Über niobtrifluorid

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Uber Niobtrifluorid Von PA~JL EHRLICH, FRITZ PLOGER und GERHsRD PIETZKA Professor Walter Hieber zunz GO. Geburtstage gewidmet Inhaltsiibersicht Durch Behandlung von Niobhydrid mit einem Fluorwasserstoff-Wasserstoff-Gemisch bei etwa 570' konnte NbF, dargestellt werden. Die dunkelblau gefarbte Verbindung ist gegen chemische Agenzien sehr bestandig und laDt sich im Hochvakuum ab 570" un- zersetzt sublimieren. NbF, kristallisiert im Re0,-Typ (akub. = 3,895 kX); die Verbin- dung zcigt nur schwacheii Paramagnetismus. Von den binaren Halogeniden des dreiwertigen Xobs sind das Chlo- rid und das Bromid bekannt. ihre Eigenschaften sind kurzlich 1) ausfuhr- licher besvhrieben worden. Niedere Jodide, deren genaue Zusammen- setzung nicht bestatigt werden konnte, werden von K~ROSP 2, erwahnt. Versuche3), das Trifluorid zu gewinnen, haben zu keinem Erfolg ge- fuhrt. Fruhere Beobachtungen 4), die fur die Evistenz einer solchen Ver- bindung sprachen, konnlen jndes bestatigt w erden ; doch gelnng es nicht, die in Form von blauen Uberzugen erhaltene Substanz zu isolieren. Mit den Erfahrnngen, die bei der Darstellung des TiF35) und ZrF36) gewonnen waren. wurde von uns die Arbeit uber das Nobtrifluorid erneut aufge- nommen . Darstellung Niobhydrid (NbH,,,), das durch Hydrierung von Streifen von Niob- Blech (von 99,9 % Reinheit) erhalten wurde. wurde in einer bereits fruher5) beschriebenen Apparatur mit Fluorwasserstoff, den wir der Freundlich- keit der Farbenfabriken Bayer, Leverkusen, verdanken, behandelt. Und l) C. €1. BRUBAKER u. R. C. YOUNG, J. Amer. ehem. Soe. 73, 4179 (1951); vgl. dort 2, F.K~)ROSY, J. Amer. chem. Soc. 61, 838 (1939). 3, H. J. EMELEUS u. V. GUTMANN, J. ehem. SOC. [London] 1950, 2115. 4, 0. RUFF u. E. SCHILLER, Z. anorg. Chem. 72, 329 (1911). 5, P. EHRLICH u. G. PIETZKA, Z. anorg. allg. Chem. 275, 121 (1954). 6, Vgl. Vortragereferat: P. EHRLICH, Angew. Chem. 64, 617 (1952). auch weitere Literatur. 2*

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Uber Niobtrifluorid

Von P A ~ J L EHRLICH, FRITZ PLOGER und G E R H s R D PIETZKA

Professor Walter Hieber zunz GO. Geburtstage gewidmet

Inhaltsiibersicht Durch Behandlung von Niobhydrid mit einem Fluorwasserstoff-Wasserstoff-Gemisch

bei etwa 570' konnte NbF, dargestellt werden. Die dunkelblau gefarbte Verbindung ist gegen chemische Agenzien sehr bestandig und l a D t sich im Hochvakuum a b 570" un- zersetzt sublimieren. NbF, kristallisiert im Re0,-Typ (akub. = 3,895 kX); die Verbin- dung zcigt nur schwacheii Paramagnetismus.

Von den binaren Halogeniden des dreiwertigen Xobs sind das Chlo- rid und das Bromid bekannt. ihre Eigenschaften sind kurzlich 1) ausfuhr- licher besvhrieben worden. Niedere Jodide, deren genaue Zusammen- setzung nicht bestatigt werden konnte, werden von K ~ R O S P 2, erwahnt. Versuche3), das Tr i f luor id zu gewinnen, haben zu keinem Erfolg ge- fuhrt. Fruhere Beobachtungen 4), die fur die Evistenz einer solchen Ver- bindung sprachen, konnlen jndes bestatigt w erden ; doch gelnng es nicht, die in Form von blauen Uberzugen erhaltene Substanz zu isolieren. Mit den Erfahrnngen, die bei der Darstellung des TiF35) und ZrF36) gewonnen waren. wurde von uns die Arbeit uber das Nobtrifluorid erneut aufge- nommen .

Darstellung Niobhydrid (NbH,,,), das durch Hydrierung von Streifen von Niob-

Blech (von 99,9 % Reinheit) erhalten wurde. wurde in einer bereits fruher5) beschriebenen Apparatur mit Fluorwasserstoff, den wir der Freundlich- keit der Farbenfabriken Bayer, Leverkusen, verdanken, behandelt. Und

l) C. €1. BRUBAKER u. R. C. YOUNG, J. Amer. ehem. Soe. 73, 4179 (1951); vgl. dort

2, F.K~)ROSY, J . Amer. chem. Soc. 61, 838 (1939). 3, H. J. EMELEUS u. V. GUTMANN, J. ehem. SOC. [London] 1950, 2115. 4, 0. RUFF u. E. SCHILLER, Z. anorg. Chem. 72, 329 (1911). 5 , P. EHRLICH u. G. PIETZKA, Z. anorg. allg. Chem. 275, 121 (1954). 6, Vgl. Vortragereferat: P. EHRLICH, Angew. Chem. 64, 617 (1952).

auch weitere Literatur.

