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Bibliographische Information Der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbi�bliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet überhttp://dnb.ddb.de abrufbar.

ISBN-10: 3-448-07952-9 Bestell-Nr. 01133-0008ISBN-13: 978-3-448-07952-4

1. Auflage 1995 (ISBN 3-8092-1078-1)2., aktualisierte Auflage 1997 (3-8092-1304-7)3., durchgesehene und erweiterte Auflage 1998 (ISBN 3-8092-1365-9)4., durchgesehene und erweiterte Auflage 2001 (ISBN 3-8092-1461-2)5., überarbeitete und erweiterte Auflage 2002 (ISBN 3-448-05136-5)6., überarbeitete und erweiterte Auflage 2004 (ISBN 3-448-06027-5)7., durchgesehene Auflage 2005 (ISBN 3-448-0637-7)8., überarbeitete Auflage 2007

© 2007, Rudolf Haufe Verlag GmbH & Co. KG, Niederlassung Planegg/München

Postanschrift: Postfach, 82142 Planegg/MünchenHausanschrift: Fraunhoferstraße 5, 82152 Planegg/MünchenTelefon (0 89) 8 95 17-0, Telefax (0 89) 8 95 17-2 50E-Mail: [email protected], Internet: http://www.haufe.deRedaktion: Dipl.-Kffr. Kathrin Menzel-Salpietro

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischenWiedergabe (einschließlich Mikrokopie) sowie der Auswertung durch Datenbankenoder ähnliche Einrichtungen vorbehalten.

Zur Herstellung der Bücher wird nur alterungsbeständiges Papier verwendet.

Desktop-Publishing: Agentur: Satz & Zeichen, Karin Lochmann, 83129 HöslwangUmschlaggestaltung: HERMANNKIENLE, 70199 StuttgartDruck: Bosch-Druck, 84030 Ergolding

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Bilanzen

richtig lesen, besser verstehen, optimal gestalten

Prof. Dr. Hilmar J. Vollmuth

8. Auflage

Haufe MediengruppeFreiburg · München · Berlin · Würzburg

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InhaltsverzeichnisVorwort zur achten Auflage 10

Vorwort zur ersten Auflage 10

A Bilanzanalyse und Bilanzkritik 13

1 Begriffe 131.1 Bilanzanalyse 131.2 Bilanzkritik 131.3 Bilanzpolitik 14

2 Zielsetzungen 162.1 Informationsverdichtung 172.2 Entscheidungsgrundlagen 18

3 Aufgaben 203.1 Sachbezogene Aufgaben 223.2 Zeitbezogene Aufgaben 23

4 Arten der Bilanzanalyse 254.1 Interne Bilanzanalyse 254.2 Externe Bilanzanalyse 25

5 Adressaten 265.1 Gesellschafter, potenzielle Anleger 265.2 Banken, Lieferanten, Kunden 275.3 Arbeitnehmer, Gewerkschaften 285.4 Öffentlichkeit 285.5 Finanzamt 285.6 Unternehmensleitung 29

6 Bilanzarten 306.1 Interne und externe Bilanzen 306.2 Ordentliche und außerordentliche Bilanzen 306.3 Handels� und Steuerbilanzen 316.4 Einzel�, Gemeinschafts� und Konzernbilanzen 31

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Inhaltsverzeichnis

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7 Inhalt der Bilanzanalyse 327.1 Formale Bilanzanalyse 327.2 Materielle Bilanzanalyse 33

8 Kennzahlen 358.1 Arten der Kennzahlen 378.2 Kennzahlensystem 40

9 Vergleichsrechnungen 459.1 Zeitvergleiche 469.2 Betriebs� und Branchenvergleiche 469.3 Soll�Ist�Vergleiche 47

10 Grenzen der Bilanzanalyse und der Bilanzkritik 4910.1 Wahrheitsgehalt der Zahlen 4910.2 Verfügbarkeit der Daten 53

11 Bilanzsteuerrecht 5511.1 Allgemeine Vorschriften 5611.2 Gewinnermittlungsarten 6311.3 Handels� und Steuerbilanz 6611.4 Finanzbuchhaltung, Inventur, Bilanzierung 6911.5 Allgemeine Bewertungsgrundsätze 7711.6 Bewertungsmaßstäbe 8411.7 Abschreibungen 8911.8 Bewertung der Bilanzpositionen 96

12 Jahresabschluss 10212.1 Betrieblicher Wertekreislauf 10212.2 Wichtige Teile der Bilanz 10612.3 Bestandteile des Jahresabschlusses 109

13 Aufbereitung der Daten 12113.1 Rahmenbedingungen 12213.2 Vorbereitungsarbeiten 124

14 Untersuchung der Positionen des Jahresabschlusses 12814.1 Aufbereitungen der Bilanz 12814.2 Aufbereitungen der GuV 149

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Inhaltsverzeichnis

6

15 Aufstellung der Strukturbilanz sowie der Struktur�GuV 16715.1 Strukturbilanz 16715.2 Struktur�GuV 17515.3 Formblätter 178

16 Teilanalysen 18616.1 Strukturanalyse 18716.2 Erfolgsanalyse 19916.3 Finanzanalyse 21116.4 Cashflow�Analyse 21916.5 Wertschöpfungs�Analyse 22316.6 Kapitalflussrechnung 22716.7 Aktien�Analyse 23616.8 Ergebnis nach DVFA/SG 244

17 Erfolgs� und Finanzanalyse – Fallbeispiel 25017.1 Erfolgsanalyse 25317.2 Finanzanalyse 272

B Bilanzpolitik 279

1 Wesen 279

2 Ziele der Bilanzpolitik 2792.1 Steuerung der Gewinnausschüttung 2802.2 Gestaltung der Bilanzstruktur 2802.3 Reduzierung der Steuerbelastung 2812.4 Ausgewogenheit der Informationen 2822.5 Erfüllung der Publizitätsverpflichtungen 2822.6 Weitere Ziele 283

3 Formen der Bilanzpolitik 2843.1 Formelle Bilanzpolitik 2843.2 Materielle Bilanzpolitik 284

4 Bilanzpolitische Instrumente 2854.1 Maßnahmen, die an gegebene Sachverhalte

anknüpfen 285

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Inhaltsverzeichnis

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4.2 Maßnahmen, die gegebene Sachverhalteverändern 287

5 Bilanzpolitische Maßnahmen 2875.1 Formelle Maßnahmen 2885.2 Materielle Maßnahmen 295

C Exkurs: Internationale Rechnungslegung 305

1 Internationale Rechnungslegungsstandards 305

2 Gegenüberstellung von HGB, IFRS und US�GAAP 3062.1 Grundlagen der Rechnungslegungs�Systeme 3062.2 Grundsätze der Rechnungslegung 3072.3 Bilanzierung 3082.4 Bewertung 3092.5 Konzernabschluss 3122.6 Ergänzungsrechnungen 313

D Auswirkungen der Steuergesetze auf dieJahresabschlusserstellung 315

1 Überprüfung der Finanzbuchhaltung 3163.1 Steuerliche Tätigkeiten 3203.2 Ausgewählte steuerliche Einzelprobleme 3243.3 Aspekte der Gesamtsteuerbelastung 3393.4 Aktuelle Steuergesetzänderungen 342

E Qualitative Bilanzanalyse und Bilanzkritik 345

1 Einschränkungen 345New Economy 347

2 Anhang und Lagebericht 349

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Inhaltsverzeichnis

8

3 Strategische Unternehmensanalysen 3503.1 Stärken� und Schwächenanalysen 3503.2 Wertorientiertes Führungssystem 3543.3 Balanced Scorecard 358

F Rating 363

1 Basel I und Basel II 363

2 Wesen des Ratings 364

3 Arten des Ratings 365

4 Konsequenzen von Basel II für die Banken 3664.1 Neue Bewertungssysteme 3664.2 Erarbeitung zusätzlicher Informationen und

Daten 3674.3 Weiterbildung der Mitarbeiter 368

5 Prozess des Ratings 3685.1 Finanz�Rating 3695.2 Qualitatives Rating 3705.3 Warnsignale 3715.4 Haftungsverbünde 371

6 Vorbereitungen auf das interne Rating�Verfahren 371

7 Betrieblicher Nutzen durch das interne Rating 375

G Weiterentwicklung der internationalenRechnungslegung in Deutschland 379

1 Bilanzrichtlinien�Gesetz 379

2 US�GAAP�Abschluss 379

3 IFRS�Abschluss 380

4 Neuer Markt 380

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Inhaltsverzeichnis

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5 SMAX (Small Caps Exchange) 381

6 Kapitalaufnahme�erleichterungsgesetz 381

7 Gesetz zur Kontrolle und Transparenz imUnternehmensbereich (KonTraG) 382

8 Transparenz� und Publizitätsgesetz 383

9 Bilanzrechtsreformgesetz 384

Literaturverzeichnis 387

Stichwortverzeichnis 392

Anhang

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Vorwort zur achten AuflageDie internationale Rechnungslegung wurde in Deutschland in denletzten Jahren weiterentwickelt. Deshalb haben wir ein neues Kapitelhinzugefügt, das sich mit den einzelnen Stufen der Internationalisie-rung der Rechnungslegung beschäftigt.

Neben den Auswirkungen der Steuergesetze auf die Jahresab-schlusserstellung wurden auch die aktuellen Steuergesetzänderun-gen, die sich in der Zwischenzeit ergaben, in der 8. Auflage berück-sichtigt. Diese überarbeitete und erweiterte Auflage ist unter Mitar-beit von Herrn Dipl. Betriebswirt (FH) Marco Waider entstanden,der als Steuerberater in einer mittelständischen Steuerberatungs-und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätig ist.

Fulda, Herbst 2006 Hilmar J. Vollmuth

Vorwort zur ersten AuflageDie Zielsetzung dieses Buches besteht darin, den Leser in die Lage zuversetzen, in Zukunft selbst eine detaillierte Bilanzanalyse durchzu-führen, eine aussagefähige Bilanzkritik der erarbeiteten Ergebnissevorzunehmen und eine aktive Bilanzpolitik zu betreiben. Die um-fangreiche Literatur über dieses Thema befasst sich meist mit dengroßen Unternehmen. In diesem Buch wird besonderer Wert auf dieBilanzanalyse, Bilanzkritik und die Bilanzpolitik für kleinere undmittlere Unternehmen gelegt. Ein ausführliches Fallbeispiel zeigt,wie eine Bilanzanalyse und eine Bilanzkritik schrittweise durchge-führt werden sollte.

Die Aufgaben und die Inhalte der Bilanzanalyse und der Bilanzkritikwerden aufgezeigt. Es erfolgt auch eine Erläuterung über die Bildungvon Kennzahlen sowie über die Grenzen der Bilanzanalyse und derBilanzkritik.

Der Analytiker sollte auch die wesentlichen Punkte des Bilanzsteuer-rechts kennen. Neben den allgemeinen Vorschriften werden dieBilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze behandelt, die bei der

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Vorwort zur ersten Auflage

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Erstellung des Jahresabschlusses zu beachten sind. Eine gründlicheBilanzanalyse und Bilanzkritik kann nur dann systematisch durch-geführt werden, wenn die wichtigsten Bestimmungen des Handels-und Steuerrechts bekannt sind.

Die Aufbereitung des Zahlenmaterials und die Untersuchung derPositionen des Jahresabschlusses werden dargestellt, um einen besse-ren Einblick in die Struktur und den Inhalt der Bilanz sowie derGuV zu erhalten. Die Auswahl und die Interpretation von wichtigenKennzahlen erlauben eine genauere Beurteilung der Lage der Unter-nehmen.

Zu den Teilanalysen gehören die Struktur-, die Erfolgs- und dieFinanzanalysen. Die Sonderrechnungen wie die Cashflowanalyse, dieWertschöpfungsanalyse und die Kapitalflussrechnung werdenebenfalls ausführlich besprochen und an Beispielen dargestellt.

Die Durchführung der Bilanzanalyse und der Bilanzkritik ermög-licht der Unternehmensleitung und den Führungskräften, die Stär-ken und die Schwächen eines Unternehmens zu erkennen. AuchSteuerberater, Wirtschaftsprüfer und Unternehmensberater könnenaufgrund der Ergebnisse feststellen, welche wirtschaftlichen, finan-ziellen und organisatorischen Maßnahmen eingeleitet werden soll-ten, um die Ertrags- und Finanzkraft der Unternehmen zu erhöhen.Die Ergebnisse der Bilanzanalyse und der Bilanzkritik stellen alsoeine gute Grundlage dar, die Planung zu verbessern, die Kontrolle zuverstärken und die Steuerung konsequenter vorzunehmen.

Mithilfe der Bilanzanalyse und der Bilanzkritik kann die gegenwärti-ge Lage und die zukünftige Entwicklung der Unternehmen besserbeurteilt werden. Die Analyse von mindestens drei Jahresabschlüs-sen und die betriebswirtschaftliche Auswertung der Ergebnisse sindgute Unterlagen für operative und strategische Entscheidungen inden Unternehmen.

Die Methoden, die Instrumente und die Techniken der Bilanzana-lyse und der Bilanzkritik werden einfach und klar dargestellt. Auftheoretische Erläuterungen wird dabei weitgehend verzichtet.

Zwischen der Bilanzanalyse und der Bilanzkritik sowie der Bilanz-politik gibt es enge Wechselbeziehungen. Mithilfe der Bilanzanalyse

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Vorwort zur ersten Auflage

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und der Bilanzkritik können wir einen guten Einblick in die tatsäch-lichen Verhältnisse der Unternehmen erhalten und die Vermögens-,Finanz- und Ertragslage des Unternehmens besser beurteilen. Dannbesteht die Möglichkeit, bilanzpolitische Gestaltungen vorzuneh-men, um die Gewinne zu beeinflussen, die Bilanzstruktur zu ver-bessern, die Steuern zu reduzieren, die Ausgewogenheit der Infor-mationen zu erreichen und den Publizitätsverpflichtungen nachzu-kommen.

Das vorliegende Buch richtet sich an die Unternehmensleitung unddie Führungskräfte insbesondere kleinerer und mittlerer Unterneh-men. Auch für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Unternehmensbe-rater und Analytiker in den Banken kann dieses praxisorientierteBuch von Interesse sein, da der Jahresabschluss häufig die einzigeUnterlage darstellt, die über die wirtschaftliche Lage des Unterneh-mens Auskunft gibt.

Das Buch eignet sich auch für Studenten der Fachhochschulen,Universitäten und Akademien, die sich einen guten Überblick überdie Analyse und die Beurteilung der Jahresabschlüsse verschaffenwollen. Sie können sich mit den Methoden, den Instrumenten undden Techniken der Bilanzanalyse sowie der Bilanzkritik vertrautmachen und die Besonderheiten der Bilanzpolitik kennen lernen.

Fulda, Frühjahr 1995 Hilmar J. Vollmuth

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A Bilanzanalyse und Bilanzkritik

1 BegriffeGrundlage für die Bilanzanalyse, Bilanzkritik und Bilanzpolitik istder Jahresabschluss eines Unternehmens. Um einen besseren Ein-blick in die Entwicklung und Unternehmenspolitik eines Unter-nehmens zu erhalten, sollten wir mindestens drei aufeinanderfol-gende Jahresabschlüsse untersuchen.

1.1 BilanzanalyseBei der Bilanzanalyse wird der Jahresabschluss eines Unternehmensin einzelne Teile zerlegt, um bestimmte Erkenntnisse zu gewinnen.Wir bereiten die Daten des Jahresabschlusses auf und führen Ver-gleiche durch, damit wir genauere Aussagen über den Erfolg oderMisserfolg eines Unternehmens machen können. Die Bilanzanalyseumfasst also verschiedene Verfahren zur Informationsgewinnung.

Die Bilanz ermöglicht eine zeitpunktbezogene Analyse. Die zeit-raumbezogene Analyse dagegen bezieht sich auf die GuV. Sie um-fasst alle Erträge und Aufwendungen, die während des ganzen Jahresangefallen sind. Neben der zeitpunktbezogenen (statischen) Be-trachtung eines Unternehmens ist also auch eine zeitraumbezogene(dynamische) Untersuchung vorzunehmen.

1.2 BilanzkritikDie Bilanzkritik beschäftigt sich mit der Auswertung der Ergebnisseder Bilanzanalyse. Die erarbeiteten Kennzahlen werden kritischgewürdigt. Anhand von Vergleichen können wir zusätzliche Er-kenntnisse gewinnen. Die Bilanzanalyse und Bilanzkritik sind alsoeng miteinander verbunden.

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A Begriffe

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Die betriebswirtschaftliche Analyse und Auswertung der Jahresab-schlüsse sollten sich auf mindestens drei Jahre beziehen, um genaueund fundierte Aussagen über die Entwicklung eines Unternehmensmachen zu können. Dann sind wir auch in der Lage, bessere Ent-scheidungen über die Zukunft eines Unternehmens zu treffen.

Die Interpretation der gewonnenen Erkenntnisse ist eine entschei-dende Aufgabe der Bilanzkritik. Bei der Auswertung spielt besondersder Sachverstand, die Erfahrung und das Fingerspitzengefühl einegroße Rolle, um bestimmte Sachverhalte richtig zu beurteilen.

1.3 BilanzpolitikUnter der Bilanzpolitik verstehen wir die bewusste Beeinflussungeinzelner Positionen des Jahresabschlusses, um die Steuerung derGewinnausschüttung, die Gestaltung der Bilanzstruktur, die Redu-zierung der Steuerbelastung zu erreichen sowie der Ausgewogenheitder Informationen und der Erfüllung der Publizitätsverpflichtungennachzukommen. Bei der Bilanzpolitik geht es um gesetzlich zulässigeMaßnahmen zur Realisierung wichtiger Ziele der Unternehmen.

Steuerung der Gewinnausschüttung

Gestaltung der Bilanzstruktur

Reduzierung der SteuerbelastungZiele der Bilanzpolitik

Ausgewogenheit der Informationen

Erfüllung der Publizitätsverpflichtungen

Abb. 1: Ziele der Bilanzpolitik

Die bilanzpolitischen Entscheidungen können von der Unterneh-mensleitung und von den Führungskräften erst getroffen werden,wenn sie sich einen guten Überblick über die wichtigen Positionenin der Bilanz sowie in der GuV beschafft haben.

Die operativen und strategischen Ziele der Unternehmen müssendann mit den Zielen der Handels- und Steuerpolitik abgestimmt

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werden. Die bilanzpolitischen Instrumente sind systematisch in denUnternehmen einzusetzen, um die Substanz der Unternehmen zuerhalten.

Auch die kleineren und mittleren Unternehmen sollten erkennen,welche bilanzpolitischen Maßnahmen in Zukunft durchgeführtwerden müssen, um die Unternehmen besser zu führen. Die Unter-nehmensleitung und die Führungskräfte haben auch die Aufgabe,sich über die vorhandenen Ermessensspielräume, die das Handels-und Steuerrecht bieten, zu informieren. Dann kann in Zukunft einebessere Bilanzpolitik betrieben werden, um mehr Steuern zu sparen.Die im Handels- und Steuerrecht vorhandenen Wahlrechte undErmessensspielräume können dann in Zukunft besser genutzt wer-den.

Zusammenfassung:Bei der Bilanzanalyse wird der Jahresabschluss eines Unternehmens ineinzelne Teile zerlegt, um genauere Aussagen über die Ertrags� und Fi�nanzlage eines Unternehmens machen zu können. Die Bilanz ermöglichteine zeitpunktbezogene (statische) Analyse, während die GuV einezeitraumbezogene (dynamische) Analyse erlaubt. Um einen besserenEinblick in die Entwicklung und die Unternehmenspolitik eines Unter�nehmens zu erhalten, sollten mindestens drei aufeinanderfolgendeJahresabschlüsse untersucht werden.

Die Bilanzkritik bezieht sich auf die Auswertung des Ergebnisses derBilanzanalyse. Die errechneten Kennzahlen werden kritisch gewürdigt,um durch Vergleiche zusätzliche Erkenntnisse zu erhalten. Die be�triebswirtschaftliche Analyse und Auswertung der Jahresabschlüsse er�laubt genauere und fundiertere Aussagen über die Vermögens�, Finanz�und Ertragslage des Unternehmens. Die Ergebnisse der Bilanzkritik er�möglichen also bessere Entscheidungen über die Zukunft der Unter�nehmen.Die Bilanzpolitik beschäftigt sich mit der bewussten Beeinflussung ein�zelner Positionen des Jahresabschlusses, um insbesondere die Steue�rung der Gewinnausschüttung, die Gestaltung der Bilanzstruktur unddie Reduzierung der Steuerbelastung zu erreichen sowie der Ausgewo�genheit der Informationen und der Erfüllung der Publizitätsverpflich�tungen nachzukommen. Die Bilanzpolitik bezieht sich auf gesetzlichzulässige Maßnahmen, um die einzelnen Ziele der Unternehmen zu rea�lisieren.

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A Zielsetzungen

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Auch kleinere und mittlere Unternehmen sollten erkennen, welche bi�lanzpolitischen Maßnahmen in Zukunft beschlossen werden müssen,um die Unternehmen besser zu führen und die Substanz der Unterneh�men zu erhalten. Wenn die Unternehmensleitung und die Führungs�kräfte wissen, welche Wahlrechte und Ermessensspielräume das Han�dels� und das Steuerrecht bieten, kann in Zukunft eine effizientere Bi�lanzpolitik betrieben werden. Die Initiative zur Ausnutzung derWahlrechte und Ermessensspielräume sollte von der Unternehmenslei�tung und von den Führungskräften in Zukunft ausgehen. Die Steuerbe�rater und Wirtschaftsprüfer sollten die Vorschläge der Unternehmendann auf die Zulässigkeit überprüfen.

2 ZielsetzungenDie Zielsetzungen der Bilanzanalyse, der Bilanzkritik und der Bi-lanzpolitik sind für die einzelnen Unternehmen verschieden. Sierichten sich vor allem nach den unterschiedlichen Informationsbe-dürfnissen der einzelnen Adressaten.

Alle Unternehmen und Interessengruppen interessieren sich aber fürfolgende Problemstellungen:

1. Beurteilung der gegenwärtigen und zukünftigen Ertragslage desUnternehmens

2. Einschätzung der finanziellen Stabilität des Unternehmens3. Ermittlung der Erfolgspotenziale4. Untersuchung der Wertschöpfung5. Verminderung der Steuerbelastung

Mithilfe der Bilanzanalyse, der Bilanzkritik und der Bilanzpolitik solleine bessere Beurteilung der gegenwärtigen und zukünftigen Er-tragslage des Unternehmens ermöglicht werden. Außerdem interes-siert viele Adressaten des Jahresabschlusses die Einschätzung derfinanziellen Stabilität des Unternehmens. Die Banken und die Liefe-ranten beispielsweise möchten wissen, ob das Unternehmen dengegenwärtigen und zukünftigen Zahlungsverpflichtungen nach-kommen kann oder nicht. Die Ermittlung der Erfolgspotenziale istebenfalls wichtig für viele Geschäftspartner des Unternehmens.Deshalb sind vor allem die Stärken und Schwächen des Unterneh-

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mens, die Risikostreuung, die Investitionsaktivitäten, die Finanzie-rungsmöglichkeiten und das Wachstum des Unternehmens vongroßem Interesse. Auch über die Wertschöpfung des Unternehmensmöchten einige Interessenten mehr erfahren.

Der Jahresabschluss gibt nicht einfach einen guten Einblick, um dieeinzelnen Fragestellungen gut beantworten zu können. Ein geübterAnalytiker kann auf die einzelnen Fragen aber aus dem nach han-dels- und steuerrechtlichen Vorschriften erstellten und komplexenZahlenmaterial entsprechende Antworten geben. Deshalb ist esnotwendig, dass der Bilanzleser sich einen guten Überblick über dieFinanzbuchhaltung, die Abschlusstechniken, die Bewertungsregeln,die Bilanzierungsvorschriften, die Grundsätze ordnungsmäßigerBuchführung und die Ansatzvorschriften verschafft. Diese Gesichts-punkte beeinflussen das Zahlenmaterial, das wir dem Jahresab-schluss entnehmen können.

2.1 InformationsverdichtungDas Zahlenmaterial des Jahresabschlusses muss aufbereitet undgruppiert werden, um dem Leser des Jahresabschlusses einen besse-ren Überblick zu gewähren. Das Informationsmaterial sollte alsoverdichtet werden, damit wir die Zusammenhänge und Abhängig-keiten leichter verstehen können.

Die Zielsetzung für den Jahresabschluss ist die Vermittlung eineszuverlässigen Einblicks in die Unternehmensverhältnisse. DieserEinblick bezieht sich vor allem auf folgende Punkte:

1. VermögenslageEs geht um die Zusammensetzung der Vermögenswerte, derSchulden und des Eigenkapitals sowie deren Veränderungen imZeitvergleich.

2. FinanzlageDen Bilanzleser interessiert die Fähigkeit des Unternehmens, sei-nen finanziellen Verpflichtungen nachkommen zu können.

3. ErtragslageVon besonderer Bedeutung sind die Feststellung des Erfolgs unddie Aussichten für eine solide Gewinnerzielung in der Zukunft.

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A Zielsetzungen

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2.2 EntscheidungsgrundlagenDer Jahresabschluss bildet eine gute Entscheidungsgrundlage für dieUnternehmensleitung und die Führungskräfte, wenn sie sich mitden Techniken der Aufbereitung des Jahresabschlusses vertrautmachen. Außerdem erlauben die Ergebnisse der Bilanzanalyse undder Bilanzkritik eine bessere Beurteilung der unternehmerischenEntscheidungen.

Die Ziele eines Unternehmens können eine gute Rentabilität desKapitals, ein ergiebiger Cashflow, eine hohe Rentabilität des Umsat-zes, eine gesicherte Zahlungsfähigkeit, eine zweckentsprechendeVermögensstruktur, eine optimal gestaltete Kapitalstruktur, eingeringer Verschuldungsgrad und eine solide Substanzerhaltung sein.

Ziele eines Unternehmens1. Gute Rentabilität des Kapitals

2. Ergiebiger Cashflow

3. Hohe Rentabilität des Umsatzes

4. Gesicherte Zahlungsfähigkeit

5. Zweckentsprechende Vermögensstruktur

6. Optimal gestaltete Kapitalstruktur

7. Geringer Verschuldungsgrad

8. Solide Substanzerhaltung

Abb. 2: Ziele eines Unternehmens

Wir unterscheiden verschiedene Zielvorstellungen, die sich vonein-ander unterscheiden können. Deshalb müssen wir auch unter-schiedliche Teilanalysen durchführen. Die Zielvorstellungen einesUnternehmens können wie folgt aussehen:

1. Erfolgsanalyse1.1 Erwirtschaftung eines guten Gewinns1.1.1 Erhaltung der realen Substanz des Unternehmens1.1.2 Garantie des notwendigen Wachstums1.2 Verbesserung der Ertragskraft des Unternehmens1.2.1 Förderung der Produkte mit hohen Deckungsbeiträgen1.2.2 Vorsorge für zukünftige Entwicklungen des Unternehmens

durch neue Produkte (Innovationen)1.3 Sicherung der Wirtschaftlichkeit

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1.3.1 Erzielung einer guten Rentabilität auf lange Sicht1.3.2 Erhöhung des erforderlichen Eigenkapitals2. Finanzanalyse2.1 Zweckentsprechende Gestaltung der Vermögensstruktur2.1.1 Forderung nach einer optimalen Ertragsfähigkeit der getä-

tigten Investitionen2.1.2 Erhaltung der Anpassungsfähigkeit an Veränderungen der

Wirtschaftslage2.2 Schaffung einer ausgewogenen Kapitalstruktur2.2.1 Streben nach guter Rentabilität und hoher Liquidität2.2.2 Beachtung der Risikogesichtspunkte (Risikostreuung)

Die einzelnen Zielsetzungen lassen sich nicht alle gleichzeitig ver-wirklichen. Auch können die verschiedenen Ziele nicht mit dergleichen Intensität verfolgt werden. In den Unternehmen mussvielmehr ein ständiger Ausgleich der Zielsetzungen erfolgen. DieUnternehmensleitung und die Führungskräfte müssen also flexibeloperieren und das Zielsystem variabel gestalten.

Wenn in einem Unternehmen beispielsweise Liquiditätsschwierig-keiten aufgetreten sind, dann muss zuerst wieder die Zahlungsfähig-keit des Unternehmens hergestellt werden. Die Rentabilitätszielesind dann kurzfristig zu vernachlässigen. Langfristig muss allerdingsjedes Unternehmen bestrebt sein, einen guten Return on Investment(ROI) zu erwirtschaften.

Zusammenfassung:Die Zielsetzungen der Bilanzanalyse, der Bilanzkritik und der Bilanzpo�litik sind für die einzelnen Unternehmen verschieden. Alle Unternehmeninteressieren sich aber für die Beurteilung der gegenwärtigen und zu�künftigen Ertragslage, für die Einschätzung der bilanziellen Stabilität,für die Ermittlung der Erfolgspotenziale, für die Untersuchung derWertschöpfung und für die Reduzierung der Steuerbelastung.Der Jahresabschluss gibt nicht einfach einen guten Einblick in dieseFragestellungen. Ein geübter Analytiker kann aber aus dem nach han�dels� und steuerrechtlichen Vorschriften erstellten und komplexenZahlenmaterial entsprechende Antworten geben, wenn die Jahresab�schlüsse richtig aufbereitet, gründlich analysiert und kompetent beur�teilt werden.

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A Aufgaben

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Die Informationen aus den Jahresabschlüssen müssen verdichtet undals Entscheidungsgrundlagen systematisch eingesetzt werden. Dannkönnen in Zukunft bessere Entscheidungen getroffen werden. Die Un�ternehmen haben somit bessere Chancen, die wichtigen Ziele in Zu�kunft schneller und konsequenter zu erreichen.Zu den wichtigen Zielen zählen insbesondere eine gute Rentabilität deseingesetzten Kapitals, ein ergiebiger Cashflow, eine hohe Rentabilitätdes Umsatzes, eine gesicherte Zahlungsfähigkeit, eine zweckentspre�chende Vermögensstruktur, eine optimal gestaltete Kapitalstruktur, eingeringer Verschuldungsgrad und eine solide Substanzerhaltung.

Die einzelnen Zielsetzungen können nicht gleichzeitig realisiert werden.Auch lassen sich die verschiedenen Ziele nicht mit der gleichen Inten�sität verfolgen. In den Unternehmen sollte vielmehr ein ständiger Aus�gleich der Zielsetzungen erfolgen. Die Unternehmensleitung und dieFührungskräfte müssen also flexibel vorgehen und das beschlosseneZielsystem variabel einsetzen.

3 AufgabenDie Bilanzanalyse ist ein Instrument, das einen guten Einblick in dieVerhältnisse eines Unternehmens gewährt. Die Aufgaben der Ana-lyse des Jahresabschlusses richten sich jeweils nach den Adressaten,die unterschiedliche Informationen von einer Bilanzanalyse erwar-ten.

Die Banken verwenden für die Bilanzanalyse einheitliche Formulare.Die errechneten Kennzahlen des Unternehmens werden dann mitBranchenkennzahlen verglichen, um die Kreditwürdigkeit des Un-ternehmens zu ermitteln.

Die Durchführung der Bilanzanalyse ist vom Umfang der verfügba-ren Unterlagen und Informationen abhängig. Entscheidend für dieAussagekraft der Bilanzanalyse sind allerdings die Fähigkeiten, dieKenntnisse und die Erfahrungen der Mitarbeiter, die die Bilanzana-lysen vornehmen.

Der Jahresabschluss hat ein den tatsächlichen Verhältnissen entspre-chendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des bilan-zierten Unternehmens zu vermitteln (§ 264 Abs. 2 HGB). Die Be-

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trachtung der absoluten Zahlen erlaubt aber keinen zuverlässigenEinblick in die Verhältnisse eines Unternehmens.

Deshalb sollten Struktur-, Erfolgs- und Finanzanalysen durchge-führt werden.

Arten der Analysen

Strukturanalyse Erfolgsanalyse Finanzanalyse

Abb. 3: Arten der Analysen

Weitere Spezialanalysen können erstellt werden, um bestimmteEinzelfragen der Unternehmensleitung oder der Banken zu beant-worten.

Die Jahresabschlüsse dienen der jährlichen Rechenschaftslegung,Dokumentation und Information über die wirtschaftlichen Aktivi-täten der Unternehmen. Diese Unterlagen geben einen Überblicküber die Ertrags- und Finanzkraft der Unternehmen und erlaubeneine Aussage über die Erfolge und/oder Misserfolge der Unterneh-men in den einzelnen Geschäftsjahren.

Hauptaufgaben des Jahresabschlusses

1. RechenschaftslegungDer Jahresabschluss ist ein Rechenschaftsbericht über das abge-laufene Geschäftsjahr.

2. DokumentationDer Jahresabschluss stellt die Zusammenfassung der Zahlen derFinanzbuchhaltung zur Sicherung von Urkunden im Interesseder Rechtssicherheit dar.

3. InformationDer Jahresabschluss bedeutet auch einen Zwang zur Selbstin-formation der Unternehmen und der Kapitalgeber über die Lageder Unternehmen (Gläubigerschutz).

Die Hauptaufgaben des Jahresabschlusses können in folgende Tei-laufgaben unterteilt werden:

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A Aufgaben

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1. Konkretisierung des Erfolgs und Feststellung des ausschüttungs-fähigen Gewinns

2. Entscheidungsgrundlage für die Unternehmensleitung3. Besteuerungsgrundlage

Die Jahresabschlüsse liefern nur einen Teil der Informationen zurBeurteilung der wirtschaftlichen Situation der Unternehmen. Weite-re Daten und Informationen werden zur besseren Beurteilung derUnternehmen benötigt, die vor allem von der Unternehmensleitungund den Führungskräften zur Verfügung gestellt werden müssen.

Die Aufgaben der Bilanzanalyse und Bilanzkritik werden folgender-maßen unterteilt:

3.1 Sachbezogene AufgabenDie sachbezogenen Aufgaben können wir nach folgenden Funktio-nen untergliedern:

3.1.1 Informationsfunktion

Der Wert eines Unternehmens ist transparent zu machen. Außer-dem ist ein Überblick über die Unternehmensverhältnisse zu geben.Diese Informationsfunktion der Bilanzanalyse wird durch Maß-nahmen der Aufbereitung und Strukturierung des Zahlenmaterialssowie durch die Kennzahlenbildung wahrgenommen.

3.1.2 Hinweisfunktion

Auf wichtige Sachverhalte im Unternehmen muss aufmerksam ge-macht werden. Entscheidende Zusammenhänge sind ebenfalls klardarzustellen. Weitere Auswirkungen auf das Unternehmen solltenverdeutlicht werden. Zur Erfüllung dieser Hinweisfunktion derBilanzanalyse und Bilanzkritik werden Zeit- und Branchenvergleichedurchgeführt.

3.1.3 Initiativfunktion

Der Sinn der Bilanzanalyse und der Bilanzkritik besteht auch darin,aufgrund der Informationen und Hinweise neue Entscheidungen zutreffen und die Situation im Unternehmen zu verbessern. Aus den

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Erkenntnissen der Analysen sollten Konsequenzen gezogen werden.Die Unternehmensleitung und die Führungskräfte sind dazu anzu-regen, neue Initiativen zu ergreifen, um Probleme zu beseitigen oderum neue Chancen wahrzunehmen. Die Initiativfunktion der Bilanz-analyse und der Bilanzkritik ist also besonders wichtig.

3.2 Zeitbezogene AufgabenDie zeitbezogenen Aufgaben sollten sich sowohl auf die Vergangen-heit als auch auf die Zukunft beziehen. Deshalb ist folgende Auftei-lung sinnvoll:

3.2.1 Vergangenheit

Die Bilanzanalyse und die Bilanzkritik beziehen sich meist auf eineZustandsbetrachtung der vergangenen Jahre. Diese retrospektiveAnalyse beschränkt sich auf die Diagnose eines Unternehmens. Eswird meist eine Analyse des Ist-Zustandes mithilfe von Kennzahlenund betriebswirtschaftlichen Vergleichen vorgenommen.

3.2.2 Zukunft

Die vergangenheitsorientierte Betrachtungsweise ist allerdings zueng. Die Bilanzanalyse und die Bilanzkritik sollten sich auch mit derZukunft befassen. Von einer retrospektiven Analyse ist also auch aufeine prospektive Betrachtung überzugehen. Die Prognosen sindallerdings besonders schwierig, da zukünftige Entwicklungen desUnternehmens berücksichtigt werden müssen.

Es wäre gefährlich, beispielsweise eine Trendanalyse durchzuführen,die nur auf einer Extrapolation der einzelnen Daten des Unterneh-mens beruht. Vielmehr sollten bei der Prognose möglichst vieleexterne und interne Faktoren berücksichtigt werden, die auf diezukünftige Entwicklung des Unternehmens Einfluss ausüben. Zudiesen Faktoren gehören beispielsweise der Konjunkturverlauf, dasWachstum, die Nachfrageverschiebungen, die neuen Gesetze undder Umweltschutz. Außerdem sind die Führungsqualitäten der Un-ternehmensleitung und der Führungskräfte zu beachten.

Für die prospektiven Analysen werden insbesondere die Daten deroperativen und strategischen Planung verwendet. Die wichtigsten

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A Aufgaben

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Daten der einzelnen Pläne sollten in Planbilanzen sowie in Plan-Gewinn- und Verlustrechnungen übertragen werden.

Die Aufgaben der Bilanzanalyse und der Bilanzkritik dürfen sich alsonicht nur auf die Zustandsbetrachtung und die Interpretation derKennzahlen beschränken. Da jede Unternehmensleitung zukunfts-orientiert denken und handeln sollte, ist es unbedingt erforderlich,auch die geplanten Jahresabschlüsse bereits zu analysieren und zukritisieren, um zukünftige Stärken und Schwächen zu erkennen.Dann können wir feststellen, ob die für die Zukunft gesetzten Zieleauch erreicht werden oder nicht.

Die ermittelten Kennzahlen ermöglichen der Unternehmensleitungund den Führungskräften einen genaueren Einblick in die Vermö-gens-, Ertrags- und die Finanzlage des Unternehmens. Die Ergeb-nisse der Bilanzanalyse und der Bilanzkritik versetzen die Unter-nehmensleitung dann in die Lage, die Planung zu verbessern, dieKontrolle zu verfeinern und die Steuerung des Unternehmensschneller durchzuführen.

Die Bilanzanalyse und die Bilanzkritik umfassen also ein systemati-sches Verfahren der Erfassung und Verarbeitung des Informations-materials, das in der Bilanz, in der Gewinn- und Verlustrechnung,im Anhang und im Lagebericht enthalten ist, um einen besserenEinblick in die wirtschaftliche Lage und die zukünftigen Aussichteneines Unternehmens zu erhalten. Die vergangenheitsorientiertenInformationen der Jahresabschlüsse dienen also auch dazu, Aussa-gen über die zukünftige Entwicklung der Unternehmen zu machen.

Zusammenfassung:Die Aufgaben der Bilanzanalyse, der Bilanzkritik und der Bilanzpolitiksind sehr vielfältig. Die Bilanzanalyse ist ein effizientes Instrument, daseinen guten Einblick in die Verhältnisse eines Unternehmens gewährt.Die Aufgaben richten sich insbesondere nach den Adressaten, die un�terschiedliche Informationen erwarten.Die Betrachtung der absoluten Zahlen erlaubt keinen zuverlässigen Ein�blick in die Verhältnisse eines Unternehmens. Deshalb müssen zumin�dest Struktur�, Erfolgs� und Finanzanalysen durchgeführt werden.Weitere Teilanalysen sind zu erstellen, um bestimmte Einzelfragen zubeantworten.

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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Die Hauptaufgaben des Jahresabschlusses umfassen die Rechen�schaftslegung, die Dokumentation und die Information. Zu den Teilauf�gaben gehören die Konkretisierung des Erfolges und die Feststellung desausschüttungsfähigen Gewinns, die Entscheidungsgrundlagen für dieUnternehmensleitung und die Besteuerungsgrundlagen.Die Aufgaben der Bilanzanalyse und der Bilanzkritik können in sachbe�zogene und in zeitbezogene Aufgaben unterteilt werden. Die sachbezo�genen Aufgaben haben Informations�, Hinweis� und Initiativsfunktio�nen zu erfüllen. Die zeitbezogenen Aufgaben können wir in eine ver�gangenheits� und eine zukunftsorientierte Betrachtungsweise aufteilen

4 Arten der BilanzanalyseBei der Bilanzanalyse unterscheiden wir eine interne und eine exter-ne Bilanzanalyse.

4.1 Interne BilanzanalyseEine interne Bilanzanalyse wird für die Unternehmensleitung undfür die Führungskräfte erstellt. Bei der Durchführung dieser Analysestehen die Unterlagen des Rechnungswesens und zusätzliche interneInformationsquellen des Unternehmens zur Verfügung. Die interneBilanzanalyse dient im Wesentlichen der Entscheidungsvorbereitungin den Bereichen Marketing und Vertrieb, Produktion, Material-wirtschaft sowie Forschung und Entwicklung.

4.2 Externe BilanzanalyseEine externe Bilanzanalyse wird von Außenstehenden anhand vonveröffentlichten Jahresabschlüssen durchführt. Weitere interne Un-terlagen und Informationen sind normalerweise nicht vorhanden.Die Ergebnisse der externen Analyse werden vor allem dazu verwen-det, Entscheidungen über eine Kreditgewährung oder über eineBeteiligung zu treffen. Der Aussagewert der publizierten Daten istim Vergleich zu internen Informationen begrenzt, da in der Regelkeine speziellen Angaben über eventuelle Über- oder Unterbewer-tungen einzelner Bilanzpositionen vorliegen.

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A Adressaten

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Zusammenfassung:Die interne Bilanzanalyse wird für die Unternehmensleitung und für dieFührungskräfte erstellt. Es können alle Unterlagen des internen Rech�nungswesens und zusätzliche Informationsquellen des Unternehmensverwendet werden. Die Ergebnisse der internen Bilanzanalyse dienen alsEntscheidungsgrundlage insbesondere für die Bereiche Marketing undVertrieb, Produktion, Materialwirtschaft sowie Forschung und Entwick�lung.Die externe Bilanzanalyse beruht auf den Daten der veröffentlichtenJahresabschlüsse. Interne Unterlagen und Informationen stehen meistnicht zur Verfügung. Der Aussagewert der publizierten Daten ist imVergleich zu den internen Informationen begrenzt. Spezielle Angabenüber eventuelle Über� oder Unterbewertungen einzelner Bilanzpositio�nen sind in der Regel nicht vorhanden. Über stille Reserven können alsonur Vermutungen angestellt werden.

5 AdressatenDer Jahresabschluss ist insbesondere ein Instrument der Rechen-schaftslegung und der Informationsvermittlung. Folgende Adressa-ten sind an der Rechenschaftslegung und an der Informationsver-mittlung besonders interessiert:

5.1 Gesellschafter, potenzielle AnlegerDen Gesellschaftern (Kapitalgebern) ist Rechenschaft über die Akti-vitäten und die wirtschaftliche Situation der Unternehmen abzule-gen. Diese Gruppe stellt das Kapital zur Verfügung und ermöglichtdamit den Betrieb eines Unternehmens. Die Gesellschafter haftenmit ihrem Kapital gegenüber den Gläubigern und haben Anspruchauf einen Gewinn bei erfolgreicher Tätigkeit des Unternehmens.

Die Aktionäre in einer AG sind an den Entscheidungen über dielaufenden Geschäfte nicht beteiligt, da der Vorstand ihr Eigentumverwaltet. Die Trennung von Kapitalgebern und dem Vorstanderfordert also eine genaue Berichterstattung und Information. DieGesellschafter einer GmbH oder von Personengesellschaften erken-nen aufgrund der Rechenschaftslegung, was mit dem zur Verfügunggestellten Kapital geschehen ist und mit welchen Gewinnausschüt-

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tungen zu rechnen ist. Die Gesellschafter haben Eigentums- undMitgliedschaftsrechte. Deshalb sind sie daran interessiert, dass einSteuerberater oder Wirtschaftsprüfer den Jahresabschluss auf Ord-nungsmäßigkeit nach Gesetz und Satzung überprüft. Die Gewin-nermittlung sollte nicht zu stark durch bilanzpolitische Maßnahmenverfälscht werden.

Auch die potenziellen Anleger benötigen Informationen über dieSituation der Unternehmen für ihre Anlageentscheidungen. DieAnleger möchten sich ein Urteil über die Sicherheit und Rentabilitätihrer Investitionen bilden können.

5.2 Banken, Lieferanten, KundenFür die Banken, Lieferanten und Kunden ermöglicht die Offenle-gung des Jahresabschlusses, sich über die wirtschaftliche Lage derUnternehmen zu informieren. Es geht insbesondere um die Sicher-heiten für die den Unternehmen gewährten Kredite.

Die Banken prüfen die Kreditwürdigkeit der Unternehmen, bevorKredite gewährt werden. Deshalb sind die Banken daran interessiert,ob die Zinszahlungen und Tilgungen geleistet werden können. DerJahresabschluss liefert Hinweise über die Bonität. Die Liquidität, derUmsatz sowie die Vermögens- und Kapitalstruktur stellen für dieBanken wichtige Daten dar. Für langfristige Kredite sind die Zu-kunftsaussichten und die langfristige Ertragskraft der Unternehmenvon besonderer Bedeutung.

Die Lieferanten möchten ebenfalls über die Kreditwürdigkeit derUnternehmen Bescheid wissen. Wenn Lieferungen und Leistungenauf Ziel erfolgen, dann geht es darum, ob die Unternehmen in derLage sind, kurz- und langfristig den Zahlungsverpflichtungen nach-zukommen oder nicht.

Auch die guten Kunden sind daran interessiert, ob der Jahresab-schluss positiv oder negativ beurteilt wird. Die Geschäftsbeziehun-gen reichen meist in die Zukunft. Deshalb muss sichergestellt wer-den, dass die Unternehmen z. B. Rohstoffe oder Teile langfristig ingleichmäßiger Qualität liefern können oder nicht. Für mögliche

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A Adressaten

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Garantieansprüche, für die Wartung oder für Ersatzteillieferung istder Fortbestand der Unternehmen von großer Bedeutung.

5.3 Arbeitnehmer, GewerkschaftenDie Arbeitnehmer haben auch ein Interesse am Jahresabschluss derUnternehmen. Die Arbeitsplätze, das Einkommen und das berufli-che Fortkommen hängen stark von der zukünftigen Entwicklungeines Unternehmens ab.

Auch die Gewerkschaften benötigen Informationen über die einzel-nen Unternehmen für ihre Tarifverhandlungen. Die Leistungsfähig-keit der Unternehmen kann aufgrund der Jahresabschlüsse ermitteltwerden.

Die Mitbestimmungs- und Betriebsverfassungsgesetze räumen denArbeitnehmern bestimmte Rechte ein. Um diese Rechte richtigwahrnehmen zu können, benötigen die Arbeitnehmer einen Ein-blick in die Jahresabschlüsse der Unternehmen.

5.4 ÖffentlichkeitZu der interessierten Öffentlichkeit gehören beispielsweise die Pres-se, die Industrie- und Handelskammern, die Forschungsinstitute,die Verbände, die staatlichen Institutionen, die Aufsichtsbehördenund die Konkurrenz. Die einzelnen Interessengruppen nehmendeshalb Einblick in die Jahresabschlüsse der Unternehmen.

Nach der Analyse der Jahresabschlüsse ist die Öffentlichkeit meist inder Lage, sich eine Meinung über die zukünftige Entwicklung ein-zelner Unternehmen, Branchen oder Regionen zu bilden.

5.5 FinanzamtDas Finanzamt hat ein besonderes Interesse an den Jahresabschlüs-sen der Unternehmen. Die ausgewiesenen Gewinne sind die Be-messungsgrundlage für die Einkommen-, Körperschaft- und Ge-werbeertragsteuern. Die steuerlichen Vorschriften sollen bezwecken,dass die Unternehmen einen möglichst richtigen und gleichmäßigenPeriodengewinn ausweisen.

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5.6 UnternehmensleitungFür die Unternehmensleitung ist die Bilanzanalyse und die Bilanz-kritik des eigenen Jahresabschlusses ebenfalls wichtig. Die Ergebnisseder Bilanzanalyse und der Bilanzkritik zeigen auf, wie erfolgreich daseine oder andere Unternehmen gewirtschaftet hat.

In kleinen und mittleren Unternehmen stellt der gesetzlich vorge-schriebene Jahresabschluss oft das einzige kontinuierliche und syste-matisch erstellte Rechenwerk dar, das Einblick in die Entwicklungeines Unternehmens gewährt. Eine aussagefähige Kosten- und Lei-stungsrechnung ist in einigen Unternehmen noch nicht vorhanden. Indiesen Unternehmen wird das Zahlenmaterial des Jahresabschlussesauch als Planungs-, Kontroll- und Steuerungsinstrument eingesetzt.

Größere Unternehmen verfügen über zusätzliche Steuerungsinstru-mente wie beispielsweise die kurzfristige Erfolgsrechnung. Außer-dem befassen sich größere Unternehmen intensiver mit der Bilanza-nalyse und der Bilanzkritik, um die Stärken und Schwächen deseigenen Unternehmens zu ermitteln. Allerdings sollte beachtet wer-den, dass eine aussagefähigere Analyse nur mit den Zahlen der Ko-sten- und Leistungsrechnung möglich ist, da dieses Zahlenmaterialauf die Substanzerhaltung der Unternehmen besonderen Wert legt.

Zusammenfassung:Der Jahresabschluss ist ein wichtiges Instrument der Rechenschaftsle�gung und der Informationsvermittlung für die einzelnen Adressaten.Neben den Gesellschaftern und potenziellen Anlegern gehören die Ban�ken, die Lieferanten und die Kunden, die Arbeitnehmer und die Ge�werkschaften, die interessierte Öffentlichkeit, das Finanzamt und ins�besondere die Unternehmensleitung zu den wichtigen Adressaten desJahresabschlusses.

Die einzelnen Adressaten verfolgen unterschiedliche Interessen. Deshalbist auch das Informationsbedürfnis meist verschieden. Die Banken bei�spielsweise ermitteln mit den Daten der Jahresabschlüsse die Kredit�würdigkeit ihrer Kunden. Die Unternehmensleitung selbst möchte mehrüber die Stärken und Schwächen des eigenen Unternehmens im Ver�gleich zur Konkurrenz erfahren, um in Zukunft bessere Entscheidungenzu treffen.

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A

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6 BilanzartenWir unterscheiden verschiedene Bilanzarten, die eine unterschiedli-che Bedeutung haben.

6.1 Interne und externe BilanzenDie internen Bilanzen werden für die Unternehmensleitung erstellt,um ein genaueres Bild über die Lage des Unternehmens zu erhalten.Die Zahlen der internen Bilanz dienen dazu, einzelne Dispositionenzu treffen. Die Wertansätze sollten so realistisch wie möglich ange-setzt werden und orientieren sich meist nicht an den Vorschriftendes Handels- und Steuerrechts.

Diese Bilanzen können als Monats-, Quartals-, Halbjahres- oderJahresabschlüsse aufgestellt werden. Der Inhalt der internen Bilan-zen richtet sich insbesondere nach der Zwecksetzung der Unter-nehmensleitung.

Die externen Bilanzen werden dagegen nach den handels- und steu-errechtlichen Vorschriften erstellt. Sie wenden sich an verschiedeneInteressengruppen.

Die außenstehenden Adressanten erhalten die externen Bilanzen. Siedienen der Kreditwürdigkeitsprüfung und der Steuerfestsetzung.Deshalb werden diese Bilanzen von einem Steuerberater oder Wirt-schaftsprüfer erstellt und mit einem Testat versehen.

6.2 Ordentliche und außerordentlicheBilanzen

Die ordentlichen Bilanzen werden am Schluss eines jeden Ge-schäftsjahres erstellt. Diese Bilanzen dienen regelmäßig als Grundla-ge für die Bilanzanalyse und die Bilanzkritik.

Die außerordentlichen Bilanzen sind Sonderbilanzen, die nur zubestimmten Anlässen aufgestellt werden. Folgende Sonderbilanzenkönnen wir unterscheiden:

1. Gründungs-Bilanz2. Umwandlungs-Bilanz

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3. Auseinandersetzungs-Bilanz4. Fusions-Bilanz5. Sanierungs-Bilanz6. Liquidations-Bilanz7. Vergleichs-Bilanz8. Konkurs-Bilanz

6.3 Handels� und SteuerbilanzenDen Handels- und Steuerbilanzen liegen unterschiedliche Rechts-normen zu Grunde. Bei beiden Bilanzen handelt es sich um externeund ordentliche Bilanzen.

Die kleinen und mittleren Unternehmen erstellen meist nur eineSteuerbilanz. Die Kapitalgesellschaften und große Personengesell-schaften dagegen müssen neben einer Handels- auch eine Steuerbi-lanz aufstellen.

Die Handelsbilanz wird nach handelsrechtlichen Vorschriften er-stellt. Die allgemeinen rechtlichen Grundlagen stehen im Handels-gesetzbuch, das für alle Kaufleute gilt. Daneben gibt es noch Sonder-regelungen im Aktiengesetz, GmbH-Gesetz, Genossenschafts-Gesetzund Publizitäts-Gesetz. In den Geschäftsberichten der Unternehmenwerden nur die Handelsbilanzen aufgeführt und erläutert.

Die Steuerbilanzen richten sich nach den Vorschriften des Steuer-rechts. Sie dienen nur dem Finanzamt als Grundlage für die Besteue-rung. Die Ertragssteuerbilanzen werden jährlich für die Zwecke derVeranlagung zur Einkommen- und Körperschaftsteuer sowie zurGewerbesteuer erstellt. Die Vermögensteuerbilanzen dagegen dienennur zur Festlegung der Vermögensteuer.

6.4 Einzel�, Gemeinschafts� undKonzernbilanzen

Die Einzelbilanz wird von jedem Einzelunternehmen aufgestellt, dasfür sich allein bilanziert. Eine Gemeinschaftsbilanz kommt für einebilanzierende Gruppe infrage, die aus wirtschaftlich und rechtlichselbstständigen Mitgliedern besteht.

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A Inhalt der Bilanzanalyse

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Von Konzernbilanzen sprechen wir, wenn die bilanzierenden Un-ternehmen zwar rechtlich selbstständig sind, aber wirtschaftlich ineinem Über- oder Unterordnungsverhältnis zueinander stehen. Inder Konzernbilanz werden alle Unternehmen zusammengefasst, dierechtlich selbstständig sind, wirtschaftlich jedoch eine Einheit bil-den.

Zusammenfassung:Die verschiedenen Bilanzarten haben eine unterschiedliche Bedeutung.Neben den internen und externen Bilanzen unterscheiden wir die or�dentlichen und außerordentlichen Bilanzen, die Handels� und Steuer�bilanzen sowie die Einzel�, Gemeinschafts� und Konzernbilanzen.

7 Inhalt der BilanzanalyseWenn es um den Inhalt der Bilanzanalyse geht, unterscheiden wirdie formale und die materielle Bilanzanalyse.

7.1 Formale BilanzanalyseBei der formalen Bilanzanalyse erfolgt eine Überprüfung, ob derJahresabschluss mit den gesetzlichen Vorschriften übereinstimmt. Eswird festgestellt, dass die Bilanz, die GuV sowie der Anhang denAusweis-, Gliederungs-, Benennungs- und Übersichtlichkeitsge-sichtspunkten entsprechen, die vom Handelsrecht einschließlich denGrundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung vorgeschrieben wer-den.

Die Buchführung und die Jahresabschlüsse der mittelgroßen undgroßen Kapitalgesellschaften sowie der anderen publizitätspflichti-gen Unternehmen werden durch Wirtschaftsprüfer überprüft(§§ 316, 317 HGB). Die anderen Unternehmen prüfen die Steuerbe-rater. Bei einer positiven Prüfung lautet der Vermerk des Abschluss-prüfers: „Die Buchführung und der Jahresabschluss entsprechennach meiner pflichtgemäßen Prüfung den gesetzlichen Vorschriftenund der Satzung. Der Jahresabschluss vermittelt unter Beachtungder Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächli-

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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chen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz-und Ertragslage der Gesellschaft“ (§ 322 Abs. 1 HGB).

Sollte das Ergebnis der Prüfung nicht positiv sein, hat der Prüfer denBestätigungsvermerk einzuschränken oder zu versagen (§ 322 Abs. 3HGB). Wenn ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk (Testat)vorliegt, können wir davon ausgehen, dass der vorliegende Jahres-abschluss formal in Ordnung ist.

Die formale Bilanzanalyse stellt kein besonderes Problem dar. DerSteuerberater oder der Wirtschaftsprüfer bescheinigen durch dasTestat, dass der Jahresabschluss den gesetzlichen Vorschriften undder Satzung entspricht. Wir können also davon ausgehen, dass derJahresabschluss auf formale Richtigkeit überprüft wurde.

Das Testat des Abschlussprüfers bezieht sich aber nur auf die Ein-haltung der Rechnungslegungsvorschriften nach Gesetz und Sat-zung. Der Abschlussprüfer gibt allerdings kein Urteil über die wirt-schaftliche Situation des Unternehmens ab. Der Bestätigungsver-merk macht also keinesfalls die Bilanzanalyse und die Bilanzkritikdes Jahresabschlusses in Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhält-nisse des Unternehmens überflüssig.

Die formale Bilanzanalyse bezieht sich also auf die Beurteilung deräußeren Form und die Aufmachung der Bilanz. Es wird auch über-prüft, ob die einschlägigen Vorschriften des Handels- und Steuer-rechts beachtet wurden. Die Grundsätze der Bilanzierung müssenebenfalls berücksichtigt werden.

Die großen Kapitalgesellschaften legen oft besonderen Wert auf dasäußere Erscheinungsbild des Jahresabschlusses. Deshalb gestalten sieden Geschäftsbericht möglichst eindrucksvoll und attraktiv. Siepräsentieren den Geschäftsbericht in einer Form, die sowohl dieerforderlichen Zahlen als auch graphische Darstellungen zum besse-ren Verständnis des Inhalts enthält.

7.2 Materielle BilanzanalyseDie materielle Bilanzanalyse befasst sich mit der Aufbereitung undmit der sachlichen Auswertung des gesammelten Datenmaterials.Mithilfe von Kennzahlen werden betriebswirtschaftliche Aussagen

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A Inhalt der Bilanzanalyse

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über den Zustand, die bisherige Entwicklung und die zukünftigenPerspektiven des Unternehmens gemacht.

Im Anhang finden wir Informationen über die Bewertungs- undAbschreibungsmethoden, über die Änderung dieser Methoden undüber außerplanmäßige Abschreibungen und Wertberichtigungen.Derartige Angaben deuten meist auf die Bildung stiller Reserven hin.Wenn beispielsweise vermerkt ist, dass von den steuerlichen Sonder-abschreibungsmöglichkeiten höchstmöglicher Gebrauch gemachtwurde, dann ist dies ein deutlicher Hinweis auf die Bildung vonstillen Reserven. Die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten er-lauben nämlich viel niedrigere Wertansätze für die Vermögensge-genstände als dies nach handelsrechtlichen Vorschriften erlaubt ist.Diese Gesichtspunkte sind also bei der materiellen Bilanzanalyse zuberücksichtigen.

Zusammenfassung:Vom Inhalt her unterscheiden wir die formale und die materielle Bi�lanzanalyse. Bei der formalen Bilanzanalyse erfolgt eine Überprüfung,ob der Jahresabschluss mit den gesetzlichen Vorschriften überein�stimmt. Die formale Bilanzanalyse stellt für den Analytiker kein beson�deres Problem dar. Der Steuerberater oder der Wirtschaftsprüfer be�scheinigen durch das uneingeschränkte Testat, dass der Jahresabschlussden gesetzlichen Vorschriften und der Satzung entspricht. Wir könnendann davon ausgehen, dass der Jahresabschluss auf seine formale Rich�tigkeit überprüft wurde.

Die materielle Bilanzanalyse befasst sich mit der Aufbereitung und mitder betriebswirtschaftlichen Auswertung des Zahlenmaterials im Jah�resabschluss. Mithilfe von Kennzahlen werden betriebswirtschaftlicheAussagen über den jetzigen Zustand, die bisherige Entwicklung und diezukünftigen Perspektiven gemacht.Im Anhang finden wir Angaben über die Bilanzierung und Bewertungder einzelnen Positionen der Bilanz. Auch die Posten der GuV werden imAnhang erläutert. Bei der materiellen Bilanzanalyse erfolgt auch eineUntersuchung über das Vorhandensein möglicher stiller Reserven imUnternehmen.

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8 KennzahlenDie Kennzahlen stellen verdichtete Informationen dar. In kompri-mierter Form können betriebswirtschaftliche Zusammenhänge klaraufgezeigt werden.

Die Bildung von Kennzahlen erleichtert die Auswertung der ge-sammelten Informationen und der im Jahresabschluss zusammen-gestellten Daten. Die Kennzahlen sind also betriebswirtschaftlichrelevante Zahlen, die messbare betriebliche Tatbestände zusam-menfassen.

Die Kennzahlen dienen also als Instrument zur Auswertung desJahresabschlusses. Sie haben folgende Bedeutung:

1. Sie machen bestimmte Sachverhalte sichtbar, die anders nicht zuerkennen sind, z. B. Gesamtkapital-Rentabilität.

2. Sie erhöhen die Transparenz in den Unternehmen.3. Sie verdichten Sachverhalte auf eine aussagefähige Zahl.4. Sie ermöglichen Vergleiche mit anderen Unternehmen der glei-

chen Branche.5. Sie erleichtern die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage der

Unternehmen.6. Sie ermöglichen Einblicke in Teilbereiche der Unternehmen.7. Sie decken Schwächen auf.8. Sie lassen Stärken erkennen.9. Sie vermitteln ein Bild der Situation eines Unternehmens.10. Sie lassen Interdependenzen erkennen.11. Sie sind eine Momentaufnahme, wenn sie aus den Bilanzposten

errechnet werden.12. Sie betreffen den Zeitraum, wenn die Kennzahlen aus der GuV

stammen.13. Sie erleichtern die Interpretation von Tatbeständen.14. Sie verfeinern die Bildung von Urteilen.15. Sie haben vielfach eine Signalwirkung.16. Sie liefern Maßstäbe für die Beurteilung von betriebswirtschaftli-

chen Sachverhalten.

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A Kennzahlen

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Wichtig ist die richtige Interpretation der Kennzahlen. Die Beurtei-lung der Kennzahlen ist in der Praxis oft schwierig und fehlerhaft.Die einzelnen Kennzahlen dürfen nicht isoliert betrachtet werden.Die Beurteilung der Kennzahlen sollte stets im Zusammenhang mitanderen Erkenntnissen vorgenommen werden.

Zur Untersuchung von Unternehmen stellen die Kennzahlen eingeeignetes Instrument dar. Die Kennzahlen erleichtern die Beurtei-lung der Unternehmen. Dabei kommt es insbesondere auf die rich-tige Auswahl, die genaue Errechnung und den sinnvollen Vergleichvon Kennzahlen an. Die Bilanzanalyse und die Bilanzkritik beruhenim Wesentlichen auf der Ermittlung und der Interpretation vonKennzahlen. Die mithilfe der Kennzahlen gewonnenen Erkenntnissekönnen noch durch zusätzliche Informationen ergänzt werden.

Die Kunst der Bilanzanalyse und der Bilanzkritik besteht also darin,die jeweils zweckmäßigen Kennzahlen auszuwählen und korrekt zuinterpretieren. Es hat keinen Sinn, eine Menge von Kennzahlen zuerrechnen, die dann nicht richtig ausgewertet werden. Die sinnvolleAuswahl der wichtigsten Kennzahlen für die Struktur-, Erfolgs- undFinanzanalysen und die korrekte Interpretation dieser Kennzahlenist also von besonderer Bedeutung.

Die einzelnen Bilanzpositionen haben nur eine begrenzte Aussage-kraft. Für den Leser einer Bilanz bedeutet zum Beispiel die PositionVerbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von 598TDM recht wenig. Diese Position gewinnt an Bedeutung, wenn wirdiese Zahl in Verbindung mit dem Materialaufwand plus Mehr-wertsteuer bringen. Dann erhalten wir den Kreditoren-Umschlag.

Der Kreditoren-Umschlag wird wie folgt errechnet:

Materialaufwand + MehrwertsteuerKreditoren�Umschlag =

Durchschn. Verbindlichkeiten aus L + L

Wenn das Ergebnis dieser Analyse fünf beträgt, dann ist diese Kenn-zahl für viele Führungskräfte nicht aussagefähig. Deshalb sollten 360Tage durch den Kreditoren-Umschlag geteilt werden. Dann erhaltenwir das Lieferantenziel.

Das Lieferantenziel errechnen wir wie folgt:

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360Lieferantenziel =

Kreditoren�Umschlag

360=

5= 72 Tage

Der Kreditoren-Umschlag von 5 bedeutet also, dass das Unterneh-men die Lieferantenrechnungen im Durchschnitt erst nach 72 Tagenbezahlt. Da die Zahlungsbedingungen meist 10 Tage 3 % und30 Tage netto lauten, ist dieses Ergebnis als problematisch zu be-trachten. Das Unternehmen nützt nicht die Skontierung aus undzahlt erst nach 72 Tagen. Diese Tatsache lässt darauf schließen, dassdas Unternehmen Liquiditätsschwierigkeiten hat.

Für die einzelnen Bilanzpositionen sollten sinnvolle Beziehungengesucht werden. Im Vergleich zu dem Ausgangswert können dannverbesserte Informationen erarbeitet werden.

Eine Kennzahl stellt grundsätzlich eine Kombination von Zahlendar, zwischen denen bestimmte Beziehungen bestehen. Es entstehteine neue Größe, die im Vergleich zu den Ausgangsgrößen zusätzli-che Erkenntnisse vermittelt.

8.1 Arten der KennzahlenWir können verschiedene Arten der Kennzahlen unterscheiden.Neben den absoluten Kennzahlen kennen wir noch Verhältniszahlenund Richtzahlen.

Kennzahlen

Absolute Kennzahlen Verhältniszahlen Richtzahlen

Abb. 4: Arten der Kennzahlen

8.1.1 Absolute Kennzahlen

Die absoluten Kennzahlen (Grundzahlen) können direkt aus derBilanz oder der GuV entnommen werden. Es handelt sich um Ein-zelzahlen, Summen, Differenzen oder Mittelwerte.

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A Kennzahlen

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Beispiel:Bilanzgewinn, Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, Anlage�vermögen

Die absoluten Zahlen stellen aber noch keine wesentliche Informati-on dar. Die Bedeutung der einzelnen Größen wird erst sichtbar,wenn wir sie mit anderen Zahlen vergleichen. Deshalb verwendenwir in der Bilanzanalyse und in der Bilanzkritik vor allem Verhält-niszahlen.

8.1.2 Verhältniszahlen

Die Verhältniszahlen (Relativzahlen) werden ermittelt, wenn wir dieabsoluten Zahlen zueinander in Beziehung setzen. Eine Größe mes-sen wir an einer anderen Zahl. Die Masse, an der gemessen wird,bezeichnen wir als Bezugsgröße.

Verhältniszahlen

Gliederungszahlen Beziehungszahlen Indexzahlen

Abb. 5: Arten der Verhältniszahlen

Wir unterscheiden drei verschiedene Verhältniszahlen, die bei derBilanzanalyse eine unterschiedliche Bedeutung haben.

Gliederungszahlen

Bei Gliederungszahlen setzen wir eine Teilmasse zu der zugehörigenGesamtmasse in Beziehung. Es wird ermittelt, welche Relation zwi-schen der Teilgröße und der entsprechenden Gesamtgröße besteht.Die Gliederungszahlen haben gegenüber absoluten Zahlen denVorteil, dass Größenordnungen und strukturelle Beziehungen klardargestellt werden können.

Beispiel: Eigenkapitalquote

EigenkapitalEigenkapitalquote =

Gesamtkapitalx 100

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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Beziehungszahlen

Bei Beziehungszahlen werden wesensverschiedene absolute Zahlenzueinander in Beziehung gesetzt, die aber in einem inneren Zusam-menhang stehen. Beziehungszahlen erleichtern den Einblick in be-stimmte Zusammenhänge. Die in einen Zusammenhang gebrachtenTatbestände können sehr komplexer Natur sein.

Beispiel: Deckungsgrad I

EigenkapitalDeckungsgrad I =

Anlagevermögenx 100

Indexzahlen

Bei Indexzahlen (Messzahlen) werden gleichartige, aber zeitlich oderräumlich verschiedene Massen zu einer Basismasse in Beziehunggesetzt. Eine Indexzahl gibt an, um wie viel Prozent sich ein be-stimmter Vergleichswert im Berichtsjahr gegenüber dem Wert desAusgangsjahres verändert hat, der gleich 100 gesetzt ist. Es mussdarauf geachtet werden, dass der Ausgangswert des Basisjahres re-präsentativ ist und nicht durch zufällige saisonale oder strukturelleStöreinflüsse verzerrt ist.

Beispiel:Verhältnis der Umsatzerlöse verschiedener Jahre zu dem Umsatzerlöseines bestimmten Basisjahres

8.1.3 Richtzahlen

Von Richtzahlen sprechen wir, wenn die Zahlen des analysiertenUnternehmens zu branchenspezifischen Durchschnittszahlen inBeziehung gesetzt werden, die einen repräsentativen Querschnittvon Unternehmen eines Industriezweigs erfassen. Es kann auch eineDurchschnittsgröße am Markt mit einer Kennzahl im Unternehmenverglichen werden.

Beispiel:Der durchschnittliche Zinssatz des Kapitalmarktes kann als Maßstabfür die Beurteilung der Gesamtkapital�Rentabilität des analysiertenUnternehmens herangezogen werden.

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A Kennzahlen

40

8.2 KennzahlensystemVerschiedene Kennzahlen können zu einem Kennzahlensystemzusammengestellt werden. Dadurch ist es möglich, übergeordneteund untergeordnete Kennzahlen miteinander zu verknüpfen. DieAbhängigkeiten, die Zusammenhänge und die Querverbindungenwerden dann deutlich gemacht. Wir sind in der Lage, eine Zielhier-archie im Unternehmen anhand von Kennzahlen aufzubauen.

Als Kennzahlensystem eignet sich insbesondere ein System, das mitdem ROI beginnt. Dieses Kennzahlensystem ist deshalb so bedeut-sam, weil der ROI eine der wichtigsten Kennzahlen der Bilanzana-lyse und der Bilanzkritik darstellt.

G + ZFKGesamtkapital�Rentabilität =GK

x 100

G + ZFK UROI =

Ux 100 x

GK

G = Gewinn GK = Gesamtkapital

ZFK = Fremdkapitalzinsen U = Umsatz

Der Return on Investment (ROI) ist identisch mit der Gesamtkapi-tal-Rentabilität. In die Formel für die Gesamtkapital-Rentabilitätwird im Nenner und Zähler jeweils der Umsatz zusätzlich aufge-nommen. Dadurch erhalten wir zwei neue Kennzahlen, nämlich dieUmsatz-Rentabilität und die Kapitalumschlagshäufigkeit. Beim ROIhandelt es sich also um eine erweiterte Form der Gesamtkapital-Rentabilität. In dieser Formel werden die Beziehungen zwischenGewinn, Umsatz und eingesetztem Gesamtkapital dargestellt.

Der ROI wird wie folgt errechnet:

G + ZFK UROI =

Ux 100 x

GK

= Umsatz�Rentabilität x Kapitalumschlagshäufigkeit

Die wichtigste Rentabilitäts-Kennziffer ist also der ROI. Er eignetsich besonders wegen der detaillierten Darstellungsmöglichkeitenfür die Steuerung der Unternehmen. Mithilfe des ROI erhalten wir

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einen besseren Einblick in die Ertragskraft der Unternehmen. Da-durch wird die Transparenz der Unternehmen erhöht.

