Über titantrifluorid

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a ber Titantrif luorid I) Von PAUL EHRLICH und GERIIARD PrETZUA (Mit 6 Abbildungen) Inhalt siibersicht Zur Darstellung des TiF, werden mehrere Wege beschrieben. Das zweckmabigste Verfahren beruht auf der Umsetzung von Titanhydrid mit Fluorwasserstoff bei 700". Durch Hochvakuumsublimation bei -950" gelingt es, das Titantrifluorid von Verunreinigungen vollstandig zu trennen. Man erhalt es in blauen Kristallen, die an Luft bestandig und gegeniiber Sauren und Basen ungewohnlich resistent sind. TiF, besitzt nach magnetischen Messungen (pa = 1,75 bei einem @-Wert von -10") ein reines Ionengitter. Es ist die erste wasserfreie Verbindung des dreiwertigen Titans, die den theoretischen Wert des Ti3+-Ions ergibt. TiF, kristallisiert rhornboedrisch, a = 5,523 d und a = 58,88"; die Elementarzelle enthalt 2 Molekeln. Die Existenz eines Difluorides ist unwabrscheinlich; die Disproportionierung des TiF, (beginnend oberhalb 950") erfolgt direkt in TiF, + Ti. Die experimentellen Be- funde stehen mit der Auswertung der magnetischen Messungen und mit einem Ver- gleich der Eigenschaf ten der anderen Halogenide im Einklang. Als ubergangselernent kann Titan (wie aueh Zirkonium, Hafnium und Thorium) neben der maximalen Wertigkeit 4, die seiner Stellung im Periodensystem entspricht, noch in niederen Wertigkeiten auftreten. So konnten bei den wasserfreien biniiren Chloriden, Bromiden und Jodi- den das Vorhandensein der drei- 2, 3, 4, und zweiwertigen s, 5, 6, Stufe be- wiesen und diese Verbindungen eindeutig charakterisiert werden. Ober die niederen Fluoride dagegen finden sich in der Literatur nur sehr unzulangliehe und teilweise widerspruchsvolle Angaben aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts 7) 8). Wie wir festgestellt haben, handelt 1) Vgl. die Vortragsreferate i. d. Angew. Chem. 63, 485 (1951); 64, 617 (1952). 2, W. C. SCHUMB u. R. F. SUNDSTROM, J. Amer. chem. SOC. 66, 596 (1933). 3, J. D. FAST, Recueil Trav. chim. Pays-Bas 58, 174 (1939). 4, W. KLEMM u. E. KROSE, Z. anorg. Chem. 263, 209 (1947). 6) R. C. YOUNG u. W. C. SCHUMB, J. Amer. chem. SOC. 62,4233 (1930). 6, W. KLEMM u. L. GRIMM, Z. anorg. alig. Chem. 249, 198 (1942). 7) P. HAUTEFEUILLE, C. R. hebd. Skances Acad. Sci. 67, 148 (1863); 69, 188 (1864). 8) R. WEBER, Pogg. Ann. 120, 287 (1862;.

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a ber Titantrif luorid I)

Von PAUL EHRLICH und GERIIARD PrETZUA

(Mit 6 Abbildungen)

Inhalt siibersicht Zur Darstellung des TiF, werden mehrere Wege beschrieben. Das zweckmabigste

Verfahren beruht auf der Umsetzung von Titanhydrid mit Fluorwasserstoff bei 700". Durch Hochvakuumsublimation bei -950" gelingt es, das Titantrifluorid von

Verunreinigungen vollstandig zu trennen. Man erhalt es in blauen Kristallen, die an Luft bestandig und gegeniiber Sauren und Basen ungewohnlich resistent sind.

TiF, besitzt nach magnetischen Messungen (pa = 1,75 bei einem @-Wert von -10") ein reines Ionengitter. Es ist die erste wasserfreie Verbindung des dreiwertigen Titans, die den theoretischen Wert des Ti3+-Ions ergibt.

TiF, kristallisiert rhornboedrisch, a = 5,523 d und a = 58,88"; die Elementarzelle enthalt 2 Molekeln.

Die Existenz eines Difluorides ist unwabrscheinlich; die Disproportionierung des TiF, (beginnend oberhalb 950") erfolgt direkt in TiF, + Ti. Die experimentellen Be- funde stehen mit der Auswertung der magnetischen Messungen und mit einem Ver- gleich der Eigenschaf ten der anderen Halogenide im Einklang.

Als ubergangselernent kann Titan (wie aueh Zirkonium, Hafnium und Thorium) neben der maximalen Wertigkeit 4, die seiner Stellung im Periodensystem entspricht, noch in niederen Wertigkeiten auftreten. So konnten bei den wasserfreien biniiren Chloriden, Bromiden und Jodi- den das Vorhandensein der drei- 2, 3, 4, und zweiwertigen s, 5, 6, Stufe be- wiesen und diese Verbindungen eindeutig charakterisiert werden.

Ober die niederen Fluoride dagegen finden sich in der Literatur nur sehr unzulangliehe und teilweise widerspruchsvolle Angaben aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts 7) 8 ) . Wie wir festgestellt haben, handelt

1) Vgl. die Vortragsreferate i. d. Angew. Chem. 63, 485 (1951); 64, 617 (1952). 2, W. C. SCHUMB u. R. F. SUNDSTROM, J. Amer. chem. SOC. 66, 596 (1933). 3, J. D. FAST, Recueil Trav. chim. Pays-Bas 58, 174 (1939). 4, W. KLEMM u. E. KROSE, Z. anorg. Chem. 263, 209 (1947). 6 ) R. C. YOUNG u. W. C. SCHUMB, J. Amer. chem. SOC. 62,4233 (1930). 6, W. KLEMM u. L. GRIMM, Z. anorg. alig. Chem. 249, 198 (1942). 7) P. HAUTEFEUILLE, C. R. hebd. Skances Acad. Sci. 67, 148 (1863); 69, 188 (1864). 8 ) R. WEBER, Pogg. Ann. 120, 287 (1862;.

122 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 275. 1954

es sich bei diesen Produkten um Fluorotitanate(II1) und nicht urn Titan- trifluorid. Dieses wurde von uns erstmalig auf verschiedenen anderen Wegen erhillten ; Hinweise fur die Existenz eines Difluorides sind nicht gegeben.

Darstellung der PrHparate Zur Darstellung vun Titanfluorid konnen dienen : a) Drucksynthese aus Titan und Titantetrafluorid. b) Darstellung aus Titan oder Titanhydrid und gasformigem Fluor-

c) Umsetzung von Titantrichlorid (und -bromid) n i i t gasformigem

d ) Reduktion von Ammoniumfluorotitanat(1V) mil; Wasserstoff.

wasserstoff.

Fluorwasserstoff.

a) Drucksynthese aus Titan und Titantetrafluorid Die Drucksynthese erfolgt nach der Gleichung: Ti + 3 TiF, =

4 TiF,. Ein hoher TiF,-Dampfdruck weit oberhalb der Sublimations- temperatur begiinstigt die Bildung von TiF,.

Das benotigte, sehr reine metallische Ti t a n stellte uns freundlicher- weise Dr. W. J. KROLL, Corvallis, Oregon, USA, zur Verfugung.

Aus den etwa 2 mm starken Walzblechen wurden Eehr feine Metallhobelspane ge- fertigt. Nach der Entfettung mittels hither wurden sie groltenteils in dieser groberen Form, teils auch als feines Pnlver verwandt; dazu wurden die Spane bei 600" hydriert, das sprode Hydrid fein zermahlen und der Wasserstoff bei 950" im Hochvakuum quantita- tiv wieder abgepumpt.

T i t a n t e t r a f l u o r i d wurde nach der von RuFFO) angegebenen Methode aus Titan- tetrachlorid und flussigem Fluorwasserstoff dargestellt. Die dort empfohlene Apparatur aus Kupfer wurde nur zur Reinigungssublimation verwandt. Die Umsetzung selbst nahmen wir in einer Polyathylen-Flasche vor. Durch Kneten der Flasche wurde erreicht, daB die Umsetzung schneller vonstatten ging, da durch Zerdrucken yon groberen Brocken TiF, darin eingeschlossenes Ticla besser zur Reaktion kommen konnte.

