Über die rolle der bakterienflora der lake beim pökeln

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596 L.M. H o r o w i t z - W 1a s s o w a, [Zeitschr. f. Untersuchuag [ der Lebensmittel. Herkunft des W~ssers Neues Verfahrel NuCI mg Oberursel . . . . . . Vogelsberg . . . . . . ttattersheim ..... Oberforsthaus ..... Brunnen 19 ..... 18,2 13,9 14,3 29,8 27~8 61,2 I Altos Verfuhrer mg 21,1 14,6 27,0 31~5 65,9 Herkunfl des W~ssers I I Altos Neues I~ .. *r . . |veri~nren ert~nren|. . .... | NaC1 ~- 5a~ I KC1 mg I mg Oletscherwasser I 3,9 .... ] 3,2 3577 ' Niederwald . . . . . [ 3566 584~5 Kesselspeisewasser M " / 580,5 3,0 3613 586,9 It|or |st die Ubereinstimmung zwisehen den titrierten und den gewiehtsanalytisch bestimmten Werten nieht so gut wie be| den Kontrollbestimmungen. Wo die Titration niedrigere Werte als die gravimetrisel~e Bestimmung ergeben hat, kann dies einmal daher kommen: dug das Wasser neben Natriumchlorid aueh Kaliumchlorid in erheb- lieher i~{enge enthielt. Augerdem |st be| der Benrteilung der Werte noeh zu beraek- sichtigen, dag be| dem langwierigen gewiehtsanalytisehen Verfahren, das eine groge Zahl yon einzelnen Operationen einsehiiel~t, auch mit Fehlern gereehnet werden mug. Uber die Rolle der Bakterienflora der Lake beim Piikeln mit Beriicksichtigung der Frage der Halophilie in der Bakterienwelt. Von Prof. Dr. L. M. Horowitz-Wlassowa in Leningrad. [Eingegangen am 5. Juni 1931.] Es |st seit langem bekannt, dug das Fleisch beim Zusatz yon Nitraten zm' Lake eine rosarote, auch beim Kochen bestehen bleibende Farbe annimmt; Kisskalt 1) war 1897 der erste, der diese Tatsache nicht auf die direkte Nitratwirkung sondem auf die Wirkung der aus Nitraten gebildeten Nitrite zurilekfiihrte. Hal d a n e ~), G 1a g e a), Pollaka), LewisS), Pfizenmeier6): Rieg: ~eyer und Mtiller 7) haben diese Angabe besthtigt. Auf Grund dieser Untersuchungen wurde bekanntlich im Jahre 1930 die deutsche u yon 1916, welche den Zusatz der Nitrite an Stelle der Nitrate verboten hatte, aufgehoben. Dasselbe geschah auch in den Vereinigten Staaten yon Nordamerika im Jahre 1925 infolge der Untersuchungen von Kerr, Marsch, Schr6der u. HoyerS). ~) Arch. Hygiene 1899, 85~ 11. .z) Journ. of Hygiene, !901, 1, 115. ~) Clage, Die Konservieruug der roten Fleisehfurbe. Berlin, 1909. 4) Zeitschr. angew. Chem. 1922, 35, 229 und 392. ~) Lewis, ~Tos e and L o very, The use of sodium nitrite in curing meat. Industr. and Enginer. Chemistry, 17, 1243. -- Lewis and Vose, The use of sodium nitrite in curing meat. Chikago, 1925. ~) Diese Zeitschrift 1923, 45, 192. 7) Diese Zeitsehrift 1928, 55, 325 u. Arb. a. d. l%eichsgesundheitsamte 1929, 60, 379. s) Journ. of Agron. Research. 1926, 33.

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5 9 6 L.M. H o r o w i t z - W 1 a s s o w a, [ Zeitschr. f. Untersuchuag [ der Lebensmittel.

Herkunft des W~ssers

Neues Verfahrel

NuCI

mg

Oberursel . . . . . .

Vogelsberg . . . . . .

ttattersheim . . . . . Oberforsthaus . . . . . Brunnen 19 . . . . .