Der ROI gibt Aufschluss darüber, ob die Veränderung der Gesamt-kapital-Rentabilität auf einer Veränderung der Umsatz-Rentabilitätund/oder der Kapitalumschlagshäufigkeit zurückzuführen ist. Esbesteht allerdings auch die Möglichkeit, dass sich in einem Ge-schäftsjahr die Umsatz-Rentabilität verschlechtert und sich die Ka-pitalumschlagshäufigkeit gleichzeitig verbessert hat. GegenläufigeEntwicklungen werden also bei der Verwendung der ROI-Formelaufgedeckt.

Der ROI erlaubt einen besseren Einblick in die Unternehmen. Eskönnen die Abhängigkeiten und Zusammenhänge in den Unter-nehmen klarer dargestellt werden. Zur besseren Steuerung der Un-ternehmen eignet sich der ROI dadurch, dass er die Transparenz dereinzelnen Vorgänge im Unternehmen wesentlich erhöht.

Wenn der ROI grafisch dargestellt wird, können die Wirkungen dereinzelnen Maßnahmen im Unternehmen einfach nachvollzogenwerden, die von der Unternehmensleitung oder den Führungskräf-ten eingeleitet und durchgeführt werden. Fehlentscheidungen sinddabei leicht und schnell aufzudecken.

Der ROI ist auch ein Orientierungsrahmen für den Finanzmanager.Wie aus der Formel und aus dem Schema hervorgeht, ist der ROIdas Produkt aus der Umsatz-Rentabilität und der Kapitalum-schlagshäufigkeit.

ROI

Umsatz�Rentabilität Kapitalumschlagshäufigkeit

Marktebene Finanzebene

Marktziele Finanzziele

Abb. 6: ROI�Analyse

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A Kennzahlen

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Prod

uktg

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ROI

Abb. 7: Zielhierarchie bei der ROI�Analyse

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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Die Umsatz-Rentabilität bezieht sich auf die Marktebene und kanndurch die Realisierung von guten Marktzielen verbessert werden.Eine systematische Erhöhung der Deckungsbeiträge der einzelnenProdukte führt zu einer höheren Umsatz-Rentabilität. Die Vermin-derung der fixen Kosten bringt den gleichen Effekt.

Die Kapitalumschlagshäufigkeit dagegen wird auf der Finanzebenedurch die Verwirklichung von Finanzzielen beeinflusst. Die Verbes-serung der Kapitalstrukturen und der Vermögensrelationen führt zueiner Erhöhung der Umschlagshäufigkeit des Kapitals. Wenn wir diePosition Eigenkapital zu Anlagevermögen und Fremdkapital zuUmlaufvermögen vergleichen, können wir überprüfen, ob die Fi-nanzierungsregeln im Unternehmen eingehalten werden oder nicht.

Beim ROI lassen sich Zusammenhänge und Abhängigkeiten einzel-ner Teilziele leicht erkennen. Für die Unternehmensleitung und dieFührungskräfte ist auch der Wirkungszusammenhang zwischen derMarkt- und Finanzebene von großer Bedeutung.

Die Planung, Kontrolle und Steuerung kann mithilfe des ROI positivbeeinflusst werden, da die Auswirkungen der einzelnen Entschei-dungen im Unternehmen schnell und einfach nachvollziehbar sind.Mit dem ROI-Entscheidungsbaum ist eine Top-Down-Planung odereine Bottom-Up-Planung zu realisieren.

Wenn die Top-Down-Planung im Unternehmen praktiziert wird,gibt die Unternehmensleitung das ROI-Ziel von beispielsweise 12 %vor. Die einzelnen Verantwortungsbereiche haben dann die Aufga-be, in ihren Bereichen entsprechende Teilziele zu verwirklichen, diedann letztlich zur Erreichung des ROI-Zieles führen.

Bei der Bottom-Up-Planung dagegen werden zuerst die Teilziele inden einzelnen Verantwortungsbereichen festgelegt. Dann kann an-schließend errechnet werden, welcher ROI im geplanten Geschäfts-jahr schließlich erzielt wird.

Am besten sollte das Gegenstrom-Verfahren in den Unternehmenverwirklicht werden. Durch die ständigen Rückkopplungen könnendann die Abstimmungen in den einzelnen Verantwortungsbereichenvorgenommen werden, um einen guten ROI zu erwirtschaften. Inder Praxis hat sich der gegenläufige Planungsprozess bewährt.

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A Kennzahlen

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In der bisherigen Formel wurden die Daten in erster Linie aus derGewinn- und Verlustrechnung sowie aus der Bilanz verwendet.Wenn wir weitere Daten aus der Kosten- und Leistungsrechnungnehmen, lautet die ROI-Formel wie folgt:

BE + Kal. Z UROI =

Ux 100 x

Betr. K

BE = Betriebsergebnis

Kal. Z = kalkulatorische Zinsen

U = Umsatz

Betr. K = Betriebsnotwendiges Kapital

Sobald eine aussagefähige Kosten- und Leistungsrechnung im Un-ternehmen eingeführt ist, sollten alle Daten aus dieser internenRechnung eingesetzt werden, da diese Daten eine noch bessere be-triebswirtschaftliche Analyse des Unternehmens mithilfe des ROIermöglichen.

Das Kennzahlensystem dokumentiert die logische und/oder rechne-rische Verknüpfung von Kennzahlen, die zueinander in einem Ab-hängigkeitsverhältnis stehen. Der ROI-Entscheidungsbaum zeigtalso die Abbildung der unternehmerischen Zielhierarchie auf. Ausdem Kennzahlensystem können wir die Möglichkeiten der Beein-flussung und die entsprechenden Wirkungen ersehen.

Zusammenfassung:Die Kennzahlen stellen verdichtete Informationen dar und erlauben, inkonzentrierter Form betriebswirtschaftliche Zusammenhänge klar dar�zustellen. Die Bildung von Kennzahlen erleichtert die Auswertung derim Jahresabschluss zusammengestellten Daten.Die richtige Interpretation der Kennzahlen ist sehr wichtig. Die einzel�nen Kennzahlen dürfen nicht isoliert betrachtet werden. Die Beurtei�lung der Kennzahlen sollte stets im Zusammenhang mit den anderenErkenntnissen erfolgen.Die Kennzahlen erleichtern die Beurteilung der Unternehmen. Dabeikommt es auf die richtige Auswahl, die genaue Errechnung und densinnvollen Vergleich von Kennzahlen an. Die Kunst der Bilanzanalyseund der Bilanzkritik besteht also darin, die jeweils zweckmäßigen Kenn�zahlen auszuwählen und korrekt zu interpretieren.

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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Es hat keinen Sinn, eine Menge von Kennzahlen zu errechnen, die dannnicht richtig ausgewertet werden. Die sinnvolle Auswahl der wichtig�sten Kennzahlen für die Struktur�, Erfolgs� und Finanzanalysen und dierichtige Interpretation dieser Kennzahlen ist also von besonderer Be�deutung.Kennzahlen können absolute Kennzahlen, Verhältniszahlen oder Richt�zahlen sein. Die Verhältniszahlen sind für die Bilanzanalyse und die Bi�lanzkritik sehr wichtig, die in Gliederungs�, Beziehungs� und Indexzah�len unterteilt werden können.

Verschiedene Kennzahlen sollten zu einem Kennzahlensystem zusam�mengefasst werden. Dadurch können übergeordnete und untergeord�nete Kennzahlen miteinander verknüpft werden. Die Abhängigkeiten,die Zusammenhänge und die Querverbindungen werden dadurch deut�lich.Als Kennzahlensystem eignet sich besonders der ROI�Entscheidungsbaum, der auch graphisch dargestellt werden kann. DerROI ist das Produkt aus der Umsatz�Rentabilität und der Kapitalum�schlagshäufigkeit.Einen besseren Einblick in die Unternehmen erhalten wir durch die ROI�Analyse. Es können die Abhängigkeiten und Zusammenhänge in denUnternehmen klarer dargestellt werden. Zur besseren Steuerung derUnternehmen eignet sich der ROI dadurch, dass er die Transparenz dereinzelnen Vorgänge im Unternehmen wesentlich erhöht.

9 VergleichsrechnungenNeben den Kennzahlen zählen die Vergleichsrechnungen zu denwichtigsten Instrumenten der Bilanzanalyse und der Bilanzkritik.Die Ist-Daten des analysierten Unternehmens werden bestimmtenVergleichsdaten gegenüber gestellt. Aus den Übereinstimmungenoder Abweichungen lassen sich dann zusätzliche Erkenntnisse überdas untersuchte Unternehmen gewinnen.

Wenn Vergleichsrechnungen angestellt werden, ist sicherzustellen,dass das vorliegende Zahlenmaterial auch eine objektive Vergleich-barkeit möglich macht. Es ist darauf zu achten, dass gleiche Periodenund vergleichbare betriebliche Sachverhalte gegeben sind, die mög-lichst nach gleichen oder vergleichbaren Kriterien bewertet werden.

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A Vergleichsrechnungen

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Vergleichsrechnungen

ZeitvergleicheBetriebs� und

BranchenvergleicheSoll�Ist�Vergleiche

Abb. 8: Arten der Vergleichsrechnungen

Wir unterscheiden folgende Möglichkeiten der Vergleichsrechnun-gen: Zeitvergleiche, Betriebs- und Branchenvergleiche sowie Soll-Ist-Vergleiche.

9.1 ZeitvergleicheDie Rechnungslegung der Unternehmen hat pro Geschäftsjahr zuerfolgen. Deshalb können die Jahresabschlüsse eines Unternehmenspro Jahr analysiert werden. Ein Vergleich der einzelnen Jahre istohne Probleme möglich. Um sich ein fundiertes Urteil über einUnternehmen machen zu können, sollten mindestens die Jahresab-schlüsse von drei aufeinanderfolgenden Jahren einer Bilanzanalyseund einer Bilanzkritik unterzogen werden.

Bei der Abfassung der neuen Rechnungslegungsvorschriften hat derGesetzgeber besonderen Wert auf die Vergleichbarkeit des Zahlen-materials gelegt. Die Unternehmen haben insbesondere die Grund-sätze der Bilanzklarheit und der Bilanzkontinuität (Vergleichbarkeitund Stetigkeit der Daten) zu beachten.

Ein besonderes Problem stellen die Preissteigerungen während dereinzelnen Jahre dar. Diese Preissteigerungen können pro Jahr her-ausgerechnet werden. Dann ist es möglich, die Bilanzanalyse und dieBilanzkritik auf der Basis von preisbereinigten Zahlen durchzuführen.

9.2 Betriebs� und BranchenvergleicheBeim Betriebsvergleich stellen wir die Zahlen des Jahresabschlusseseines vergleichbaren Unternehmens den Daten des analysiertenUnternehmens gegenüber. Sehr sinnvoll ist es, wenn die Zahlen desHauptkonkurrenten zum Betriebsvergleich herangezogen werdenkönnen (Benchmarking).

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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Da die Jahresabschlüsse der Konkurrenzunternehmen in vielenFällen nicht zur Verfügung stehen, sollten Branchenvergleichedurchgeführt werden. Die entsprechenden Daten der einzelnenBranchen können von verschiedenen Stellen besorgt werden.

Branchenkennzahlen1. Großbanken

2. Sparkassen

3. Volksbanken

4. Deutsche Bundesbank

5. Statistisches Bundesamt

6. Wirtschaftsverbände

Abb. 9: Quellen für Branchenkennzahlen

Die Großbanken, die Sparkassen und die Volksbanken haben seiteinigen Jahren Branchenkennzahlen ermittelt. Die Deutsche Bun-desbank, das Statistische Bundesamt und einige Wirtschaftsverbändeverfügen ebenfalls über Branchenkennzahlen.

Es ist sinnvoll, wenn sich die einzelnen Unternehmen zuerst einmaldie Branchenkennzahlen von ihrer Hausbank besorgen. Da die Ban-ken in Verbindung mit der Kreditwürdigkeitsprüfung die Jahresab-schlüsse ihrer Kunden regelmäßig analysieren und kritisch würdigen,sollte sich die Unternehmensleitung eine Kopie der Analysen über ihreigenes Unternehmen von der Hausbank besorgen. Die meistenBanken senden den Unternehmen gerne eine Fotokopie der Bilanza-nalysen, in denen die Branchenkennzahlen bereits eingetragen sind.

Obwohl keine absoluten Vergleichsmöglichkeiten vorliegen, bietendie Branchenkennzahlen wertvolle Hinweise, wie im Durchschnittdie Konkurrenzunternehmen abschneiden. Die Unternehmenslei-tung und die Führungskräfte erhalten dann wertvolle Richtwerteund Hinweise, die bei den in Zukunft anfallenden Entscheidungenberücksichtigt werden können.

9.3 Soll�Ist�VergleicheDie Unternehmen sollten eine Unternehmensplanung aufbauen, umdie Existenz ihrer Unternehmen langfristig besser zu sichern. Dieermittelten Zielvorgaben müssen in den Plänen für die kommenden

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A Vergleichsrechnungen

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2 bis 5 Jahre berücksichtigt werden. Die Ergebnisse der Unterneh-mensplanung sollten in einer Plan-Bilanz sowie in einer Plan-GuVzusammengefasst werden.

Wenn geplante Jahresabschlüsse bereits vorliegen, können die Soll-größen, die den Zielvorstellungen der Unternehmensleitung ent-sprechen, mit den effektiven Daten der Jahresabschlüsse verglichenwerden. Dann ergeben sich Abweichungen, die erkennen lassen,inwieweit die Zielsetzungen in den einzelnen Jahren realisiert wer-den konnten.

Mithilfe einer Abweichungsanalyse lassen sich die wesentlichenUrsachen für die Abweichungen ermitteln. Dann kann eine syste-matische Gegensteuerung erfolgen, damit in Zukunft die vereinbar-ten Ziele besser, schneller und genauer erreicht werden können.

Zusammenfassung:Die Vergleichsrechnungen sind wichtige Instrumente der Bilanzanalyseund der Bilanzkritik. Es ist sicherzustellen, dass das vorliegende Zah�lenmaterial eine objektive Vergleichbarkeit möglich macht. Die betrieb�lichen Sachverhalte sollten nach gleichen oder vergleichbaren Kriterienbewertet werden.

Die Zeitvergleiche sind mindestens über drei Jahre durchzuführen, umsich ein fundiertes Urteil über ein Unternehmen machen zu können.Preissteigerungen sollten möglichst eliminiert werden.

Für Betriebsvergleiche kommen vor allem die Hauptkonkurrenten infra�ge (Benchmarking). Nach der Analyse und der Kritik der eigenen Datenmit den Zahlen der Konkurrenz können schnell die Stärken und Schwä�chen des eigenen Unternehmens erkannt werden. Dann besteht dieMöglichkeit, eine gezielte Steuerung des Unternehmens vorzunehmen,um die Stärken noch zu verbessern und die Schwächen zu beseitigen.Die Branchenvergleiche sollten angestellt werden, wenn das Zahlen�material vom Konkurrenzunternehmen nicht zur Verfügung steht. DieBanken haben Branchenkennzahlen in den letzten Jahren auf derGrundlage der Jahresabschlüsse der Kunden errechnet, die bei den Ban�ken Kredite beantragt haben. Die meisten Hausbanken geben ohne Pro�bleme den Unternehmen Branchenkennzahlen auf Anfrage. Am gün�stigsten ist es, wenn die Unternehmen Fotokopien von den Bilanzana�lysen und der Bilanzkritik des eigenen Unternehmens einschließlich derBranchenkennzahlen von ihren Hausbanken anfordern.

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10 Grenzen der Bilanzanalyse undder Bilanzkritik

Der Bilanzanalyse und der Bilanzkritik sind Grenzen gesetzt, die beider Analyse und bei der kritischen Würdigung eines Unternehmensberücksichtigt werden müssen. Der Wahrheitsgehalt des Jahresab-schlusses und die Verfügbarkeit des Zahlenmaterials sind zweiwichtige Gesichtspunkte, die genauer überprüft werden sollten.

Grenzen der Bilanzanalyseund der Bilanzkritik

Wahrheitsgehalt der Zahlen Verfügbarkeit des Zahlenmaterials

Abb. 10: Grenzen der Bilanzanalyse und der Bilanzkritik

Beim Einsatz des bilanzanalytischen Instrumentariums müssen wirberücksichtigen, dass bei der Bilanzanalyse und der BilanzkritikGrenzen zu beachten sind, die die Ergebnisse der Auswertung be-einflussen können. Diese Grenzen und Probleme sind bei der Ana-lyse des eigenen Unternehmens und der Unternehmen der gleichenBranche zu beachten.

Die Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften ermöglichen unter-schiedliche Ansätze der Bilanzpositionen auf der Aktiv- und Passiv-seite der Bilanz. Dadurch können stille Reserven gebildet werden.Die Unternehmen haben also erhebliche Bewertungsspielräume.

10.1 Wahrheitsgehalt der ZahlenDer Grundsatz der Bilanzwahrheit sollte bei der Erstellung des Jah-resabschlusses berücksichtigt werden. In der Praxis zeigt sich aber,dass die Bilanzwahrheit durch die Wahlrechte und durch den Er-messungsspielraum bei der Bewertung einzelner Bilanzpositioneneingeschränkt werden kann. Der Jahresabschluss der Unternehmenstellt nur ein Abbild der Wirklichkeit dar, das unter Berücksichti-

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A Grenzen der Bilanzanalyse und der Bilanzkritik

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gung der Grenzen der Bilanzanalyse und der Bilanzkritik der Wahr-heit entspricht.

Wahrheitsgehalt

Formale Einschränkungen Materielle Einschränkungen

Abb. 11: Wahrheitsgehalt der Zahlen

Die Generalnorm des „True And Fair View“ (§ 264 Abs. 2 HGB)und der Grundsatz der Vollständigkeit (§ 246 Abs. 1 HGB) lassenvermuten, dass der Jahresabschluss eine wirklichkeitsgetreue Abbil-dung der Unternehmensverhältnisse liefert. Dies ist aber aus folgen-den Gründen nicht der Fall.

10.1.1 Formale Einschränkungen

Die Bilanzanalyse und die Bilanzkritik beziehen sich jeweils nur aufdie Momentaufnahmen der Bilanz eines jeden Jahres. Das Vermö-gen, das Eigenkapital und die Schulden unterliegen aber ständigenVeränderungen während des Geschäftsjahres. Je stärker ein Unter-nehmer auf die Bilanzoptik Wert legt, desto schneller können sichdie Bilanzpositionen bereits einen Tag nach dem Jahresabschlusswieder ändern.

Formale Grenzen• Der Jahresabschluss ist eine Momentaufnahme eines Unternehmens.

• Der Jahresabschluss ist vergangenheitsorientiert.

• Eine unterschiedliche Zusammensetzung von Bilanzpositionen ist möglich.

• Unvollständige Informationsquellen sind vorhanden. Für den externen Analytikerstehen meist nur quantitative, aber keine qualitativen Informationen zur Verfü�gung.

Abb. 12: Formale Grenzen

Die Jahresabschlüsse beziehen sich jeweils auf die vergangenen Jah-re. Besonders wichtig sind aber die Entwicklungen eines Unterneh-mens für die Zukunft. Die Bilanzanalyse und die Bilanzkritik sindalso stets vergangenheits- und nicht zukunftsorientiert. Zur Beur-

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teilung eines Unternehmens sind aber insbesondere zukünftige Ent-wicklungen des Unternehmens wichtig.

Die Bilanzpositionen im Jahresabschluss entsprechen dem vorge-schriebenen Gliederungsschema. In den einzelnen Unternehmenkönnen sich die Positionen aber unterschiedlich zusammensetzen.Die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen von 800 T€ bei-spielsweise umfassen in einem Unternehmen viele Einzelforderun-gen und in einem anderen Unternehmen nur wenige Forderungen.

Der Jahresabschluss liefert nur quantitative Informationen. Vielequalitative Aspekte sind bei externen Analysen und bei Analysen derKonkurrenzunternehmen meistens nicht bekannt. Zu den qualitati-ven Daten gehören vor allem die Qualifikation der Unternehmens-leitung und der Mitarbeiter, die bestehenden Kreditlinien, dasKnow-how, die neuen Produkte, die gute Organisation, eine starkeVertriebsmannschaft sowie eine effiziente Forschung und Entwick-lung.

10.1.2 Materielle Einschränkungen

Im Jahresabschluss werden nur die bilanzierungsfähigen Wirt-schaftsgüter erfasst. Für einige Vermögenswerte besteht ein Bilanzie-rungsverbot (§ 248 HGB). Die Bilanzangaben sind also unvollstän-dig.

Der originäre Firmenwert beispielsweise darf nicht bilanziert wer-den. Dieser Wert umfasst die eigenen Marken und Patente, be-stimmte Schutzrechte und das Know-how, die Qualifikation derMitarbeiter und die vorhandene Organisation sowie die Kundenund Lieferanten.

Es gibt Vermögensgegenstände, die dem Unternehmen wirtschaft-lich zustehen, aber sich rechtlich in fremdem Eigentum befinden.Dazu gehören die verpfändeten und sicherungsübereigneten Posi-tionen im Anlagevermögen. Auch die unter Eigentumsvorbehaltgelieferten Rohstoffe zählen dazu.

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A Grenzen der Bilanzanalyse und der Bilanzkritik

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Materielle GrenzenDer Jahresabschluss enthält nicht alle Werte des Unternehmens.

1. Einige Vermögensgegenstände gehören wirtschaftlich, aber nicht rechtlich demUnternehmen.

2. Die Eventualverbindlichkeiten und die sonstigen finanziellen Verpflichtungenstehen nicht in der Bilanz.

3. Das private Haftungskapital ist bei Einzel� und Personengesellschaften nichtersichtlich.

4. Die Bewertung der Vermögensgegenstände erfolgt zu Anschaffungs� oderHerstellungskosten.

5. Eine Beeinflussung der Vermögensgegenstände durch außerplanmäßigeAbschreibungen, Wertberichtigungen und Rückstellungen ist möglich.

6. Die Ausnutzung von Wahlrechten und von Ermessensspielräumen bei derBilanzierung und Bewertung der Vermögensgegenstände ist erlaubt.

7. Die Beeinflussung der Vermögensgegenstände durch weitere bilanzpolitischeMaßnahmen kann vorgenommen werden.

Abb. 13: Materielle Grenzen

Die Eventualverbindlichkeiten und die sonstigen finanziellen Ver-pflichtungen werden unter dem Strich der Bilanz oder im Anhangaufgeführt (§§ 251, 268 Abs. 7, 285 Abs. 3 HGB). Dazu gehörenbeispielsweise das Wechselobligo, Leasingverträge und begonneneInvestitionsvorhaben.

Das private Haftungskapital der Gesellschafter bei Einzel- und Per-sonengesellschaften ist nicht ersichtlich. Diese Informationen kön-nen die Kreditwürdigkeit der Unternehmen wesentlich beeinflussen.

Die Vermögensgegenstände werden höchstens mit den Anschaf-fungs- oder Herstellungskosten bewertet (§ 253 Abs. 1 HGB). Auchdas Vorsichtsprinzip kann dazu führen, dass in den Unternehmenstille Reserven entstehen (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB).

Durch die außerplanmäßigen Abschreibungen, Wertberichtigungenund Rückstellungen besteht die Möglichkeit, die Werte der in derBilanz aufgeführten Positionen zu beeinflussen.

Das Handels- und das Steuerrecht lassen bestimmte Wahlrechte zu,die Auswirkungen auf den Ausweis bestimmter Bilanzpositionenund/oder auf deren Höhe haben. Die Maschinen beispielsweisekönnen linear oder degressiv abgeschrieben werden. Die Unterneh-men können das Lifo-Verfahren anwenden. Steuerliche Sonderab-

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schreibungen und die Sofortabschreibung geringwertiger Wirt-schaftsgüter sind zulässig.

Durch bilanzpolitische Maßnahmen können einzelne Positionen der Bilanzenpositiv oder negativ beeinflusst werden. Bei der Bilanzanalyse und der Bilanz-kritik können wir davon ausgehen, dass die gut geführten Unternehmen imRahmen ihres Ermessensspielraums alles tun werden, um den Jahresabschlussin ihrem Sinne zu gestalten.

Die Banken sind mit diesen Problemen vertraut. Erfahrene Bankerstellen bei der Kreditwürdigkeitsprüfung der Unternehmen immerwieder fest, dass die Jahresabschlüsse der gut geführten Unterneh-men grundsätzlich noch besser sind, als die Daten der Jahresab-schlüsse es zum Ausdruck bringen. Allerdings gilt diese Feststellungauch umgekehrt. Die Situation in schlecht gemanagten Unterneh-men ist in der Regel noch viel schlechter, als die Zahlen der Jahres-abschlüsse dokumentieren.

Zwischen den Rechenschaftspflichtigen und den Adressaten derBilanz besteht ein eindeutiger Interessenskonflikt. Die Unternehmentun meist alles, um nicht mehr zu zeigen, als sie müssen. Die Adres-saten der Bilanz hingegen setzen alles daran, um einen möglichstguten Blick hinter die Kulissen zu werfen.

Die zahlreichen bilanzpolitischen Möglichkeiten stellen Problemebei der Bilanzanalyse und der Bilanzkritik dar. Da aber alle Unter-nehmen grundsätzlich die gleichen Voraussetzungen haben, sind dieJahresabschlüsse der Unternehmen wichtige Grundlagen bei derBeurteilung der einzelnen Unternehmen.

Die Nutzung von Wahlrechten ist im Anhang erkennbar und meistquantifizierbar. Bei der Aufbereitung des Zahlenmaterials könnendiese Fakten berücksichtigt werden. Diese Informationen sollten indas Urteil über das Unternehmen einfließen.

10.2 Verfügbarkeit der DatenJeder Kaufmann ist verpflichtet, innerhalb bestimmter Fristen denJahresabschluss zu erstellen. Die Fristen sind aber von der Rechts-form und der Größe der Unternehmen abhängig.

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A Grenzen der Bilanzanalyse und der Bilanzkritik

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Die mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften müssen generell3 Monate nach Abschluss des Geschäftsjahres die Jahresabschlüsseerstellt haben (§ 243 Abs. 3 HGB). Kleine Kapitalgesellschaften ha-ben eine Frist von 6 Monaten für die Aufstellung der Jahresab-schlüsse zu beachten (§ 264 Abs. 1 HGB). Bei Einzel- und Personen-gesellschaften sollten die Jahresabschlüsse bis zu einem Jahr nachden Geschäftsabschluss erstellt sein.

Für die Durchführung einer Bilanzanalyse und einer Bilanzkritikkommt es auf die Offenlegung der Jahresabschlüsse an. Die mittel-großen und die großen Kapitalgesellschaften müssen die Jahresab-schlüsse spätestens vor dem Ablauf von 9 Monaten und die kleinenKapitalgesellschaften innerhalb von 12 Monaten ab Bilanzstichtagveröffentlichen (§§ 325, 326 HGB).

Die externe Bilanzanalyse und die Bilanzkritik kann für die einzel-nen Unternehmen also erst relativ spät durchgeführt werden. DieDaten der Jahresabschlüsse sind dann schon meist weitgehend über-holt und haben dann nur noch eine beschränkte Aussagefähigkeit.

Den aus den Jahresabschlüssen gewonnenen Erkenntnissen sind alsoGrenzen gesetzt, die die Aussagekraft der ermittelten Kennzahleneinschränken können. Die Bilanzanalyse ist trotz der sich ergeben-den Schwierigkeiten ein gutes Instrumentarium zur Beurteilung derUnternehmen. Der Jahresabschluss hat unter Berücksichtigung deraufgezeigten Grenzen einen großen Informationswert und erlaubteinen guten Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage derUnternehmen.

Zusammenfassung:Der Bilanzanalyse und der Bilanzkritik sind Grenzen gesetzt, die bei derAnalyse und der kritischen Würdigung der Ergebnisse eines Unterneh�mens zu berücksichtigen sind. Der Wahrheitsgehalt der Jahresab�schlüsse und die Verfügbarkeit des Zahlenmaterials sind zwei wichtigeGesichtspunkte, die die Aussagekraft der Bilanzanalyse und der Bilanz�kritik einschränken können.Beim Wahrheitsgehalt der Zahlen können wir formale und materielleEinschränkungen unterscheiden. Zu den formalen Grenzen gehört, dassder Jahresabschluss nur eine Momentaufnahme und vergangenheitsori�entiert ist, dass die Zusammensetzung der Bilanzpositionen unter�

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schiedlich sein kann und dass meist nur quantitative aber keine quali�tativen Informationen zur Verfügung stehen.Die materiellen Grenzen sind noch vielfältiger. Der Jahresabschluss ent�hält nicht alle Werte des Unternehmens. Einige Vermögensgegenständegehören nur wirtschaftlich, aber nicht rechtlich den Unternehmen. DieEventualverbindlichkeiten und die sonstigen finanziellen Verpflichtun�gen stehen nicht in der Bilanz. Das private Haftungskapital ist bei Ein�zel� und Personengesellschaften nicht ersichtlich. Die Bewertung derVermögensgegenstände erfolgt zu Anschaffungs� und Herstellungsko�sten. Die Vermögensgegenstände können durch außerplanmäßige Ab�schreibungen, durch Wertberichtigungen und durch Rückstellungen be�einflusst werden. Die Ausnutzung von Wahlrechten und von Ermes�sensspielräumen bei der Bilanzierung und Bewertung der Vermögensge�genstände ist erlaubt. Die Beeinflussung der Vermögensgegenständeund der Schulden ist auch durch weitere bilanzpolitische Maßnahmenmöglich.Die Verfügbarkeit des Datenmaterials ist von bestimmten Fristen ab�hängig, die sich nach der Rechtsform und Größe des Unternehmensrichten. Kapitalgesellschaften müssen drei Monate und die Einzel� undPersonengesellschaften erst ein Jahr nach Abschluss des Geschäftsjah�res die Jahresabschlüsse erstellt haben. Die Offenlegung der Jahresab�schlüsse erfolgt noch später.

Die externe Bilanzanalyse und die Bilanzkritik können deshalb für dieeinzelnen Unternehmen erst relativ spät durchgeführt werden. Die Da�ten sind dann meist weitgehend überholt und haben nur noch eine be�schränkte Aussagefähigkeit.

11 BilanzsteuerrechtDas Bilanzsteuerrecht ist das wichtigste Teilgebiet der betrieblichenSteuerlehre für den Betriebswirt. Die gesetzlichen Grundlagen fürden steuerlichen Jahresabschluss bilden die §§ 238 ff. HGB, §§ 140bis 148 AO und §§ 4 bis 7 EStG.

Der Jahresabschluss nach dem Handels- und dem Steuerrecht wirdaus der Finanzbuchhaltung entwickelt. Im betrieblichen Rech-nungswesen erfassen wir alle Tatbestände, die als Grundlagen für dieSteuerberechnungen dienen.

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A Bilanzsteuerrecht

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Der Gewinn der Steuerbilanz ist die Basis für die Berechnung derEinkommen- oder der Körperschaftsteuer und des Gewerbeertrags.Die Vermögenspositionen der Steuerbilanz stellen die Grundlage fürdie Ermittlung der Einheitswerte dar, aus denen das Gewerbekapitalund die Vermögensteuer berechnet werden. Das Bilanzsteuerrechtgilt gleichermaßen für die Einzelkaufleute, für die Personengesell-schaften und für die Kapitalgesellschaften.

Zusammenfassung:Das Bilanzsteuerrecht ist für den Betriebswirt der wichtigste Teil desSteuerrechts. Der Jahresabschluss nach dem Handels� und Steuerrechtwird aus der Finanzbuchhaltung entwickelt. Der Gewinn der Steuerbi�lanz ist die Basis für die Berechnung der Einkommen� oder der Körper�schaftsteuer und der Gewerbeertragsteuer. Neben der Ertragsteuerbi�lanz wird noch eine Vermögensteuerbilanz erstellt.

11.1 Allgemeine Vorschriften

11.1.1 Rechenschaftslegung

Die Unternehmen haben über den Erfolg ihrer Geschäftstätigkeitund über ihre wirtschaftliche Situation, d. h. über ihre Vermögens-,Finanz- und Ertragslage mindestens einmal am Ende eines jedenGeschäftsjahres Rechenschaft abzulegen (§ 264 HGB). Die Instru-mente der Rechenschaftslegung umfassen die Bilanz, die GuV undden Anhang (§ 242 HGB). Die Kapitalgesellschaften müssen auchnoch einen Lagebericht erstellen (§ 289 HGB).

Der Jahresabschluss dient der Ermittlung des Periodengewinns. Ausder Bilanz sind die Vermögensgegenstände, das Eigenkapital und dieSchulden zu erkennen. Der Jahresabschluss des Unternehmens stelltauch eine wichtige Grundlage für die Planung, Kontrolle und Steue-rung des Unternehmens dar.

11.1.2 Dokumentation

In der Finanzbuchhaltung und im Jahresabschluss werden die Ver-mögensgegenstände und die Schulden dokumentiert. Diese Unterla-gen können bei Rechtsstreitigkeiten als Belege der durchgeführten

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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Geschäftsvorfälle und als Beweismittel für die einzelnen Transaktio-nen verwendet werden.

Der Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften dient insbesonderedem Interesse des Gläubigerschutzes und zur Information der Öf-fentlichkeit. Deshalb sind besondere Vorschriften für die Erstellung,Prüfung, Feststellung und Veröffentlichung des Jahresabschlusseserlassen worden (§§ 265 ff. HGB).

Die Kapitalgesellschaften müssen ihren Jahresabschluss beim Han-delsgericht hinterlegen. Die großen Kapitalgesellschaften sind au-ßerdem verpflichtet, ihre Jahresabschlüsse zusätzlich im Bundesan-zeiger abdrucken zu lassen.

Die mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften haben ihre Jah-resabschlüsse noch durch Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buch-prüfer prüfen zu lassen.

11.1.3 Größenmerkmale

Für die Abgrenzung der Größenklassen der Unternehmen geltenfolgende Kriterien, von denen jeweils zwei in zwei aufeinanderfol-genden Geschäftsjahren erfüllt sein müssen (§ 267 HGB):

Größenklassen

Kriterien KleineKapitalge�sellschaft

MittelgroßeKapitalgesellschaft

GroßeKapitalgesell�schaft

Bilanzsumme (€) ≤ 3,438 Mio. > 3,438 ≤ 13,75 Mio. > 13,75 Mio.

Umsatzerlöse (€) ≤ 6,875 Mio. > 6,875 ≤ 27,5 Mio. > 27,5 Mio.

Beschäftigte ≤ 50 > 50 ≤ 250 > 250

Abb. 14: Größenklassen von Kapitalgesellschaften nach EU�Recht

Das europäische Gesellschaftsrecht sieht für alle Kapitalgesellschaf-ten in der EU einheitliche Regeln für die Aufstellung, Prüfung undOffenlegung von Jahresabschlüssen vor. Für kleine, mittelgroße undgroße Kapitalgesellschaften wurden neue Grenzwerte festgelegt, diebei der Bilanzsumme und den Jahresnettoumsätzen höher liegen alsdie bisherigen Schwellenwerte.

Die neuen Schwellenwerte gelten auch für die Eröffnungsbilanzennach dem D-Markbilanzgesetz. Die aktualisierten Werte können

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A Bilanzsteuerrecht

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rückwirkend für die Geschäftsjahre ab dem 1. 1. 1991 angewandtwerden.

Unabhängig von der Rechtsform ist die Veröffentlichung der Jahres-abschlüsse für große Unternehmen vorgeschrieben, die jeweils zweider drei folgenden Merkmale an zwei aufeinanderfolgenden Stichta-gen erfüllen (§§ 1, 3, 9, 10 PublG):

Merkmale

Kriterien GrößeBilanzsumme (€) > 65 Mio.

Umsatzerlöse (€) > 130 Mio.

Arbeitnehmer > 5.000

Abb. 15: Merkmale der großen Unternehmen

11.1.4 Fristen des Bilanzsteuerrechts

Jahresabschlüsse sind vergangenheitsorientiert. Zwischen dem Bi-lanzstichtag und dem Zeitpunkt der Veröffentlichung besteht einlängerer Zeitraum für die einzelnen Unternehmen. Je nach der Grö-ße der Gesellschaften unterscheiden wir unterschiedliche Fristen.

Fristen des Bilanzsteuerrechts

Größe derGesellschaft

KleineKapitalgesell�schaft

MittelgroßeKapitalgesell�schaft

GroßeKapitalgesell�schaft

Aufstellung desJahresabschlusses

6 Monate 3 Monate 3 Monate

Einberufung der Gesell�schafterversammlung

11 Monate 8 Monate 8 Monate

Einreichung desJahresabschlusses zumHandelsregister

12 Monate 9 Monate 9 Monate

Abb. 16: Fristen des Bilanzsteuerrechts

Die Jahresabschlüsse müssen bei kleinen Kapitalgesellschaften nach6 Monate aufgestellt sein. Die mittelgroßen und großen Kapitalge-sellschaften haben die Aufstellung bereits nach 3 Monaten zu ma-chen. Die Einberufung der Gesellschafterversammlung erfolgt beikleinen Kapitalgesellschaften innerhalb von 11 Monaten nach dem

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Bilanzstichtag. Die mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaftenmüssen die Einberufung der Gesellschafterversammlung bereitsinnerhalb von 8 Monaten vornehmen. Die Einreichung der Jahres-abschlüsse zum Handelsregister hat nach 12 Monaten bei kleinenKapitalgesellschaften und nach 9 Monaten bei mittelgroßen undgroßen Kapitalgesellschaften zu erfolgen.

11.1.5 Bilanzierungspflichtige

Der Bilanzierungspflichtige ist die natürliche oder juristische Person,der ein Vermögensgegenstand zugerechnet wird. Der Vermögensge-genstand ist der handelsrechtliche Begriff, der mit dem steuerrechtli-chen Begriff Wirtschaftsgut identisch ist.

Wirtschaftsgüter1. Körperliche Gegenstände

2. Rechte

3. Wirtschaftliche Werte

Abb. 17: Formen der Wirtschaftsgüter

Die Wirtschaftsgüter umfassen nicht nur körperliche Gegenstände,sondern auch Rechte und wirtschaftliche Werte, die selbstständigbewertet werden können.

11.1.6 Eigentümer

Die Unternehmen dürfen nur die Wirtschaftsgüter als Betriebsver-mögen ausweisen, die ihnen entweder als bürgerlich-rechtliche Ei-gentümer oder als wirtschaftliche Eigentümer zurechenbar sind.

Eigentümer

Bürgerlich�rechtliche Eigentümer Wirtschaftliche Eigentümer

Abb. 18: Eigentümer der Wirtschaftsgüter

Die Vermögensgegenstände sind nach dem Handelsrecht demKaufmann zuzurechnen, zu dessen Vermögen sie gehören (§ 240HGB). Dieser Grundsatz gilt auch für das Steuerrecht (§ 39 AO). Die

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Substanz eines Wirtschaftsgutes steht dem bürgerlich-rechtlichenEigentümer zu, der auch das Wirtschaftsgut zu bilanzieren hat.

Die Besteuerung richtet sich nicht nur nach der Rechtsform, son-dern auch nach den wirtschaftlichen Verhältnissen. Der Eigentümerkann für die Zeit der gewöhnlichen Nutzungsdauer von der Einwir-kung auf das Wirtschaftsgut ausgeschlossen sein. Beim Kauf unterEigentumsvorbehalt oder bei der Sicherungsübereignung ist dies derFall. Dann muss der wirtschaftliche Eigentümer das Wirtschaftsgutbilanzieren.

11.1.7 Betriebsvermögen

Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Bücher zu führen und in diesenseine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach denGrundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen(§ 238 HGB).

Er hat auch beim Beginn seines Handelsgewerbes und jeweils fürden Schluss eines jeden Geschäftsjahres seine Vermögensgegenstän-de und Schulden genau aufzuzeichnen (§ 240 HGB). Der Unter-nehmer muss auch regelmäßig einen das Verhältnis des Vermögensund der Schulden darstellenden Abschluss (Eröffnungs- undSchlussbilanz) aufstellen, um den Gewinn zu ermitteln (§ 242 HGB).

Der Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsver-mögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögendes vorangegangenen Wirtschaftsjahres unter Berücksichtigung derim Laufe eines Wirtschaftsjahres getätigten Entnahmen und Einla-gen (§ 4 Abs. 1 EStG). Es muss also ein Betriebsvermögensvergleicherstellt werden. Deshalb ist eine klare Abgrenzung des Betriebsver-mögens vom Privatvermögen erforderlich.

In der Steuerbilanz werden nur Wirtschaftsgüter bei der Gewinner-mittlung berücksichtigt, die zum Betriebsvermögen zählen. DieKapitalgesellschaften besitzen nur Betriebsvermögen. Die Einzel-kaufleute und die Gesellschafter von Personengesellschaften habenneben dem Betriebsvermögen auch noch privates Vermögen. Wirt-schaftsgüter, die in keiner Beziehung zu einem Betrieb stehen oderderen Beziehung zum Betrieb von untergeordneter Bedeutung ist,zählen zum notwendigen Privatvermögen.

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Die Wirtschaftsgüter können wir in Betriebsvermögen und in Pri-vatvermögen aufteilen.

Wirtschaftsgüter

Betriebsvermögen Privatvermögen

Abb. 19: Arten der Wirtschaftsgüter

Beim Betriebsvermögen unterscheiden wir das notwendige Betriebs-vermögen und das gewillkürte Betriebsvermögen.

Betriebsvermögen

Notwendiges Betriebsvermögen Gewillkürtes Betriebsvermögen

Abb. 20: Arten des Betriebsvermögens

Notwendiges Betriebsvermögen

Alle Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb unmittelbar und ausschließ-lich dienen, gehören zum notwendigen Betriebsvermögen. Maschi-nen beispielsweise werden ihrer Natur und ihrer Art nach nur be-trieblich genutzt.

Es gibt aber auch Wirtschaftsgüter, die ihrer Art nach sowohl be-trieblichen als auch privaten Zwecken zu dienen bestimmt sein kön-nen. Aus dem Umfang der betrieblichen Nutzung kann geschlossenwerden, ob sie zum notwendigen Betriebsvermögen gehören odernicht.

Der PKW eines Handelsvertreters gehört nach der Zweckbestim-mung und nach der tatsächlichen Nutzung unmittelbar dem Be-trieb. Es kommt jeweils auf die unmittelbare sachliche Beziehungzum Betrieb an. Wenn ein Wirtschaftsgut überwiegend betrieblichgenutzt wird (mehr als 50 %), dann gehört es ebenfalls zum not-wendigen Betriebsvermögen.

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Gewillkürtes Betriebsvermögen

Beim gewillkürten Betriebsvermögen handelt es sich um Wirt-schaftsgüter, die ihrer Natur nach weder notwendiges Betriebsver-mögen noch notwendiges Privatvermögen darstellen. Der Unter-nehmer besitzt ein Wahlrecht, das er aber nicht willkürlich wahr-nehmen kann. Wenn der Steuerpflichtige die Wirtschaftsgüter demBetriebsvermögen zuordnen will, dann gehören sie zum gewillkür-ten Betriebsvermögen.

Folgende Voraussetzungen müssen für ein gewillkürtes Betriebs-vermögen vorliegen:

1. Die Wirtschaftsgüter müssen in einem gewissen objektiven Zu-sammenhang zu dem Betrieb stehen. Die Gegenstände sind dazugeeignet, den Betrieb zu fördern. Die Land- und Forstwirte, dieGewerbetreibenden und die selbstständig Tätigen haben dasRecht, ein gewillkürtes Betriebsvermögen zu besitzen.

2. Das gewillkürte Betriebsvermögen muss in der Buchführungeindeutig als Betriebsvermögen ausgewiesen werden. Dann isteine Kontrolle möglich.

3. Der Gewinn muss durch Vermögensvergleich ermittelt werden.Bei der Einnahme-Überschussrechnung ist also ein gewillkürtesBetriebsvermögen nicht erlaubt (Abschnitt 17 Abs. 5 EStR).

Zusammenfassung:Die allgemeinen Vorschriften umfassen die Rechenschaftslegung, dieDokumentation, die Größenmerkmale, die Fristen des Bilanzsteuer�rechts, die Bilanzierungspflichtigen, die Eigentümer der Wirtschaftsgü�ter und das Betriebsvermögen.Der Analytiker des Jahresabschlusses sollte Grundkenntnisse über dieseeinzelnen Punkte besitzen, um einen besseren Einblick in die Zusam�menhänge zu erhalten, die zu einem Jahresabschluss führen. Auch dieUnternehmensleitung und die Führungskräfte des Finanz� und Rech�nungswesens sowie des Controlling sollten detaillierte Kenntnisse überdas Bilanzsteuerrecht haben.

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11.2 GewinnermittlungsartenDie Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetriebund aus selbstständiger Arbeit bezeichnen wir als Gewinne (§ 2Abs. 2 Nr. 1 EStG). Die Steuerpflichtigen müssen ihre Gewinneselbst errechnen. Für die Ermittlung des Periodengewinns unter-scheiden wir folgende Methoden:

Methoden zur GewinnermittlungBetriebsvermögensvergleich (§ 5 EStG)

Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG)

Einnahme�Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG)

Schätzung (§ 162 AO)

Abb. 21: Methoden zur Gewinnermittlung

11.2.1 Betriebsvermögensvergleich nach § 5 EStG

Am Schluss des Wirtschaftsjahres wird das Betriebsvermögen ange-setzt, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßi-ger Buchführung ausgewiesen wird (§ 5 EStG). Die steuerrechtlichenVorschriften sind dabei zu beachten (§§ 4 bis 7 EStG). Die Maßgeb-lichkeit des Handelsrechts wird durch die umgekehrte Maßgeblich-keit des Steuerrechts für die steuerrechtliche Gewinnermittlungergänzt (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EStG).

Auf der Grundlage der doppelten Buchführung werden die Bilanzsowie die GuV aufgestellt. Bei dem Betriebsvermögensvergleich gehtes also um den üblichen Jahresabschluss eines Kaufmanns.

Die Gewinnermittlung durch die Bilanzierung ist für folgende Ge-werbetreibende vorgeschrieben:

1. Gewerbetreibende, die zu einer ordnungsmäßigen Buchführungverpflichtet sind (§ 238 HGB). Dazu gehören die Kapitalgesell-schaften, die Genossenschaften, die Handelsgesellschaften unddie in das Handelsregister eingetragenen Einzelkaufleute.

2. Gewerbetreibende, die nach steuerrechtlichen Vorschriften zurFührung von Büchern verpflichtet sind. Die Buchführungspflichtbesteht für Betriebe, die folgende Grenzen überschreiten (§ 141AO):

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a) Umsatz über350.000,00 €b) Gewinn über 30.000,00 €

3. Gewerbetreibende, die freiwillig Bücher führen und nicht unter 1und 2 fallen.

11.2.2 Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG

Die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG erfolgt mithilfe folgen-der Vermögensvergleichsrechnungen: Der Gewinn ist der Unter-schiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss desWirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des voran-gegangenen Wirtschaftsjahres. Dieser Betrag wird vermehrt um denWert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.

Diese Gewinnermittlung kommt für folgende Betriebe infrage:

1. Land- und Forstwirte, die Bücher führen müssen (§ 161 AO).Dazu gehören Betriebe, die folgende Kriterien erfüllen:a) Umsatz über350.000,00 €b) Gewinn über 30.000,00 €

2. Land- und Forstwirte, die freiwillig Bücher führen und Ab-schlüsse machen.

3. Freiberufler, die freiwillig Bücher führen und Abschlüsse machen(§ 18 EStG).

11.2.3 Einnahme�Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG

Die Einnahme-Überschussrechnung ist eine vereinfachte Methodeder Gewinnermittlung. Der Gewinn ergibt sich als Überschuss derBetriebseinnahmen über die Betriebsausgaben.

Diese Gewinnermittlung ist geeignet für die Land- und Forstwirte,für die Minderkaufleute und für die selbstständig Tätigen, wenn siekeine Vermögensvergleichsrechnungen machen müssen. Für Freibe-rufler ist diese Methode der Gewinnermittlung besonders interes-sant. Die Höhe des Umsatzes, des Vermögens und des Gewinnsspielen für Freiberufler keine Rolle. Zu den Freiberuflern gehöreninsbesondere Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Ärzte, Rechtsanwälteund Unternehmensberater.

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Die Einnahmen und Ausgaben in bar sowie die Gutschriften undBelastungen auf dem Girokonto werden als Geschäftsvorfälle erfasst.Das Entstehen einer Forderung oder die Begründung einer Ver-bindlichkeit sind nicht relevant.

Bei der Einnahme-Überschussrechnung werden also nur die Be-triebseinnahmen und die Betriebsausgaben berücksichtigt. EineInventur und eine Bilanz sind bei dieser Rechnung nicht erforder-lich.

Die Betriebseinnahmen und die Betriebsausgaben müssen einzelnerfasst werden. (§ 146 AO). Ein Verzeichnis über die abnutzbarenund die nicht abnutzbaren Anlagegüter ist zu führen.

11.2.4 Schätzung

Die Buchführung eines Unternehmens ist nicht ordnungsgemäß,wenn sie erhebliche Mängel aufweist oder wenn der Gewinn offen-bar manipuliert ist. Dann erfolgt eine Schätzung des Gewinns (§ 162AO).

Die Vollschätzung des Gewinns wird anhand eines Vergleichs mitden Ergebnissen gleichgelagerter Betriebe vorgenommen. Die Richt-zahlen liegen den Oberfinanzdirektionen vor. Insbesondere inHandwerks- und Einzelhandelsbetrieben werden die Richtsätze alsKontrollinstrumente und als Schätzgrundlagen eingesetzt.

Zusammenfassung:Die Gewinnermittlungsarten hängen von der Größe und Tätigkeit derUnternehmen ab. Die Gewerbetreibenden erstellen grundsätzlich einenJahresabschluss und führen einen Betriebsvermögensvergleich nach § 5EStG durch. Land� und Forstwirte sowie Freiberufler, die Bücher führen,machen einen Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG.Die Einnahme�Überschussrechnung ist eine vereinfachte Methode derGewinnermittlung, die insbesondere von Freiberuflern gewählt wird.Diese Methode erleichtert erheblich die Aufgaben der Buchführung.Die Schätzung des Gewinns erfolgt bei allen Unternehmen, die keineordnungsmäßige Buchführung machen oder die den Gewinn offensicht�lich manipuliert haben. Bei der Schätzung wird der Gewinn vom Fi�nanzamt meist bewusst etwas höher angesetzt.

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11.3 Handels� und Steuerbilanz

11.3.1 Zweck der Bewertung

Die Zwecke der Bewertung in der Handels- und Steuerbilanz sindunterschiedlich. Für das klare Verständnis der Bewertungsvor-schriften und für die richtige Auslegung ist es wichtig, dass wir dieUnterschiede kennen.

Handelsbilanz

Die Handelsbilanz wird nach handelsrechtlichen Bestimmungenerstellt (§§ 242 bis 289 HGB). Der Hauptzweck der Handelsbilanz istdie Ermittlung des Gewinns unter besonderer Berücksichtigung desGläubigerschutzes. Das Ziel der Handelsbilanz ist es, den Gewinnvorsichtig zu ermitteln. Es gilt also der Grundsatz der Vorsicht.

Das Handelsrecht setzt deshalb die Bewertungsgrenzen nach obenfest, um die Vermögenslage des Unternehmens nicht zu günstigdarzustellen. Dadurch soll auch eine Gewinnausschüttung aus derSubstanz vermieden werden. Die Bildung stiller Reserven wird be-grenzt, um die Interessen der Gesellschafter zu berücksichtigen undum Gewinnmanipulationen einzuschränken.

Steuerbilanz

Der Hauptzweck der Steuerbilanz ist die Ermittlung eines möglichstgleichmäßigen Periodengewinns, um eine gerechte Besteuerungs-grundlage zu erhalten. Das Ziel der Steuerbilanz besteht darin, denGewinn in vollem Umfang auszuweisen, damit die Steuerbelastunggerecht verteilt wird. Die steuerrechtlichen Vorschriften sollen ver-hindern, dass die Aktiva zu niedrig und die Passiva zu hoch ausge-wiesen werden. Die Bilanzierungspflichtigen dagegen sind bestrebt,ihre eigene wirtschaftliche Lage nicht zu günstig darzustellen.

Die Steuerbilanz dient dem Staat auch dazu, gezielte Wirtschafts-und Sozialpolitik zu betreiben. Deshalb lässt das Steuerrecht auchBewertungsvergünstigungen zu. Durch die Bildung steuerlicherRücklagen kann dann der steuerliche Gewinn gemindert werden.Auf den Ausweis des richtigen Periodengewinns wird dann bewusst

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verzichtet. Das Steuerrecht gibt also Anreize beispielsweise für Inve-stitionen und für Umweltschutzmaßnahmen.

Steuerbilanz

Ertragsteuerbilanz Vermögensteuerbilanz

Abb. 22: Arten der Steuerbilanzen

Die Steuerbilanz umfasst die Ertragsteuer- und die Vermögensteu-erbilanz. Die Ertragsteuerbilanz ist wichtig für die Besteuerung desUnternehmens.

Die Vermögensteuerbilanz wird nach den Vorschriften des Bewer-tungssteuergesetzes erstellt und dient der Ermittlung der Vermö-gensteuer. Diese Bilanz hat keine Bedeutung für den Jahresab-schluss. Die Vermögensteuerbilanz müssen die Unternehmen alledrei Jahre zur Ermittlung des Einheitswertes des gewerblichen Be-triebes aufstellen. Die Vermögensteuer ist in der Zwischenzeit weg-gefallen.

Die Steuerbilanz kann mit der Handelsbilanz identisch sein, wenndie Wertansätze den steuerlichen Bestimmungen gemäß festgelegtwerden. Sie kann aber auch aus der Handelsbilanz abgeleitet wer-den, indem die vom Steuerrecht geforderten Korrekturen vorge-nommen werden.

Die Einzel- und Personengesellschaften stellen meist nur eine Steu-erbilanz auf. Die prüfungspflichtigen mittelgroßen und großen Ka-pitalgesellschaften dagegen trennen meist die Handelsbilanz von derSteuerbilanz, indem sie aus der Handelsbilanz die Steuerbilanz ab-leiten.

11.3.2 Maßgeblichkeitsgrundsatz

Grundsätzlich gilt die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für dieSteuerbilanz. Die Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte werdengrundsätzlich identisch ausgeübt. Die umgekehrte Maßgeblichkeitder Steuerbilanz für die Handelsbilanz betrifft insbesondere die

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steuerlichen Sonderabschreibungen, die erhöhten Absetzungen unddie Bildung von steuerlichen Rücklagen.

Maßgeblichkeit der Handelsbilanz

Die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz bedeutet,dass die handelsrechtlichen Wertansätze in die Steuerbilanz über-nommen werden müssen, wenn sie im Rahmen der steuerlichenBewertungsvorschriften liegen.

Bei der steuerrechtlichen Gewinnermittlung ist das Vermögen an-zusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungs-mäßiger Buchführung auszuweisen ist (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG).Wenn zwingende Vorschriften des Steuerrechts dem entgegenste-hen, müssen diese berücksichtigt werden. Die handelsrechtlichenAktivierungs- und Passivierungsgebote und Aktivierungs- und Pas-sivierungsverbote sind also auch steuerrechtlich bindend.

Umgekehrte Maßgeblichkeit

Weichen die Wertansätze in der Handelsbilanz von den steuerrecht-lichen Bewertungsvorschriften ab, müssen in der Steuerbilanz dieabweichenden Steuerwerte eingesetzt werden. SteuerrechtlicheWahlrechte können aber nur in Übereinstimmung mit der Handels-bilanz ausgeübt werden. Dadurch wird das steuerliche Wahlrecht fürdie Bewertung in der Handelsbilanz zwingend. Deshalb sprechen wirdann von der umgekehrten Maßgeblichkeit der Steuerbilanz für dieHandelsbilanz.

Die Anwendung steuerlicher Sondervorschriften ist handelsrechtlicherlaubt. Das gilt beispielsweise für die steuerrechtlichen Sonderab-schreibungen auf das Anlage- und Umlaufvermögen (§§ 254, 279Abs. 2 HGB) und für die Bildung von steuerfreien Rücklagen(§§ 247 Abs. 3, 273 HGB). Die steuerfreien Rücklagen werden in denSonderposten mit Rücklageanteil erfasst.

Zusammenfassung:Die Zwecke der Bewertung in der Handels� und Steuerbilanz sind un�terschiedlich. Der Hauptzweck der Handelsbilanz ist die Ermittlung desGewinns unter besonderer Berücksichtigung des Gläubigerschutzes. Esgilt der Grundsatz der Vorsicht.

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In der Steuerbilanz ist der Hauptzweck die Ermittlung eines möglichstgleichmäßigen Periodengewinns. Die Gewinne sollen in vollem Umfangausgewiesen werden.Das Steuerrecht lässt allerdings aus wirtschaftspolitischen Gründenbestimmte Bewertungsvergünstigungen zu. Steuerfreie Rücklagen sindmöglich. Das Steuerrecht gibt auch Anreize zu Investitionen und Um�weltschutzmaßnahmen.Generell gilt die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz.Die Bilanzierungs� und Bewertungsvorschriften werden grundsätzlichidentisch in der Handels� und Steuerbilanz ausgeübt. Die umgekehrteMaßgeblichkeit der Steuerbilanz für die Handelsbilanz betrifft insbe�sondere die steuerlichen Sonderabschreibungen, die erhöhten Abset�zungen und die Bildung von steuerfreien Rücklagen.

11.4 Finanzbuchhaltung, Inventur,Bilanzierung

11.4.1 Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung

Die Handelsbilanz und die ihr zu Grunde liegende Buchführungmuss nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung erstelltwerden (§ 238 ff. HGB). Die Grundsätze gelten auch für die Steuer-bilanz, da sie ihrer Natur nach eine aufgrund zwingender steuer-rechtlicher Vorschriften korrigierte Handelsbilanz ist (§ 5 Abs. 1EStG).

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung beinhalten die Re-geln, die ein Kaufmann bei der Erstellung seiner Buchführung undseines Jahresabschlusses beachten muss. Diese Grundsätze könnenvon Rechtsnormen, dem Gewohnheitsrecht und dem Handels-brauch abgeleitet werden.

Eine Buchführung ist ordnungsgemäß, wenn ein sachverständigerDritter sich innerhalb einer angemessenen Zeit einen Überblick überdie Geschäftsvorfälle und die Lage des Unternehmens verschaffenkann (§ 238 Abs. 1 Satz 2 HGB, § 145 Abs. 1 AO). Eine ordnungs-mäßige Buchführung liegt vor, wenn die für die kaufmännischeBuchführung erforderlichen Bücher geführt werden, die Bücher

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förmlich in Ordnung sind und der Inhalt der Buchführung sachlichrichtig ist.

Folgende Voraussetzungen müssen gegeben sein:

1. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Ab-wicklung verfolgen lassen (§ 238 Abs. 1 Satz 3 HGB, § 140 Abs. 1AO).

2. Die Führung der Handelsbücher und der sonst erforderlichenAufzeichnungen müssen in lebender Sprache erfolgen (§ 239Abs. 1 Satz 1 HGB, § 146 Abs. 3 AO).

3. Die Eintragungen in den Büchern und die sonst erforderlichenAufzeichnungen müssen vollständig, richtig, zeitgerecht und ge-ordnet sein (§ 239 Abs. 2 HGB, § 146 Abs. 1 AO).

4. Die Eintragungen und die Aufzeichnungen dürfen nicht so ver-ändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr fest-stellbar ist (§ 239 Abs. 3 Satz 1 HGB, § 164 Abs. 4 AO).

5. Die Handelsbücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnun-gen können auf Datenträgern geführt werden. Die Loseblatt-buchführung und die Fernbuchführung sind zulässig (§ 239Abs. 4 HGB, § 146 Abs. 5 AO).

6. Die Bücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sindim Geltungsbereich der AO zu führen und aufzubewahren (§ 146Abs. 2 Satz 1 AO).

7. Die Mindesterfordernisse für einen Kaufmann lauten:a) Führung eines Kassenbuches (§ 146 Abs. 1 Satz 2 AO)b) Führung von Kontokorrentkonten. Offene-Posten-Buch-

führung ist erlaubt (§ 146 Abs. 5 AO).c) Führung von Wareneingangs- und Warenausgangsbüchern

(§§ 143, 144 AO). Die Durchführung einer Inventur pro Jahrist erforderlich (§§ 240, 241 HGB).

8. Der Jahresabschluss muss innerhalb einer entsprechenden Zeitaufgestellt werden (§ 264 Abs. 2 Sätze 2 und 3 HGB).

Mittelgroße und große Kapitalgesellschaften 3 MonateKleine Kapitalgesellschaften 6 MonateEinzel- und Personengesellschaften 1 Jahr

9. Keine Buchung darf ohne Beleg vorgenommen werden.

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10. Die Aufbewahrungsfristen sind einzuhalten (§ 257 HGB, § 147AO). Die Unterlagen müssen entweder 6 oder 10 Jahre aufbe-wahrt werden, wie folgende Aufstellung zeigt:

Aufbewahrungsfristen6 Jahre 10 Jahre• Empfangene Handels� und Geschäfts�

briefe

• Kopien der abgesandten Handels� undGeschäftsbriefe

• Buchungsbelege

• Sonstige für die Besteuerung erforder�lichen Unterlagen

• Bücher und Aufzeichnungen

• Inventurunterlagen

• Inventare

• Bilanzen

• Arbeitsanweisungen zum Verständnisder Bilanzen

• Sonstige Organisationsunterlagen

Abb. 23: Aufbewahrungsfristen

Die Aufbewahrungsfristen beginnen mit dem Ablauf des Kalender-jahres (§ 257 Abs. 5 HGB, § 147 Abs. 4 AO). Sie verlängern sichunter bestimmten Voraussetzungen, z. B. bei begonnenen Außen-prüfungen, bei vorläufigen Steuerfestsetzungen und bei eingeleitetensteuerstrafrechtlichen Ermittlungen (§§ 147 Abs. 3, Satz 2, 165 AO).

11.4.2 Inventur

Begriff

Die Inventur ist zur Aufstellung des Inventars erforderlich. BeideAufstellungen gehören zu den Bestandteilen des Jahresabschlusses.Unter der Inventur verstehen wir die mengen- und wertmäßigeErfassung aller Vermögensgegenstände und Schulden eines Unter-nehmens (§§ 240 Abs. 1 und 2, 241 HGB).

Bei größeren Unternehmen ist die körperliche Bestandsaufnahme desAnlagevermögens schwierig. Deshalb kann der Bestand des Anlage-vermögens aus der Anlagenkartei entnommen werden. Das Bestands-verzeichnis muss allerdings folgende Informationen enthalten:

1. Bezeichnung des Gegenstandes2. Datum des Zugangs3. Anschaffungs- oder Herstellungskosten4. Wert am Bilanzstichtag5. Tag des Abgangs

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Methoden der Inventur

Bei der Inventur können wir verschiedene Methoden unterscheiden.Neben der Stichtagsinventur kennen wir die verlegte und die per-manente Inventur sowie die Stichprobeninventur.

Methoden der Inventur

Stichtags�inventur

VerlegteInventur

PermanenteInventur

Stichproben�inventur

Abb. 24: Methoden der Inventur

1. Stichtagsinventur

Bei der Stichtagsinventur erfolgt die mengen- und wertmäßige Er-fassung der Vermögensgegenstände und Schulden zum Stichtag desJahresabschlusses. Die Bestandsaufnahme muss nicht genau zumJahresstichtag erfolgen. Es genügt eine zeitnahe Erfassung innerhalbeiner Frist von 10 Tagen vor oder nach dem Bilanzstichtag. DieBestandsveränderungen bis zum Bilanzstichtag oder zum Bilanz-stichtag zurück sind durch Wertfortschreibungen oder Wertrück-rechnungen zu berücksichtigen.

Die Stichtagsinventur ist problematisch und bringt folgende Nach-teile mit sich:

1. Hoher Arbeitsaufwand2. Störung des Betriebsablaufs3. Schließung des Betriebs4. Aufnahmefehler5. Geringe Kontrolle6. Zu späte Ermittlung der Differenzen

2. Verlegte Inventur

Die Inventur kann auch innerhalb der letzten 3 Monate vor und biszu 2 Monate nach dem Bilanzstichtag durchgeführt werden. Für dieverlegte Inventur ist eine Lagerbuchhaltung erforderlich. Es erfolgtdann eine mengen- und wertmäßige Fortschreibung oder Rück-rechnung auf den Bilanzstichtag.

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Die verlegte Inventur stellt eine gewisse Erleichterung zur Stich-tagsinventur dar. Allerdings ist auch diese Inventurmethode nicht zuempfehlen.

3. Permanente Inventur

Bei der permanenten Inventur ist nur eine mengen- und wertmäßigeBestandsaufnahme für jede Position innerhalb eines Wirtschaftsjah-res erforderlich. Die permanente Inventur setzt eine ordnungsmäßi-ge Lagerbuchhaltung voraus. Nach der Bestandsaufnahme erfolgteine Fortschreibung der Mengen und der Werte bis zum Bilanz-stichtag. Die Zu- und Abgänge werden während des Jahres mithilfevon Lieferscheinen und Materialentnahmescheinen laufend erfasst.

Die permanente Inventur sollte zur besseren Steuerung der Unter-nehmen durchgeführt werden und bietet folgende Vorteile:

1. Laufende Erfassung der einzelnen Gegenstände während desGeschäftsjahres

2. Spezialisten führen die Erfassung durch3. Kein Einsatz von unqualifiziertem Personal4. Überraschende Aufnahmen möglich5. Häufigere Erfassung von Gegenständen mit höheren Differenzen6. Bessere Ursachenforschung von Fehlmengen7. Schnellere Ermittlung von Problemen im Lager

4. Stichprobeninventur

Bei der Stichprobeninventur werden unter der Anwendung derStichprobentheorie die Inventurwerte eines Lagers ermittelt. Durchdie Hochrechnung von den Werten der entnommenen Stichprobenwerden die Werte von Teilen des gesamten Lagers ermittelt.

Durch die Stichtagsinventur wird der Arbeitsanfall insbesondere beider Erfassung der Hilfs- und Betriebsstoffe reduziert. Die Unter-nehmen können mit dieser Methode erhebliche Rationalisierungs-maßnahmen durchführen.

Die hochwertigen Teile (A-Teile) müssen vollständig erfasst undbewertet werden. Für diese Teile gilt der Grundsatz der Einzelbe-wertung.

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11.4.3 Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung

Bilanzansätze

Unter Bilanzierung verstehen wir die Erstellung des Bilanzansatzesin formeller und materieller Sicht. Wir unterscheiden Ansatzgebote,Ansatzverbote und Ansatzwahlrechte.

Bilanzierung

Formeller Bilanzansatz Materieller Bilanzansatz

Abb. 25: Formeller und materieller Bilanzansatz

1. Formeller Bilanzansatz

Der formelle Bilanzansatz beinhaltet die Fragen der Aktivierung undPassivierung von Bilanzpositionen. Es geht darum, welche Bilanz-positionen in der Bilanz auszuweisen sind.

2. Materieller Bilanzansatz

Beim materiellen Bilanzansatz handelt es sich um die Fragen derBewertung. Es ist zu klären, mit welchem Betrag die einzelnenWirtschaftsgüter nach Handels- und Steuerrecht in der Bilanz an-zusetzen sind.

Bilanzierungsgrundsätze

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung können wir unter-teilen in Grundsätze der Bilanzwahrheit, der Bilanzklarheit und derBilanzkontinuität.

Grundsätzeordnungsmäßiger Bilanzierung

Grundsatz der Bilanz�wahrheit

Grundsatz der Bilanz�klarheit

Grundsatz der Bilanz�kontinuität

Abb. 26: Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung

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1. Grundsatz der Bilanzwahrheit

Der Grundsatz der Bilanzwahrheit beinhaltet, dass die Buchungenvollständig zeitgerecht, geordnet und richtig aufgezeichnet werdenmüssen (§ 339 Abs. 2 HGB, § 146 Abs. 1 AO). Der Jahresabschlusshat sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgren-zungsposten, Aufwendungen und Erträge zu enthalten (§ 246 Abs. 1HGB). Die einzelnen Positionen müssen vollständig erfasst undrichtig bewertet werden.

Der Grundsatz der Vorsicht steht aber über dem Grundsatz derWahrheit.

2. Grundsatz der Bilanzklarheit

Der Grundsatz der Bilanzklarheit fordert, dass der Jahresabschlussklar und übersichtlich aufgestellt werden muss (§ 243 Abs. 2 HGB).Die Gliederungsvorschriften der Bilanz sowie der GuV geben Auf-schluss darüber (§§ 266, 275 HGB).

Neben den Gliederungsvorschriften gehören zum Grundsatz derBilanzklarheit noch folgende Punkte:

1. Saldierungsverbot (§ 246 Abs. 2 HGB)Aktiva und Passiva sowie Aufwendungen und Erträge dürfennicht untereinander verrechnet werden.

2. Vorjahresbeträge (§ 265 Abs. 2 HGB)Der Jahresabschluss muss die Angaben und Erläuterungen auchder Vorjahresbeträge enthalten.

3. Zusammenfassung der PostenUnerhebliche Posten können zusammengefasst werden. Dadurchwird die Klarheit des Jahresabschlusses erhöht.

Die Bilanz soll äußerlich ein einwandfreies Bild abgeben, das eineauswertungsfähige Übersicht ermöglicht und auch eine Bilanzkritikerlaubt.

3. Grundsatz der Bilanzkontinuität

Der Grundsatz der Bilanzkontinuität soll die Vergleichbarkeit derJahresabschlüsse ermöglichen. Ein genaues Bild über die Entwick-lung eines Unternehmens ist nur möglich, wenn die einzelnen Jah-

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resabschlüsse miteinander vergleichbar sind. Deshalb ist eine gleichbleibende Anwendung bestimmter Regelungen hinsichtlich derForm und des Inhalts der Bilanz erforderlich.

Grundsatz der Bilanzkontinuität

Formelle Bilanzkontinuität Materielle Bilanzkontinuität

Abb. 27: Formelle und materielle Bilanzkontinuität

Den Grundsatz der Bilanzklarheit können wir in eine formelle undeine materielle Bilanzkontinuität aufteilen.

1. Formelle Bilanzkontinuität

Die formelle Bilanzkontinuität umfasst das äußere Bild des Jahres-abschlusses. Die Wertansätze der Schlussbilanz eines Jahres und derAnfangsbilanz des Folgejahres müssen identisch sein (§ 252 Abs. 1Nr. 1 HGB, § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG). Deshalb sprechen wir auch vonder Bilanzidentität.

Die formelle Bilanzkontinuität schlägt sich insbesondere in folgen-den Punkten nieder:

1. Gleich bleibender BilanzstichtagDer Jahresabschluss ist an einem gleich bleibenden Bilanzstichtagzu erstellen. Eine willkürliche Änderung des Bilanzstichtages er-schwert die Vergleichbarkeit des Jahresabschlusses insbesonderebei Saisonbetrieben.

2. Gleiche GliederungDas Bilanzschema muss beibehalten werden. Die Reihenfolge derBilanzposten ist in der Bilanz konstant zu halten.

3. Inhaltliche StetigkeitDie Zusammenfassung verschiedener Vermögensgegenstände ineinem Posten sollte nicht geändert werden. Die inhaltliche Ste-tigkeit ist also zu bewahren.

2. Materielle Bilanzkontinuität

Die materielle Bilanzkontinuität bezieht sich auf die Anwendunggleicher Bewertungsgrundsätze in der Bilanzfolge. Die Wahrung des

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Wertzusammenhangs und des Bewertungsmethodenzusammen-hangs in den Bilanzen ist also zu beachten.