Entsprechend der oben angegebenen Umsetaungsgleichung wurden Ti und TiF, in einem Nickel- oder V2A-Stahl-Einsatztiegel eingewogen, der dann, mit einem runden Nickelscheibchen bedeckt, in ein einseitig geschlossenes Bombenrohr aus Eisen oder . besser aus V2A-Stahl (1,5-2 mm Wandstarke) eingeschoben wurde. Nach Verdrangung der Luft durch Argon und Aufsetzen eines Stopfens wurde das Rohr zuge- schweiflt.

Dabei muB peinlich darauf geachtet werden, daB das Metal1 an der SchweiBnaht nicht in Beriihrung mit HF- oder TiF,-Dampfen kommt. Sollte in .Ausnahmefallen ein VerechweiBen zunachst doch gelingen, so reiBt die Naht mit Sicherhoit bei grol3erer Be- anspruchung auf. Es ist daher erforderlich, die Substanz wahrend des SchweiBens tief

9) O..RUFF u. Mitarb., Ber. dtsch. chern. Ges. 36, 1777 (1903); 87 ,673 (1904).

P. EHRLICH u. G. PIETZKA, uber Titantrifluorid 123

zu kuhlen, indem man das Bombenrohr mindestens bis zur halben Hohe in ein Kohlen- saureschnee-Methanolbad (Eis-Kochsalzmischung genugt nicht!) setzt. Bewahrt hat sich auch, den lose verschlossenen Einsatztiegel mit der Offnung nach unten in die Bombe zu bringen.

Die Art des VerschweiBens, besonders die Lage der SchweiBnaht, ist so entscheidend, daB wir unsere Erfahrungen ausfuhrlicher beschreiben mochten: Die SchweiBnaht muB dicht und riBfrei sein und an den Stellen der Bombe liegen, die nicht dem vollen Druck ausgesetzt bind. Man verwendet Hohlstopfen, die am besten aus einer passenden Stange schwach konisch gedreht werden. Den genau passenden Stopfen verkeilt man nun so, daB er etwa 2-3 mm tiefer als die Rohrwandung sitzt. Der uberstehende Rand liefert genugend Material fur die SchweiBnaht, so daB die VerschweiBung ohne Zuhilfenahme eines SchweiBdrahtes erfolgen kann.

Der zugeschweiBte Tiegel, der in einem etwas weiteren Eisenrohr als Schutzrohr steckt, wird nun in das Porzellaneinsatzrohr eines elektrischen Rohrenofens gebracht. Der Tiegelboden liegt in der Mitte des Ofens, der um etwa 30" gegen die Waagerechte ge- neigt ist und wird von der Spitze eines Thermoelementschutzrohres gehalten. Der Tiegel befindet sich 60 in einem Temperaturgefalle, dab sein oberes Ende kalter bleibt als der Boden. Um Oxydation durch den Luftsauerstoff zu vermeiden, leitet man wahrend des Erhitzens Wasserstoff durch das Einsatzrohr.

Zunachst wird langsam auf 500-550" erhitzt; diese Temperatur wird 3-4 Stunden gehalten. Wahrend dieser Zeit verlauft die Reaktion langsam unter Verbrauch der Hauptmenge des TiF, und damit verbunden miter Abnahme des Druckes.

Halt man diese Wartezeit nicht ein, sondern steigert die Temperatur weiter, so ver- starkt sich die bei 500" gerade sichtbar werdende Aufweitung des Tiegels und fuhrt nach kurzer Zeit zum ReiBen des Rohres. Zu demselben MiBerfolg kommt es auch dann, wenn ohne Temperaturgefalle erhitzt wird.

Die Reaktion wird schlieBlich nach langsamer Steigerung der Temperatur bei 900" (kalteres oberes Ende -700") in 6-8 Stunden zu Ende gefiihrt.

Das in einer Ausbeute von uher 90% gewonnene TIF, befindet sich hauptsachlieh im Einsatztiegel. Es ist yon graublauer Farbe und sichtbar mit etwas metallischem Titan verunreinigt. Am oberen Stopfen des Bombenrohres sitzen msist einige groBe Kristalle von leuchtend blauer Farbe. Die Menge und auch die GroBe dieser Kristalle konnen ver- gr6Bert werden, wenn die Dauer der Erhitzung bei 900" stark verlangert wird und ein Temperaturgefalle zwischen unterem und oberem Ende der Bombe yon mindestens 250" besteht.

Die Analyse des so dargestellten ,,rohen" TiF, ergab als Durchschnitt aus vier Praparaten 46,5-47,5% Ti, 51-52% F, 0,l-0,3% Ni, 0,1-0,3% Fe; ber. 45,66 Ti; 54,347, F.

Versuche z u r Dars te l lung von T i t a n d i f l u o r i d . Fein gepulvertes TiF, und Ti wurden im Molverhaltnis 2: l gemischt und in der Eisenbombe 20 Stunden bei goo", 1000" und 1100" erhitzt. Es konnte kein TiF, nachgewiesen werden; das Gemisch war auderlich unverandert geblieben. Das Metal1 blieb duktil; eine Gittererweiterung war nicht feststellbar. Titanmetall vermag also Fluor nicht zu losen. Auch beim TiF, ergsb sich keinerlei Hinweis fur die Existenz irgendeiner Phasenbreite.

b) Darstellung aus Titan oder Titanhydrid und gadormigem Fluorwasserstoff Wird Fluorwasserstoff uber Titan bei Rotglut geleitet, so erhalt

man, wie RUFF#) bereits festgestellt hat, Tetrafluorid, das in die

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kalteren Teile des Reaktionsrohres sublimiert. Wie wir beobachtet haben, gibt Titanhydrid unter diesen Bedingungen ebenfalls TiF4.

TiF, als Reaktionsprodukt wird auf Grund seiner Fliichtigkeit schnell aus der Reaktionszone entfernt ; dadurch wird das Gleichgewicht Ti + 4 HFSTiF, '+ 2 H, soweit nach rechts verschoben, dalJ es zur quantitativen Umsetzung kommt. Es konnten aber auch intermediar niedere, schwer fliichtige Titanfluoride, z. B. TiF, nach Gleichung 2 Ti + 6 HF = 2 TiF, + 3 H,, gebildet werden, die dann entweder mit wei- terem H F zu TiF, ( 2 TiF, + 2 H F = 2 TiF, + H,) reagieren oder durch Disproportionierung in TiF, + Ti nach 4 TiF, -+ Ti + 3 TiF, zerfallen ; das so gebildete Titan ware dann weiterer Fluorierung zuganglich.

Auf Grund dieser uberlegungen ist demnach entscheidend, da13 bei kurzer Versuchsdauer (so fern das sich in termediar bildende niedere Fluorid mit geringerer Reaktionsgeschwindigkeit mit weiterem H F reagiert) und bei moglichst tiefer Temperatur (damit das niedere Fluorid nicht disproportioniert) zu arbeiten ist. Es mulj also das Ti als feinteiliges Pulver verwendet werden ; auf die Abwesenheit von Sauerstoff und Feuchtigkeit ist besonders peinlich au achten.

Durch die Freundlichkeit der Farbenfabriken Bayer, Leverkusen, stand uns Bomben- Fluorwasserstoff zur Verfugung. Metallisches Titan wurde als Pulver verwandt; als sehr gunstig erwies sich auch, gleich das Titanhydrid zu benutzen. I)er dazu benotigte Wasserstoff wurde in einer von BODENSTEIN vorgeschlagenen Elelrtrolysen-Zelle ent- wickelt und wie ub1ich"J) gereinigt.

Zur H y d r i e r u n g wurden Titanspane in einen Kupfertiegel am Bodeu des Reaktions- rohres gebracht. Durch mehrmaliges Evakuieren auf Torr. und nachfolgendes Fiillen rnit reinstem Wasserstoff wurde mit Sicherheit Sauerstoff und Stickstoff aus der Apparatur verdrangt. Bei 500" begann die Aufnahme von Wasserstoff durch das Titan ; bei 600" verlief die Absorption mit groBer Schnelligkeit. Ober 700" durfte nicht erhitzt werden, da dann wieder Desorption erfolgte.