18,2 13,9 14,3 29,8 27~8 61,2

I Altos Verfuhrer

mg

21,1

14,6

27,0 31~5 65,9

Herkunfl des W~ssers

I I Altos Neues I~ . . *r . . |veri~nren

er t~nren | . . . . . . | NaC1 ~-

5 a ~ I KC1 mg I mg

Oletscherwasser I 3,9 . . . . ] 3,2

3577 ' Niederwald . . . . . [ 3566

584~5 Kesselspeisewasser M " / 580,5

3,0

3613

586,9

It |or |st die Ubereinstimmung zwisehen den titrierten und den gewiehtsanalytisch bestimmten Werten nieht so gut wie be| den Kontrollbestimmungen. Wo die Titration niedrigere Werte als die gravimetrisel~e Bestimmung ergeben hat, kann dies einmal daher kommen: dug das Wasser neben Natriumchlorid aueh Kaliumchlorid in erheb- lieher i~{enge enthielt. Augerdem |st be| der Benrteilung der Werte noeh zu beraek- sichtigen, dag be| dem langwierigen gewiehtsanalytisehen Verfahren, das eine groge Zahl yon einzelnen Operationen einsehiiel~t, auch mit Fehlern gereehnet werden mug.

Uber die Rolle der Bakterienflora der Lake beim Piikeln m i t B e r i i c k s i c h t i g u n g d e r F r a g e der H a l o p h i l i e in d e r B a k t e r i e n w e l t .

Von Prof. Dr. L. M. H o r o w i t z - W l a s s o w a in Leningrad.

[Eingegangen am 5. Juni 1931.]

Es |st seit langem bekannt, dug das Fleisch beim Zusatz yon Nitraten zm' Lake eine rosarote, auch beim Kochen bestehen bleibende Farbe annimmt; K i s s k a l t 1) war 1897 der erste, der diese Tatsache nicht auf die direkte Nitratwirkung sondem auf die Wirkung der aus Nitraten gebildeten Nitrite zurilekfiihrte. H a l d a n e ~), G 1 a g e a), P o l l a k a ) , Lewi sS ) , P f i z e n m e i e r 6 ) : R i e g : ~ e y e r und M t i l l e r 7) haben diese Angabe besthtigt. Auf Grund dieser Untersuchungen wurde bekanntlich im Jahre 1930 die deutsche u yon 1916, welche den Zusatz der Nitrite an Stelle der Nitrate verboten hatte, aufgehoben. Dasselbe geschah auch in den Vereinigten Staaten yon Nordamerika im Jahre 1925 infolge der Untersuchungen von K e r r , M a r s c h , S c h r 6 d e r u. HoyerS) .

~) Arch. Hygiene 1899, 85~ 11. .z) Journ. of Hygiene, !901, 1, 115. ~) Clage , Die Konservieruug der roten Fleisehfurbe. Berlin, 1909. 4) Zeitschr. angew. Chem. 1922, 35, 229 und 392. ~) Lewis , ~To s e and L o ve ry , The use of sodium nitrite in curing meat. Industr. and

Enginer. Chemistry, 17, 1243. -- Lewis and Vose, The use of sodium nitrite in curing meat. �9 Chikago, 1925.

~) Diese Zeitschrift 1923, 45, 192. 7) Diese Zeitsehrift 1928, 55, 325 u. Arb. a. d. l%eichsgesundheitsamte 1929, 60, 379. s) Journ. of Agron. Research. 1926, 33.

62. B a n d . ] November 19~l.j Bakterienflor~ der PSkellake. 597

Wir haben neuestens diese Angaben durch sterile Versuchs~nstellung n~chgepri~ft. Wird steril entnommenes Fleisch

1. in Lake mit 25% Natriumchlorid d - 0 , 2 % Kaliumnitrat, 2. in dieselbe Lake mit einer denitrifizierenden, salzresistenten Bakterienart, 3. in Lake mit 25% Natriumchlorid ~ -0 ,1% Natriumnitrit

eingefllhrt, so bleibt das Fleisch in der Flasche 1 monatelang grau, whhrend es i1~ den beiden anderen Flaschen schon nach ein paar Tagen rot wird und auch beim Kochen rot bleibt. Es folgt hieraus offenbar, da~ das Rotwerden des Fleisehes in der nitrat- haltigen Lake auf die entsprechende denitrifizierende Bakterienflora zurackzufilhren ist.