1. WertezusammenhangUnter Wertezusammenhang verstehen wir, dass der Wert derBilanzposten in der Schlussbilanz des Vorjahres nicht über-schritten werden darf.

2. BewertungsmethodenzusammenhangDer Bewertungsmethodenzusammenhang beinhaltet, dass stetsnur eine Bewertungsart zur Anwendung kommt. Ein willkürli-cher Wechsel von der degressiven zur linearen Abschreibung istbeispielsweise nicht erlaubt.Die Bewertungsstetigkeit schreibt vor, dass die beim vorherge-henden Jahresabschluss angewandten Bewertungsmethoden bei-behalten werden sollten. Nur in begründeten Ausnahmefällenkann eine Abweichung von der vorher gewählten Bewertungs-methode erfolgen. Ein vorgenommener Wechsel in der Bewer-tungsmethode ist im Anhang zu kommentieren.

Zusammenfassung:Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sind zu beachten. DieBuchführung ist ordnungsgemäß, wenn ein sachverständiger Drittersich innerhalb einer angemessenen Zeit einen Überblick über die Ge�schäftsvorfälle und die Lage des Unternehmens verschaffen kann.Unter der Inventur verstehen wir die mengen� und wertmäßige Erfas�sung aller Vermögensgegenstände und Schulden eines Unternehmens.Wir unterscheiden die Stichtagsinventur, die verlegte und permanenteInventur sowie die Stichprobeninventur. Die Unternehmen sollten mög�lichst die permanente Inventur einführen, die viele Vorteile bietet.Die Grundsätze der Bilanzwahrheit, der Bilanzklarheit und der Bilanz�kontinuität sind zu beachten. Dadurch wird insbesondere eine Ver�gleichbarkeit der Jahresabschlüsse ermöglicht.

11.5 Allgemeine BewertungsgrundsätzeBei der Bewertung der Positionen in der Bilanz müssen verschiedeneBewertungsgrundsätze deutlich auseinandergehalten werden.

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11.5.1 Nominalwertprinzip

Das Handels- und Steuerrecht gehen vom Nominalwertprinzip aus.Es wird unterstellt, dass beispielsweise eine Maschine, die 1994 fürdamals 100.000 DM angeschafft wurde, nach dem Ablauf der Nut-zungsdauer von 8 Jahren für den gleichen Preis wieder beschafftwerden kann. Die Abschreibungen erfolgen ebenfalls von den An-schaffungskosten. Diese Unterstellung des Handels- und Steuer-rechts ist in Zeiten der Inflation unrealistisch und führt dazu, dassdie Vermögenslage der Unternehmen falsch dargestellt wird. Da-durch erleiden die Unternehmen Substanzverluste.

11.5.2 Grundsatz der Unternehmensfortführung

Bei der Bewertung der einzelnen Vermögensgegenstände und Schul-den wird unterstellt, dass das Unternehmen fortgeführt wird, soweitdem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenste-hen (Going-Concern-Prinzip). Die Fortführung der Unternehmen-stätigkeit heißt, dass ein Unternehmen bei vernünftiger kaufmänni-scher Beurteilung die gewerbliche Tätigkeit für einen übersehbarenZeitraum fortsetzen kann (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB).

11.5.3 Grundsatz der Periodenabgrenzung

Alle Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres sind unabhän-gig von den Zahlungen im Jahre der wirtschaftlichen Verursachungzu erfassen (§ 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB). Die Abschreibungen undRückstellungen stellen typische Fälle der Periodenabgrenzung dar.

11.5.4 Grundsatz der Stichtagsbewertung

Für die Bilanzierung und Bewertung ist der maßgebende Zeitpunktder Schluss des Geschäftsjahres (§§ 240 Abs. 2, 242 Abs. 1 HGB, § 4Abs. 1 EStGB). Die Bewertung richtet sich nach den Verhältnissenam Bilanzstichtag. Wenn Tatsachen erst später bekannt werden, diebereits am Bilanzstichtag gegeben waren, so sind sie ebenfalls zuberücksichtigen. Wertaufhellende Tatsachen, die sich zwischen demBilanzstichtag und dem Tag der Bilanzaufstellung ergeben, müssenalso verarbeitet werden, soweit sich diese besseren Erkenntnisse aufdie Verhältnisse am Bilanzstichtag beziehen.

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Allerdings bleiben Wertänderungen, die erst nach dem Bilanzstich-tag eingetreten sind, grundsätzlich außer Betracht. Wertbeeinflus-sende Tatsachen werden also erst nach dem Bilanzstichtag bekannt.

Auch neue Erkenntnisse bleiben unberücksichtigt, die erst nach derAufstellung der Bilanz bekannt werden. Eine Bilanzberichtigung istalso nicht erforderlich.

Der Jahresabschluss muss innerhalb einer entsprechenden Zeit auf-gestellt werden (§ 243 Abs. 3 HGB). Für prüfungspflichtige Kapital-gesellschaften beträgt die Zeit der Bilanzerstellung 3 Monate nachAblauf des Geschäftsjahres (§ 264 HGB). Kleine Kapitalgesellschaf-ten müssen die Bilanz innerhalb von 6 Monaten erstellen. Die Ein-zel- und Personengesellschaften haben die Bilanz ein Jahr nach Bi-lanzstichtag aufzustellen.

BilanzaufstellungMittelgroße und große Kapitalgesellschaften

Kleine Kapitalgesellschaften

Einzel� und Personengesellschaften

3 Monate

6 Monate

1 Jahr

Abb. 28: Zeitpunkt der Bilanzaufstellung

11.5.5 Grundsatz der Vorsicht

Bei der Bewertung werden alle vorhersehbaren Risiken berücksich-tigt, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind (§ 252 Abs. 1Nr. 4 HGB). In der Handels- und Steuerbilanz herrscht der Grund-satz der Vorsicht, nach dem nicht realisierte Gewinne nicht ausge-wiesen werden dürfen (Realisationsprinzip). Nicht realisierte Verlu-ste dagegen müssen ausgewiesen werden (Imparitätsprinzip). Au-ßerdem sind das Niederstwert- und das Höchstwertprinzip zu be-achten.

Realisationsprinzip

Das Realisationsprinzip besagt, dass nur Gewinne ausgewiesen wer-den dürfen, die am Abschlussstichtag realisiert sind. Deshalb müssenbeispielsweise die Wirtschaftsgüter zu Anschaffungs- oder Herstel-lungskosten bewertet werden. Ein höherer Teilwert darf nicht ange-setzt werden.

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Imparitätsprinzip

Nach dem Imparitätsprinzip müssen die nicht realisierten Verlusteausgewiesen werden. Dies trifft beispielsweise bei Verlusten ausschwebenden Geschäften zu. Auch die Wertberichtigung zu Forde-rungen und die Bildung von Rückstellungen werden mit dem Impa-ritätsprinzip begründet. Der niedrigere Teilwert muss also angesetztwerden.

Niederstwertprinzip

Das Niederstwertprinzip ist auch aus dem Grundsatz der Vorsichtabgeleitet (§ 253 Abs. 2 Satz 3 HGB). Für die Aktivseite der Bilanzgilt generell das Niederstwertprinzip. Die obersten Grenzen stellendie Anschaffungs- oder Herstellungskosten dar. Die Vermögensge-genstände sind mit einem niedrigeren Wert anzusetzen, der ihnenam Abschlussstichtag beizulegen ist. Der niedrigere Wert kann derBörsen- oder Marktpreis sein. Als Hilfswerte können der Wieder-beschaffungswert, der Ertragswert oder der Teilwert herangezogenwerden.

Niederstwertprinzip

Gemildertes Niederstwertprinzip Strenges Niederstwertprinzip

Abb. 29: Arten des Niederstwertprinzips

Wir unterscheiden das gemilderte und das strenge Niederstwert-prinzip.

Gemildertes Niederstwertprinzip

Das gemilderte Niederstwertprinzip gilt für das Anlagevermögen.Wenn die Wertminderung nicht von Dauer oder vorübergehenderNatur ist, besteht ein Wahlrecht bei der Abschreibung (§ 253 Abs. 2Satz 3 1. Halbsatz HGB). Die Teilwertabschreibung entspricht dervorübergehenden Abschreibung (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG).Wenn die Wertminderung von Dauer ist, besteht auch beim Anlage-vermögen eine Abschreibungspflicht, die auch steuerrechtlich zubeachten ist (§ 253 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz HGB).

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Die Wertminderung ist dann Anlass zu einer außerplanmäßigenAbschreibung. Die Ursachen der Wertminderung können vielfältigsein. Ein Feuerschaden oder eine technische Entwicklung sind An-lässe für außerplanmäßige Abschreibungen. Im Steuerrecht spre-chen wir von einer Absetzung für außergewöhnliche wirtschaftlicheoder technische Abnutzung (§ 7 Abs. 1 letzter Satz EStG) oder voneiner Teilwertabschreibung (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG).

Strenges Niederstwertprinzip

Beim strengen Niederstwertprinzip stellen die Anschaffungs- oderHerstellungskosten die oberen Grenzen nach Handels- und Steuer-recht dar. Ist der Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtagniedriger als die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, muss derniedrigere Wert angesetzt werden (§ 253 Abs. 3 Satz 1 HGB). Dasstrenge Niederstwertprinzip gilt für das Umlaufvermögen.

Höchstwertprinzip

Auf der Passivseite kommt das Höchstwertprinzip zur Anwendung.Bei den Verbindlichkeiten beispielsweise gilt das Höchstwertprinzip.Die Verbindlichkeiten sind zu den Rückzahlungsbeträgen oder zuden höheren Teilwerten in der Bilanz anzusetzen.

11.5.6 Grundsatz der Einzelbewertung

Die Vermögensgegenstände und Schulden sind einzeln zu erfassenund zu bewerten (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB, § 6 EStG). Im Handels-und Steuerrecht gilt also der Grundsatz der Einzelbewertung.

In der Praxis ergeben sich allerdings insbesondere bei Vorrätenerhebliche Schwierigkeiten, weil eine Einzelbewertung überhauptnicht möglich ist oder zu einer unzumutbaren Arbeitsbelastungführen würde. Deshalb hat der Gesetzgeber Ausnahmen zugelassen.

Durchschnittsbewertung

Bei vertretbaren Wirtschaftsgütern kann der Wert der Wirtschafts-güter geschätzt werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungs-kosten wegen der Schwankungen der Einstandspreise im Laufe desWirtschaftsjahres im einzelnen nicht mehr einwandfrei feststellbarsind (Abschnitt 36, Absatz 3 Einkommensteuerrichtlinien). In die-

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sen Fällen erfolgt die Durchschnittsbewertung nach dem gewogenenMittel.

Gruppenbewertung

Gleichartige und annähernd gleichwertige Wirtschaftsgüter könnenbei der Inventur zu einer Gruppe zusammengefasst und einheitlichbewertet werden (§ 240 Abs. 4 HGB). Damit ist eine Rationalisie-rung der Bewertung möglich.

Die Gruppenbewertung kann sowohl für Wirtschaftsgüter des Anla-gevermögens als auch für solche des Umlaufvermögens durchge-führt werden. Im Anlagevermögen kommt eine Gruppenbewertungbeispielsweise für kleinere Maschinen und Werkzeuge infrage.Gleichartige Wirtschaftsgüter können im Vorratsvermögen zuGruppen zusammengefasst und bewertet werden. Der Ansatz erfolgtmit dem gewogenen Durchschnittswert.

Festbewertung

Eine Festbewertung ist möglich, wenn der Bestand in seiner Höhe,seinem Wert und seiner Zusammensetzung nur geringen Verände-rungen unterliegt (§ 240 Abs. 3 HGB). Bestimmte Gegenstände desAnlagevermögens sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe können miteiner gleich bleibenden Menge und mit gleich bleibenden Wertenangesetzt werden.

Bei den Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens handelt es sich umdie Bestände an Werkzeugen, um Fässer und um Gerüstteile. ImVorratsvermögen kommen für die Festbewertung beispielsweiseSchrauben und Nägel infrage. Für fertige Erzeugnisse und für Warenist die Bildung eines Festwertes nicht möglich.

Alle drei Jahre ist jeweils eine körperliche Bestandsaufnahme erfor-derlich. Wenn der ermittelte Wert den bisherigen Festwert um mehrals 10 % übersteigt, muss der neue Festwert angesetzt werden.

Verbrauchsfolgeverfahren

Bei der Berechnung der Anschaffungs- oder Herstellungskostenkann auch eine bestimmte Verbrauchsfolge unterstellt werden(§ 256 HGB). Die Unternehmen erhalten einen bestimmten Bewer-

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tungsspielraum bei der Bewertung des Umlaufvermögens. Im Steu-errecht ist das Lifo-Verfahren ab 1990 zulässig für Unternehmen, dieden Gewinn nach § 5 EStG ermitteln. Das Handelsrecht lässt auchdas Fifo-Verfahren zu.

Bei dem Lifo-Verfahren wird unterstellt, dass die zuletzt beschafftenWirtschaftsgüter zuerst verbraucht werden (Last In – First Out). Inden Zeiten der Inflation führt das Lifo-Verfahren dazu, dass die amteuersten eingekauften Wirtschaftsgüter zuerst wieder verbrauchtwerden. Dadurch ist die Bildung von stillen Reserven möglich.

Retrograde Bewertung

Wenn sich in den Industriebetrieben oder im Einzelhandel die An-schaffungs- oder Herstellungskosten nicht direkt ermitteln lassenoder nur schwierig feststellbar sind, kann die Wertermittlung durcheine retrograde Rechnung durchgeführt werden.

In Kaufhäusern mit umfangreichem Warenlager bereiten die Auf-nahme und die Bewertung der Warenbestände größere Schwierig-keiten. Deshalb werden zur Ermittlung der Anschaffungskosten dieVerkaufspreise genommen. Von den Verkaufspreisen ausgehendberechnen wir durch Rohgewinnabschläge die Einstandspreise, wiefolgendes Beispiel zeigt:

Retrograde WertermittlungBestand zu Verkaufspreisen 57.500,00 €

– Umsatzsteuer 19 % 9.177,00 €

Bestand zu Nettoverkaufspreisen 48.323,00 €

– Rohgewinnaufschlag 50 % 24.162,00 €

Zwischensumme 24.161,00 €

– Erhaltene Preisnachlässe 3 % 725,00 €

= Anschaffungskosten 23.436,00 €

Abb. 30: Retrograde Wertermittlung

Pauschalwertberichtigungen zu Forderungen

Neben der Einzelbewertung ist auch eine Pauschalwertberichtigungzu Forderungen möglich. Das Steuerrecht erlaubt aus Vereinfa-chungsgründen eine pauschale Wertberichtigung zu den normalenForderungen aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von 1 %.

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Pauschalrückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten

Für ungewisse Verbindlichkeiten ermöglicht das Steuerrecht Pau-schalrückstellungen, um die Bewertung zu erleichtern und zu ver-einfachen. Bei Garantieleistungen kann eine pauschale Rückstellungvorgenommen werden, die auf den Erfahrungswerten der letztenGeschäftsjahre basieren muss.

Zusammenfassung:Die allgemeinen Bewertungsgrundsätze müssen bei der Bewertung dereinzelnen Positionen in der Bilanz berücksichtigt werden. Die Grundsät�ze lassen erkennen, welche Bewertungsspielräume vorhanden sind undwelche Grenzen beachtet werden müssen.

Neben dem Grundsatz der Einzelbewertung lässt das Steuerrecht auchverschiedene Vereinfachungen zu, die die Bewertung bestimmter Wirt�schaftsgüter wesentlich erleichtern. Dadurch sind auch Möglichkeitengegeben, stille Reserven aufzubauen.

11.6 BewertungsmaßstäbeIm Bilanzsteuerrecht unterscheiden wir folgende Bewertungsmaß-stäbe: Anschaffungskosten, Herstellungskosten, Teilwert, gemeinerWert, Zeitwert und Marktpreis.

Bewertungsmaßstäbe• Anschaffungskosten

• Herstellungskosten

• Teilwert

• Gemeiner Wert

• Zeitwert

• Marktpreis

Abb. 31: Bewertungsmaßstäbe im Bilanzsteuerrecht

Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind historische Werte,die dem Rechnungswesen der Unternehmen zu entnehmen sind. Beidem Teilwert, dem gemeinen Wert, dem Zeitwert und dem Markt-preis dagegen handelt es sich um aktuelle Stichtagswerte, die amMarkt zu einem bestimmten Zeitpunkt ermittelt werden.

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Anschaffungskosten

Die Anschaffungskosten stellen die Aufwendungen dar, die geleistetwerden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn ineinen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermö-gensgegenstand zugerechnet werden können (§ 255 Abs. 1 HGB).Zu den Anschaffungskosten gehören auch die Anschaffungsneben-kosten. Von den Anschaffungskosten werden die Anschaffungs-preisminderungen abgezogen (§ 255 Abs. 1 Satz 3 HGB).

AnschaffungskostenAnschaffungspreis

+ Anschaffungsnebenkosten

– Anschaffungspreisminderungen

= Anschaffungskosten

Abb. 32: Zusammensetzung der Anschaffungskosten

Die Anschaffungskosten müssen aktiviert werden, wenn die ange-schafften Wirtschaftsgüter länger als 1 Jahr nutzbar sind und demUnternehmen über den Schluss des Wirtschaftsjahres hinaus dienen.Eine Ausnahme stellen die geringwertigen Wirtschaftsgüter dar(410,00 € ohne MwSt.), die als Betriebsausgaben sofort abgesetztwerden können.

Die Anschaffungskosten stellen die obere Grenze der Bewertung(Höchstwert) dar (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG). Ein Wirtschaftsgutkann nicht höher als mit den Anschaffungskosten angesetzt werden,selbst wenn der Wert des Wirtschaftsgutes später steigen sollte. DieAnschaffungskosten sind die Ausgangswerte für die Abschreibungenund werden am Tag des Erwerbs ermittelt.

Die Zusammensetzung der Anschaffungskosten sieht wie folgt aus:

Zusammensetzung der Anschaffungskosten• Anschaffungspreis Kaufpreis des Wirtschaftsgutes o. MwSt.

• Anschaffungsnebenkosten Grunderwerbsteuer, Notariats�Kosten,Montagekosten, Provisionen, Grundbuchkosten,Gutachterkosten, Verpackungskosten,Frachtkosten, Zölle, Maklergebühr.

• Anschaffungspreisminderungen Skonti, Rabatte, Boni

Abb. 33: Zusammensetzung der Anschaffungskosten

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11.6.1 Herstellungskosten

Für die fertigen und unfertigen Produkte sowie für selbst hergestellteAnlagegüter (Gebäude, Maschinen) müssen die Herstellungskostenermittelt werden. Wir verwenden das Schema der Zuschlagskalkula-tion zur Ermittlung der Herstellungskosten (§ 255 Abs. 2 HGB).

Die Zuschlagskalkulation setzt sich aus folgenden Positionen zu-sammen:

ZuschlagskalkulationMaterialkosten

+ Materialgemeinkosten

+ Fertigungslöhne

+ Fertigungsgemeinkosten

+ Sondereinzelkosten der Fertigung

= Herstellungskosten

+ Verwaltungsgemeinkosten

+ Vertriebsgemeinkosten

+ Sondereinzelkosten des Vertriebs

= Selbstkosten

+ Gewinnzuschlag

= Barverkaufspreis

Abb. 34: Schema der Zuschlagskalkulation

Zu den Herstellungskosten gehören neben den Einzelkosten (Mate-rial, Fertigungslöhne, Sondereinzelkosten der Fertigung) auch be-stimmte Gemeinkosten (Materialgemeinkosten, Fertigungsgemein-kosten). Ein Wahlrecht besteht bei den Verwaltungsgemeinkosten.Die Vertriebsgemeinkosten dagegen gehören nicht zu den Herstel-lungskosten. Auch die Fremdkapitalzinsen zählen grundsätzlichnicht zu den Herstellungskosten. Das gleiche gilt für Forschungs-und Entwicklungskosten.

Nach Handels- und Steuerrecht unterscheiden wir jeweils Wertober-und Wertuntergrenzen.

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Herstellungskosten nach Handels� und Steuerrecht

Wertobergrenze WertuntergrenzeHandelsrecht(§ 255 Abs. 2 Satz 3)

Fertigungsmaterial+ Materialgemeinkosten

Fertigungslöhne+ Fertigungsgemein kosten

+ Sondereinzelkosten derFertigung

+ Verwaltungsgemein�kosten (Wahlrecht)

Fertigungsmaterial+ Fertigungslöhne+ Sondereinzelkosten der

Fertigung

Steuerrecht(Abschnitt 33 EStR)

Fertigungsmaterial+ Materialgemeinkosten

Fertigungslöhne+ Fertigungsgemein kosten+ Sondereinzelkosten der

Fertigung+ Verwaltungsgemein�

kosten (Wahlrecht)

Fertigungsmaterial+ Materialgemeinkosten

Fertigungslöhne+ Fertigungsgemein kosten

+ Sondereinzelkosten derFertigung

Abb. 35: Wertober� und Wertuntergrenzen der Herstellungskosten nach Handels� undSteuerrecht

11.6.2 Teilwert

Neben den Anschaffungs- oder Herstellungskosten ist der Teilwertein weiterer möglicher Bewertungsmaßstab für die Steuerbilanz. Ermuss bei der Bewertung des Anlage- und Umlaufvermögens nurdann angesetzt werden, wenn er niedriger als die Anschaffungs- oderHerstellungskosten ist.

Der Teilwert ist der Betrag, den der Erwerber des ganzen Betriebs imRahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgutansetzen würde. Dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber denBetrieb fortführt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).

Bei der Ermittlung des Teilwertes wird auch auf die Marktverhält-nisse am Bilanzstichtag zurückgegriffen.

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Der Teilwert lässt sich nur schätzen. Bei den Gütern des Anlagever-mögens und des Umlaufvermögens kann der Teilwert zwischen demWiederbeschaffungswert als obere Grenze und dem Schrottwert alsuntere Grenze liegen.

11.6.3 Gemeiner Wert

Der gemeine Wert als Bewertungsmaßstab ist der Preis, der im ge-wöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit der Wirt-schaftsgüter bei der Veräußerung zu erzielen ist. Alle Umständewerden dabei berücksichtigt, die den Preis am Verkäufermarkt be-einflussen können (§ 9 Abs. 2 Bewertungsgesetz). GewöhnlicherGeschäftsverkehr bedeutet, dass sich die Preise nach Angebot undNachfrage bilden. Beeinflussende Umstände können der Erhaltungs-zustand, die Lage oder das Alter sein.

Der Börsen- oder Marktpreis ist weitgehend mit dem gemeinenWert identisch. Er bezieht sich auf die Preisverhältnisse am Absatz-markt zum Bilanzstichtag. Der gemeine Wert stellt also den Wertdar, den ein Wirtschaftsgut aus objektiver Sicht für den Käufer hat.

11.6.4 Zeitwert

Der Zeitwert ist ein Wert, der den Vermögensgegenständen amAbschlussstichtag beizulegen ist. Die Wiederbeschaffungskosten amBeschaffungsmarkt und der Verkaufswert am Absatzmarkt abzüg-lich der noch anfallenden absatzbedingten Aufwendungen entspre-chen dem Zeitwert.

Wenn ein Börsen- oder Marktpreis nicht feststellbar ist, dann wirdder Zeitwert genommen, der den Wirtschaftsgütern am Abschluss-stichtag beizulegen ist (§ 253 Abs. 2 Satz 3 HGB).

11.6.5 Marktpreis

Der Marktpreis ist ein Durchschnittspreis, der für Waren einer be-stimmten Gattung von durchschnittlicher Art und Güte am Bilanz-stichtag an einem Handelsplatz gezahlt wird. Wenn einzelne Wirt-schaftsgüter vergleichbarer Art und Güte am Markt erworben wer-den können, dann ist der Marktpreis gleich den Wiederbeschaf-fungskosten.

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Zusammenfassung:Das Bilanzsteuerrecht kennt verschiedene Bewertungsmaßstäbe. DieAnschaffungs� oder Herstellungskosten sind historische Werte, die demRechnungswesen der Unternehmen entnommen werden können. Beidem Teilwert, dem gemeinen Wert, dem Zeitwert und dem Marktpreisdagegen handelt es sich um aktuelle Stichtagswerte, die am Markt zudem Bewertungsstichtag ermittelt werden.Die Bewertungsmaßstäbe lassen auch erkennen, welche Wertober� undWertuntergrenzen zu beachten sind. Die Unternehmen haben alsoWahlrechte und Ermessensspielräume, die ausgenutzt werden können.

11.7 Abschreibungen

11.7.1 Planmäßige Abschreibungen

Die abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens unterliegenin den Unternehmen einem Wertverzehr. Mit der Abschreibungwird die Wertminderung eines Vermögenswertes buchmäßig erfasst.Dadurch verringert sich der Buchwert des Anlageguts. Der durch dieWertminderung entstandene Betrag geht in die GuV als Aufwandein.

Das Anlagevermögen setzt sich wie folgt zusammen:

1. Immaterielle Vermögensgegenstände2. Sachanlagen3. Finanzanlagen

Den Begriff planmäßige Abschreibungen verwenden wir im Han-delsrecht und in der Betriebswirtschaftslehre. Steuerrechtlich redenwir von der Absetzung für Abnutzung (AfA). Die planmäßigen Ab-schreibungen (§ 253 Abs. 2 Satz 1 HGB) entsprechen der AfA (§ 7EStG).

Die Kapitalgesellschaften haben einen Anlagespiegel aufzustellen,der in der Bilanz oder im Anhang die Entwicklung der einzelnenPosten des Anlagevermögens zeigt. Neben den gesamten Anschaf-fungs- und Herstellungskosten sind die Zugänge, Abgänge, Umbu-chungen des Geschäftsjahres, Zuschreibungen sowie die Abschrei-bungen in ihrer gesamten Höhe gesondert aufzuführen.

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11.7.2 Nutzungsdauer

Die wahrscheinliche Lebensdauer eines Wirtschaftsgutes wird ge-schätzt. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer ist dann festzule-gen.

Nutzungsdauer

Technische Nutzungsdauer Wirtschaftliche Nutzungsdauer

Abb. 36: Arten der Nutzungsdauer

Wir unterscheiden die technische und die wirtschaftliche Nutzungs-dauer.

Technische Nutzungsdauer

Die technische Nutzungsdauer bezieht sich auf die technische Ge-brauchsfähigkeit eines Wirtschaftsgutes.

Wirtschaftliche Nutzungsdauer

Die wirtschaftliche Nutzungsdauer stellt auf die wirtschaftlich sinn-volle Nutzungsmöglichkeit eines Wirtschaftsgutes im Unternehmenab.

Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer ist also zu schätzen. Wegender Ungewissheit bei der Schätzung gilt der Grundsatz der Vorsicht.Ein Unternehmen wird im Zweifelsfalle dann stets eine kürzereNutzungsdauer wählen.

Der Bundesminister der Finanzen hat AfA-Tabellen für die meistenWirtschaftszweige herausgegeben. In den AfA-Tabellen sind dieErfahrungswerte für die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer ent-halten. Die Unternehmensleitung kann in begründeten Fällen vondiesen Erfahrungswerten abweichen und beispielsweise eine kürzereoder längere Nutzungsdauer wählen.

11.7.3 Anschaffungs� oder Herstellungskosten

Die Abschreibungen werden von den Anschaffungs- oder Herstel-lungskosten der abnutzbaren Wirtschaftsgüter vorgenommen, deren

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Nutzung sich auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt.Die gesamten Anschaffungs- oder Herstellungskosten verteilen sichauf die Nutzungsdauer und werden bis auf Null abgeschrieben.

11.7.4 Beginn und Höhe der Abschreibungen

Die AfA beginnt mit der Anschaffung oder Herstellung der Wirt-schaftsgüter.

Alle Wirtschaftsgüter, die im ersten Halbjahr des Geschäftsjahresangeschafft oder hergestellt werden, schreiben wir mit dem vollenAbschreibungsbetrag ab. Bei der Anschaffung oder Herstellung imzweiten Halbjahr wird nur der halbe Abschreibungsbetrag angesetzt.

11.7.5 Abschreibungs�Methoden

Die Unternehmen können verschiedene Abschreibungsmethodenwählen. Bei der Auswahl der Methoden ist darauf zu achten, dassdas Unternehmen möglichst viele Steuern spart.

Lineare Abschreibung

Bei der linearen Abschreibung werden die Anschaffungskosten ingleichmäßigen Beträgen auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauerverteilt.

Eine Absetzung für eine außergewöhnliche technische oder wirt-schaftliche Abnutzung ist nur in Verbindung mit der linearen Ab-schreibung zulässig (§ 7 Abs. 1 EStG). Diese AfA kann in einemGeschäftsjahr vorgenommen werden, wenn die technische oderwirtschaftliche AfA höher ist als sie bei der Schätzung der Lebens-dauer des Wirtschaftsgutes angenommen wurde.

Beispiel:Anschaffungskosten (Netto) 100.000 €Nutzungsdauer 5 JahreJährliche Abschreibung 20.000 €

Degressive Abschreibung

Für bewegliche Wirtschaftsgüter kann die Abschreibung auch infallenden Jahresbeträgen vorgenommen werden. Der Satz für die

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degressive Abschreibung ist auf 30 % begrenzt und darf nicht höherals das dreifache der entsprechenden linearen Abschreibung sein.Das gilt für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, dienach dem 31.12.2005 und vor dem 1.1.2008 angeschafft oder herge-stellt worden sind.

Die Unternehmen sollten aus steuerlichen Gründen für beweglicheWirtschaftsgüter möglichst die degressive Abschreibung wählen, dadie Abschreibungsbeträge in den ersten Jahren höher als bei derlinearen Abschreibung sind. Planmäßig ist von der degressiven aufdie lineare Abschreibungsmethode überzuwechseln, wenn diegleichmäßige Verteilung des Restbuchwertes auf die verbleibendeNutzungsdauer zu höheren Abschreibungsbeträgen führt.

Steuerrechtlich ist nur die geometrisch-degressive Abschreibungerlaubt. Der Abschreibungssatz ist stets gleich und wird jeweils aufden Restwert bezogen (Buchwert-Abschreibung).

Beispiel:Anschaffungskosten (Netto) 100.000 €Nutzungsdauer 10 JahreAfA�Satz 30 %

Anschaffungskosten 100.000 €– 30 % AfA 30.000 €Ende 1. Jahr 70.000 €– 30 % AfA 21.000 €Ende 2. Jahr 49.000 €– 30 % AfA 14.700 €Ende 3. Jahr 34.300 €

Leistungs�Abschreibung

Die Leistungs-Abschreibung kann bei beweglichen Wirtschaftsgü-tern angesetzt werden, wenn sie wirtschaftlich zu begründen ist. Diesist bei einer sehr unterschiedlichen Beanspruchung der Wirtschafts-güter in den einzelnen Jahren der Fall.

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Beispiel:Gesamtfahrleistung eines LKW 200.000 kmFahrleistung 1. Jahr 20.000 kmFahrleistung 2. Jahr 40.000 km

Die Abschreibung beträgt dann im ersten Jahr 10 % und im zweitenJahr 20 % der Anschaffungskosten.

11.7.6 Außerplanmäßige Abschreibungen

Im Handelsrecht unterscheiden wir zwischen planmäßigen undaußerplanmäßigen Abschreibungen. Bei den planmäßigen Ab-schreibungen wird der normale technische Verschleiß oder dienormale Substanzverringerung erfasst. Die außerplanmäßigen Ab-schreibungen dagegen ermöglichen einen niedrigeren Wertansatz,der durch unvorhergesehene Abnutzung, durch technische oderwirtschaftliche Veränderungen und durch Fehlinvestitionen verur-sacht wird.

Im Handelsrecht verwenden wir nur den Begriff Abschreibungen.Aus wirtschaftspolitischen Gründen sind steuerrechtlich auch nied-rigere Wertansätze erlaubt, die auch handelsrechtlich beachtet wer-den müssen. Das Steuerrecht macht mehrere Unterscheidungen beiden Abschreibungen. Folgende Begriffe sind auseinander zu halten:

Absetzungen für außergewöhnliche Abnutzung(§ 7 Abs. 1 letzter Satz EStG)

Bei der Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung erfolgt dieAbnutzung plötzlich oder durch eine Herabsetzung der Nutzungs-dauer. Die außergewöhnliche Abnutzung kann durch technischeoder wirtschaftliche Überalterung verursacht werden. Diese AfA giltnur im Rahmen der linearen Abschreibung (§ 7 EStG).

Erhöhte Absetzungen

Bei der erhöhten Absetzung erfolgt eine Absetzung mit höherenBeträgen als nach § 7 Abs. 1 oder Abs. 4 EStG aus wirtschaftspoliti-schen oder sozialpolitischen Gründen. Erhöhte Absetzungen könnenbei Gebäuden, in Sanierungsgebieten (§ 7h EStG) oder bei Bau-denkmälern (§ 7i EStG) durchgeführt werden.

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Sonderabschreibungen

Das Ziel der Sonderabschreibung liegt darin, den Unternehmeneinen Anreiz zu geben, bestimmte wirtschafts- oder sozialpolitischeMaßnahmen durchzuführen. Die Sonderabschreibungen sind zu-sätzlich zu den Abnutzungen des § 7 EStG gestattet. Diese Abschrei-bung ist beispielsweise auf Kleinbetriebe (§ 7g EStG) abgestellt.Wenn Sonderabschreibungen in Anspruch genommen werden,kommen daneben nur lineare Abschreibungen infrage (§ 7a Abs. 4EStG).

Teilwertabschreibungen

Eine Teilwertabschreibung wird vorgenommen, wenn am Ende desGeschäftsjahres der Teilwert den Buchwert des Wirtschaftsgutesunterschritten hat. Bei allen Wirtschaftsgütern ist eine Teilwertab-schreibung möglich. Die Wertminderung beruht dann aufMarkteinflüssen und nicht auf der Abnutzung. Das Sinken derMarktpreise oder das Sinken der Rentabilität sind beispielsweiseGründe für die Teilwertabschreibung.

Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter

Im Jahre der Anschaffung oder Herstellung können die Anschaf-fungs- oder Herstellungskosten von beweglichen Wirtschaftsgüterndes Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen und einerselbstständigen Nutzung fähig sind, in voller Höhe als Betriebsaus-gaben abgesetzt werden (§ 6 Abs. 2 EStG). Die geringwertigen Wirt-schaftsgüter dürfen 410,00 € ohne MwSt. nicht überschreiten.

Folgende Voraussetzungen müssen für die Abschreibung gering-wertiger Wirtschaftsgüter vorliegen:

1. Anschaffungs- oder HerstellungsvorgangDie Wirtschaftsgüter müssen angeschafft oder im Unternehmenhergestellt worden sein.

2. Netto-BetragDie Anschaffungs- oder Herstellungskosten müssen unter410,00 € liegen.

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3. Abnutzbare Wirtschaftsgüter des AnlagevermögensDie geringwertigen Wirtschaftsgüter betreffen nur abnutzbarebewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens.

4. Selbstständige NutzungsfähigkeitDie Steuervergünstigung ist nur gegeben, wenn eine selbststän-dige Nutzungsfähigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter vorliegt.

5. VerzeichnisDie geringwertigen Wirtschaftsgüter müssen in ein gesondertesund laufend geführtes Verzeichnis aufgenommen werden. Soweitdie geforderten Angaben aus einem besonderen Konto derBuchführung hervorgehen, ist ein besonderes Verzeichnis nichterforderlich.

Zusammenfassung:Die Abschreibungen sind für die Unternehmen sehr wichtige Größen,die in der Kalkulation als Kosten berücksichtigt werden und die bei derFinanzierung eine Rolle spielen. Mit den Abschreibungen werden dieWertminderungen der abnutzbaren Vermögensgegenstände buchmäßigerfasst.Die Nutzungsdauer der Wirtschaftsgüter unterliegt einer Schätzung. Diebetriebsgewöhnliche Nutzungsdauer kann durch technische und/oderwirtschaftliche Vorgänge beeinflusst werden.In den AfA�Tabellen sind die Erfahrungswerte für die betriebsgewöhnli�che Nutzungsdauer enthalten. Die Unternehmensleitung und die Füh�rungskräfte können in begründeten Fällen von diesen Erfahrungswertenabweichen.Durch die Auswahl der verschiedenen Abschreibungsmethoden wird dieHöhe der Abschreibungen bestimmt. Dadurch ergibt sich die Möglich�keit, stille Reserven aufzubauen und Steuern zu sparen.Neben den planmäßigen Abschreibungen sind außerplanmäßige Ab�schreibungen möglich. Die Nutzung von außerplanmäßigen Abschrei�bungen erlaubt eine weitere Senkung der Gewinne. Im Steuerrecht sindniedrigere Wertansätze erlaubt, die von den Unternehmen in Ansatzgebracht werden sollten.

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11.8 Bewertung der Bilanzpositionen

11.8.1 Bewertung des Anlagevermögens

Bei der Bewertung des Anlagevermögens gilt das gemilderte Nie-derstwertprinzip nach Handels- und Steuerrecht. Für die Wirt-schaftsgüter, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, gelten folgendeGrundsätze:

1. Im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung werden dieWirtschaftsgüter mit den Anschaffungs- oder Herstellungskostenangesetzt.

2. Zum Abschlussstichtag sind die Anschaffungs- oder Herstel-lungskosten um die planmäßigen Abschreibungen zu mindern.

3. Die Abschreibungen sind im Rahmen vernünftiger kaufmänni-scher Beurteilung zulässig.

4. Außerplanmäßige Abschreibungen können vorgenommen wer-den, um die Wirtschaftsgüter mit dem niedrigeren Wert anzu-setzen, der ihnen am Abschlussstichtag zukommt.

5. Außerplanmäßige Abschreibungen müssen durchgeführt wer-den, wenn die Wertminderung am Stichtag voraussichtlich vondauernder Wirkung ist.

6. Abschreibungen können vorgenommen werden, um die Wirt-schaftsgüter mit dem niedrigeren Teilwert anzusetzen, der aufeiner nur steuerrechtlich zulässigen Abschreibung beruht.

7. Fallen Gründe für eine außerplanmäßige Abschreibung oder füreine ausschließlich steuerrechtlich zulässige Abschreibung späterweg, kann der niedrigere Wertansatz beibehalten werden. Ab1999 gilt ein Wertaufholungsgebot. Das Beibehaltungswahlrechtist also abgeschafft worden.

8. Soweit der niedrigere Wertansatz nicht beibehalten werden soll,können Zuschreibungen vorgenommen werden. Der Höchstwertdieser Zuschreibungen ergibt sich aus den ursprünglichen An-schaffungs- oder Herstellungskosten minus den planmäßigenAbschreibungen.

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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11.8.2 Bewertung des Umlaufvermögens

Bei der Bewertung des Umlaufvermögens müssen wir zwischen denVorräten, den Forderungen und den Wertpapieren unterscheiden.Es gilt das strenge Niederstwertprinzip nach Handels- und Steuer-recht. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten bilden die abso-lute Obergrenze der Bewertung.

Vorräte

Die Vorräte werden zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten nachHandels- und Steuerrecht bewertet, soweit nicht ein niedrigererWertansatz geboten ist (§ 253 Abs. 3 HGB, § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2EStG). Die obere Grenze der Anschaffungs- oder Herstellungskostendarf nicht überschritten werden. Liegt der Börsen- oder Marktpreisam Abschlussstichtag unter den Anschaffungs- oder Herstellungs-kosten, muss der niedrigere Wert angesetzt werden (§ 253 Abs. 3Satz 1 HGB).

Bei den Vorräten sind folgende Vereinfachungsverfahren für dieBewertung möglich:

1. Durchschnittsbewertung2. Gruppenbewertung3. Festbewertung4. Verbrauchsfolgeverfahren (Lifo, Fifo)5. Retrograde Bewertung

Forderungen

Die Forderungen sind zum Nennwert (Rechnungsbetrag) anzuset-zen (§ 253 Abs. 1 HGB). Ist der Wert der Forderungen am Ab-schlussstichtag niedriger als der Nennwert, dann ist die Forderungauf diesen niedrigeren Wert abzuschreiben (§ 253 Abs. 3 Satz 2HGB).

Bei den Forderungen aus Lieferungen und Leistungen unterscheidenwir normale Forderungen, zweifelhafte Forderungen und unein-bringliche Forderungen.

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A Bilanzsteuerrecht

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Forderungen aus Lieferungen und Leistungen

NormaleForderungen

ZweifelhafteForderungen

UneinbringlicheForderungen

Abb. 37: Arten der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen

Die Abschreibungen von Forderungen auf den niedrigeren Teilwertnennen wir Wertberichtigungen. Wir unterscheiden Einzel- undPauschalwertberichtigungen.

Wertberichtigung

Einzelwertberichtigung Pauschalwertberichtigung

Abb. 38: Arten von Wertberichtigungen

Die Einzelwertberichtigung gilt grundsätzlich für alle Forderungen.Da aber die Einzelbewertung aller Forderungen einen großen Ar-beitsaufwand mit sich bringt, ist auch eine Pauschalwertberichti-gung zulässig. Die Höhe der Pauschalwertberichtigung richtet sichnach den durchschnittlichen Forderungsausfällen der vergangenenJahre. Das Finanzamt akzeptiert generell eine Pauschalwertberichti-gung in Höhe von 1% der am Abschlussstichtag ausstehenden For-derungen. Für die normalen Forderungen aus Lieferungen undLeistungen sind also Einzel- oder Pauschalwertberichtigungen mög-lich.

Die zweifelhaften Forderungen müssen einzeln bewertet werden. Siesind unter Berücksichtigung des Ausfallrisikos, der Mahnkosten, derUnverzinslichkeit der Forderungen sowie der Skonto- und Ra-battabzüge mit einem niedrigeren Teilwert anzusetzen.

Die uneinbringlichen Forderungen dürfen in der Bilanz nicht aus-gewiesen werden, da ihr Teilwert gleich Null ist. Diese Forderungensind voll abzuschreiben. Die hierauf entrichtete Umsatzsteuer wirdvom Finanzamt zurückerstattet (§ 17 Abs. 2 USt).

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Wertpapiere

Die Wertpapiere werden mit den Anschaffungskosten angesetzt(§ 253 Abs. 1 HGB). Neben der Einzelbewertung ist auch eineDurchschnittsbewertung zulässig.

Sind die Anschaffungskosten der Wertpapiere höher als der Börsen-kurs am Abschlussstichtag, dann muss der niedrigere Börsenkursangesetzt werden.

11.8.3 Bewertung der Passiva

Eigenkapital

Bei den Eigenkapitalpositionen ergeben sich keine Bewertungspro-bleme.

Rückstellungen

Die Rückstellungen dürfen nur in Höhe des Betrages angesetzt wer-den, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigist. Deshalb sind die Rückstellungen nur so zu bemessen, dass das zuerwartende Risiko abgedeckt werden kann.

Die Höhe der Rückstellungen wird grundsätzlich geschätzt. Bei denPensionsrückstellungen dagegen können exakte Berechnungsme-thoden angewendet werden. Die Berechnung des Teilwertes derPensionsverpflichtungen beruht auf dem Rechnungszinsfuß von 6 %im Steuerrecht.

Neben den Einzelrückstellungen sind auch Pauschalrückstellungenmöglich.

Rückstellungen

Einzelrückstellungen Pauschalrückstellungen

Abb. 39: Einzel� und Pauschalrückstellungen

Einzelrückstellungen beziehen sich beispielsweise auf die Prozess-rückstellungen. Für Garantieleistungen können wegen der Vereinfa-chung auch Pauschalrückstellungen gebildet werden.

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A Bilanzsteuerrecht

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Nach Handels- und Steuerrecht müssen Rückstellungen zwingendfür folgende Fälle gebildet werden (§ 249 Abs. 1 und Abs. 2 HGB):

1. Für ungewisse Verbindlichkeiten.2. Für Jubiläumsverpflichtungen.3. Für im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instand-

haltungen, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von 3 Mo-naten nachgeholt werden.

4. Für Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung er-bracht werden.

5. Für im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Abraum-beseitigungen, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt wer-den.

6. Für die Gewerbesteuer.7. Für Produkthaftung.8. Für Garantien, die auf gesetzlichen oder vertraglichen Regelun-

gen beruhen.9. Für Patentverletzungen.10. Für Prozesskosten.11. Für Pensionszusagen.12. Für Wechselobligo.13. Für Jahresabschluss- und Prüfungskosten.14. Für den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters.15. Für noch nicht genommenen Urlaub.

Verbindlichkeiten

Die Verbindlichkeiten sind zu ihren Rückzahlungsbeträgen im Han-dels- und Steuerrecht am Bilanzstichtag anzusetzen (§ 253 Abs. 1Satz 2 HGB, Abschnitt 37 Abs. 1 EStR, § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG). AlsAnschaffungskosten der Verbindlichkeiten gilt der Nennwert derVerbindlichkeit, der grundsätzlich dem Rückzahlungsbetrag ent-spricht.

Der Rückzahlungsbetrag muss auch dann angesetzt werden, wenndem Unternehmen gar nicht der volle Rückzahlungsbetrag zuge-flossen ist. Banken gewähren öfter Darlehen mit einem Disagio(Damnum) von beispielsweise 10 %.

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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Beispiel:Darlehen 100.000 €Disagio 10 % 10.000 €Auszahlungsbetrag 90.000 €Rückzahlungsbetrag 100.000 €Differenz 10.000 €

Das Darlehen muss wegen des Höchstwertprinzips in der Bilanzzum Rückzahlungsbetrag von 100.000 € bilanziert werden. Das Dis-agio von 10.000 € ist in die Rechnungsabgrenzungsposten auf derAktivseite einzustellen. Die Abschreibung des Disagios erfolgt dannüber die Laufzeit des Kredits.

Zusammenfassung:Für das Anlagevermögen gilt das gemilderte Niederstwertprinzip. Nebenplanmäßigen Abschreibungen sind in begründeten Fällen außerplanmä�ßige Abschreibungen möglich. Steuerrechtlich werden die Wirtschafts�güter mit dem niedrigeren Teilwert angesetzt. Der niedrigere Wertan�satz kann beibehalten werden, wenn die Gründe für die außerplanmä�ßigen oder außergewöhnlichen Abschreibungen wegfallen. Zuschrei�bungen sind aber auch möglich.Für das Umlaufvermögen kommt das strenge Niederstwertprinzip infra�ge. Die Anschaffungs� oder Herstellungskosten bilden die oberen Gren�zen. Wenn die Börsen� oder Marktpreise niedriger liegen, muss derniedrigere Wert angesetzt werden.Bei den Vorräten gibt es auch Vereinfachungsverfahren für die Bewer�tung. Neben der Einzelbewertung sind Gruppenbewertung, Durch�schnittsbewertung, Festbewertung und Verbrauchsfolgeverfahren mög�lich. Wegen der Bewertung müssen wir bei den Forderungen zwischennormalen, zweifelhaften und uneinbringlichen Forderungen unterschei�den. Bei den Wertpapieren ist neben der Einzelbewertung auch eineDurchschnittsbewertung erlaubt.

Die Eigenkapitalpositionen stellen keine Bewertungsprobleme dar. DieRückstellungen dürfen nur in der Höhe des Betrages angesetzt werden,der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist. DieHöhe der Rückstellungen wird grundsätzlich geschätzt.Die kleineren und mittleren Unternehmen nutzen oft nicht die Möglich�keiten zur Bildung von Rückstellungen aus. Die Unternehmensleitungund die Führungskräfte sollten die Vorschläge zur Bildung von Rück�stellungen selbst erarbeiten und nicht dem Steuerberater oder dem

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A Jahresabschluss

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Wirtschaftsprüfer überlassen, die die Risiken im Unternehmen meistnicht kennen. Die Verbindlichkeiten werden zu ihren Rückzahlungsbe�trägen am Bilanzstichtag angesetzt. Auch bei Darlehen, die mit einemDisagio ausgezahlt werden, ist der Rückzahlungsbetrag zu nehmen. DasDisagio wird in die aktiven Rechnungsabgrenzungsposten eingestelltund über die Laufzeit des Kredits abgeschrieben.

12 Jahresabschluss

12.1 Betrieblicher WertekreislaufIn den Unternehmen findet ein betrieblicher Wertekreislauf statt.Mit dem zur Verfügung stehenden Kapital werden Gebäude, Ma-schinen, Mitarbeiter, Rohstoffe, Fremdleistungen und sonstigeDienste beschafft, um Produkte herzustellen. Diese Vorgänge be-zeichnen wir auch als Investitionen. Die erstellten Produkte werdendann am Markt verkauft. Wenn die Umsatzerlöse höher sind als dieAufwendungen, entsteht ein Gewinn. Sollten die Aufwendungen dieUmsatzerlöse übersteigen, ergibt sich ein Verlust.

Durch den Verkauf der Produkte erhält das Unternehmen Zah-lungsmittel, die wiederum eingesetzt werden müssen, um weitereRohstoffe zu kaufen. Bei diesem Wertekreislauf ist zu beachten, dassdie Unternehmen grundsätzlich vorleisten müssen. Es sind alsozuerst die Anschaffungen zu tätigen und die Leistungen zu erbrin-gen, bevor eine Vergütung für die Ausgaben erfolgt. Die Unterneh-men haben die Zeitspanne zwischen den vorausgehenden Ausgabenund den nachfolgenden Einnahmen finanziell zu überbrücken.

Wir unterscheiden also leistungs- und finanzwirtschaftliche Kreis-läufe. Der finanzwirtschaftliche Kreislauf beginnt allerdings erst,wenn der leistungswirtschaftliche Kreislauf bereits abgeschlossen ist.Zur Überbrückung der Zeitspanne (Time Lag) benötigen die Unter-nehmen eine Finanzierung.

Um die komplexen Finanzierungsvorgänge im Unternehmen zuverstehen, sollten wir die betrieblichen Kreisläufe genauer betrach-ten. Dabei können wir feststellen, dass es in den Unternehmen ver-schiedene Kreisläufe und Schnittstellen gibt.

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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In der Betriebswirtschaftslehre unterscheiden wir folgende Kreisläufe:

1. Leistungswirtschaftlicher Kreislauf2. Finanzwirtschaftlicher Kreislauf

Betriebliche Kreisläufe

Leistungswirtschaftlicher Kreislauf Finanzwirtschaftlicher Kreislauf

Abb. 40: Betriebliche Kreisläufe

12.1.1 Leistungswirtschaftlicher Kreislauf

Der leistungswirtschaftliche Kreislauf umfasst im Wesentlichenfolgende Bereiche:

1. Materialwirtschaft2. Produktionswirtschaft3. Absatzwirtschaft

Im Rahmen der Materialwirtschaft werden Roh-, Hilfs-, und Be-triebsstoffe sowie Investitionsgüter für das Unternehmen beschafft.In der Produktion stellen die Mitarbeiter aus dem Fertigungsmateri-al unter Einsatz von Maschinen neue Produkte her. Diese Produktekommen dann auf den Markt und werden über verschiedene Ver-triebswege abgesetzt.

Produktionswirtschaft

LeistungswirtschaftlicherKreislauf

Materialwirtschaft Absatzwirtschaft

FinanzwirtschaftlicherKreislauf

Finanzwirtschaft

Abb. 41: Leistungs� und finanzwirtschaftliche Kreisläufe

12.1.2 Finanzwirtschaftlicher Kreislauf

Der finanzwirtschaftliche Kreislauf beginnt hauptsächlich bei derAbsatzwirtschaft. Der Verkauf der hergestellten Produkte führt zuUmsatzerlösen, die als Einnahmen einen wesentlichen Teil des Fi-

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A Jahresabschluss

104

nanzflusses im Unternehmen ausmachen. Ein Teil der Umsatzerlösewird benötigt, um Löhne, Gehälter, Steuern und sonstige Ausgabenzu bezahlen. Die übrigen Einnahmen dienen dazu, wieder Roh-,Hilfs- und Betriebsstoffe sowie Maschinen zu kaufen, um weitereProdukte herzustellen.

Finanzwirtschaftliche Elemente

Prozesse Strukturen

Stromgrößen Bestandsgrößen

Einnahmen,Ausgaben

Eigenkapital

Einzahlungen,Auszahlungen

Fremdkapital

Abb. 42: Finanzwirtschaftliche Elemente

Die finanzwirtschaftlichen Elemente teilen wir in Prozesse und Struk-turen auf. Bei den Prozessen werden Stromgrößen erfasst. Die Struktu-ren dagegen können wir anhand der Bestandsgrößen erkennen.

Zu den Stromgrößen gehören die Einnahmen und Ausgaben sowiedie Einzahlungen und Auszahlungen. Wenn wir von den Einnah-men die Ausgaben im Finanzplan abziehen, ergibt sich entwedereine Über- oder Unterdeckung. Das Ergebnis der Einzahlungenminus der Auszahlungen im Liquiditätsplan ist ein Überschuss oderein Fehlbetrag (Defizit).

Neben den Stromgrößen unterscheiden wir also noch die Bestands-größen, die auf der Passivseite der Bilanz zu erkennen sind. DiePassivseite können wir in Eigen- und Fremdkapital aufteilen. Diesebeiden Größen geben Aufschluss über die Struktur der Bilanz.

Das betriebliche Rechnungswesen kennt eine Reihe von Grundbegrif-fen, deren Kenntnis das Verständnis und die Konsequenzen bei Ent-scheidungen in den Unternehmen erleichtern. Wir unterscheiden:

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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1. Einzahlungen – AuszahlungenEinzahlungen und Auszahlungen bedeuten die Erhöhung oderVerminderung der liquiden Mittel des Unternehmens. Bei derLiquiditätsplanung kommen diese beiden Begriffe zum Einsatz.Einzahlungen Beispiel: BareinlagenAuszahlungen Beispiel: Barzahlung einer Rechnung

2. Einnahmen – AusgabenBei den Einnahmen und Ausgaben erfolgt eine Erweiterung dertatsächlichen Zu- und Abflüsse liquider Mittel um Forderungenund Schulden. Diese beiden Begriffe werden bei der Finanzpla-nung verwendet.Einnahmenkönnen sein: Einzahlungen

ForderungszugängeSchuldenabgängeBeispiel: Verkauf von Produkten auf Ziel

Ausgabenkönnen sein: Auszahlungen

ForderungsabgängeSchuldenzugängeBeispiel: Kauf von Waren auf Ziel

3. Erträge – AufwendungenDie Erträge und Aufwendungen kommen in der Finanzbuch-haltung vor. In der Gewinn- und Verlustrechnung werden nurErträge (Umsatzerlöse) und Aufwendungen erfasst.Erträge Wertzuwachs einer Periode

Beispiel: Verkauf von ProduktenAufwendungen Wertverzehr einer Periode

Beispiel: Materialverbrauch

4. Leistungen – KostenDie Leistungen und Kosten sind Begriffe, die wir in der Kosten-und Leistungsrechnung verwenden. Diese Begriffe decken sichnicht mit den Erträgen und Aufwendungen in der GuV. DieLeistungen und Kosten beziehen sich nur auf den Produktions-und Umsatzprozess.

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A Jahresabschluss

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Leistungen Leistungsbezogener Wertzuwachseiner PeriodeBeispiel: Herstellung von Produkten

Kosten Leistungsbezogener Wertverzehreiner PeriodeBeispiel: Löhne und Gehälter

Zusammenfassung:In den Unternehmen findet ein betrieblicher Wertekreislauf statt. Wirunterscheiden leistungs� und finanzwirtschaftliche Kreisläufe. Der fi�nanzwirtschaftliche Kreislauf beginnt erst, wenn der leistungswirt�schaftliche Kreislauf bereits abgeschlossen ist. Zur Überbrückung derZeitspanne benötigen die Unternehmen eine Finanzierung.Der leistungswirtschaftliche Kreislauf erstreckt sich von der Material�wirtschaft über die Produktion bis hin zur Absatzwirtschaft. Der finanz�wirtschaftliche Kreislauf hingegen beginnt mit der Absatzwirtschaft undverläuft über die Finanzierung wieder zur Materialwirtschaft. In denUnternehmen kommt es besonders auf die Schnittstellen an.

12.2 Wichtige Teile der BilanzUnter Finanzierung verstehen wir die Beschaffung von Kapital. Wirunterscheiden Eigen- und Fremdkapital. Die Bereitstellung vonfinanziellen Mitteln ist für die Unternehmen erforderlich, um denZahlungsverpflichtungen nachkommen zu können.

Eigenkapital

Bargeld Sachgüter Immaterielle Güter

Abb. 43: Formen der Eigenkapitalüberlassung

Das Eigenkapital wird in Form von Bargeld, Sachgütern (Maschi-nen, Pkw) oder immateriellen Gütern (Patente, Know-how) zurVerfügung gestellt. Das Fremdkapital stammt von Banken (Darle-hen) oder von anderen Kreditgebern (Kunden, Lieferanten).

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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BilanzAktiva PassivaVermögen Anlagevermögen Umlaufvermögen

MittelverwendungInvestitionen

Kapital Eigenkapital Fremdkapital

MittelherkunftFinanzierung

Abb. 44: Wichtige Teile der Bilanz

Wenn wir in die Bilanz eines Unternehmens sehen, können wir unseinen Überblick über die Aktiva und Passiva des Unternehmens ver-schaffen. Auf der linken Seite der Bilanz steht das Vermögen und aufder rechten Seite das Kapital. Die Aktivseite der Bilanz gibt genauereAuskunft darüber, welches Anlage- und Umlaufvermögen im Unter-nehmen vorhanden sind. Auf der Passivseite wird deutlich, wie vielEigen- und Fremdkapital dem Unternehmen zur Verfügung stehen.

Die Mittelherkunft ist auf der Passivseite zu ersehen. Allerdings wirdauch deutlich, dass auf der Passivseite nur abstrakte Größen vorhandensind. Die konkreten Vorgänge können wir der Aktivseite entnehmen.Wir erkennen, dass sich das Anlagevermögen aus immateriellen Gegen-ständen (Patente, Lizenzen), Sachanlagen (Grundstücke, Gebäude) undFinanzanlagen (Beteiligungen, Ausleihungen) zusammensetzt. Das Um-laufvermögen gliedert sich in Vorräte, Forderungen und flüssige Mittel.Die Aktivseite gibt also einen Einblick, in welcher konkreten Form daszur Verfügung gestellte Kapital im Unternehmen genutzt wird. Die Mit-telverwendung geht somit aus der Aktivseite hervor.

BilanzAktiva PassivaAnlagevermögen Immaterielle Werte

Sachanlagen FinanzanlagenUmlaufvermögen Vorräte Forderungen

Flüssige Mittel

Eigenkapital Gezeichnetes Kapital

Kapitalrücklage Gewinnrücklagen Bilanzgewinn/BilanzverlustFremdkapital Rückstellungen

Verbindlichkeiten

Bilanzsumme Bilanzsumme

Abb. 45: Wichtige Positionen der Bilanz

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A Jahresabschluss

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Das Eigenkapital setzt sich aus dem gezeichneten Kapital, der Kapi-talrücklage, den Gewinnrücklagen sowie dem Bilanzgewinn/Bilanz-verlust zusammen. Das gezeichnete Kapital bezeichnen wir bei denKapitalgesellschaften als Grundkapital, das aus dem Nennwert dereinzelnen Aktien besteht. Bei der GmbH heißt das gezeichnete Ka-pital dagegen Stammkapital.

Die Kapitalrücklagen werden dadurch gebildet, dass die Aktien miteinem Agio, also über Pari ausgegeben werden. Die zusätzlichenBeträge, die nicht zur Abdeckung der Kosten für die Kapitalerhö-hung verwendet werden, kommen in die Kapitalrücklage. Die Ge-winne, die eine Aktiengesellschaft pro Jahr nicht ausschüttet, werdenin die Gewinnrücklagen eingestellt. Der ausgewiesene Bilanzgewinn,der bei Aktiengesellschaften mit der Dividendenzahlung überein-stimmt, erscheint als separate Position in der Bilanz.

Das Fremdkapital besteht im Wesentlichen aus den Rückstellungenund den Verbindlichkeiten. Bei den Rückstellungen unterscheidenwir Pensionsrückstellungen, die Rückstellungen für Steuern und diesonstigen Rückstellungen. Zu den Verbindlichkeiten zählen insbe-sondere die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten, die Ver-bindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen und die sonstigenVerbindlichkeiten.

Wenn wir entscheidungsorientiert vorgehen, können wir feststellen,dass die meisten Finanzierungsvorgänge auf der Passivseite und diemeisten Investitionsvorgänge auf der Aktivseite zu erkennen sind.Eine Verbesserung der Finanzstruktur eines

Unternehmens ist nur dadurch zu erreichen, dass auf der Aktivseiteder Bilanz wesentliche Positionen verändert werden. Sollte dies nichtmöglich sein, dann muss beispielsweise zusätzliches Eigenkapital indas Unternehmen eingebracht werden, damit die Ziele der Finanzie-rungsregeln wieder erreicht werden.

Zusammenfassung:Auf der Aktivseite der Bilanz steht das Vermögen, das sich aus demAnlage� und Umlaufvermögen zusammensetzt. Wir erkennen, wie dieim Unternehmen vorhandenen Finanzmittel verwendet wurden.

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Die meisten Investitionen, die ein Unternehmen tätigt, schlagen sichauf der Aktivseite nieder.Die Passivseite enthält das Kapital, das aus dem Eigen� und demFremdkapital besteht. Wir können sehen, wo die investierten Finanz�mittel herkommen. Die Passivseite gibt also Aufschluss über die Finan�zierung des Unternehmens und über die Herkunft des Kapitals.

12.3 Bestandteile des JahresabschlussesDer Jahresabschluss eines Unternehmens setzt sich aus der Bilanzsowie der Gewinn- und Verlustrechnung zusammen. Die Kapital-gesellschaften haben ihren Jahresabschluss noch durch einen An-hang zu ergänzen (§ 264 Abs. 1 HGB). Die mittelgroßen und großenKapitalgesellschaften müssen auch noch einen Lagebericht erstellen(§ 289 HGB).

Jahresabschluss

BilanzGewinn� und

VerlustrechnungAnhang Lagebericht

Abb. 46: Bestandteile des Jahresabschlusses

12.3.1 Bilanz

Die Bilanz ist eine Zeitpunktrechnung. In ihr kommen nur Be-standsgrößen vor. Alle Aktiv- und Passivpositionen der Bilanz wer-den stets am Ende des Geschäftsjahres ermittelt. Das Geschäftsjahreines Unternehmens muss nicht mit dem Kalenderjahr identischsein. Ein Unternehmen kann beispielsweise sein Geschäftsjahr aucham 30. 9. eines jeden Jahres beenden.

Für die Analyse reicht die Zeitpunktrechnung nicht aus, da die Ver-änderungen der einzelnen Positionen der Bilanz während des Jahresnicht ersichtlich sind. Deshalb sollte auch jeweils eine Kapitalfluss-rechnung erstellt werden, um einen besseren Einblick in das Finanz-gebaren der Unternehmensleitung zu erhalten. Für die Kapitalfluss-rechnung werden jeweils die letzten beiden Bilanzen benötigt.

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A Jahresabschluss

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Die Gliederungspunkte der Bilanz können dem § 266 HGB ent-nommen werden. Das allgemeine Gliederungsschema für die Bilanzgeht aus der Abbildung auf der folgenden Seite hervor.

Der formale Aufbau des Bilanzschemas für Kapitalgesellschaften istim § 266 HGB festgelegt. Die Einzel- und Personengesellschaftensollten sich an diesem Schema orientieren.

Die Grobgliederung der Bilanz enthält die folgenden wesentlichenPositionen (§ 266 Abs. 2 und 3 HGB):

BilanzAktiva PassivaA. Anlagevermögen

I. ImmaterielleVermögensgegenstände

II. SachanlagenIII.Finanzanlagen

B. UmlaufvermögenI. VorräteII. Forderungen und sonstige

VermögensgegenständeIII.Wertpapiere

IV.Schecks, Kassenbestand,Bundesbank� undPostgiroguthaben,Guthaben bei Kreditinstituten

C. Rechnungsabgrenzungsposten

A. Eigenkapital

I. Gezeichnetes KapitalII. KapitalrücklageIII.GewinnrücklagenIV.Gewinnvortrag/VerlustvortragV. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag

B. Rückstellungen

C. Verbindlichkeiten

D. Rechungsabgrenzungsposten

Abb. 47: Grobgliederung der Bilanz nach § 266 Abs. 2 und 3 HGB

In den Geschäftsberichten der Kapitalgesellschaften finden wir imWesentlichen folgendes Gliederungsschema, das der Abbildung aufder folgenden Seite entnommen werden kann.

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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Bilanz

Aktiva PassivaA. Anlagevermögen

I. ImmaterielleVermögensgegenstände1. Konzessionen,

gewerbliche Schutzrechte2. Geschäfts� oder Firmenwert

II. Sachanlagen1. Grundstücke + Gebäude2. Maschinen3. Betriebs� und

Geschäftsausstattung

III.Finanzanlagen1. Ausleihungen2. Beteiligungen

B. UmlaufvermögenI. Vorräte

1. Roh�, Hilfs� und Betriebsstoffe2. Unfertige und

fertige Erzeugnisse, Waren

II. Forderungen undsonstige Vermögensgegenstände1. Forderungen aus Lieferungen

und Leistungen2. Sonstige Vermögensgegen�

stände

III.Wertpapiere

IV. Schecks, Kassenbestand,Bundesbank� undPostgiroguthaben,Guthaben bei Kreditinstituten

C. Rechnungsabgrenzungsposten

A. EigenkapitalI. Gezeichnetes KapitalII. KapitalrücklageIII.GewinnrücklagenIV.Bilanzgewinn/Bilanzverlust

B. Sonderposten mit Rücklageanteil

C. Rückstellungen

D. Verbindlichkeiten1. Verbindlichkeiten mit einer

Laufzeit von mehr als 5 Jahren2. Verbindlichkeiten aus

Lieferungen und Leistungen3. Sonstige Verbindlichkeiten

E. Rechungsabgrenzungsposten

Abb. 48: Gliederungsschema der Bilanz

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Unter der Bilanz oder im Anhang sind noch folgende Positionenauszuweisen (§§ 251, 268 Abs. 7 HGB):

1. Eventualverbindlichkeiten1.1 Wechselobligo1.2 Bürgschaften1.3 Gewährleistungsverträge

2. Sonstige finanzielle Verpflichtungen (§ 285 Abs. 3 HGB)2.1 Miet- und Pachtverträge2.2 Leasingverträge2.3 Begonnene Investitionsvorhaben2.4 Künftige Großreparaturen2.5 Größere Abnahmeverpflichtungen

Der Jahresabschluss hat ein den tatsächlichen Verhältnissen entspre-chendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der bilanzie-renden Unternehmen zu vermitteln (§ 264 Abs. 2 HGB).

Jahresabschluss

Vermögenslage Finanzlage Ertragslage

Abb. 49: Bild des Jahresabschlusses

Zusammenfassung:Der Jahresabschluss setzt sich aus der Bilanz, aus der GuV sowie ausdem Anhang zusammen. Die Kapitalgesellschaften müssen noch einenLagebericht erstellen.Die Bilanz ist eine Zeitpunktrechnung. Die Aktiva werden in Anlagever�mögen, in Umlaufvermögen und in Rechnungsabgrenzungsposten un�terteilt. Für das Anlagevermögen und das Umlaufvermögen erfolgennoch weitere Aufteilungen, um einen besseren Einblick in die Vermö�gensseite zu erhalten. Die Passiva gliedern sich in Eigenkapital, Sonder�posten mit Rücklageanteil, Rückstellungen, Verbindlichkeiten und Rech�nungsabgrenzungsposten. Das Eigenkapital, die Rückstellungen und dieVerbindlichkeiten werden noch weiter aufgeteilt, um sich einen besserenÜberblick über die Zusammensetzung dieser Positionen zu verschaffen.Unter der Bilanz oder im Anhang erscheinen die Eventualverbindlich�keiten und die sonstigen finanziellen Verpflichtungen, die in der Bilanznicht enthalten sind.

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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12.3.2 Gewinn� und Verlustrechnung

Die Gewinn- und Verlustrechnung stellt im Gegensatz zur Bilanzeine Zeitraumrechnung dar, in der es nur Erfolgsgrößen gibt. AlleErträge und Aufwendungen des Unternehmens werden von Januarbis Dezember eines jeden Jahres zusammengefasst und in der Ge-winn- und Verlustrechnung detailliert aufgeführt. Die wichtigstenPositionen erscheinen in der Gewinn- und Verlustrechnung separat,damit ein Außenstehender sich ein genaues Bild über die Ertrags-kraft eines Unternehmens machen kann.

Am Ende eines jeden Geschäftsjahres schließen wir die Gewinn- undVerlustrechnung ab. Ab dem 1. Januar des folgenden Geschäftsjah-res werden wieder alle Erträge und Aufwendungen im Unternehmenvon neuem aufgezeichnet und kumuliert. Das Gliederungsschemader Gewinn- und Verlustrechnung ist im § 275 HGB festgelegt.

Die Gewinn- und Verlustrechnung kann in Konten- oder in Staffel-form dargestellt werden. Bei Kapitalgesellschaften ist die Staffelformgesetzlich vorgeschrieben. Wegen der besseren Übersichtlichkeitsollten auch kleinere und mittlere Unternehmen die Staffelformwählen.

Gewinn� und Verlustrechnung

Kontenform Staffelform

Abb. 50: Darstellungsformen der GuV

Die kleineren und mittleren Unternehmen verwenden immer nochoft die Kontenform. Die Staffelform dagegen ist für viele Mitarbeiterleichter zu verstehen, da auch separate Zwischensummen ausgewie-sen werden können, wie Gesamtleistung, Betriebsergebnis, Finan-zergebnis, Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, außeror-dentliches Ergebnis, Jahresüberschuss und Bilanzgewinn.

Das neue Gliederungsschema der Gewinn- und Verlustrechnungenthält nach dem Gesamtkostenverfahren folgende Erfolgsgrößen:

1. Gesamtleistung2. Betriebsergebnis

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3. Finanzergebnis4. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit5. Außerordentliches Ergebnis6. Jahresüberschuss7. Bilanzgewinn

Der Erfolgsnachweis wird also aufgespalten. Das Betriebsergebnisund das Finanzergebnis werden zum Ergebnis der gewöhnlichenGeschäftstätigkeit zusammengefasst. Die Abgrenzung der Erfolgs-größen entspricht jedoch nicht in allen Einzelheiten den Begriffsin-halten der Betriebswirtschaftslehre.

Gewinn� und Verlustrechnung

Gesamtleistung

Betriebsergebnis

Finanzergebnis

Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

Außerordentliches Ergebnis

Jahresüberschuss

Bilanzgewinn

Abb. 51: Zwischenergebnisse in der GuV

Bei der Gewinn- und Verlustrechnung können wir das Gesamt- unddas Umsatzkostenverfahren unterscheiden. Vor der Einführung desneuen Bilanzrichtliniengesetzes im Jahre 1987 war für die Unter-nehmen nur das Gesamtkostenverfahren gesetzlich erlaubt. Seitdieser Zeit verwenden die gut geführten Unternehmen öfter dasUmsatzkostenverfahren, das für marktorientierte Unternehmen vielinformativer ist.