Die F l u o r i e r u n g s a p p a r a t u r besteht, wie Abb. 1 zeigt, aus einem einseitig ge- schlossenen Nickelrohr D (350 mm lang, 20 mm lichte Weite und :l mm Wandstarke),

C

A

Abb. 1. F l u o r i e r u n g s a p p a r a t u r

lo) A. KLEMENC, Die Behandlung und Reindarstellung von Gasen, Akad. Verlagsges ; Leipzig 1938, S . 99.

P. EHRLICH u. G. PIETZKA, Ober Titantrifluorid 125

das etwa 15mm von seinem offenen Ende entfernt einen aufgeloteten Mantel E zur Wasser- kiihlung der rnit Pizein gedichteten Stelle F tragt. Die Kupferkappe G kann zum Ver- schlieBen des Reaktionsrohres bis fast zum Kiihlmantel E iibergeschoben werden. In die Kappe sind zwei Kupferrohre hart eingelotet; Rohr H, das etwa 200 mm in das Nickel- rohr reicht, dient einerseits als Einleitungsrohr fur den gereinigten Wasserstoff, anderer- seits ist es zur Fiihrung des Silberrohres K bestimmt, durch das Fluorwassertoff einge- leitet wird. Durch das zweite Kupferrohr I werden Wasserstoff und Fluorwasserstoff iiber das GefaIlsystem L abgeleitet, das sich aus 3 aus Polyathylen selbst gefertigten Ge- fa5en zusammensetzt. Das erste ist als Sicherheitswaschflasche geschaltet, das zweite dient als Blasenzahler (mit Paraffin01 als Fliissigkeit), im dritten schlieBlich wird Fluor- wasserstoff ausgefroren. Ein kleiner elektrischer Rohrenofen C kann so uber das Reaktions- rohr geschoben werden, daB das Nickelschiffchen B in seine Mitte zu liegen kommt. Tem- peraturmessung erfolgt iiber ein durch die Riickwand des Ofens eingefiihrtes Thermo- element A .

Vorversuche: Nach sorgfaltigem Ausspiilen der gesamten Apparatur mit Wasser- stoff wurden in einer Vorversuchsreihe bei Temperaturen von 650-850" Wasserstoff- Fluorwasserstoff-Gemische verschiedener Zusammensetmng uber Titan- oder Titan- hydridpulver geleitet. Abgebrochen wurden die Versuche jeweils nach 2-6 Stunden durch moglichst rasches Abkiihlen.

Nach einer Reaktionsdauer von etwa 2 Stunden war bei Temperaturen unter 800" etwas TiF, in die kalteren Zonen der Apparatur sublimiert; im Schiffchen befand sich eine graublaue bis schmutzigbraun-violette Substanz, die an Volumen gegeniiber dem eingewogenen Titan stark vergroDert war. Das urspriingliche Gewicht des Titans hatte sich annahernd verdoppelt, obwohl sich etwas Tetrafluorid gebildet hatte. Die Analyse ergab ein Atomverhaltnis Ti:F = 1:2,8; die Rontgenaufnahme zeigte das gleiche Bild wie bei den blauen Kristallen der Drucksynthese-Versuche. Die Substanz mu5te also als ein mit etwas Ti verunreinigtes TiF, angesehen werden.

Im Verlaufe der Versuche ergaben sich folgende optimale Bedin- gungen zur Darstellung von TiF,:

1. Temperatur = 700". Bei Temperaturerniedrigung nimmt die Reaktionsdauer stark zu ; Temperaturerhohung senkt die Ausbeute, indem sich verstairkt TiF, bildet.

2. Reaktionsdauer = 4-5 Stunden bei der oben angegebenen Tem- peratur. Langere Dauer fuhrt zu geringfugigen Verlusten durch TiF,- Bildung, kiirzere Reaktionszeiten ermoglichen noch keinen vollstandigen Umsatz.

3. Wurde als Ausgangssubstanz Titanhydrid verwandt, so erfolgt die Reaktion schneller.

4. H,/HF-Verhaltnis = 1: 4. Die beschriebene Apparatur kann maximal mit 4 g Titanhydrid beschickt werden.

Xachdem die mit Pizein gekittete Verbindung F auf Dichtigkeit gepriift worden ist, wird mit Wasserstoff sorgfaltig ausgespiilt und der Ofen anpeheizt. Bei 200-300" beginnt man niit dem Einleiten von Fluorwasserstoff, wobei man die beiden Gasstrome im oben angegebenen Verhaltnis abstimmt (4 Blasen HF/min, 1 Blase H,/min). Um eine Konden- sation des HF zu vernieiden, wird der Kiihlwasserstrom so gedrosselt, daB die Tem- peratur nicht unter 20" im Kiihlmantel absinkt. Nach einer Reaktionsdauer von 5 Stunden

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bei 700" ist die Umsetzung sicher beendet. Man unterbricht die HF-Zugabe, mu6 aber dafiir den H,-Strom wahrend der Abkiihlungsperiode verstarken.

Das rnit einer Ausbeute von iiber 90% anfallende TiF, erscheint als ein graublaues bis dunkelbraunviolettes Pulver. Als Verunreinigung kann es iioch bis zu 5 % Titanhydrid enthalten.

Die Analyse ergab 46,l-46,3% Ti, 52,7-52,9% F sowie Spuren an Xi. Wird bei nicht ganze einwandfreien Bedingungen gearbeitet, so konnen auch braune Produkte'l) entstehen, die sich von nicht umge- setatem Hydrid bzw. schon gebildetem Trifluorid nicht isolieren lassen, so daf3 die Analysen keinen Anhalt geben.

c) Umsetzung von Titantrichlorid (und -bromid) rnit gadormigem Fluor-

Der allgemein in der Literatur 12) beschriebene Weg zur Darstellung von Fluoriden lafit sich, wie wir feststellten, auch hier verwenden. Als ungiinstig erwiesen sich lediglich die relativ hohen Dampfdrucke von TiCl, und TiBr,. TiJ, haben wir wegen seiner leichten Disproportionie- rung nicht zu Untersuchungen herangezogen.

Die D a r s t e l l u n g von TiCI, u n d TiBr, erfolgte durch Synthese ,,nach FARADAY" im Bombenrohr aus T i c 4 + Ti bzw. Br, + Ti. In der Literatur,) wird darauf hinge- wiesen, daB auf diesem Wege TiBr, nur unvollstandig zu erhalten w,ire; es gelingt aber auch diese Substanz so in reinster Form in sehr guter Ausbeute zu gewinnen, wenn man das Temperaturgefalle so wahlt, daI3 das Trihalogenid in die Mitte des Rohres sublimiert.

D a r s t e l l u n g von TiCI,: In ein Bombenrohr aus Supremaxglas (200 mm lang, 18 mm lichte Weite, 1,5 mm Wandstarke) wurden 0,5 g Titanspane eingewogen und nach dem Ausziehen des Rohres durch ein diinnes Glasrohr die berechnete Menge TiCI, (3% im OberschuB) hinzugegeben. Unter Kiihlung mit einer Eis-Kochsalz-Mischung wurde mit der Olpumpe evakuiert und abgeschmolzen. Das Rohr wurde so in einen schrag ge- stellten elektrischen Rohrenofen gebracht, daB der Rohrboden mit dem Titan in die obere heiBe Ofenmitte und die Abschmelzstelle, an der sich das fliissige TiCI, ansammelte, in der unteren, kalteren Ofenzone zu liegen kamen. Das auf eine Temperatur von 600' erhitzte Ti reagierte Iangsam mit dem TiCI,-Dampf (150"). Nach 10-15 Stunden waren das TiCI, bis auf einen geringen Rest verbraucht und TiCI, in groBen Kristallen in die Rohr- mitte sublimiert. Zur Vervollstandigung der Reaktion wurde das Rohr nun etwas weiter in den Ofen hineingeschoben und das Rohrende damit auf etwa 200" gebracht. Nach 3 Stunden wurde abkiihlen gelassen; die TiC1,-Kristalle erschienen etwas TiC1,-feucht. Das Rohr wurde nun an der Spitze geoffnet und in einer Trockenpistole iiber P,O, unter leichtem Erwarmen (100') mit der Olpumpe evakuiert. Oberschiissiges TiCI, sammelte sich in einer mit Kohlensaureschnee gekiihlten Falle an. Das in die Mitte des Rohres in gro5en rotvioletten Kristallen sublimierte analysenreine TiCI, konnte leicht yon nicht umgesetztem Metall bzw. dessen Verunreinigungen abgetrennt werden. Die Ausbeute betrug iiber 9O"/b, bezogen auf das Metall.

wasserstoff

11) P. EHRLICH in W. KLEMM, Anorgan. Chemie TeilII, FIAT-Review 24, 15 (1948). l2) Vgl. J. H. SIMONS, Fluorine Chemistry, Bd. I, Academic Press, NewYork (1950).