Die bakteriologische Untersuehung der allen Lake einer P6kelfabrik ergab ~uf abliehem Agar eine ziemlich reiche, meistens ans Kokken bestehende Bakterienflora. Die Zahl der Keime stieg nicht f~ber 10000 in 1 ccm. Diese Kokken, auf die wir noeh zurtlckkommen, tiben tats~chlich eine denitrifizierende Wirkung aus, die in nitrathaltiger Bouillonkultur leicht nachweisbar ist; demgemhg erweist sich der denitri- fizierende Titer, der auf diese Weise gepraften Lake als 0,001--0~0001. Und doch hat diese Bakterienart mit dem echteu Erreger der Denitrifikation in der Lake nichts zu tun, wie aus dem Verhalten gegen hohe Natriumchlorid-Konzentrationen hervorgeht. Direkte Zhhlungen zeigen tatshchlich, dai] die Vermehrung dieser Art in der 5% Natriumchlorid enthaltenden Fleischbrtlhe 15-fach schwhcher als in der ilblichen Fleisch- brahe und beim Zusatz yon 1 0 - - 1 2 % Natriumehlorid 40-fach schw~teher ist; bei 18% Natriumehlorid ist die Vermehrung sehr sparlich und bei 22% Natriumchlorid tritt sofortiges Absterben ein; einzelne Keime k6nnen jedoch bei reichlicher Einsaat noch nach 30- -50 Tagen lebensfhhig bleiben. Da uusere Lake 25% Natriumchlorid ent- hhlt, scheint darin jede biochemische Leistung dieser Kokken, darunter der denitri, fizierenden, ausgesehlossen zu sein, umsomehr, als die Zahl der Keime, wie gesagt, nicht tiber 10000 in 1 ecru steigt.

Noch eine weitere Tatsache soil hier Erw~hnung finden, nhmlich die Unfhhigkeit dieser Kokkenart~ nitrate und nitrite bis zu gasf6rmigem Stickstoff zu reduziere~. Da dieser Vorgang stets in Behhltern mit alten Laken statfindet, wo er durch reichliche Sehaumbildung mit Kohlendioxyd- und Stickstoffbildung gekennzeichnet wird, so lag der Gedanke nahe, dag dieser Vorgang ebenfalls durch Bakterien der Lake bedingt wird, und zwar vermutlich durch dieselben Bakterien. welehe die erste Phase der Denitrifikation hervorrufen und auf ablichen Nhhrmedien zu gedeihen nieht imstande sind.

Urn diese Frage zu erSrtern, haben wir zahlreiche Versuche mit Einsaaten yon verschiedenen Mengen der allen Lake in Bouillon oder Agar mit Zusatz yon 1To Kaliumnitrat ausgefiihrt. Es ergab sich, dat~ die Beschiekung des Nhhrmediums mit einer 0se und sogar mit 0,1 oder 0,2 ecru aJter Lake keine GasbiIdung hervorrief. Wurde abet 1 ccm oder mehr in 10 ccm des Nhhrmediums eingefiihrt, so trat eine starke Gasbildung ein. Da derartige Ergebnisse kaum der Sp~rlichkeit betreffender Bakterienart in der Lake, wo ihre denitrifizierende Wirkung sieh a]s reeht stark erwies, zugeschrieben werden konnte, mul]ten wir annehmen, dug es sich bier um Anreicherung des Nhhrmediums mit Natriumchl0rid handelte. Tats~chlich ergaben die Aussaaten der Lake auf Agar mit 10% Natriumehlorid zahlreiche Kolonien einer Art, die in nitrathaltigen Nhhrmedien nitrate mit Nitrit unter Gasbildung zerlegte. Diese Art, die wir als B a c i l l u s h a l o b i c u s n. sp. bezeiehnen, ist eine echte halophile Art, die auf gew6hnlichen N~thrmedien ohne Zusatz yon Natriumchlorid ttberhaupt nicht gedeiht, auf N~thrmedien mit 1% Natriumchlorid ein sp~rliches und langsames

[Zeitschr. f. ~ntersuchung 598 L.M. H o r o w i t z - W l a s s o w a , [ der Lebensmittel.

Wachstum ergibt~ beim Zusatz yon 10 - -15% Natriumchlorid sich aber appig entwickelt. Bei 2 0 - - 2 5 % ~atriumchlorid ist das Wachstum noch ziemlich gut. Diese Bakterienart wird durch folgende Merkmale charakterisiert: Kleines bewegliches Gram-negatives, obligat aerobes, nicht sporogenes, 1 ,5--2 # lunges, 0 ,7--0,8 # breites Stgbchen. Auf Agar mit 1 0 - - 1 2 % Natriumchlorid ergibt es ein tippiges, saftiges, farbloses, zuweilen braun gef~rbtes, sch~n irisierendes Wachstum. Auf G e l a t i n e - 25%-ig, da gewbhnliche 10%-ige Gelatine beim Zusatz yon Natriumchlorid ihre Eigen- schaft, bei Zimmertemperatur zu erstarren, leicht v e r l i e r t - mit 1 - - 5 % Natrium- chlorid ergibt diese Art runde glattrandige feink6rnige, sich nicht verfltissigende Kolonien; im Stich w~chst sie nadelartig mit saftigem K0pfehen. In Natriumchlorid enthaltender Milch gedeiht sie, ohne darin merkliche Veranderungen zu bewirken; sie bildet in eiwei6haltigen N•hrmedien kein Ammoniak und keinen Schwefelwasserstoff, abt weder fettspaltende noch stgrkezerlegende Wirkung aus, vergart Glykose unter Sgure-, aber ohne Gasbildung. In allen diesen Nghrmedien ist der Natriumchlorid-Zusatz far das Wachstum unerlg~lich. Sie verggrt Lactose, Maltose und Saccharose nicht. In der Nghrbr0he mit 1% Kaliumnitrat oder Natriumnitrit ohne Natriumchlorid-Zusatz bleibt die ~rermehrung wiederum aus; beim Zusatz yon 10% ~Natriumchlorid tritt da- gegen in beiden Fhllen eine starke Gasbildung ein; in Kaliumnitrat enthaltenden Nhbrmedien kommt auch eine starke ~itritbildung zur Beobachtung.