Gewinn� und Verlustrechnung

Gesamtkostenverfahren Umsatzkostenverfahren

Abb. 52: Unterschiedliche Darstellung der GuV

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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Das Gliederungsschema nach dem Gesamtkostenverfahren sieht fürKapitalgesellschaften wie folgt aus (§ 275 Abs. 2 HGB):

Gesamtkostenverfahren1. Umsatzerlöse

2. Erhöhung oder Verminderung des Bestands an fertigen und unfertigenErzeugnissen

3. Andere aktivierte Eigenleistungen

4. Sonstige betriebliche Erträge

5. Materialaufwand:

a) Aufwendungen für Roh�, Hilfs� und Betriebsstoffe und für bezogene Waren

b) Aufwendungen für bezogene Leistungen

6. Personalaufwand:

a) Löhne und Gehälter

b) soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung undUnterstützung, davon für Altersversorgung

7. Abschreibungen:

a) auf immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens undSachanlagen sowie auf aktivierte Aufwendungen für die Ingangsetzungund Erweiterung des Geschäftsbetriebes

b) auf Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens, soweit diese die in derKapitalgesellschaft üblichen Abschreibungen überschreiten

8. Sonstige betriebliche Aufwendungen

9. Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen

10. Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen desFinanzanlagevermögens, davon aus verbundenen Unternehmen

11. Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen

12. Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens

13. Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon an verbundene Unternehmen

14. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

15. Außerordentliche Erträge

16. Außerordentliche Aufwendungen

17. Außerordentliches Ergebnis

18. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

19. Sonstige Steuern

20. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag

Abb. 53: Gliederungsschema nach dem Gesamtkostenverfahren gemäß § 275 Abs. 2HGB

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A Jahresabschluss

116

In den Geschäftsberichten der Kapitalgesellschaften wird das Ge-samtkostenverfahren meist folgendermaßen dargestellt, wie aus derfolgenden Abbildung hervorgeht.

Das neue Gliederungsschema des Gesamtkostenverfahrens siehtfolgendermaßen aus:

Gesamtkostenverfahren1. Umsatzerlöse

2. Erhöhung oder Verminderung des Bestandes an fertigen und unfertigenErzeugnissen

3. Aktivierte Eigenleistungen

4. Gesamtleistung

5. Sonstige betriebliche Erträge

6. Materialaufwand

7. Personalaufwand

8. Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände und Sachanlagen

9. Sonstige betriebliche Aufwendungen

10. Betriebsergebnis

11. Erträge aus Beteiligungen, Wertpapieren

12. Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge

13. Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens

14. Zinsen und ähnliche Aufwendungen

15. Finanzergebnis

16. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

17. Außerordentliche Erträge

18. Außerordentliche Aufwendungen

19. Außerordentliches Ergebnis

20. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

21. Sonstige Steuern

22. Jahresüberschuss

23. Einstellungen in die Gewinnrücklagen

24. Bilanzgewinn

Abb. 54: Gewinn� und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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Das Gliederungsschema nach dem Umsatzkostenverfahren sieht fürKapitalgesellschaften wie folgt aus (§ 275 Abs. 3 HGB):

Umsatzkostenverfahren1. Umsatzerlöse

2. Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen

3. Bruttoergebnis vom Umsatz

4. Vertriebskosten

5. Allgemeine Verwaltungskosten

6. Sonstige betriebliche Erträge

7. Sonstige betriebliche Aufwendungen

8. Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen

9. Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen desFinanzanlagevermögens, davon aus verbundenen Unternehmen

10. Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen

11. Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens

12. Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon an verbundene Unternehmen

13. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

14. Außerordentliche Erträge

15. Außerordentliche Aufwendungen

16. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

17. Sonstige Steuern

18. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag

Abb. 55: Gliederungsschema nach dem Umsatzkostenverfahren gemäß § 275 Abs. 3HGB

Da die Aussagefähigkeit des Umsatzkostenverfahrens für diemarktorientierte Unternehmensleitung größer als bei dem Gesamt-kostenverfahren ist, sollten die Unternehmen in Zukunft diesesVerfahren wählen. Das Umsatzkostenverfahren der Gewinn- undVerlustrechnung weist in den Geschäftsberichten meist folgendePositionen aus:

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A Jahresabschluss

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Umsatzkostenverfahren1. Umsatzerlöse

2. Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistung

3. Bruttoergebnis von Umsatz

4. Vertriebskosten

5. Allgemeine Verwaltungskosten

6. Sonstige betriebliche Erträge

7. Sonstige betriebliche Aufwendungen

8. Betriebsergebnis

9. Erträge aus Beteiligungen, Wertpapieren

10. Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge

11. Abschreibungen auf Finanzanlagen

12. Zinsen und ähnliche Aufwendungen

13. Finanzergebnis

14. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

15. Außerordentliche Erträge

16. Außerordentliche Aufwendungen

17. Außerordentliches Ergebnis

18. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

19. Sonstige Steuern

20. Jahresüberschuss

21. Einstellung in die Gewinnrücklagen

22. Bilanzgewinn

Abb. 56: Gewinn� und Verlustrechnung nach dem Umsatzkostenverfahren

Beim Umsatzkostenverfahren sind die Material- und Personalauf-wendungen zusätzlich im Anhang anzugeben. Die Abschreibungenauf immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens undauf Sachanlagen können dem Anlagespiegel entnommen werden.Die Abschreibungen auf Gegenstände des Finanzanlagevermögensund auf Wertpapiere des Umlaufvermögens werden separat ausge-wiesen.

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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Zusammenfassung:Die GuV stellt eine Zeitraumrechnung dar und wird jeweils am Ende desGeschäftsjahres abgeschlossen. Die Darstellung kann in Staffelformoder in Kontenform erfolgen. Für die Kapitalgesellschaften ist nur dieStaffelform erlaubt, die die anderen Unternehmen wegen der Über�sichtlichkeit auch verwenden sollten.Wir unterscheiden das Gesamtkosten� und das Umsatzkostenverfahren.Bis 1986 war nur das Gesamtkostenverfahren erlaubt. Die marktorien�tierten Unternehmen sollten das Umsatzkostenverfahren wählen, dasvon den Mitarbeitern leichter verstanden wird und das für Außenste�hende nicht einen so guten Einblick erlaubt. Außerdem kann beim Um�satzkostenverfahren eine Analyse nach Produktgruppen, Verkaufsge�bieten und Kundengruppen durchgeführt werden.

12.3.3 Anhang

Im Anhang werden die wichtigsten Positionen der Bilanz sowie derGewinn- und Verlustrechnung erläutert. Ein außenstehender Dritterkann dann meist erkennen, wie sich die einzelnen Positionen zu-sammensetzen und wie sie bewertet wurden.

Die Vorschriften über den Inhalt des Anhangs sind in den §§ 284,285, 286 und 288 HGB geregelt. Für die kleinen und mittelgroßenKapitalgesellschaften gibt es größenabhängige Erleichterungen.

Bei der Anhang-Aufstellung von kleinen Kapitalgesellschaften erge-ben sich Veränderungen. Die kleinen Kapitalgesellschaften müssenweiterhin einen Anhang erstellen und veröffentlichen. Es bestehtaber die Möglichkeit, ab 1994 zahlreiche Erleichterungen in An-spruch zu nehmen.

Folgende Punkte können bei der Aufstellung des Anhangs bei klei-nen Kapitalgesellschaften in Zukunft entfallen:

1. Aufstellung eines Anlagengitters2. Erläuterung bestimmter Forderungen3. Erläuterung bestimmter Verbindlichkeiten4. Erläuterung der Rechnungsabgrenzungsposten5. Erläuterung von Aufwendungen für die Ingangsetzung und Er-

weiterung des Geschäftsbetriebes

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A Jahresabschluss

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6. Erläuterungen zu den Posten „Außerordentliche Erträge“ und„Außerordentliche Aufwendungen“

7. Gesamtbetrag der sonstigen finanziellen Verpflichtungen, dienicht in der Bilanz erscheinen

8. Aufgliederung der Umsatzerlöse nach Tätigkeitsbereichen9. Auswirkungen von Abschreibungen aufgrund steuerrechtlicher

Vorschriften10. Belastung des Betriebsergebnisses durch Steuern vom Einkom-

men und Ertrag11. Durchschnittliche Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer12. Erläuterung des Materialverbrauches bei der Anwendung des

Umsatzkostenverfahrens13. Erläuterung der sonstigen Rückstellungen

Die Angaben über die Gesamtbezüge von Geschäftsführungsorganen(Geschäftsführer, Aufsichtsräte und Beiräte) wie Gehälter, Gewinn-beteiligungen und Aufwandsentschädigungen können entfallen,wenn sich anhand der Angaben die Bezüge eines einzelnen Mitgliedsfeststellen lassen.

Dasselbe gilt auch für die Angaben der Ergebnisverwendung. DieAngaben über die Ergebnisverwendung brauchen von allen Gesell-schaften mit beschränkter Haftung dann nicht gemacht werden,wenn sich anhand der gesamten Angaben die Gewinnanteile vonEinzelpersonen feststellen lassen (§ 375 Abs. 1 Satz 1 HGB).

Im Anhang werden also die wichtigsten Positionen der Bilanz undder GuV erläutert. Für die Bilanzanalyse sind die Angaben im An-hang von großer Bedeutung. Wir finden im Anhang Erläuterungen,zusätzliche Angaben, Darstellungen, Aufgliederungen und Begrün-dungen zur Bilanz sowie zur GuV. Außerdem gibt es Informationenzu einzelnen Posten, zum Inhalt, zu den angewandten Bewertungs-und Abschreibungsmethoden sowie zur Unterbrechung der Aus-weis- und Bewertungsstetigkeit.

12.3.4 Lagebericht

Die mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften sind verpflichtet,auch einen Lagebericht zu erstellen, der im Geschäftsbericht aufzu-

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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führen ist. Über den Inhalt des Lageberichts gibt § 289 HGB Aus-kunft.

Kleine Kapitalgesellschaften brauchen den Lagebericht nicht mehraufzustellen (§ 264 Abs. 1 Satz 3 HGB). Nach der alten Gesetzeslagewar es schon nicht mehr erforderlich, dass der Lagebericht veröf-fentlicht oder beim Amtsgericht hinterlegt werden musste.

Im Lagebericht sind der Geschäftsverlauf und die Lage der Kapital-gesellschaft so darzustellen, dass ein den tatsächlichen Verhältnissenentsprechendes Bild vermittelt wird. Der Lagebericht soll auch auffolgende Punkte eingehen:

1. Vorgänge von besonderer Bedeutung, die nach dem Schluss desGeschäftsjahres eingetreten sind.

2. Voraussichtliche Entwicklung der Kapitalgesellschaft.3. Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten.

Zusammenfassung:Der Anhang enthält die Erläuterungen für die wichtigen Positionen derBilanz sowie der GuV. Für die Bilanzanalyse sind die Angaben im An�hang von großer Bedeutung, da im Anhang noch zusätzliche Informa�tionen über die Bilanzierung, die Bewertung und die Zusammensetzungder einzelnen Positionen enthalten sind.

Die mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften müssen auch einenLagebericht erstellen. Es wird der Geschäftsverlauf und die Lage der Ka�pitalgesellschaft dargestellt, um ein den tatsächlichen Verhältnissenentsprechendes Bild des Unternehmens zu vermitteln. Auf die Vorgängevon besonderer Bedeutung nach dem Schluss des Geschäftsjahres, aufdie voraussichtliche Entwicklung sowie auf die Forschungs� und Ent�wicklungstätigkeiten sollte ebenfalls eingegangen werden.

13 Aufbereitung der DatenDie Bilanz sowie die GuV entsprechen in der Form der Erstellungund der Veröffentlichung nicht den Erfordernissen für eine Bilanza-nalyse und Bilanzkritik. Die Daten des Jahresabschlusses müssendaher zur Bildung von aussagefähigen Kennzahlen erst aufbereitetwerden. Durch die Errechnung von Kennzahlen können dann weite-

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A Aufbereitung der Daten

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re Erkenntnisse über die erfolgs- und finanzwirtschaftliche Lage derUnternehmen gewonnen werden.

Die Aufbereitung erfolgt durch Bereinigungen, Umgruppierungen,Saldierungen, Umbewertungen, Aufspaltungen und Verdichtungender Positionen der Bilanz sowie der GuV. Die Zuordnungen undZusammenfassungen der einzelnen Positionen müssen nach wirt-schaftlichen Gesichtspunkten vorgenommen werden.

Folgende Gesichtspunkte sollten dabei beachtet werden:

1. Bei den Einzel- und Personengesellschaften sowie bei den Kapi-talgesellschaften sind die rechtsformspezifischen Unterschiede zuberücksichtigen.

2. Die verschiedenen Aktiv- und Passivposten haben unter bilanza-nalytischen Gesichtspunkten eine andere Bedeutung als unter ju-ristischen Aspekten.

3. Das umfangreiche Zahlenmaterial ist zu verdichten, um dieStrukturen der Bilanz sowie der GuV besser erkennen zu kön-nen.

4. Die stillen Reserven sollten aufgedeckt werden. Mögliche Unter-bewertungen müssen erkannt und eventuelle Überbewertungensollten ermittelt werden.

5. Die Aktivposten müssen nach der Liquidierbarkeit geordnetwerden. Alle Passivposten sind nach der Fristigkeit aufzuführen.

13.1 RahmenbedingungenBevor wir den Jahresabschluss analysieren, sollten wir uns einenguten Überblick über das Unternehmen verschaffen, das untersuchtwerden soll. Die Rahmenbedingungen sind wichtig für die Bilanza-nalyse und für die Bilanzkritik, da von ihnen Einflüsse auf das Ge-samtbild des Jahresabschlusses ausgehen.

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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Rahmenbedingungen1. Kapitalverhältnisse

2. Rechtsform des Unternehmens

3. Größe

4. Produktionsprogramm

5. Marktanteil

6. Wachstum

7. Konkurrenz

8. Branche

9. Geschäftsentwicklung

Abb. 57: Rahmenbedingungen eines Unternehmens

Zu den wichtigen Daten eines Unternehmens gehören vor allem dieKapitalverhältnisse, die Rechtsform des Unternehmens, die Größe,das Produktionsprogramm, der Marktanteil, das Wachstum und dieKonkurrenz.

Die Kapitalverhältnisse geben einen Überblick über die Zusam-mensetzung der Gesellschafter, die die Bilanzpolitik des Unterneh-mens wesentlich beeinflussen können. Die errechneten Kennzahlenwerden dann entsprechend interpretiert. Die Unternehmensleitunglässt auch oft Rückschlüsse auf die Art zu, wie das Unternehmengeführt und wie die Geschäftspolitik betrieben wird.

Die Größe des Unternehmens, das Produktionsprogramm, derMarktanteil sind weitere Indikatoren, die auf die Bedeutung desUnternehmens am Markt schließen lassen.

Auch die Konkurrenz des Unternehmens sollte sorgfältig untersuchtwerden. Die Konkurrenzsituation hat unmittelbaren Einfluss auf diePreisgestaltung und den Umsatz. Die Investitionstätigkeit, die Inno-vationen und die Werbung können ebenfalls durch die Konkurrenzstark beeinflusst werden.

Die Branche und die Geschäftsentwicklung sollten auch untersuchtwerden. Es ist von großer Bedeutung, ob sich ein Unternehmen ineiner Branche mit hohem Wachstum befindet oder ob die Branchemit einer Stagnation oder gar mit einer Rezession zu rechnen hat.

Diese Informationen sind bei der Analyse des Unternehmens wich-tig und erlauben eine bessere Beurteilung des Unternehmens. Es

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A Aufbereitung der Daten

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kommt insbesondere darauf an, wie sich das Unternehmen in Zu-kunft entwickeln wird und welche Potenziale im Unternehmenvorhanden sind.

13.2 VorbereitungsarbeitenDie Aufbereitung des Zahlenmaterials gehört zu den Vorbereitungs-arbeiten. Sie sind eine wesentliche Voraussetzung für die Durchfüh-rung einer Bilanzanalyse und einer Bilanzkritik. Wir unterscheidendie quantitative und wertmäßige Aufbereitung des Zahlenmaterials.

Aufbereitung

Quantitative Aufbereitung Wertmäßige Aufbereitung

Abb. 58: Quantitative und wertmäßige Aufbereitungsmöglichkeiten

13.2.1 Quantitative Aufbereitungen

Die quantitative Aufbereitung können wir in folgende Maßnahmenaufteilen, ohne dass der Inhalt verändert wird:

1. Bereinigungen oder Verkürzungen des Zahlenmaterials2. Umgruppierungen oder Aufspaltungen der Positionen3. Untergliederungen oder Zusammenfassungen der Wertangaben

Bereinigungen oder VerkürzungenBereinigungen

Bilanzpositionen, die auf unterschiedlichen Bilanzseiten stehen undzwischen denen eine direkte Beziehung besteht, sollten saldiert wer-den. Aus bilanzanalytischen Gründen sind Bereinigungen vorzu-nehmen.

Beispiel: Darlehen an GesellschafterBei größeren Beträgen sind die Darlehen an Gesellschafter vom haf�tenden Kapital abzuziehen.

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Verkürzungen

Die Zahlen des Jahresabschlusses sollten auf volle Euro-Beträge oderauf Tausend-Euro verkürzt werden. Dadurch wird die Übersicht-lichkeit des Zahlenmaterials erhöht.

Beispiel:Anlagevermögen = 2.386.258,30 €Verkürzung = 2.386.000 €

= 2.386 T €

Umgruppierungen oder AufspaltungenUmgruppierungen

Eine Umgruppierung findet statt, wenn der ganze Wert aus demgegebenen Bilanzgefüge herausgenommen und an einer anderenStelle der Bilanz wieder eingefügt wird.

Beispiel: Bilanzgewinn bei der AGDer Bilanzgewinn bei der AG entspricht den Dividendenzahlungenund ist eine Position des Eigenkapitals. Da die Dividendenzahlungeneinen Tag nach der Hauptversammlung fällig sind, sollte diese Positi�on besonders unter den kurzfristigen Verbindlichkeiten ausgewiesenwerden.

Aufspaltungen

Bei der Aufspaltung erfolgt die Trennung einer Bilanzposition inzwei Teile. Die einzelnen Teile werden dann unterschiedlichen Posi-tionen zugeordnet.

Beispiel: Sonderposten mit RücklageanteilDie Sonderposten mit Rücklageanteil beinhalten Eigen� und Fremd�kapital. Deshalb sollte eine Aufteilung im Verhältnis 50:50 vorge�nommen werden. 50 % werden dann dem Eigenkapital und 50 % denRückstellungen zugeordnet.

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A Aufbereitung der Daten

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Untergliederungen oder ZusammenfassungenUntergliederungen

Einige Bilanzpositionen werden nach bestimmten Gesichtpunktenweiter untergliedert, um einen besseren Einblick in die Entwicklungder einzelnen Positionen zu erhalten.

Beispiel: AnlagevermögenUm einen besseren Einblick in das Anlagevermögen zu erhalten, sollteein Anlagespiegel erstellt werden. Die einzelnen Positionen gehen ausder folgenden Aufstellung hervor:

Bilanzposten

Gesamte Anschaffungs�/ Herstellungskosten

Zugänge

Abgänge

Umbuchungen

Abschreibungen kumuliert

Zuschreibungen

Abschreibungen des Jahres

Buchwert 31.12

Abb. 59: Anlagespiegel

Zusammenfassungen

Bilanzpositionen der gleichen oder der vergleichbaren Art werden zuZwischensummen zusammengefasst. Dadurch ist die Struktur derBilanz leichter erkennbar.

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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Beispiel: Immaterielle Vermögensgegenstände, Sachanlagen,FinanzanlagenFür diese Positionen können Zwischensummen gebildet werden. DieSumme dieser Zwischensummen stellt das Anlagevermögen dar.

Immaterielle Vermögensgegenstände+ Sachanlagen+ Finanzanlagen= Anlagevermögen

Abb. 60: Zusammenfassung des Anlagevermögens

13.2.2 Wertmäßige Aufbereitungen

Bei der wertmäßigen Aufbereitung geht es um die Neubewertungoder Umbewertung von Positionen des Jahresabschlusses. Durch diewertmäßige Umformung der Daten sollten zusätzliche Informatio-nen gewonnen werden. Dabei ist aber darauf zu achten, dass be-stimmte Informationen nicht inhaltlich verfälscht werden. ExterneAnalytiker können meist keine Aussagen über die Bewertung einzel-ner Bilanzpositionen machen.

Zusammenfassung:Die Aufbereitung des Zahlenmaterials im Jahresabschluss ist sehr wich�tig, damit die Daten den Erfordernissen der Bilanzanalyse und der Bi�lanzkritik entsprechen. Es sollten Bereinigungen, Umgruppierungen,Saldierungen, Aufspaltungen, Verdichtungen und Umbewertungen derPositionen der Bilanz sowie der GuV vorgenommen werden.Die Rahmenbedingungen eines Unternehmens sind zu klären, da vonihnen Einflüsse auf das Gesamtbild des Unternehmens ausgehen. DieseInformationen haben für die Bilanzanalyse und die Bilanzkritik einegroße Bedeutung und erlauben eine bessere Beurteilung des Unterneh�mens.

Bei den Vorbereitungsarbeiten müssen wir zwischen den quantitativenund den wertmäßigen Aufbereitungen des Zahlenmaterials unterschei�den. Die quantitativen Aufbereitungen sind relativ einfach durchzufüh�ren. Ein externer Analytiker hat oft erhebliche Schwierigkeiten bei denwertmäßigen Aufbereitungen, weil er meist keine Informationen überdie Bewertung der einzelnen Positionen hat.

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A

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14 Untersuchung der Positionen desJahresabschlusses

Die einzelnen Positionen des Jahresabschlusses müssen genau un-tersucht werden, um sich Klarheit über den Inhalt dieser Positionenzu verschaffen.

14.1 Aufbereitungen der BilanzDie Gliederung der Bilanz ist für große Kapitalgesellschaften gesetz-lich vorgeschrieben (§ 266 HGB). Kleine und mittelgroße Kapital-gesellschaften können eine vereinfachte Darstellungsform der Bilanzwählen (§§ 266 Abs. 1, 267 HGB). Die Einzel- und Personengesell-schaften sollten sich am Gliederungsschema der Kapitalgesellschaf-ten orientieren.

Die Gliederung der Bilanz sieht wie folgt aus (§ 266 HGB):

Gliederung der Bilanz

AktivaAusstehende Einlagen auf das gezeichnete Kapital

A. Anlagevermögen

I. Immaterielle Vermögensgegenstände:1. Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und

Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten;2. Geschäfts� oder Firmenwert;3. geleistete Anzahlungen;

II. Sachanlagen:

1. Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich derBauten auf fremden Grundstücken;

2. technische Anlagen und Maschinen;3. andere Anlagen, Betriebs� und Geschäftsausstattung:4. geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau;

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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III. Finanzanlagen:1. Anteile an verbundenen Unternehmen;

2. Ausleihungen an verbundene Unternehmen;3. Beteiligungen;4. Ausleihungen an Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis

besteht;5. Wertpapiere des Anlagevermögens;6. Sonstige Ausleihungen.

B. Umlaufvermögen:

I. Vorräte:1. Roh�, Hilfs� und Betriebsstoffe;2. unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen;3. fertige Erzeugnisse und Waren;4. geleistete Anzahlungen;

II. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände:1. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen;2. Forderungen gegen verbundene Unternehmen;3. Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis

besteht;4. sonstige Vermögensgegenstände;

III. Wertpapiere:

1. Anteile an verbundenen Unternehmen;2. eigene Anteile;3. sonstige Wertpapiere;

IV. Schecks, Kassenbestand, Bundesbank� und Postgiroguthaben, Guthaben beiKreditinstituten.

C. Rechnungsabgrenzungsposten:

Bilanzsumme

PassivaA. Eigenkapital:

I. Gezeichnetes Kapital;

II. Kapitalrücklage;III. Gewinnrücklagen;IV. Gewinnvortrag/Verlustvortrag;V. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag.

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A Untersuchung der Positionen des Jahresabschlusses

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B. Rückstellungen:1. Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen;

2. Steuerrückstellungen;3. Sonstige Rückstellungen.

C. Verbindlichkeiten:1. Anleihen;2. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten;

3. Erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen;4. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen;5. Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener Wechsel und der Ausstellung

eigener Wechsel;6. Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen;7. Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsver�

hältnis besteht;8. Sonstige Verbindlichkeiten.

D. Rechnungsabgrenzungsposten:

Bilanzsumme

Abb. 61: Gliederung der Bilanz

14.1.1 Aktivseite

Auf der Aktivseite der Bilanz müssen wir folgende Positionen un-terscheiden:

Ausstehende Einlagen auf das gezeichnete Kapital

Diese Position finden wir in Bilanzen, wenn die Gesellschafter zwarAnteile gezeichnet, aber die entsprechenden Beträge noch nichteingezahlt haben. Diese Beträge dienen bereits als Haftungskapital,stehen aber dem Unternehmen für das laufende Geschäftsjahr nochnicht zur Verfügung.

In der Strukturbilanz sind die ausstehenden Einlagen zu eliminieren.Die ausstehenden Einlagen werden mit dem gezeichneten Kapitalsaldiert und erscheinen nicht mehr auf der Aktivseite der Bilanz. Dasgezeichnete Kapital auf der Passivseite verringert sich um den sal-dierten Betrag. Die bereits eingeforderten Einlagen sind in den For-derungen gesondert auszuweisen (§ 272 Abs. 1 HGB).

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A. Anlagevermögen

Das Anlagevermögen eines Unternehmens umfasst die Vermögens-gegenstände, die dem Geschäftsbetrieb dauernd dienen (§ 247 Abs. 2HGB). Diese Vermögensgegenstände sind nicht zur Verarbeitungoder zum Verkauf, sondern zur dauerhaften Nutzung bestimmt.Maßgebend ist die Zweckbestimmung des Vermögensgegenstandes.

Die in der Bilanz ausgewiesenen Positionen des Anlagevermögenswerden zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Vermö-gensgegenstände bewertet (§ 255 Abs. 1 und 2 HGB). Diese Positio-nen vermindern sich um die Abschreibungen und erhöhen sichdurch erfolgte Zuschreibungen.

Ob die Abschreibungen betriebsnotwendig sind oder nur bilanzpo-litischen Charakter haben, ist nur den internen Betrachtern bekannt.Der externe Analytiker kann die aus steuerlichen Gründen vorge-nommenen Abschreibungen als nicht betriebsbedingt ansehen,wenn sie nicht in einer Beziehung zum geschätzten Wertminde-rungsverlauf stehen. Dadurch wird eine Verminderung der Besteue-rungsgrundlage bewirkt. In den jeweiligen Vermögensgegenständenstecken dann stille Reserven. Dies ist auch der Fall bei Sofortab-schreibungen der geringwertigen Wirtschaftsgüter (§ 6 Abs. 2 EStG).

Derartige Abschreibungen sind im Anhang anzugeben (§ 281 Abs. 2HGB). Die Differenz zwischen den handelsrechtlichen und steuer-rechtlichen Abschreibungen sollte bei der Bilanzanalyse berücksich-tigt werden. In der Strukturbilanz ist dann das Anlagevermögen unddas Eigenkapital entsprechend zu erhöhen.

Neben den überhöhten Abschreibungen können in den Unterneh-men durch unterlassene Zuschreibungen stille Reserven gebildetwerden. Dann werden zuvor vorgenommene außerplanmäßigeAbschreibungen nicht nach oben korrigiert (Wertaufholung). Daein Zuschreibungswahlrecht besteht, müssen außerplanmäßigeAbschreibungen bei Fortfall des Grundes nicht rückgängig gemachtwerden (§§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 EStG, § 280 HGB). Die aus steuerli-chen Gründen unterlassenen Zuschreibungen in der Abrechnungs-periode sind aus dem Anhang ersichtlich, da sie angabepflichtig sind(§ 280 Abs. 3 HGB). Der zu niedrige Wertansatz kann bei der Bi-lanzanalyse korrigiert werden.

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A Untersuchung der Positionen des Jahresabschlusses

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I. Immaterielle Vermögensgegenstände

Die körperlich nicht fassbaren Vermögensgegenstände, die von denUnternehmen käuflich erworben werden, erfassen wir in dieserPosition.

1. Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechteund Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten

Zu den Konzessionen gehören Wegerechte und Wassernutzungs-rechte. Gewerbliche Schutzrechte umfassen Patente, Urheberrechteund Warenzeichen. Ähnliche Rechte betreffen Nutzungsrechte(Nießbrauch). Zu den ähnlichen Werten zählen Erfindungen, Soft-ware und Kundenkarteien.

2. Geschäfts- oder Firmenwert

Der Geschäfts- oder Firmenwert ist der Unterschiedsbetrag zwischendem bei dem Kauf eines Unternehmens bezahlten Kaufpreis unddem Substanzwert des Unternehmens. Dieser Wert beinhaltet vorallem den guten Namen des Unternehmens, den Kundenstamm unddie Absatzorganisation.

Der aktivierte Betrag kann planmäßig über die voraussichtlicheNutzungsdauer von 15 Jahren abgeschrieben werden (§ 7 Abs. 1Satz 3 EStG). Da der Firmenwert keinen realisierbaren Gegenwertdarstellt, sollte dieser Betrag bei der Aufbereitung eliminiert werden.Das Eigenkapital ist dann entsprechend zu kürzen. In der Praxisverfahren so insbesondere die Banken.

3. Geleistete Anzahlungen

Die geleisteten Anzahlungen beziehen sich auf aktivierungspflichtigeimmaterielle Wirtschaftsgüter. Planmäßige Abschreibungen kom-men auf Anzahlungen nicht in Betracht. Bei Leistungsstörungenhingegen sind außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen.

II. Sachanlagen

Zu den Sachanlagen gehören die körperlichen Vermögensgegen-stände, die dem Geschäftsbetrieb dauernd dienen. Die Anlageent-wicklung während des Geschäftsjahres wird bei Kapitalgesellschaften

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im Anlagespiegel dargestellt, der in der Bilanz oder im Anhang ent-halten sein muss (§ 268 HGB). Die Abschreibungen sind zu jedemPosten anzugeben. Außerplanmäßige Abschreibungen werden je-weils gesondert ausgewiesen oder im Anhang angegeben (§ 277Abs. 3 HGB).

Sachanlagen

Grundstückeund Gebäude

TechnischeAnlagen undMaschinen

Andere Anlagen,Betriebs� undGeschäfts�ausstattung

GeleisteteAnzahlungen undAnlagen im Bau

Abb. 62: Zusammensetzung der Sachanlagen

Die Sachanlagen beinhalten die Grundstücke und Gebäude, dietechnischen Anlagen und Maschinen, die anderen Anlagen sowie dieBetriebs- und Geschäftsausstattung sowie die geleisteten Anzahlun-gen und Anlagen im Bau.

1. Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten, ein-schließlich der Bauten auf fremden Grundstücken

Neben den Grundstücken zählen die grundstücksgleichen Rechte zudieser Position, die Abbaurechte oder Erbbaurechte umfassen. Zuden grundstücksgleichen Bauten gehören Gebäude ohne die Bauten,die Betriebsvorrichtungen sind. Die Bauten auf fremden Grundstük-ken fallen auch unter diese Position.

2. Technische Anlagen und Maschinen

Diese Position umfasst die technischen Anlagen und Maschinensowie die Betriebsvorrichtungen und die Ersatz- und Reserveteile fürMaschinen.

3. Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung

Unter dieser Position werden die Vermögensgegenstände des Anla-gevermögens ausgewiesen, die keiner anderen Position zugeordnetwerden können. Zu den anderen Anlagen zählen Transportanlagenund Gleisanlagen. Die Betriebs- und Geschäftsausstattung umfassen

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A Untersuchung der Positionen des Jahresabschlusses

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die Fahrzeuge, die Büroeinrichtungen und die geringwertigen Wirt-schaftsgüter.

4. Geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau

Diese Position bezieht sich auf geleistete Vorauszahlungen auf Ver-mögensgegenstände des Anlagevermögens und auf noch nicht zumBilanzstichtag abgeschlossene Investitionen.

III. Finanzanlagen

Die Finanzanlagen umfassen die dauerhaften Anlagen und Geld-vermögen der Unternehmen in Form von Beteiligungen und Auslei-hungen.

Finanzanlagen

Anteile an verbundenen Unternehmen

Ausleihungen an verbundene Unternehmen

Beteiligungen

Ausleihungen an Unternehmen,mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht

Wertpapiere des Anlagevermögens

Sonstige Ausleihungen

Abschreibungen des Jahres

Abb. 63: Zusammensetzung der Finanzanlagen

1. Anteile an verbundene Unternehmen

Bei diesen Anteilen handelt es sich grundsätzlich um Mitglied-schaftsrechte, die Vermögensrechte (Anspruch auf Gewinn) undVerwaltungsrechte (Mitspracherechte) einschließen. VerbundeneUnternehmen sind solche Unternehmen, zwischen denen ein Mut-ter/Tochterverhältnis besteht sowie die Tochtergesellschaften unter-einander (§ 271 Abs. 2 HGB).

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2. Ausleihungen an verbundene Unternehmen

Die Ausleihungen beinhalten langfristige Finanz- und Kapitalforde-rungen. Sie können in Wertpapieren verbrieft sein (Anleihen,Schuldverschreibungen) sowie Schuldscheindarlehen oder Hypo-thekenforderungen sein.

3. Beteiligungen

Beteiligungen sind Anteile an anderen Unternehmen, die dem eige-nen Geschäftsbetrieb durch die Herstellung einer dauerhaften Ver-bindung zu jenem Unternehmen dienen (§ 271 Abs. 1 Satz 1 HGB).Mit der Beteiligung muss mehr verfolgt werden, als eine Kapitalan-lage gegen eine angemessene Verzinsung. Es soll ein gewisser Ein-fluss auf das Unternehmen ausgeübt werden.

4. Ausleihungen an Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsver-hältnis besteht

Bei diesen Ausleihungen handelt es sich um Ausleihungen an dasUnternehmen, das die Beteiligung hält, und an das Unternehmen,an dem die Beteiligung gehalten wird. Die Bilanzposition umfasstbeide Seiten eines Beteiligungsverhältnisses, um die unterschiedli-chen Grade von Unternehmensverflechtungen deutlich zu machen.

5. Wertpapiere des Anlagevermögens

Diese Wertpapiere dienen langfristig dem Geschäftsbetrieb des Unter-nehmens, ohne dass eine Beteiligungsabsicht an anderen Unterneh-men besteht und ohne dass ein gesonderter Ausweis erforderlich ist.

Zu diesen Wertpapieren zählen festverzinsliche Wertpapiere (Bun-desanleihen, Pfandbriefe, Obligationen) und Wertpapiere mit Ge-winnbeteiligungsansprüchen (Aktien).

6. Sonstige Ausleihungen

Zu den sonstigen Ausleihungen gehören alle langfristigen Finanz-und Kapitalforderungen, die nicht gegenüber Beteiligungsunter-nehmen oder verbundenen Unternehmen bestehen. Die Rück-deckungsansprüche aus Lebensversicherungen im Zusammenhangmit Pensionsverpflichtungen gegenüber den Mitarbeitern oder Aus-leihungen an Gesellschafter zählen zu den sonstigen Ausleihungen.

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A Untersuchung der Positionen des Jahresabschlusses

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B. Umlaufvermögen

Die Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens dienen der Ver-arbeitung im Rahmen der Produktion oder dem Verkauf. DasHauptmerkmal dieser Vermögensgegenstände ist die kurzfristigeBetriebszugehörigkeit und die Veräußerungsabsicht. Die Bewertungdes Umlaufvermögens erfolgt nach dem strengen Niederstwertprin-zip.

Vorräte

Roh�,Hilfs� und

Betriebsstoffe

UnfertigeErzeugnisse,

unfertigeLeistungen

FertigeErzeugnisse und

Waren

GeleisteteAnzahlungen

Abb. 64: Zusammensetzung der Vorräte

I. Vorräte

Die Vorräte beinhalten den Bestand der zur Verarbeitung oder zumVerkauf erworbenen Vermögensgegenstände. Wenn an den Vorrä-ten Eigentumsvorbehalte (§ 455 BGB) bestehen oder die Lagerbe-stände zur Sicherung einer Bank übereignet sind (§ 9 29 f. BGB),bleiben die dinglichen Belastungen in der Bilanz ohne Beachtung.Für die Bilanzierung gilt prinzipiell die wirtschaftliche und nicht diejuristische Betrachtungsweise.

Im Rahmen der Bewertung der Vorräte besteht wie beim Anlage-vermögen die Möglichkeit, stille Reserven zu bilden. Die Ver-brauchsfolgeverfahren (Lifo, Fifo) sind Vereinfachungen der Be-wertung und erlauben die Bildung von stillen Reserven. DerWertansatz der Vorräte erfolgt dann nicht nach dem Prinzip derEinzelbewertung (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB), es werden vielmehrbestimmte Verbrauchsfolgen unterstellt. Beim Lifo-Verfahren gehenwir davon aus, dass die zuletzt gekauften Rohstoffe als erste wiederverbraucht werden. Die restlichen Rohstoffe werden dann stets zuden niedrigeren Anschaffungskosten bei einer Inflation bewertet.Dadurch ergeben sich erhebliche Unterschiede zwischen den bilan-zierten Werten und den Börsen- oder Marktpreisen.

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Bei Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens können nebenden Bewertungsvereinfachungen auch durch außerplanmäßige Ab-schreibungen stille Reserven gebildet werden, da die niedrigerenWerte auch beim Wegfall der Gründe beibehalten werden dürfen.Diese Abschreibungen können aufgrund des strengen Niederstwert-prinzips vorgenommen werden. Die Unternehmen dürfen dieseWertansätze zur Vorwegnahme künftiger Wertschwankungen ausGründen der kaufmännischen Vorsicht sogar noch unterschreiten.Dadurch können weitere stille Reserven entstehen, die aber beimVerbrauch der Rohstoffe wieder aufgelöst werden.

Neben der erlaubten Unterbewertung der Vorräte muss allerdingsauch eine mögliche Überbewertung der Vorräte berücksichtigt wer-den. Nicht alle Unternehmen bemühen sich, stille Reserven zu bil-den. Beim Verkauf von großen Unternehmen kam es immer wiedervor, dass die ausgewiesenen Vorräte erheblich überbewertet waren.Da die Abschlussprüfer die Vorräte öfter nicht sorgfältig prüfen,wird die Überbewertung meist nicht erkannt.

1. Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe

Die Rohstoffe gehen unmittelbar in die unfertigen Produkte ein undbilden deren Hauptbestandteile.

Die Hilfsstoffe werden ebenfalls für die Produktion unmittelbarverbraucht. Sie erfüllen aber lediglich eine Hilfsfunktion im Ver-gleich zu den Rohstoffen. Schrauben, Lacke und Leime gehören inder Möbelindustrie zu den Hilfsstoffen.

Die Betriebsstoffe bilden keinen Bestandteil der fertigen Produkte,sondern werden bei der Herstellung der Produkte verbraucht.Schmiermittel, Kraftstoffe und Brennstoffe sind Betriebsstoffe.

2. Unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen

Die unfertigen Erzeugnisse sind jene Vorräte, die noch nicht ver-kaufsfertige Produkte darstellen. Durch die Be- oder Verarbeitungsind aber bereits Aufwendungen im eigenen Unternehmen angefal-len. Die unfertigen Erzeugnisse sind bereits im Produktionsprozessbearbeitet worden.

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Die unfertigen Leistungen umfassen die Leistungen, die bis zumBilanzstichtag noch nicht abgeschlossen sind. Die unfertigen Bauteneines Bauunternehmens gehören zu dieser Position.

Im Gegensatz zu den unfertigen Erzeugnissen sind unfertige Lei-stungen noch nicht fertiggestellte oder noch nicht abgerechneteDienstleistungen.

3. Fertige Erzeugnisse und Waren

Die fertigen Erzeugnisse sind die versandfertigen Vorräte, die imeigenen Unternehmen be- oder verarbeitet wurden. Die Warenumfassen die Handelswaren, die von fremden Unternehmen herge-stellt wurden und die ohne wesentliche Weiterverarbeitung verkauftwerden.

Die fertigen Erzeugnisse und die Waren unterliegen einer unter-schiedlichen Bewertung. Die fertigen Erzeugnisse werden zu Her-stellungskosten angesetzt. Für die Waren dagegen gilt der Ein-standspreis als Wertansatz.

4. Geleistete Anzahlungen

Diese Position enthält nur Anzahlungen auf Vorräte. Die Zahlungenfür noch nicht gelieferte Vorräte werden bis zum Zeitpunkt desGefahrenübergangs als Anzahlungen und danach als Vorräte ausge-wiesen.

II. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände

Bei den Forderungen handelt es sich um Geldforderungen, die ausden Umsatzerlösen stammen, die aber noch nicht zu Einzahlungengeführt haben. Die Forderungen sind in der Bilanz bereits wertbe-richtigt. Die Höhe der Wertberichtigungen ist aber für externe Ana-lytiker nicht erkennbar.

1. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen

Die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen stellen den Ge-genwert für die erbrachten Lieferungen und Leistungen dar. Sie sindAusdruck einer erfolgswirksamen Vermögensumformung. An dieStelle von Produkten oder Waren tritt der Anspruch auf Gelder.

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2. Forderungen gegenüber verbundenen Unternehmen

In dieser Position sind alle dem Umlaufvermögen zurechenbarenForderungen gegen verbundene Unternehmen auszuweisen. Dazugehören sowohl die Forderungen aus Lieferungen und Leistungenals auch die Forderungen aus kurzfristigen Darlehen.

3. Forderungen gegenüber verbundenen Unternehmen, mit denenein Beteiligungsverhältnis besteht

Alle zum Umlaufvermögen gehörenden Forderungen gegen Unter-nehmen sind in dieser Position zu erfassen, mit denen ein Beteili-gungsverhältnis besteht. Wenn der Schuldner zugleich ein verbun-denes Unternehmen ist, dann hat der Ausweis dort zu erfolgen.

4. Sonstige Vermögensgegenstände

In dieser Bilanzposition werden alle Vermögensgegenstände desUmlaufvermögens erfasst, die keinem der anderen Posten zuzuord-nen sind. Zu den sonstigen Vermögensgegenständen zählen Darle-hen an Arbeitnehmer, Vorschüsse und Steuererstattungsansprüche.

III. Wertpapiere

Unter den Wertpapieren des Umlaufvermögens werden die Wertpa-piere erfasst, deren Anschaffung und Besitz aus vorübergehendenFinanzierungs- oder Gewinnerzielungsabsichten erfolgt. Die Absichtder Einflussnahme auf das beteiligte Unternehmen liegt nicht vor.

1. Anteil an verbundenen Unternehmen

Bei den Anteilen an verbundenen Unternehmen handelt es sich umWertpapiere, die nicht zum Anlagevermögen gehören.

2. Eigene Anteile

Der Erwerb eigener Anteile ist nur beschränkt zulässig (§ 71 AktG,§ 33 GmbHG). Ein gesonderter Ausweis ist deshalb vorgeschrieben.Eigene Anteile können zur Ausgabe an die Arbeitnehmer des Unter-nehmens oder zur Abfindung von Aktionären gehalten werden.

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3. Sonstige Wertpapiere

Zu den sonstigen Wertpapieren gehören alle Wertpapiere, die nichtzum Anlagevermögen und nicht unter 1. und 2. fallen. Schatzwech-sel des Bundes, kurzfristige Geldanlagen und Finanzwechsel werdenin dieser Bilanzposition erfasst.

IV. Flüssige Mittel

Unter dieser Position werden Schecks, Kassenbestand, Bundesbank-und Postgiroguthaben sowie Guthaben bei Kreditinstituten erfasst.Diese Position beinhaltet also alle sofort oder kurzfristig fälligenMittel. Die einzeln aufgeführten Posten sind auch in mittelgroßenund großen Kapitalgesellschaften nicht aufzugliedern. Zum Kassen-bestand zählen auch alle Bestände an in- und ausländischen Geld-sorten und an Wertmarken (Briefmarken).

C. Rechnungsabgrenzungsposten

Bei den Rechnungsabgrenzungsposten handelt es sich um Ausgabenvor dem Bilanzstichtag, die Aufwendungen betreffen, die erst nachdem Bilanzstichtag anfallen. Als Rechnungsabgrenzungsposten wer-den für zukünftige Perioden vorausgezahlte Beträge ausgewiesen. Zuden Rechnungsabgrenzungsposten gehören beispielsweise die vor-ausbezahlten Mieten oder die vorausbezahlten Versicherungsprämi-en.

Das Disagio (Damnum) zählt ebenfalls zu den Rechnungsabgren-zungsposten. Bei der Aufnahme eines Darlehens kann beispielsweiseein Disagio von 10 % mit der Bank vereinbart werden. Das Unter-nehmen erhält bei einer Darlehenssumme von 100.000,00 € dannnur 90.000,00 € ausbezahlt, muss aber 100.000,00 € an die Bankzurückzahlen. Der Differenzbetrag von 10.000,00 € muss steuer-rechtlich über die Laufzeit des Darlehens gleichmäßig abgeschriebenwerden. Der Betrag von 10.000,00 € wird unter den Rechnungsab-grenzungsposten gesondert aufgeführt.

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14.1.2 Passivseite

Die Positionen der Passivseite sind wie die Positionen der Aktivseiteaufzubereiten. Einzelne Positionen sollten in Gruppen zusammen-gefasst oder gegebenenfalls korrigiert werden.

A. Eigenkapital

Das Eigenkapital steht den Unternehmen ohne zeitliche Begrenzungzur Verfügung. Die Erhöhung des Eigenkapitals kann durch Zufüh-rung von außen oder durch die Einbehaltung von Gewinnen erfolgen.

I. Gezeichnetes Kapital

Das gezeichnete Kapital ist das Haftungskapital. Die Haftung derGesellschafter für die Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaften istalso gegenüber den Gläubigern beschränkt. Das gezeichnete Kapitalwird zum Nennbetrag ausgewiesen.

Bei der AG heißt das gezeichnete Kapital Grundkapital. Vom Stamm-kapital sprechen wir bei der GmbH. Der Mindestnennbetrag desGrundkapitals beträgt 50.000,00 € (§ 7 AktG). Das Stammkapitalmuss mindestens 25.000,00 € betragen, wobei 12.500,00 € in bar ein-gezahlt werden müssen. Ab dem 1. 8. 1994 wurde der Nennbetrag proAktie auf 1,00 € gesenkt. Bei Stammeinlagen ist ein Mindestbetrag von100,00 € vorgeschrieben. Der Ausweis des gezeichneten Kapitals amBilanzstichtag richtet sich nach der Handelsregistereintragung.

Das Grund- oder Stammkapital sind feste Größen. Bei Aktienge-sellschaften kann eine Kapitaländerung aufgrund von Beschlüssender Hauptversammlung oder der Gesellschafter über eine Kapitaler-höhung oder Kapitalherabsetzung erfolgen.

Einzel- und Personengesellschaften haben dagegen variable Eigenka-pitalkonten. Die einzelnen Eigenkapitalkonten können durch Ge-winngutschriften oder Verlustbelastungen sowie durch Einlagen oderdurch Entnahmen im Laufe des Geschäftsjahres verändert werden.

II. Kapitalrücklage

Bei der Kapitalrücklage geht es um die Mehrbeträge, die bei derAusgabe von Aktien, von Wandelschuldverschreibungen und vonOptionsanleihen von außen der AG zugeführt werden. Die AG gibt

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diese Wertpapiere meist über Pari aus. Der Betrag, der den Nenn-betrag übersteigt, heißt Agio (Aufgeld).

III. Gewinnrücklagen

Als Gewinnrücklagen dürfen nur die Beträge ausgewiesen werden,die im Geschäftsjahr oder in früheren Geschäftsjahren aus demJahresüberschuss gebildet wurden (§ 272 Abs. 3 HGB). Im Gegen-satz zu der Kapitalrücklage kommen die Gewinnrücklagen nicht ausden von außen zufließenden Beträgen, sondern stammen vom Jah-resüberschuss.

1. Gesetzliche Rücklagen

Die gesetzlichen Rücklagen gibt es nur bei der AG und der KGaA(§ 150 Abs. 1 AktG). In diese Rücklagen sind jeweils 5 % des Jahres-überschusses einzustellen, bis die gesetzlichen Rücklagen und dieKapitalrücklage zusammen 10 % oder den in der Satzung bestimm-ten höheren Teil des Grundkapitals erreichen (§ 272 Abs. 2 Nr. 1bis3 HGB, § 150 Abs. 3 AktG).

2. Rücklage für eigene Anteile

Die Rücklage für eigene Anteile korrespondiert mit dem Posteneigene Anteile auf der Aktivseite. Zweck dieser Rücklage ist dieAusschüttungssperre. Diese Rücklage darf nur aufgelöst werden,wenn die eigenen Anteile ausgegeben, verkauft oder eingezogenwerden. Die Höhe dieser Rücklage hängt von der Bewertung dereigenen Aktien auf der Aktivseite ab.

3. Satzungsmäßige Rücklagen

Die satzungsmäßigen Rücklagen umfassen die Gewinnrücklagen, dieaufgrund der Satzung (Gesellschaftervertrag) gebildet werden müs-sen. Diese Rücklagen können zweckgebunden oder zweckfrei gebil-det werden.

4. Andere Gewinnrücklagen

Zu den anderen Gewinnrücklagen zählen alle Gewinnrücklagen, dienicht gesondert in den bereits erwähnten Rücklagen zu erfassen sind.Diese Rücklagen können nach freiem Ermessen gebildet werden.

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Die Positionen gezeichnetes Kapital, Kapitalrücklage und Gewinn-rücklagen stellen keine Probleme bei der Bewertung dar. Sie könnenin die Strukturbilanz übernommen werden, ohne dass Aufberei-tungsmaßnahmen notwendig sind. Hinzurechnungen und Kürzun-gen können für den Gewinnvortrag/Verlustvortrag, für den Jahres-überschuss/Jahresfehlbetrag und für den Bilanzgewinn/Bilanzverlustvorgenommen werden.

Der Gewinnvortrag/Verlustvortrag und der Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag werden angesetzt, wenn noch keine Ergebnis-verwendung erfolgt ist.

IV. Gewinnvortrag/Verlustvortrag

Der Gewinnvortrag oder der Verlustvortrag stammen aus früherenBerichtsjahren und sind noch keiner Ergebnisverwendung zugeführtworden. Sie werden entweder in der laufenden oder in den folgen-den Perioden verwendet. Diese Beträge sind mit dem Eigenkapitalzu saldieren.

Der Gewinnvortrag ergibt sich aus der Beschlussfassung der Haupt-versammlung oder der Gesellschafterversammlung über die Ver-wendung des Bilanzgewinns des Vorjahres. Der Verlustvortrag stelltden Bilanzverlust der Vorjahres dar.

V. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag

Wenn in der Bilanz ein Jahresüberschuss ausgewiesen wird, ist nochkeine Entscheidung über die Gewinnverwendung getroffen worden.Sind keine Informationen über den zu erwartenden Beschluss überdie Gewinnverwendung vorhanden, wird der Jahresüberschuss zumEigenkapital hinzugerechnet. Ist bereits bekannt, wie der Jahres-überschuss auf die Gewinnrücklagen und auf die Ausschüttungenverteilt werden soll, dann zählt der in die Gewinnrücklagen einzu-stellende Betrag zum Eigenkapital. Der zur Ausschüttung vorgese-hene Teil wird zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten hinzugefügt,da dieser Betrag nach dem Beschluss der Hauptversammlung an dieGesellschafter ausgezahlt wird. Ein Jahresfehlbetrag dagegen redu-ziert das Eigenkapital.

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Bilanzgewinn/Bilanzverlust

Die Bilanz darf auch unter Berücksichtigung der vollständigen oderteilweisen Verwendung des Jahresergebnisses aufgestellt werden(§ 268 Abs. 1 HGB). Dann erscheint nur der Posten Bilanzge-winn/Bilanzverlust in der Bilanz. Dieser Posten ergibt sich wie folgt:

Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag

+ – Gewinnvortrag/Verlustvortrag

– + Ergebnisverwendung

= Bilanzgewinn/Bilanzverlust

Der Bilanzgewinn wird als Teil des Eigenkapitals in der Bilanz aus-gewiesen. Bei der AG ist der ausgewiesene Bilanzgewinn identischmit der Dividendenzahlung, die einen Tag nach der Hauptver-sammlung fällig ist. Deshalb rechnen wir den zur Ausschüttungvorgesehenen Bilanzgewinn zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten.

Sonderposten mit Rücklageanteil

Die Sonderposten mit Rücklageanteil beinhalten Passivposten, die fürdie Zwecke der Steuer vom Einkommen und vom Ertrag zulässig sind.

Ursachen für Sonderposten mit Rücklageanteil

1. Sonderabschreibungen2. Erhöhte Absetzungen3. Übertragung stiller Reserven

Die wesentlichen Ursachen zur Bildung von Sonderposten mitRücklageanteil umfassen Sonderabschreibungen, erhöhte Absetzun-gen und die Übertragung von stillen Reserven (§ 6 b EStG, Abschnitt35 EStR). Diese Sonderposten unterliegen keiner Besteuerung amBilanzstichtag. Die vorläufig unversteuerten Rücklagen könnenspäter der Besteuerung unterliegen. Die künftige Steuerbelastung istnicht genau bekannt.

Bei der Bilanzanalyse sollten die Sonderposten mit Rücklageanteil je zurHälfte dem Eigenkapital und den Rückstellungen zugeordnet werden.

B. Rückstellungen

Rückstellungen sind Verbindlichkeiten, die bereits verursacht sind,deren Höhe und Fälligkeit aber noch ungewiss sind.

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In den großen Kapitalgesellschaften müssen folgende Rückstellun-gen separat ausgewiesen werden (§ 266 Abs. 3 HGB):

1. Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen2. Steuerrückstellungen3. Sonstige Rückstellungen

Die kleinen Kapitalgesellschaften sowie die Einzel- und Personalge-sellschaften brauchen die Rückstellungen nicht zu untergliedern(§ 267 Abs. 1 HGB). In diesen Gesellschaften werden alle Rückstel-lungen nur in einer Position ausgewiesen.

1. Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen

Die Pensionsrückstellungen haben vor allem in den größeren Un-ternehmen eine besondere Bedeutung, da sie meist einen großenBetrag ausmachen und zur Finanzierung verwendet werden können.

In der Steuerbilanz besteht eine Passivierungspflicht für Pensions-zusagen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

1. Die Pensionszusage muss rechtsverbindlich vorliegen (§ 6 aAbs. 1 Nr. 1 EStG).

2. Die Pensionszusage darf keine steuerschädlichen Vorbehalteenthalten (§ 6 a Abs. 1 Nr. 2 EStG).

3. Die Pensionszusage muss schriftlich erfolgen (§ 6 a Abs. 1 Nr. 3EStG).

Seit dem 1. 1. 1987 besteht für Pensionszusagen eine Passivierungs-pflicht in der Steuerbilanz. Der steuerliche Rechnungszinssatz be-trägt 6 %. Für die vor diesem Zeitpunkt erfolgten Pensionszusagendürfen nachträglich noch Rückstellungen gebildet werden. Unter-lassene Pensionsrückstellungen, die im Anhang anzugeben sind,sollten vom Eigenkapital abgezogen werden.

Im Rahmen der handelsbilanziellen Bewertung der Pensionsrück-stellungen wählen viele Unternehmen einen Zinssatz, der unter 6 %liegt. Generell werden in der Handelsbilanz Abzinsungssätze zwi-schen 3 % und 6 % für zulässig erachtet. Für die Unternehmen er-gibt sich mit der Wahl des Abzinsungssatzes ein wichtiges bilanzpo-litisches Gestaltungspotenzial. In der Handelsbilanz können also

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höhere Beträge für Pensionsrückstellungen als in der Steuerbilanzausgewiesen werden.

In den vergangenen Jahren haben viele Unternehmen in ihren Jah-resabschlüssen einen Zinssatz von 3 % bis 5,5 % zur Bewertung derPensionsrückstellungen angesetzt. Die Abweichung vom steuerli-chen Zinssatz in Höhe von 6 % kann also mehrere Prozentpunktebetragen. Die Zinssenkung von 6 % auf 4 %, also um zwei Prozent-punkte, führt beispielsweise zu einer Erhöhung des Barwertes um ca.20 %. Dadurch wird deutlich, dass die Unternehmen in der Han-delsbilanz einen beträchtlichen Bewertungsspielraum bei den Pensi-onsrückstellungen haben.

2. Steuerrückstellungen

Alle ungewissen Verbindlichkeiten aus Steuern müssen von derGesellschaft als Steuerschuldnerin erfasst werden. Die Steuerschul-den (Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer) sind unter Abzug der Vor-auszahlungen bis zum Erlass des Steuerbescheides als Rückstellun-gen auszuweisen.

Die Steuerrückstellungen umfassen auch die Rückstellungen fürlatente Steuern. Wenn der Gewinn der Steuerbilanz niedriger als dashandelsrechtliche Ergebnis ist, muss die Kapitalgesellschaft eineRückstellung bilden (§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB). Die effektive Steuer-zahlung ist dann niedriger als die errechnete Steuer, die auf der Basisdes höheren handelsrechtlichen Gewinns errechnet wurde. Für denDifferenzbetrag muss dann eine Rückstellung gebildet werden.

3. Sonstige Rückstellungen

Die sonstigen Rückstellungen umfassen alle Rückstellungen, dienicht unter 1 und 2 fallen. Folgende Rückstellungen gehören dazu:

1. Prozesskosten2. Garantieverpflichtungen3. Wechselobligo4. Abschlusskosten5. Bürgschaftsverpflichtungen6. Ausgleichsanspruch der Handelsvertreter (§ 89 b HGB)7. Rabatte

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8. Boni9. Rückständiger Urlaub10. Unterlassene Instandhaltung (3 Monate)11. Abraumbeseitigung12. Wiederherstellung in den ursprünglichen Zustand13. Produzentenhaftung

C. Verbindlichkeiten

Die Verbindlichkeiten werden in unterschiedlichen Postengruppenzusammengefasst (§ 266 Abs. 3 HGB). Bei kleinen Kapitalgesell-schaften können die Verbindlichkeiten ohne Untergliederung aus-gewiesen werden (§§ 267 Abs. 1, 266 Abs. 1 Satz 3 HGB). Die Rest-laufzeiten bis zu einem Jahr sowie von mehr als 5 Jahren müssenseparat vermerkt werden (§§ 268 Abs. 5 Satz 1, 285 Nr. 1 a HGB).Die Vermerke sind bei jedem Posten in der Bilanz anzubringen oderim Anhang zu vermerken.

Die Verbindlichkeiten sind hinsichtlich der Fristigkeit aufzubereiten.Die entsprechenden Informationen finden wir in der Bilanz oder imAnhang bei den Kapitalgesellschaften.

Wir unterscheiden für die Bilanzanalyse die langfristigen und kurz-fristigen Verbindlichkeiten. Das Fremdkapital mit einer Laufzeit vonüber einem Jahr gehört zu den langfristigen Verbindlichkeiten. Diekurzfristigen Verbindlichkeiten beinhalten insbesondere die Ver-bindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sowie die sonstigenVerbindlichkeiten.

1. Anleihen

Anleihen sind alle Schuldverpflichtungen, die am öffentlichen Ka-pitalmarkt aufgenommen werden. Dazu gehören die Schuldver-schreibungen, die Wandelobligationen, die Optionsanleihen und dieGewinnschuldverschreibungen.

2. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten

Die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten sind separat aus-zuweisen. Dabei spielt es keine Rolle, wie lange die Gesamtlaufzeitenoder die Restlaufzeiten sind.

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3. Erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen

Bei Anzahlungen auf Bestellungen handelt es sich um Anzahlungenaufgrund abgeschlossener Lieferungs- und Leistungsverträge, für diedie Lieferungen oder Leistungen noch ausstehen. Anzahlungen aufBestellungen beziehen sich nur auf die Lieferungen oder Leistungen,die zu Umsatzerlösen führen.

4. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen

Die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen umfassenalle Verpflichtungen aus den normalen Geschäften mit den Liefe-ranten. Unter dieser Position werden alle Verbindlichkeiten auf-grund von Lieferungen und Leistungen erfasst.

5. Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener Wechsel und derAusstellung eigener Wechsel

Die Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener Wechsel und derAusstellung eigener Wechsel beinhalten alle als Schuldwechsel gezo-gene Wechsel oder eigene Wechsel ohne Rücksicht darauf, ob es sichum Handels- oder Finanzwechsel handelt.

6. Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen

Die Position gegenüber verbundenen Unternehmen ist ein Sonder-posten. Dazu zählen alle Verbindlichkeiten gegenüber verbundenenUnternehmen.

7. Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Be-teiligungsverhältnis besteht

Wenn die Gläubiger Unternehmen sind, mit denen ein Beteiligungs-verhältnis besteht, müssen diese Verbindlichkeiten in dieser Positionerfasst werden. Sollten es Verbindlichkeiten gegenüber verbundenenUnternehmen sein, dann sind sie unter 6 auszuweisen.

8. Sonstige Verbindlichkeiten

Die sonstigen Verbindlichkeiten stellen einen Sammelposten dar. Sieumfassen alle Schulden, die keinem anderen Posten der Verbind-lichkeiten zugeordnet werden können. Dazu gehören insbesonderedie Verbindlichkeiten gegenüber den Mitarbeitern (Löhne und Ge-

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hälter), Verbindlichkeiten aus Steuern (Einkommen, Ertrag, Um-satz) und Verbindlichkeiten im Rahmen der sozialen Sicherheit(Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherungen).

D. Rechnungsabgrenzungsposten

Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, die einen Ertrag erst imfolgenden Geschäftsjahr darstellen, werden als Rechnungsabgren-zungsposten auf der Passivseite ausgewiesen (§ 250 Abs. 2 HGB). Beiden Rechnungsabgrenzungsposten handelt es sich also um Einnah-men vor dem Stichtag, die erst Erträge nach dem Stichtag betreffen.Aus Gründen der periodengerechten Erfolgsermittlung sind dieseVorgänge entsprechend abzugrenzen.

Wenn die Aufbereitungsarbeiten für die Bilanz abgeschlossen sind,können wir eine Strukturbilanz erstellen. Die in der Strukturbilanzzusammengestellten Zahlen werden dann zur Bildung von Kenn-zahlen verwendet.

14.2 Aufbereitungen der GuV

14.2.1 Gesamtkostenverfahren

Das Gliederungsschema nach dem Gesamtkostenverfahren sieht wiefolgt aus (§ 275 Abs. 2 HGB):

Gesamtkostenverfahren1. Umsatzerlöse2. Erhöhung oder Verminderung des Bestandes an fertigen und unfertigen

Erzeugnissen

3. Andere aktivierte Eigenleistungen4. sonstige betriebliche Erträge6. Materialaufwand

a) Aufwendungen für Roh�, Hilfs� und Betriebsstoffe und für bezogene Warenb) Aufwendungen für bezogene Leistungen

7. Personalaufwanda) auf immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und

Sachanlagen sowie auf aktivierte Aufwendungen für die Ingangsetzung undErweiterung des Geschäftsbetriebs

b) auf Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens, soweit diese die in derKapitalgesellschaft üblichen Abschreibungen überschreiten

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8. Sonstige betriebliche Aufwendungen9. Erträge aus Beteiligungen,

davon aus verbundenen Unternehmen10. Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens,

davon aus verbundenen Unternehmen11. sonstige Zinsen und ähnliche Erträge,

davon aus verbundenen Unternehmen

12. Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens13. Zinsen und ähnliche Aufwendungen,

davon an verbundene Unternehmen

14. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

15. außerordentliche Erträge

16. außerordentliche Aufwendungen

17. außerordentliches Ergebnis

18. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

19. sonstige Steuern20. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag.

Abb. 65: Gesamtkostenverfahren

Erfolgsrechnung nach den Rechnungslegungsvorschriften

Betriebsergebnis Finanzergebnis

Ergebnis dergewöhnlichen Geschäftstätigkeit

Außerordentliches Ergebnis

Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag

Bilanzgewinn/Bilanzverlust

Abb. 66: Erfolgsrechnung nach den Rechnungslegungsvorschriften

Wenn wir die Inhalte des Begriffs Betriebsergebnis in der Kosten-und Leistungsrechnung und des Begriffs Ergebnis aus der gewöhnli-chen Geschäftstätigkeit vergleichen, dann stellen wir fest, dass we-sentliche Unterschiede bestehen. Die sonstigen betrieblichen Auf-wendungen und Erträge in der GuV beziehen sich in ihrem Inhalt

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auf die gewöhnliche Geschäftstätigkeit ohne Rücksicht darauf, obdiese Positionen betriebsfremd oder periodenfremd sind. Alle typi-schen Aufwendungen und Erträge eines Unternehmens berücksich-tigen wir im Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. Die au-ßerordentlichen Aufwendungen und Erträge in der GuV werdennach der Einführung der neuen Bilanzrichtlinien viel enger gefasstund beinhalten nur noch solche Vorgänge, die für die laufende Ge-schäftstätigkeit untypisch sind, weil sie ungewöhnlich oder uner-wartet auftreten (§ 277 Abs. 4 HGB).

Der Verkauf einer Maschine über Buchwert wurde früher als außer-ordentlicher Ertrag erfasst. Heute gehört dieser Vorgang zu den son-stigen betrieblichen Erträgen. Nur ein ungewöhnliches Ereignis wieein Feuerschaden zählt heute zu den außerordentlichen Aufwendun-gen in der GuV. In vielen Unternehmen kommt deshalb diese Positi-on außerordentliches Ergebnis überhaupt nicht mehr vor.

Auch die periodenfremden und betriebsfremden Aufwendungenund Erträge, die neben den außerordentlichen Positionen in derKosten- und Leistungsrechnung zu dem neutralen Ergebnis gehö-ren, werden in der GuV in den sonstigen betrieblichen Aufwendun-gen und Erträgen erfasst. Die erhaltene Miete von einem Mietshaus,das ein Teil des Betriebsvermögens ist, gehört jetzt zu den sonstigenbetrieblichen Erträgen.

Das Gliederungsschema der GuV kann also nicht für die Bilanzana-lyse verwendet werden. Um das richtige ordentliche Betriebsergeb-nis (Bilanzgewinn/Bilanzverlust) für ein Unternehmen zu ermitteln,müssen verschiedene Korrekturen vorgenommen werden. Aller-dings bestehen für einen externen Bilanzanalytiker besondereSchwierigkeiten, weil für ihn keine Einblicke in die Zusammenset-zung der einzelnen Positionen der GuV möglich sind.

Eine Trennung der Unternehmenstätigkeit in einen typischen unduntypischen Bereich kann von einem externen Analytiker nur mitgroßen Schwierigkeiten durchgeführt werden. Eine Erfolgsaufspal-tung ist daher nur auf der Basis einer Schätzung möglich.

Die Aufteilung der beiden Sammelpositionen sonstige betrieblicheErträge und sonstige betriebliche Aufwendungen ist problematisch.Auch die nicht planmäßigen Abschreibungen, die in der Position

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Abschreibungen enthalten sind, können von einem externen Bilanz-analytiker nicht herausgerechnet werden, wenn Einblicke in dieZusammensetzung der Abschreibungen fehlen.

Der ausgewiesene Bilanzgewinn wird also durch zahlreiche be-triebsfremde, periodenfremde und außerordentliche Vorgänge so-wie bilanzpolitische Maßnahmen verändert. Deshalb müssen bei derAufbereitung der Erträge und Aufwendungen in der GuV dieseEinflüsse eliminiert werden, um das ordentliche Betriebsergebnis zuermitteln, das durch den Produktions- und Umsatzprozess in einemGeschäftsjahr erzielt wurde. Dieses Ergebnis gibt dann Auskunftüber die Ertrags- und Finanzkraft eines Unternehmens. Durch dieAufbereitungsmaßnahmen können die möglichen Manipulationenaufgedeckt werden.

Das Handels- und das Steuerrecht erlauben vielfältige Maßnahmen,um den Bilanzgewinn positiv oder negativ zu beeinflussen. Ein ech-ter Bilanzverlust kann beispielsweise durch die bewusste Auflösungvon Rückstellungen in einen Bilanzgewinn umgewandelt werden.Derartige Manipulationen sollten bei den Aufbereitungsarbeitenkorrigiert werden, um den erwirtschafteten Bilanzverlust zu ermit-teln, der in einem Geschäftsjahr erzielt wurde.

Die GuV gibt Aufschluss über die Erfolgsentwicklung eines Unter-nehmens. Die Erträge und Aufwendungen einer Periode werdenerfasst und führen zu einem Bilanzgewinn oder zu einem Bilanz-verlust einer Periode. Diese Erfolgskennzahlen sind aber nicht iden-tisch mit dem Gewinn oder Verlust einer Periode aus betriebswirt-schaftlicher Sicht.

Der Bilanzgewinn kann an die Gesellschafter ausgeschüttet oder zurThesaurierung einbehalten werden. Außerdem muss berücksichtigtwerden, dass der Bilanzgewinn durch bilanzpolitische Maßnahmenbeeinflusst werden kann. Durch Wahlrechte und Ermessensspiel-räume können stille Reserven geschaffen oder aufgelöst werden.

Das Ziel der Erfolgsanalyse muss dann darin bestehen, den Erfolg zuermitteln, der dem tatsächlichen Ergebnis der unternehmerischenTätigkeit weitgehend entspricht. Deshalb müssen wir zwischen demin der GuV ausgewiesenen und dem tatsächlichen Bilanzgewinnunterscheiden.

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Abb. 67: Zusammensetzung des Unternehmensergebnis

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A Untersuchung der Positionen des Jahresabschlusses

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Zur Ermittlung des tatsächlichen Bilanzgewinns oder des ordentli-chen Betriebsergebnisses müssen die Zahlen der GuV aufbereitetwerden. Die einzelnen Positionen der GuV sollten möglicherweisebereinigt, aufgespalten, umbewertet oder umgruppiert werden. DieHöhe des Erfolges ist möglichst unabhängig von bilanzpolitischenMaßnahmen sowie von handels- und steuerrechtlichen Einflüssenzu ermitteln.

Die grundlegende Informationsquelle für die Erfolgsanalyse bildetalso die GuV. Sie kann nach dem Gesamtkostenverfahren (§ 275Abs. 2 HGB) und nach dem Umsatzkostenverfahren (§ 275 Abs. 3HGB) aufgebaut werden. Die einzelnen Positionen der unterschied-lichen Verfahren müssen genau untersucht werden.

Die Aufgabe der GuV besteht darin, die Erträge und Aufwendungeneiner Periode offen zu legen. Dadurch ist es möglich, die Ursachenfür den Erfolg oder Misserfolg einer Periode zu erkennen. Die GuVist eine Zeitraumrechnung und erfasst alle Erträge und Aufwendun-gen während des Geschäftsjahres. Am Ende des Geschäftsjahres wirddie GuV jeweils abgeschlossen. Die Erfassung der Erträge und Auf-wendungen des neuen Jahres beginnt wieder von neuem.

Die GuV ist in der für Kapitalgesellschaften vorgeschriebenen Staf-felform nicht dazu geeignet, den tatsächlichen Erfolg einer Periodezu ermitteln. Deshalb ist es erforderlich, die einzelnen Positionender GuV genauer zu untersuchen und gegebenenfalls aufzubereiten.

Der Erfolg eines Unternehmens kommt im Bilanzgewinn oder imBilanzverlust zum Ausdruck. Wir müssen allerdings zwischen demordentlichen Betriebsergebnis und dem neutralen Ergebnis unter-scheiden. Das ordentliche Betriebsergebnis ergibt sich aufgrund dessich regelmäßig wiederholenden Produktions- und Umsatzprozesseseines Unternehmens. Im neutralen Ergebnis werden alle betriebs-fremden, periodenfremden und außerordentlichen Vorgänge erfasst.In der gesetzlich vorgeschriebenen GuV wird diese Trennung nichtkonsequent durchgeführt. Außerdem müssen noch die bewertungs-technischen Erfolgskomponenten berücksichtigt werden, die zustillen Reserven führen können. Der Erfolg sollte also auch um er-kennbare bilanzpolitische Maßnahmen bereinigt werden. Deshalbist eine Aufbereitung des Zahlenmaterials der GuV erforderlich.