P. EHRLICH u. G . PIETZKA, nber Titantrifluorid 127

D a r s t e l l u n g von TiBr,: TiBr, wurde in analoger Weise dargestellt. Bei der Bromzugabe muI3te das Titan in Eis gekuhlt werden. Die Temperaturen betrugen 600" bzw. 160".

Umsetzung von TiC1, rnit HF: Zur Umsetzung wurde die gleiche Apparatur verwandt, die zur Darstellung von TiF, aus Titanhydrid und Fluorwasserstoff gedient hatte. Die Temperaturregelung wahrend der Reaktion ist wegen des hohen TiC1,-Dampfdruckes von groller Bedeu- tung. Bei niederen Temperaturen (< 200") verlief die Umsetzung zu langsam, bei hoheren ( > 425") sublimierte TiCl,, bevor eine Reaktion stattfand. Die besten Ausbeuten, maximal bis zu 30%, erhielt man, wenn die Temperatur innerhalb von 4 Stunden auf 450" gesteigert und danach schnell auf 700" erhitzt wurde. Nach Erreichen dieser Tempera- tur muate man sofort rasch abkuhlen.

Das Reaktionsprodukt war ein dunkelbraunviolettes bis braun- schwarzes Pulver, das analytisch und rontgenographisch als TiF, iden- tifiziert werden konnte.

U m s e t z u n g v o n TiBr, m i t HF: Hicr gilt dasselbe, was iiber die Unisetzung von TiCl, gesagt wurde, nur sind die Ausbeuten noch schlechter. TiF, erhalt man in 5-1Oproz. Ausbeute, wenn die Temperatursteigerung in folgenden Iotervallen vorgenommen wird : Jeweils in einer Stunde 20-100", 100-200°, 200-400", 400-700'.

d) Reduktion yon Ammoniumfluorotitanat(1V) mit Wasserstolr

Nach HAUTEFEUILLE~) sol1 man aus K,TiF, durch Reduktion rnit H, bei hohen Temperaturen TiF, darstellen konnen. Wie wir an anderer Stelle beschreiben werden, bildet sich dabei nicht ein Gemisch von TiF, + KF, vielmehr erhalt man je nach den Reaktionsbedingungen und der weiteren Behandlung des Reduktionsproduktes die Kalium- fluorotitanate(II1) KTiF, oder K3TiF,. Die Feststellung von WEBER~) , dall sich K F nicht vollstandig herauslosen lallt, findet damit ihre Er- klarung.

Zum Ziel gelangt man, wenn man vom Ammoniumsalz (NH,),TiF, ausgeht. Da TiF, selbst einen niedrigen Dampfdruck hat und im Ruck- stand verbleibt, ist nur darauf zu achten, dall (NH,),TiF, nicht absub- limiert. Die Umsetzungsgleichung lautet :

Die verwendete Apparatur besteht aus einem 550 mm langen und 18 mm weiten Nickel-Reaktionsrohr, das zum Schutze der beiden Gummistopfen an den beiden Enden 2 aufgelotete Kiihlmantel besitzt. Gereinigter Wasserstoff wird iiber die in einem Ni- Schiffcl-en befindliche Substanz geleitet und verlaBt, beladen rnit HF, das Reaktionsrohr iiber ein Cu-Ableitungsrohr. an das eine Gaswaschflasche rnit konz. H,SO, angeschlossen ist. Die Heizung erfolgt durch einen elektrischen Rohrenofen.

128 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 275. 1954

Zur Untersuchung der Frage, welches die gunstigste Reduktions- temperatur ist, wurden Reihenversuche angestellt. Als niedrigste Ver- suchstemperatur wurde 300" gewahlt, unterhalb der noch keine Reduk- tion stattfand, wie Vorversuche gezeigt hatten. Dann allerdings sub- limierte schon (NH,),TiF6 an kaltere Stellen des Rohres.

Arbei t sbedingungen: Es wurde jedesmal in 10 Minuten auf die Temperatur von to erhitzt, 3l/, Stunden bei dieser Temperatur belassen, dann innerhalb 10 Minuten auf 900" gesteigert (zur Entfernung von Verunreinigungen) und rasch abgekiihlt. Die Untersuchungsergebnisse sind in Tabelle 1 gegeben :

Tabelle 1 A u s b e u t e bei d e r

D a r s t e l l u n g vonTiF, a u s (NH,),TiF, + H,

350 450 550 650 750

600 (2 Std.)

Aus beute

15 17

10 ' I e) Versuche zur Darstellung

Danach la& sich ein wesentlicher Ein- fluB der Reaktionstemperatur nicht fest- stellen. Zwischen 300 und 350" beginnt die Reduktion merklich; die Ausbeuten steigen geringfugig bei Temperaturanstieg auf 650" an und sinken oberhalb dieser Tem- peratur leicht ab. In allen Fallen sub- limiert die Ausgangssubstsnz in der Haupt- menge ab, bevor sie nennenswert reduziert worden ist.

Das gewonnene TiF, war von braun- violetter Farbe. Die Analysenwerte stirrimten rnit den theoretischen uberein ; Rontgenaufnahmen zeigten das TiF,-Bild.

in wlflrig-fluflsaurer LBsung oder in ilussigem FluorwasserstoPf

1. R e d u k t i o n von TiF, m i t T i t a n i n walJriger Losung: Loste man TiF, in einer Polyathylenflasche in verd. FlulJsaure zu einer 10proz. Losung und versetzte mit Ti- Spanen, so gingen diese langsam in Losung. Die urspriinglich klare, farblose Losung nahm hierbei violette Farbe an und triibte sich nach einiger Zeit durch Ausscheiden kleiner braunvioletter Flocken. Zum Schutze gegen Lauftsauerstoff wurde CO, eingeleitet; zur Reaktionsbeschleunigung erhitzte man auf dem Wasserbad. Nach Abkiihlung in Eis wurde von der gebildeten braunvioletten Masse abfiltriert, mit wenig eiskaltem Wasser und schliealich mit Methanol nachgewaschen. Das methanolfeuchte Reduktions- produkt war in Wasser mit violetter Farbe loslich, in Methanol jedoch vollig unloslich. Es zersetzte sich an Luft zu einer hellgelben Masse; Analysen wurden nicht gemacht.

2. Auflosen v o n T i t a n i n FlulJsaure: Mit dem gleichen Ergebnis verlief auch der Versuch, Ti in konz. HF zu losen (CO, a19 Schutzgas). Auch hier wurde in konz. Losung eine braunviolette, stark zersetzliche Masse gewonnen.

Mit TiF, hatte dieses Produkt, wie auch das unter 1. gewonnene, nichts gemeinsam. Wegen ihrer Unbestandigkeit wurden die Versuche nicht weiter verfolgt.