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20 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 282. 1955

zwar wurde das Hydrid zuna,chst im Wasserstoffstrom auf 200" angeheizt und von da ab in einem Fluorw-asserstoff-Wasserstoff-Gemisch (1 : 1) sehr langsam weiter erhitzt, so daB in etwe 2-3 Stunden die Temperatur von 560 bis 580" erreicht wird. Bei dieser Temperatur belieS man etwa 1 g eingewogeiie Substanz 5-6 Stunden und lie13 ab 200" wieder im Wasserstoffstrom erkalten. Die erhaltenen Substanzen waren von tief- blauer Farbe; die Ausbeute betrug 55-60%. Das restliche Niob war als Pentafluorid in die kalteren Teile des Reaktionsrohres sublimiert.

Bei fruheren3) Versuchen, die den jetzigen an sich weitgehend analog waren, wurde Niob-Pulver nur bei 250" im Wassesstoffstrom lrurzaeitig vorbehandelt, wahsend das Metal1 in unserem Fall durch Erhitzen auf 600" und sehr langsames Abkuhlen (looo/ Stunde) zunachst hydriert und dann erst der Fluorierung unterworfen wurde. So ist zu erldaren, daB sich damals bei Behandlung mit Fluorwasserstoff neben absublimieren- dem Pentafluorid das Trifluorid nur als diinne, yon dem iibrigen Metallpulver nicht zu isolierende Schicht gebildet hatte.

Analyse

Zur Bestimmung des Niobs wurde die Probe mit konzentrierter Schwefelsaure mehrmals abgeraucht und zum Pentoxyd vergliiht. Der Aufschlu13 in einer Pyrosulfatschmelze und die Bestimmung als Osyd ergaben gleich gute Werte.

Die Analyse des F l u o rs durch AbdestilIieren als Kieselfluorwasser- stoffsaure aus schwefelsaurer Losung in einer Kreislaufapparatur ') stielj anfangs auf sehr grolje Schwierigkeiten, da regelmafiig nur 60-70 % des zu erwartenden Wertes gefunden wurden. Offenba,r bildet Niob in Lo- sung mit Fluor eirien besonders starken Komplex. Unter verscharften Bedingungen - Abdestillation aus stark phosphorsaurer Losung bei 220 O - wurden einwandfreie Werte erhalten s). Analysenbeispiel :

Nbber. = 62,0Y0

Fber. 3890% Fgei . = 37,8%

Nbger, = 62,1./b .

Cheniisches Verhalten An der Luft ist NbF3 unbeschrankt haltbar. Erst beim Erhitzen

tritt zunachst langsame, uber 300-400 O schnellere Zersetzung ein. Nach dem Gluhen hinterbleibt Nb,O,.

NbF, verhalt sich aufierst resistent gegen den Angriff selbst kon- zentrierter Mineralsauren ; so erfolgt bei Schwefelsaure eine Umsetzung erst, sobald sie fast abgeraucht ist. Konzentrierte FluSsiiure lost augen- scheinlich am besten.

7) G. PIETZKA u. P. EHRLICH, Angew. Chem. 65, 131 (1953). 8) P. EHRLICH u. G. KAul.a, wird demnichst veroffentlicht.

P. EHRLICH, F. PLOGER u. G. PIETZKA, Uber Niobtrifluorid 21

Ebenso widerstandsfahig erweist sich das NbF, gegenuber einer

Zum klaren SchmelzfluB fuhren Aufschlusse mit Pyrosulfat oder Mischung von Kali- oder Natronlauge und Perhydrol.

Xtzalkalien.

Bllgcmeine physikalisehe Eigenschaften

NbF, ist eine dunkelblane. kristalline Substanz. Alp Dichte wurde pyknometrisch der Wert d," = 4,02 (Molvolumen = 37,3 em3) erhalten.

NbF, beginnt im Vakuum (10-3T~rr) bei - 570" zu sublimieren. Diese Temperatur liegt hoher als beim NbCl, (500") und NbBr, (400"). Auch die Tatsache, daB eine Disproportionierung (5 Nb3+ --f 2 Nb'O + 3 Nb5+) nicht beobachtet wurde, laBt erkennen, daB in der Reihe der Niob- trihalogenide die Stabilitat vom Bromid zum Fluorid stetig zunimmt.

Kristallstruktur Zur rontgenographischen Kennzeichnung der Praparate dienten

Pulveraufnahmen, die mit Cu-K,- Strahlung erhalten wurden. Die Be- stimmung der Korrekturen erfolgte durch Eichaufnahmen mit KC1 sowie durch asymmetrische Aufnahmen nach STRAUMANIS. In Tabelle 1 ist die kubische Indizierung eines typischen NbF,-Diagrammes gegeben.