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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In der Betriebswirtschaftslehre unterteilen wir das Unternehmenser-gebnis in das ordentliche Betriebsergebnis (Gewinn/Verlust) unddas neutrale Ergebnis auf. Das ordentliche Betriebsergebnis ist iden-tisch mit dem betriebswirtschaftlichen Ergebnis, das durch den Pro-duktions- und Umsatzprozess entsteht. Wenn wir von den Umsat-zerlösen die Kosten abziehen, erhalten wir das ordentliche Be-triebsergebnis.

Umsatzerlöse

– Kosten

= ordentliches Betriebsergebnis

Abb. 68: Entstehung des ordentlichen Betriebsergebnisses

Das neutrale Ergebnis hat mit dem Produktions- und Umsatzpro-zess des Geschäftsjahres nichts zu tun. Deshalb müssen alle Vorgän-ge, die nicht unmittelbar das ordentliche Betriebsergebnis beein-flusst haben, separat erfasst werden. Das neutrale Ergebnis setzt sichaus dem betriebsfremden Ergebnis, aus dem periodenfremden Er-gebnis und aus dem außerordentlichen Ergebnis zusammen. Dieneutralen Vorgänge werden in neutrale Erträge und neutrale Auf-wendungen unterteilt. Das neutrale Ergebnis erhalten wir, wenn wiralle neutralen Aufwendungen von den neutralen Erträgen abziehen.

Neutrale Erträge

– Neutrale Aufwendungen

= Neutrales Ergebnis

Abb. 69: Entstehung des neutralen Ergebnisses

Betriebsfremde Erträge

+ Periodenfremde Erträge

+ Außerordentliche Erträge

= Neutrale Erträge

Abb. 70: Zusammensetzung der neutralen Erträge

Die betriebsfremden, periodenfremden und außerordentlichenErträge ergeben als Summe die neutralen Erträge. Von den neutra-len Erträgen werden die neutralen Aufwendungen abgezogen, diesich wiederum aus betriebsfremden, periodenfremden und außeror-dentlichen Aufwendungen zusammensetzen.

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A Untersuchung der Positionen des Jahresabschlusses

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Der Inhalt der Positionen des Gesamtkostenverfahrens sieht wiefolgt aus:

1. Umsatzerlöse

Die Umsatzerlöse aus dem Verkauf von Produkten und Dienstlei-stungen im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit gehören zudieser Position (§ 277 Abs. 1 HGB). Die Preisnachlässe werden di-rekt von den Bruttoumsatzerlösen abgesetzt. Zu den Preisnachlässenzählen insbesondere Rabatte, Skonti, Boni und Gutschriften wegenMängelrügen. Die Umsatzsteuer ist ein durchlaufender Posten undgehört nicht zu den Umsatzerlösen.

Die Umsatzerlöse sind bei großen Kapitalgesellschaften nach Tätig-keitsbereichen (Produktgruppen) und nach geographisch bestimm-ten Märkten im Anhang aufzuteilen (§ 285 Nr. 4 HGB), wenn sicherhebliche Unterschiede ergeben. Dadurch können besondere Risi-ken erkannt und unterschiedliche Entwicklungen der Umsätze auf-gezeigt werden.

2. Erhöhung oder Verminderung des Bestandes an fertigen undunfertigen Erzeugnissen

Die betriebliche Leistung beinhaltet in Produktionsbetrieben auchdie Bestände an fertigen und unfertigen Erzeugnissen. Deshalb sinddie Erhöhung und die Verminderung dieser Bestände in der GuVauch auszuweisen.

Die Bestandsmehrungen sind den Erlösen hinzuzurechnen, da essich um Betriebsleistungen handelt, für die Aufwendungen angefal-len sind, die aber noch nicht zu Umsatzerlösen geführt haben. Beiden Bestandsminderungen muss ein entsprechender Betrag von denUmsatzerlösen abgezogen werden, weil dieser Betrag den Gegenwertfür die in vorherigen Perioden hergestellten Halb- und Fertigfabri-kate darstellt. Deshalb darf dieser Betrag nicht den Aufwendungender jetzigen Abrechnungsperiode gegenübergestellt werden. Diefertigen und unfertigen Erzeugnisse werden zu Herstellungskostenbewertet.

Die Analyse der Bestandsveränderungen lässt erkennen, ob Absatz-schwierigkeiten bestehen oder ob die Produkte gut verkauft wurden.

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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Die Erhöhung der Bestände lässt auf nachlassende Nachfrage schlie-ßen oder eine positive zukünftige Chance am Markt erkennen. DieBestandsminderungen geben an, dass das Lager geräumt wurde oderdass eine erhöhte Nachfrage nach den Produkten bestand.

3. Andere aktivierte Eigenleistungen

Die anderen aktivierten Eigenleistungen umfassen insbesondere dieselbsterstellten Maschinen und Werkzeuge. Die bei der Erstellungder Eigenleistung angefallenen Aufwendungen (Material, Löhne)sind in den Aufwandspositionen der GuV enthalten. Deshalb müs-sen die Eigenleistungen aktiviert werden, um die betriebliche Ge-samtleistung nicht zu niedrig auszuweisen. Die anderen aktiviertenEigenleistungen werden ebenfalls zu Herstellungskosten bewertet.

4. Sonstige betriebliche Erträge

Die sonstigen betrieblichen Erträge stellen eine Sammelposition dar(§ 281 Abs. 2 Satz 2 HGB). Es handelt sich um Erträge, die Bestand-teile des Ergebnisses der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit sind.

Zu den sonstigen betrieblichen Erträgen gehören sehr unterschiedli-che Erträge. Folgende Vorgänge zählen dazu:

1. Erträge aus der Auflösung der Sonderposten mit Rücklageanteil2. Erträge aus dem Abgang von Vermögensgegenständen des Anla-

gevermögens3. Zuschreibungen zu Vermögensgegenständen des Anlagevermö-

gens4. Eingänge aus bereits abgeschriebenen Forderungen5. Auflösung von Rückstellungen

Die neuen Bilanzrichtlinien unterscheiden also nicht zwischen son-stigen Erträgen, die mit dem Produktions- und Umsatzprozess zu-sammenhängen, und den neutralen Erträgen, die mit dem Produk-tions- und Umsatzprozess dieses Jahres nichts zu tun haben. Des-halb müssen von dieser Position der sonstigen betrieblichen Erträgedie betriebsfremden und die periodenfremden Erträge abgezogenwerden. Die außerordentlichen Erträge werden nach dem Ergebnisder gewöhnlichen Geschäftstätigkeit separat erfasst.

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Neutrale Erträge

Betriebsfremde ErträgePeriodenfremden Erträ�

geAußerordentliche Er�

träge

Abb. 71: Neutrale Erträge

Die neutralen Erträge unterteilen wir in folgende Kategorien:

1. Betriebsfremde Erträgez. B. Mieterträge aus Mietwohnungen

2. Periodenfremde Erträgez. B. Auflösung von Rückstellungen

3. Außerordentliche Erträgez. B. Verkauf eines Teilbetriebes

5. Materialaufwand

Die Erhöhung des Materialaufwandes im Vergleich zu den Umsat-zerlösen lässt erkennen, ob in diesem Geschäftsjahr mehr mate-rialintensive Produkte hergestellt wurden. Es kann aber auch eineVerteuerung des Materials vorliegen, wobei die höheren Material-kosten nicht über erhöhte Verkaufspreise kompensiert werdenkonnten.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass mehr Teile oder Mo-dule nicht mehr selbst hergestellt, sondern von Dritten bezogenwurden. Dann müssen aber die Lohnkosten sinken, da in denfremdbezogenen Teilen bereits der Lohnanteil enthalten ist.

a) Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und fürbezogene Waren

In dieser Position werden alle Aufwendungen für Roh-, Hilfs- undBetriebsstoffe sowie für bezogene Waren ausgewiesen. Dazu gehörenauch Inventurdifferenzen.

b) Aufwendungen für bezogene Leistungen

Die Aufwendungen für die Lohnbearbeitungen durch Fremde, dieAufwendungen für Leiharbeitskräfte und die Fremdreparaturengehören zu dieser Position. Es handelt sich grundsätzlich um pro-duktionsbezogene Fremdleistungen.

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6. Personalaufwand

Ein gestiegener Personalaufwand im Vergleich zu den Umsatzerlö-sen lässt auf höhere Personalkosten schließen. Es kann aber aucheine sinkende Produktivität im Unternehmen vorliegen.

Die Steigerung der Personalkosten wird auch durch nachgeholtePensionsrückstellungen verursacht. Dann liegt keine schlechtereProduktivität, sondern eine Versorgungsmaßnahme für die Mitar-beiter vor.

a) Löhne und Gehälter

Zu dieser Position zählen die Bruttobeträge für alle Löhne und Ge-hälter der Arbeiter, der Angestellten und der Geschäftsleitung bezo-gen auf das Geschäftsjahr. Die Bruttobeträge umfassen die laufendenVergütungen, die Nebenbezüge und die Sachwertbezüge (Deputate,Firmenwagen).

b) Soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgungund für Unterstützung, davon für Altersversorgung

Zu den sozialen Abgaben gehören die Arbeitgeberanteile zur Ren-ten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung, die Berufsgenossen-schaftsbeiträge und die Beiträge zur Insolvenzversicherung für Ver-sorgungszusagen.

Die Aufwendungen für Altersversorgung und für Unterstützungumfassen die Pensionszahlungen, die Zuführung zu Pensionsrück-stellungen, die Krankheits- und Unfallunterstützungen sowie dieübernommenen Kur- und Arztkosten.

Die Pensionszahlungen, die Zuführungen zu Pensionsrückstellun-gen und die Zuweisungen zu anderen Versorgungseinrichtungen(Pensionskasse) müssen gesondert ausgewiesen werden.

7. Abschreibungen

Die Abschreibungen sind eine wichtige Position für die Bilanzana-lyse. Höhere Abschreibungen lassen darauf schließen, dass zusätzli-che Investitionen vorgenommen wurden. Aber auch eine intensivereNutzung der Kapazität kann zu höheren Abschreibungen führen.Durch bilanzpolitische Maßnahmen ist es möglich, die Abschrei-bungen zu erhöhen. Niedrigere Abschreibungen deuten darauf hin,

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dass weniger investiert wurde oder dass die Abschreibungsmethodegeändert wurde. Höhere Abschreibungen können zu stillen Reservenführen. Dadurch kann das Betriebsergebnis verringert werden.

a) Auf immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermö-gens und Sachanlagen sowie auf aktivierte Aufwendungen fürdie Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs

Die im Geschäftsjahr vorgenommenen Abschreibungen auf diegenannten Bilanzpositionen gehören zu diesem Posten. Zunächstsind die planmäßigen Abschreibungen auf die immateriellen Ver-mögensgegenstände des Anlagevermögens und die Sachanlagenaufzuführen. Dann müssen die außerplanmäßigen Abschreibungenberücksichtigt werden (§ 253 Abs. 2 Satz 3 HGB), die auch im An-hang angegeben werden können (§ 277 Abs. 3 Satz 1 HGB). DieSofortabschreibungen für geringwertige Wirtschaftsgüter werdenhier ebenfalls erfasst.

b) Auf Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens, soweitdiese die in der Kapitalgesellschaft üblichen Abschreibungenüberschreiten

In dieser Position werden nur Abschreibungen erfasst, die über dasübliche Maß hinausgehen. Auch die steuerlichen Abschreibungengehören bei einer direkten Abschreibung dazu, soweit sie unge-wöhnlich hoch sind.

Übliche Abschreibungen werden überschritten, wenn von den bis-herigen Abschreibungsmethoden stark abgewichen wird oder wennsehr seltene Abschreibungen vorgenommen werden.

Bei üblichen Abschreibungen erfolgt die Erfassung wie folgt:

1. Unfertige und fertige Erzeugnisse unter Position 22. Vorräte und Handelswaren unter Position 53. Forderungen unter Position 84. Finanzanlagen und Wertpapiere des Umlaufvermögens unter

Position 12

8. Sonstige betriebliche Aufwendungen

Diese Position ist ein Sammelposten für alle betrieblichen Aufwen-dungen, die anderen Aufwandsposten nicht zuzuordnen sind.

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Die sonstigen betrieblichen Aufwendungen erfassen Reisekosten,Telefonkosten, Porti, Rechts- und Beratungskosten, Mieten, Versi-cherungsbeiträge, Bewirtungskosten, Gebühren und Ausgangs-frachten. Zu dieser Position gehören aber auch die Einstellungen inbestimmte Rückstellungen, die Verluste aus dem Abgang von Ge-genständen des Anlagevermögens, die Einstellungen in die Sonder-posten mit Rücklageanteil und die Verluste aus dem Abgang vonGegenständen des Umlaufvermögens.

Diese Position muss sorgfältig aufbereitet werden. Die betrieblichenAufwendungen des Geschäftsjahres sind von den neutralen Aufwen-dungen zu trennen und abzuziehen.

Zu den neutralen Aufwendungen gehören:

1. Betriebsfremde Aufwendungenz. B. Reparaturen am Mietshaus

2. Periodenfremde Aufwendungenz. B. Verluste aus einem Schadensfall aus dem Vorjahr

3. Außerordentliche Aufwendungenz. B. Feuerschaden

Von den sonstigen betrieblichen Aufwendungen sind die betriebs-fremden und die periodenfremden Aufwendungen abzuziehen. Dieaußerordentlichen Aufwendungen werden in einer separaten Positionnach dem Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit ausgewiesen.

9. Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unter-nehmen

Zu dieser Position zählen die Dividenden, Gewinnanteile und insonstiger Weise ausgeschüttete Gewinne aus Beteiligungen. DieAngabe dieser Beträge erfolgt brutto. Die einbehaltene Kapitaler-tragsteuer wird unter Nr. 18 berücksichtigt. Die Erträge aus verbun-denen Unternehmen sind gesondert auszuweisen.

10. Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Fi-nanzanlagevermögens, davon aus verbundenen Unternehmen

Die Bruttobeträge der Zinsen, der Dividenden und der anderen Erträgeaus Finanzanlagen werden unter dieser Position erfasst. Die Erträge ausverbundenen Unternehmen sind besonders zu berücksichtigen.

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11. Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbunde-nen Unternehmen

Die sonstigen Zinsen umfassen Zinsen für Einlagen bei Banken undfür Forderungen an Dritte. Auch die Zinsen und Dividenden aufWertpapiere des Umlaufvermögens gehören in diese Position.

Zu den ähnlichen Erträgen zählen Erträge aus einem Agio, Kredit-provisionen und Erträge für Kreditgarantien.

12. Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere desUmlaufvermögens

Unter dieser Position werden alle Abschreibungen auf die Finanz-anlagen und Wertpapiere des Umlaufvermögens erfasst. Außer-planmäßige Abschreibungen sind gesondert auszuweisen oder imAnhang anzugeben.

13. Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon an verbundeneUnternehmen

Alle Zinsaufwendungen und ähnliche Aufwendungen für kurz- undlangfristige Verbindlichkeiten werden in dieser Position erfasst. EineSaldierung mit den Zinserträgen ist nicht erlaubt. Zu den Zinsenund ähnlichen Aufwendungen gehören die Zinsen für Kredite allerArt, Diskontbeträge für Wechsel, Bereitstellungsgebühren, Überzie-hungsprovisionen und Umsatzprovisionen.

14. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

Diese Position ist die Zwischensumme aus allen vorhergehendenErträgen und Aufwendungen. Dieses Ergebnis wird insbesonderedurch die periodenfremden und betriebsfremden Posten verfälscht.

15. Außerordentliche Erträge

Die außerordentlichen Erträge umfassen nur noch die Erträge, dieaußerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit anfallen (§ 277Abs. 4 Satz 2 HGB). Dies sind Erträge, die ungewöhnlich in der Artsind, selten vorkommen oder eine größere materielle Bedeutunghaben. Zu diesen Erträgen gehören Gewinne aus der Veräußerungeines Betriebes, Erträge aus dem Forderungsverzicht bei Sanierun-gen und einmalige Zuschüsse des Staates.

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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16. Außerordentliche Aufwendungen

Auch die außerordentlichen Aufwendungen fallen nur außerhalbder gewöhnlichen Geschäftstätigkeit an. Dazu zählen beispielsweiseVerluste aus dem Verkauf eines Betriebes und außerordentlicheAbschreibungen wegen der Stillegung von Betriebsteilen oder wegeneines Feuerschadens.

17. Außerordentliches Ergebnis

Das außerordentliche Ergebnis stellt den Saldo aus den außeror-dentlichen Erträgen und den außerordentlichen Aufwendungen dar.Diese Positionen 15 und 16 beschränken sich nur noch auf Aus-nahmefälle. Deshalb ist das außerordentliche Ergebnis aus betriebs-wirtschaftlicher Sicht wenig aussagefähig und in vielen Unterneh-men nicht mehr vorhanden.

18. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

Die Körperschaftsteuer, die Gewerbeertragsteuer und die Kapitaler-tragsteuer gehören zu dieser Position. Steuererstattungen und Steu-ernachzahlungen auf diese Steuern fallen ebenfalls unter diese Posi-tion. Die Bildung und die Auflösung von Rückstellungen zu Steuernvom Einkommen und vom Ertrag werden hier ebenfalls erfasst.

19. Sonstige Steuern

Alle übrigen erfolgswirksamen Steuern werden unter dieser Positionausgewiesen. Dazu zählen die Gewerbekapitalsteuern, die Vermö-gensteuer, die Grundsteuer, die Kfz-Steuer, die Gesellschaftssteuerund die Versicherungssteuer.

20. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag

Der Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag ist die Schlussposition der GuV,wenn die Ergebnisverwendung nicht in der GuV ausgewiesen wird.

Unter Berücksichtigung der Ergebnisverwendung kommen nochfolgende Positionen hinzu:

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A Untersuchung der Positionen des Jahresabschlusses

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1. Gewinnvortrag/Verlustvortrag aus dem Vorjahr2. Entnahmen aus der Kapitalrücklage3. Entnahmen aus den Gewinnrücklagen4. Einstellungen in die Gewinnrücklagen

5. Bilanzgewinn/Bilanzverlust

14.2.2 Umsatzkostenverfahren

Das Gliederungsschema nach dem Umsatzkostenverfahren sieht wiefolgt aus (§ 275 Abs. 3 HGB):

1. Umsatzkostenverfahren

1. Umsatzerlöse

2. Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen

3. Bruttoergebnis vom Umsatz

4. Vertriebskosten

5. Allgemeine Verwaltungskosten

6. Sonstige betriebliche Erträge

7. Sonstige betriebliche Aufwendungen

8. Erträge aus Beteiligungen,davon aus verbundenen Unternehmen

9. Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen desFinanzanlagevermögens, davon aus verbundenen Unternehmen

10. Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen

11. Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens

12. Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon an verbundene Unternehmen

13. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

14. Außerordentliche Erträge

15. Außerordentliche Aufwendungen

16. Außerordentliches Ergebnis

17. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

18. Sonstige Steuern

19. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag

Abb. 72: Umsatzkostenverfahren

Die Gliederung des Umsatzkostenverfahrens (§ 275 Abs. 3 HGB)enthält nicht folgende Posten des Gesamtkostenverfahrens (§ 275Abs. 2 HGB):

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2. Erhöhung oder Verminderung des Bestandes an fertigen und unfertigen Er�zeugnissen

3. Andere aktivierte Eigenleistungen

5. Materialaufwand

6. Personalaufwand

7. Abschreibungen

Beim Umsatzkostenverfahren sind als Ersatz folgende Posten ausge-wiesen:

2. Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen

3. Bruttoergebnis vom Umsatz

4. Vertriebskosten

5. Allgemeine Verwaltungskosten

Die identischen Posten der beiden Verfahren der GuV haben dengleichen Inhalt.

Der Inhalt der abweichenden Begriffe des Umsatzkostenverfahrenssieht wie folgt aus:

2. Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse er-brachten Leistungen

Diese Position enthält die Herstellungskosten aller Produkte, die ineinem Geschäftsjahr produziert und verkauft werden.

Wenn Produkte abgesetzt werden, die bei Beginn des Geschäftsjahresbereits auf Lager waren, dann sind sie mit den aktivierten Wertenzusätzlich der bis zum Verkauf noch angefallenen Kosten auszuwei-sen. Die Kosten der Produkte, die zwar im Geschäftsjahr hergestellt,aber noch nicht verkauft wurden, zählen nicht zu dieser Position 2.Diese noch nicht verkauften Produkte werden in der Bilanz aktiviert.

Die Gliederung der GuV richtet sich nach den produzierenden Un-ternehmen. Bei Handelsunternehmen werden die Anschaffungsko-sten der Waren angesetzt, die für die Erzielung der Umsatzerlöseverwendet werden. Für Dienstleistungsunternehmen gelten die fürProduktionsunternehmen maßgebenden Grundsätze zur Ermittlungder Herstellungskosten.

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3. Bruttoergebnis vom Umsatz

Das Bruttoergebnis vom Umsatz ist die Differenz von den Umsat-zerlösen minus den Herstellungskosten der zur Erzielung der Um-satzerlöse erbrachten Leistungen.

Für die Bilanzanalyse ist das Bruttoergebnis eine wichtige Kennzahl.Im Zeitvergleich kann die Entwicklung der Produktivität der Unter-nehmen beobachtet werden.

4. Vertriebskosten

Diese Position enthält alle Vertriebskosten, die während des abge-laufenen Geschäftsjahres angefallen sind. Die Vertriebskosten wer-den an der Kostenstelle Vertrieb erfasst.

Die Vertriebskosten können wir in Vertriebseinzelkosten und Ver-triebsgemeinkosten aufteilen. Zu den Vertriebseinzelkosten gehörenbeispielsweise die Transportkosten, die Verpackungskosten und dieProvisionen für freie Handelsvertreter. Die Vertriebsgemeinkostenumfassen die Personalkosten der Abteilungen Vertrieb und Marke-ting, die Reisekosten, die Werbung, die Kosten der Auslieferungsla-ger und die anteiligen Abschreibungen.

5. Allgemeine Verwaltungskosten

Zu den allgemeinen Verwaltungskosten gehören alle im Geschäfts-jahr angefallenen Verwaltungskosten, die nicht zu den Herstellungs-kosten und Vertriebskosten zählen.

Die allgemeinen Verwaltungskosten umfassen alle Kosten der Un-ternehmensleitung, des Finanz- und Rechnungswesens, des Perso-nalwesens und des Controlling.

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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15 Aufstellung der Strukturbilanzsowie der Struktur�GuV

15.1 StrukturbilanzDie Strukturbilanz wird unter Berücksichtigung der Aufbereitungs-arbeiten erstellt. Die Bilanzanalyse und die Bilanzkritik erfolgendann auf der Grundlage der Strukturbilanz.

Das Schema der Strukturbilanz hat bestimmte Anforderungen zuerfüllen. Die Übersichtlichkeit und die Vergleichbarkeit sollten sichüber längere Zeiträume erstrecken. Die wesentlichen Grundzusam-menhänge sind besonders herauszustellen, um die Beziehungen vonUrsachen und Wirkungen in vertikaler und horizontaler Weisedeutlich zu machen. Dadurch wird die Überprüfung der Finanzie-rungsregeln vereinfacht. Die Strukturbilanz ist die Grundlage für dieKennzahlenbildung.

In der Strukturbilanz sollten die Abschlusswerte und die Prozentsät-ze aufgeführt werden. Die Basis für die Prozentsätze stellt die Bi-lanzsumme (100 %) dar. Dadurch kann der Informationsgehalt derStrukturbilanz wesentlich verbessert werden. Auch die Daten desVorjahres sollten in der Strukturbilanz enthalten sein.

Die Informationsmöglichkeiten können noch verfeinert werden,wenn Zeitvergleiche und Branchenvergleiche hergestellt werden.Sobald die Kennzahlen der einzelnen Jahre miteinander verglichenwerden, können Aussagen darüber gemacht werden, ob sich dieVerhältnisse der aufeinanderfolgenden Jahre insgesamt oder in ein-zelnen Bereichen verbessert oder verschlechtert haben. Die Bran-chenvergleiche erlauben Aussagen darüber, ob das analysierte Un-ternehmen besser geführt wird und erfolgreicher tätig ist als derDurchschnitt der Branchen.

Die Strukturbilanz sollte in komprimierter Form wie folgt aussehen:

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A Aufstellung der Strukturbilanz sowie der Struktur�GuV

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Strukturbilanz

Aktiva Passiva

A. Anlagevermögen1. Immaterielle Vermögens�

gegenstände2. Sachanlagen3. Finanzanlagen

A. Eigenkapital1. Gezeichnetes Kapital2. Kapitalrücklage3. Gewinnrücklagen4. Bilanzgewinn/Bilanzverlust

Summe Anlagevermögen Summe Eigenkapital

B. Umlaufvermögen1. Vorräte

1.1 Roh�, Hilfs�und Betriebsstoffe

1.2 Fertige und unfertigeErzeugnisse und Waren

2. Forderungen und sonstigeVermögensgegenstände2.1 Forderungen aus Lieferungen

und Leistungen3. Flüssige Mittel

C. Rechnungsabgrenzungsposten

B. Rückstellungen1. Pensionsrückstellungen2. Steuerrückstellungen3. Sonstige Rückstellungen

C. Verbindlichkeiten1. Langfristige Verbindlichkeiten2. Verbindlichkeiten aus Lieferungen

und Leistungen3. Sonstige Verbindlichkeiten

D. Rechungsabgrenzungsposten

Summe Umlaufvermögen Summe Fremdkapital

Bilanzsumme Bilanzsumme

Abb. 73: Strukturbilanz

Für die Bilanzanalyse und die Bilanzkritik sollte in den Unterneh-men möglichst ein standardisiertes Formular der Strukturbilanzeingesetzt werden. Die Spalte für das Geschäftsjahr ist in eine Spaltefür die Daten der eigenen Firma und in eine Spalte für die Bran-chendaten zu unterteilen. Neben den Bilanzzahlen der eigenen Fir-ma sind also auch möglichst die Branchendaten in TDM und inProzent in das standardisierte Formular einzutragen. Die einzelnenPositionen werden mit der Bilanzsumme in Beziehung gesetzt, diegleich 100 % ausmacht.

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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Aktivseite

Die Aktivseite sollte in das Anlage- und Umlaufvermögen sowie indie Rechnungsabgrenzungsposten aufgeteilt werden.

Anlagevermögen

Das gesamte Anlagevermögen kann in immaterielle Vermögensge-genstände, in Sachanlagen und in Finanzanlagen unterteilt werden.Eine weitere Aufgliederung sollte nur vorgenommen werden, wennsich besondere Probleme in den einzelnen Bereichen ergeben.

Umlaufvermögen

Das Umlaufvermögen ist in Vorräte, Forderungen und sonstigeVermögensgegenstände sowie in flüssige Mittel aufzuteilen, umeinen besseren Einblick in die Struktur des Umlaufvermögens zuerhalten.

Die Vorräte sollten in zwei Gruppen untergliedert werden, da sichim Vorratsbereich in vielen Unternehmen Probleme ergeben. Des-halb sind die Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe separat zu analysieren.Spezielle Schwachstellen können aber auch bei den fertigen undunfertigen Erzeugnissen sowie Waren auftreten. Die Umschlagshäu-figkeit und die Lagerdauer der Vorräte geben oft Aufschluss überspezielle Probleme, die in den einzelnen Unternehmen vorhandensein können.

Bei den Forderungen und sonstigen Vermögensgegenständen sinddie Forderungen aus Lieferungen und Leistungen von besondererBedeutung. Deshalb muss diese Position separat aufgeführt werden.Die Umschlagshäufigkeit der Forderungen aus Lieferungen undLeistungen sowie das Kundenziel geben Aufschluss darüber, ob einUnternehmen das wichtige Aufgabengebiet Marketing und Vertriebgut im Griff hat oder ob Maßnahmen zur Verbesserung in diesemBereich eingeleitet werden sollten.

Die anderen Forderungen können in der Position sonstige Forde-rungen zusammengefasst werden. Wenn sich allerdings ergebensollte, dass bestimmte Forderungen oder sonstige Vermögensgegen-stände im Vergleich zur Branche ungewöhnlich hoch sind, dann isteine extra Analyse dieser Problemkreise vorzunehmen.

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A Aufstellung der Strukturbilanz sowie der Struktur�GuV

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Die flüssigen Mittel sind ebenfalls separat zu erfassen. Diese Positionumfasst die Kasse, die Guthaben bei den Banken und bei dem Post-giroamt sowie die Schecks und die diskontfähigen Wechsel.

Rechnungsabgrenzungsposten

Die Rechnungsabgrenzungsposten sind meist von geringerer Be-deutung. Sollte sich herausstellen, dass die Rechnungsabgrenzungs-posten im Vergleich zur Branche zu hoch sind, dann ist zu prüfen,ob in Zukunft beispielsweise die Zahlungstermine für die Versiche-rungsbeiträge jeweils auf den Januar gelegt werden sollten.

Passivseite

Auf der Passivseite sind vier größere Bereiche zu unterscheiden.Neben dem Eigenkapital sollten die Rückstellungen, die Verbind-lichkeiten und die Rechnungsabgrenzungsposten separat aufgeführtwerden.

Eigenkapital

Im Bereich des Eigenkapitals sind Korrekturen vorzunehmen, wennnoch ausstehende Einlagen auf das gezeichnete Kapital auf der Ak-tivseite der Bilanz stehen. Die noch nicht eingezahlten Einlagen, dienoch nicht fällig sind, sollten vom gezeichneten Kapital abgezogenwerden.

Die Sonderposten mit Rücklageanteil werden nur aus steuerlichenGründen gebildet. Da diese Posten zum Teil Eigenkapital und zumTeil Fremdkapital darstellen, sind 50 % der Sonderposten mitRücklageanteil zum Eigenkapital und 50 % der Sonderposten mitRücklageanteil zum Fremdkapital zu zählen.

Rückstellungen

Die Rückstellungen werden nur bei den großen Kapitalgesellschaf-ten in Pensions- und Steuerrückstellungen sowie in sonstige Rück-stellungen aufgeteilt. Die anderen Kapitalgesellschaften weisen dieRückstellungen nur als eine Position aus.

Wenn eine Aufteilung in der Bilanz vorgenommen wird, dann zäh-len die Pensionsrückstellungen zum langfristigen Fremdkapital. Die

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Steuerrückstellungen und die sonstigen Rückstellungen gehörenzum kurzfristigen Fremdkapital, da diese Rückstellungen im kom-menden Geschäftsjahr meist wieder aufgelöst werden.

Sollten die Rückstellungen nur in einer Position ausgewiesen wer-den, dann nehmen wir jeweils 50 % der Rückstellungen zum lang-fristigen Fremdkapital und erfassen 50% der Rückstellungen alskurzfristiges Fremdkapital. Der externe Analytiker hat meist keinenEinblick in die Zusammensetzung der Rückstellungen. Deshalbsollte er auf diese Weise vorgehen.

Die Rückstellungen bereiten auch in der GuV Probleme, da dieRückstellungen meist nicht separat ausgewiesen werden. Die Erhö-hung der Pensionsrückstellungen sind im Personalaufwand enthal-ten. Die Anhebung der Steuerrückstellungen gehören in die PositionSteuern vom Einkommen und vom Ertrag. Die sonstigen Rückstel-lungen sind in der Position sonstige betriebliche Aufwendungenenthalten. Die einzelnen Positionen müssen dann entsprechendkorrigiert werden.

Wenn nur eine Position der Rückstellungen in der Bilanz vor-kommt, bilden wir die Differenz der Rückstellungen in diesem Jahrim Vergleich zum Vorjahr. Die Erhöhung der Rückstellungen ziehenwir dann von den sonstigen betrieblichen Aufwendungen ab. Solltendie Rückstellungen niedriger als im Vorjahr sein, muss die Positionsonstige betriebliche Erträge korrigiert werden. Die Rückstellungenin der GuV benötigen wir insbesondere für die Cashflowanalyse.

Verbindlichkeiten

Bei den Verbindlichkeiten müssen wir eine Einteilung in langfristigeund in kurzfristige Verbindlichkeiten vornehmen. Alle Verbindlich-keiten mit einer Laufzeit von über einem Jahr zählen wir zu denlangfristigen Verbindlichkeiten. Dazu gehören insbesondere dieHypotheken- und die Grundschulddarlehen. Die kurzfristigen Ver-bindlichkeiten umfassen die Verbindlichkeiten aus Lieferungen undLeistungen und die sonstigen Verbindlichkeiten.

Die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sollten sepa-rat ausgewiesen werden, weil sie eine besondere Bedeutung haben.Die Umschlagshäufigkeit der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und

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A Aufstellung der Strukturbilanz sowie der Struktur�GuV

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Leistungen ist wichtig, da diese Kennzahl einen guten Einblick in dieZahlungsweise eines Unternehmens gewährt. Auch über das Liefe-rantenziel sollte die Unternehmensleitung Bescheid wissen.

In vielen GmbHs kommen auch Gesellschafterdarlehen vor, da we-gen der Steuereinsparung der ganze Bilanzgewinn ausgeschüttetwird und anschließend ganz oder zum Teil wieder als Gesellschaf-terdarlehen in die GmbHs eingebracht wird. Diesen Vorgang nen-nen wir das Schütt-Aus-Hol-Zurück-Prinzip. Diese Gesellschafter-darlehen sind zwar langfristige Darlehen, werden aber im Konkurs-fall wie Eigenkapital behandelt. Deshalb sind die Gesellschafterdar-lehen dem Eigenkapital hinzuzufügen. Falls die Banken dies bishernoch nicht gemacht haben, sollten die Unternehmer beim nächstenGespräch mit den Banken darauf hinweisen. Dadurch wird die Bo-nität verbessert, weil dann ein höheres Eigenkapital in der Struktur-bilanz ausgewiesen wird.

Rechnungsabgrenzungsposten

Die Rechnungsabgrenzungsposten spielen in vielen Unternehmenkeine große Rolle. Eine genauere Analyse dieser Position sollte nurdann durchgeführt werden, wenn die Rechnungsabgrenzungspostenim Vergleich zu den Branchenkennzahlen sehr hoch sind.

Das standardisierte Formular der Strukturbilanz sieht wie folgt aus:

Page 173: verlag .Bilanzen.german.retail.ebook Supplex

Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

173

Standardisiertes Formular – Strukturbilanz

Geschäftsjahr:

Firma Branche

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B. Umlaufvermögen1. Vorräte

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2. Forderungen und sonstigeVermögensgegenstände2.1 Forderungen aus Lieferungen

und Leistungen3. Flüssige Mittel

C. Rechnungsabgrenzungsposten

Summe Umlaufvermögen

Bilanzsumme 100 100

Abb. 74: Standardisiertes Formular – Strukturbilanz � Aktiva

Page 174: verlag .Bilanzen.german.retail.ebook Supplex

A Aufstellung der Strukturbilanz sowie der Struktur�GuV

174

Standardisiertes Formular – Strukturbilanz

Geschäftsjahr:

Firma Branche

Passiva T€ % T€ %

A. Eigenkapital1. Gezeichnetes Kapital2. Kapitalrücklage3. Gewinnrücklagen4. Bilanzgewinn/Bilanzverlust

Summe Eigenkapital

B. Rückstellungen1. Pensionsrückstellungen2. Steuerrückstellungen3. Sonstige Rückstellungen

C. Verbindlichkeiten1. Langfristige Verbindlichkeiten2. Verbindlichkeiten aus Lieferungen

und Leistungen3. Sonstige Verbindlichkeiten

D. Rechungsabgrenzungsposten

Summe Fremdkapital

Bilanzsumme 100 100

Abb. 75: Standardisiertes Formular – Strukturbilanz � Passiva

Page 175: verlag .Bilanzen.german.retail.ebook Supplex

Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

175

15.2 Struktur�GuVDie Struktur-GuV muss ebenfalls klar gegliedert werden, um soforteinen guten Überblick über die Erträge und Aufwendungen zu er-halten. Die Ergebnisse der Aufbereitungsarbeiten sind dabei zu be-rücksichtigen.

Die Bilanzanalyse kann einmal für das gesamte Unternehmendurchgeführt werden, ohne dass darauf geachtet wird, ob die Erträgeund Aufwendungen durch den Produktions- und Umsatzprozessverursacht wurden oder nicht. Dann besteht aber die Gefahr, dassdie Unternehmensleitung und die Führungskräfte nicht bemerken,ob der ausgewiesene Bilanzgewinn/Bilanzverlust aus der betriebli-chen Tätigkeit stammt oder aus dem neutralen Bereich.

Manche Unternehmer haben lange Zeit nicht festgestellt, dass siebereits über Jahre hin einen Betriebsverlust erwirtschaftet haben,weil die Kompensation aus dem neutralen Bereich stammte. Durchdie Auflösung von Rückstellungen in Höhe von 150.000,00 € kannbeispielsweise aus einem ordentlichen Betriebsverlust von50.000,00 € ein Bilanzgewinn von 100.000,00 € gemacht werden.

Um einen klaren Überblick über die realistische Situation einesUnternehmens zu erhalten, sollten alle neutralen Erträge und Auf-wendungen separat erfasst und analysiert werden. Erst dann wirddeutlich, ob ein Unternehmen durch den Produktions- und Um-satzprozess ein ordentliches Betriebsergebnis (Bilanzgewinn) erzielthat oder nicht.

Die Erträge aus Beteiligungen oder Wertpapieren, die Abschreibun-gen auf Finanzanlagen und Wertpapiere sowie die Zinserträge ausAnleihen sollten im neutralen Bereich erfasst werden. Auch dieAuflösung von Rückstellungen gehört in diesen Bereich. Alle be-triebsfremden, periodenfremden und außerordentlichen Erträgeund Aufwendungen sollten also extra ermittelt und im neutralenErgebnis berücksichtigt werden. Dann können wir deutlich machen,welches Betriebsergebnis mit dem Produktions- und Umsatzprozesserzielt wurde.

Das standardisierte Formular der Struktur-GuV hat folgendes Aus-sehen:

Page 176: verlag .Bilanzen.german.retail.ebook Supplex

A Aufstellung der Strukturbilanz sowie der Struktur�GuV

176

Standardisiertes Formular – Struktur�GuV

Geschäftsjahr:

Firma Branche

Bezeichnung T€ % T€ %1. Umsatzerlöse

2. Bestandserhöhung oderBestandsverminderung anfertigen und unfertigenErzeugnissen und Waren

3. Aktivierte Eigenleistungen

4. Sonstige betriebliche Erträge(Ordentliche betriebliche Erträge)

5. Gesamtleistung

6. Materialaufwand

a) Aufwendungen für Roh�, Hilfs�und Betriebsstoffe

b) Aufwendungen für bezogeneLeistungen

7. Personalaufwand

a) Löhne und Gehälter

b) Soziale Abgaben undAufwendungen

8. Abschreibungen

a) Auf immaterielleVermögensgegenstände desAnlegervermögens undSachanlagen

b) Auf Vermögensgegenständedes Umlaufvermögens

9. Rückstellungen

10. Sonstige betriebliche Aufwendungen(Ordentliche betrieblicheAufwendungen)

11. Betriebsergebnis[5–(6+7+8+9+10)]

Page 177: verlag .Bilanzen.german.retail.ebook Supplex

Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

177

12. Erträge aus Beteiligungen undaus anderen Wertpapieren undAusleihungen des Finanzanlage�vermögens

13. Abschreibungen aufFinanzanlagen und auf Wertpapieredes Umlaufvermögens

14. Zinsen und ähnliche Aufwendungen

15. Finanzergebnis[12–(13+14)]

16. Ergebnis der gewöhnlichenGeschäftstätigkeit (11+15)

17. Steuern vom Einkommen undvom Ertrag

18. Sonstige Steuern

19. Gewinn/Verlust(Ordentliches Betriebsergebnis)[12–(13+14)]

20. Neutrale Erträge(Betriebsfremde, periodenfremde,außerordentliche Erträge)

21. Neutrale Aufwendungen(Betriebsfremde, periodenfremde,außerordentliche Aufwendungen)

22. Neutrales Ergebnis (20–21)

23. Unternehmensergebnis (19+22)

Abb. 76: Standardisiertes Formular – Struktur�GuV

Page 178: verlag .Bilanzen.german.retail.ebook Supplex

A Aufstellung der Strukturbilanz sowie der Struktur�GuV

178

15.3 FormblätterZu der Bilanzanalyse und der Bilanzkritik können Aufbereitungsbö-gen, Rechenschemata und Formblätter verwendet werden. Die auf-bereiteten Zahlen sollten möglichst in Formblätter eingetragen wer-den, um die Struktur der Bilanz sowie der GuV zu erkennen undvergleichbar zu machen.

Die standardisierten Formulare erleichtern die Bilanzanalyse und dieBilanzkritik. Bei der Verwendung der gleichen Formulare könnendie Analysen systematisch durchgeführt werden. Die einzelnen Bi-lanzpositionen werden dann stets in die gleichen Felder eingetragen.

Die Strukturbilanzen und die Struktur-GuVs stellen die Basis für dieBilanzanalyse und die Bilanzkritik dar. Die Kennzahlen könnendann einfach errechnet werden.

Die Banken verwenden auch standardisierte Formulare für die Bi-lanzanalyse und die Bilanzkritik, um den Mitarbeitern in den Kre-ditabteilungen die Bilanzanalyse und die Bilanzkritik zu erleichtern.Der Einsatz von Softwareprogrammen kann die Bilanzanalyse unddie Bilanzkritik sowie die Kennzahlenbildung weiter vereinfachenund beschleunigen. Die Unternehmensleitung und die Führungs-kräfte sollten möglichst die einfacheren Formulare unter 15.1 und15.2 verwenden.

15.3.1 Bilanz

Die folgende Abbildung zeigt ein Formblatt einer Bank für die Bi-lanz. Die Aufteilung der einzelnen Positionen auf der Aktiv- undPassivseite ist sehr detailliert. In diesem Formular sind auch Spaltenfür Branchenkennzahlen vorhanden.

Im unteren Teil des Formblattes werden die Liquidität, die Netto-verschuldung und die Bruttoinvestition angegeben. Weiterhin ent-hält der untere Teil einige Eventualverbindlichkeiten, die in derBilanz nicht ausgewiesen werden. Außerdem wird vermerkt, welcheVerbindlichkeiten durch Pfandrechte und ähnliche Sicherheitenabgedeckt sind.

Page 179: verlag .Bilanzen.german.retail.ebook Supplex

Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

179

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Page 180: verlag .Bilanzen.german.retail.ebook Supplex

A Aufstellung der Strukturbilanz sowie der Struktur�GuV

180

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Page 181: verlag .Bilanzen.german.retail.ebook Supplex

Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

181

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A Aufstellung der Strukturbilanz sowie der Struktur�GuV

182

15.3.2 GuV

Auf dem Formular über die GuV-Rechnung werden neben denwichtigen Positionen auch ausgewählte Kennzahlen aufgeführt.Außerdem ist Raum für Informationen über den Auftragseingang,den Auftragsbestand und die Mitarbeiterzahl vorhanden.

Page 183: verlag .Bilanzen.german.retail.ebook Supplex

Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

183

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A Aufstellung der Strukturbilanz sowie der Struktur�GuV

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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A

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16 TeilanalysenBei den Teilanalysen (Partialanalysen) wird der Jahresabschluss nachverschiedenen Fragestellungen untersucht. So können beispielsweisedie Erfolgsanalyse und anschließend die Finanzanalyse durchgeführtwerden.

Diese Vorgehensweise erlaubt eine intensive Bearbeitung einzelnerProblemkreisfelder, ohne dass die Vielfalt der Zusammenhänge dieAnalyse stört. Dadurch kann jedes Analyseziel separat verfolgt werden.

Die einzelnen Zahlen werden speziell zusammengestellt und aufbe-reitet. Dann sind die wichtigen und sinnvollen Kennzahlen zu bil-den. Dadurch ist es möglich, zu Teilurteilen über die Situation einesUnternehmens zu gelangen.

Die Ergebnisse der Teilanalysen müssen anschließend zusammenge-fasst werden, um das Gesamtbild eines Unternehmens zu beurteilen.

Die einzelnen Teilanalysen umfassen die Struktur-, die Erfolgs-, dieFinanz-, die Cashflow-, die Wertschöpfungs-Analyse, die Kapital-flussrechnung und die Aktien-Analyse.

Strukturanalyse

Erfolgsanalyse

Finanzanalyse

Teilanalysen Cash�Flow�Analyse

Wertschöpfungs�Analyse

Kapitalflussrechnung

Aktien�Analyse

Abb. 79: Einzelne Teilanalysen

Page 187: verlag .Bilanzen.german.retail.ebook Supplex

Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

187

16.1 StrukturanalyseBei der Strukturanalyse wird untersucht, wie ein Unternehmen mitVermögen und Kapital ausgestattet ist, um seine Aufgaben zu erfül-len. Die Strukturanalyse befasst sich mit der Teilaufgabe des Jahres-abschlusses, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bildder Vermögenslage zu ermitteln (§ 264 Abs. 2 HGB).

Die Bilanz besteht aus der Aktiv- und Passivseite. Zwischen denBilanzpositionen gibt es funktionale Beziehungen. Dies gilt für be-stimmte Positionen auf einer Bilanzseite und für Positionen aufbeiden Bilanzseiten.

Die Aufgabe der Strukturanalyse besteht darin, diese Beziehungengrößenmäßig zu bestimmen und zu bewerten. Wir unterscheideneine vertikale und eine horizontale Analyse, um die Finanzierungs-regeln zu überprüfen.

Finanzierungsregeln

1. Vertikale Analyse

a) Vertikale Vermögensstrukturb) Vertikale Kapitalstruktur

2. Horizontale Vermögens� und Kapitalstruktur

a) Goldene Bankregelb) Goldene Bilanzregel

Abb. 80: Überblick über die Finanzierungsregeln

Die vertikale Analyse befasst sich separat mit beiden Seiten der Bi-lanz. Wir unterscheiden die vertikale Vermögens- und Kapital-struktur. Die horizontale Analyse erstreckt sich auf die beiden Seitender Bilanz. Bei der Analyse der Finanzstruktur geht es um die Grö-ßen Eigenkapital und langfristiges Fremdkapital sowie um die Grö-ßen Anlagevermögen und Vorräte.

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A Teilanalysen

188

Aktiva Bilanz Passiva

Vertikale Vermögensstruktur Vertikale Kapitalstruktur

Horizontale Strukturanalyse

Bilanzsumme Bilanzsumme

Abb. 81: Vertikale und horizontale Strukturanalyse

16.1.1 Vermögensstruktur

Bei der vertikalen Vermögensanalyse wird die Aktivseite der Bilanzuntersucht, um genauere Aussagen über die Struktur machen zukönnen. Die Aktivseite umfasst im Wesentlichen das Anlagevermö-gen, die Vorräte, die Forderungen und die flüssigen Mittel.

Die Vermögensseite können wir in Positionen aufteilen, die vor demProduktions- und Umsatzprozess vorhanden sein müssen. Dazugehören das Anlagevermögen und die Vorräte. Nach dem Produkti-ons- und Umsatzprozess ergeben sich die Positionen Forderungenund die flüssigen Mittel.

Hinsichtlich der Bindungsdauer der einzelnen Bilanzpositionenkönnen wir feststellen, dass das Anlagevermögen langfristig gebun-den ist. Die Vorräte und die Forderungen können kurzfristiger inflüssige Mittel umgewandelt werden. Die flüssigen Mittel sind freiverfügbar.

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

189

Bindungs�dauer

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Abb. 82: Struktur der Vermögensseite

Die Vermögensseite muss auch nach dem Risiko untersucht werden.Das Risiko ist beim Anlagevermögen hoch. Bei den Vorräten undForderungen wird das Risiko immer geringer. Sobald die Forderun-gen in flüssige Mittel umgewandelt sind, ist kein Risiko mehr vor-handen.

Bei der Vermögensstruktur kommt es auf die Art der Vermögensge-genstände an und auf deren Anteil am Gesamtvermögen. Die An-passungsfähigkeit (Elastizität) des Unternehmens wird stark von derZusammensetzung des Vermögens beeinflusst. Daraus können sichbesondere Risiken für das Unternehmen ergeben.

Anlagevermögen

Das Anlagevermögen kann nicht einfach an die Beschäftigungs-schwankungen angepasst werden. Es ist mit Risiken behaftet, da diegetätigten Investitionen in die Zukunft hinein reichen. Zum Investi-tionszeitpunkt ist meist nicht zu erkennen, ob sich die im Anlage-vermögen gebundenen flüssigen Mittel ohne Probleme wieder ver-flüssigen lassen (Desinvestitionen).

Die wertmäßigen Änderungen des Anlagevermögens erfolgen durchAbschreibungen. Dagegen werden die körperlichen Änderungendurch Zugänge oder Abgänge bewirkt.

Das Anlagevermögen wird beispielsweise in Produktionsbetriebeneingesetzt, um Produkte herzustellen. Deshalb kommt es auf dieAuslastung der bestehenden Kapazität oder auf den Beschäftigungs-grad des Unternehmens an.

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A Teilanalysen

190

Für die Beurteilung des Anlagevermögens liegen dem externenAnalytiker die Informationen über die Kapazitätsauslastungen meistnicht vor. Daher müssen die Intensitäts- und Umschlagskennzahlenerrechnet werden. Die Umsatzentwicklung und die Beschäftigten-zahlen geben weitere Hinweise.

Das Anlagevermögen verringert die Anpassungsfähigkeit der Unter-nehmen bei Beschäftigungsschwankungen. Deshalb ist das Anlage-vermögen im Hinblick auf die Beschäftigung zu beurteilen.

Umlaufvermögen

Das Umlaufvermögen setzt sich insbesondere aus den Vorräten, denForderungen und sonstigen Vermögensgegenständen sowie aus denflüssigen Mitteln zusammen.

Die Vorräte gehen in die Produkte ein und müssen laufend wiederersetzt werden. Der Bestand an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffenhängt vor allem von der Beschaffungszeit, von dem Absatzrhythmusund von der Durchlaufzeit im Unternehmen ab. Das Investitionsri-siko wird bei Vorräten wegen der kürzeren Bindungsdauer viel ge-ringer als beim Anlagevermögen eingeschätzt.

Bei den Forderungen aus Lieferungen und Leistungen ist der Um-satzprozess bereits vollendet und der Erfolg realisiert. Auch bei densonstigen Vermögensgegenständen ist schon eine große Geldnäheerreicht. Die flüssigen Mittel beinhalten kein Risiko mehr, weil dieForderungen aus Lieferungen und Leistungen bereits bezahlt sind.

Der externe Analytiker hat meist keinen Einblick in die Finanzbuch-haltung. Deshalb muss er die Wirtschaftlichkeit in der Bestandsfüh-rung des Unternehmens mit den relevanten Kennzahlen der Um-schlagshäufigkeit beurteilen. Die Umschlagskennzahlen ergeben sichaus dem Verhältnis bestimmter Bewegungsgrößen sowie Bestands-größen.

Die Umschlagshäufigkeit der Forderungen aus Lieferungen undLeistungen erhalten wir, wenn wir die Umsatzerlöse plus Mehr-wertsteuer zum durchschnittlichen Bestand der Forderungen ausLieferungen und Leistungen in Beziehung setzen.

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Umsatzerlöse + MehrwertsteuerUmschlagshäufigkeit der Forderungen aus L + L =

Durchschnittliche Forderungenaus Lieferungen und Leistungen

Je höher die Umschlagshäufigkeit ist, desto niedriger muss die Be-standsgröße im Verhältnis zur Bewegungsgröße sein. Dadurch ergibtsich eine geringere Kapitalbindung der Vermögenswerte.

Das Umlaufvermögen kann im Vergleich zum Anlagevermögendaher viel schneller angepasst werden. Die Bindungsdauer der ein-zelnen Positionen des Umlaufvermögens ist viel kürzer. Deshalbwird das Risiko des Umlaufvermögens auch geringer eingeschätzt.Um die Wirtschaftlichkeit der Positionen im Umlaufvermögen zubeurteilen, muss also die Umschlagshäufigkeit insbesondere derVorräte und der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen un-tersucht werden.

In diesem Zusammenhang ist die Umschlagshäufigkeit des Gesamt-vermögens wichtig. Die Formel lautet wie folgt:

Umsatzerlöse + MehrwertsteuerUmschlagshäufigkeit des Gesamtvermögens =

Durchschnittliches Gesamtvermögen

Bei dieser Kennzahl wird eine Stromgröße (Umsatzerlöse) mit einermit ihr zusammenhängenden Bestandsgröße (Gesamtvermögen) inBeziehung gesetzt. Diese Kennzahl zeigt, in welcher Zeit die Vermö-gensgegenstände wieder in Geld umgewandelt werden.

Wenn wir die Umschlagshäufigkeit in Tagen ausdrücken, sprechenwir von der Umschlagsdauer, die für viele Mitarbeiter im Unter-nehmen verständlicher ist. Die Umschlagsdauer gibt an, wie langedas Vermögen im Unternehmen fest gebunden ist. Die Umschlags-dauer wird wie folgt errechnet:

360Umschlagsdauer =

Umschlagshäufigkeit des Gesamtvermögens

Je höher die Umschlagshäufigkeit des Gesamtvermögens ist, destoniedriger wird die Umschlagsdauer der Vermögenspositionen. Einegeringere Umschlagsdauer bedeutet auch, dass ein niedrigerer Ka-pitalbedarf erforderlich ist. Demzufolge ist auch das Liquiditätspo-tenzial eines Unternehmens höher. Eine größere Umschlagshäufig-

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keit und eine niedrigere Umschlagsdauer weisen auf eine hohe Li-quidierbarkeit im Unternehmen hin.

Zusammenfassung:Bei der Analyse der Vermögensstruktur untersuchen wir die Art und dieZusammensetzung des Vermögens sowie die Dauer der Vermögensbin�dung. Die Investition von Kapital in das Anlage� oder in das Umlauf�vermögen erhöht oder verringert das Risiko. Es muss ermittelt werden,mit welcher Geschwindigkeit die Vermögensgegenstände durch denUmsatzprozess wieder in Geld (Liquidität) umgewandelt werden. Jelangsamer die Liquidierbarkeit erfolgt, desto höher ist der Kapitalbedarfdes Unternehmens.

Wenn der Anteil des Anlagevermögens kleiner als der Anteil des Um�laufvermögens ist, dann steigt die Liquidität des Unternehmens. Ein sichschnell umschlagendes Umlaufvermögen setzt laufend Liquidität frei,die kurzfristig im Unternehmen wieder eingesetzt werden kann. Bei ei�nem geringeren Anlagevermögen gibt es auch einen kleineren Anteil anFixkosten. Wenn im Unternehmen ein geringerer Anteil an Anlagever�mögen vorhanden ist, wird die bestehende Kapazität besser ausgenutzt.Durch eine höhere Produktivität können mehr Produkte hergestellt wer�den, die dann auch wieder schneller zu verkaufen sind. Über den Um�satzprozess fließt auch wieder schneller die Liquidität in das Unterneh�men zurück. Deshalb müssen wir besonders auf die Umschlagshäufig�keits�Kennzahlen achten.

16.1.2 Kapitalstruktur

Auf der Passivseite unterscheiden wir das Eigen- und das Fremdka-pital. Die einzelnen Kapitalpositionen stehen den Unternehmenkurz- oder langfristig zur Verfügung.

Mit dem Eigenkapital kann das Unternehmen langfristig arbeiten.Allerdings gehört der Bilanzgewinn, der ausgeschüttet wird, zumkurzfristigen Kapital.

Die Rückstellungen setzen sich aus kurz- und aus langfristigenRückstellungen zusammen. Steuerrückstellungen sind kurzfristigerNatur. Dagegen zählen die Pensionsrückstellungen zu dem langfri-stigen Kapital.

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Auch bei den Verbindlichkeiten müssen wir zwischen kurz- undlangfristigen Verbindlichkeiten unterscheiden. Die Hypotheken-Darlehen sind langfristige Kredite. Die Verbindlichkeiten aus Liefe-rungen und Leistungen allerdings gehören zu den kurzfristigen Ver-bindlichkeiten des Unternehmens.

Bei der Analyse der Kapitalstruktur werden die einzelnen Anteile desKapitals untersucht. Die Kapitalseite gibt Aufschluss über die Finan-zierung des Unternehmens und die Bindungsdauer der einzelnenFinanzierungen.

Eigenkapital

Das Eigenkapital ist gewinnberechtigt. Allerdings muss das Eigenka-pital auch für die entstandenen Verluste aufkommen.

Bei Kapitalgesellschaften besteht das Eigenkapital aus einer festenGröße (Grundkapital, Stammkapital), einer veränderlichen Größe(Kapitalrücklage, Gewinnrücklagen) und einer Erfolgsgröße (Bi-lanzgewinn/Bilanzverlust). Das Eigenkapital ist bei Einzel- undPersonengesellschaften eine veränderliche Größe, da das Eigenkapi-tal durch Einlagen der Gesellschafter erhöht oder durch Entnahmender Gesellschafter verringert wird. Der erwirtschaftete Gewinn wirddem Eigenkapital hinzugefügt. Die entstandenen Verluste hingegenreduzieren das Eigenkapital.

Das Eigenkapital haftet für das Unternehmen und dient als Sicher-heit für das Fremdkapital. Wenn Verluste auftreten, wird das Eigen-kapital in Anspruch genommen. Die Sicherung des Unternehmenswird durch die Bildung der Rücklagen erhöht.

Fremdkapital

Das Fremdkapital steht dem Unternehmen nur befristet zur Verfü-gung. Für die Überlassung des Fremdkapitals müssen Zinsen bezahltwerden.

Durch die Aufnahme von Fremdkapital werden die Finanzierungs-möglichkeiten des Unternehmens erweitert. Dadurch besteht dieMöglichkeit eines schnelleren Wachstums des Unternehmens.

Der Einsatz des Fremdkapitals erlaubt auch eine Verbesserung derEigenkapital-Rentabilität durch den Leverage-Effekt. Je höher die

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Gesamtkapital-Rentabilität des Unternehmens im Vergleich zu denFremdkapitalzinsen ist, desto höher steigt die Eigenkapital-Rentabilität.

16.1.3 Kennzahlen

Für die Beurteilung der Vermögens- und Kapitalstruktur müssenaus der Vielzahl der möglichen Kennzahlen die wichtigsten Kenn-zahlen ausgewählt werden.

Vermögen

Folgende Kennzahlen sollten bei der Vermögensstruktur errechnetwerden:

1. Vermögensveränderungen

Anlagevermögen des GeschäftsjahresÄnderungen des Anlagevermögens =

Anlagevermögen des Vorjahresx 100

Umlaufvermögen des GeschäftsjahresÄnderungen des Umlaufvermögens =

Umlaufvermögen des Vorjahresx 100

Diese Kennzahlen geben Aufschluss über die Veränderungen desAnlage- und Umlaufvermögens im Zeitvergleich. Wir können dannerkennen, ob sich ein Unternehmen in der Wachstums- oder in derRezessionsphase befindet.

2. Anlagenintensität

AnlagevermögenAnlagenintensität des Anlagevermögens =

Gesamtvermögenx 100

Anlagevermögen + VorräteAnlagenintensität des Anlagevermögensund der Vorräte

=Gesamtvermögen

x 100

Die Anlagenintensität gibt Aufschluss über die Wirtschaftlichkeit desEinsatzes der Anlagegüter. Aus diesen Kennzahlen können wir diewesentlichen Strukturelemente des Vermögens am Gesamtvermö-gen (Bilanzsumme) erkennen. Wichtige Änderungen der Vermö-gensstruktur werden im Zeitvergleich sichtbar.

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Die Intensitätskennzahlen geben Auskunft über die Anpassungsfä-higkeit des Unternehmens in der Expansion und in der Rezession.Das damit verbundene Vermögensrisiko kann damit besser beurteiltwerden. Mit zunehmender Anlagenintensität wächst das Unterneh-mensrisiko, da die Flexibilität des Unternehmens abnimmt.

3. Arbeitsintensität

Umlaufvermögen x 100Arbeitsintensität =

Gesamtvermögen

Die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens ist um so größer, jegeringer das Anlagevermögen ist, das fixe Kosten verursacht. Je klei-ner der Anteil des Anlagevermögens am Gesamtvermögen ist, destointensiver wird die vorhandene Kapazität genutzt. Die fixen Kostenpro Stück sinken. Dadurch verbessert sich die Ertragslage des Un-ternehmens. Die intensivere Nutzung der Kapazität führt auch zuhöheren Umsatzerlösen.

4. Vorratsquote

Roh�, Hilfs� und BetriebsstoffeVorratsquote für Roh�,Hilfs� und Betriebsstoffe

=Gesamtvermögen

x 100

Halb� und FertigfabrikateVorratsquote der Halb�und Fertigfabrikate

=Gesamtvermögen

x 100

Diese Kennzahlen geben Aufschluss über die Kapitalbindung in denVorräten an Roh-, Hilfs- und Betriebstoffen sowie an Halb- undFertigfabrikaten. Im Zeitvergleich können wir die Veränderungenerkennen. Die Erhöhung der Vorratsquote für Halb- und Fertigfa-brikate deutet auf Absatzprobleme hin. Es kann aber auch eine be-wusste Veränderung der Vorratspolitik vorliegen.

5. Umschlagshäufigkeit der Vorräte

Aufwendungen an Roh�, Hilfs� undBetriebsstoffenUmschlagshäufigkeit der

Roh�, Hilfs� und Betriebsstoffe=

Durchschnittlicher Lagerbestand anRoh�, Hilfs� und Betriebsstoffen

x 100

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Diese Kennzahl zeigt die Beziehung zwischen den Aufwendungen anRoh-, Hilfs- und Betriebsstoffen (Materialverbrauch) und demdurchschnittlichen Lagerbestand an Roh-, Hilfs- und Betriebsstof-fen. Diese Analyse im Bereich der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe istsinnvoll. Eine abnehmende Umschlagszahl muss als ungünstig be-urteilt werden, da die Lagerhaltung und damit die Kapitalbindungzugenommen haben.

Herstellungskosten des UmsatzesUmschlagshäufigkeit derHalb� und Fertigfabrikate

=Durchschnittliches Lager an Halb�

und Fertigfabrikaten

x 100

Für den externen Analytiker sind die Herstellungskosten des Umsat-zes aus der GuV nur zu entnehmen, wenn das Umsatzkostenverfah-ren angewendet wird.

6. Lagerdauer

360Lagerdauer für Roh�, Hilfs� und Betriebsstoffe =

Umschlagshäufigkeit der Roh�,Hilfs� und Betriebsstoffe

360Lagerdauer der Halb� und Fertigfabrikate =

Umschlagshäufigkeit der Halb�und Fertigfabrikate

Die Lagerdauer gibt an, wie lange die Vorräte und das zur Finanzie-rung erforderliche Kapital im Durchschnitt gebunden sind. Eineniedrige Lagerdauer deutet darauf hin, dass die Vorräte relativschnell wieder in liquide Form umgewandelt werden können.

7. Umschlagshäufigkeit der Forderungen aus Lieferungen undLeistungen

Umsatzerlöse + MehrwertsteuerUmschlagshäufigkeit der Forderungenaus Lieferungen und Leistungen

=Durchschnittlicher Debitorenbestand

Wenn die Zahlen der Umschlagshäufigkeiten der Forderungen ausLieferungen und Leistungen (Debitoren-Umschlag) abnehmen,nimmt die Kapitalbindung in den Forderungen zu. Diese Entwick-lung ist als negativ zu beurteilen.

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8. Kundenziel

360Kundenziel =

Debitorenumschlag

Das Ergebnis zeigt die durchschnittliche Bindungsdauer der Forde-rungen aus Lieferungen und Leistungen. Die Unternehmensleitungund die Führungskräfte müssen besonders darauf achten, dass sichdas Kundenziel nicht in Zukunft verschlechtert. Um die eigene Si-tuation besser beurteilen zu können, sollten Branchenkennzahlenherangezogen werden.

Diese Kennzahl lässt Rückschlüsse auf das Zahlungsverhalten derKunden zu. Außerdem können wir erkennen, wie lange es dauert,bis die Umsatzerlöse wieder in liquide Mittel umgewandelt werden.

Kapital

Folgende Kennzahlen sollten bei der Bilanzanalyse errechnet wer-den.

1. Eigenkapital-Quote

EigenkapitalEigenkapitalquote =

Gesamtkapitalx 100

Die Eigenkapitalquote ist eine wichtige Kennzahl, die Aufschlussüber die Kreditwürdigkeit der Unternehmen gibt.

Die Eigenkapitalquote geht in den deutschen Unternehmen laufendzurück. Heute beträgt die Eigenkapitalquote in den einzelnen Bran-chen zwischen 15 % und 30 %. Dieser Rückgang liegt insbesonderean der hohen Steuerbelastung der Unternehmen und an den gerin-geren Gewinnen, die die Unternehmen erwirtschaften. Viele Unter-nehmen schütten auch zu viele Gewinne aus. Die Eigenkapitalquotelässt die Unabhängigkeit und die Sicherheit der Unternehmen er-kennen.

2. Verschuldungsgrad

FremdkapitalVerschuldungsgrad =

Eigenkapitalx 100

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Die ständige Kreditaufnahme vergrößert den Verschuldungsgrad.Wenn der Verschuldungsgrad zunimmt, steigt auch das Risiko imUnternehmen.

Der Verschuldungsgrad nimmt in den Unternehmen laufend zu.Allerdings treten in den einzelnen Branchen erhebliche Unterschie-de auf. Die chemische Industrie weist die besten Werte über dieletzten Jahre auf. Die Bauindustrie schneidet im gleichen Zeitraumam schlechtesten ab.

3. Umschlagshäufigkeit des Kapitals

UmsatzerlöseUmschlagshäufigkeit des Kapitals =

Durchschnittliches Gesamtkapital

Diese Kennzahl drückt aus, wie oft sich das Gesamtkapital im Jahrumschlägt. Die Umschlagshäufigkeit des Kapitals besagt, wie pro-duktiv das im Unternehmen befindliche Kapital eingesetzt wird. Jehöher die Umschlagshäufigkeit ist, desto weniger Kapital ist im Un-ternehmen erforderlich. Für die Beurteilung des Risikos der Fremd-finanzierung spielt die Umschlagshäufigkeit des Kapitals eine großeRolle. Je höher der Kapitalumschlag ist, desto schneller fließen dieFinanzmittel wieder über den Umsatzprozess in das Unternehmenzurück.

4. Umschlagshäufigkeit der Verbindlichkeiten aus Lieferungenund Leistungen

Materialaufwand + MehrwertsteuerKreditorenumschlag =

Durchschnittliche Verbindlichkeiten ausLieferungen und Leistungen

5. Lieferantenziel

360Lieferantenziel =

Kreditorenumschlag

Diese Kennzahl gibt an, nach wie viel Tagen im Durchschnitt dieLieferantenschulden vom Unternehmen bezahlt werden. Eine Erhö-hung des Lieferantenziels deutet an, dass sich die finanzielle Situati-on im Unternehmen verschlechtert hat.

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Zusammenfassung:Die Strukturanalyse anhand von Kennzahlen erlaubt einen guten Ein�blick in die tatsächlichen Verhältnisse des Unternehmens. Die einzelnenVermögenswerte auf der Aktivseite und die verschiedenen Positionenauf der Passivseite werden analysiert. Auch die Beziehungen zwischender Aktiv� und Passivseite unterliegen einer genauen Untersuchung. DieBranchenkennzahlen sind bei der Strukturanalyse von besonderer Be�deutung.Für die Beurteilung der Aktivseite kommt es insbesondere auf den Aus�nutzungsgrad des Anlagevermögens und auf die Umschlagshäufigkeiteinzelner Positionen des Umlaufvermögens an. Auf der Passivseitespielen die Eigenkapitalquote und der Verschuldungsgrad eine großeRolle.

16.2 ErfolgsanalyseDas wichtigste Ziel der Erfolgsanalyse besteht darin, die Ertragskrafteines Unternehmens zu ermitteln und zu beurteilen. Die Ertrags-kraft bedeutet, dass ein Unternehmen auch in der Zukunft Gewinneerwirtschaftet und damit eine Gewinnausschüttung garantiert. Au-ßerdem deutet die Ertragskraft darauf hin, dass ein Unternehmendie Existenz langfristig sichern kann, indem die Leistungsfähigkeitdes Unternehmens durch die Bildung von Rücklagen erhalten undständig verbessert wird.

Für die Ertragskraft eines Unternehmens interessieren sich die Ge-sellschafter, die Aktionäre, die Banken, die Lieferanten, die Konkur-renten und die Gewerkschaften aus unterschiedlichen Gründen. DieAnteilseigner schauen beispielsweise auf die Ertragskraft wegen dermöglichen Gewinnausschüttungen und wegen der möglichen Kurs-entwicklungen der Aktien. Die Banken schließen aufgrund der Er-tragskraft auf die Möglichkeit, die vereinbarten Zins- und Tilgungs-zahlungen pünktlich zu erhalten.

Die Gewinnerzielung ist in den meisten Unternehmen Hauptmotivfür die wirtschaftliche Tätigkeit. Deshalb ist auch der Gewinn diewichtigste Größe bei der Erfolgsanalyse.

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Der Gewinn wird in der GuV ermittelt und ergibt sich aus der Diffe-renz zwischen den Erträgen und den Aufwendungen. Um die Ursa-chen für die Gewinnerzielung zu erkennen, müssen alle Positionender GuV sorgfältig analysiert werden. Dann erhalten wir einen gutenEinblick in die Ertragslage des bilanzierenden Unternehmens.

Der Gewinn kann aber bilanzpolitisch beeinflusst werden. Die Höhedes Gewinns ist also manipulierbar. Dies ist vor allem durch dieBewertung der Wirtschaftsgüter möglich. Durch den Ansatz vonhöheren Abschreibungen und durch die Bildung von höherenRückstellungen beispielsweise kann der Gewinn vermindert undstille Reserven geschaffen werden.

Der in der GuV ausgewiesene Gewinn muss deshalb korrigiert wer-den, um das ordentliche Betriebsergebnis zu ermitteln. Diese Kor-rektur des ausgewiesenen Gewinns/Verlustes erfolgt bei der Aufbe-reitung des Zahlenmaterials.

Bei der Erfolgsanalyse sollte jeweils der Gewinn/Verlust nach Steu-ern verwendet werden. Auch bei Branchenvergleichen sind jeweilsdie Gewinne nach Steuern einander gegenüberzustellen.

Die Kapitalgesellschaften weisen den Bilanzgewinn/Bilanzverlust inder GuV immer nach Steuern aus. Bevor der Gewinn bei Einzel- undPersonengesellschaften zur Ermittlung der Rentabilitäts-Kennzahleneingesetzt werden kann, müssen einige Korrekturen vorgenommenwerden. Der Gewinn wird nämlich bei den Einzel- und Personen-gesellschaften ohne die Einkommensteuer in der GuV angegeben.Deshalb muss der ausgewiesene Gewinn um 50 % gekürzt werden,weil die Gesellschafter der Einzel- und Personenunternehmen denGewinn persönlich im Privatbereich versteuern müssen. Die Steuer-belastung durch die Einkommensteuer beträgt etwa 50 %.

Außerdem ist bei den Analysen der Einzel- und Personengesell-schaften zu berücksichtigen, dass für die mitarbeitenden Gesell-schafter in der GuV kein Unternehmerlohn enthalten ist. Deshalbmuss auch ein kalkulatorischer Unternehmerlohn von dem ausge-wiesenen Gewinn abgezogen werden.

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16.2.1 Gewinnanalyse

Die Erwirtschaftung des Gewinns ist eines der wichtigsten Zieleeines jeden Unternehmens. Daher müssen wir untersuchen, welcheGrößen den Gewinn in der GuV positiv oder negativ beeinflussenkönnen. Mithilfe der Erfolgsanalyse sind die Unternehmensleitungund die Führungskräfte dann in der Lage, einen zuverlässigen Ein-blick in die Ertragskraft des Unternehmens zu erhalten.