3. U m s e t z u n g von T i t a n t r i c h l o r i d i n f lussigem Fluorwsssers tof f : Analog der Darstellung von TiF, aus TiCl, + H F wurde versucht, Tic& mit H F unter CO, als Schutzgas umzusetzen. Das nur in geringer Menge anfallende Reaktionsprodukt

P. EHRLICH u. G. PIETZKA, Ober Titantrifluorid 129

war ebenfalls unbestandig und mit TiF, nicht identisch. AuBerdem enthielt es noch grBBere Mengen Chlorid, was auf Unvollstiindigkeit der Umsetzung oder Bildung gemiachter 0-F-Verbindungen schlieaen lafit.

f ) Reindarstellung durch Hoehvakuumsublimation Fur die geplan ten magnetischen Messungen muljten die Praparate

sehr rein sein ; bei der Darstellung aus Nickel- oder Eisenapparaturen war dieser Reinheitsgrad nicht zu erzielen. Auf Grund von Beobachtun- gen bei der Drucksynthese schien die Sublimation das geeignete Verfah- ren zu sein, diese Verunreinigungen abzutrennen. Vorversuche ergaben,

\zumffochvuhuum

Abb. 2. A p p a r a t u r zur S u b l i m a t i o n des TiF,

da13 TiF, im Hochvakuum schon bei 1000" sublimierbar ist, dafi dabei aber der TiF,-Dampf nicht mit Oxyden (Quarz, Korund, Porzellan) in Beruhrung kommen darf.

S u b l i m a t i o n s a p p a r a t u r : In Abb. 2 ist die benutzte Apparatur wiedergegeben. I n dem einseitig geschlossenen Quarzgutrohr D (38 mm Durchmesser, 450 mm lang) bef.indet sich ein langer Nickeltiegel B fur die zu sublimierende Substanz. Die Schliff- kappe F (NS 45) besitzt eine seitlich angeschmolzene Verbindung G zum Hochvakuum

Tow.) und - genau zentral ausgerichtet - ein langeres Glasrohr H zur Fuhrung des mit Pizein bei I eingekitteten Kuhlfingers C . Dieser besteht aus einem Kupferrohr, das a n seinem unteren Ende mit einem eingekeilten und dann verschweiBten Kupferstab (-5-4 cm lang) abgeschlossen wird.- Dadurch, daB das Kuhlwasser nicht bis an die

2. snorg. am. Chemie. Bd. 275. 9

130 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 275. 1954

Spitze gelangen kann, wird ein giinstigeres Aufwachsen der sublirnierenden Kristalle erzielt. Der Schliff wird mit einer Bleischlange E gekiihlt. Zur Erxielung der erforder- lichen Temperatur von iiber 1000" dient ein schwenkbarer Platinbandofen A, der iiber das Ende des Reaktionsrohres geschoben werden kann.

Die relativ hohe Sublimationstemperatur hat den Nachteil, daI3 die Disproportio- nierung nach 4 TiF, -+ 3 TiF, + Ti sich schon bemerkbar macht. Das so, wenn auch nur in Spuren, gebildete TiF, reagiert wegen seines hohen Darnpfdruckes z. T. mit der heiSen Quarzwandung unter Bildung von SiF,. Den Nickeltiegel deshalb langer zu machen, hat sich nicht als zweckmaI3ig erwiesen, da sich dann die groI3e Wiirmeableitung sehr storend geltend rnacht und der Ofen zu hoch belastet werden mul3. Hinzu kornmen Schwierigkeiten bci der Temperaturmessung, weil dann die Differenz gegeniiber dem Inneren des Sublirnationsrohres schwer abzuschatzen ist. Als am besten erwiesen sirh am Ende mittellange Tiegel.

1st das Roh-Trifluorid iiber das Hydrid dargestellt, so werden anfangs l aufmd noch geringe Mengen Wasserstoff abgegeben.

Die Sublimation von TiF, an den Kuhlfinger beginnt bei eiriem Vakuum von 10-2Torr bei -9930°C. Bei 1000" sind etwa 80% des eingesetzten Roh-TiF, (5 g) nach 4 Stunden sublimiert und bedecken in einer Lange von 5 cm (gegen das Ende hin verdickt) in Leuchtend blauen Kristallen den Kuhlfinger. 25 cm daruber befindet sich eine ringformige Zone von kondensiertem TiF,. Im Tiegel verbleibt ein Ruckstand (- 15%) in Form eines leichten grauschwarzen Pulvers.

An a 1 y se n be i s pi el einer Sublimation :

TiF, (subl.) TiF, ber. Ruckstand % Ti 45,s 45,7 85,O % F 54,l 54,3 2,6 % Ni -

% O - - 12,l - 0,3

Die Analysenwerte des sublimierten Produktes stimmen inner- halb der Fehlergrenze mit den berechneten uberein. Das TiF, ist so rein, da13 selbst bei den magnetischen Messungen nicht die geringste Spur an ferromagnetischen Verunreinigungen feststellbax ist. Eine dop- pelte Sublimation ist daher unnotig.

Bei Verwendung von Rohtitan werden die oben aiigegebenen Aus- beuten geringer und der Ruckstand sauerstoffreicher.

g) Zusammenkssung Die in den Abschnitten a-d beschriebenen Darstellungsmethoden

fuhren alle zum TiF,. Bei keinem dieser Verfahren kann man zu ganz reinen Produkten gelangen, da die Darstellung in den erforderlichen Metallapparaturen (im vorliegenden Falle Nickel) bei den hohen Tem- peraturen immer zu einer Verunreinigung durch das betreffende Meta 11

P. EARLICH u. G. PIETZKA, Uber Titantrifluorid 131

fuhren mufl. Die Sublimation ermoglicht dessen vollstandige Abtrennung, sowie von weiteren Verunreinigungen, die durch nicht vollig reine Aus- gangsprodukte (Ti, Ti-Hydrid, TiF,, (NH,),TiF,, TiCl,, TiBr,, sowie die Gase H, und HF) eingeschleppt werden. Eine extreme Reinigung dieser Ausgangsprodukte ist mit vie1 mehr Aufwand verbunden, als eine Sub- limation erfordert.

So miiBte man z. B. groBere Teile der Apparatur mit Platin auskleiden, oder TiCI, und TiBr, sowie TiF, unter besonderen VorsichtsmaBregeln urnfullen.

Zu Beginn unserer Untersuchungen gingen wir von moglichst reinen Ausgangs- produkten aus, darnit die Ubersicht iiber eine noch unbekannte h a k t i o n nicht durch Fremdstoffe gestort wird. Spiiter wurden - bei einwandfreieni Arlpiten - teure, sehr reine Ausgangsprodukte durch billigere, weniger reine (z. B. 96proz. Ti) 'ersetzt. Das so erhaltene Roh-TiF, wurde dann sublimiert.

In dem nun folgenden kritischen Vergleich der einzelnen Verfahren ist daher als MaBstab die mehr oder weniger groBe Reinheit des dargestellten Roh-TiF, nicht beriick- eichtigt; lediglich Ausbeute, apparativer Aufwand und Zeitbedarf sind fur die Bewertung maBgebend .

Fur die Darstellung von TiF, werden weder TiC1, noch TiBr, in Frage kommen. Abgesehen von der uberaus schlechten Ausbeute (< 30% bzw. < lo%), ist auch der Arbeitsaufwand zu grol3, denn TiCl, urid TiBr, sind keine Handelspraparate.

Ebenso unzweckmaflig ist die Darstellung aus (NH,),TiF,. Obwohl man diese leicht zugangliche Verbindung in einer einfachen Apparatur reduzieren kann, ist die Reaktion wegen der schlechten Ausbeute ( < 17%) unbrauchbar.

Die Drucksynthese hat sicher einige Bedeutung, vor allem fur die Gewinnung von grofleren Kristallen. Ausbeuten uber 90 % sowie ge- ringer apparativer Aufwand sind weitere Vorzuge. Der Zeitbedarf ist jedoch grofl (z. B. Anfertigung der Tiegel; langere Reaktionsdauer USW.).

Dam kommen noch folgende Nachteile : TiF, ist keine Handelsware. Das SchweiBen der Eisenboniben erfordert einige Erfahrung ; auhrdem ist es nicht immer sicher, daB die SchweiBnaht dem hohen Druck stand- halt, was den Ofen gefahrden kann.