Es sei bier daran erinnert, da6 echte halophile Bakterienarten, d. h. solche, die ohne Natrinmchlorid-Zusatz gar nicht zu gedeihen verm6gen, nnr yon wenigen Ver- fassern erwghnt worden sind; wir nennen bier H a r r i s o n und Kennedy~) , die eine solche Art (Pseudomonas salinaria oder Serratia) aus Meersalz, aus Salzwhssern und gesalzenen Fisehen zachten konnten, B a r a n i k - P i k o w s k y 2 ) , tier eine echte halophile Bakterienart im Wasser und im Sch]amme des Limans Kujalnitzky in Odessa fand, R u b e n t s c h i k 3 ) , der in demselben Schlamme zwei echte halophile Arten - - eine Nitrosomonas nahe stehende und eine Cellulose zerlegende A r t - nachweisen konnte, und G o l iko w a~)~ die eine echte halophile Art in gesalzenen Heringen fund. Zu dieser Reihe kbnnen wir, aui~er dem erwhhnten B a c i l l u s h a l o b i c u s , noch eine Art hinzuf0geu, die wir neuestens im gesalzenen Zander und in Anchovis-Konserven gefunden and mit unserem h'[itarbeiter S o n t a g als ~ribrie halobicus desulfuricans beschrieben habenS). Da die Benennung ,,obligat halophil," die far diese Bakterien- gruppe ablich ist, einen inneren Widerspruch enth~lt, halten wir es ftir zweckm~6ig, sie durch die Bezeichnung , , h a l o b " - - nach Analogie mit den Worten a~rob, saprob usw. ~ zu ersetzen, den Namen ,,halophil" dagegen far Arten, die, wenn sie auch hohe Salzkonzentrationen vertragen, doch auf den ablichen N~hrmedien gut zur Ent- wickelung kommen, beizubehalten. Wir .haben 30 halophile Bakterienarten, die aus verschiedenen Substraten~ ~ie POkelfieisch, Lake, gesalzenen D~rmen, Salz, Kaviar, gezt~chtet worden sind, eingehend untersucht. Es zeigte sich, da6 bohe Salzkonzen-

~) Trans. Royal Society of Canada 1922, 16, IOI. '~) Zentralbl. Bakteriol. II 1927, 70, Nr. 15/21. s) Zentralbl. Bakteriol. II 1929, 77, 1. ~) Zentralbl. Bakteriol. II 1930, 80, Heft 1--7. 5) L. M. H o r o w i t z - W l a s s o w a , g o w e n s k a j a und Sontag: Experimentelle Unter-

suchungen tiber die Fischkonserven-Industrie and Sontag: Zur Mikrobielogie der Fisch- konser~en. Vibrio halobicus desulfuricans. - - Arb. a. d. Staatl. wisse~sch. Nahrungsmittel- lnstitute 1931 (russisch).

