

Vorteile Zu-stimmung

Keine Zustimmung

Unent-schlossen

Keine Aussage

Aspekt 1Kundenorientierte Planung und Ausführung durch frühzeitigen Informationsaustausch

37,5 % 31,3 % 12,5 % 18,8 %

Aspekt 2Klare Verantwortlichkeiten und eindeutige Projektorganisation

37,5 % 25 % 18,8 % 18,8 %

Aspekt 3Optimierter Bauablauf 43,8 % 25 % 18,8 % 18,8 %

Aspekt 4Rasche Konfliktlösung / schnelle Entscheidungen 62,5 % 25 % 6,3 % 6,3 %

Aspekt 5Win-Win-Situation für alle Beteiligten

37,5 % 43,8 % 18,8 % 6,3 %

Aspekt 6Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der KMU

37,5 % 43,8 % 18,8 % 0 %

Gesamt 39,6 % 34,4 % 15,6 % 10,4 %

Abbildung 11: Beurteilung der Vorteile des Konzeptes Planung und Bau

Antworthäufigkeiten der 16 Interviewpartner

Eine Übersicht über die rechtlichen Bestimmungen im Ober- und Unterschwellenbereich in

Bezug auf die Dach-ARGE Planung und Bau enthält Abbildung 12.

Rechtliche Grundlagen und Besonderheiten

Oberschwellenbereich(> 4.845.000 €)

Unterschwellenbereich(< 4.845.000 €)

Basisrichtlinien Vorschriftendes GWB und VgV

Vorschriftendes SächsVergabeG, der SächsDVOund der VOB, VOL, VOF

Eigenleistungsquote (= 50 %)

(§ 4 Abs. 4 i.V.m. § 6 Abs. 3 vgV)

? nicht gefordert

( § 3 Abs. 1 Sächs.VergabeG)

? Voraussetzungen werden durch Dach-ARGE Planung & Bau erfüllt

ZusammenfassendeAusschreibung von Fachlosen

( 97 Abs. 3 S. 3 GWB)

? strittig

(§ 5 Abs. 2 VOB/A)

? ja

Abbildung 12: Rechtliche Bestimmungen

Mit der Neuregelung des § 97 Abs. 3 Satz 2 GWB ist die Teilung der Aufträge in Fach- und

Teillose als Regelfall vorgeschrieben („Mittelstandsklausel“), lediglich im Ausnahmefall der

wirtschaftlichen oder technischen Erforderlichkeit ist die gemeinsame Vergabe zulässig.

Sofern von der losweisen Vergabe abgewichen werden soll, ist eine umfassende Interessen-

abwägung erforderlich. Die Vermeidung des mit einer Fachlosvergabe typischerweise ver-

bundenen Mehraufwands reicht hierbei als Begründung nicht aus. Grundsätzlich hat der

Auftraggeber einen erhöhten Koordinierungsaufwand bei der Losvergabe hinzunehmen.

Führt die Koordinierung jedoch zu einem erhöhten Mehraufwand, kann nach wie vor ein

(wirtschaftlicher) Grund für eine zusammengefasste Vergabe gegeben sein. In Abbildung 13

Page 22: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

19

sind die Rechtfertigungsgründe für eine Abweichung von der Losvergabe im Ober-

schwellenbereich dargestellt.

Gründe für eine Abweichung von der Losvergabe

Ausreichend(ja/nein?)

� Ausschreibungs-,Prüfungs- und Koordinierungs-mehraufwand

� Gewährleistungs-aufwand

in normaler Höhe Nein

unverhältnis-mäßig hoch Ja

� Synergieeffekte (aus prognostischer Sicht) Ja

Abbildung 13: Gründe für Abweichung von Losvergabe im Oberschwellenbereich

Für die praktische Anwendung ist festzuhalten, dass die Berechtigung zur Gesamtausschrei-

bung in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen ist, was faktisch eine Ermessensentscheidung

der öffentlichen Hand bedeutet. Die überwiegenden Gründe, zu denen der Zeitaspekt und

der Aspekt einer notwendigen örtlichen und zeitlichen Verzahnung der Arbeiten zählen, sind

dabei kontinuierlich und nachvollziehbar zu dokumentieren.