Das Ziel der Erfolgsanalyse ist es, eine Beurteilung der Ertragskraftdes Unternehmens zu ermöglichen. Die Ertragslage der abgelaufe-nen Geschäftsjahre muss auch ermittelt werden, um Prognosen überdie Geschäftsentwicklung der folgenden Jahre erstellen zu können.

Die Ertragskraft ist die Fähigkeit eines Unternehmens, auch in Zu-kunft gute Gewinne zu erzielen. Je detaillierter die Erfolgsanalysedurchgeführt wird, desto mehr Ansätze zur Verbesserung der Erfol-ge können erkannt werden. Die Feststellung und die Beurteilung derErfolgsentwicklung eines Unternehmens werden dann erleichtert.

Für die Erfolgsanalyse benötigen wir die Informationen insbesonde-re aus der GuV. Es sollten möglichst alle Positionen der GuV in dieAnalyse einbezogen werden.

Mithilfe der Gewinnanalyse wird aufgezeigt, welche einzelnen Vor-gänge im Unternehmen den Gewinn in der GuV beeinflussen kön-nen. Außerdem müssen die Ursachen für die positive oder negativeEntwicklung der wichtigsten Einflussfaktoren exakt ermittelt wer-den. Erst wenn die eigentlichen Ursachen erkannt sind, können dienegativen Einflussgrößen abgeschwächt oder beseitigt und die posi-tiven Punkte noch deutlicher forciert werden.

Gewinnentwicklung

Um eine klare Aussage über die Gewinnentwicklung machen zukönnen, müssen die Gewinne der letzten beiden Geschäftsjahre undderen Veränderungen erfasst werden. Die Errechnung der Differenzreicht allerdings noch nicht aus, um einen guten Überblick zu ge-winnen. Neben der absoluten Differenz muss auch die prozentualeVeränderung errechnet werden.

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Es könnten beispielsweise folgende Gewinne in der GuV ausgewie-sen sein:

2005 130 T €2006 90 T €

Die Analyse sollte dann folgendermaßen aussehen:

Gewinnentwicklung2005 130 T €

2006 90 T €

Differenz – 40 T €oder – 30,8 %

Der Gewinn ist von 2005 auf 2006 um 40 T € oder um 30,8 % zu-rückgegangen. Um die Ursachen für den starken Rückgang des Ge-winns zu ermitteln, müssen alle wichtigen Positionen der GuV un-tersucht werden.

Umsatzerlöse

Zuerst sind die Umsatzerlöse zu analysieren, die folgendermaßenaussehen:

2005 2.600 T €

2006 3.000 T €

Differenz + 400 T €oder + 15,4 %

Die Umsatzerlöse haben sich im gleichen Zeitraum um 400 T € oder15,4 % erhöht. Einem Anstieg der Umsatzerlöse von 15,4 % stehtein Sinken der Gewinne um 30,8 % entgegen. Es müssen also massi-ve Gründe für die wesentliche Verschlechterung der Ertragskraft desUnternehmens vorliegen.

Materialkosten

Als nächste Position sollten die Materialkosten untersucht werden,die sich wie folgt entwickelt haben:

2005 1.200 T €

2006 1.550 T €

Differenz + 350 T €oder + 29,3 %

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Der starke Rückgang des Gewinns könnte alleine durch das Anstei-gen der Materialkosten um 29,2 % verursacht worden sein. DieMaterialkosten sind fast doppelt so stark gestiegen (29,2 %) wie dieUmsatzerlöse (15,4 %).

Zunächst sollten die wesentlichen Ursachen für das starke Anwach-sen der Materialkosten untersucht werden. Folgende Ursachenkönnten vorliegen:

1. Höherer Ausschuss2. Produktion von mehr materialintensiven Erzeugnissen3. Mehr Fremdleistungen (Subunternehmer)4. Höhere Materialpreise können nicht an die Kunden weitergege-

ben werden5. Mehrverbrauch an Hilfs- und Betriebsstoffen

Weitere Einflussfaktoren

Auch die weiteren Einflussfaktoren auf den Gewinn müssen in glei-cher Weise analysiert werden. Es gilt, insbesondere noch folgendePositionen genauer zu überprüfen:

1. Löhne und Gehälter2. Abschreibungen3. Rückstellungen4. Zinsen5. Steuern6. Sonstige betriebliche Aufwendungen

16.2.2 Rentabilitäts�Kennzahlen

Die Eigenkapitalgeber erwarten für das von ihnen zur Verfügunggestellte Kapital einen guten Gewinn. Es wird das Verhältnis vonGewinn zu Eigenkapital errechnet. Auch den Fremdkapitalgeberinteressiert die Rentabilität des Unternehmens. Sie erlaubt insbe-sondere eine Aussage über das Risiko, das mit der Bereitstellung desFremdkapitals verbunden ist.

Die Rentabilität der Unternehmen kann im Finanzbereich durchfolgende Maßnahmen beeinflusst werden:

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1. Kostengünstigere Finanzierung (Niedrigere Zinsen)2. Geringere Haltung von Liquiditätsreserven wegen der niedrigen

Verzinsung3. Zinsbringende Anlagen von liquiden Überschüssen (Festgeld)

Ein hoher Bestand an liquiden Mitteln auf dem Kontokorrentkontohat eine negative Auswirkung auf die Rentabilität. Die Verbesserungder Rentabilität ist durch eine niedrigere Vorhaltung von liquidenMitteln möglich. Allerdings besteht dann die Gefahr, dass die Exi-stenz der Unternehmen durch zu geringe Liquidität infrage gestelltwerden könnte. Zwischen der Liquidität und der Rentabilität bestehtalso ein Zielkonflikt. Die Unternehmensleitung und die Führungs-kräfte haben die Aufgabe, die Rentabilität bei ausreichender Liqui-dität zu verbessern.

Die Rentabilitäts-Kennzahlen geben Aufschluss darüber, ob einUnternehmen erfolgreich geführt wird oder nicht. Um einen besse-ren Einblick in die Unternehmen zu erhalten, errechnen wir vierverschiedene Kennzahlen für die Rentabilität, die alle eine unter-schiedliche Aussagekraft haben.

Es muss die Frage geklärt werden, ob der im Unternehmen ausge-wiesene Gewinn ein objektives Bild über den Erfolg eines Unter-nehmens abgibt. Der in der GuV ausgewiesene Gewinn kann durchbilanzpolitische Maßnahmen in der Höhe stark beeinflusst werden.Es besteht also die Möglichkeit, den Gewinn durch gezielte Ent-scheidungen erheblich nach oben oder unten zu korrigieren.

Deshalb sollte neben dem Gewinn auch noch der Cashflow zur Er-rechnung der Rentabilitäts-Kennzahlen herangezogen werden. DerCashflow erlaubt eine objektivere Beurteilung der Ertrags- und Fi-nanzkraft der Unternehmen.

Eigenkapital�Rentabilität

Diese Kennzahl bringt die Verzinsung des eingesetzten Kapitalsdurch seinen Einsatz im Unternehmen zum Ausdruck. Bei der Ei-genkapital-Rentabilität muss auch auf die Größe des Eigenkapitalswegen des Leverage-Effekts (Hebelwirkung) geachtet werden.

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Die Eigenkapital-Rentabilität können wir folgendermaßen errech-nen:

GREK =

EKx 100

REK = Eigenkapital�Rentabilität

G = Gewinn

EK = EigenkapitalZielvorgabe: 20 % bis 25 %

Die Zielvorgabe für die Eigenkapital-Rentabilität erscheint rechthoch zu sein. Wir müssen allerdings berücksichtigen, dass die Ei-genkapitalquote der deutschen Unternehmen nur noch bei 20 % bis30 % liegt. Aufgrund des Leverage-Effekts kann deshalb eine Eigen-kapital-Rentabilität von 20 % bis 30 % relativ schnell erzielt werden.

Die Eigenkapital-Rentabilität sollte also erheblich über dem marktübli-chen Zins für langfristige Kapitalanlagen liegen, da der Gewinn zusätz-lich eine Vergütung für das Risiko des Unternehmers enthält.

Der Gewinn sollte identisch mit dem Jahresüberschuss der Steuer-bilanz sein. Die Steuern vom Einkommen und vom Ertrag sowie diesonstigen Steuern sind dann bereits abgezogen.

Gezeichnetes Kapital

KapitalrücklageGewinnrücklagenBilanzgewinn

= Eigenkapital

Das Eigenkapital setzt sich aus dem gezeichneten Kapital, aus denKapital- und Gewinnrücklagen sowie aus dem nicht ausgeschüttetenGewinn zusammen.

Der Leverage-Effekt ist bei der Eigenkapital-Rentabilität von beson-derer Bedeutung, wie folgendes Beispiel zeigt:

Beispiel:Eigenkapital (€) = 600, 400, 200Fremdkapital (€) = 200, 400, 600Gesamtkapital (€) = 800, 800, 800Fremdkapitalzins = 10 %

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Bezeichnung 1 2 3Eigenkapital

Fremdkapital

600

200

400

400

200

600

Gesamtkapital 800 800 800

Gewinn des Gesamtkapitals (Kapitalgewinn)

Zinsen für das Fremdkapital (10 %)

100

20

100

40

100

60

Gewinn nach Zinsen 80 60 40

Eigenkapital� Rentabilität 13,3 % 15 % 20 %

In unserem Beispiel erhöht sich die Eigenkapital-Rentabilität von13,3 % auf 15 % und letztlich auf 20 %. Die Eigenkapital-Renta-bilität kann durch die Aufnahme von weiterem Fremdkapital alsoverbessert werden, wenn mit diesem Kapital eine höhere Rentabilitäterwirtschaftet werden kann als die Fremdkapitalzinsen ausmachen.

Die Formel für die Eigenkapital-Rentabilität lautet wie folgt:

FKREK = RGK + (RGK – ZFK) x

EK

Der Leverage-Effekt findet aber seine Grenzen in dem wachsendenVerschuldungsgrad, da das Risiko der Banken zunimmt. Die Bankensind dann nur noch bereit, zusätzliches Fremdkapital zu höherenZinsen oder durch die Überlassung von zusätzlichen Sicherheitenzur Verfügung zu stellen.

Gesamtkapital�Rentabilität

Die Gesamtkapital-Rentabilität ist für die Beurteilung eines Unter-nehmens aussagefähiger als die Eigenkapital-Rentabilität, da sie dieVerzinsung des gesamten im Unternehmen investierten Kapitalsangibt.

Die Gesamtkapital-Rentabilität wird folgendermaßen errechnet:

G + ZFKRGK =GK

x 100

RGK = Gesamtkapital�Rentabilität

G = Gewinn

ZFK = Fremdkapitalzinsen

GK = GesamtkapitalZielvorgabe: 10 % bis 12 %

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Neben dem Gewinn müssen bei der Berechnung der Gesamtkapital-Rentabilität auch die Fremdkapitalzinsen berücksichtigt werden.Diese Zinsen werden für das im Unternehmen eingesetzte Fremdka-pital bezahlt und reduzieren den Gewinn in der GuV. Deshalbmüssen zu dem Gewinn auch noch die Fremdkapitalzinsen hinzuge-zählt werden, um die Gesamtkapital-Rentabilität zu ermitteln. DieSumme aus dem Gewinn und den Fremdkapitalzinsen bezeichnenwir auch als Kapitalgewinn.

Eigenkapital

+ Fremdkapital

= Gesamtkapital (Bilanzsumme)

Das Gesamtkapital (Bilanzsumme) setzt sich aus dem Eigen- unddem Fremdkapital zusammen.

Für die Unternehmen sollte als Ziel eine Gesamtkapital-Rentabilitätin Höhe von 10 % bis 12 % vorgegeben und realisiert werden. DieAufgabe der Unternehmen besteht also darin, eine gute Gesamtka-pital-Rentabilität zu erwirtschaften. Mithilfe dieser Kennzahl kanneindeutig ermittelt werden, ob die Zielsetzung mit der Zielerrei-chung übereinstimmt oder nicht.

Umsatz�Rentabilität

Die Umsatz-Rentabilität stellt die Verzinsung des Umsatzes im Un-ternehmen dar. Diese Kennzahl lässt also erkennen, wie ein Unter-nehmen in Bezug auf den Umsatz gearbeitet hat. Die Umsatz-Rentabilität gibt Auskunft über den Erfolg der betrieblichen Tätig-keit, der beim Verkauf der hergestellten Produkte und der betriebli-chen Leistungen am Markt erzielt wird. Die Umsatz-Rentabilitätergibt sich wie folgt:

G + ZFKRU =U

x 100

RU = Umsatz�RentabilitätG = GewinnZFK = FremdkapitalzinsenU = UmsatzZielvorgabe: 5 % bis 6 %

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Die Umsatz-Rentabilität wird in der Literatur oft nur unter Berück-sichtigung des Gewinns errechnet. Diese Art der Berechnung istallerdings irreführend, da der Umsatz unter Einsatz des Eigen- unddes Fremdkapitals erzielt wird. Deshalb sollten zu dem Gewinn auchnoch die Fremdkapitalzinsen hinzugezählt werden, die für den Ein-satz des Fremdkapitals bezahlt werden müssen.

Bei der Umsatz-Rentabilität spielt die Größe des Unternehmens eineRolle. Je größer die Unternehmen sind, desto niedriger ist generelldiese Rendite. Kleine und mittlere Unternehmen können eine Um-satz-Rentabilität in Höhe von 5 % bis 6 % erzielen.

Zur Errechnung der Umsatz-Rentabilität sollten nur die Umsatzer-löse und nicht die Gesamtleistung herangezogen werden. Die Ge-samtleistung umfasst neben den Umsatzerlösen auch noch die Be-standsveränderungen an fertigen und unfertigen Erzeugnissen sowiedie aktivierten Eigenleistungen.

Die Wertbasis für die Umsatzerlöse ist eine andere als für die Be-standsveränderungen und für die aktivierten Eigenleistungen. DieUmsatzerlöse werden zu Verkaufspreisen bewertet. Die Bestandsver-änderungen und die aktivierten Eigenleistungen dagegen müssen inder GuV zu Herstellungskosten angesetzt werden. Da zwischen denHerstellungskosten und den Verkaufspreisen erhebliche Wertun-terschiede bestehen, können in diesen Positionen viele stille Reser-ven enthalten sein. Die Umsatzerlöse sollten auch deshalb genom-men werden, weil nur die effektiv am Markt verkauften Produkteund Leistungen den Maßstab für den Erfolg eines Unternehmensdarstellen.

Return On Investment (ROI)

Der ROI ist die bedeutendste Kennzahl für die Steuerung des Unter-nehmens. Diese Kennzahl kann in weitere Kennzahlen aufgeteiltwerden. Es ist also möglich, eine Zielhierarchie im Unternehmenaufzubauen.

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Der ROI wird folgendermaßen ermittelt:

G + ZFK UROI =

Ux 100 x

GK

= Umsatz�Rentabilität x Kapitalumschlagshäufigkeit

G = Gewinn

ZFK = Fremdkapitalzinsen

U = Umsatz

GK = Gesamtkapital

Zielvorgabe: 10 % bis 12 %

Der Kapitalumschlag zeigt an, wie intensiv das im Unternehmeneingesetzte Kapital genutzt wird. Diese Kennzahl gibt also Auf-schluss über die Produktivität des eingesetzten Kapitals.

Die Umschlagszahl gewährt einen Einblick in den Nutzungsgrad desKapitals. Die Umschlagshäufigkeit des Kapitals von 2 bedeutet, dassmit einer DM Kapital im Jahr 2 DM Umsatz erzielt wird. Je höherder Kapitalumschlag ist, desto geringer ist der Kapitalbedarf, da dasKapital öfter freigesetzt werden kann.

Die Rendite des gesamten Kapitaleinsatzes wird durch die Umsatz-Rentabilität und durch die Kapitalumschlagshäufigkeit bestimmt.Eine niedrigere Umsatz-Rentabilität kann in Verbindung mit einerhöheren Kapitalumschlagshäufigkeit zum gleichen Ergebnis führenwie eine hohe Umsatz-Rentabilität und eine niedrigere Kapitalum-schlagshäufigkeit.

ROI = 6 x 2 = 12

= 12 x 1 = 12

Bei der Beurteilung des ROI spielt also die Umsatz-Rentabilität unddie Kapitalumschlagshäufigkeit eine große Rolle. Der ROI kannverbessert werden, wenn die Umsatz-Rentabilität und/oder die Ka-pitalumschlagshäufigkeit angehoben werden.

Das Kennzahlsystem des ROI wird in der Praxis unterschiedlich weitaufgegliedert, um die Zusammenhänge und Abhängigkeiten besserzu erkennen und um die Ursachen und Wirkungen deutlich sichtbarzu machen. Die Umsatzerlöse sollten dann noch nach Produktgrup-pen, Verkaufsgebieten und Kundengruppen aufgeteilt werden.

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A Teilanalysen

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Für die Untersuchungen der Rentabilität hat der ROI eine besondereBedeutung. Der ROI setzt sich aus zwei Erfolgsfaktoren zusammen.Die zusammengesetzte Kennzahl des ROI erlaubt Rückschlüsse aufdie Ursachen für die Verschlechterung oder Verbesserung des ROI.Die Unternehmensleitung und die Führungskräfte erkennen, wieder ROI für das nächste Jahr positiv beeinflusst werden kann. Alleanschließenden Entscheidungen im Unternehmen sind dann aufihre Wirksamkeit hin leicht zu überprüfen.

Der ROI sollte in kleinen und mittleren Unternehmen 10 % bis 12% betragen. Dieses Ziel kann von gut gemanagten Unternehmenerreicht werden.

Betriebs�RentabilitätDie Betriebs-Rentabilität wird folgendermaßen errechnet:

BEBetriebs�Rentabilität =

durchschnittl. betr. K.x 100

BE = Betriebsergebnis

Betr. K. = Betriebsnotwendiges Kapital

Das Betriebsergebnis kann der kurzfristigen Erfolgsrechnung ent-nommen werden. Das betriebsnotwendige Kapital ermitteln wir,indem wir von der Bilanzsumme die nicht betriebsnotwendigenVermögensgegenstände abziehen. Dazu gehören beispielsweise dieunbebauten Grundstücke und die Wertpapiere.

Diese Kennzahl zeigt die Rentabilität, die durch den Produktions-und Umsatzprozess erwirtschaftet wurde.

In der bisherigen ROI-Formel wurden die Daten in erster Linie ausder Gewinn- und Verlustrechnung sowie aus der Bilanz verwendet.Wenn wir die Daten aus der Kosten- und Leistungsrechnung neh-men, lautet die ROI-Formel wie folgt:

BE + Kal. Z UROI =

Ux 100 x

Ø Betr. K

BE = Betriebsergebnis

Kal. Z = kalkulatorische Zinsen

U = Umsatz

Betr. K = Betriebsnotwendiges Kapital

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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Sobald eine aussagefähige Kosten- und Leistungsrechnung im Un-ternehmen eingeführt ist, sollten alle Daten aus dieser internenRechnung eingesetzt werden, da diese Daten eine noch bessere be-triebswirtschaftliche Analyse des Unternehmens mithilfe des ROIermöglichen.

16.3 FinanzanalyseMithilfe der Finanzanalyse sollte die finanzielle Lage der Unterneh-men untersucht werden. Die Beurteilung der Finanzlage der Unter-nehmen ist eine weitere Teilaufgabe des Jahresabschlusses (§ 264Abs. 2 HGB). Die Bilanz gibt eine Finanzübersicht. Der geforderteEinblick in die Finanzlage eines Unternehmens wird aber nicht un-mittelbar gewährt. Deshalb ist erst eine Aufbereitung des Zahlen-materials erforderlich.

Die Finanzanalyse kann folgendermaßen durchgeführt werden:

1. Statische BeurteilungDie statische Beurteilung beruht auf der zeitpunktbezogenenBetrachtung der Bilanz. Es wird untersucht, wie die Beziehungenzwischen den Vermögenswerten und den Kapitalpositionen sind.

2. Dynamische BetrachtungBei der dynamischen Betrachtung gehen wir zeitraumbezogenvor. Es werden die Bewegungen der Vermögens- und Kapitalpo-sitionen während eines Jahres untersucht.Zur dynamischen Beurteilung der Unternehmen muss eine Ka-pitalflussrechnung (Bewegungsbilanz) erstellt werden, die auszwei aufeinanderfolgenden Bilanzen entwickelt wird (Vgl. Kapi-tel 16.6). Zu der dynamischen Beurteilung gehört auch dieCashflow-Analyse (Vgl. Kapitel 16.4).

Die statischen Regeln müssen durch die dynamische Betrachtungergänzt werden. Die statischen Grundsätze beziehen sich auf dasStrukturbild der Bilanz an dem Stichtag des Bilanzabschlusses. Diedynamische Betrachtung umfasst das ganze Geschäftsjahr und be-zieht sich auf die Kapitalflussrechnung und auf den Cashflow.

Die statischen und die dynamischen Finanzanalysen werden auffreiwilliger Basis durchgeführt. In den Geschäftsberichten der gro-

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ßen Unternehmen erscheinen öfter als Ergänzung Kapitalflussrech-nungen und Cashflow-Rechnungen. Für kleinere und mittlere Un-ternehmen muss die Finanzanalyse separat erstellt werden, um einenbesseren Einblick in die Finanzlage der Unternehmen zu erhalten.

In der Bilanz sehen wir auf der Aktivseite das Vermögen, die Inve-stitionen oder die Mittelverwendung. Der Passivseite sind das Kapi-tal, die Finanzierung oder die Mittelherkunft zu entnehmen. Mit-hilfe der Analyse der Finanzstruktur werden die beiden Seiten derBilanz analysiert.

BilanzAktivseite

Vermögen

Investitionen

Mittelverwendung

Passivseite

Kapital

Finanzierung

Mittelherkunft

Abb. 83: Überblick über die Inhalte der Bilanzseiten

Zwischen den Bestandteilen der beiden Bilanzseiten werden bei derAnalyse der Finanzstruktur sinnvolle Beziehungen hergestellt undbestimmte Kennzahlen errechnet. Es geht insbesondere um folgendeBeziehungen:

1. Arten und Verwendung der FinanzierungsmittelArten der Finanzierung auf der Passivseite im Vergleich zurVerwendung in Vermögensgegenständen auf der Aktivseite

2. Überlassungsdauer und BindungsdauerÜberlassungsdauer der Finanzierungsmittel im Verhältnis zurBindungsdauer der Investitionen

3. Risiko und RisikoübernahmeRisiko des Kapitaleinsatzes im Vergleich zur Bereitschaft derÜbernahme des Risikos durch die Kapitalgeber.

Bei der Finanzanalyse werden die Relationen zwischen der Vermö-gens- und Kapitalstruktur untersucht, um die Arten der Finanzie-rung, die zeitliche Übereinstimmung und die Risikoentsprechunggenauer zu beurteilen.

Die kurzfristigen Überlegungen werden mithilfe der Liquiditätsana-lyse untersucht. Die langfristigen Beziehungen berücksichtigen wirbei der Analyse der Deckungsrelationen.

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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Bei der Finanzierung der Unternehmen müssen die Finanzierungs-regeln beachtet werden, um das finanzielle Gleichgewicht in denUnternehmen zu gewährleisten. Die Finanzierungsregeln sehen wiefolgt aus:

Finanzierungsregeln1. Vertikale Bilanzstruktur1.1 Vertikale Vermögensstruktur

Anlagevermögen 1

Umlaufvermögen=

1

1.2 Vertikale Kapitalstruktur

Eigenkapital 1

Fremdkapital=

1

2. Horizontale Vermögens� und Kapitalstruktur2.1 Goldene Bankregel

Eigenkapital 1

Anlagevermögen=

1

2.2 Goldene Bilanzregeln

Enge Fassung: Eigenkapital 1

Anlagevermögen=

Weitere Fassung: Eigenkapital + langfr. Fremdkap. 1

Anlagevermögen=

1

Erweiterte Fassung: Eigenkapital + langfr. Fremdkap. 1

Anlagevermögen + Vorräte=

1

Abb. 84: Einzelne Finanzierungsregeln

Um eine Liquiditätsanalyse durchführen zu können, benötigen wirdie Zahlen des Jahresabschlusses eines Unternehmens. Damit dieKennzahlen aussagefähiger sind, sollten mindestens zwei aufeinan-derfolgende Jahresabschlüsse analysiert werden.

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Bei dieser Analyse unterscheiden wir die statische und die dynami-sche Liquiditätsanalyse. Dafür werden die Daten von einem Zeit-punkt oder von einem Zeitraum herangezogen.

Die statische Liquiditätsanalyse bezieht sich auf einen bestimmtenZeitpunkt im Unternehmen. Wir verwenden die Daten aus denBilanzen der Unternehmen. Dabei werden bestimmte Positionen derVermögens- und der Kapitalseite genauer untersucht.

Das Ziel der Liquiditätsanalyse besteht darin, Schlussfolgerungen aufdie Zahlungsfähigkeit der Unternehmen für die Zukunft zu ziehen.Es werden verschiedene bilanzierte Vermögenswerte den bilanzier-ten kurzfristigen Verbindlichkeiten (Schulden) gegenübergestellt.

Bei der statischen Liquiditätsanalyse unterscheiden wir eine kurz-und eine langfristige Analyse. Dabei kommt es darauf an, ob wir dieDaten verwenden, die sich bereits einen Tag nach dem Jahresab-schluss schnell verändern können oder nicht.

16.3.1 Kurzfristige Liquidität

Die kurzfristige Liquiditätsanalyse befasst sich mit den Verhältnissenvon flüssigen Mitteln, kurzfristigen Forderungen und Vorräten zuden kurzfristigen Verbindlichkeiten. Die einzelnen Liquiditätsgradedienen dazu, die Liquidität des Unternehmens hinsichtlich derkurzfristigen Zahlungsverpflichtungen zu beurteilen.

Bei der kurzfristigen Liquiditätsanalyse können wir folgende Kenn-zahlen unterscheiden:

Liquidität 1. Grades

Bei der Liquidität 1. Grades werden die flüssigen Mittel ins Verhält-nis zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten gesetzt. Die Liquidität 1.Grades errechnen wir also wie folgt:

Flüssige MittelLiquidität 1. Grades =

Kurzfristige Verbindlichkeitenx 100

Zielvorgaben: 5 %–10 %

Die flüssigen Mittel umfassen:

• Kasse• Bankguthaben

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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• Postgiroguthaben• Schecks• Diskontfähige Wechsel

Zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten gehören:

• Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen• Kontokorrent-Kredit• Kurzfristige Rückstellungen• Erhaltene Anzahlungen• Schuldwechsel• Sonstige Verbindlichkeiten• Bilanzgewinn, der ausgeschüttet wird

Die Liquidität 1. Grades sollte nicht höher als 5 %–10 % der kurz-fristigen Verbindlichkeiten sein. Dabei ist zu berücksichtigen, dassdie eingehenden flüssigen Mittel möglichst schnell zur Bezahlungder kurzfristigen Verbindlichkeiten verwendet werden sollten, umeine Skontierung der Lieferantenrechnungen vorzunehmen.

Liquidität 2. GradesDie Liquidität 2. Grades ergibt sich wie folgt:

Flüssige Mittel + Kurzfristige ForderungenLiquidität 2. Grades =

Kurzfristige Verbindlichkeitenx 100

Zielvorgabe: 100 %–120 %

Bei der Liquidität 2. Grades kommen zu den flüssigen Mitteln nochdie kurzfristigen Forderungen hinzu. Dies sind meist nur die Forde-rungen aus Lieferungen und Leistungen.

Die Zielvorgabe für die Liquidität 2. Grades sollte 100 % - 120 %betragen. Liegt die Kennzahl unter dieser Zielvorgabe, könnten imUnternehmen Probleme bei der Wertschöpfung bestehen oder ver-schiedene Produkte falsch kalkuliert sein. Es ist aber auch möglich,dass zu viele Halb- und Fertigfabrikate auf Lager liegen, weil sienoch nicht verkauft werden konnten.

Liquidität 3. GradesDie Liquidität 3. Grades kann folgendermaßen errechnet werden:

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Flüssige Mittel + Kurzfristige Forderungen+ VorräteLiquidität 3. Grades =

Kurzfristige Verbindlichkeitenx 100

Zielvorgabe: 120 %–150 %

Die Liquidität 3. Grades berücksichtigt neben den flüssigen Mittelnund den kurzfristigen Forderungen auch noch die Vorräte im Zäh-ler. Der Nenner bleibt bei allen Liquiditätsgraden (1–3) gleich.

Der Finanzmanager sollte versuchen, als Zielgröße 120 %–150 %anzustreben. Liegt das Ergebnis darunter, könnte es Probleme mitder Preisgestaltung im Unternehmen geben. Übersteigt die Liquidi-tät 3. Grades 150 %, dann ist das Lager zu hoch und bindet zuvielKapital.

Working�CapitalDas Working-Capital können wir wie folgt errechnen:

Umlaufvermögen

– kurzfristige Verbindlichkeiten

= Working�Capital

Zielvorgabe: Positives Ergebnis

Der Zähler bei der Liquidität 3. Grades stellt das Umlaufvermögendar. Das Working-Capital ist also die Differenz aus dem Umlauf-vermögen minus den kurzfristigen Verbindlichkeiten. Das Working-Capital sollte möglichst positiv sein.

Wenn das Working-Capital positiv ist, wird ein Teil des Umlauf-vermögens mit langfristig zur Verfügung stehendem Kapital finan-ziert. Das langfristige Kapital setzt sich aus dem Eigenkapital unddem langfristigen Fremdkapital zusammen. Die Beurteilung derLiquidität und der Bonität der Unternehmen ist also mithilfe desWorking-Capital möglich.

Die zukünftige Liquidität eines Unternehmens ist um so eher gesi-chert, je höher das Working-Capital ist. Die Liquidität wird besserbeurteilt, wenn die Zahlungsverpflichtungen längerfristig sind.

Sollte das Working-Capital negativ sein, ist dieses Ergebnis ein An-zeichen dafür, dass ein Teil des Anlagevermögens kurzfristig finan-ziert wurde. Dadurch kann ein Unternehmen schnell in Liquidi-tätsschwierigkeiten kommen.

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Das positive Working-Capital zeigt an, dass ein Teil des kurzfristigenVermögens nicht zur Deckung der kurzfristigen Verbindlichkeitenerforderlich ist. Dieser Teil wird durch längerfristig gebundenesKapital abgedeckt. Die Höhe des Working-Capital ist deshalb einAusdruck für die finanzielle Beweglichkeit der Unternehmen.

Bedeutung der Liquiditätsgrade

Die Aussagekraft der Liquiditätsgrade ist begrenzt, da die zu dieserAnalyse verwendeten Daten sich jeweils nur auf einen einzigen Zeit-punkt am Jahresende beziehen. Vor und nach dem Jahresabschlusskönnen die Zahlen wieder anders aussehen. Das hängt insbesonderedavon ab, ob die Unternehmen bewusst die Bilanzoptik zum Jahres-abschluss besser darstellen wollen oder nicht.

Die Liquiditätsgrade basieren auf den Daten aus der Bilanz. DieZahlungsfähigkeit eines Unternehmens hängt aber noch von ande-ren Faktoren ab, die aus den einzelnen Finanzpositionen nicht ein-fach zu ersehen sind. Dazu gehören beispielsweise folgende Punkte:

1. Die aktiven und passiven Bilanzpositionen werden bewertet. Beider Bewertung besteht ein erheblicher Ermessensspielraum.

2. Die zur Sicherheit übereigneten, verpfändeten oder abgetretenenVermögenspositionen sind nicht immer ersichtlich.

3. Die Fälligkeiten der kurzfristigen Forderungen und Verbind-lichkeiten sind bei der externen Analyse nicht bekannt.

4. Die in der Bilanz ausgewiesenen kurzfristigen Verbindlichkeitenumfassen nicht alle zu leistenden Ausgaben, z. B. Leasing-Raten.

5. Die Möglichkeiten zur Beschaffung und Verlängerung kurzfristi-ger Kredite sind nicht bekannt.

6. Die Liquiditätszahlen geben nur ein punktuelles Bild der Fi-nanzlage des Unternehmens wieder, weil sie auf der Basis einesJahresabschlusses erstellt werden.

7. Die Liquiditätsanalyse erfolgt regelmäßig zu spät für eine kurz-fristige Beurteilung der Liquiditätslage der Unternehmen.

Die statischen Liquiditätskennzahlen ermöglichen nur eine be-grenzte Aussage darüber, ob die Existenz des Unternehmens gesi-chert ist oder nicht. Die Liquidität muss aber ständig vorhanden

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sein. Eine kurzfristige Liquiditätskrise kann bereits den Bestandeines Unternehmens gefährden.

Die bestandsorientierte Liquiditätsrechnung muss durch einestromgrößenorientierte Finanzplanung oder durch eine bewegungs-orientierte Kapitalflussrechnung ergänzt werden, um einen besserenEinblick in die Finanzlage des Unternehmens zu erhalten.

16.3.2 Langfristige Liquidität

Bei der langfristigen Liquiditätsanalyse geht es um drei Deckungsre-lationen, die auch Deckungsgrade genannt werden. Dabei werdenbestimmte Positionen der Passivseite mit bestimmten Positionen derAktivseite der Bilanz verglichen.

Deckungsgrad 1

Der Deckungsgrad 1 drückt aus, inwieweit das Anlagevermögendurch Eigenkapital gedeckt ist.

Die Formel lautet:

EigenkapitalDeckungsgrad 1 =

Anlagevermögenx 100

Deckungsgrad 2

Beim Deckungsgrad 2 wird untersucht, ob das Anlagevermögen durchdas Eigenkapital und das langfristige Fremdkapital abgedeckt wird.

Die Formel lautet:

Eigenkapital + Langfristiges FremdkapitalDeckungsgrad 2 =

Anlagevermögenx 100

Deckungsgrad 3

Der Deckungsgrad 3 gibt Auskunft darüber, ob das Anlagevermögenund die Vorräte durch das Eigenkapital und das langfristige Fremd-kapital finanziert werden oder nicht.

Die Formel lautet:

Eigenkapital + Langfristiges FremdkapitalDeckungsgrad 3 =

Anlagevermögen + Vorrätex 100

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Bedeutung der langfristigen Liquidität

Bei der langfristigen Liquidität geht es um die strukturellen Zusam-menhänge zwischen Kapitalbeschaffung und Kapitalverwendung.Die Deckungsgrade geben Auskunft darüber, ob die Finanzierungs-regeln eingehalten werden oder nicht.

Die finanzielle Struktur des Unternehmens sollte so beschaffen sein,dass die Banken oder andere Fremdkapitalgeber das Unternehmenfür kreditwürdig halten. Ist dies nicht mehr der Fall, könnte ein Teildes Fremdkapitals abgezogen werden oder zusätzlich erforderlichesFremdkapital nicht zur Verfügung gestellt werden. Die Folge wäredann, dass das Unternehmen in seiner Existenz gefährdet wäre.

Wenn die Finanzierungsregeln eingehalten werden, können wirdavon ausgehen, dass die langfristige Liquidität des Unternehmensgesichert ist. Allerdings muss berücksichtigt werden, ob es sich umanlage- oder umlaufvermögensintensive Unternehmen handelt.Deshalb müssen zur Analyse der Unternehmen neben den eigenenKennzahlen auch Branchenkennzahlen herangezogen werden.

Zusammenfassung:Die Finanzierung ist ein dynamischer Prozess, der durch laufende Ein�nahmen und Ausgaben beeinflusst wird. Die Aufgabe der Finanzierungbesteht darin, zwischen den gegenläufigen Zahlungsströmen einGleichgewicht herzustellen und die Zahlungsfähigkeit der Unternehmenzu gewährleisten.Die dynamischen Vorgänge werden allerdings durch statische Gesichts�punkte bewertet. Trotzdem sind die Grundsätze der Finanzierungsregelnwichtige Maßstäbe für die Beurteilung der Finanzierung der Unterneh�men. Die Finanzierungsregeln haben sich in der Praxis bewährt, insbe�sondere wenn auch die Branchenkennzahlen herangezogen werden.

16.4 Cashflow�AnalyseDer Cashflow lässt erkennen, ob das Unternehmen die erforderli-chen Finanzmittel aus eigener Kraft für die nötigen Investitionen zurVerfügung stellen kann. Die Innenfinanzierung ist identisch mitdem Cashflow, der ein Indikator für die Ertrags- und Finanzkrafteines Unternehmens ist.

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Die Finanzkraft gibt Auskunft über das finanzielle Potenzial einesUnternehmens, das aus der erfolgreichen Tätigkeit in der Wirtschafterwächst. Der Cashflow zeigt auf, welche finanziellen Mittel auseigener Kraft erwirtschaftet werden (Innenfinanzierung). Da einhoher Cashflow die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens verbes-sert, hat das Unternehmen auch die Möglichkeit, zusätzliche Krediteam Geld- und Kapitalmarkt aufzunehmen, um weitere Investitionenzu finanzieren (Außenfinanzierung).

Der Cashflow ist eine wichtige Kennzahl für die Unternehmenslei-tung, da sie auch Auskunft über die Kreditfähigkeit und Kreditwür-digkeit des Unternehmens gibt. Diese finanzwirtschaftliche Kenn-zahl lässt die Finanzkraft eines Unternehmens erkennen. Die selbsterwirtschafteten Mittel stehen den Unternehmen frei zur Verfügung.Diese Mittel können beispielsweise für die Finanzierung von Inve-stitionen, für die Schuldentilgung und für die Gewinnausschüttungverwendet werden. Je höher der Cashflow ist, desto positiver ist alsodie Liquiditätslage des Unternehmens zu beurteilen.

Der Cashflow ist auch ein Indikator für die Verschuldungsfähigkeiteines Unternehmens. Die einzelnen Verbindlichkeiten des Unter-nehmens können nur durch selbst erwirtschaftete Mittel getilgtwerden. Der dynamische Verschuldungsgrad ist ein Maßstab für dieMöglichkeiten zur Schuldentilgung. Die gesamte Verschuldungeines Unternehmens sollte das 3,5fache des durchschnittlichenCashflow nicht überschreiten.

Der dynamische Verschuldungsgrad wird wie folgt errechnet:

FremdkapitalDynamischer Verschuldungsgrad =

Cashflowx 100

Der dynamische Verschuldungsgrad wird auch als Entschuldungs-kraft eines Unternehmens bezeichnet. Diese Kennzahl ist ein Indi-kator für die Entschuldungskraft des Unternehmens, da die Schul-den letztendlich nur aus dem Cashflow getilgt werden können.

Die Methoden zur Berechnung des Cashflow sehen wie folgt aus:

1. Direkte Ermittlung2. Indirekte Ermittlung

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16.4.1 Direkte Ermittlung

Bei der direkten Ermittlung ist der Cashflow der Teil des Einnah-mestroms einer Periode, der dem Unternehmen nach Abzug allerAusgaben dieser Periode zur Verfügung steht. Die zahlungsbegleite-ten Erträge (Einnahmen) umfassen beispielsweise die Umsatzerlöseund die Zinsen für Festgelder. Zu den zahlungsbegleiteten Aufwen-dungen (Ausgaben) gehören zum Beispiel die Löhne und Gehälter,die Fremdkapitalzinsen und der Materialverbrauch.

In der GuV werden von den Erträgen die Aufwendungen abgezogen,um den Jahresüberschuss (Gewinn) zu erhalten. Einige Erträge sindnicht zahlungsbegleitet (finanzwirksam) wie z. B. die Erhöhung derBestände an fertigen und unfertigen Erzeugnissen. Auch nicht alleAufwendungen sind zahlungsbegleitet. Dazu gehören die Abschrei-bungen und die Rückstellungen. Der Cashflow ergibt sich also ausder Differenz der zahlungsbegleiteten Erträge (Einnahmen) minusder zahlungsbegleiteten Aufwendungen (Ausgaben).

Direkte Ermittlung

Zahlungsbegleitete Erträge (Einnahmen)z. B.: Umsatzerlöse, Zinsen

– Zahlungsbegleitete Aufwendungen (Ausgaben),z. B.: Löhne, Gehälter, Fremdkapitalzinsen, Materialverbrauch

= Cashflow

Abb. 85: Direkte Ermittlung des Cashflow

16.4.2 Indirekte Ermittlung

Der Cashflow kann auch indirekt ermittelt werden. Wir zählen dannzum Gewinn die nicht zahlungsbegleiteten Aufwendungen dazu. DieAbschreibungen und die Bildung von Rückstellungen sind bei-spielsweise nicht zahlungsbegleitete Aufwendungen. Außerdemmüssen die nicht zahlungsbegleiteten Erträge abgezogen werden. Zudiesen Erträgen gehören die Bestandserhöhungen an Halb- undFertigfabrikaten, die aktivierten Eigenleistungen sowie die Auflösungvon Rückstellungen.

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Indirekte Ermittlung

Gewinn (Jahresüberschuss), Verlust (Jahresfehlbetrag

+ Nicht zahlungsbegleitete Aufwendungen

z. B.: Abschreibungen, Bildung von Rückstellungen

– Nicht zahlungsbegleitete Erträge

z. B.: Bestandserhöhung an Halb� und Fertigfabrikaten, aktivierte Eigenleistungen,Auflösung von Rückstellungen

= Cashflow

Abb. 86: Indirekte Ermittlung des Cashflow

Die detaillierte und auf den Produktions- und Umsatzprozess bezo-gene Errechnung des Cashflow bei einer AG erfolgt folgendermaßen:

1. Bilanzgewinn/Bilanzverluste2. + Nichtzahlungsbegleitete Aufwendungen, Rücklagen, Gewinnvortrag

Einstellung in die Rücklagen, Erhöhung des Gewinnvortrags, Abschreibungenauf das Anlagevermögen, Erhöhung von Wertberichtigungen, Erhöhung derSonderposten mit Rücklageanteil, Erhöhung der Rückstellungen, Bestandsmin�derung an fertigen und unfertigen Erzeugnissen, periodenfremde Aufwendun�gen, betriebsfremde Aufwendungen, außerordentliche Aufwendungen.

3. – Nichtzahlungsbegleitete Erträge, Rücklagen, GewinnvortragEntnahme aus Rücklagen, Minderung des Gewinnvortrages, Zuschreibungen,Auflösungen von Wertberichtigungen, Minderungen der Sonderposten mitRücklagenanteil, Auflösung der Rückstellungen, Bestandserhöhungen anfertigen und unfertigen Erzeugnissen, aktivierte Eigenleistungen, perioden�fremde Erträge, betriebsfremde Erträge, außerordentliche Erträge

4. = Cashflow

Zusammenfassung:Da die Eigenkapitalquote in vielen Unternehmen rückläufig ist, spieltder Cashflow für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Unternehmeneine immer größere Rolle. Die Banken überprüfen, ob die Unternehmeninsbesondere bei zunehmendem Verschuldungsgrad einen ausreichen�den Cashflow erwirtschaften, um die Zinsen und Tilgungen zahlen zukönnen. Der Cashflow übernimmt zum Teil die Haftungsfunktion desEigenkapitals.

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Die dynamische Verschuldungsregel besagt, dass die Gesamtverschul�dung (Fremdkapital) eines Unternehmens das 3,5fache des Cashflownicht überschreiten sollte. Wenn diese Regel in der Praxis nicht einge�halten wird, beeinflusst diese Tatsache die Beurteilung der Kreditwür�digkeit der Unternehmen negativ.Der Cashflow ist also eine bessere Maßgröße als der Gewinn für die Be�urteilung der Unternehmen. Er gibt Auskunft über die Ertrags� und Fi�nanzkraft der Unternehmen.

16.5 Wertschöpfungs�AnalyseDie Wertschöpfungsrechnung ist ein Instrument der erfolgswirt-schaftlichen Bilanzanalyse. Die Grundlage der Wertschöpfungsrech-nung ist die GuV in Form des Gesamtkostenverfahrens. Alle Erträgeund Aufwendungen werden bei der Wertschöpfungsrechnung ver-wendet. Die ermittelte Wertschöpfung stellt gegenüber den kapitalo-rientierten Erfolgsgrößen (Eigenkapital-Rentabilität, Gesamtkapital-Rentabilität) eine erweiterte und umfassendere Erfolgsgröße dar.

Wertschöpfung

Entstehungsrechung Verwendungsrechnung

Abb. 87: Entstehungs� und Verwendungsrechung der Wertschöpfung

Bei der Wertschöpfungs-Analyse unterscheiden wir die Entste-hungs- und die Verwendungsrechnung.

16.5.1 Entstehungsrechnung

Die Ausgangsgröße für die Errechnung der Wertschöpfung ist derProduktionswert. Er setzt sich aus den Umsatzerlösen, aus den Be-standsveränderungen an fertigen und unfertigen Erzeugnissen undaus den aktivierten Eigenleistungen sowie aus den sonstigen betrieb-lichen Erträgen zusammen.

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Wertschöpfung

Produktionswert Vorleistungen

Abb. 88: Bestandteile der Entstehungsrechnung bei der Wertschöpfung

Umsatzerlöse

+ Bestandsveränderungen an fertigen und unfertigen Erzeugnissen

+ Aktivierte Eigenleistungen

= Gesamtleistung

+ Sonstige Erträge

= Produktionswert

Abb. 89: Zusammensetzung des Produktionswertes

Von dem Produktionswert ziehen wir die Vorleistungen ab underhalten die Wertschöpfung. Die Vorleistungen umfassen den Mate-rialaufwand (Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe),die Abschreibungen und die sonstigen betrieblichen Aufwendungen.Die Vorleistungen beinhalten also Produkte und Leistungen, beidenen die Wertschöpfung von den Lieferanten erzielt wurde.

Materialaufwand

+ Abschreibungen

+ Sonstige Aufwendungen

= Vorleistungen

Abb. 90: Zusammensetzung der Vorleistungen

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Wertschöpfung

Entstehung der Wertschöpfung

Verwendung der Wertschöpfung

Abb. 91: Entstehung und Verwendung der Wertschöpfung

Die Wertschöpfung ist also die Differenz aus dem Produktionswertminus den Vorleistungen.

Produktionswert

– Vorleistungen

= Wertschöpfung

16.5.2 Verwendungsrechnung

Bei der Verwendungsrechnung werden bestimmte Positionen derGuV gesondert erfasst. In der folgenden Aufstellung sind die Posi-

Umsatz�erlöse

Bestands�verände�rungen an

fertigen undunfertigen

Erzeugnissen

AktivierteEigen�

leistungen

Material�aufwand

Abschrei�bungen

SonstigeAufwen�dungen

Produktions�wert

SonstigeErträge

Gesamt�leistung

Vorleistungen

GewinnSteuernZinsenRück�stellungen

Personal�aufwand

Wertschöpfung

+

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tionen aufgeführt, die in einer Verwendungsrechnung herausgestelltwerden sollten:

Verwendungsrechnung€ %

Personalaufwand

RückstellungenZinsenSteuernGewinn

Wertschöpfung 100

Abb. 92: Zusammensetzung der Verwendungsrechnung der Wertschöpfung

Der Personalaufwand schließt die Löhne und Gehälter sowie diesozialen Abgaben und Aufwendungen für die Altersversorgung ein.Die Rückstellungen umfassen die Pensionsrückstellungen, die Steu-errückstellungen und die sonstigen Rückstellungen, die separat er-rechnet werden müssen. Die Zinsen enthalten alle Zinsen und ähnli-che Aufwendungen. Zu den Steuern gehören die Steuern vom Ein-kommen und vom Ertrag sowie die sonstigen Steuern. Der Gewinnumfasst den Jahresüberschuss einschließlich der Rücklagen.

Bei der Verwendungsrechnung sollten neben den Beträgen auch dieProzentsätze aufgeführt werden. Die Wertschöpfung ist die Basisund wird als 100 % angegeben. Dann wird beispielsweise ersichtlich,dass der Personalaufwand (Löhne und Gehälter) 80 % der Wert-schöpfung ausmacht. Wenn für den Personalaufwand bereits 80 %der Wertschöpfung verteilt wird, bleibt für die anderen Positioneninsgesamt nur noch 20 % übrig.

Die Ergebnisse der Verwendungsrechnung lassen sich anhand derProzentsätze einfach analysieren. Ein Anteil von 80 % für Löhneund Gehälter lässt darauf schließen, dass der Personalaufwand indem Unternehmen zu hoch ist, dass die Produktivität im Unterneh-men zu niedrig ist oder dass die am Markt zu erzielenden Preise fürdie Produkte zu niedrig sind. Es sollte überlegt werden, ob nicht inZukunft die arbeitsintensiven Produkte besser im Ausland produziertwerden, wo wesentlich niedrigere Löhne bezahlt werden müssen.

Der Personalaufwand gibt an, welchen Anteil die Mitarbeiter an derWertschöpfung haben. Die Rückstellungen geben Aufschluss dar-

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über, welche Risikovorsorgungen getroffen wurden. Die Zinsenstellen den Anteil der Banken an der Wertschöpfung dar. Die Steu-ern deuten darauf hin, welchen Anteil der Staat am Unternehmenhat. Der Gewinn ist die Restgröße, die für die Gesellschafter desUnternehmens übrig bleibt. Die genaue Analyse der Verwendungs-rechnung ist also sehr aufschlussreich für die Unternehmensleitungund die Führungskräfte eines Unternehmens.

Zusammenfassung:Die Verwendungsrechnung der Wertschöpfung gibt Aufschluss über dieVerteilung der im Unternehmen erzielten Einkommen. Die Wertschöp�fung ermöglicht auch eine Beurteilung der Produktivität des Unterneh�mens. Wenn wir die Verwendung der Wertschöpfung analysieren, er�kennen wir, dass die Wertschöpfung auch ein Maßstab für die Lei�stungskraft eines Unternehmens ist.

16.6 KapitalflussrechnungNicht nur in wirtschaftlich schwierigen Phasen benötigen Unter-nehmen genauere finanzielle Informationen, um ihre Betriebe bessersteuern zu können. Die Transparenz der innerbetrieblichen Vorgän-ge muss erhöht werden. Ein Unternehmer sollte beispielsweise wis-sen, welche Auswirkung die Erhöhung der Forderungen aus Liefe-rungen und Leistungen auf die Finanzierung seines Unternehmenshat. Besondere Berechnungen sind erforderlich, um einen besserenEinblick in die Finanzströme eines Unternehmens zu erhalten.

16.6.1 Wesen

Die finanzwirtschaftlichen Vorgänge im Unternehmen müssentransparenter gemacht werden. Deshalb sollte auch die Kapitalfluss-rechnung ein Teil des Management-Informations-Systems einesUnternehmens darstellen.

Für die finanzwirtschaftliche Beurteilung eines Unternehmens sinddie von dem Unternehmen selbst erwirtschafteten und die ihm vonaußen zugeflossenen Finanzierungsmittel von entscheidender Be-deutung. Hierüber gibt der Jahresabschluss (Bilanz sowie Gewinn-und Verlustrechnung) nur unzureichende Informationen.

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Die Kapitalflussrechnung ist eine Zeitraumrechnung, in der im Ge-gensatz zur zeitpunktbezogenen Bilanz nicht Bestände an Vermögenund Kapital, sondern Bestandsveränderungen bzw. die Bewegungender einzelnen Bilanzpositionen ausgewiesen werden.

In der Gewinn- und Verlustrechnung, die ebenfalls eine Zeitraum-rechnung ist, werden nur erfolgswirksame Vorgänge erfasst. Die Ka-pitalflussrechnung dagegen ermittelt in erster Linie die finanzwirksa-men Bewegungen, da die Auswahl der Vorgänge nach anderen Ge-sichtspunkten erfolgt. Die Verwendung und die Herkunft der finan-ziellen Mittel werden also in der Kapitalflussrechnung offengelegt.

16.6.2 Begriffe

Die Kapitalflussrechnungg ist eine zeitraumbezogene Bewegungs-rechnung. In der Literatur und in der Praxis gibt es noch andereBezeichnungen. Diese Begriffe beziehen sich teilweise auch auf spe-zielle Formen der Kapitalflussrechnung.

Für die Kapitalflussrechnung werden noch folgende Bezeichnungenverwendet:• Bewegungsbilanz• Finanzierungsrechnung• Finanzflussrechnung• Zeitraumbilanz• Fonds-Rechnung• Funds-Statement

Die Kapitalflussrechnung kann intern und extern erstellt werden. DieErgebnisse der Kapitalflussrechnung sind deshalb innerhalb und au-ßerhalb der Unternehmen von großer Bedeutung, da sie einen zusätz-lichen Einblick in das Finanzgebaren der Unternehmen gewähren.Außerdem kann sich die Kapitalflussrechnung auf vergangene undzukünftige Geschäftsjahre richten. Wir sprechen dann auch von einerretrospektiven und einer prospektiven Kapitalflussrechnung.

Die Kapitalflussrechnung kann sich nur auf die Bewegungen dereinzelnen Bilanzpositionen beschränken (Beständedifferenzbilanz).Zusätzliche Informationen erhalten wir, wenn auch einige Positio-nen der GuV in die Kapitalflussrechnung einbezogen werden (er-weiterte Kapitalflussrechnung).

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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16.6.3 Aufgaben

Die Kapitalflussrechnung gibt Auskunft über die Mittelherkunft unddie Mittelverwendung, die nach besonderen Gesichtspunkten ge-gliedert werden. Mithilfe der Kapitalflussrechnung können dieGründe für die Veränderungen in den Vermögens- und Kapitalbe-reichen offengelegt werden. Außerdem lässt sich die Entwicklungder Liquidität genauer nachweisen.

Die Aufgaben der Kapitalflussrechnung bestehen also darin, zusätz-lich zur Bilanz sowie zur Gewinn- und Verlustrechnung in einergesonderten Darstellung ergänzende Aussagen über Investitions-und Finanzierungsvorgänge sowie über die Entwicklung der finan-ziellen Lage eines Unternehmens zu machen, die aus dem Jahresab-schluss selbst nicht oder nur mittelbar entnommen werden können.Zu diesem Zweck werden die finanzwirksamen Vorgänge nach be-stimmten Gesichtspunkten aufgegliedert.

16.6.4 Erstellen der Kapitalflussrechnung

Bei der Erstellung der Kapitalflussrechnung sollten wir schrittweisevorgehen. Zuerst muss eine Beständedifferenzbilanz, anschließendeine Veränderungsbilanz und schließlich eine erweiterte Kapital-flussrechnung aufgebaut werden.

Beständedifferenzbilanz

Die einfachste Form einer Zeitraumrechnung, die auf einem Ver-gleich von Bilanzbeständen beruht, ist die Beständedifferenzbilanz,die die Grundlage für die Erstellung der Kapitalflussrechnung bildet.Sie wird durch die Saldierung der Bestände zweier aufeinanderfol-gender Zeitpunktbilanzen ermittelt.

Die sich ergebenden Differenzen bilden die Beständedifferenzbilanz.Die positiven Beträge sind Bestandsmehrungen und die negativenBeträge bedeuten Bestandsminderungen. Bei der Beständedifferenz-bilanz ergibt sich auf beiden Seiten der Bilanz die gleiche Summe.

Eine Beständedifferenzbilanz wird anhand der Werte der folgendenBilanzen eines Unternehmens erarbeitet. Die Gewinn- und Verlust-rechnungen können ebenfalls der folgenden Abbildung entnommenwerden:

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Bilanzen

Aktiva T € Passiva T €

2005 2006 2005 2006

I. Anlagevermögen I. Grundkapital 600 600

1. Sachanlagen 400 500 II. Rücklagen 200 200

2. Finanzanlagen 300 300 III. Rückstellungen 100 150

II. Umlaufvermögen IV. Verbindlichkeiten1. Vorräte mit einer Laufzeit1.1 Roh�, Hilfs� und von mindestens

Betriebsstoffe 150 190 5 Jahren 200 330

1.2 Fertigerzeugnisse 130 130 V. Sonstige2. Andere Gegenstände Verbindlichkeiten 120 70

des Umlaufvermö�gens

VI. Bilanzgewinn 130 90

2.1 Forderungen ausLieferungen undLeistungen

50 90

2.2 Kassenbestand 200 150

2.3 Guthaben bei Bank 120 80

Bilanzsumme 1.350 1.440 Bilanzsumme 1.350 1.440

Abb. 93: Bilanzen eines Unternehmens in den Jahren 2005 und 2006

Gewinn� und Verlustrechnungen

2005 (T €) 2006 (T €)1. Umsatzerlöse

2. Aufwendungen für Roh�, Hilfs� und Betriebsstoffe

3. Rohertrag

4. Erträge aus Beteiligungen

5. Löhne und Gehälter

6. Abschreibungen auf Sachanlagen

7. Rückstellungen

8. Zinsaufwendungen

9. Steuern

10. Sonstige Aufwendungen

2.600

1.200

1.400

36

1.000

200

36

50

20

3.000

1.550

1.450

56

1.100

180

50

55

20

10

11. Jahresüberschuss 130 90

12. Einstellung in Rücklagen – –

13. Bilanzgewinn 130 90

Abb. 94: Gewinn� und Verlustrechnungen eines Unternehmens in den Jahren 2005 und2006

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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Bei der Erstellung der Beständedifferenzbilanz müssen alle Differen-zen mit einem Plus oder Minus (–Zeichen) versehen werden. Aufder Aktivseite bedeuten alle A + eine Aktivzunahme und alle A –eine Aktivabnahme. Wenn man die Passivseite betrachtet, dannergeben P + eine Passivzunahme und P – eine Passivabnahme.

Aktiva T € Passiva T €Anlagevermögen

SachanlagenFinanzanlagen

UmlaufvermögenRoh�, Hilfs� und Betriebs�stoffeFertigerzeugnisseForderungenKasseBanken

+ 100

+ 40

+ 40

– 50

– 40

Grundkapital

Rücklagen

Rückstellungen

Langfristige Verbindlichkeiten

Sonstige Verbindlichkeiten

Bilanzgewinn

+ 50

+ 130

– 50

– 40

Summe + 90 Summe + 90

Abb. 95: Beständedifferenzbilanz

Veränderungsbilanz

Wenn die negativen Werte auf der Aktivseite und Passivseite durchÜbertragung auf die jeweils andere Seite der Beständedifferenzbilanzzum Ausgleich gebracht werden, erhalten wir die Veränderungsbi-lanz.

Für die Veränderungsbilanz gilt folgende Formel der Bilanzglei-chung:

Mittelverwendung MittelherkunftAktivzunahme A +

Passivabnahme P –

Passivzunahme P +

Aktivabnahme A –

Summe Summe

In der Veränderungsbilanz werden die Begriffspaare Mittelverwen-dung und Mittelherkunft verwendet. Aus dieser Aufstellung könnenwir die Bewegungen der finanzwirtschaftlichen Vorgänge des Un-ternehmens innerhalb eines Geschäftsjahres erkennen. Diese Dar-stellung lässt eine Analyse des Finanzgebarens eines Unternehmens

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zu. Die Entwicklung der kurz- und langfristigen Liquidität kanndann besser beurteilt werden.

Die folgende Abbildung zeigt die Veränderungsbilanz. Auch bei derVeränderungsbilanz müssen die Summen auf beiden Seiten wiedergleich sein.

Mittelverwendung T € Mittelherkunft T €Aktivzunahme

Sachanlagen

Roh�, Hilfs� und Betriebs�stoffe + 40

Forderungen + 40

Passivabnahme

Sonstige Verbindlichkeiten

Bilanzgewinn + 40

+ 100

+ 40

+ 40

+ 50

+ 40

Passivzunahme

Rückstellungen+ 50

LangfristigeVerbindlichkeiten + 130

Aktivabnahme

Kasse + 50

Banken + 40

+ 50

+ 130

+ 50

+ 40

Summe + 270 Summe + 270

Abb. 96: Veränderungsbilanz

Auf der Mittelherkunftsseite werden die Finanzierungsarten aufge-zeigt. Sie können in Außen- und Innenfinanzierung oder in Eigen-und Fremdfinanzierung unterteilt werden.

Erweiterte Kapitalflussrechnung

Entscheidend für die Aussagekraft der Kapitalflussrechnung ist ihreGliederung. Zielsetzung dieser Rechnung ist die Darstellung undAnalyse der finanzwirtschaftlichen Vorgänge eines Unternehmensinnerhalb eines bestimmten Geschäftsjahres. Die Gliederung derKapitalflussrechnung muss klare Aussagen über das Finanzgebarendes Unternehmens ermöglichen. Auf die Beurteilung der Liquidi-tätsentwicklung muss ebenfalls abgestellt werden.

Zur Verbesserung der Aussagefähigkeit der Kapitalflussrechnungkönnen wir folgende Gliederung verwenden:

• Mittelherkunft– Eigenkapital-Zunahme– Cashflow– Betriebsmittel-Abnahme– Schuldenaufnahme– Minderung liquider Mittel

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• Mittelverwendung– Eigenkapital-Abnahme– Investitionen– Betriebsmittel-Zunahme– Schuldtilgung– Erhöhung liquider Mittel

Bei der erweiterten Gliederung der Kapitalflussrechnung müssenfolgende Ergänzungen vorgenommen werden, die der Gewinn- undVerlustrechnung entnommen werden können:

• Mittelherkunft1. Aufnahme des Gewinns des Geschäftsjahres.2. Aufnahme der Abschreibungen des Geschäftsjahres.

• Mittelverwendung1. Aufnahme des Gewinns des Vorjahres.2. Aufnahme der Abschreibungen (Brutto-Investitionen) des

Geschäftsjahres.

Nach Einbeziehung des Gewinns des laufenden Geschäftsjahres unddes Vorjahres sowie der Abschreibungen dieses Geschäftsjahres siehtdas Schema der erweiterten Kapitalflussrechnung wie in der folgen-den Abbildung aus.

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Mittelverwendung Mittelherkunft1. Eigenkapital�Abnahme

GewinnausschüttungKapitalentnahmeBilanzverlust

1. Eigenkapital�ZunahmeErhöhung des Grundkapitals

2 Investitionen 2. CashflowSachanlagen Netto Gewinn dieses Jahres

+ Abschreibungen Abschreibungen= Sachanlagen Brutto Erhöhung der Rückstellungen

Finanzanlagen Netto

+ Abschreibungen

= Finanzanlagen Brutto

3. Betriebsmittel�ZunahmeErhöhung der VorräteZunahme der Forderung

3. Betriebsmittel�AbnahmeVerringerung der VorräteReduzierung der Forderungen

4. SchuldentilgungReduzierung der Verbindlichkeiten

4. SchuldenaufnahmeErhöhung der Verbindlichkeiten

5. Erhöhung liquider MittelZunahme des Kassenbestandes

5 Minderung liquider MittelReduzierung der Bankguthaben

Summe Summe

Abb. 97: Erweiterte Kapitalflussrechnung

Die erweiterte Kapitalflussrechnung, nach Verwendungs- und Fi-nanzierungsarten gegliedert, – mit den Beispieldaten der Verände-rungsbilanz – ergänzt um die Gewinne des Geschäftsjahres und desVorjahres sowie um die Abschreibungen dieses Geschäftsjahres siehtwie folgt aus:

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Mittelverwendung T€ Mittelherkunft T€1. Eigenkapital�Minderung

Gewinn des Vorjahres 130

2. InvestitionenSachanlagen 100

+ Abschreibungen 180

= Sachanlagen Brutto 280

3. Betriebsmittel�ZunahmeRoh�, Hilfs� und

Betriebsstoffe 40

Forderungen 40

4. SchuldentilgungSonstige Verbindlichkeiten 50

5. Erhöhung liquider Mittel–

1. Eigenkapital�Erhöhung–

2. Cash�flowGewinn dieses Jahres 90

+ Abschreibungen 180

+ Rückstellungen 50

= Summe 320

3. Betriebsmittel�Abnahme–

4. SchuldenaufnahmeLangfristige Verbindlichkeiten 130

5. Minderung liquider MittelKasse 50

Banken 40

Summe 540 Summe 540

Abb. 98: Erweiterte Kapitalflussrechnung des Jahres 2006

16.6.5 Zusammenfassung

Die Kapitalflussrechnung ist eine Zeitraumrechnung, aus der dieBewegungen der einzelnen Bilanzpositionen während des Ge-schäftsjahres zu ersehen sind. Die Erstellung der Kapitalflussrech-nung sollten wir schrittweise vornehmen. Zuerst wird die Bestände-differenzbilanz erarbeitet. Dann folgt die Veränderungsbilanz. Zu-sätzliche Informationen liefert die erweiterte Kapitalflussrechnung,die aus der Gewinn- und Verlustrechnung noch den Gewinn desGeschäftsjahres und des Vorjahres sowie die Abschreibungen desGeschäftsjahres mit einbezieht.

Bei der erweiterten Kapitalflussrechnung können die Vorgänge imBereich der Investitionen und der Finanzierung des Unternehmenszum Ausdruck gebracht werden, die aus der Bilanz und aus derGewinn- und Verlustrechnung nicht ersichtlich sind. Deshalb ist dieKapitalflussrechnung eine zusätzliche Informationsquelle zum Jah-

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resabschluss und ermöglicht den besseren Einblick in die dynami-sche Liquidität des Unternehmens.

Die Kapitalflussrechnung bringt folgende zusätzliche Erkenntnisse:

1. Bessere Aussage über das Finanzgebaren des Unternehmens.2. Genauerer Einblick in die Investitions- und Finanzierungsvor-

gänge.3. Schnellerer Überblick über die Innen- und Außenfinanzierung

sowie über die Eigen- und Fremdfinanzierung.4. Besserer Überblick über die Fristigkeit der Finanzierungsmittel

bezüglich Herkunft und Bindungsdauer.

Zusammenfassung:Bei der Kapitalflussrechnung (Bewegungsbilanz) werden die Mittelver�wendung und die Mittelherkunft einander gegenüber gestellt. Nur aufdiese Weise können die Veränderungen der Bilanzpositionen innerhalbeines Geschäftsjahres deutlich aufgezeigt werden.Zur Erstellung der Kapitalflussrechnung benötigen wir zwei aufeinan�derfolgende Bilanzen. Die Einzelbilanzen stellen Zeitpunktrechnungendar. Der Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn� und Verlustrechnung) gibtnur unzureichende Auskunft über die finanzwirtschaftlichen Vorgänge,die sich während des Geschäftsjahres ereignen. Deshalb ist es erforder�lich, die Kapitalflussrechnung aufzubauen, um einen besseren Einblickin die Verhältnisse zu erhalten.

16.7 Aktien�AnalyseZu den Instrumenten der Erfolgsanalyse gehört auch die Aktien-Analyse. Der Gewinn je Aktie und das Kurs-Gewinn-Verhältnisbeispielsweise sind wichtige Kennzahlen, die von Kapitalanlegernund von professionellen Anlageberatern verwendet werden, um diean der Börse notierten Unternehmen zu vergleichen und um dieAktienkurse besser beurteilen zu können.

Die Ertragskraft der Unternehmen haben wir bisher anhand derFakten aus dem Jahresabschluss ermittelt. In einigen Positionen derBilanz sind stille Reserven enthalten, die zu einem zu niedrigenVermögens- und Kapitalausweis führen. Auch der Erfolgsausweiswird dadurch beeinflusst. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass

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nicht alle Fakten quantifiziert werden können, die die Ertragskrafteines Unternehmens bestimmen. Die gute Vertriebsmannschaft, dasattraktive Produktionsprogramm, das Know-How oder die Qualitätder Unternehmensleitung gehören zu den qualitativen Merkmaleneines Unternehmens, die den Firmenwert eines Unternehmens er-höhen. Diese qualitativen Faktoren können die zukünftige Ertrags-kraft eines Unternehmens wesentlich beeinflussen.

Die Aktiengesellschaften werden an der Börse regelmäßig beurteilt.Die zukünftigen Gewinnchancen bestimmen vor allem den Börsen-kurs der Aktien. Die Nachfrage und damit die Kurse steigen beiUnternehmen, die stille Reserven haben und die von Kapitalanle-gern wegen ihrer Ertragskraft gut beurteilt werden. Deshalb ist eslohnend, bestimmte Kennzahlen von Unternehmen genauer zuanalysieren, die an der Börse notiert werden.

16.7.1 Gewinn je Aktie

Der Gewinn je Aktie besagt, wie viel Gewinn eine AG bezogen aufeine Aktie erzielt hat. Diese Kennzahl stellt eine besondere Form derEigenkapital-Rentabilität dar.

Der Gewinn je Aktie wird wie folgt errechnet:

GewinnGewinn je Aktie =

Gezeichnetes Kapitalx Aktiennennbetrag

Eine andere Errechnung lautet folgendermaßen:

GewinnGewinn je Aktie =

Anzahl der Aktien

In den Geschäftsberichten wird die Kennzahl Gewinn je Aktie vonden deutschen AGs auf freiwilliger Basis bekannt gemacht. DerHauptgrund für die Errechnung des Gewinns pro Aktie besteht drin,einen schnellen Vergleich mit den Börsenkursen zu ermöglichen.

Der Gewinn je Aktie darf aber nicht isoliert betrachtet werden. Ne-ben dem gezeichneten Kapital müssen auch noch die Rücklagenberücksichtigt werden. Ein höherer Gewinn je Aktie lässt nicht not-wendigerweise auf eine bessere Ertragskraft eines Unternehmensschließen, wie folgendes Beispiel zeigt:

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Betriebsvergleich

Unternehmen 1 Unternehmen 2Gezeichnetes Kapital

Rücklagen

200 Mio. €

100 Mio. €

250 Mio. €

50 Mio. €

Eigenkapital

Gewinn

300 Mio. €

40 Mio. €

300 Mio. €

40 Mio. €

Gewinn je Aktie

(Nominalwert = 50 €)

10 € 8 €

Abb. 99: Betriebsvergleich von zwei Unternehmen

Ein Problem stellt der Gewinnbegriff dar, der den aktienanalytischenAnsprüchen gerecht werden muss. Zur Erleichterung der verglei-chenden Aktienbeurteilung wurde von der Deutschen Vereinigungfür Finanzanalyse und Anlageberatung e.V. (DVFA) ein einheitli-cher Gewinnbegriff gebildet. Es kam bei dem Gewinnbegriff nachDVFA insbesondere auf die unternehmensübergreifende Vergleich-barkeit bei der analytischen Betrachtung an.

Die Schmalenbach-Gesellschaft-Deutsche Gesellschaft für Betriebs-wirtschaft, e.V. (SG) hat ebenfalls einen Gewinnbegriff je Aktie nachneuem Bilanzrecht entwickelt, der die Individualität der Unterneh-men bei der Ermittlung des Gewinns je Aktie stärker berücksichtigt.

Seit 1990 haben sich beide Vereinigungen auf eine gemeinsameEmpfehlung für die gemeinsame Errechnung des Ergebnisses (Ge-winns) je Aktie geeinigt. Der Gewinn je Aktie nach DVFA/SG dientdem Ziel einer vergleichenden Kursbeurteilung und ermöglicht einePrognose über die Ertragskraft eines Unternehmens.

16.7.2 Börsenkurs

Der Börsenkurs ist ein guter Indikator für die Einschätzung eines ander Börse notierten Unternehmens. Dieser Kurs stellt den Wert dar,den die Kapitalanleger der Aktie eines Unternehmens beimessen.Der Börsenkurs wird im Wesentlichen durch die Ertragsaussichtenund den Substanzwert eines Unternehmens bestimmt.

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16.7.3 Bilanzkurs

Der Wert der Aktie kann auch am Bilanzkurs gemessen werden. DieFormel lautet wie folgt:

Bilanzielles EigenkapitalBilanzkurs =

Gezeichnetes Kapitalx Aktiennennbetrag

Der Bilanzkurs sollte mit dem Börsenkurs verglichen werden. Wennsich Unterschiede bei der Bewertung der Aktien ergeben, könnenwir Rückschlüsse auf die Einschätzung des Substanzwertes einesUnternehmens durch die Börse ziehen. Ist der Börsenkurs höher alsder Bilanzkurs, wird dadurch meist angedeutet, dass im Unterneh-men stille Reserven vorhanden sind oder dass der Firmenwert hocheingeschätzt wird.