62. B ~ n d . ] November 1931.J Bakterienflora der PSkellake. 599

trationen, wie 20--25%1)~ nur yon wenigen Bakterienarten vertragen werden, die meistens durch Gram-positive Kokken vertreten sind~ wie M. flavescens, M. Cereus albus, ferner Tetracoccus carneus halophilus, der yon uns 2) reingeztichtete Erreger des ,roten IIundes" gesalzener Di~rme; dann kommen sporogene, Gram-positive Sti~b- chen, wie B. mycoides, B. corrugatus, B. lacca u. a.: die sich bet 10--16% Natrium- chlorid noeh vermehren~ h~here Konzentrationen aber niebt zu vertragen imstande sind. Als am empfindlichsten erweisen sich a~robe~ nicht sporogene, Gram-negative Fi~ulnis- erreger~ wie B. proteus vulgaris, B. cloacae, B. colt: die schon bet 10% Natriumehlorid zugrunde gehen. Was nun den Einflu6 hoher Salzkonzentrationen auf die bio- chemischen Leistungen der Bakterien betrifft, so wird sowohl die proteolytisehe Wir- kung, als auch die Ammoniak- und Sehwefelwasserstoffbildung merklich abgeschwach L dagegen bleibt die denitrifizierende Wirkung unverandert. Die halophile Bakterien- flora scheint in tier Umwelt ziemlich verbreitet zu sein: Bet der Untersuehung der atmosphiirischen Luft in Leningrad und dessen Umgebung konnten wir nicht weniger als 15 Bakterienarten nachweiseu, die auf N~hrmedien mit 10% Natriumchlorid sich recht gut entwickelten~ darunter 12 Kokkenarten, wie M. albus und M. flavus lique- faciens, M. cremo~des; M. subcretaceus, M. cereus albus, ~I. succuleutus, Sarcina lutea, ~[. chlorinus, M. aurantiacus, M. luteolus~ M. granulatus, M. roseus.

Zwischen der haloben und der halophilen Gruppe sind Ubergangsarten vorhanden: die fhhig sind~ sich bet 1 5 ~ 2 0 % Natriumchlorid zu vermehren urM dabei auch auf gew6hnlichen N~thrmedien zu gedeihen, wenn auch sparlich und langsam. So verhielt sich z.B. eine yon uns aus der Luft eines Dt'~rmelagers geztiehtete Kokkenart, die t~berbaupt M. citreus agilis (Menge) sehr nahe steht.

AuBer der halophilen denitrifizierenden Bakterienflora haben wir es in der Lake noch mit zwei anderen Bakteriengruppen zu tun~ die far alas P6keln yon Wichtigkeit stud; wir meinen die Erreger der eigenartigen Gt~rung, die die Bildung yon Acetyl- methylcarbinol zur Folge ha Lund schlie/~lich die ]ipolytischen Bakterien~ die bet der A~f-

"bew~hrung des P0kelfleisches die Entstehung des sog. ,,Schleimes" hervorrufen k6nnen. Was die Bildung yon Acetylmethylcarbino] anbetrifft, so wurde sie bei der Unter-

suchung der Lake in folgender Weise nachgewiesen: Da die alte Lake bekanntlich trtlbe und dunkelbraun is L schlugen wir~ um sie zu ,regenerieren", d.h. Mar und farblos zu machen~ ein Koagulationsverfahren vor. Dieses Yerfahren~ das wir mit Doz. J. A. O b e r h a r d 3) ausgearbeitet haben~ erlaubt die alte Lake zur weiteren Aus- ~mtztmg verwendbar zu machen~ da die klare trod eutfarbte Fltissigkeit in bezug auf ihren Gehalt an Natrimnchlorid, Kaliumnitrat und -nitrit dabei unver~ndert bleibt. Die Verwendung yon Aluminiumchlorid an Stelle des tiblichen Aluminiumsulfats erlaubt, das Steigen der Sulfatmenge hierbei zu vermeiden. Bet der Untersuchung der koagulierten und filtrierten Fliissigkeit konnten wit die Beobachtung machen: dal~ iN e s s 1 e r ' s Reagens sie nacli einigen Stunden rot ft~rbte; die Biuret-Reaktion ergab auch nach einigen Stunden einen eigenartigen roten Farbenton. Es lag der Gedanke nahe, dab diese

~) L.M. H o r o w i t z - W l a s s o w a und M.J. L ivsch i t z : Iia.lophile Bakterien. --Arb. a. d. Staatl. wissensch. Nahrungsmittel-Institute 1931 (russisch).

~) L. M. H o r o w i t z - W 1 a s s o w a: Experimentelle Untersuchungen fiber die Darmindustrie. - - Arb. a. d. Staatl. wissensch. ~N~ahrungsmittel-Institute 1931 (russisch).

a) L. M. I t o rowi t z -Wlas sowaundJ . A. Oberhard : Uber die Reaktion yon Voges- P r o s k a n e r in alter Lake. -- Arb. a. d. Staatk wissensch. Nahrungsmittel-Institute 1931. S. 47 (russisch).