Folgende Anwendungsbereiche kommen infrage:

• privater Baubereich

• öffentlicher Baubereich:

� vorrangig kommunale Projekte, da das Bauvolumen der meisten Bauprojekte unter-

halb des Schwellenwertes von 4.845.000 € liegt

� Landesvorhaben stellen eine Besonderheit dar, da der SIB baugenehmigungsfrei ist

und folglich höchstens die Ausführungsplanung mit vergeben würde

Page 23: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

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5. Erste Erfahrungen: Das Projekt „Neubau der Karl-Günzel-Schule“ in Freiberg

Referent: Ronny Erfurt, phase 10 Ingenieur- und Planungsgesellschaft mbH Freiberg

Die Karl-Günzel-Grundschule in Freiberg entsprach nicht mehr den aktuellen Sicherheits-

bestimmungen für Schulen. Der Stadtrat beschloss daher im September 2009, das beste-

hende Schulgebäude abzureißen und einen Ersatzneubau erstellen zu lassen. Die Firma

phase 10 aus Freiberg setzte sich in einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren auf der

Grundlage einer GÜ-Ausschreibung mit einer Bietergemeinschaft durch und erhielt den

Zuschlag für das Projekt, das im Folgenden vorgestellt wird.

Einleitung

Die Möglichkeiten der positiven Kostenbeeinflussung reduzieren sich mit fortlaufendem

Projektablauf. Bei der traditionellen Vergabeform in Deutschland hatte der Auftraggeber bis

zur Vergabe der Bauaufträge die Möglichkeit, die Kosten positiv zu beeinflussen.

0%

100%

Vor-

planung

Entwurf Werk-

planung

AVA Bauende

Abbildung 14: Diagramm der Kostenbeeinflussung

Quelle: phase 10 Ingenieur- und Planungsgesellschaft mbH Freiberg

Das Diagramm zeigt auf, dass bei der gewählten Ausschreibungsart (Planung + Bauen) der

Auftraggeber seine Möglichkeiten der positiven Kostenbeeinflussung bereits in der Entwurfs-

phase aus der Hand gibt. Kostenoptimierungen und Vergabegewinne rekrutiert der Auftrag-

nehmer.

Ziele der Funktionalausschreibung

Definition:

� Leistungsbeschreibung mit Zielvorgabe

� beschränkte Ausschreibung nach Präqualifikationsverfahren

� wirtschaftlicher Architekturwettbewerb

� öffentlicher Auftraggeber gibt keinen detaillierten Leistungskatalog vor, sondern definiert

die zu erbringende Leistung nach dem zu erreichenden Ziel

Page 24: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

21

� Es erfolgt ein Konzeptwettbewerb zwischen den Bietern, der neben den reinen Preiswett-

bewerb tritt.

Rahmenbedingungen der Stadt Freiberg

� Vorgaben zum Entwurf:

• 2-zügige Grundschule mit Hort für ca. 160 Kinder und einer Schulspeisung (Ausgabe-

küche)

• Bauweise konnte nach Wahl des Bieters frei gewählt werden

• Schulbaurichtlinie sollte als Grundlage für die Größe der Räume dienen

� Energetischer Bedarf: Schulgebäude soll im Passivhausstandard nach Darmstädter

Modell errichtet werden.

� Wertungskriterien:

• keine Kostenvorgabe

• 30 % Qualität, 30 % Funktionalität und 40 % Wirtschaftlichkeit

Vorgehensweise für die Planung

� Konzepterstellung:

• Entwurf: Grundlage Raumprogramm

• Energetische Funktionalität: Vorgaben vom Passivhausinstitut Darmstadt:

� Berechnungsverfahren korrespondieren nicht mit EnEV

� umfangreiches Zertifizierungsverfahren

� Angebotserstellung:

Die Verantwortlichkeiten betreff der Ermittlung der Kosten wurde unter den Partnern der

Bietergemeinschaft wie folgt aufgeteilt.