Die stillen Reserven im Unternehmen sollten möglichst separatermittelt und in der Formel berücksichtigt werden. Die erweiterteFormel lautet dann folgendermaßen:

Bilanz. Eigenkapital + Stille ReservenBilanzkurs =

Gezeichnetes Kapitalx Aktiennennbetrag

Beispiel:Bilanzielles Eigenkapital 2 Mio. €Gezeichnetes Kapital 0,5 Mio. €Stille Reserven 0,2 Mio. €

Bilanzielles EigenkapitalBilanzkurs =

Gezeichnetes Kapitalx Aktiennennbetrag

2.000.000=

500.000x 1

= 4 €

Bilanzielles Eigenkapital + Stille ReservenBilanzkurs =

Gezeichnetes Kapitalx Aktiennennbetrag

2.000.000 + 200.000=

500.000x 1

= 4,4 €

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Börsenkurs 5 €Bilanzkurs ohne stille Reserven 4 €Bilanzkurs mit stillen Reserven 4,4 €

Bei dem Beispiel beträgt der Börsenkurs 5 €. Der Bilanzkurs ohneBerücksichtigung der stillen Reserven macht 4 € aus. Unter Einbe-ziehung der stillen Reserven ergibt sich ein Bilanzkurs von 4,4 €, dermit dem Börsenkurs fast übereinstimmt.

16.7.4 Ertragswertkurs

Der Ertragswert einer Aktie stellt den Wert aller auf die Gegenwartabgezinsten zukünftigen Gewinne dar. Es werden also die Barwerteder Dividende und auch die Dividende der Gewinnanteile berück-sichtigt, die zwar erwirtschaftet wurden, aber im Unternehmen we-gen der Selbstfinanzierung zurückbehalten werden. Bei der Ermitt-lung des Ertragswertkurses gehen wir also anders vor als bei derFestlegung des Börsen- (Einheits-) und Bilanzkurses.

Die Berechnung des Ertragswertes hängt von der Schwierigkeit ab,den in Zukunft durchschnittlich erwirtschafteten Gewinn pro Jahrnach Steuern zu schätzen. Außerdem muss der Abzinsungsfaktorbestimmt werden. Als durchschnittlicher Gewinn sollte der Jahres-überschuss nach Steuern genommen werden. Der Kalkulations-zinsfuß kann beispielsweise 10 % betragen. Die Festlegung des Kal-kulationszinsfußes wird von den Unternehmenszielen beeinflusst.Die Gesamtkapital-Rentabilität sollte beispielsweise 10 % betragen.

Die Formel für die Ermittlung des Ertragswerts eines Unternehmenslautet:

Durchschnittlicher Gewinn pro JahrErtragswert =

Kapitalisierungszinssatzx 100

Beispiel:Geschätzter durchschnittlicher Gewinn pro Jahr nach Steuern400.000,00 €.Kapitalisierungszinssatz 10 %

400.000Ertragswert =

10x 100 = 4.000.000,00 €

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Der Ertragswert des Unternehmens beträgt also in diesem Beispiel 4Millionen €.

Die Aktie stellt einen Anteil am gezeichneten Kapital des Unterneh-mens dar. Wenn die Anzahl der Aktien bekannt ist, kann der Er-tragswertkurs errechnet werden. Dieser Kurs wird in e pro Aktieausgedrückt. Die Formel lautet wie folgt:

Ertragswert des UnternehmensErtragswertkurs in € pro Aktie =

Anzahl der Aktienx 100

Der Ertragswertkurs kann aber auch in Prozent pro Aktie festgelegtwerden. Folgende Formel ist dann zu verwenden:

Ertragswert des UnternehmensErtragswertkurs in Prozent pro Aktie =

Gezeichnetes Kapitalx 100

Beispiel:Gezeichnetes Kapital 2 Mio. €

Anzahl der Aktien 40.000 StückErtragswert des Unternehmens 4 Mio. €

4.000.000Ertragswertkurs in € pro Aktie =

40.000x 100 €

4.000.000Ertragswertkurs in Prozent pro Aktie =

2.000.000x 100 = 200 %

Der Ertragswertkurs beträgt pro Aktie in dem Beispiel 100,00 €. InProzent ausgedrückt macht der Ertragswertkurs 200 % aus.

Der Ertragswertkurs gibt Aufschluss über den inneren Wert einerAktie, wenn die zukünftige Ertragsentwicklung berücksichtigt wird.Die Differenz zwischen dem Ertragswert und dem Bilanzwert ist deroriginäre Firmenwert. Er gibt an, wie hoch in etwa die im Unter-nehmen vorhandenen stillen Reserven sind.

16.7.5 Kurs�Gewinn�Verhältnis

Eine weitere Kennzahl zur Bewertung der Aktien ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (Price-Earnings-Ratio). Diese Kennzahl gibtAufschluss darüber, mit dem Wievielfachen des auf eine Aktie ent-fallenden Gewinns eine Aktie an der Börse bewertet wird.

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Folgende Formel wird zur Errechnung des Kurs-Gewinn-Verhältnisses verwendet:

Börsenkurs in €Kurs�Gewinn�Verhältnis =

Gewinn je Aktie in €

Eine andere Formel lautet wie folgt:

Preis je AktieKurs�Gewinn�Verhältnis =

Gewinn je Aktie

Diese Kennzahl ist dann besonders aussagefähig, wenn sie mit denWerten anderer Unternehmen aus der gleichen Branche verglichenwird.

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis einer Branche kann beispielsweise bei10 liegen. Wird für eine bestimmte Aktie eines Unternehmens dergleichen Branche ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 15 errechnet,dann gilt diese Aktie bereits als hoch bewertet. Die Investoren wer-den dann die Aktie mit einem niedrigeren Kurs-Gewinn-Verhältniskaufen, wenn die Gewinnentwicklung in Zukunft positiv einge-schätzt wird.

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis wird in der Praxis von vielen Anlage-beratern als Maßstab für die Beurteilung einer Aktie und zur Ein-schätzung der Kursentwicklung verwendet. Diese Kennzahl lässterkennen, wie viele Gewinne je Aktie benötigt werden, um denBörsenkurs abzudecken. Der Gewinn je Aktie wird also auf das in-vestierte Kapital des Investors bezogen.

Je höher das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist, desto länger dauert es, bisder Kaufpreis der Aktie durch den Gewinn je Aktie amortisiert wird.Wenn die Kapitalanleger eine Aktie mit hohem Kurs-Gewinn-Verhältnis kaufen, dann setzen sie auf eine große Ertragserwartungin Zukunft.

Im Rahmen der Fundamentalanalyse der Aktie gilt das Kurs-Gewinn-Verhältnis als geeigneter Maßstab zur Beurteilung derKauf- und Verkaufswürdigkeit einer Aktie. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist die reziproke Rentabilitätskennzahl, die den Gewinn jeAktie als Nennergröße in der Relation zu ihrem Börsenkurs alsZählergröße setzt.

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Das Kurs-Gewinn-Verhältnis eines Unternehmens wird mit frühe-ren Jahren und/oder mit denen anderer Unternehmen verglichen.Dann können relativ einfach Preiswürdigkeitsprüfungen durchge-führt werden. Ein niedriges Kurs-Gewinn-Verhältnis lässt auf einevergleichsweise preiswerte Kapitalanlage schließen. Wenn aber zu-künftige Gewinnentwicklungen nicht berücksichtigt werden, kanndie Schlussfolgerung schnell irreführend sein.

16.7.6 Kurs�Cashflow�Verhältnis

Neben dem Kurs-Gewinn-Verhältnis wird immer häufiger auch dasKurs-Cashflow-Verhältnis (Price-Cashflow-Ratio) zur Bewertungder Aktie herangezogen. Da der Cashflow eine aussagefähigere Grö-ße als der Gewinn ist, ergibt diese Kennzahl eine objektivere Bewer-tung der Ertragskraft eines Unternehmens.

Folgende Formel wird verwendet:

Börsenkurs je Aktie in €Kurs�Cashflow�Verhältnis =

Cashflow je Aktie in €

16.7.7 Dividendenrendite

Der Kurs einer Aktie ist die Grundlage für die Errechnung der Ren-dite für die gezahlte Dividende. Bei der Errechnung der Dividenden-rendite wird die Steuergutschrift ebenfalls berücksichtigt.

Die Formel lautet wie folgt:

Dividende + SteuergutschriftDividendenrendite =

Börsenkursx 100

Diese Kennzahl macht deutlich, wie hoch die effektive Verzinsungdes in der Aktie angelegten Kapitals ist. Die Dividendenrendite istfür die Kapitalanleger insbesondere im Vergleich mit alternativenAnlagemöglichkeiten von Bedeutung.

Für die Investoren, die bereits Aktien besitzen, ist der Kaufkursmaßgebend, zu dem das Wertpapier erworben wurde. Die potenzi-ellen Kapitalanleger müssen die aktuellen Börsenkurse als Basisnehmen.

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Beispiel:Nennwert der Aktie 1,00 €Kurswert 40,00 €Dividende in Prozent des Nennwertes 50 %Dividende + Steuergutschrift 0,50 €

Dividende + Steuergutschrift x 100Dividendenrendite =

Börsenkurs

0,50Dividendenrendite =

40x 100 = 1,25 %

Die Dividendenrendite der Aktie beträgt in diesem Beispiel also1,25 %.

16.8 Ergebnis nach DVFA/SGBei der Aktienanalyse ist ein Gewinnbegriff erforderlich, der eherdem wahren Gewinn der Unternehmen entspricht. Die Finanzana-lysten haben aber erkannt, dass es diesen Gewinnbegriff in der Pra-xis nicht gibt.

Gewinnbegriff

Vergleichbarkeit imZeitablauf

Vergleichbarkeitzwischen denUnternehmen

Ausgangsbasis fürkünftige

Ertragskraft

Abb. 100: Anforderungen an den Gewinnbegriff

Deshalb fordern die Finanzanalytiker seit langer Zeit einen einheit-lich anwendbaren Gewinnbegriff, der pragmatisch entwickelt undder auch praktikabel eingesetzt werden kann. Dieser Gewinnbegriffsollte dazu dienen, ein Unternehmen im Zeitablauf zu vergleichen.Außerdem hat der Gewinnbegriff eine Vergleichbarkeit zwischenden Unternehmen zu ermöglichen. Daneben sollte der Gewinnbe-griff eine materiell geeignete Ausgangsbasis für die Abschätzung derzukünftigen Ertragskraft darstellen.

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Der Jahreserfolg, der aufgrund der aktienrechtlichen Normen er-mittelt wird, genügte den Anforderungen der Finanzanalysten nicht.Deshalb sollte in der Praxis ein einheitlicher Gewinnbegriff geschaf-fen werden, der gleichermaßen von den Finanzanalysten und vonden Unternehmen akzeptiert wird, um eine vergleichende Beurtei-lung der Aktien zu erleichtern.

Im Auftrag der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Anla-geberatung (DVFA) wurde ein einheitlicher Gewinnbegriff konzi-piert, der auf der Grundlage des neuen Bilanzrechts beruht. Gleich-zeitig empfahl im Jahre 1988 der Arbeitskreis „Externe Unterneh-mensrechnung“ der Schmalenbach-Gesellschaft – Deutsche Gesell-schaft für Betriebswirtschaftslehre e.V. (SG) einen Gewinnbegriff zurErmittlung des Ergebnisses je Aktie.

Beide Versionen waren aber nicht deckungsgleich. Die DVFA be-tonte mehr die unternehmensübergreifende Vergleichbarkeit bei deranalytischen Betrachtung des Ergebnisses je Aktie. Die SG dagegenberücksichtigte stärker die Individualität der Unternehmen bei derErmittlung des Ergebnisses je Aktie.

Seit dem Jahre 1990 gibt es eine gemeinsame Empfehlung von derDVFA/SG, in der zugleich die bisherigen Erfahrungen aus der prak-tischen Anwendung des neuen Bilanzrechts berücksichtigt und dieneuen Regelungen zur Konzernrechnungslegung verstärkt beachtetwerden. Mit dem Ergebnis nach DVFA/SG wird erreicht, ein vonden Sondereinflüssen bereinigtes Jahresergebnis darzustellen.

Ergebnis nach DVFA/SG

Ergebnistrend einesUnternehmensim Zeitablauf

Vergleiche deswirtschaftlichen Erfolgs

zwischen denUnternehmen

Ausgangsposition zurAbschätzung der

zukünftigenErgebnisentwicklung

Abb. 101: Ergebnis nach DVFA/SG

Das Ergebnis nach DVFA/SG ist besser geeignet als der ausgewieseneJahresüberschuss, auf möglichst vergleichbarer Basis den Ergebni-strend eines Unternehmens im Zeitablauf aufzuzeigen. Außerdem

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A Teilanalysen

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ermöglicht diese Größe bessere Vergleiche des wirtschaftlichen Er-folgs zwischen den verschiedenen Unternehmen. Daneben stellt dasErgebnis nach DVFA/SG eine zuverlässigere Ausgangsposition fürdie Abschätzung der zukünftigen Ergebnisentwicklung dar.

Die Ermittlung des Ergebnisses nach DVFA/SG und des daraus ab-geleiteten Ergebnisses je Aktie dient vor allem dem Ziel einer ver-gleichenden Beurteilung der Kurse der einzelnen Unternehmen. DerGewinn je Aktie und das Kurs – Gewinn – Verhältnis sind dannaussagefähiger, wenn das Ergebnis nach DVFA/SG berücksichtigtwird.

16.8.1 Konzernabschluss als Basis

Der Konzernabschluss sollte der Ausgangspunkt einer aktienanaly-tischen Bereinigung des Ergebnisses sein. Das Ergebnis je Aktie einesbörsennotierten Mutterunternehmens wird auf der Grundlage desKonzernabschlusses ermittelt. Zur Beurteilung der Aktien des Mut-terunternehmens dienen das gezeichnete Kapital des Mutterunter-nehmens und das auf die Anteilseigner des Konzerns entfallendeErgebnis.

16.8.2 Sondereinflüsse

Die außerordentlichen, ungewöhnlichen und dispositionsbedingtenAufwendungen und Erträge stellen bei betragsmäßiger Wesentlich-keit grundsätzlich bereinigungswürdige Sondereinflüsse dar. Bei derkonkreten Bereinigung des Ergebnisses ergeben sich allerdings ofterhebliche Abgrenzungsprobleme.

Sondereinflüsse

AußerordentlicheAufwendungen und

Erträge

UngewöhnlicheAufwendungen und

Erträge

DispositionsbedingteAufwendungen und

Erträge

Abb. 102: Sondereinflüsse

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

247

Außerordentliche Vorgänge

Die außerordentlichen Aufwendungen und Erträge fallen außerhalbder gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der Kapitalgesellschaften an.Diese Vorgänge werden in der handelsrechtlichen Gewinn- undVerlustrechnung nach dem Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstä-tigkeit separat ausgewiesen.

Nach dem neuen Bilanzrecht sind die außerordentlichen Vorgängeim hohen Maße ungewöhnlich und fallen nur selten an. Diese Vor-gänge sind also untypisch für die geschäftlichen Aktivitäten derUnternehmen.

Ungewöhnliche Vorgänge

Ungewöhnliche Aufwendungen und Erträge sind Bestandteil deshandelsrechtlich auszuweisenden Ergebnisses der gewöhnlichenGeschäftstätigkeit. Diese Erfolgskomponenten sind unter aktiena-nalytischen Gesichtspunkten als ungewöhnlich zu beurteilen. Sieresultieren aus Sachverhalten, die nicht Bestandteil eines ordentli-chen Jahresergebnisses sind.

Die periodenfremden Aufwendungen und Erträge gehören zu denungewöhnlichen Vorgängen. Es muss allerdings überprüft werden,ob es sich nicht zugleich um außerordentliche Vorgänge im Sinnedes Handelsrechts handelt.

Dispositionsbedingte Vorgänge

Die dispositionsbedingten Aufwendungen und Erträge sind Erfolgs-komponenten, die aus der Anwendung von Bilanzierungs- undBewertungswahlrechten sowie von Ermessensspielräumen herrüh-ren. Die unterschiedliche Ausnutzung der bilanzpolitischen Instru-mente in Zeitablauf und von Unternehmen zu Unternehmen ver-zerrt den Zeitvergleich und den zwischenbetrieblichen Vergleich.Deshalb muss aus aktienanalytischer Sicht eine Bereinigung desErgebnisses vorgenommen werden.

Das Ziel der ergebnismäßigen Vergleichbarkeit der Unternehmenbesteht darin, dass eine einheitliche Ausübung der Bilanzierungs-und Bewertungswahlrechte sowie der Ermessensspielräume unter-stellt wird. Die Vielzahl der bilanzpolitischen Maßnahmen lässt aber

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A Teilanalysen

248

eine Vergleichbarkeit kaum zu. Auch die zahlreichen Ermessens-spielräume können kaum vereinheitlicht werden.

Die Inanspruchnahme steuerlicher Bewertungspräferenzen gehörtebenfalls zu den dispositionsbedingten Aufwendungen und Erträgen.

16.8.3 Grundsatz der Wesentlichkeit

Der Grundsatz der Wesentlichkeit beinhaltet, dass Informationen alswesentlich angesehen werden, wenn sie für einen Adressaten derInformationen aufgrund seiner Interessen oder seiner Funktionenrelevant für seine Entscheidungen sind. Die Wesentlichkeit kannunter qualitativen und quantitativen Gesichtspunkten beurteiltwerden. Die qualitative Information betrifft die Art des Tatbestan-des. Die quantitative Information dagegen bezieht sich auf die Höheder Beträge.

Die Wesentlichkeit sollte zwischen den Unternehmen und den Finanz-analysten im Zweifelsfall abgestimmt werden. Wegen der Wahrung derStetigkeit ist aber das einmal bestimmte Verfahren fortzuführen.

16.8.4 Jahreserfolg nach Steuern

Der Ausgangspunkt der Bereinigung des Ergebnisses nach DVFA/SGist grundsätzlich der Jahreserfolg nach Steuern, der in der Gewinn-und Verlustrechnung ausgewiesen wird. Die Steuern umfassen dieeffektiven Steuern und die latenten Steuern vom Einkommen undvom Ertrag sowie die sonstigen Steuern.

Wenn das Jahresergebnis um Sondereinflüsse bereinigt wird, mussüberprüft werden, ob die jeweiligen Sondereinflüsse ertragssteuer-lich Auswirkungen auf den handelsrechtlich ausgewiesenen Jahre-serfolg haben. Eine zu bereinigende Position wird dann in der Höhevom Jahresüberschuss abgezogen oder dem Jahresüberschuss hinzu-gezählt.

16.8.5 Beurteilung

Für die Beurteilung der Unternehmen und der Aktienkurse giltgrundsätzlich das Ergebnis je Aktie nach DVFA/SG als wichtigeKennzahl. In Deutschland wird diese Kennzahl generell akzeptiert.

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

249

Für die Unternehmen und für die externen Finanzanalysten stelltdas Ergebnis je Aktie nach DVFA/SG eine bedeutende Kennzahl zurBeurteilung der Unternehmen dar. Allerdings gibt es bei der exter-nen Analyse der Unternehmen bestimmte Abgrenzungs- und Er-mittlungsprobleme.

Zur Bereinigung des Ergebnisses im Rahmen der externen Analyseist es deshalb erforderlich, dass die Unternehmen umfangreichezusätzliche Informationen zur Verfügung stellen. Die gesetzlichgeforderten Mindestangaben in den Einzel- und Konzernabschlüs-sen müssen also durch freiwillige zusätzliche Angaben in der offizi-ellen Berichterstattung und/oder durch freiwillige Auskünfte derUnternehmen ergänzt werden.

Die Aussagefähigkeit dieser Kennzahl im Rahmen der externenAnalyse hängt somit von der Bereitschaft der Unternehmen ab, auffreiwilliger Basis zusätzlich Informationen zu liefern. In der Praxishat sich allerdings gezeigt, dass die Unternehmen oft in den Ge-schäftsberichten die erforderlichen und die weiterreichenden zu-sätzlichen Informationen nicht zur Verfügung stellen.

Zusammenfassung:Mit dem Ergebnis nach DVFA/SG wird eine Bereinigung des Jahreserfol�ges der großen Unternehmen um die Sondereinflüsse vorgenommen.Diese Kennzahl ist dann eine bessere Basis als der ausgewiesene Jah�resüberschuss, um den wirtschaftlichen Erfolg von verschiedenen Un�ternehmen zu vergleichen. Außerdem lässt sich der Ergebnistrend imZeitablauf besser aufzeigen. Daneben stellt das Ergebnis nach DVFA/SGeine zuverlässigere Ausgangsposition für die Abschätzung der zukünfti�gen Entwicklung der Ergebnisse dar.

Aus dem Ergebnis nach DVFA/SG kann dann das Ergebnis je Aktie ab�geleitet werden. Diese Kennzahl erlaubt den Anlegern und den profes�sionellen Finanzanalysten eine bessere Beurteilung der Aktienkurse dereinzelnen Unternehmen.Die Konzernabschlüsse bilden die Basis für die Bereinigung der veröf�fentlichten Jahreserfolge der Unternehmen. Die außerordentlichen, un�gewöhnlichen und dispositionsbedingten Sondereinflüsse müssen be�rücksichtigt werden.

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A Erfolgs� und Finanzanalyse – Fallbeispiel

250

Die erforderlichen zusätzlichen Informationen können den Geschäfts�berichten meist nicht entnommen werden. Deshalb lassen sich die auf�tretenden Abgrenzungs� und Ermittlungsprobleme des Ergebnisses nachDVFA/SG nur dadurch lösen, dass die Unternehmen auf freiwilliger Basisdie erforderlichen Informationen zur Verfügung stellen.

17 Erfolgs� und Finanzanalyse –Fallbeispiel

Erfolgs- und Finanzanalysen sollten die Unternehmen regelmäßigdurchführen, um die Stärken und Schwächen der Unternehmenrechtzeitig zu erkennen. Die ermittelten Kennzahlen stellen Infor-mationen in komprimierter Form dar, die einen besseren Einblick indie Unternehmen gewähren.

Neben den eigenen Zahlen sollten auch die Branchenkennzahlenverwendet werden, um die Aussagekraft der eigenen Daten zu erhö-hen. Mit den ermittelten Kennzahlen ist eine bessere Erfolgs- undFinanzkontrolle der Unternehmen möglich. Aufgrund der Abwei-chungen von den Branchenkennzahlen kann dann eine effektivereErfolgs- und Finanzsteuerung durchgeführt werden.

In der Praxis besteht oft die Schwierigkeit, entsprechende Branchen-kennzahlen zu erhalten. Zuerst sollte der eigene Verband angespro-chen werden. Viele Verbände unterhalten betriebswirtschaftlicheAbteilungen, die derartige Kennzahlen regelmäßig errechnen. Bran-chenkennzahlen haben auch große Banken, Sparkassen und Genos-senschaftsbanken.

Es ist auch sinnvoll, wenn die Unternehmen eine Fotokopie derUnterlagen über die Bilanzanalyse und Bilanzkritik bezogen auf daseigene Unternehmen bei ihrer Bank anfordern. Dann können dieselbst errechneten Kennzahlen mit den Kennzahlen der Bank vergli-chen werden.

Wir unterscheiden im Fallbeispiel zwischen der erfolgs- und derfinanzwirtschaftlichen Bilanzanalyse und Bilanzkritik. In den Kapi-teln über die einzelnen Analysen werden verschiedene Teilanalysenausführlich besprochen. Das Fallbeispiel über ein mittleres Unter-

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

251

nehmen beschränkt sich nur auf eine erfolgs- und eine finanzwirt-schaftliche Analyse, die auch als Grundlage für andere kleinere undmittlere Unternehmen genommen werden kann.

In diesem Beispiel konzentrieren wir uns nur auf die wichtigstenKennzahlen, die aber bereits einen guten Einblick in die Ertrags-und Finanzlage eines Unternehmens ermöglichen, ohne dass zusätz-liche Daten erarbeitet werden müssen. Dieses Verfahren hat sich inder Praxis seit vielen Jahren bereits bewährt.

Die Erfolgs- und Finanzanalysen werden auf der Basis der folgendenJahresabschlüsse für 2005 und 2006 eines Unternehmens durchge-führt.

Gewinnanalyse

Cash�Flow�Analyse

Erfolgsanalyse Rentabilitäts�Analyse

Analyse der

Wertschöpfungs�Analyse

Bilanzanalyse undBilanzkritik

Vermögensstruktur

Kapitalstruktur

Finanzanalyse

Deckungsrelationen

Liquidität

Abb. 103: Bestandteile der Erfolgs� und Finanzanalysen

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A Erfolgs� und Finanzanalyse – Fallbeispiel

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Bilanzen in T €

Aktiva Passiva

2000 2001 2000 2001Immaterielle

Vermögensgegenstände 230 230 Gezeichnetes Kapital 8.000 8.000

Sachanlagen 10.350 11.263 Kapitalrücklage 5.620 5.620

Finanzanlagen 776 776 Gewinnrücklage 1.401 1.401

Anlagevermögen 11.356 12.269 Eigenkapital 16.836 17.463

Roh�, Hilfs� und Rückstellungen 140 1.117

Betriebsstoffe 4.720 4.988 Verbindlichkeiten mit

Unfertige und fertige einer Laufzeit über

Erzeugnisse 1.230 1.230 5 Jahre 3.401 4.594

Vorräte 5.950 6.218 Verbindlichkeiten aus

Forderungen aus Lieferungen und

Lieferungen und Leistungen 4.348 7.267

Leistungen 3.690 4.918 Sonstige

Sonstige Verbindlichkeiten 360 479

Vermögensgegenstände 235 309 Fremdkapital 8.249 13.457

Wertpapiere 310 310

Flüssige Mittel 3.544 6.896

Umlaufvermögen 13.729 18.651

Bilanzsumme 25.085 30.920 Bilanzsumme 25.085 30.920

Abb. 104: Bilanzen in T€

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

253

Gewinn- und Verlustrechnung in T €

2005 20061. Umsatzerlöse 42.054 49.289

2. Sonstige betriebliche Erträge 123 149

3. Materialaufwand 20.444 23.995

4. Personalaufwand 13.513 13.895

5. Abschreibungen 1.884 2.182

6. Rückstellungen 99 978

7. Sonstige betriebliche Aufwendungen 3.331 4.585

8. Betriebsergebnis (1 bis 7) 2.906 3.803

9. Erträge aus Beteiligungen 63 70

10. Sonstige Zinserträge 147 170

11. Zinsaufwendungen 566 414

12. Finanzergebnis (9 bis 11) – 356 – 174

13. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (8 + 12) 2.550 3.629

14. Außerordentliche Erträge 104 81

15. Außerordentliche Aufwendungen 74 66

16. Außerordentliches Ergebnis (14 bis 15) + 30 + 15

17. Steuern 765 1.202

18 Jahresüberschuss 1.815 2.442

19 Einstellungen in die Gewinnrücklagen – –

20. Bilanzgewinn 1.815 2.442

Abb. 105: Gewinn� und Verlustrechnung in T €

17.1 ErfolgsanalyseBei der Erfolgsanalyse werden die Positionen der Gewinn- undVerlustrechnung analysiert, die zur Erzielung des Gewinns oderVerlustes geführt haben.

17.1.1 Gewinnanalyse

Bei der Gewinnanalyse sollten folgende Schritte berücksichtigt werden:

Gewinnentwicklung2005: 1.815 T €

2006: 2.442 T €

+ 627 T € = + 34,6 %

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A Erfolgs� und Finanzanalyse – Fallbeispiel

254

Der Gewinn ist im Vergleichszeitraum um nominal 627 T € oder um34,6 % gestiegen. Die Einflussfaktoren für diese Entwicklung müs-sen jetzt genauer untersucht werden.

Umsatzerlöse2005: 42.054 T €

2006: 49.289 T €

+ 7.235 T € = + 17,2 %

Von 2000 auf 2001 sind die Umsatzerlöse um nominal 7.235 T€ oderum 17,2 % erhöht worden. Wenn wir den Anstieg der Umsatzerlöseund des Gewinnes vergleichen, stellen wir fest, dass der Gewinn (34,6%) doppelt so stark gestiegen ist wie die Umsatzerlöse (17,2 %).

Die Umsatzerlöse sollten um die Inflationsraten bereinigt werden.Auch die mengenmäßigen Veränderungen sind zu analysieren (Ab-satzplanung).

Aus der kurzfristigen Erfolgsrechnung können wir ersehen, welcheProduktgruppen besonders eine Erhöhung der Umsatzerlöse undeine Verbesserung der Deckungsbeiträge bewirkt haben. Eine Pro-duktgruppen-Analyse kann wie folgt aussehen:

Produktgruppen-Analyse

Produktgruppen A B C Summe

T € % T € % T € % T € %Umsatzerlöse 1.500 100 900 100 500 100 2.900 100

Variable Kosten 900 60 400 45 300 60 1.600 55

Deckungsbeitrag 1 600 40 500 55 200 40 1.300 45

Vertrieb 120 8 60 7 40 8 220 8

Lager 80 5 30 3 20 4 130 5

Versand 40 3 10 1 10 2 60 2

Produktion 160 11 100 11 90 18 350 12

Summe derspeziellen Fixkosten 400 27 200 22 160 32 760 27

Deckungsbeitrag 2 200 13 300 33 40 8 540 18

Summe derallgemeinen Fixkosten 240 8

Betriebsergebnis 300 10

Abb. 106: Produktgruppen�Analyse

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

255

Es kann auch sinnvoll sein, eine Aufteilung der Umsatzerlöse nachVerkaufsgebieten vorzunehmen, um zu erkennen, wie hoch dieDeckungsbeiträge in den einzelnen Verkaufsgebieten sind. EineUnterteilung der Umsatzerlöse nach Verkaufsgebieten kann wiefolgt aussehen:

Verkaufsgebiets-Analyse

Verkaufsgebiete 1 2 3T € % T € % T € %

Umsatzerlöse 200 100,0 150 100,0 80 100,0

Variable Kosten 150 75,0 120 80,0 60 75,0

Deckungsbeitrag 1 50 25,0 30 20,0 20 25,0

Vertrieb 15 7,5 20 13,3 9 11,3

Lager 5 2,5 5 3,3 2 2,5

Versand 2 1,0 3 2,0 1 1,3

Produktion 3 1,5 6 4,0 2 2,5

Summe der speziel�len Fixkosten

25 12,5 34 22,0 14 17,6

Deckungsbeitrag 2 25 12,5 (4) (2,7) 6 7,4

Abb. 107: Verkaufsgebiets�Analyse

Zu den Ursachen für die wesentliche Verbesserung der Ertragskraftdes Unternehmens können zählen:

• Eliminierung der Produkte mit niedrigen oder negativen Dek-kungsbeiträgen

• Erhöhung der Produktivität• Realisierung von Kosteneinsparungen• Forcierung von Produkten mit höheren Deckungsbeiträgen• Verkauf von größeren Mengen• Gezielte Einsparung von variablen und fixen Kosten• Überproportionale Weitergabe von Preissteigerungen im Mate-

rial- und Personalbereich

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A Erfolgs� und Finanzanalyse – Fallbeispiel

256

Materialaufwand2005: 20.444 T €2006: 23.995 T €

+ 3.551 T € = + 17,4 %

Der Anteil des Materialeinsatzes ist im Vergleichszeitraum um3.551 T € oder um 17,4 % gestiegen. Die Materialkosten haben sichalso im gleichen Maße wie die Umsatzerlöse erhöht. Da der Anteildes Materialeinsatzes am Umsatz relativ hoch ist, sollten gerade indiesem Bereich durch die Anwendung der Wertanalyse und durchdie Umsetzung der Erfahrungskurve noch nicht ausgeschöpfte Po-tenziale der Kosteneinsparung genutzt werden. Auch eine ABC-Analyse ist durchzuführen.

Die Ursachen für den Anstieg des Materialverbrauchs können infolgenden Punkten liegen:

• Höherer Anteil von materialintensiven Produkten• Gleichzeitiger Rückgang von Ausschuss bei bestimmten Pro-

dukten• Günstigerer Einkauf von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen• Höhere Inanspruchnahme von Fremdleistungen (Subunterneh-

men)

Personalaufwand2005: 13.513 T €2006: 13.895 T €

+ 382 T € = + 2,8 %

Der Personalaufwand hat sich in den Jahren 2005 bis 2006 um no-minal 382 T € oder um 2,8 % erhöht. Der Umsatz konnte aber imgleichen Zeitraum um 17,2 % gesteigert werden. Der Personalauf-wand ist also unterproportional gestiegen.

Diese Entwicklung kann folgende Ursachen haben:

• Mehr Fremdleistungen (Subunternehmen)• Stärkere Automatisierung• Keine oder niedrigere Tariferhöhungen• Mehrverkauf von weniger arbeitsintensiven Produkten• Produktivitätssteigerungen

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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• Rationalisierungsinvestitionen• Reduzierung des Personals

Abschreibungen2005: 1.884 T €2006: 2.182 T €

+ 298 T € = + 15,8 %

Das Volumen der Abschreibungen auf Sachanlagen hat im Ver-gleichszeitraum um 298 T € oder 15,8 % zugenommen.

Die höheren Abschreibungen lassen darauf schließen, dass im Ge-schäftsjahr 2006 mehr Investitionen durchgeführt wurden. Diesegetätigten Investitionen haben möglicherweise die Produktivität imUnternehmen positiv beeinflusst.

Rückstellungen2005: 99 T €2006: 978T €

+ 879 T € = + 887,9 %

Die Rückstellungen wurden nominal um 879 T € oder um 887,9 %angehoben. Diese beträchtliche Erhöhung ist zum Teil darauf zu-rückzuführen, dass zum ersten Mal Pensionsrückstellungen gebildetwurden.

Die Rückstellungen setzen sich aus drei Positionen zusammen:

1. Rückstellungen für Pensionen2. Rückstellungen für Steuern3. Rückstellungen für sonstige Zwecke

Die einzelnen Positionen müssen in kurz- oder langfristige Rück-stellungen aufgeteilt werden, die separat analysiert werden sollten.Die Rückstellungen stärken die Finanzkraft des Unternehmens undfinden daher bei der Cashflow-Analyse Berücksichtigung.

Sonstige betriebliche Aufwendungen2005: 3.331 T €2006: 4.585 T €

+ 1.254 T € = + 37,6 %

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A Erfolgs� und Finanzanalyse – Fallbeispiel

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Die sonstigen betrieblichen Aufwendungen sind im Vergleichszeit-raum um 1.254 T € oder um 37,6 % angestiegen. Diese Erhöhung istmehr als doppelt so groß wie der Anstieg der Umsatzerlöse. Deshalbsollten die wichtigsten Positionen in diesem Bereich genauer unter-sucht werden, um die einzelnen Ursachen zu ermitteln. Diese Ana-lyse ist allerdings nur bei einer internen Untersuchung möglich, dafür Außenstehende die benötigten Informationen in der Regel nichtzur Verfügung stehen.

Zinsaufwand2005: 566 T €2006: 414 T €

– 152 T € = – 26,9 %

Der Zinsaufwand ist um insgesamt 152 T € oder um 26,9 % zurück-gegangen.

Die Ursachen für die Zinssenkungen können wie folgt aussehen:

• Senkung der Zinsen bei den Banken• Tilgung von Darlehen• Geringere Inanspruchnahme des Kontokorrentkredits• Umschuldung von kurz- in langfristige Kredite• Geringerer Finanzbedarf von außen wegen besserer Innenfinan-

zierung (höhere Gewinne, gestiegene Abschreibungen, höhereRückstellungen)

• Finanzierung der Lieferungen zu Lasten der Lieferanten (Über-ziehung der vereinbarten Zahlungsziele)

• Einsatz von mehr Wechseln für die Bezahlung der Verbindlich-keiten aus Lieferungen und Leistungen

• Verwendung des Scheck-Wechsel-Verfahrens

Steuern2005: 765 T €2006: 1.202 T €

+ 437 T € = – 57,1 %

Im Vergleichszeitraum stiegen die Steuern um 437 T€ oder um57,1 % an. Diese Erhöhung deutet darauf hin, dass sich die Ertrags-kraft des Unternehmens wesentlich verbessert hat.

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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17.1.2 Cashflow�Analyse

Der Cashflow ist ein Indikator für die Ertrags- und Finanzkraft desUnternehmens. Diese Kennzahl drückt den in einer Periode auseigener Kraft erwirtschafteten Überschuss der Betriebseinnahmenüber die laufenden Betriebsausgaben aus.

Der Cashflow kann folgendermaßen ermittelt werden:

Direkte Ermittlung

Bei der direkten Ermittlung des Cashflow werden folgende Positio-nen der GuV berücksichtigt:

Zahlungsbegleitete Erträge (Einnahmen)

– Zahlungsbegleitete Aufwendungen (Ausgaben)

= Cashflow

2005 2006Umsatzerlöse 42.054 49.289

Sonstige betriebliche Erträge 123 149

Erträge aus Beteiligungen 63 70

Sonstige Zinserträge 147 170

Außerordentliche Erträge 104 81

Zwischensumme 42.491 49.759

Materialaufwand 20.444 23.995

Personalaufwand 13.513 13.895

Sonstige betriebliche Aufwendungen 3.331 4.585

Zinsaufwand 566 414

Außerordentliche Aufwendungen 74 66

Steuern 765 1.202

Zwischensumme 38.693 44.157

Cashflow 3.798 5.602

Indirekte Ermittlung

Die indirekte Ermittlung, die zum gleichen Ergebnis wie die direkteErmittlung kommen muss, umfasst folgende Positionen der GuV:

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A Erfolgs� und Finanzanalyse – Fallbeispiel

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Gewinn (Jahresüberschuss)

+ Nichtzahlungsbegleitete Aufwendungen

– Nichtzahlungsbegleitete Erträge

= Cashflow

2005 2006Abschreibungen 1.884 2.182

Rückstellungen 99 978

Cashflow 3.798 5.602

Cashflow 2005: 3.798 T €2006: 5.602 T €

+ 1.804 T € = + 47,5 %

Der Cashflow ist im Vergleichszeitraum nominal um 1.804 T€ oderum 47,5 % gestiegen. Dadurch hat sich die Ertrags- und Finanzkraftdes Unternehmens gegenüber dem Vorjahr wesentlich verbessert.Die Innenfinanzierung konnte also beträchtlich ausgeweitet werden.Von den Banken mussten daher weniger Kredite in Anspruch ge-nommen werden. Der niedrigere Zinsaufwand bestätigt diese Aussa-gen.

Der Bilanzgewinn ist eine manipulierbare Größe. Deshalb könnenwir anhand des ausgewiesenen Bilanzgewinns keine eindeutigeAussage über die Ertrags- und Finanzkraft eines Unternehmensmachen. Folgende Manipulationsmöglichkeiten sind beispielsweisebeim Bilanzgewinn möglich:

1. Zu hohe Auflösung von Rückstellungen2. Andere Wahl der Abschreibungsmethode (degressiv oder linear)3. Bildung von überzogenen Rückstellungen4. Höhere Bewertung von Halb- und Fertigfabrikaten5. Durchführung von außerplanmäßigen Abschreibungen

17.1.3 Rentabilitäts�Analyse

Die Rentabilität ist eine Beziehungszahl, bei der eine Ergebnisgrößezu einer dieses Ergebnis maßgebend bestimmenden Einflussgröße inRelation gesetzt wird. Als Einflussgrößen kommen das zur Ergeb-niserzielung eingesetzte Kapital oder der das Ergebnis bewirkende

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

261

Umsatz infrage. Der Gewinn alleine ist ohne große Aussagekraft.Erst der Vergleich des Gewinnes mit anderen Größen ermöglichteine Aussage darüber, ob sich der Einsatz des Kapitals oder die Er-zielung des Umsatzes gelohnt hat.

Der Erfolg wird in Form von Verhältniszahlen relativiert. DieseRelativierung ermöglicht einen Soll-Ist-Vergleich und auch einenBranchenvergleich. Die Rentabilitätskennzahlen lassen Rückschlüsseauf die Effizienz der Kapitalverwendung oder des Umsatzes zu.

Eigenkapital�RentabilitätFür die Eigenkapital-Rentabilität wird folgende Formel verwendet:

GewinnEigenkapital�Rentabilität =Eigenkapital

x 100

1.8152005

16.836x 100 = 10,8 %

2.4422006

17.463x 100 = 14,0 %

Die Eigenkapital-Rentabilität hat sich im Vergleichszeitraum von10,8 % auf 14 % oder um 3,2-%-Punkte verbessert. Dieser Anstiegbeträgt somit 29,6 %.

Unter Berücksichtigung des Risikos des Unternehmens sollte mög-lichst eine Eigenkapital-Rentabilität von etwa 20 % erzielt werden.Wegen der hohen Eigenkapitalquote ist die Eigenkapital-Rentabilitätso niedrig.

Gesamtkapital�Rentabilität

Die Gesamtkapital-Rentabilität kann mit folgender Formel ermitteltwerden:

Gewinn + FremdkapitalzinsenGesamtkapital�Rentabilität =

Gesamtkapital (EK + FK)x 100

1.815 + 5662005

25.085x 100 = 9,5 %

2.442 + 4142006

30.920x 100 = 9,2 %

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A Erfolgs� und Finanzanalyse – Fallbeispiel

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Die Gesamtkapital-Rentabilität ist von 2005 auf 2006 von 9,5 % auf9,2 % oder um 0,3-%-Punkte gesunken. Diese Verschlechterungmacht also 3 % aus.

Die Gesamtkapital-Rentabilität misst die Höhe der Verzinsung desim Unternehmen eingesetzten Kapitals. Die Ursachen für die leichtrückläufige Effizienz der Kapitalverwendung müssen untersuchtwerden. Dies kann eindeutig bei der Analyse des Return on Invest-ment (ROI) erfolgen (Vgl. Punkt 17.1.3.4).

Umsatz�RentabilitätFür die Umsatz-Rentabilität verwenden wir folgende Formel:

Gewinn + FremdkapitalzinsenUmsatz �Rentabilität =

Umsatzx 100

1.815 + 5662005

42.054x 100 = 5,7 %

2.442 + 4142006

49.289x 100 = 5,8 %

Die Umsatz-Rentabilität ist im Vergleichszeitraum von 5,7 % auf 5,8% oder um 0,1-%-Punkte gestiegen. Diese Verbesserung beträgt also2 %.

Return on Investment (ROI)Der ROI setzt sich aus folgenden 2 Erfolgsfaktoren zusammen:

Gewinn + Fremdkapitalzinsen UmsatzROI =

Umsatzx 100 x

Gesamtkapital

= Umsatz�Rentabilität x Kapitalumschlagshäufigkeit

1.815 + 566 42.0541991

42.054x 100 x

25.085= 5,7 x 1,68 = 9,5 %

2.442 + 414 49.2891992

49.289x 100 x

30.920= 5,8 x 1,59 = 9,2 %

Der ROI ist im Ergebnis identisch mit der Gesamtkapital-Rentabilität. Wir haben bereits festgestellt, dass die Gesamtkapital-Rentabilität um 3 % zurückgegangen ist.

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

263

Der ROI ist von 2005 auf 2006 von 9,5 % auf 9,2 % gesunken. DieDifferenz macht 0,3 % Punkte oder 3 % aus. Wenn wir den ROI alsEntscheidungsgrundlage nehmen, können wir außerdem feststellen,ob die Verschlechterung des ROI auf eine Verminderung der Um-satz-Rentabilität oder einer Reduzierung der Kapitalumschlagshäu-figkeit zurückzuführen ist oder umgekehrt.

Bei einer genaueren Betrachtung der Ergebnisse der Jahre 2005 und2006 können wir erkennen, dass die Umsatz-Rentabilität leicht von5,7 % auf 5,8 % oder um 2 % gestiegen ist. Dagegen hat sich dieKapitalumschlagshäufigkeit von 1,68 auf 1,59 % verschlechtert. ImJahre 2005 hat sich das Gesamtkapital nach 214 Tagen einmal um-geschlagen. Ein Jahr später dauerte es 226 Tage. Dies bedeutet eineVerschlechterung um 5,6 %.

Die Unternehmensleitung und die Führungskräfte sollten überlegen,welche Maßnahmen für das kommende Geschäftsjahr getroffenwerden müssen, um die Kapitalumschlagshäufigkeit wieder zu ver-bessern. Als Ansatzpunkte bieten sich die Vorräte und die Forde-rungen aus Lieferungen und Leistungen an. Die Verkürzung derLagerdauer und die Verringerung des Kundenzieles führen relativschnell zu einer Erhöhung der Kapitalumschlagshäufigkeit. DieseZusammenhänge lassen sich leicht aus der graphischen Darstellungdes ROI ersehen.

In der Praxis kann die Kapitalumschlagshäufigkeit in den Unter-nehmen meist wesentlich schneller verbessert werden als die Um-satz-Rentabilität. Die Umsatz-Rentabilität wird insbesondere durchdie Gegebenheiten am Markt (Kunden, Konkurrenz) beeinflusst.Die Kapitalumschlagshäufigkeit kann durch gezielte Schulung derMitarbeiter oder durch die Verbesserung der Organisation leichtangehoben werden. Vor allem die Vorräte müssen kräftig reduziertund die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen schnellerrealisiert werden (Vgl. Punkte 17.1.4.1 und 17.1.4.3). Auch das Lea-sen von Maschinen und Fahrzeugen hat eine positive Wirkung aufdie Umschlagshäufigkeit des Kapitals.

Die Kapitalumschlagshäufigkeit in Höhe von 1,68 und 1,59 in denJahren 2000 und 2001 ist für viele Mitarbeiter im Unternehmen

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A Erfolgs� und Finanzanalyse – Fallbeispiel

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wenig aussagefähig. Deshalb sollte die Umschlagshäufigkeit desKapitals auch in Tagen ausgedrückt werden.

Kapitalumschlagshäufigkeit in Tagen

Die Formel für die Kapitalumschlagshäufigkeit in Tagen lautet wiefolgt:

360Kapitalumschlagshäufigkeit in Tagen =

Kapitalumschlagshäufigkeit

3602005

1,68= 214 Tage

3602006

1,59= 226 Tage

Das Kapital hat sich 2005 nach 214 und 2006 nach 226 Tagen einmalumgeschlagen. Die Differenz beträgt 12 Tage oder 5,6 %. Die Kapi-talumschlagshäufigkeit hat sich also um 5,6 % verschlechtert. DieProduktivität des eingesetzten Kapitals nahm demnach ab. Die Ka-pitalumschlagshäufigkeit gibt an, wie oft das eingesetzte Kapital ineinem Geschäftsjahr durch den Umsatzprozess umgeschlagen wird.Diese Kennzahl ist ein Maßstab für die Effizienz des eingesetztenEigen- und Fremdkapitals im Unternehmen.

17.1.4 Analyse der Umschlagshäufigkeiten

Neben der Umschlagshäufigkeit des Kapitals sollten noch weitereUmschlagshäufigkeits-Kennzahlen errechnet werden, die ebenfallsgroßen Einfluss auf den Erfolg des Unternehmens haben.

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen

1. Debitoren-UmschlagZur Errechnung des Debitoren-Umschlags verwenden wir fol-gende Formel:

Umsatzerlöse + MwStDebitoren�Umschlag =

Ø Forderungen aus L + L

42.054 + 5.8882005

3.690= 12,99

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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49.289 + 6.9012006

4.918= 11,43

Der Debitoren-Umschlag ist im Vergleichszeitraum vom 12,99auf 11,43 zurückgegangen.Da diese Kennzahl für viele Mitarbeiter im Unternehmen zu we-nig aussagefähig ist, sollte auch errechnet werden, um wie vieleTage es sich dabei handelt. Dies erfahren wir, wenn wir das Kun-denziel ermitteln.

2. KundenzielFolgende Formel setzen wir zur Errechnung des Kundenziels ein:

360Kundenziel =

Debitoren�Umschlag

3602005

12,99= 28 Tage

3602006

11,43= 32 Tage

Das Kundenziel hat sich um 4 Tage oder um 14 % verschlechtert.Das Unternehmen musste 2006 etwa einen Monatsumsatz vorfi-nanzieren. Mithilfe dieser Kennzahl können Rückschlüsse aufdas Zahlungsverhalten der Kunden gezogen werden.Das Kundenziel gewährt also einen guten Einblick in das Zah-lungsverhalten der Kunden. Außerdem können wir erkennen,wie lange es dauert, bis die Umsatzerlöse wieder in liquide Mittelumgewandelt werden.Bei einem längeren Kundenziel können durch die Intensivierungdes Mahnwesens und/oder durch die Gewährung von höherenSkonti die Kunden veranlasst werden, die Rechnungen in Zu-kunft schneller zu bezahlen.Ein höheres Kundenziel lässt auch Vermutungen zu, dass dasUnternehmen im Zuge der Erhöhungen des Umsatzes jetzt auchKunden mit schlechterer Liquidität beliefert. Dadurch steigtauch das Risiko, da Forderungsausfälle zunehmen können.

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Ein längeres Kundenziel deutet auch auf eine schlechtere Zah-lungsmoral der Kunden hin, die auch durch eine konjunkturelleVerschlechterung verursacht sein kann.Die Finanzierung der ausstehenden Forderungen aus Lieferun-gen und Leistungen erfolgt meist mithilfe des Kontokorrentkre-dits, der zu den teuersten Krediten der Unternehmen zählt. Des-halb ist es besonders wichtig, dass die Kunden ihre Rechnungenmöglichst vereinbarungsgemäß bezahlen. Dadurch wird dannder Kontokorrentkredit wieder schneller reduziert. Die Unter-nehmen können somit hohe Zinsen einsparen.In diesen Unternehmen haben die Kunden vereinbarungsgemäßnach rund 30 Tagen ohne Skontoabzug bezahlt (2005 nach 28Tagen und 2006 nach 32 Tagen). In der Praxis beträgt das Kun-denziel im Durchschnitt etwa 40 bis 60 Tage. Sollte das Kunden-ziel den vereinbarten Termin von 30 Tagen ohne Skontoabzugüberschreiten, dann ist ein Maßnahmenplan aufzustellen, derwie folgt aussehen kann:

Maßnahmenplan

1. Rechnungen sofort schreiben und verschicken2. Zahlungskonditionen verbessern3. Erste Mahnung sofort nach Fälligkeit versenden4. Außendienstmitarbeiter zum Einzug einschalten5. Weitere Mahnungen absenden6. Lieferung nur noch Zug-um-Zug bei schlecht zahlenden Kunden7. Zahlungen mit Wechseln bei Kunden mit guter Bonität verein-

baren8. Scheck-Wechsel-Verfahren bei guten Kunden vorschlagen9. Kreditlinien für die Kunden festlegen10. Vorauszahlungen vereinbaren11. Lieferung gegen Übergabe eines Schecks vornehmen12. Bankeinzug vorschlagen13. Lieferung per Nachnahme durchführen

Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen

1. Kreditoren-Umschlag

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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Der Kreditoren-Umschlag wird anhand der folgenden Formelfestgestellt:

Materialaufwand + MwStKreditoren�Umschlag =

Ø Verbindlichkeiten aus L + L

20.444 + 2.8622005

4.348= 5,36

23.995 + 3.3592006

7.267= 3,76

Der Kreditoren-Umschlag hat sich im Vergleichszeitraum von5,36 auf 3,76 oder um 30 % verschlechtert. Auch in diesem Falleist es sinnvoll, den Kreditoren-Umschlag in Tagen auszudrük-ken.

2. LieferantenzielDas Lieferantenziel ergibt sich aus folgender Formel:

360Lieferantenziel =

Kreditoren�Umschlag

3602005

5,36= 67 Tage

3602006

3,76= 96 Tage

Während im Jahre 2005 nach 67 Tagen die Rechnungen imDurchschnitt bezahlt wurden, waren es 2006 96 Tage. Das Liefe-rantenziel hat sich also um 29 Tage verschlechtert. Diese Aus-dehnung des Zahlungszieles beträgt 43 %. Das Unternehmen be-zahlte also die Lieferantenrechnungen 2006 erst nach über 3Monaten. Deshalb müssen die Gründe für die Verschlechterungder Zahlungsweise im Unternehmen ermittelt werden, bevor einMaßnahmenplan erstellt wird.Normalerweise verzögern die Unternehmen ihre Zahlungen andie Lieferanten, wenn sich die Liquidität verschlechtert hat. Diesist aber in diesem Unternehmen nicht der Fall, da es über erheb-liche liquide Mittel verfügt.

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A Erfolgs� und Finanzanalyse – Fallbeispiel

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Das verlängerte Lieferantenziel lässt darauf schließen, dass dieSkontierung der Rechnungen nicht in Anspruch genommenwurde. Auf die Erwirtschaftung zusätzlicher Erträge durch dieSkontierung wurde verzichtet.

Lager

1. Lager-Umschlag für Roh-, Hilfs- und BetriebsstoffeDer Lagerumschlag für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe kannmithilfe folgender Formel ermittelt werden:

MaterialaufwandLager�Umschlag für Roh�,Hilfs� und Betriebsstoffe

=Ø Roh�, Hilfs� und Betriebsstoffe

20.4442005

4.720= 4,33

23.9952006

4.988= 4,81

Im Vergleichszeitraum hat sich der Lager-Umschlag für Roh-,Hilfs- und Betriebsstoffe um 11,1 % verbessert.

2. LagerdauerDie Lagerdauer errechnen wir mit folgender Formel:

360Lagerdauer =

Lager�Umschlag

3602005

4,33= 83 Tage

3602006

4,81= 75 Tage

Die Lagerdauer hat sich um 8 Tage oder um 9,6 % verkürzt.

Die dadurch entstehende Minderung der Lagerkosten (Zinsen,Schwund, Verwaltungskosten) und der aufgrund des schnellerenKapitalflusses geringere Kapitalbedarf wirken sich positiv auf denROI aus. Die Verbesserung der Lagerdauer führt zu einer niedrige-ren Kapitalbindung und zu einer Steigerung der Wirtschaftlichkeit.

Zur Verbesserung des Lager-Umschlags für Roh-, Hilfs- und Be-triebsstoffe sowie für unfertige und fertige Erzeugnisse sollte eben-

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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falls ein Maßnahmenplan erstellt werden. Für die Senkung der Vor-räte ist die Materialwirtschaft verantwortlich. Es wird oft übersehen,dass auch die anderen Verantwortungsbereiche bei der Reduzierungder Vorräte mitwirken müssen.

Zur Senkung der Vorräte sollten folgende Verantwortungsbereicheeinen Beitrag leisten:

1. Marketing und Vertrieb1.1 Absatzplanung verbessern1.2 Informationen über neue Aufträge sofort weiterleiten1.3 Programmbreite reduzieren1.4 Verantwortung für die Vorräte klar festlegen1.5 Sonderaktionen für fertige Produkte durchführen1.6 Doppel-Lagerung von Fertigfabrikaten und von Ersatzteilen

im Unternehmen und in den Niederlassungen beseitigen

2. Produktion2.1 Baukasten-System einführen2.2 Anzahl der Varianten verringern2.3 Normung und Standardisierung beachten2.4 Anzahl der Änderungen reduzieren2.5 Änderungen sofort weitergeben2.6 Zuverlässigkeit verbessern2.7 Durchlaufzeiten verringern2.8 Ausschuss reduzieren2.9 Produktionsengpässe beseitigen2.10 Produkte erst nach Auftragseingang montieren2.11 Zusätzliche Lager beseitigen

3. Materialwirtschaft3.1 Umschlagshäufigkeit der A-, B- und C-Teile überprüfen

und ändern3.2 Lieferbereitschaft verbessern3.3 Entwicklung der Vorräte systematisch beobachten3.4 C-Teile als Handelsware kaufen3.5 Verbesserungsvorschläge zur Reduzierung des Lagers hono-

rieren3.6 Lagerhüter feststellen und verkaufen

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3.7 Kosten für die Vorräte ermitteln und bekanntgeben3.8 Mitarbeiter aus- und weiterbilden3.9 Richtlinien für die Dispositionen neu festlegen3.10 Belegfluss verbessern3.11 Rahmenverträge mit Abrufmöglichkeiten für A-Teile ver-

einbaren3.12 Bestellrhythmus für B- und C-Teile neu festlegen3.13 Qualitätskontrollen verbessern3.14 Optimale Bestellmenge festlegen3.15 EDV besser nutzen3.16 Mehrfach-Lagerung vermeiden3.17 Lagerung besser organisieren3.18 Permanente Inventur einführen

Wenn diese Maßnahmen in den Verantwortungsbereichen Marke-ting und Vertrieb, Produktion sowie Materialwirtschaft überprüftund auch durchgeführt werden, lassen sich die Vorräte relativschnell verringern. Die Folge ist dann, dass die Umschlagshäufigkeitder Vorräte zunimmt. Die Verbesserung der Umschlagshäufigkeitdes Lagers hat einen unmittelbaren Einfluss auf die Umschlagshäu-figkeit des Kapitals.

17.1.5 Wertschöpfung

EntstehungsrechnungDie Entstehungsrechnung der Wertschöpfung sieht wie folgt aus:

Gesamtleistung

+ Sonstige Erträge

= Produktionswert

Materialaufwand

+ Abschreibungen

+ sonstige Aufwendungen

= Vorleistungen

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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1. Produktionswert

2005 2006Umsatzerlöse 42.054 49.289

Sonstige betriebl. Erträge 123 149

Erträge aus Beteiligungen 63 70

Sonstige Zinserträge 147 170

Außerordentliche Erträge 104 81

Summe 42.491 49.759

2. Vorleistungen

2005 2006Materialaufwand 20.444 23.995

Abschreibungen 1.884 2.182

Sonstige betriebl. Aufwendungen 3.331 4.585

Außerordentliche Aufwendungen 74 81

Summe 25.733 30.828

2005 2006Produktionswert 42.491 49.759

Vorleistungen 25.733 30.828

Wertschöpfung 16.758 18.931

Die Aussagefähigkeit der Wertschöpfung ist aufgrund der Verwen-dungsrechnung gegeben.

VerwendungsrechnungDie Verwendungsrechnung berücksichtigt folgende Positionen:

Personalaufwand – Anteil der MitarbeiterRückstellungen – RisikovorsorgeZinsaufwand – Anteil der BankenSteuern – Anteil des StaatesBilanzgewinn – Anteil der Gesellschafter

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A Erfolgs� und Finanzanalyse – Fallbeispiel

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2000 2001

T € % T € %Personalaufwand 13.513 80,6 13.895 73,4

Rückstellungen 99 0,6 978 5,2

Zinsaufwand 566 3,4 414 2,2

Steuern 765 4,6 1.202 6,3

Bilanzgewinn 1.815 10,8 2.442 12,9

Wertschöpfung 16.758 100,0 18.931 100,0

Der Anteil der Mitarbeiter an der Wertschöpfung ist im Vergleichs-zeitraum von 80,6 % auf 73,4 % zurückgegangen. Dies ist eine er-freuliche Entwicklung, die auf eine Steigerung der Produktivitätschließen lässt. Die Rückstellungen, die zur Risikoabdeckung die-nen, sind von 0,6 % auf 5,2 % angestiegen. Die Banken waren 2000mit 3,4 und 2006 mit 2,2 % an der Wertschöpfung beteiligt. DerStaat erhielt im Vergleichszeitraum 4,6 % und 6,3 % der Wert-schöpfung. An die Gesellschafter gingen 10,8 % und 12,9 % von derWertschöpfung in den Jahren 2005 und 2006.

17.2 FinanzanalyseDie finanzwirtschaftliche Analyse untersucht die Relationen derVermögens- und Kapitalpositionen. Die Daten für die Finanzanalysewerden der Bilanz entnommen. Im Gegensatz zur Erfolgsanalyse istdie Finanzanalyse eine zeitpunktbezogene Untersuchung.

17.2.1 Vermögensstruktur

Um die Vermögensstruktur zu analysieren, werden der Anteil desAnlagevermögens sowie der Anteil des Anlagevermögens und derVorräte an der Bilanzsumme errechnet.

Anteil des Anlagevermögens an der Bilanzsumme

Folgende Formel wird verwendet, um den Anteil des Anlagevermö-gens an der Bilanzsumme zu ermitteln:

AnlagevermögenAnteil des Anlagevermögens =

Bilanzsumme= x 100

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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11.3562005

25.085x 100 = 45,3 %

12.2692006

30.920x 100 = 39,7 %

Die Anlagenintensität ist im Vergleichszeitraum von 45,3 % auf39,7 % oder um 5,6 %-Punkte zurückgegangen. Dies entsprichteiner Reduzierung um 12,4 %.

Anteil des Anlagevermögens und der Vorräte an der Bilanzsumme

Den Anteil des Anlagevermögens und der Vorräte an der Bilanz-summe errechnen wir wie folgt:

Anlagevermögen + VorräteAnteil des Anlagevermögens und der Vorräte =Bilanzsumme

= x 100

11.356 + 5.9502005

25.085x 100 = 69,0 %

12.269 + 6.2182006

30.920x 100 = 59,8 %

Im Vergleich zum Vorjahr ist das Anlagevermögen einschließlichder Vorräte in Bezug auf die Bilanzsumme um 9,2 %-Punkte oderum 13,3 % zurückgegangen.

17.2.2 Kapitalstruktur

Bei der Analyse der Kapitalstruktur geht es um die Eigenkapital-quote und um den langfristigen Kapitalanteil an der Bilanzsumme.

EigenkapitalquoteDie Eigenkapitalquote wird wie folgt errechnet:

EigenkapitalEigenkapitalquote =

Bilanzsumme= x 100

16.8362005

25.085x 100 = 67,1 %

17.4632006

30.920x 100 = 56,5 %

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Die Eigenkapitalquote ist im Vergleich zum Vorjahr um 10,6 %-Punkte oder um 15,8 % gesunken. Die Eigenkapitalquote ist abernoch als sehr gut zu bezeichnen.

Langfristiger Kapitalanteil

Der langfristige Kapitalanteil an der Bilanzsumme ergibt sich ausfolgender Formel:

Langfristiges KapitalLangfristiger Kapitalanteil =

Bilanzsumme= x 100

Der langfristige Kapitalanteil setzt sich wie folgt zusammen:

Eigenkapital

+ 50 % der Rückstellungen

+ Langfristige Verbindlichkeiten

= Langfristiger Kapitalanteil

16.836 + 70 + 3.4012005

25.085x 100 = 81 %

17.463 + 558,5 + 4.5942006

30.920x 100 = 73,1 %

Der langfristige Kapitalanteil hat sich gegenüber 2005 um 7,9 %-Punkte oder um 9,8 % verschlechtert. Trotzdem ist die langfristigeKapitalausstattung des Unternehmens noch als sehr gut anzusehen.

17.2.3 Deckungsrelationen

Die Deckungsrelationen erlauben einen guten Überblick über diehorizontale Vermögens- und Kapitalstruktur. Sie geben Auskunftüber die finanzielle Stabilität des Unternehmens.

Die Finanzierungsregeln besagen, dass beispielsweise langfristiggebundene Vermögensgegenstände auch durch langfristige Mittel zufinanzieren sind. Die Fristigkeit der Finanzierungsmittel sollte derNutzungsdauer der damit finanzierten Investitionsobjekte entspre-chen. Hieraus kann die Regel abgeleitet werden, dass zumindest dasAnlagevermögen eines Unternehmens langfristig, also durch Eigen-kapital und durch langfristiges Fremdkapital, zu finanzieren ist.

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Die Kennzahlen der Anlagendeckung bringen zum Ausdruck, inwelchem Umfang die Finanzierungsregeln tatsächlich eingehaltenwurden. Je höher die Prozentsätze ausfallen, um so größer ist danndie finanzielle Stabilität des Unternehmens. Nach Möglichkeit sollteauch ein Teil des Umlaufvermögens, zumindest aber der durch-schnittliche Bestand an Vorräten, langfristig finanziert sein.

Anlagendeckung 1Die Anlagendeckung 1 ergibt sich aus folgender Formel:

EigenkapitalAnlagendeckung 1 =

Anlagevermögen= x 100

16.8362005

11.356x 100 = 148,3 %

17.4632006

12.269x 100 = 142,3 %

Im Vergleichszeitraum hat sich die Anlagendeckung 1 um 6,0 %-Punkte oder um 4,0 % verschlechtert. Die Anlagendeckung 1 gingzwar leicht zurück, ist aber noch als ausgezeichnet zu betrachten.

Anlagendeckung 2Die Anlagendeckung 2 wird mit folgender Formel errechnet:

Langfristiges KapitalAnlagendeckung 2 =

Anlagevermögen= x 100

16.836 + 70 + 3.4012005

11.356x 100 = 178,8 %

17.463 + 558,5 + 4.5942006

12.269x 100 = 184,3 %

Die Anlagendeckung 2 hat sich im Vergleichszeitraum um 5,5 %-Punkte oder um 3,1 % verbessert. Sie kann als sehr gut bezeichnetwerden.

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A Erfolgs� und Finanzanalyse – Fallbeispiel

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Anlagendeckung 3Die Anlagendeckung 3 wird mit folgender Formel ermittelt:

Langfristiges KapitalAnlagendeckung 3 =

Anlagevermögen + Vorräte= x 100

20.3072005

11.356 + 5.950x 100 = 117,3 %

20.615,52006

12.269 + 6.218x 100 = 122,3 %

Im Vergleich zu 2005 hat sich die Anlagendeckung 3 um 5,0 %-Punkte oder um 4,3 % verbessert. Sogar unter Einbeziehung derVorräte besteht noch eine langfristige Deckung von über 100 %.Auch dieses Ergebnis ist als sehr gut zu bezeichnen. Das Unterneh-men ist also solide finanziert.

17.2.4 Liquidität

Die Analyse der Liquidität gibt Aufschluss über die Zahlungsbereit-schaft des Unternehmens. Wir unterscheiden drei Liquiditätsgrade.

Liquidität 1. GradesDie Liquidität 1. Grades wird mithilfe folgender Formel errechnet:

Flüssige MittelLiquidität 1. Grades =

Kurzfr. Verbindlichkeiten= x 100

Die kurzfristigen Verbindlichkeiten setzen sich wie folgt zusammen:

1. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen2. Sonstige Verbindlichkeiten3. 50 % der Rückstellungen4. Bilanzgewinn

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Bilanzanalyse und Bilanzkritik A

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3.5442005

4.348 + 360 + 70 + 1.815x 100 = 53,8 %

6.8962006

7.267 + 479 + 558,5 + 2.442x 100 = 64,2 %

Die Liquidität 1. Grades hat sich um 10,4 %-Punkte oder um 19,3 %verbessert. Die vorhandenen flüssigen Mittel wurden allerdingsnicht dazu benutzt, die offenen Rechnungen zu skontieren. Dadurchsind dem Unternehmen viele zusätzliche Skontoerträge entgangen.

Liquidität 2. GradesDie Liquidität 2. Grades ergibt sich aus folgender Formel:

Flüssige Mittel + Forderungen aus L + LLiquidität 2. Grades =

Kurzfristige Verbindlichkeiten= x 100

3.544 + 3.6902005

6.593x 100 = 109,7 %

6.896 + 4.9182006

10.746,5x 100 = 109,9 %

Die Liquidität 2. Grades ist fast gleich geblieben. Auch dieses Ergeb-nis ist als gut zu bezeichnen.

Liquidität 3. GradesDie Liquidität 3. Grades wird folgendermaßen ermittelt:

Fl. Mittel + Ford. aus L+L + WP + VorräteLiquidität 3. Grades =

Kurzfristige Verbindlichkeiten= x 100

Die Positionen über dem Bruchstrich umfassen das gesamte Um-laufvermögen. Deshalb kann die Formel auch wie folgt lauten:

UmlaufvermögenLiquidität 3. Grades =

Kurzfristige Verbindlichkeiten= x 100

3.544 + 3.690 + 310 + 235 + 5.9502005

6.593x 100 = 208,2 %

6.896 + 4.918 + 310 + 309 + 6.2182006

10.746,5x 100 = 173,6 %

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A Erfolgs� und Finanzanalyse – Fallbeispiel

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Im Vergleichszeitraum ist die Liquidität 3. Grades um 34,6 %-Punkte oder um 16 % zurückgegangen. Trotz der relativen Ver-schlechterung ist die Liquidität 3. Grades noch als gut zu betrachten.

Working Capital

Das Working Capital steht in Zusammenhang mit der Liquidität 3.Grades. Das Umlaufvermögen wird bei der Liquidität 3. Grades mitden kurzfristigen Verbindlichkeiten in Verbindung gesetzt. Wirerhalten dann als Ergebnis einen Prozentsatz. Beim Working Capitalwird die Differenz aus den beiden Größen ermittelt.

Folgende Formel kommt bei der Errechnung des Working Capitalzur Anwendung:

Working Capital = Umlaufvermögen – Kurzfr. Verbindlichkeiten

Umlaufvermögen 13.7292005

– Kurzfristige Verbindlichkeiten 6.593

7.136

Umlaufvermögen 186512006

– Kurzfristige Verbindlichkeiten 10746,5

7904,5

Das Working Capital ist im Vergleichszeitraum um 768,5 T € oderum 10,8 % gestiegen. Auch dieses Ergebnis ist als gut zu bezeichnen.

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279

B Bilanzpolitik

1 WesenMit der Bilanzpolitik können die Unternehmensleitung und dieFührungskräfte die Ergebnisse des Jahresabschlusses im Rahmen derrechtlich zulässigen Möglichkeiten bewusst beeinflussen. Dabei wirdversucht, die Unternehmensziele durch die Ausnutzung der gesetzli-chen und faktischen Wahlrechte und der Ermessensspielräume sy-stematisch zu verwirklichen.

Die Gestaltung der Bilanzen, der GuV sowie des Anhangs gehörtzum Aufgabengebiet der Bilanzpolitik, die auch zur Existenzsiche-rung der Unternehmen beitragen soll. Die Unternehmen müssensich so präsentieren, dass sie im Wettbewerb um Kunden, Mitarbei-ter und Kapital bestehen können.

Die Bilanzpolitik umfasst also alle betrieblichen Entscheidungen mitdem Ziel, den Jahresabschluss so zu gestalten, dass er den betriebli-chen Zielsetzungen entspricht.

2 Ziele der BilanzpolitikDie Bilanzpolitik ist ein wesentlicher Bestandteil der Unterneh-menspolitik und stellt ein Instrument zur Realisierung der Zielset-zungen in den Unternehmungen dar. Dabei geht es insbesondereum die Steuerung der Gewinnausschüttung, die Gestaltung derBilanzstruktur, die Reduzierung der Steuerbelastung, die Ausgewo-genheit der Informationen an die Adressaten des Jahresabschlussesund um die Erfüllung vonPublizitätsverpflichtungen.

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B Ziele der Bilanzpolitik

280

Wesentliche Ziele der Bilanzpolitik1. Steuerung der Gewinnausschüttung

2. Gestaltung der Bilanzstruktur

3. Reduzierung der Steuerbelastung

4. Ausgewogenheit der Informationen

5. Erfüllung der Publizitätsverpflichtungen

Abb. 108: Wesentliche Ziele der Bilanzpolitik

2.1 Steuerung der GewinnausschüttungDie Steuerung der Gewinnausschüttung ist ein wesentliches Ziel derBilanzpolitik. Zwischen der Höhe des ausgewiesenen Gewinns undden Erwartungen der Anteilseigner hinsichtlich der Ausschüttungdes Gewinns besteht ein enger Zusammenhang. Deshalb sollten dieÜberlegungen über die Höhe der Gewinnausschüttung nicht erstbeim Beschluss über die Gewinnverwendung angestellt werden,sondern sie müssen bereits bei der Gewinnermittlung beginnen. Esgeht insbesondere um die Vermeidung der Ausschüttung von infla-tionsbedingten Scheingewinnen und damit um die Verringerung derSubstanz der Unternehmen. Die Verbesserung der Innenfinanzie-rung ist ein zusätzlicher Aspekt, der berücksichtigt werden sollte.