In der Reaktion von Ti-Hydrid mit H F (+ H,) sehen wir die besten und einfachsten Bedingungen zur Darstelhng groBerer Mengen TiF,. Die Ausgangsprodukte sind samtlich. (neuerdings auch das Metallhydrid) kauflich und die Metalla,pparatur ist verhaltnismafiig einfach. In der kurzen Zeit von 4 Stunden ist die Reaktion mit uber 90proz. Ausbeute beendet

Analyse Fluor: Zur Analyse wurde die wohl bei schwierigen Bestinimungeii allgeinein ange-

rldte Methode der Destillation des Fluors als H,SiF, benutzt. Es wurde aus schwefel-

9.

132 Zeihchrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 275. 1954

saurer LBsung destiniert. Dabei ist, wie an anderer StellelS) ausfiihrl.ich berichtet wurde, das Verfahren verbessert worden, indem der erforderliche Wasserdampf im Kreishuf gefiihrt wird.

In der Vorlage wurde das Fluor nach Ansauren mit 1 n HNOs und nach Zugabe von 0,8 n KBr-LGsung bei 70" mit 1,6 n Pb(NO,),-Losung ale Bleibromidfluorid PbBrF14) gefallt. Nach dem Abfiltrieren wurde das Brom argentometrisch bestimmt.

T i t a n : Nach AufschluB der Substanzen mit Kaliumpyrosulfat wurde das Titan aus schwefelsaurer Losung mit Cupferron gefallt, der abfiltrierte Niederschlag vergliiht und als TiO, gewogen. Die schnell und einfach durchzufiihrende Bestirnmung ist sehr genau (A 0,3%) und hat iiberdies den Vorteil, daB Fluor-Ionen nicht storen.

Chemische und physikalische Eigenschaften TiF, ist eine blaue, kristalline Substanz. Als Dichte wurde pgkno-

metrisch di5 = 2,98 erhalten (Molvolumen = 35,2 cm:'); aus Rontgen- daten folgt d = 3,001; Molvolumen = 34,96 cm3.

TiF, beginnt im Vakuum (< 0,l Torr) bei N 930" zu subIimieren. Bei den Drucksyntheseversuchen, die in wenigen Fallen bei Tempera - turen von 1100" durchgefuhrt wurden, waren noch keirie Anzeichen fur ein Schmelxen vorhanden.

An der Luft ist TiF, unbeschrankt haltbar. Erst beim Erhitxen uber 100" tritt sehr langsame, iiber 300" schnellere Zersetzung ein; nach dem Gluhen hinterbleibt TiO,.

Im Vakuum oder in €3,-Atmosphare reagiert TiF', oberhalb 500" langsam mit Metalloxyden wie Also,, SiO,, Porzellan usw.

In Wasser sowie in Alkohol ist es unloslich. Gegen verdunnte Sauren und Basen ist es selbst bei Siedehitze bestandig. Zersetzung tritt erst beim Erhitzen rnit konz. Sauren und Basen ein; gefordert wird diese durch Zusatz von Oxydationsmitteln. In der Kalte greift konz. H,SO, selbst nach Monaten nicht an.

Thermische Dispropor t ion ierung. Bei der Sublimation im Vakuum wurde bei Temperaturen a b 950" eine geringe Zersetzung beob- achtet, bei der TiF, entstand. Hinweise, da13 TiF, das andere Dispro- portionierungsprodukt war, waren nicht gegeben. Dies kam insofern nicht unerwartet, da sich das TiF, gegenuber den anderen Titanhalogeniden durch eine hohe Bestandigkeit auszeichnet. Ebenso sprechen die ma- gnetischen Messungen dafur, da13 das Ionengitter des TiF, nicht in die zweiwertige Stufe zerfaIlt. Auf Grund des allgemeinen Verhaltens kann man rnit grol3er Wahrscheinlichkeit folgende Disproportionierung an- nehmen: 4 TiF, + Ti + 3 TiF, (1). Der strenge Nachweis, da13 die bei den anderen Halogeniden vorliegende Reaktionsfolge : 4 TiF3 -+ 2 TiF, +

13) G . PXETZKA u. P. EHRLICH, Angew. Chem. 65,131 (1953). 14) P. EHRLICH u. G. PIETZKA, Z. analyt. Ch. 133, 84 (1951).

P. EHRLICH u. G. PIETZKA, uber Titantrifluorid 133

2 TiF, (2) und 2 TiF, -+ Ti + TiF, (3) ausgeschlossen ist, ist nicht ganz leicht zu fuhren. Einmal ist, wie man aus der Formel ersehen kann, die Menge des Titans relativ klein (11 Gew.- %); auhrdem reagiert Titan mit dem GefaBmaterial.

In Ermangelung von Besserem wurde versucht, in einer Nickel- apparatur zu arbeiten. Der Konstruktion lag der Gedanke zugrunde, dampfformiges TiF, durch eine lange, sehr heilje Zone zu fuhren, in der TiF, moglichst vollstandig disproportioniert. Dabei sollten sich Titan in diesem Gebiet niederschlagen und TiF, in kaltere Teile der Apparatur durch einen inerten Gasstrom weiterg, fuhrt werden.

C d

Abb. 3. A p p a r a t u r zur t h e r m i s c h e n Zerse tzung d e s TiF,

A p p a r a t u r : Die Apparatur besteht, wie Abb.3 zeigt, aus einem Mantelrohr D (15 mm Durchmesser, 530 mm lang) mit Seitenansatz G (10 mm Durchmesser, 190 mm lang), in das ein Kernrohr F eingeschoben ist. Dieses erhalt seine zentrische Fiihrung durch die Kappe C und durch einen bei e angesehweilten Halterungsstift. Nieht ganz in der Mitte ist durch Aufsagen ein Schiffchen E ausgespart, dessen verschweiSte Seiten- wande die rechte und linke Halfte des Innenrohres F abteilen; in dem linken Teil soll das Triigergas (H,) durch Gegenstromfuhrung uber hoeh erhitzte ( ~ 1 0 0 0 ~ ) ~ bei b befind- liche Titanspane extrem gereinigt werden, Kahrend der rechte Teil nur zur Volumen- verringerung des Mantelrohres D dient.

Trockener Elektrolytwasserstoff stromt durch das Fiihrungsrohr B, in dem gleich- zeitig in einem Quarzrohr A ein Thermoelement untergebracht ist, iiber die Titanspane passiert gegenlaufig das Kernrohr F und gelangt durch vier kleine Liicher bei a in den engen Raum zwischen innerem und auSerem Rohr. Das Triigergas erreicht nun das in der vorderen Halfte des Rohres ausgesparte Schiffchen E mit der Substanz und belkdt sich mit verdampfendem TiF,. Dieses soll sich in der nun folgenden heifleaten Zone bei c disproportionieren; in dem kiilteren Ansatz G kann sich schlieBlich TiF, kondensieren.

Das Ergebnis eines Zersetzungsversuches bei 1050" war z. B. fol- gendes: Bei einer Einwaage von 1 g TiF, sublimierte - 60% unzersetzt an das Rohrende bei d, 350 mg wurden als TiF, im Ansatzrohr G ge- funden und nur 4 mg eines schwarzen, sehr bckeren Pulwrs warm im Schiffchen E verblieben ; auf Grund der Rontgenaufnahme erwies sich

134 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 275. 1954

p - 2 72- xm/

T lo: 8

6-

die Substanz als Titanmetall mit wahrscheinlich durch 4 % Sauerstoff geweitetem Gitter (TiOo,l). In einer Lange von 2-3 em war, vom Schiff- chen beginnend, in die heiaeste Zone abnehmend, ein geringer dunkler,

0 + Praparat a von Sauerstoff ; Legierungs- o Prapurat b bildung) ganz nach rechts ver-

schoben und deshalb kein TiF, nachzuweisen gewesen ware.

Es ist geplant, mit anderen Werkstoffen den einwandfreien Nachweis zu fiihren. P

Tabelle 2 Suszep t i bil i t i ten v o n TiF,

I I I I I I t I

Praparat

a

b

I

Magnet i sche Messun - gen. Die Bestimmung der magnetischen Suszeptibilitat er- folgte nach der Rohrchen- methode bei den Feldstarken

--

To K

293 195 90

523 423 293 195 90

11,91 16,77 39,63

6 3 6 8,38

12,20 16,67 38,79

1290 1800 4200

760 920

1320 1790 4110

fest anhaftender Belag xu sehen. Ein niederes Fluorid konnte sich nicht gebildet haben, da in einer abge- schabten Probe kein Fluor nachzuweisen war. Wohl aber hatte sich das Titan rnit dem Nickel legiert.