Gewerk Verantwortung Grundlage

Erdbau LSTW Entwurf

Rohbau (erweitert) HIW Entwurf

Haustechnik Phase 10 Konzept

Fassade / Dach Phase 10 Entwurf + SUB

Innenausbau Phase 10 Entwurf + SUB

Abbildung 15: Übersicht Gewerke

Quelle: phase 10 Ingenieur- und Planungsgesellschaft mbH Freiberg

Page 25: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

22

Präsentation des Projektes

Abbildung 16: Entwurf der Schule

Quelle: phase 10 Ingenieur- und Planungsgesellschaft mbH Freiberg

Abbildung 17: Grundriss Erdgeschoss

Quelle: phase 10 Ingenieur- und Planungsgesellschaft mbH Freiberg

� Energiekonzept: Energieträger Luft-/Wasser Wärmepumpe und Spitzenlast des Fernwär-

meanschlusses für die Integration der Turnhalle

� Lüftungskonzept: dezentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung

� Elektroinstallation für einen Klassenraum: wichtig für Primärenergiebedarf

Page 26: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

23

Wertungskriterien des Angebotes � Zweckmäßigkeit:

• Planung gemäß Schulbaurichtlinie

• klar definierte Funktionsbereiche

• Raumordnung nach solarer Wärmegewinnung

� Qualität:

• nachhaltiges und ökologisches Massivgebäude

• Einhaltung der Anforderungen an ein Passivhaus

� Jahresheizenergiebedarf < 15 Kwh/m²a

� Primärenergiebedarf < 120 Kwh/m²a

� Einhaltung Vorgaben von U-Werten (Transmissionswärmeverlust)

� Wirtschaftlichkeit:

• Angebotsausarbeitung mit regionalen Partnern

• Kosten 1.012,- € / BGF 1.157,- € / NGF

Begründung der Stadt für den Zuschlag

� Bewertung der verschiedenen Angebote der Stadt:

• 6 Firmen haben ein Angebot abgegeben, davon haben 5 Firmen ihr Angebot präsen-

tiert.

• Eine Jury, bestehend aus dem Oberbürgermeister, 2 Bürgermeistern und mehreren

Amtsräten der Stadt Freiberg, hat aus den vorgestellten Angeboten den Sieger er-

mittelt.

� Kriterien für die Bewertung:

• Die Rahmenbedingungen der Stadt mussten erfüllt sein.

• Es gab eine Gewichtung nach dem Preis, der Qualität (z. B. wie wurde der Passiv-

hausstandard umgesetzt) und der Funktionalität (z. B. Anordnung der Räume).

� Gründe für den Zuschlag:

• preislich günstigste Variante

• sehr gute Präsentation, auf alle Details wurde exakt eingegangen

• optimal ausgereifte Konstellation in Bezug auf die Raumanordnung

• „Es wurde ein Massivhaus zu einem günstigen Preis angeboten.“

Von der Bietergemeinschaft zur Dach-ARGE

� Bietergemeinschaft:

• HIW (Hoch- und Ingenieurbau Wilsdruff)

• Phase 10 (Ingenieur- und Planungsgesellschaft)

• LSTW (Landschaftsgestaltung, Straßen-, Tief- und Wasserbau)

� Dach-Arge:

• Arbeitsgemeinschaft Karl-Günzel-Schule Freiberg

• Gesellschafter: HIW, Phase 10, LSTW

Page 27: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

24

� Aufgaben:

• HIW:

� Rohbau + Vergabe Sub-Leistungen

� verantwortlich für die Durchführung sämtlicher kaufmännischer Arbeiten

� Beschaffung und Verwaltung von Geldmitteln

� Buchführung und Aufstellung von kurzfristigen Ergebnisübersichten und der

Schlussbilanz

• Phase 10:

� Generalplanung und Passivhauszertifizierung

� stellt für etwaige Aufgaben der technischen und terminlichen Koordinierung für

Gesamtprojekt den Projektleiter

� Qualitätskontrolle

• LSTW:

� Erdarbeiten

� Entwässerungsarbeiten

GesellschafterGesellschafterGesellschafterGesellschafter Beteiligung in %Beteiligung in %Beteiligung in %Beteiligung in %

HIW 86,61 %

Phase 10 13,70 %

LSTW 2,69 %

Abbildung 18: Beteiligung

Quelle: phase 10 Ingenieur- und Planungsgesellschaft mbH Freiberg

� Planung:

• Planungsbeginn 15.06.2010

• komplette Entwurfs- und Genehmigungsplanung

• Fachplanung (Tragwerk + Gebäudetechnik)

• Werkplanung

• Qualitätskontrolle

• Zertifizierungsverfahren

• Ausschreibung

Derzeitiger Bautenstand

� Baubeginn: 10.08.2010

� Erster Spatenstich: 10.09.2010

Page 28: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

25

Abbildung 19: Erster Spatenstich

Quelle: phase 10 Ingenieur- und Planungsgesellschaft mbH Freiberg

� Planung

• Baugenehmigung

• Zertifizierungsverfahren

• Werkplanung

� Erdarbeiten: Einbau Schotterschicht und Bodenplatte abgeschlossen

� Rohbauarbeiten

• Mauerwerk im EG abgeschlossen und im OG begonnen

• Decke über EG betoniert

Abbildung 20: Bautenstand, November 2010

Quelle: phase 10 Ingenieur- und Planungsgesellschaft mbH Freiberg

Page 29: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

26

Terminplan

Abbildung 21: Terminplan

Quelle: phase 10 Ingenieur- und Planungsgesellschaft mbH Freiberg

Vor- und Nachteile

VorteileVorteileVorteileVorteile NachteileNachteileNachteileNachteile

Eindeutige Entscheidungskriterien zu frühem Projektzeitpunkt

Aufwand für Bieter ist deutlich höher

Vorteil Auftraggeber: Auftragnehmer trägt das Mengenermittlungsrisikound das er alle zur Funktion notwendigen Leistungen erbringen muss, selbst wenn sie nicht beschrieben sein sollten

Die höheren Kosten der Bieter können sich teilweise in höheren Preisen niederschlagen (GU-Umlage)

Bietern wird die Möglichkeit eingeräumt, ihre besonderen Erfahrungen und Kenntnisse bezüglich der eigentlichen Ausführung bereits in der Vorplanung einzubringen

Es besteht eine geringere Wettbewerbsintensität, nicht alle Bau-/Planungsunternehmen können oder wollen an funktionalen Vergaben teilnehmen

Abbildung 22: Vor- und Nachteile

Quelle: phase 10 Ingenieur- und Planungsgesellschaft mbH Freiberg

Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Januar Februar März April Mai Juni Juli

Planung

Baugenehmigung

Rohbau

Winterpause

Fassade

Ausbau

Übergabe

Page 30: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

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6. Zusammenfassung und Ausblick

Dr. Frank Gehre, InnoRegio Freiberg e.V.

Thomas Schumann, TU Bergakademie Freiberg

Chancen

Gemeinsames Planen und Bauen …

� fördert kreative Lösungen

� ermöglicht Synergien

� verkürzt die Bauzeit

� fördert „Frieden am Bau“

� entlastet die öffentliche Verwaltung

� eröffnet neue Entwicklungsmöglichkeiten für die beteiligten Unternehmen

Voraussetzungen

Gemeinsames Planen und Bauen erfordert …

� Offenheit für alternative Formen der Vergabe

� z. B. zusammenfassende Vergabe von mehreren oder allen Fachlosen auf Basis einer

funktionalen Leistungsbeschreibung

� projektorientierte Ausrichtung des Vergabewesens

� Schwerpunktsetzung auf eindeutige/umfassende Bestimmung der Nutzungsanforderun-

gen im Vorfeld der Ausschreibung

� Sicherheit im Umgang mit funktionalen Ausschreibungen

Perspektiven – Das Hofer Modell

Gemeinsames Planen und Bauen …

� kann sinnvoll erweitert werden: Planen, Bauen + Betreiben

� bietet die Chancen zur Realisierung weiterer Effizienzgewinne

Page 31: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

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Abbildung 23: Hofer Modell

Quelle: Scholz, D./Richter, H.-P. (2010), S. 24

Der Behörden-Spiegel 09/2010 berichtet vom Hofer Modell wie folgt:

� „Im Gegensatz zur “klassischen PPP-Variante” (Planung, Bau, Betrieb und Finanzierung)

hat der Landkreis Hof die Endfinanzierung aus dem Gesamtauftragspaket ausgegliedert

(“Hofer Modell”),

� d. h. die Finanzierung läuft wie bei einer konventionellen Errichtung in eigener kommu-

naler Regie über Kommunalkredite bzw. KfW-Darlehen.