Daraus folgt eine Gitterkonstante von 3,895 kX = 3,903 a. Bei n = 1 Molekel/Zelle errechnet sich daraus ein Dichtewert von = 4,19 (Molvolumen = 35,s em3). Die Abweichung der rontgenographisch be- rechneten von der pyknometrisch gefundenen Dichte ubersteigt etwas das normale MaB.

Der Intensitatsverlauf der erhaltenen Pulverdiagramme ahnelt sehr den mit n = 1 im ReO, Typ (Raumgruppe 0; - Pm3m) kristallisieren- den Verbindungen MoF, und TaF39). Die naheliegende Annahme, daIj auch NbF, in der gleichen Struktur kristallisiert, wird durch Intensitats- berechnungen bewiesen. Die ubereinstimmung des Verlaufes der ge- schatzten Intensitaten (Spalte 2) mit den berechneten (Spalte 5) ist eine gute. Danach ergeben sich folgende Punktlagen: 1 Nb in 0 0 0 ; 3 F in

Die Struktur kann als kubisch dichteste Packung der Fluoratome beschrieben werden, in welcher ein Viertel der Oktaederlucken durch Metallatome, die eine einfaclie kubische Uberstruktur bilden, besetzt ist, und in welcher ein Viertel der Fluoratomlagen, welche den Metallatomen iiicht benachbart, sind. leer bleibt.

'1 , 0 0, 0 11% 0, 0 0 '1,.

9, V. GUTMANN u. K. H. JACK, Acta crystallogr. [London] 4, 244 (1951).

22 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 282. 1955

Tabelle 1 B e o b a c h t e t e u n d b e r e c h n e t e r o n t g e n o g r a p h i s c h e D a t e n f u r N i o b t r i f l u o r i d

___ hltl

001 011 111 002 012 112 022 003

013 113 222 023 123 004

223 033 114) 133 024 124 233 224

005

122)

Intens.,,*.

stst mst

mst stst m ms

mst

ss

S

ss S

ms m ss

mst

S

sss m stst S

mst

mst

sin2 i’fger.

0,0387 0,0778 0,1175 0,1558 0,1949 0,2343 0,312;

0,3513

0.3909 0,4295 0,4686 0,5079 0,5462 0,6243

0,6636

0,7026

0,7416 0,7810 0,8201 0,8591 0,9373

0,9761

sin2 8ber.

0,0391 0,0781 0,1171 0,1562 0,1952 0,2343 0,3124

0,3514

0,3904 0,4295 0,4685 0,5076 0,5466 0,6247

0,6638

0,7028

0,7418 0,7809 0,8199 0,8590 0,9371

0,9761

79 47

5 67

128 49 74

99

39 13 36 66 69 29

78

47

11 164 246

91 363

426

Bei den gegebenen Punktlagen errechnen sich folgende Abstande : Nb - Nb = 3.895 kX; Nh - F = 1,948 kX; F - F = 2.754 kX.

Bei Annahme von Ionen aurde sich bei einem vorgegebeiien Radius fur das Fluor- Ion (rg- = 1,33 kX) fur das Nb3+ ein Wert von 0,62 kX berechnen. Dieser Wert er- scheint etwas sehr klein. Auch bei Annahme von Atomradien (rNb = 1,43 und rF = 0,67 kX) ist die Summe mit 2 , lO kX zu gro8. Dies spricht dafur, da8 in der Ver- bindung teils Ionen- und teils Atombindungscharakter vorliegt, ds dann kleinere Metall- Nichtmetall-Abstande zu erwarten sind.

Die fur das NbF, gefundene Gitterkonstante ist ein nenig gro8er als die fur das MoF, (= 3,8906 kX) und auffallenderweise aiich noch groBer als die fur das TaF, (= 3,8933 kX); die Differenz beim letzteren ist zwar nur noch sehr klein, aber reell.

Magnetische Messuiigen Die Bestimmung der mngnetischen SuszeptiUlitaten erfolgte nach

der Rohrchen-Methode bei Feldstarken bis zu 5400 Oersted. Eine ge-

P. EHRLICH, F. PLOGER u. G , PIETZKA, o b e r Niobtrifluorid 23

ringfugige Feldstarkenabhangigkeit der Prliparate wurde durch Extra- polation auf H = 00 eliminiert. Aus den fur den Diamagnetismus korri- gierten Werten von xMOl = 143 . (293" K) und 250 . (90" K) folgen ein O-Wert von -180" und ein magnetisches Moment von 0,7 BoHnschen Magnetonen. Dieser niedrige Wert entspricht dem allge- meinen Verhalten der ubergangselemente dieser Periode und steht im Einklang mit den Abstandsuberlegungen des vorigen Abschnittes.

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Verband der Chemischen In- dustrie (Fonds der Chemie) danken wir fur die Unterstiitzung bei der Durchfuhrung dieser Arbeit.

Giejen , Chemisches Institut der Justus-Liebig-Hochschule. Hannover, Institut fiir Anorganische Chemie der Technischen Hoch-

schule. Bei der Redaktion eingegangen am 9. September 1955.