600 L.M. H o r o w i t z - W 1 a s s o w a, [Zeitschr. f. Untersuchung [ der Lebensmittel.

Farbenreakt ion auf die Wirknag yon Alkal i zurt~ckzufahren ist. Tats~chlich ergab auch tier Zusatz yon 20%- ige r Natronlauge eine Rotfarbung, die ebenfalls nicht sofort, sondern erst nach ein paar Stunden eintrat nnd an EosinlSsung erinnerte. Wegen der :~hnlichkeit der Erscheinnng mit der l~eaktion yon Y o g e s - P r o s k an e r haben s~ir dan Vorhandensein yon Acetylmethylearbinol in der alten Lake vermutet; es gelang tats~chlichl), diese Annahme dutch folgende Reaktionen zu best~tigen:

1. Dam Destillat der L a k e nimmt ein paar Stunden naeh Zusatz yon Natronlauge and Pepton eine eosinrote Farbe an;

2. reduziert ammoniakalische SilberlSsung und andere SchwermetalllSsungen unter Bildung organiseher S~uren,

3, es rednziert bei der Zimmertemperatur F e h l i n g 'sche LOsung ; ~. es gibt die far die Alkoholgruppe charakteristischen Reaktionen, 5. es bildet mit Phenylhydrazin ein 0zazon, dessen Sehmelzpunkt bei 24~ ~ Iiegt. Es sei hier daran erinnert, da6 die Reaktion yon u 2) 1898

yon diesen Verfassern zum ersten Male in glykosehaltigen Bouillonkulturen yon B. lactis aerogenes nachgewiesen wurde; G r i m b e r t 3) hat sic 1901 in Kulturen seines B. tartriens beobaehtet and sic durctl Bildung eines flttchtigen Stoffes C4HsO ~ oder C H a - - C 0 - - C t t0H- -CHs erkl~rt; 1904 hat D e s m o t s 4) denselben Stoff in Kuttm'en der Yertreter der Subtilis-Gruppe gefunden und dabei festgestellt, dal~ diese Bakterienarten Acetyl- methylcarbino! nicht nut aus Monosacchariden und Alkoholen: wie ManniL sondern anch aus PoIysaechariden, wie StfLrke, ferner arts Glycerin u. a. zu bilden vermSgen.

Was nun die Bildung dieses Stoffes in der Lake anbetriff L so kann er sowohl aus dem Zueker ~ der zuweilen der Lake zugesetzt w i r d - - ~ als auch aus dem Glykogen des Fleisehes gebildet werden. Als Erreger tier G~rung sollen bier die Vertreter der Subtilis-Gruppe gelten, wie B. subtilis, B. mesentericus und B. corrugatus, die in der Lake h~ufig vorkommen und in Reinkulturen tats~chlich Acetylmethyl- earbinol sowohl arts Glykogen als aneh aus Glykose bilden. Wahrscheinlich finder diese G~rung in der Lake nur dann statt, wenn der Gehalt an Natriumehlorid sinkt,"

O/ da diese Bakterienarten, die bei 15 - - I 6 / o Natriumchlorid noch gut gedeihen, bei 20% nieht mehr zur Entwicklung kommen.

Der besehriebene u heansprneht nicht nut theoretisehes Interesse, sondern er scheint anch yore praktisehen Standpunkte fur die PSkelfleischznbereitung nieht ohne Belang zu sein, da Aeetylmethylearbinol dank seiner leiehten 0xydierbarkei t gebildet e Nitrite - - die ohnedies in der frischen nitrithaltigen Lake bei Gegenwart yon Fleisehoxydasen sich leieht in Nitrate v e r w a n d e l n - vor der Oxydation zu seht~tzen sebeinen. Tats~.ehlieh bleiben die Nitri te in der alten Lake monatelang erhalten, wahrend sic in h'iseh mit Zusatz Yon 0 :1% Natriumnitrit hergestellten Laken bei P6kelungs- versuehen hgufig sehon naeh 12---24: Stunden aus der LSsung verschwinden und sich in inaktive Nitrate verwandeln. In diesem Fal le verliert selbstredend das nene PSkelungsverfahren seine Bedeutung, da die PSkelnng dann so verlguft, als ob die Lake ansschlieglich Nitrate enthielte. Es sei bemerkt, dab diese unerwansehte Oxy- dation dureh Magnahmen wie m6gliehst sphrlicher Luftzntritt , Znsatz yon Glykose

usw. gehemmt werden kann.

*) Siehe Fu/tnote 3, auf S. 599. e) Zeitsehr. Hygiene 1898, ~8, 20. 3) Compt. rend. Paris 1901, 13~, 706. *~ Compt. rend. Pgris 1904. 188. 581.