Bei einer Dispropor - tionierung nach Gleichung (2) hatten sich N 160 mg TiF, und -240 mg TiF, bilden miissen; der Befund spricht dernnach fur einen

P. EHRLICH u. G. PIETZKA, Uber Titantrifluorid 135

Von kristallinen dreiwertigen Verbindungen, die den theoretisch nur bei Beriicksichtigung des Spin-Momentes xu erwartenden Wert er- geben, ist bisher nur der Casium-Titan-Alaun in der Literatur beschrie- ben worden15). Es handelt sich aber hier immer noch um den Para- magnetismus eines hydratisierten Ti3+-Ions. Der jetzt fur das TiF, gefundene Wert gilt fur eine wasserfreie Verbindung.

Ron tgenographische U n t e r s u c h u n g e n . Zur rontgenogra- phischen Kennxeichnung der Praparate dien ten Pulveraufnahmen, die rnit Kupfer-K,-Strahlung aufgenommen wurden. Die Bestimmung der Korrekturen erfolgte durch Eichaufnahmen rnit KCl sowie durch asym- metrische Aufnahmen nach STRAUMANIS.

Auf Grund von Drehkristallaufnahmen konnten die Diagramme hexagonal indiziert werden ; dabei treten nur Indizes auf, die der Rhombo- ederbedingung genugen. Bei der gegebenen Indizierung errechnet sich eine hexagonale Zelle von ahex = 5,42, A und chex = 13,64, A (cia = 2,51,) bzw. eine rhomboedrische Zelle rnit arhomb = 5,52, A iind OL = 58,88", die n = 2 Molekeln enthaltla). Die ubereinstimmung der sich daraus berechnenden Dichte driintg, =; 3,00, mit der pykno- metrischen Dichte dyykn, = 2,9E$ ist gut.

Die ausfuhrliche Strukturbestimmung wird in der Zeitschrift Acta Crystallographica gegeben werden.

Wie der folgenden Zusammenstellung der G i t t e r k o n s t a n t e n von Tr i f luor iden zu entnehmen ist, paat dieser Wert in der Grol3e gut in die Reihe der anderen hinein, die jeweils 1 oder 2 Molekeln pro Zelle enthalten. Die Zelle rnit n = 2 Molekeln erhalt man durch Verdoppelung der hexagonalen c-Achse.

Die kubische Zelle mit LY = 90" (n = 1 Molekel), die MoF, und TaF, besitzen, entspricht dem Re0,-Typ mit den Punktlagen: Me 000 urtd F 0 0 4, 0 4 0, 4 0 0. Bereits beim ScF, ist die Symmetrie erniedrigt, wie aus der Abweichung des Rhomboederwinkels au ersehen ist. Bei den iibrigen Fluoriden liegt eine groBere Zelle rnit n = 2 vor. Die Struktur von VF, (und wohl auch die von FeF,, CoF,, RhF, und PdF,) kann angesehen werden als ein verzerrter pseudokubischer ReO,- Typ. Wahrend aber beim VF, die sich senkrecht zur [Ill]-Richtung abwechselnden Metall- und Fluorebenen regelmaBig angeordnet sind, ist das beim AlF, nicht der Fall. Nur noch die Fluorlagen liegen regel- mlBig, die Aluminiumlagen . nicht mehr.

Vgl. W. J. DE HAAS u. E. C. WIERSYA, Physica 2,438 (1935). I@) Die in dem Vortragsreferat (Angew. Cheniie 63, 485 (1951)) erwahnte Schwierig-

kelt der Annahme von n -z 8 Molekeln/Zelle besteht nicht.

136 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 275. 1954

Tabelle 3

Die Werte sind in A-Einheiten gegeben und sofern notig durch Multiplikation mit dent Faktor 1,00202 &us kX-Einheiten umgerechnet. Die Gitterabstande der wahren Struktur-

GroBe d e r E l e m e n t a r z e l l e n e in iger Tr i f luor ide

einheit sind in fetten Lettern gesetzt. . _______

Substans

AIF, . . . . . . ScF, . . . . . . TiF, . . . . . . VF, . . . . . . FeF, . . . . . . CoF, . . . . . . MoF,. . . . . . RhF,. . . . . . PdFs . . . . . . TaF, . . . . . .

1 Moleke arhomb

3,523

4,030 3,872 3,729 3,764 3,671

3,898, 3,624 3,760

3,9012

Rhomboeder mit 5elle

h

88,67"

89,58" 89,000 87,80° 88,24" 87,330

90,OO" 84,80" 84,65"

00,oo

2 Molekeln/Zelle +hornb

5,039

5,720 0,523 6,378 5,372 5,310

5,513 5,354 5,560

5,517

58,62"

59,52" 68,88" 67,62" 58,04" 67,04"

60,OO" 54,32O 54,17"

60,OO

iiteratur

Auswertung a) Vergleich der Trihalogenide untereinantler

Bei fr iiheren vergleichend en Bet rach t ungen aa) der Ti tan trihalo - genide fehlte immer das FIuorid ; diese Lucke ist durch die vorliegende Arbeit geschlossen. In Tab. 4 9 sind eine Reihe von Eigenschaften des Fluorides mit aufgenommen.

Wie ersichtlich, findet allgemein vom Jodid zum Chlorid eine gleich- maBige Eigenschaftsanderung statt. Diese setzt sich vom Chlorid zum Flumid der Richtung nach fort, erfolgt aber hier sprunghaft. Es ent- spricht dies den Erwartungen. Dieser immer wieder zu beobachtenden Eigenart im chemischen und physikalischen Verhalten verdnnkt die Fluorchemie ihre Sonderstellung.

Im einzelnen sei noch auf folgendes hingewiesen : An verschiedenen Stellen der Arbeit (S. 3, 12ff.) wurde betont, da13 die Exis tenz eines

l7) J. A. A. KETELAAR, Z. Kristallogr., Mineralog. Petrogr., Abt. A 86, 119 (1933). l*) W. NOWACKI, Z. Kristallogr., Mineralog. Petrogr., Abt. A 101, 213 (1939). l*) K. H. JACK u. V. GUTMIINN, Acta crystallogr. [Copenhagen] 4,246 (1951). ") F. EBERT, Z. anorg. allg. Chem. 196, 398 (1931). *l) V. GUTMAHN u. K. H. JACK, Acta crystallogr. [Copenhagen] 4, 244 (1951). 28) Vgl. 2. B. 4). ") Zur Aufstellung der Tabelle wurden die Angaben aus dem Titanband Nr. 41 des

GMELIN-Handbuches der Anorg.Chem.,Verlag Chemie, Weinheim 1951, S. %3ff., verwandt.

P. EHRLICH u. G. PIETZKA, uber Titantrifluorid 137

1. Farbe . . . . . . . . . blau rotviolett dunkelviolett violett-

Difluorides sehr unwahrscheinlich ist. Zu derselben Aussage kommt man, wenn man die Punkte 5 und 6 der Tab. 4 auswertet. Dazu bildet man die Differenz der Temperaturen

Reaktion. In Abb. 5 sind diese Diffe- renzen At" auf der Abszissenachse auf- getragen. Man sieht, daB At" vom Jodid uber das Bromid zum Chlorid

auf das Fluorid fuhrt zu Minuswerten, was bedeuten wiirde, daB die Zer- fluorid

bei beginnender Disproportionierungs- Jodid

regelmiiKig abnimmt; . Extrapolation

0 5J Bfl Jf l setzungstemperatur fur die Reaktion 4 TiF, + 3 TiF, f Ti niedriger ware Abb. 5. iff^^^^^ der T ~ ~ ~ ~ ~ ~ - - als die fur die Reaktion 2 TiF8 + TiF, t u r e n d e r beginnenden Zerset . + TiF,. zung von2-und3-wertigenTitan-

Diese Auswertung ist durchgefuhrt unter ha logeniden der Annahme einer gleichmiifligen Anderung vom Jodid zum Fluorid. Beriicksichtigt man aber, daS vom Chlorid zum Fluorid immer eine sprunghafte Anderung stattfindet, so wiirde man noch zu wesentlich hoheren Minus- werten kommen.

dt" -

2. Dichte (pykn.) . . . . 2,98

4. Beginn der Sublimation im

5. Beginn der Disproportio-

3. Mdvolumen . . . . . : I 35,2

Vakuum(<O,lTorr.) . . 930' (beim TiF,:

nierung 2 TiX,+TiX, -+Ti+TiF, . . . . . . . . +TiX,. 950')

6. Beginn der Disproportio-

7. Bestandigkeit an feuchter nierung 2 TiX,-+Ti+TiX( - Luft . . . . . . . . . . vollig best.

8. L6slichkeit in H,O . . . unloslich 9. Hydratbildung . . . . . -

schwarz - - 2,66 - i _. 58,l

420" Disproport . Disproport.