� Der Kreditbedarf der Gesamtinvestitionskosten wurde im Vermögenshaushalt des Land-

kreises dargestellt.“12

Zusammenfassung – Eine sächsische Perspektive

� „Ist die losweise Vergabe noch das zeitgemäße Mittel zur Förderung von Handwerk und

Mittelstand in Sachsen?“

� „Wie können sächsische KMU stärker für die Bildung von Arbeitsgemeinschaften »fit

gemacht« werden?“

� „Ist es an der Zeit, die Kompetenz der öffentlichen Hand stärker auf die Grundlagener-

mittlung zu konzentrieren?“

� „Ist es an der Zeit, stärker funktional auszuschreiben, um den Wettbewerb um die kreativ-

sten Lösungen zu fördern?“

� „Ist es an der Zeit, den Staatsbetrieb SIB für alle staatlichen Ebenen – auch für Kommu-

nen und Landkreise – zu öffnen?“

12 Scholz, D./Richter, H.-P. (2010), S. 24.

Page 32: Tagungsband 08 04 2011 - tu-freiberg.de

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7. Literaturverzeichnis

Jacob, D. (Hrsg.): Entwicklung von Musterverträgen für eine innovative Form der Arbeitsge-

meinschaften zwischen mittelständischen Bauunternehmen und Planungsbeteiligten,

Freiberger Forschungshefte, Reihe D 234 Wirtschaftswissenschaften, TU Bergakademie

Freiberg, 2009, vgl. auch http://fak6.tu-freiberg.de/fileadmin/Baubetriebslehre/inhalte/

publikationen/Endbericht_ARGE_Mustervertrag.pdf

Jacob, D./Stuhr, C.: Mittelstands-Dach-ARGE Planung und Bau, in: Institut für Bauwirtschaft

und Baubetrieb (Hrsg.): Die wirtschaftliche Seite des Bauens: Festschrift zum 60. Ge-

burtstag von Rainer Wanninger. Schriftenreihe des Instituts für Bauwirtschaft und Bau-

betrieb, Heft 50. Braunschweig: Institut für Bauwirtschaft und Baubetrieb, 2010, S. 373-

385

Jacob, D./Stuhr, C./Winter, C. (Hrsg.): Kalkulieren im Ingenieurbau, 2. Auflage, Wiesbaden:

Vieweg + Teubner, 2011

Scholz, D./Richter, H.-P.: Das Hofer Modell, Innovative PPP-Realisierung in der Finanzkrise,

in: Behörden Spiegel, Heft September, 2010, S. 24

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parative Evaluation of Design-Build versus conventional Design-Bid-Build project delivery

for municipal water and wastewater facilities, Water Design-Build Council, 2009

Wahner, R. et al.: Versicherungen am Bau, in: Jacob, D./Ring, G./Wolf, R. (Hrsg.): Freiberger

Handbuch zum Baurecht, 3. Auflage, Köln: Bundesanzeiger, 2008, § 22, S. 1195-1287

Wallau, F./Stephan, M.: Bietergemeinschaft und Dach-ARGE in der mittelständischen Bau-

wirtschaft – Leitfaden und Checkliste, RG Bau, Eschborn: RKW-Verlag, 1999

Weeber, H./Bosch, S.: Planung plus Ausführung?, Zunehmende Vermischung von Planungs-

und Ausführungsleistungen im Wohnungsbau, Bauforschung für die Praxis, Band 79,

Stuttgart: Fraunhofer IRB Verlag, 2006

Winter, C.: Contractor-Led Procurement – An Investigation of Circumstances and Conse-

quences, Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag, 2003

Wischhof, K.: Strukturwandel – Konsequenzen für die Bauwirtschaft, in: Stark im Markt!,

Kooperationen in der Bauwirtschaft, Dokumentation Bauwirtschafts-Tag des RKW, Esch-

born: RKW-Verlag, 2000