62. Band. ] November 1931.] Bakterienflora der PSkellake. 601

Schliel~lich beansprucht noeh eine dritte Bakteriengruppe beim PSkeln e i n besonderes Interesse, n~mlich die sehou erw~hnten fettspaltenden Kokken~ mit deren T~tigkeit die , , S c h l e i m b i l d u n g " verbunden ist. Man hat in P6kelfabriken seit langem die Beobachtung gemachL da~ das Schweinep6kelfleisch im Sommer h~ufig eine eigenartige Ver~nderung erleidet, die durch Abnahme der normalen Elastizit~t und den feuchten Glanz gekennzeichnet wird. Die bakteriologische Untersuchung zahl- reicher Proben 'con verdorbener tIaut ergab fast immer, meistens in Reinknltur, eine Kokkenart~ die durch folgende Merkmale charakterisiert werden kann:

Auf kanstliehen N~hrb6den sind die Kokken rund uud haben 0~8--0,9 tt Durch- messer; sie liegen tells einzeln, teils paarweise oder in I-I~ufchen; in den Hautschnitten sind sie etwas g r 6 6 e r - 1 bis 1 , 2 t t - und h~ufig oval; sic f~rben sich nach Gram~ sind unbeweglieh; auf Agar zeigen sie saftige weil31iche, schwach durchschimmernde~ zuweilen schwach gelbliche oder rein gelbe Kulturen; in weil]en Kulturen koramt h~ufig sp~ter die gelbe F~rbung der R~nder und dann des Striches selbst zur Beobach- tung; auf Agarplatten sind die Kolonien in der Tiefe rundlich oder linsenartig mit glatten Rhndern und feink6rniger Struktnr; oberflhchliche Kolonien sind his 7- -8 mm breit und saffig; auf Gelatineplatten hubert die Kolonien einen zierlichen konzentrischen Bau mit buchtartig ausgeschnittenem Rande; die Verfl~issignng des Nhhrmediums tritt nach 1- -2 Tagen ein; im Stieh is~ die Verfl~issigung schalen- oder trichterartig; in der l~hhrbr~ihe whchst diese Art appig ohne H~utchenbildung und mit Bodensatz; in Glykose und Laktose enthaltender Bouillon w~chst sie, ohne Gas- und meistens auch ohne Shurebildung hervorzurufen; Milch wird nach 3 - -4 Tagen geronnen; Sthrke wird nicht angegriffen; Indol-~ Ammoniak- und Schwefelwasserstoffbildung finden nieht start; Nffrate werden rasch reduziert, ~Nitrite, Sulfate und Sulfite dagegen reduziert diese Ar~ nicht.

Was nun den N a c h w e i s der f e t t s p a l t e n d e n W i r k u n g anbetrifft~ so bietet er bekanntlich manche Schwierigkeiten, da die Methodik wenig ausgearbeitet ist. Das Verfahren yon E y k m a n n (Uberschichtung des erstarrten Fettes in einer Petri-Schale mit Agar) und die hhnliche S 6 hug en'sche Fettr6hrchenmethode, sowie das Rotwerden ~on Lackmus in Nhhrmedien mit emulgiertem Fette und andere liefern leider, selbst bei Bakterienarten mit bestimmter fettspaltender Wirkung, nnr unsichere Ergebnisse 2).

Wir haben eine Anzahl yon Arten auf Milchagar and auf Agar mit rein emul- giertem Schweinefette gepraft, wobei fettspaltende Arten wie B. pyocyaneus, B. fluo- rescens, Vertreter der Mesentericus-Gruppe nnter Bildung klarer Zonen wuchsen, abet Arten, wie B. coli, Proteus vulgaris, M. cereus albus u. a. diese Nhhrsubstrate unver- hndert liel~en. Die Auffassung yon Le B l a y e und G u g g e n h e i m , dab die Klhrung des Milchagars auf die caseinl6sende Wirkung der durch Bakterien gebilde~en Shure zurfickgefahrt werden soll, steht durchaus nicht im Einklange mit der Tatsache~ dab bei direktem Eingie~en yon 1--3%-iger Milehs~urel0sung auf den Milchagar das Nhhrsubstrat undurchsichtig bleibt. Andererseits besitzen manche Alkalibildner~ wie B. pyocyaneus, B. fluorescens liquefaciens, die Mesentericus-Gruppe u. a. die Eigenschaft, klare Zonen auf dem Milchagar zu bilden. Deswegen halten wir dieses Merkmal far den Ausdruck der fettspaltenden Wirkung, umsomehr, als die Bilder auf ]~/Iilch- und Fettagar regelmhBig zusammentreffen.

~) S s elib er : Bildung und Zersetzung der Fette dutch Mikroorg~nisment~tigkeit. -- Monographien des wissensch. Instituts yon Lesshaft (russiseh).