450" 400" 350"

475O 1 500" 480"

I

unbest. I unbest. unbest. Iosiich I loslieh loslich

Bildung von Hydraten TiX, 6 H,O 0. x ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ , loo bei 20"

bei--183'

bei-183" l.%freie TP+-Ionen bei 20"

1300 1 1110 670 1 155 4160 220 1 220 150

100 4 100 1 8: 1 5; 1 12

138 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 275. 1954

Auf Grund dieser uberlegungen ist nicht zu erwarten, daB man TiF, durch thermische Dissoziation erhalten kann. Unsere Versuchsergebnisse stehen damit im Einklang.

Das auffallend grol3e Molvolumen des TiF, von 35,2ccm - aus den von B I L T Z ~ ~ ) gegebenen Inkrementen berechnet sich ein solches von .-30,3ccm - deutet daraufhin, daB hier ein Ionengitter an dar Grenze des Bestiindigkeitsbereichs eines Gittertyps vorliegt. Die ma - g n e t is c he n E igen s c h a f t e n bestatigen das Vorliegen eines Ionengitters. Beim Vergleich mit den anderen dreiwertigen Halogeniden fallt diese

Sonders telllung besonders auf. In der Abb. 6 werden nicht die XMol-Werte bzw. die magnetischen Momente der Verbindungen mit- einander verglichen, viel- mehr ist in der Darstellung nach KLEMM~) auf der Ordinate der Prozentgehalt ,,freier" TP-Ionen in Ab- hangigkeit von der Tem- peratur gegeben.

In dieser Darstellung 700 80 3Uff Mi 5UO LW 7U0 fallt der grundlegende

Unterschied zwischen dem Fluorid und den anderen Halogeniden auf, bei denen

bei tiefer Temperatur ausgepragter Antiferromagnetismus vorliegt, der beim Jodid als dem am leichtesten polarisierbaren Anion am starksten ausgebildet ist. Die Kurve des Chlorids, die bei 350" K die lOO%-Grenxe ubersteigt und sich dem Wert von 133% nahert, ergibt weiterhin, wie KLEMM gezeigt hat, da13 dem allmahlichen Aufbrechen der Atom- bindungen mit steigender Temperatur ein aweiter Effekt, uberlagert ist. Bereits im Gitter des TiC1, ist oberhalb 350" K mit einer Dispropor- tionierung in Ti2+- und Ti4+-Ionen zu rechnen; in geringem MaBe ware dieser Effekt auch beim Bromid und Jodid zu beriicksichtigen.

Davon vollig verschieden ist das magnetische Verhalten des TiF,. Im ganzen Temperaturbereich, soweit er gemessen ist, liegen allein freit: Ti3+-Ionen vor. Die Erklarung fur dieses unterschiedliche Verhalten ist vielleicht darin zu suchen, da13 beim Fluorid die zweiwertige Stufe nicht existiert.

PO - %Jonen

r% - Abb. 6. Zur Deutung des niagnetischen Ver-

hal tens der Titantrihalogenide

z4) W. BILTZ, Raunichemie der festen Stoffe, Verlag L. Vo13, Leipsig 1934, S. 238-39.

P. EHRLICH u. G. PIETZKA, uber Titantrifluorid 139

Die XNOr-Werte bei 150' und 250" liegen um 4 bzw. 6% hoher als theoretisch zu erwarten ist. Man konnte das als Hinweis ansehen, daB sich im TiF,-Gitter genau wie beim TiCl, eine sonst noch nicht zu beobachtende Disproportionierung gewissermaaen ,,pra- formieren" wiirde. Vielleicht handelt es sich bei diesen Abweichungen auch nur um eine Fehlerschwankung, zumal der Wert bei Zimmertemperatur auch schon geringfiigig ab- weicht. Es ist geplant, die Messungen bis zu 700-800" auszudehnen, doch rnuB dann in Kupfer-Rohrchen gearbeitet werden, da Glas oberhalb 300" von dem Fluorid angegriffen wird.

h) Vergleich der Titan-Systeme mit den Elementen der ersten kleinen Periode

In friiheren Untersuchungen 26) konnte gezeigt werden, daD sich die Titansysteme mit den Elementen H, Be, B, C, N und 0 durch die Existenz sehr breiter Homogenitatsgebiete auszeichnen. In dieser Serie fehlte das Fluor. Nach den Ergebnissen dieser Arbeit mu13 man.sagen, daD sich dieses Element ganz anders verhalt. Rontgenographisch hat sich keinerlei Hinweis fur die Existenz breiterer Phasen ergeben. Wesent- lich ist vor allem auch, daI3 das Titanmetall Fluor nicht zu losen vermag. Eine Erklarung fur das ganz andere Verhalten im Fluorsystem ist wohl in der starken Elektronegativitat dimes Elementes zu suchen. Hiermit und mit der geringen Polarisierbarkeit des F--Ions konnte es zusammenhangen, dal3 sich bei Verbindungen wie TiF, keine Atom- bindungen zwischen den Kationen ausbilden, die fur das Auftreten von Luckengittern und damit von breiteren Phasen entscheidend sind ae).

Da13 Fluor sich im Titanmetall nicht lost, mul3 als ein Beweis dafiir angesehen werden, da13 eine rein geometrische Erklarung fur das Losungs- vermogen des Metalls unzureichend ist. Es war bereits fruhera5) bei Abstandsbetrachtungen darauf hingewiesen worden, daD das Arbeiten rnit Atomradien nur bedingt zulassig sei, da selbst in den sogenannten ,,Metallphasen" noch, wie uberfuhrungsversuche an ahnlichen Systemen hewiesen haben, Anzeichen eines gewissen Grades an polarem Aufbau sich ergeben.

Da13 die Verhaltnisse im Fluor- und im Sauerstoff-System so grund- stitdich verschieden sind , konnte damit zusammenhangen, daI3 die beiden Elemente sich zwar in der Elektronenaffinitat zum X--Ion nur gering- fugig unterscheiden, daD aber die Anlagerung eines zweiten Elektrons als 0 1 - einen erheblichen Energieaufwand (nicht Energiegewinn !) be- deutet. Eine Deutung im einzelnen ist jedoch nicht moglich.

26) P. EHRLICH, Z . anorg. Chern. 259, 1 (1949). g6) W. KLEMM, Naturwissenschaften 87, 150, 172 (1950); P. ERRLICH, Z. anorg.

Chem. 260, 19 (1949).

140 Zeitsohrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 275. 1554

Ein Vergleich der Trifluoride der Manganiden untereinsnder und ein Vergleich der Trifluoride der Elemcnte der IVa-Grnppe werden im anderen Zuaammenhang spater gegeben werden .

Dem Institutsleiter, Herrn Professor Dr. W. FIBCHER, danken wir fur sein s-kts. ferderndee In-kresse an dieser Arbeit. Herr Dozent Dr. K. MEISEL hatte die Freundlich- keit, eine Reihe von Rcntgenaufnahmen anzufertigen. Die Deutsche Forschungsgemein- schaft unterstutzte die Arbeit durch Bewilligung von Sachmitteln.

Hannover, Institut fiir Anorganische Chemie der Technischen Hoch- 8GhUk.

(Bei der Redaktion eingegangen am 80. Juli 1553.)