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602 L.M. H o r o w i t z - W l a s s o w a , Bakterienflora der PSkel]ake. [Zeitschr.f.Unt~rsuchung [ der Lebensra i t te l .

Unsere Kokkenart verhiilt sich auf diesen beiden Nhhrmedien wie die Vertreter der fettspaltenden Gruppe. Die vierfach verdtinnte Milch scheint auch fftr die Prtifung der Bakterien auf ihre fettspaltende Wirkung zuverli~ssig zu sein. Bei der Ztichtung fettspaltender Bakterienarten wird diese Fltissigkeit nach 5- -6 Tagen merklich durch- sichtiger, die Zahl der Fettkiigelchen nimmt ftir unsere Kokkenart in 1 ccm ab auf 800 000 gegentiber 3 200 000 im KontrollrShrchen; die Aciditi~t steigt auch in Fi~llen, wo Lactose vorher durch Torula vergoren und die neutralisierte und neu sterilisierte Fliissigkeit mit dieser Art besi~t worden ist. Der Beweis ihrer fettspaltenden Wirkung scheint damit erbracht zu sein. Diese Art ist imstande sich bei 1 6 - - 1 8 % Natrium- chlorid zu vermehren, wenn auch ktimmerlich; direkte Z~hlungen ergaben, dal~ ein Gehalt an Natriumehlorid yon tiber 20% ein sofortiges Absterben hervorruft. Wir be- zeichnen diese Art, die tiberhaupt M. albus (und flavus) liquefaciens ziemlich nahe steht, mit dem Namen M i c r o c o c c u s l i p o l y t i c u s , um deren fettspaltende, also schadigende Wirkung in den u zu stellen. Tatsiiehlich gelingt es, durch Besehickung der gepSckelten sterilisierten Schweinehaut mit diesem M. lipolyticus beim Aufbewahren bei 37 ~ in feuchtem Zustande eigenartige Ver~nderungen der Haut hervorzurufen, die yon denen der spontan schltiDfrig gewordenen Schweinehaut weder makroskopiseh noch histologisch zu unterscheiden sind. Die Gewebe werden locker, im-Corium kommen zahlreiche mit Kokken erfiillte HShlungen vor. M. lipolyticus ist ftir Meerschweinchen nichtpathogen; die intraperitoneale Einftihrung einer ganzen Agarkultur tuft keine Gesund- heitsst6rungen hervor. Diese Art geh~)rt zu den normalen Bewohnern tier Schweinehaut und lg~t sich best~ndig sowohl auf der 0berflgche als aueh in der Tiefe der Haarkan~le nachweisen; die Zahl der Keime auf 1 qcm der Haut betrhgt zuweilen Hunderte nnd Tausende. In einigen FMlen gelang es uns, die Identitht der St~mme aus der gesunden und aus der schltipfrig gewordenen Haut serologisch festzustellen; das angefertigte agglutinierende Kaninchenserum, dessen Titer 400 betrug and nach weiteren intravenSsen Einspritzungen nioht mehr stieg, agglutinierte his zur Titergrenze zwei Sti~mme aus dem ,8chleim", zwei aus der normalen Haut und einen aus der Lake. Um der Vermehrung des M. lipolyticus in der gepSkelten Haut vorzubeugen, empfiehlt es sich, gepSkelte Schweinertimpfe in R~umen, wo die Temperatur nicht tiber 5 o und die relative Feuehtig- keit uieht tiber 70% steigt, aufzubewahren.

Aus dem Gesagten folgt, dag die Rolle der Bakterien bei der Pt)kelung hSchst wichtig ist; es hande]t sich dabei sowohl um eine ntitzliche als auch um eine schi~dliche Wirkung. Wird nach dem alten Yerfahren, d.h. ohne ~Nitrite und nur Init Nitraten ge- arbeitet, so ist die Auswahl der salzresistenten denitrifizierenden Bakterienart unerl~l~lich. Die Erreger der oben besprochenen ketonalkoholischen G~rung sind ebenfalls yon Nutzen, da sie die Nitrite vor der 0xydation schtitzen~ d.h. sie im wirksamen Zustande erhalten. Die fettspa!tenden Bakterienarten sind dagegen als Schiidlinge des Betriebes anzusehen und sollen wom6glich beseitigt werden. Beim Aufbewahren gep~kelter Schweinertimpfe sind die Temperatur und die FeuchtigkeitsverhMtnisse zu beachten~ die die Yermehrung dieser Bakterien verhindern oder wenigstens stark hemmen.