2.2 Gestaltung der BilanzstrukturDie Gestaltung der Bilanzstruktur ist ein weiteres Ziel der Bilanzpo-litik. Die Bilanzstruktur sollte aufgrund der unternehmerischenZielsetzungen geändert und optimaler ausgerichtet werden. DieBilanzpolitik dient der Umsetzung der Unternehmensziele im Rah-men des Jahresabschlusses. Allerdings muss festgestellt werden, dasses eine ideale Bilanz nicht gibt.

Die Bilanzpolitik stellt ein klassisches Optimierungsproblem dar.Die Zielkonflikte sind durch die verschiedenen Interessen derAdressaten vorprogrammiert. Die einzelnen Adressaten, d. h. dieBanken, die Aktionäre, die Öffentlichkeit, der Staat, die Mitarbeiter,die Lieferanten, die Kunden und die Konkurrenz erwarten vomJahresabschluss unterschiedliche Informationen. Die Bilanzanalyse

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Bilanzpolitik B

281

und die Bilanzkritik sollten die Grundlage für die von den Unter-nehmen verfolgte Bilanzpolitik sein.

Im Rahmen der Bilanzanalyse und der Bilanzkritik können die Stär-ken und die Schwächen der Unternehmen erkannt werden, die zuweiteren Untersuchungen Anlaß geben sollten. Sobald ein Stärken-und Schwächenprofil erstellt ist, haben die Unternehmensleitungund die Führungskräfte die Möglichkeit, neue operative und strate-gische Maßnahmen zu beschließen, die den Umsatz, die Produktion,die Materialwirtschaft sowie die Finanzierung und die Investitionbetreffen.

2.3 Reduzierung der SteuerbelastungDie bilanzpolitische Gestaltung muss sich auch auf die Reduzierungder Steuerbelastung beziehen. Wir haben zwischen dem Steuerauf-schub und der Steuervermeidung zu unterscheiden.

Reduzierung derSteuerbelastung

Steueraufschub Steuervermeidung

Abb. 109: Formen der Steuerentlastung

Der Steueraufschub bei den ertragsabhängigen Steuern wird er-reicht, indem Erträge in die Zukunft verlagert und Aufwendungenin die Gegenwart vorgezogen werden. Die Verschiebung von Steuer-zahlungen bedeutet, dass die Unternehmen vom Staat einen zinslo-sen Kredit erhalten.

Eine Steuervermeidung wird beispielsweise möglich durch dieGlättung von Progressionsspitzen bei der Einkommensbesteuerungund durch die Verlagerung der Gewinne in niedriger besteuerteLänder. Auch die Verringerung von substanzabhängigen Steuernführt zu einer Steuervermeidung.

In der Praxis kommt es besonders auf die ertragsabhängigen Steuernan. Die Ertragsteuerbilanz ist aber auch die Grundlage für die Ver-mögensaufstellung, die für die Berechnung des Gewerbekapitals und

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B Ziele der Bilanzpolitik

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für die Bewertung von Gesellschafteranteilen nach dem StuttgarterVerfahren erforderlich ist. Deshalb werden durch bilanzpolitischeMaßnahmen auch die substanzabhängigen Steuern beeinflusst.

2.4 Ausgewogenheit der InformationenDurch die Ausgewogenheit der Informationen kann die Verhaltens-weise der Adressaten des Jahresabschlusses ebenfalls beeinflusstwerden. Der Jahresabschluss ist eine wichtige Grundlage für dieBanken, neue Kredite zu geben oder bereits bestehende Kredite zuverlängern. Deshalb müssen die Unternehmen daran interessiertsein, den Banken ein kreditwürdiges Unternehmen zu präsentieren.Eine Verschlechterung der Ertragslage kann durch bilanzpolitischeMaßnahmen abgemildert werden. Die Banken achten sehr auf be-stimmte Bilanzrelationen, die sich in den Finanzierungsregeln nie-derschlagen.

Neben den Banken interessieren sich die Lieferanten, die Kunden,die Mitarbeiter und die Konkurrenz für die Ergebnisse des Jahres-abschlusses. Für die mit der Bilanzreform publizitätspflichtig ge-wordenen Unternehmen werden diese Zielgruppen immer wichti-ger. Mithilfe der Bilanzpolitik sollten die Meinungsbildung und dieVerhaltensweisen der externen Adressaten zu Gunsten des Unter-nehmens beeinflusst werden.

2.5 Erfüllung der PublizitätsverpflichtungenDie Berücksichtigung der Publizitätsverpflichtungen wird auch fürdie kleineren und mittleren Kapitalgesellschaften immer wichtiger.Die Unternehmen können sich auf die Veröffentlichung der gesetz-lich vorgeschriebenen Angaben beschränken oder über die Mindest-vorschriften hinausgehen. Durch eine weitergehende Veröffentli-chung der Rechnungslegung kann die Public-Relations-Arbeit ver-bessert werden.

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2.6 Weitere ZieleNeben den Unternehmenszielen können mit der Bilanzpolitik abernoch andere Ziele verfolgt werden. Zu diesen Zielen gehören insbe-sondere:

1. Vertuschung von ManagementfehlernDie Unternehmensleitung versucht, die Auswirkungen von Fehl-entscheidungen auf den Jahresabschluss nicht sichtbar werden zulassen. Die Manager wollen vermeiden, dass sie von den Anteils-eignern zur Rechenschaft gezogen werden.

2. Ergebnisverbesserung wegen des Verkaufs eines UnternehmensDie Unternehmensleitung kann an einer Verbesserung der Er-gebnisse interessiert sein, um die Verhandlungen über den Ver-kauf eines Unternehmens positiv zu beeinflussen.

3. Erhöhung der Gewinne wegen erfolgsabhängiger VergütungenIn einigen Unternehmen ist die Unternehmensleitung bestrebt,durch bilanzpolitische Maßnahmen erhöhte Gewinne auszu-weisen, um die erfolgsabhängigen Vergütungen zu verbessern,die dann an die Unternehmensleitung und möglicherweise andie Aufsichtsgremien zu zahlen sind.Eine erfolgsabhängige Vergütung sollte nicht anhand der Zahlendes Jahresabschlusses vereinbart werden. Eine bessere Grundlagestellen die Ergebnisse der Kosten- und Leistungsrechnung dar.Deshalb sollten die Daten der kurzfristigen Erfolgsrechnung alsBasis für eine erfolgsabhängige Vergütung gewählt werden.

Zwischen den einzelnen Zielen der Bilanzpolitik können Zielkon-flikte entstehen. Aus dem Gesichtspunkt der Finanzierung ist essinnvoll, vom erwirtschafteten Gewinn möglichst wenig auszu-schütten, um die Innenfinanzierung (Cashflow) zu verbessern.Durch den Ausweis höherer Gewinne und durch die Ausschüttungeines großen Anteils der Gewinne können die Kapitalgeber veran-lasst werden, zusätzliches Kapital dem Unternehmen zur Verfügungzu stellen. Auch zwischen den anderen Gruppen der Adressaten desJahresabschlusses können verschiedene Zielkonflikte auftreten.

Um bestehende Zielkonflikte zu lösen, muss die Unternehmenslei-tung Prioritäten setzen und Kompromisse schließen. Für die er-

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B Formen der Bilanzpolitik

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folgsabhängigen Vergütungen sollte die Unternehmensleitung diekurzfristige Erfolgsrechnung und eine interne Bilanz als Basis wäh-len, damit alle Möglichkeiten zur Reduzierung der Steuern genutztwerden können.

Für die Kapitalgesellschaften (AG, GmbH) wird aufgrund der neuenPublizitätspflichten die eigenständige Handelsbilanz neben der Steu-erbilanz immer wichtiger. Deshalb sollten die unterschiedlichenGestaltungsmöglichkeiten der Handels- und der Steuerbilanz in derZukunft besser genutzt werden.Zur Veröffentlichung dienen jeweilsdie Handelsbilanzen.

3 Formen der BilanzpolitikWir können zwei Formen der Bilanzpolitik unterscheiden. Nebender formellen Bilanzpolitik gibt es auch die materielle Bilanzpolitik.

Bilanzpolitik

Formelle Bilanzpolitik Materielle Bilanzpolitik

Abb. 110: Formen der Steuerentlastung

3.1 Formelle BilanzpolitikBei der formellen Bilanzpolitik geht es um die Struktur, die Gliede-rung, den Ausweis und die Erläuterungen der Abschlussposten ein-schließlich der Gewinnverwendung. Die Unternehmen müssen auchdie Frage klären, inwieweit sie die gesetzlichen Offenlegungspflich-ten beachten müssen. Die formelle Bilanzpolitik befasst sich also mitder Form der Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslageder Unternehmen.

3.2 Materielle BilanzpolitikBei der materiellen Bilanzpolitik geht es um die Beeinflussung derHöhe des im Jahresabschluss ausgewiesenen Gewinns, der sich nach

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Handels- und Steuerrecht ergibt. In der Praxis ist diese Fragestellungaus steuerrechtichen Gründen besonders wichtig. Mithilfe der mate-riellen Bilanzpolitik ist im Wesentlichen eine Steuerung der Höhedes ausgewiesenen Jahresergebnisses möglich. Die Bewertungsmög-lichkeiten haben also Einfluss auf die Höhe des ausgewiesenen Ge-winns.

Zwischen beiden Formen der Bilanzpolitik bestehen meist Abhän-gigkeiten (Interdependenzen). Ergebniswirksame Veränderungender Wertansätze der einzelnen Bilanzpositionen schlagen sich auchin den Strukturen des Jahresabschlusses nieder. Konsequenzen fürdie Berichterstattung im Anhang sind ebenfalls gegeben. Mit derMehrzahl der materiellen Instrumente sind also regelmäßig auchAuswirkungen auf die Struktur des Jahresabschlusses verbunden.

4 Bilanzpolitische InstrumenteBei den bilanzpolitischen Instrumenten unterscheiden wir zumeinenMaßnahmen, die an gegebene Sachverhalte anknüpfen und zuanderen Maßnahmen, die gegebene Sachverhalte verändern.

Bilanzpolitische Instrumente

Maßnahmen, die an gegebeneSachverhalte anknüpfen

Maßnahmen, die gegebeneSachverhalte verändern

Abb. 111: Gruppen von bilanzpolitischen Instrumenten

4.1 Maßnahmen, die an gegebeneSachverhalte anknüpfen

Die Maßnahmen, die an gegebene Sachverhalte anknüpfen, beein-flussen nur deren Darstellung im Jahresabschluss. Folgende Mög-lichkeiten sind gegeben:

4.1.1 Darstellung bestimmter betrieblicher Sachverhalte

Die Darstellung bestimmter betrieblicher Sachverhalte kann durchbilanzpolitische Maßnahmen beeinflusst werden.

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B Bilanzpolitische Instrumente

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Aufnahme bestimmter Sachverhalte als Aktiv� oder Passivposten

Es geht um die bilanzielle Erfassung dem Grunde nach bei der Bi-lanzierung.

Beispiel:Passivierungswahlrecht für Aufwandsrückstellungen (§ 249 Abs. 2HGB)

Erwähnung bestimmter Sachverhalte im Anhang

Bestimmte Sachverhalte sind im Anhang bei großen Kapitalgesell-schaften zu erwähnen. Für kleine Kapitalgesellschaften dagegenbestehen größenabhängige Erleichterungen.

Beispiel:Wahlrecht für kleine Kapitalgesellschaften, im Anhang die größenab�hängigen Erleichterungen wahrzunehmen (§ 288 HGB).

4.1.2 Ansatz der im Jahresabschluss erfassten Sachverhalte

Der Ansatz der im Jahresabschluss erfassten Sachverhalte kann un-terschiedlich gestaltet werden.

Bewertung der in der Bilanz erfassten Sachverhalte

Bei der Bewertung geht es um die bilanzielle Erfassung der Höhenach. Es ist zu klären, mit welchem Wert bestimmte Sachverhalte inder Bilanz zu aktivieren oder zu passivieren sind.

Beispiel:Wahlrecht, in die Herstellungskosten auch die Gemeinkosten einzu�beziehen (§ 255 Abs. 2 Satz 3 HGB)

Erfassung bestimmter Sachverhalte

Bestimmte Sachverhalte können im Jahresabschluss an verschiede-nen Stellen erfasst werden.

Beispiel:Ausweis von Wertpapieren im Anlage� oder im Umlaufvermögen.

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4.2 Maßnahmen, die gegebene Sachverhalteverändern

Aus bilanzpolitischen Gründen werden Sachverhaltsgestaltungenvorgenommen, die das der Bilanz zu Grunde liegende Mengengerüstder Aktiva und Passiva beeinflussen. Diese Form der Bilanzpolitikmuss vor dem Bilanzstichtag einsetzen. Wir unterscheiden zweiFormen der Sachverhaltsgestaltungen:

4.2.1 Zeitliche Verlagerung von Geschäftsvorfällen

Die zeitliche Verlagerung von Geschäftsvorfällen kann aus bilanzpo-litischen Erwägungen vorgenommen werden.

Beispiel:Anschaffung von geringwertigen Wirtschaftsgütern des Anlagever�mögens vor dem Ende des Geschäftsjahres, um das Abschreibungs�volumen zu erhöhen. Die Gegenstände wären sonst erst im neuenGeschäftsjahr besorgt worden.

4.2.2 Bewusste Gestaltung von Sachverhalten ausbilanzpolitischen Gründen

Im Unternehmen werden Gestaltungen vorgenommen, die nur ausbilanzpolitischen Gründen erfolgen.

Beispiel:Leasing statt Kauf, um die Bilanzsumme zu kürzen. Dadurch wird einfür die Rechnungslegungspflichten der Kapitalgesellschaften wichti�ges Größenmerkmal (Bilanzsumme) reduziert.

5 Bilanzpolitische MaßnahmenBei den bilanzpolitischen Maßnahmen können wir die formellenund die materiellen Maßnahmen unterscheiden.

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B Bilanzpolitische Maßnahmen

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Bilanzpolitische Maßnahmen

Formelle Maßnahmen Materielle Maßnahmen

Abb. 112: Bilanzpolitische Maßnahmen

5.1 Formelle MaßnahmenWir müssen zwischen der Beeinflussung der Art der Darstellung vonSachverhalten im Jahresabschluss und der Gestaltung von Sachver-halten unterscheiden.

Formelle Maßnahmen

Beeinflussung der Darstellungvon Sachverhalten

Gestaltung von Sachverhalten

Abb. 113: Arten der formellen Maßnahmen

5.1.1 Beeinflussung der Darstellung von Sachverhalten

Zu den formellen Maßnahmen gehören die Ausweis-, die Gliede-rungs- und die Erläuterungs-Wahlrechte.

Formelle Wahlrechte

Ausweiswahlrechte GliederungswahlrechteErläuterungs�wahlrechte

Abb. 114: Formelle Wahlrechte

Die Ausweiswahlrechte dienen der Informationspolitik des Unter-nehmens. Diese Instrumente haben keinen Einfluss auf die Bilanz-struktur, die Bilanzsumme oder das Ergebnis des Jahresabschlusses.Es geht um die Pflichtangaben in der Bilanz oder in der GuV, diewahlweise im Anhang aufgeführt werden können.

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Die Gliederungswahlrechte dagegen wirken sich auf die vertikaleStruktur der Bilanz sowie der GuV und auf die Bilanzsumme aus.

Die Erläuterungswahlrechte ermöglichen es den Unternehmen, dieArt und Weise sowie zum Teil auch den Umfang der Erfüllung derverschiedenen Berichtspflichten zu gestalten.

Die Berichterstattung in der Bilanz oder in der GuV sowie im An-hang kann beeinflusst werden. Die formellen Maßnahmen beziehensich auch auf die Veränderung der Strukturen der Bilanz sowie derGuV. Die Art und Weise sowie zum Teil der Umfang der Berichts-pflichten kann ebenfalls gestaltet werden.

Die Aktiv- und Passivposten sowie die Erträge und Aufwendungenim Jahresabschluss dürfen nicht saldiert werden. Das Bruttoprinzipkann in gewissen Grenzen aber korrigiert werden (§ 246 Abs. 2HGB). Dadurch wird die Klarheit und Richtigkeit des Jahresab-schlusses verbessert. Die fälligen Forderungen und Verbindlichkei-ten gegenüber einem bestimmten Geschäftspartner können alsosaldiert werden.

Diese Einschränkung des Bruttoprinzips bewirkt eine Verkürzungder Aktiv- und Passivseite in der Bilanz. Dadurch werden die Bilanz-relationen verbessert. Die Eigenkapitalquote lässt sich somit erhö-hen.

Bei der GuV haben die Unternehmen die Wahl zwischen dem Ge-samtkosten- und dem Umsatzkostenverfahren. Das Gesamtkosten-verfahren ist in der Praxis noch üblich, da es einfach zu handhabenist. Aus der Sicht der Unternehmen ist dieses Verfahren nicht sogünstig, da die Außenstehenden einen verhältnismäßig guten Ein-blick in die Umsatz- und Kostenstruktur eines Unternehmens er-halten.

Das Umsatzkostenverfahren dagegen weist nur die Herstellungsko-sten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen so-wie die Vertriebskosten, die Verwaltungskosten und die sonstigenbetrieblichen Aufwendungen aus. Zusätzliche Angaben müssen imAnhang gemacht werden (§ 285 Nr. 8 HGB). Dieses Verfahren er-schwert den Außenstehenden den Einblick. Allerdings ist ein höhe-rer Verwaltungsaufwand nötig, da eine Kostenstellenrechnung ein-

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B Bilanzpolitische Maßnahmen

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geführt werden muss, die aber in vielen Unternehmen bereits vor-handen ist.

Der Umfang der Aufgliederung von Abschlussposten und Ab-schlusserläuterungen hat einen Einfluss auf den Informationsgehaltdes Jahresabschlusses. Die kleinen und mittelgroßen Kapitalgesell-schaften können sich bei der Rechnungslegung und der Publizierungauf die größenabhängigen Erleichterungen beziehen (§§ 266 Abs. 1Satz 3, 276, 288, 293, 316 Abs. 1 Satz 1, 326, 327 HGB).

Die Struktur der Bilanz oder der GuV lässt sich durch vertikale Ver-änderungen des Ausweises von Abschlussposten beeinflussen. Be-stimmte Wertpapiere können beispielsweise im Anlage- oder imUmlaufvermögen ausgewiesen werden. Dadurch wird die Relationvon Anlage- zu Umlaufvermögen geändert. Die Kennzahlen derFinanzierungsregeln können sich somit ändern.

Durch die Umgliederung und durch die neue Bezeichnung vonBilanzpositionen im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten kön-nen die Unternehmen die Transparenz verbessern oder reduzieren.Die Unternehmen sind in der Lage, eine bestimmte Bilanzkosmetikzu betreiben.

Zusätzliche Anmerkungen und Erläuterungen zum Jahresabschlusstragen dazu bei, dass der Jahresabschluss von den Banken, von derÖffentlichkeit und von den anderen Interessensgruppen wohlwol-lend aufgenommen wird. Durch die Publikation von Zusatzrech-nungen wie die Kapitalflussrechnung und die Wertschöpfungsrech-nung wird meist eine positive Resonanz erzielt.

Die möglichen darstellungsbezogenen Instrumente der formellenBilanzpolitik können der folgenden Abbildung entnommen werden:

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Beeinflussung der Darstellung von Sachverhalten durch eineformelle Bilanzpolitik

1. AusweiswahlrechteKorrektur des Bruttoprinzips in gewissen GrenzenSaldierung der Forderungen und Verbindlichkeiten eines Ge�schäftspartnersAusweis von Ersatzteilen im Anlagevermögen oder bei den VorrätenGesamtkosten� oder Umsatzkostenverfahren in der GuVAusweis von Wertpapieren im Anlage� oder im Umlaufvermögen(§ 247 Abs. 2 HGB)Gesonderter Ausweis des Disagios (§ 268 Abs. 6 HGB)Angaben der Abschreibungen des Geschäftsjahres (§ 268 Abs. 2Satz 3 HGB)Gesonderte Angaben des Gewinn� oder Verlustvortrags (§ 268 Abs. 1Satz 2 HGB)Angabe des Betrags steuerlicher Abschreibungen des Anlage� undUmlaufvermögens (§ 281 Abs. 2 Satz 1 HGB)Gesonderter Ausweis aller größeren Posten aus den sonstigen be�trieblichen Erträgen und Aufwendungen (§ 277 Abs. 4 Satz 1 HGB)

2. GliederungswahlrechteGesonderter Ausweis von Grund und Boden sowie GebäudenAnsatz erhaltener Anzahlungen auf Vorräte oder Ausweis als Verbind�lichkeiten (§ 268 Abs. 5 Satz 2 HGB)Aktivierung oder Verrechnung von nicht eingeforderten ausstehendenEinlagen (§ 272 Abs. 1 Satz 2 und 3 HGB)Saldierung aktivischer und passivischer latenter Steuern (§ 274 HGB)Aktivische Verrechnung steuerlicher Abschreibungen oder Einstellungin die Sonderposten mit Rücklageanteil (§ 281 Abs. 1 Satz 1 HGB)Abgrenzung ordentlicher und außerordentlicher Aufwendungen undErträge (§ 277 Abs. 4 Satz 1 HGB)Aufgliederungen der Forderungen und Verbindlichkeiten nach DM�Posten und FremdwährungspostenAufgliederung der Bilanzposten fertige Erzeugnisse und WarenAufgliederung der Umsatzerlöse nach Sparten und nach regionalenGesichtspunkten

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3. ErläuterungswahlrechteWeitere Untergliederung von Abschlussposten z. B. Sonstige Rück�stellungen (§ 258 Abs. 5 Satz 1 HGB)Ergebnisbeeinflussung durch steuerrechtliche Abschreibungen (§ 285Nr. 5 1. Halbsatz HGB)Einfluss der Änderung von Bilanzierungs� und Bewertungsmethoden(§ 284 Abs. 2 Nr. 3 HGB)Ausmaß erheblicher künftiger Belastungen durch die Anwendungsteuerlicher Abschreibungen (§ 285 Nr. 5 2. Halbsatz HGB)Erläuterung nicht unerheblicher sonstiger Rückstellungen, die nichtgesondert ausgewiesen werden (§ 285 Nr. 12 HGB)Erläuterungen über Abschlussposten in der Bilanz sowie in der GuVkönnen im Anhang erfolgen (§ 285 Nr. 2 HGB)Optimistische oder pessimistische Darstellung der künftigen Ent�wicklung des Unternehmens im LageberichtVerzicht auf größenabhängige Erleichterung im Anhang

Abb. 115: Beeinflussung der Darstellung von Sachverhalten durch eine formelleBilanzpolitik

5.1.2 Gestaltung von Sachverhalten

Durch die Gestaltung von Sachverhalten als Mittel der formellenBilanzpolitik können die Kapitalstruktur und der Liquiditätsausweisbewusst geändert werden. Diese Maßnahmen werden kurz vor demBilanzstichtag durchgeführt.

Eine Verbesserung der Kapitalstruktur ist durch Gewinnthesaurie-rung möglich, indem offene Rücklagen gebildet werden oder eineGewinnausschüttung vermieden wird. Auch die Beschaffung vonneuem Gesellschafterkapital und von langfristigem Fremdkapitalverbessert die Kapitalstruktur.

Durch die Bilanzverkürzung ist auch eine Verbesserung der Kapi-talstruktur möglich. Kurzfristig realisierbare Vermögensgegenständekönnen zur Tilgung kurzfristiger Schulden verwendet werden.

Die Aufnahme von Darlehen vor dem Bilanzstichtag bewirkt, dassdie liquiden Mittel erhöht werden. Dadurch kommt es zu einerBilanzverlängerung.

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Miete, Pacht oder Leasing anstelle von Kauf eignen sich ebenfalls alsInstrumente zur Entlastung der in der Bilanz sichtbaren Kapital-struktur.

Die Liquidität kann auch positiv beeinflusst werden, wenn im Un-ternehmen größere Forderungen vor dem Bilanzstichtag an eineBank verkauft werden und gleichzeitig vereinbart wird, diese Forde-rungen im neuen Jahr wieder zurückzukaufen.

Bei Kapitalgesellschaften kann es sinnvoll sein, durch die Gestaltungvon Sachverhalten die für die Prüfungspflicht und für die Publizi-tätspflicht relevanten Größenmerkmale unter die gesetzlichen Min-destgrenzen zu drücken. Durch solche Maßnahmen ist es möglich,die Bilanzsumme, die Umsatzerlöse und die durchschnittliche Zahlder Arbeitnehmer zu reduzieren. Eine niedrigere Zahl der Mitarbei-ter hat auch Bedeutung für das Ausmaß der Mitbestimmungsrechteder Arbeitnehmer nach dem Betriebsverfassungs- und dem Mitbe-stimmungsgesetz.

Durch formelle bilanzpolitische Maßnahmen ist eine bessere Dar-stellung der wirtschaftlichen Lage möglich (Windows Dressing).Meist wird auch ein besserer Liquiditätseindruck erzielt.

Es bestehen allerdings Zielkonflikte bei der Gestaltung von Sachver-halten. Durch solche Maßnahmen können höhere Zinsen anfallenoder sich höhere Steuern ergeben. Auch eine Verschlechterung derLiquidität ist möglich. Diese Gesichtspunkte sind bei den Entschei-dungen für den Einsatz der bilanzpolitischen Instrumente zu be-achten.

Einzelne sachverhaltsgestaltende Instrumente der formellen Bilanz-politik werden in der folgenden Abbildung aufgeführt:

Gestaltung von Sachverhalten durch eine formelleBilanzpolitikVerbesserung der Kapitalstruktur durch eine Gewinnthesaurierungz. B. durch die Bildung von Gewinnrücklagen

Vermeidung von Gewinnausschüttungen

Beschaffung von neuem Gesellschafterkapital

Aufnahme von langfristigem Fremdkapital

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Bilanzverkürzung durch die Tilgung kurzfristiger Schulden durch denVerkauf von Vermögensgegenständen

Erhöhung liquider Mittel durch die Aufnahme von Darlehen vor demBilanzstichtag

Miete, Pacht oder Leasing anstatt von Kauf

Verkauf von größeren Forderungen vor dem Bilanzstichtag an eineBank und Rückkauf im neuen Jahr

Aufspaltung des Unternehmens durch die Ausgliederung des Anlage�vermögens (Betriebsaufspaltung)

Herstellung der Saldierungsfähigkeit der Forderungen und Verbind�lichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen durch entsprechen�de Abtretungen im Unternehmensverbund

Aufnahme von langfristigem Kapital zur Reduzierung von kurzfristi�gem Fremdkapital

Verbesserung des Liquiditätsausweises durch verzögerte Beschaffungvon Roh�, Hilfs� und Betriebsstoffen am Ende des Geschäftsjahres

Vereinbarung des Scheck�Wechsel�Verfahrens

Verkauf von Forderungen an eine Factoring�Bank

Bessere Darstellung der Zahlungsmoral der Kunden durch den Debi�torenabbau durch Forfaitierung

Einsatz des Sale�Lease�Back�Verfahrens

Verbesserung der Lagerumschlagshäufigkeit durch den Abbau vonVorräten an fertigen und unfertigen Erzeugnissen vor dem Bilanz�stichtag

Einlage von liquiden Mitteln durch Gesellschafter vor dem Bilanz�stichtag

Verbesserung der Kassenliquidität durch den Verkauf von Wertpapie�ren mit Rücknahmeverpflichtung (Pensionsgeschäfte)

Schnellerer Einzug von Kundenforderungen

Reduzierung des Lagerbestands durch den Verkauf von Lagerhütern

Verzögerte Bezahlung von Verbindlichkeiten

Vereinbarungen von Anzahlungen der Kunden

Beschleunigter Verkauf an Kunden, die schneller bezahlen

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Verzögerte Durchführung von Anzahlungen an Lieferanten

Reduzierung von Größenmerkmalen durch Aufspaltung des Unter�nehmens

Verringerung der Bilanzsumme durch Einrichtung von Kommissions�lägern

Reduzierung der Bilanzsumme durch die Verlegung des Bilanzstichta�ges auf einen Zeitpunkt außerhalb der Saison

Abb. 116: Gestaltung von Sachverhalten durch eine formelle Bilanzpolitik

5.2 Materielle MaßnahmenBei der Beeinflussung der Darstellung von Sachverhalten im Jahres-abschluss müssen wir hinsichtlich der materiellen Maßnahmenzwischen Wahlrechten und Ermessensspielräumen unterscheiden.

MaterielleGestaltungsmöglichkeiten

Wahlrechte Ermessenspielräume

Verfahrens�spielräume

Individual�spielräume

Bilanz�ansatzwahl�

rechte

Bewertungs�wahlrechte

Aktivierungs�wahlrechte

Passivierungs�wahlrechte

Wertansatz�wahlrechte

Methoden�wahlrechte

Abb. 117: Materielle Gestaltungsmöglichkeiten

Bei Wahlrechten gibt es für einen gegebenen Tatbestand mindestenszwei verschiedene und eindeutig fixierte Rechtsfolgen, die sich ge-

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B Bilanzpolitische Maßnahmen

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genseitig ausschließen. Wahlrechte beziehen sich auf Ansatzfragenund auf Bewertungsfragen des Jahresabschlusses.

Bei der Wahl zwischen der degressiven und der linearen Abschrei-bung kann sich die Unternehmensleitung für die eine oder andereAbschreibungsmethode entscheiden, da es ein handels- und steuer-rechtliches Wahlrecht gibt.

Ermessensspielräume bei der Bilanzierung und bei der Bewertungsind gegeben, wenn das Gesetz einen bestimmten Wertansatz odereinen bestimmten Wertmaßstab zwar vorschreibt, nicht aber diejeweilige Methode und die jeweiligen Komponenten entweder demGrund und/oder der Höhe nach zu seiner bilanziellen Erfassung desAnsatzes oder des Wertes vorgibt.

Bei den Ermessensspielräumen können wir die Verfahrens- und dieIndividualspielräume unterscheiden. Verfahrensspielräume ergebensich bei der Bewertung, wenn bei der Art der Wertermittlung in derPraxis verschiedene Verfahren für zulässig erachtet werden. Die Artder Berücksichtigung von Beschäftigungsschwankungen bei derErmittlung der Herstellungskosten beispielsweise stellt einen Be-wertungsspielraum dar. Die auf der Basis der Ist-Beschäftigung be-rechneten Herstellungskosten sind grundsätzlich zulässig. Es ist aberauch gestattet, bei der Verteilung der Gemeinkosten von der Nor-malbeschäftigung auszugehen.

Einzelentscheidungen, die dem Grunde oder der Höhe nachWertansätze festlegen, zählen zu den Individualspielräumen. Für dieFrage der Bilanzierung und für die Schätzung der Werte gibt esmeist erhebliche Spielräume. Der Eintritt oder der Nichteintritt desRückstellungsgrundes bei drohenden Einzelgarantierisiken bildenbeispielsweise einen erheblichen Passivierungsspielraum. Für denUmfang der Abwertungen bei den Vorräten ist gemäß dem strengenNiederstwertprinzip ein größerer Ermessensspielraum bei der Be-wertung gegeben.

Die Ermessensspielräume ergeben sich zwangsläufig aus der Un-möglichkeit in der Praxis, die wirtschaftliche Wirklichkeit vollstän-dig zu normieren. Da es keine genauen Informationen über die zubeurteilenden Sachverhalte gibt und da die Zukunft ungewiss ist,sind die Ermessensspielräume relativ groß bei der Bilanzierung und

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bei der Bewertung. Besonders die Individualspielräume eignen sichals flexibel einsetzbare bilanzpolitische Instrumente.

5.2.1 Beeinflussung der Darstellung von Sachverhalten

Bei der Beeinflussung der Darstellung von Sachverhalten im Jahres-abschluss können wir Bilanzierungs- und Bewertungsalternativenunterscheiden.

Materielle Darstellung von Sachverhalten

Bilanzierungsalternativen Bilanzierungsalternativen

Abb. 118: Materielle Darstellung von Sachverhalten

Bilanzierungsalternativen

Die Bilanzierungsalternativen betreffen die Frage, welche Vermö-gensgegenstände oder Schulden in der Bilanz aktiviert oder passi-viert werden sollen. Anhand von Aktivierungsalternativen könnengetätigte Ausgaben entweder erfolgsneutral als Aktivposten bilan-ziert oder sofort als Aufwand erfasst werden. Passivierungsalternati-ven erlauben, dass bestimmte zukünftige Ausgaben zum Bilanz-stichtag nicht berücksichtigt werden oder als aufwandserhöhend denRückstellungen zuzuführen sind.

Wenn ein niedriger Gewinn im Jahresabschluss ausgewiesen werdensoll, dann wird auf die Aktivierungen verzichtet und die Passivie-rungen vorgenommen. Soll dagegen ein höherer Gewinn gezeigtwerden, so sind die Aktivierungen durchzuführen und die Passivie-rungen zu vermeiden.

Folgende Wahlrechte und Ermessensspielräume sind bei den Bilan-zierungsalternativen möglich:

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B Bilanzpolitische Maßnahmen

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Bilanzierungsalternativen1. Wahlrechte

1.1 AktivierungswahlrechteDerivativer Firmenwert (H)Disagio (H)Aktivische latente Steuern (H)Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung desGeschäftsbetriebes (H)

1.2 PassivierungswahlrechteSonderposten mit Rücklageanteil (H/S)Mittelbare Verpflichtungen aus Pensionszusagen (H)Rückstellungen für unterlassene Instandhaltungen, die nachdem dritten aber einschließlich des zwölften Monats nach demBilanzstichtag nachgeholt werden (H)Aufwandsrückstellungen für große Reparaturen (H)Rückstellungen für spätere Ausgleichsansprüche von Handels�vertretern (H)Wertaufholungsrücklagen (H)Pensionsrückstellungen bei Zusagen vor dem 1. 1. 1987Aufwandsrückstellungen

2. Ermessensspielräume

2.1 AktivierungsspielräumeAbgrenzung von Herstellungsaufwendungen und Erhaltungs�aufwendungen (H/S)Abgrenzung des Merkmals entgeltlicher Erwerb beim Zugangeines immateriellen Anlagegutes (H/S)

2.2 PassivierungsspielräumeEintritt oder Wegfall des Grundes für Rückstellungen bei dro�henden Einzelrisiken (H/S)Auflösung von Rückstellungen beim Wegfall drohender Risiken(H/S)Bedingte Verbindlichkeiten (H/S)

H= Gestaltungsmöglichkeiten in der Handelsbilanz

S = Gestaltungsmöglichkeiten in der Steuerbilanz

Abb. 119: Bilanzierungsalternativen

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Bewertungsalternativen

Die Bewertungsalternativen befassen sich mit der Frage, welcheWertansätze für die in der Bilanz erfassten Positionen genommenwerden können. Wenn der Gewinn angehoben werden soll, dannsind höhere Aktivierungen und niedrigere Passivierungen erforder-lich. Bei einer gewinnmindernden Bilanzpolitik wird umgekehrtvorgegangen.

Der Grundsatz der Bilanzstetigkeit ist bei den Bewertungsalternati-ven zu beachten (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB). Die auf den vorherge-henden Jahresabschluss angewandten Bewertungsmethoden sindbeizubehalten, sofern nicht begründete Ausnahmefälle vorliegen(§ 252 Abs. 2 HGB). Methodenänderungen müssen bei Kapitalge-sellschaften im Anhang angegeben und begründet werden (§ 284Abs. 2 Nr. 3 HGB).

Die Bewertungsalternativen hinsichtlich der Wahlrechte und derErmessensspielräume gehen aus der folgenden Abbildung hervor:

Bewertungsalternativen1. Wahlrechte

1.1 AktivaAbschreibungsmethoden beispielsweise linear oder degressiv(H/S)Abschreibungen bei abnutzbaren beweglichen Anlagegüternim Zugangsjahr (H/S)Außerplanmäßige Abschreibungen im Anlagevermögen bei nurvorübergehender Wertminderung (H/S)Inanspruchnahme von Zuschreibungsmöglichkeiten (H/S)Einbeziehung nur der Einzelkosten in die Herstellungskosten (H)Einführung der fiktiven Verbrauchsfolgeverfahren – Lifo – Fifo(H/S)Gemeinkostenschlüsselung bei der Ermittlung der Herstel�lungskostenBerücksichtigung von Beschäftigungsschwankungen bei derErmittlung der HerstellungskostenAbschreibungen auf den zukünftigen Wertschwankungswertim Umlaufvermögen

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Beibehaltung eines niedrigeren WertansatzesReduzierung des Warenlagers durch den Einsatz von Einzel�,Gruppen� oder Festbewertungen

1.2 PassivaVerteilung bestimmter Zuführungen zu Pensionsrückstellungenauf drei Jahre (H/S)Bewertung von Fremdwährungsverbindlichkeiten bei schwan�kenden Wechselkursen (H/S)Alternativen bei dem der Pensionsrückstellung zu Grunde zulegenden Pensionsalter (H/S)Feststellung des Prozentsatzes zur Abzinsung von Pensions�rückstellungen (H)

2. Ermessensspielräume

2.1 AktivaBestimmung der Nutzungsdauer von Anlagegütern (H/S)Umfang von außerplanmäßigen Abschreibungen beim Anlage�vermögen (H/S)Bemessung der Abschreibungen auf den zukünftigen Wert�schwankungswert im UmlaufvermögenGemeinkostenschlüsselung bei der Ermittlung der Herstel�lungskosten (H/S)Bemessung der Höhe der Einzelwertberichtigungen zu Forde�rungen (H/S)Höhe des Zinssatzes bei zinsabhängigen Kosten (H/S)Abschreibungen im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Be�urteilung

2.2 PassivaHöhe der pauschalen Garantierückstellungen (H/S)Berücksichtigung von Kostensteigerungen nach dem Bilanz�stichtag bei der Bewertung der Rückstellungen (H)Bemessung der Höhe bestimmter Rückstellungen für Einzelrisi�ken, z. B. Produkthaftpflicht, Garantie (H/S)Höhe des Zinssatzes bei zinsabhängigen Posten (H/S)

H= Gestaltungsmöglichkeiten in der Handelsbilanz

S = Gestaltungsmöglichkeiten in der Steuerbilanz

Abb. 120: Bewertungsalternativen

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5.2.2 Gestaltung von Sachverhalten

Bei der Gestaltung von Sachverhalten kommt es auf die bilanzrecht-liche Beurteilung an. Außerdem müssen wir zwischen der Ergebnis-beeinflussung und der originären Gestaltung unterscheiden.

Bilanzrechtliche Beurteilung

Gegen die Gestaltung von Sachverhalten als Mittel der Bilanzpolitikkann der Vorwurf der Bilanzmanipulation erhoben werden. Umdieser Unterstellung zu entgehen, sollten bestimmte Voraussetzun-gen beachtet werden.

1. Ernsthaft gewolltes GeschäftFür alle Beteiligten sollte es sich um ein ernsthaft gewolltes Ge-schäft handeln.

2. Angemessene KonditionenDie Konditionen des Geschäftes müssen angemessen sein. Lei-stungen und Gegenleistungen sollten sich in der Wertigkeit ent-sprechen.

3. Keine rückwirkend vereinbarten GeschäfteWenn Geschäfte noch rückwirkend vereinbart und eingebuchtwerden, widersprechen sie dem Grundsatz der Stichtagsbewer-tung.

Ergebnisbeeinflussung

Die Bilanzpolitik wird in der Praxis häufig eingesetzt, um die bilan-zielle Entwicklung des Jahresergebnisses eines Unternehmens zusteuern. Es geht meist um eine Gewinnglättung.

Die Gestaltung von Sachverhalten stellt aus bilanzpolitischer Sichtmeist nur eine zeitliche Verlagerung von Geschäftsvorfällen dar.Dabei kann es sich um eine zeitliche Vorverlagerung oder Nachver-lagerung handeln.

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B Bilanzpolitische Maßnahmen

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Ergebnisbeeinflussung

Vorverlagerung Nachverlagerung

Abb. 121: Ergebnisbeeinflussung durch Vor� oder Nachverlagerung

Eine typische Form der bilanzpolitischen Gestaltung von Sachver-halten zur Ergebnisbeeinflussung ist die zeitliche Verlagerung vonGeschäftsvorfällen. Diese Entscheidungen werden in den letztenMonaten vor dem Ende des Geschäftsjahres getroffen, wenn dasvoraussichtliche Jahresergebnis hinreichend genau abgeschätzt wer-den kann. Die Auswirkungen dieser Maßnahmen betreffen meistnur das laufende und das kommende Geschäftsjahr. Wenn be-stimmte Aufträge vor einem Bilanzstichtag schneller fertig gestelltund ausgeführt werden, erhöht sich der Gewinn des laufenden Jah-res. Der Gewinn des kommenden Geschäftsjahres wird dann um dengleichen Betrag vermindert.

In der folgenden Abbildung werden verschiedene Formen von Sach-verhaltsgestaltungen aufgezählt:

Gestaltung von Sachverhalten zur Ergebnisbeeinflussung1. Zeitliche Verlagerung von Geschäftsvorfällen

1.1 VorverlagerungBeschleunigte Anschaffung oder Fertigstellung von Anlagegü�tern zur Nutzung höherer AbschreibungenSchnellere Beschaffung von Roh�, Hilfs� und Betriebsstoffensowie von Waren wegen der Anwendung des Lifo�VerfahrensBeschleunigter Erwerb von Anlagegütern, auf die eine kurz vorder Auflösung stehende Rücklage nach § 6b EStG übertragenwerden kannSchnellerer Verkauf von nicht betriebsnotwendigen Vermö�gensgegenständen zur GewinnrealisierungBeschleunigte Produktion von Produkten zur Aktivierung hö�herer GemeinkostenanteileSchnellere Fertigstellung von Aufträgen zur höheren Gewinn�realisierung

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Bilanzpolitik B

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1.2 NachverlagerungVerschiebung von Reparaturen zur aufwandsmäßigen Entla�stung des alten GeschäftsjahresVerzögerung des Absatzes der Produkte zur Verschiebung derGewinnrealisierungVerschiebung von Pensionszusagen zur Vermeidung von hö�heren PensionsrückstellungenVerzögerung der Entscheidung über einen Erlaß von Forderun�genVerschiebung von Werbemaßnahmen in das nächste Ge�schäftsjahr

Abb. 122: Gestaltung von Sachverhalten zur Ergebnisbeeinflussung

Originäre Gestaltungen

Einige Gestaltungen, die aus bilanzpolitischen Gründen durchge-führt werden, wirken längerfristig. Diese Maßnahmen nennen wirauch originäre Gestaltungen.

Wenn ein Unternehmen mit einer Tochtergesellschaft einen Ergeb-nisabführungsvertrag abschließt, können die Verluste der Tochter-gesellschaft sofort steuerlich mit dem eigenen Gewinn verrechnetwerden.

Einige Beispiele für originäre Gestaltungen sind der folgenden Ab-bildung zu entnehmen:

Originäre GestaltungenAbschluss eines Ergebnisabführungsvertrages, um die Verluste derOrgangesellschaft beim Organträger zu erfassen

Erfolgswirksamer Forderungsverzicht von Gesellschaftern

Verlagerung der Gewinne auf den privaten Bereich und keine Ver�wirklichung im Unternehmen, d. h. Deklarierung von Vermögenswer�ten mit der Chance auf Wertsteigerungen im Privatvermögen undnicht im Betriebsvermögen, z. B. Wertpapiere und Grundstücke

Gründung von Zweigbetrieben in Gemeinden mit niedrigeren Gewer�besteuerhebesätzen

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B Bilanzpolitische Maßnahmen

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Zuordnung von Einkünften nicht zu dem gewerblichen Bereich, son�dern zu anderen Bereichen, z. B. freiberuflicher Gewinn oder Ein�künfte aus Vermietung und Verpachtung, um Gewerbesteuer zu spa�ren

Andere Wahl der Rechtsform, z. B. GmbH & Co. KG

Abschluss von besonderen Verträgen, z. B. Pachtvertrag bei einer Be�triebsaufspaltung

Verlagerung von gewerblichen Gewinnen in Holding�Gesellschaften,die in Steueroasen ihren Sitz haben

Verteilung der normal der Einkommensteuer zu unterwerfenden Ge�winne auf mehrere Privatpersonen, z. B. Gründung von Familienge�sellschaften, frühzeitiger Erbübergang auf die Kinder

Abb. 123: Originäre Gestaltungen

Zusammenfassung:Bilanzpolitisch veranlasste Sachverhaltsgestaltungen können Mehrko�sten oder Mindererträge zur Folge haben. Die Verschiebung von Repa�raturen beispielsweise kann zu Betriebsstörungen führen, die beträcht�liche Kosten verursachen können.

Einige angestrebte bilanzpolitische Ziele können auch durch andereMaßnahmen erreicht werden, indem beispielsweise die Bewertungs�spielräume besser ausgenutzt werden. Die kostengünstigeren Maßnah�men sollten dann vorgezogen werden.

Die ergebnisbeeinflussende Bilanzpolitik kann sich sowohl auf die Re�duzierung der Gewinne als auch auf die Verminderung der laufendenVerluste beziehen. In den Jahren der guten Konjunktur geht es insbe�sondere darum, erwirtschaftete Gewinne zu verstecken. Bei Rezessionendagegen besteht öfter der Bedarf, die entstandenen Verluste zu kom�pensieren.

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C Exkurs: InternationaleRechnungslegung

1 InternationaleRechnungslegungsstandards

International tätige Großunternehmer, die an den wichtigsten Börsender Welt präsent sein wollen, und selbst junge innovative Unterneh-men, die den „Neuen Markt“ der Deutschen Börse AG zur Finanzie-rung nutzen wollen, müssen ihren Konzernabschluss nach internatio-nal anerkannten Rechnungslegungsstandards (z. B. IFRS, US-GAAP)aufstellen. Mit dem neuen § 292 a HGB des Gesetz zur Verbesserungder Wettbewerbsfähigkeit deutscher Konzerne an Kapitalmärkten. ...(Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz – KApAEG) vom 20.4.1998 istbörsennotierten deutschen Unternehmen diese Möglichkeit gegeben;ein Konzernabschluss nach HGB erübrigt sich dann.

Für börsennotierte Publikumsgesellschaften gewinnt darüber hinausdie externe Kontrolle durch die internationalen Kapitalmärkte anGewicht. Das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unterneh-mensbereich (KonTraG) vom 27.4.1998 trifft hierzu klarstellendeund ergänzende Regelungen, insbesondere in den Bereichen derinternationalen Unternehmensüberwachung, der Berichterstattungim Lagebericht, des Prüfungsauftrags und der Berichterstattung derAbschlussprüfer sowie der Zusammenarbeit zwischen den Überwa-chungsinstitutionen (Vorstand, Aufsichtsrat und Abschlussprüfer).

Nachfolgend die wichtigsten Grundlagen der Rechnungslegungs-Systeme nach HGB, IFRS und US-GAAP.

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C

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2 Gegenüberstellung von HGB,IFRS und US�GAAP

2.1 Grundlagen der Rechnungslegungs�Systeme

Die Vorschriften, Bestandteile, Zwecke und der steuerliche Einfluss desHGB und der internationalen Standards unterscheiden sich wie folgt:

HGB IFRS US�GAAP

Vorschriften Kodifiziertes Bilanz�recht; detailliertegesetzliche Vor�schriften (Code law)

Vielzahl von Einzel�empfehlungen ohneRechtskraft, die voneiner berufsständi�schen Organisation,der InternationalAccounting Stan�dards Commission(IASC), entwickeltwurden (Soft law)

Keine Regelungen inden Einzelstaaten�gesetzen; die Rech�nungslegungsgrund�sätze werden imAuftrag der SecuritiesExchange Commissi�on (SEC) vom Finan�cial AccountingStandards Board(FASB) entwickelt(Case law)

Bestandteile BilanzGuV�RechnungAnhangLagebericht

BilanzGuV�RechnungErläuterungenKapitalflussrechnungErgänzungsrechnun�gen(Segmentberichter�stattung)

BilanzGuV�RechnungErläuterungenKapitalflussrechnungErgänzungsrechnun�genEntwicklung desEigenkapitals

Zwecke • Dokumentation• Gewinnermittlung

für Ausschüttun�gen und Besteue�rung

• Information�> Gläubigerschutz

Entscheidungsrele�vante Information fürInvestoren

�> Investoren�bedürfnisse

Entscheidungsrele�vante Information fürInvestoren

�> Investoren�bedürfnisse

SteuerlicherEinfluss

Maßgeblichkeits�prinzip

Grundsätzlich ohnesteuerliche Einflüsse

Keine steuerlichenEinflüsse

Abb. 124: Vorschriften, Bestandteile, Zwecke und steuerlicher Einfluss

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Exkurs: Internationale Rechnungslegung C

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2.2 Grundsätze der RechnungslegungDie Grundsätze der Rechnungslegung sind auch unterschiedlich, wieaus der folgenden Aufstellung hervorgeht:

Rechnungslegungs�grundsätze

HGB IFRS US�GAAP

True and fair view Generalnorm Keine Generalnorm Fair presentationals übergeordneterGrundsatz

Vorsichtsprinzip ErheblicheBedeutung

GeringerStellenwert

Wird durch fairpresentationüberlagert

Realisationsprinzip Strenge Auslegung Überlagert durchperiodengerechteGewinnermittlung

Überlagert durchperiodengerechteGewinnermittlung

Anschaffungswert�prinzip

Anschaffungs� undHerstellungskostenals Wertobergrenze

Bewertung überdie Anschaffungs�kosten bei be�stimmten Vermö�gensgegenständenzulässig

EingeschränkteGültigkeit des No�minalwertprinzips;höhere Wertansät�ze sind möglich.

Stetigkeitsgrundsatz Stetigkeitsgebotmit zahlreichenAusnahmen

Strenge Auslegung Strenge Auslegung

Einzelbewertungs�grundsatz

EingeschränkteAusnahmen

Gilt grundsätzlichmit zahlreichenAusnahmen

Gilt grundsätzlichmit zahlreichenAusnahmen

Abb. 125: Unterschiedliche Grundsätze der Rechnungslegung

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C Gegenüberstellung von HGB, IFRS und US�GAAP

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2.3 BilanzierungBei der Bilanzierung gibt es erhebliche Unterschiede zwischen derhandelsrechtlichen Rechnungslegung und IFRS und US-GAAP, wiefolgende Aufstellung zeigt:

HGB IFRS US�GAAP

Aktivierung vonEntwicklungs�kosten

Aktivierungsverbot(§ 248 Abs. 2 HGB)

Aktivierungsverbotfür Forschungsko�sten; Aktivierungvon Entwicklungs�kosten bei best.Voraussetzungen

Aktivierungsverbot

Vorteile aus steu�erlichen Verlust�vorträgen

Aktivierungsverbot Aktivierungspflichtvon Steuerabgren�zungsposten imZusammenhang mithinreichend wahr�scheinlichen Vor�teilen aus Verlust�vorträgen

Für steuerlicheVerlustvorträgekönnen aktivischelatente Steuerngebildet werden.

DerivativerGeschäftswert

Aktivierungswahl�recht

Aktivierungspflicht Aktivierungspflicht

Latente Steuern Aktivierungswahl�recht bei aktivi�schen latentenSteuern

Ansatzpflicht vonaktivischen undpassivischen la�tenten Steuern

Ansatzpflicht vonaktivischen undpassivischen la�tenten Steuern

Aufwandsrück�stellungen

Passivierungs�wahlrecht

Passivierungsver�bot; Rückstellungendürfen nur beiDrittverpflichtun�gen gebildet wer�den

Passivierungsver�bot; Rückstellungendürfen für Ver�pflichtungen ge�genüber Drittengebildet werden

Pensions�rückstellungen

Passivierungs�pflicht; Passivie�rungswahlrecht fürAltzusagen

Passivierungspflicht Passivierungspflicht

Sonderposten mitRücklageanteil

Ansatz wegenMaßgeblichkeit

Keine steuerlichenEinflüsse

Keine steuerlichenEinflüsse

Abb. 126: Unterschiede bei der Bilanzierung

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Exkurs: Internationale Rechnungslegung C

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2.4 BewertungDie Bewertung der einzelnen Bilanzposititionen unterscheidet sichnach HGB, IFRS und US-GAAP auch, wie der folgenden Aufstellungzu entnehmen ist:

HGB IFRS US�GAAP

Anschaffungs� undHerstellungskosten

Vgl. § 255 Abs. 1und § 255 Abs. 2HGB

• Anschaffungskosten vergleichbar mit§ 255 Abs. 1 HGB

• Hk beinhalten die zurechenbaren Ein�zel� und Gemeinkosten (Vollkosten�ansatz), wobei die Aktivierung vonVerwaltungsgemein� und Vertriebsko�sten unzulässig ist

• Einbeziehung von Fremdkapitalzinsennur bedingt zulässig

Gewinnrealisierungbei Fertigungsauf�trägen

Gewinnrealisierungvor Abnahme istgrundsätzlich nichtzulässig(Completed con�tract method);Ausnahme:Percentage ofcompletionmethod.

Anteilige Gewinn�realisierung vorAbschluss des Pro�jektes (Percentageof completionmethod) stellt denGrundsatz dar

Grundsätzlich Per�centage ofcompletionmethod, jedoch beierheblichen Schät�zunsicherheitenbezüglich der zuerwartenden Erträ�ge und Aufwen�dungen ist dieCompleted contractmethod anzuwen�den.

Umrechnung vonFremdwährungs�positionen

Umrechnung unterBerücksichtigungdes Anschaffungs�kosten� und Reali�sationsprinzips

Monetäre Aktivaund Passiva sindzum Wechselkursdes jeweiligen Ab�schlussstichtagesumzurechnen;nicht monetärePositionen grund�sätzlich mit Kurszum Erwerbszeit�punkt

Monetäre Positio�nen zum Stichtags�kurs; nicht�monetäre Positio�nen mit Wechsel�kurs zum Er�werbszeitpunktumgerechnet, wo�bei zur Festlegungdes Fairvalue derStichtagskurs her�anzuziehen ist.

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C Gegenüberstellung von HGB, IFRS und US�GAAP

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HGB IFRS US�GAAP

Beteiligungen Anschaffungsko�stenprinzip

Equity�Methode Equity�Methode istPflicht

Wertpapiere Anschaffungswert�,Realisations� undImparitätsprinzip

• Wertpapiere desUV werden zuAK oder zumMarktwert bilan�ziert, (Ergebnis�wirksame Ver�rechnung oderdie Einstellungeiner Neubewer�tungsrücklage)

• Wertpapiere desAV werden zuAK oder zumNeubewertungs�betrag angesetzt(WertänderungNeubewer�tungsrücklage)

• Gesamtportfoli�obewertung

• Zum VerkaufbestimmteWertpapiere(sog. Tradingsecurities) sindzum Marktwertzu bewerten, sodass unreali�sierte Gewinneund Verlusteerfolgswirksamerfasst werden.

• Wertpapier desAnlagevermö�gens (Held toMaturitySecurities) wer�den mit denfortgeführtenAnschaffungs�kosten oder demniedrigeren Wertbewertet

• Gesamtportfoli�obewertung

Vorräte Voll� oder Teilko�stenansatz undNiederstwertprinzip

Vollkostenansatzoder absatz�marktorientierterNettoveräuße�rungserlös

Vollkostenansatz,ggf. auch über denhistorischen An�schaffungs� undHerstellungskostenbei unmittelbarerVerwertbarkeit zubekanntem Markt�preis

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Exkurs: Internationale Rechnungslegung C

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HGB IFRS US�GAAP

Bewertung vonRückstellungen

Rückstellungensind in Höhe desBetrages anzuset�zen, der nach ver�nünftiger kauf�männischer Beur�teilung erforderlichist; Vorsichtsprinzip

Wert, der diehöchste Wahr�scheinlichkeit auf�weist; bei gleicherEintrittswahr�scheinlichkeit ineiner Bandbreitegenügt es, denniedrigsten Wertanzusetzen (Anga�be Verlustrisiko).

Bewertung erfolgtmit dem erwarte�ten künftigen Ab�fluss (wahrschein�lichster Wert). Sindmehrere Wertegleichwahrschein�lich, so ist der ge�ringste der mögli�chen Werte anzu�setzen

Pensionsrück�stellungen

Bewertung nachdem sog. Teilwert�verfahren mitZinssatz von 6 %

Anwartschaftsbar�wertverfahren mitTrendannahmen(Karrieretrends)und aktueller Ka�pitalmarktzins

Anwartschaftsbar�wertverfahren mitTrendannahmen(Karrieretrends)und aktueller Ka�pitalmarktzins

Abb. 127: Unterschiede bei der Bewertung

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C Gegenüberstellung von HGB, IFRS und US�GAAP

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2.5 KonzernabschlussDie Konzeptionen des Konzernabschlusses sind beim HGB, IFRSund US-GAAP auch unterschiedlich, wie aus der folgenden Zusam-menstellung hervorgeht:

HGB IFRS US�GAAP

Konzeption Einheitstheorie Einheitstheoriedominiert

Vermischung vonEinheits� und Inter�essentheorie

Befreiende Kon�zernabschlüsse

Vgl. §§ 291 und292 HGB

Befreiung nur inAusnahmefällen

Nicht vorgesehen

Konsolidierung beiabweichenderTätigkeit Toch�terunternehmen

Einbeziehungsver�bot

Konsolidierungs�pflicht

Konsolidierungs�pflicht

Konsolidierungs�wahlrechte

Vgl. § 296 Abs. 1und 2 HGB

Keine konkretenWahlrechte

Keine konkretenWahlrechte

Kapital�konsolidierung

Buchwert� undNeubewertungs�methode

Buchwert� undNeubewertungs�methode

Neubewertungs�methode

Unterschiedsbetragaus Kapital�konsolidierung

ErgebniswirksameAuflösung einespassiven Unter�schiedsbetrages nureingeschränkt zu�lässig

Pflicht zur planmä�ßigen erfolgswirk�samen Auflösung

Pflicht zur planmä�ßigen erfolgswirk�samen Auflösung

Währungs�umrechnung

Keine Vorschriften FunktionaleWährung

FunktionaleWährung

Quoten�konsolidierung

Gemeinschafts�unternehmen

Gemeinschafts�unternehmen

Generell nichtzulässig

Abb. 128: Unterschiedliche Konzeptionen des Konzernabschlusses

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Exkurs: Internationale Rechnungslegung C

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2.6 ErgänzungsrechnungenAuch bei den Ergänzungsrechnungen zeigen sich einige Unterschie-de. Die Kapitalflussrechnung und die Segmentberichterstattungwerden erst seit Anfang 1998 im HGB vorgeschrieben.

HGB IFRS US�GAAP

Kapitalflussrech�nung

Kapitalflussrech�nung

Die Veränderungender flüssigen Mittelund der Cash�equivalents sinddarzustellen(IAS7: Cashflow�statements)

Die Veränderungender flüssigen Mittelund der Cash�equivalents sinddarzustellen(SFAS No.95:Statement ofCashflows)

Segmentbe�richterstattung

Segmentberichter�stattung

Segmentierungder Jahresab�schlussdaten nachGeschäftsbereichenund geographi�schen Bereichen istverbindlich (Repor�ting Financial In�formation by Seg�ment)

Segmentierung derJahresabschluss�daten nach Ge�schäftsbereichenund geographi�schen Bereichen istvorgeschrieben(„Financial Repor�ting for Segmentsof Business Enter�prise“)

Gewinn je Aktie Keine Regelung Die Ermittlung desGewinns je Aktie(Earnings Per Sha�re) ist vorgeschrie�ben

Die Ermittlung desGewinns je Aktie(Earnings Per Sha�re) ist vorgeschrie�ben

Eigenkapitalverän�derungsrechnung

Keine expliziteRegelung; jedoch§ 158 AktG

Keine expliziteRegelung

Sämtliche Eigenka�pitalpositionen derVorperiode werdenin die Positionendes aktuellen Ab�schlusses überführt

Abb. 129: Ergänzungsrechnungen

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D Auswirkungen der Steuer�gesetze auf die Jahresab�schlusserstellung

Die Tendenz zu einer weiteren Verselbstständigung der Steuerbilanzgegenüber der Handelsbilanz wird weiter verstärkt. Die steuerlichenEingriffe in gewohnte Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sindso tief greifend, dass bereits von der Abschaffung der Maßgeblich-keitsgrundsätze der Handelsbilanz für die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1EStG) die Rede ist.

Für den Jahresabschluss sind jeweils bestimmte Vorbereitungen zutreffen. Neben den buchhalterisch-technischen Aspekten solltenauch die inhaltlich-bilanzpolitischen Gesichtspunkte berücksichtigtwerden.

1. Buchhalterisch-technische Aspekte

Bei den buchhalterisch-technischen Vorbereitungen handelt es sichum die Abstimmung und die Bereinigung aller Konten in der Fi-nanzbuchhaltung. Außerdem sind die noch offenen Fragen aus derlaufenden Buchhaltung zu klären.

Alle erforderlichen Unterlagen für den Jahresabschluss müssen be-reitgestellt werden. Saldenbestätigungen sind anzufordern. Es müs-sen Vorkehrungen für die entsprechenden Datenerhebungen ge-troffen werden. Dies gilt insbesondere für die Durchführung derInventur und die Aufstellung des Inventars.

Es ist auch zu überprüfen, ob sich gegenüber dem letzten Jahresab-schluss Veränderungen hinsichtlich der Größenklasse, der Prü-fungspflichten und des Umfangs des Jahresabschlusses ergeben ha-ben.

Diese vorbereitenden Arbeiten sind erforderlich, damit der Jahres-abschluss effizient und zielgerichtet durchgeführt werden kann.

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D Überprüfung der Finanzbuchhaltung

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Dafür ist eine gesicherte Datenbasis notwendig, um dann eine Er-gebnisvorschau zu erstellen.

Inhaltlich-bilanzpolitische Gesichtspunkte

Die inhaltlich-bilanzpolitischen Überlegungen sollten bereits vordem Jahresabschluss aufgrund einer Ergebnisvorschau angestelltwerden. Die Bilanzpolitik beschäftigt sich insbesondere mit derBeeinflussung der Ergebnishöhe (Gewinn) und mit der Ergebnis-darstellung.

Die Adressaten des Jahresabschlusses umfassen die Unternehmens-leitung, das Finanzamt, die Banken, die Kunden, die Lieferanten, dieMitarbeiter und die Kapitalgeber. Die Zielsetzungen und die Infor-mationsbedürfnisse der verschiedenen Zielgruppen sind aber sehrunterschiedlich. Es besteht ein klassischer Konflikt zwischen demAusweis eines möglichst hohen Gewinns gegenüber den Banken undeinem möglichst steuersparenden Ausweis des Gewinns gegenüberdem Finanzamt.

Die Bearbeitungs- und Entscheidungskompetenzen für alle bilanz-politischen Aufgaben liegen nicht nur bei einem Mitarbeiter imUnternehmen. Deshalb sollten die entsprechenden Aufgaben gutkoordiniert werden. Die Unternehmensleitung eignet sich besondersfür diese Koordination aller Arbeiten. Die unterschiedlichen Inter-essen der Unternehmensleitung, des Controlling, des Rechnungs-wesens, der Steuerberater oder der Wirtschaftsprüfer und der exter-nen Unternehmensberater müssen berücksichtigt werden. Dadurchlassen sich Bearbeitungslücken, Doppelarbeiten und Abstimmungs-probleme eher vermeiden.

1 Überprüfung derFinanzbuchhaltung

Die Überprüfung der Finanzbuchhaltung umfasst die Buchungenwährend des Geschäftsjahres und die Jahresabschlussbuchungen.

Die Buchungen, die während des Geschäftsjahres vorgenommenwerden, müssen gründlich auf Fehler untersucht werden. Vor der

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Auswirkungen der Steuergesetze auf die Jahresabschlusserstellung D

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Erstellung einer Ergebnisvorschau für das laufende Geschäftsjahrsind diese Untersuchungen durchzuführen. Daneben sind die erfor-derlichen Unterlagen vorzubereiten und Berechnungen durchzufüh-ren, die für die Jahresabschlussbuchungen notwendig sind.

Um die laufenden Buchungen im Rahmen der Jahresabschlusser-stellung zu überprüfen und abzustimmen sowie die Jahresabschluss-buchungen zu ermitteln, sollte eine Checkliste erstellt werden, diedann systematisch abgearbeitet werden kann. Die Checkliste orien-tiert sich an den wesentlichen Bilanzpositionen gem. § 266 HGB.

Checkliste: Überprüfung der laufenden Buchhaltung sowie Ermitt�lung der Jahresabschlussbuchungen

Immaterielle Vermögensgegenstände und Sachanlagen

1. Sind die Anschaffungs� bzw. Herstellungskosten entsprechend dengesetzlichen Vorschriften ermittelt worden?

2. Wurde das Aktivierungsverbot für selbsterstellte immaterielleVermögensgegenstände beachtet?

3. Stimmt die Liste der Zu� bzw. Abgänge mit dem Anlagenspiegelüberein?

4. Werden die Vermögensgegenstände über eine Nutzungsdauer ab�geschrieben, die mit den Werten der amtlichen AfA�Tabellen ab�gestimmt sind?

5. Ist die Abschreibung für das Jahr des Zugangs zutreffend nach ei�ner zulässigen Abschreibungsmethode ermittelt?

6. Sind bei den Abgängen die Abschreibungen, der Abgang aus denBestandskonten und ggf. die Verkäufserlöse richtig gebucht?

7. Ist die Vereinfachungsregel für GWG zutreffend angewandt wor�den?

8. Stimmen die Konten der Anlagenbuchhaltung (Nebenbuch) mitden Sachkonten (Hauptbuch) überein?

9. Wurden Reparaturen und Instandhaltungen auf aktivierungs�pflichtige Vorgänge untersucht?

10. Sind Zuschreibungen im Anlagevermögen wegen Wegfalls desGrundes einer bisher angesetzten außerplanmäßigen Abschrei�bung vorzunehmen?

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D Überprüfung der Finanzbuchhaltung

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Finanzanlagen

1. Ist der Ausweis der Beteiligungen korrekt (§ 271 Abs. 1 HGB)?

2. Ist der Ausweis der verbundenen Unternehmen zutreffend (§ 271Abs. 2 HGB)?

3. Liegen bei den Zu� und Abgängen die notwendigen Unterlagen vor(z. B. notarielle Kaufverträge, HR�Auszüge, Depotbescheinigung)?

4. Sind die korrespondierenden Posten in der GuV zutreffend erfasst(z. B. Erträge aus Beteiligungen, Ab� und Zuschreibungen auf Fi�nanzanlagen)?

Vorräte

1. Stimmen die Positionen des Inventars (Nebenbuch) mit den ent�sprechenden Sachkonten (Hauptbuch) überein?

2. Sind Roh�, Hilfs� und Betriebsstoffe sowie Waren mit Anschaf�fungskosten bewertet worden?

3. Erfolgte die Bewertung der unfertigen und fertigen Erzeugnisse zuHerstellungskosten und sind die Gemeinkosten mit dem BAB ab�gestimmt bzw. werden Vertriebskosten angemessen abgegrenzt?

4. Sind die handels� und steuerlichen Wertober� und untergrenzenbeachtet worden?

5. Sind Wertberichtigungen auf das Vorratsvermögen zutreffend vor�genommen worden (z. B. Überalterung, Unverkäuflichkeit, Beschä�digungen)?

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen

1. Stimmt die Debitoren�Saldenliste (Nebenbuch) mit dem Debito�ren�Sammelkonto (Hauptbuch) überein?

2. Wurden alle Debitoren auf ungewöhnliche Beträge überprüft (z. B.Haben�Salden) und wurden Differenzen geklärt?

3. Sind Einzelwertberichtigungen richtig erfasst/bewertet und liegtder Berechnung eine Liste der zweifelhaften Forderungen zuGrunde?

4. Ist die Pauschalwertberichtigung auf Forderungen richtig berechnet?

5. Sind Forderungsausfälle richtig gebucht und wurde insbesonderedie Umsatzsteuer berichtigt?

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Auswirkungen der Steuergesetze auf die Jahresabschlusserstellung D

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6. Sind Fremdwährungsforderungen richtig umgerechnet und wurdedas Niederstwertprinzip beachtet?

Sonstige Vermögensgegenstände / Sonstige Verbindlichkeiten

1. Wurde eine Umsatzsteuerverprobung durchgeführt und stimmt dieUmsatzsteuerzahllast lt. Verprobung mit dem Sachkonto überein?

2. Sind die Verbindlichkeiten aus der Lohnbuchhaltung (Nebenbuch)für Lohn� und Gehalt, Lohnsteuer und Sozialversicherung mit denSachkonten (Hauptbuch) abgestimmt und gleichen sich diese Ver�bindlichkeiten im Folgejahr durch Zahlungen wieder aus?

Kasse, Bankguthaben / Bankverbindlichkeiten

1. Stimmt das Kassenbuch (Nebenbuch) mit dem Sachkonto (Haupt�buch) überein?

2. Gleichen sich die Geldtransit� und Scheckkonten im Folgejahrwieder aus?

3. Stimmt der Saldo lt. Bankauszug bzw. Darlehensbescheinigung mitden Kontokorrent� und Darlehenskonten in der Finanzbuchhaltungüberein?

4. Wurden die Zinsen noch in alter Rechnung gebucht bzw. wurdenZinsen korrekt abgegrenzt?

Pensionsrückstellungen

1. Stimmt der Wert des Pensionsgutachtens mit dem Saldo desSachkontos überein?

2. Wurde bei Rückdeckungsversicherungen das Saldierungsverbotbeachtet, d. h. erfolgt der Ausweis unter den sonstigen Ausleihun�gen mit dem Rückkaufswert?

3. Stimmen die Daten des Pensionsgutachtens mit den tatsächlichenFakten überein (z. B. Gehalt, Alter, Betriebszugehörigkeit, Voll�ständigkeit der Anspruchsberechtigten)?

4. Entspricht die Berechnung der Pensionsrückstellungen den steuer�lichen Vorschriften des § 6a EStG?

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D Überprüfung der Finanzbuchhaltung

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Steuerrückstellungen

1. Wurden die Auflösung / Verbrauch der Steuerrückstellungen ausVorjahren entsprechend den Steuerbescheiden gebucht?

2. Stimmen die geleisteten Vorauszahlungen mit den Vorauszah�lungsbescheiden überein?

3. Wurden die Steuerrückstellungen zutreffend ermittelt?

Sonstige Rückstellungen

1. Stimmt der Rückstellungsspiegel mit den Sachkonten überein?

2. Wurden die sonstigen Rückstellungen korrekt ermittelt (z. B. Ur�laub, Überstunden, Prozesskosten)?

3. Sind die Rückstellungen vollständig erfasst?

Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen

4. Stimmt die Kreditoren�Saldenliste (Nebenbuch) mit dem Kredito�ren�Sammelkonto (Hauptbuch) überein?

5. Wurden alle Kreditoren auf ungewöhnliche Beträge überprüft(z. B. Soll�Salden) und wurden Differenzen geklärt?

6. Sind Fremdwährungsverbindlichkeiten richtig umgerechnet undwurde das Imparitätsprinzip beachtet?

1.1 Steuerliche TätigkeitenNeben den allgemeinen Tätigkeiten, die im Rahmen der Jahresab-schlusserstellung durchzuführen sind, sind für die Berechnung derSteuerrückstellungen unter anderem die nicht abzugsfähigen Be-triebsausgaben zu berücksichtigen. Es ist eine Ergebnisvorschau zuerstellen, um gezielt steuerliche Gestaltungsspielräume zur Steuer-minimierung auszunutzen. Für die Finanz- und Liquiditätsplanungim Unternehmen sind Steuervorauszahlungen einzubeziehen undfrühzeitig an die zu erwartende Steuerbelastung anzupassen. ImRahmen der Steuererklärungspflicht sind die sonstigen Arbeitendurchzuführen.

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Auswirkungen der Steuergesetze auf die Jahresabschlusserstellung D

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1.1.1 Berücksichtigung steuerlich nicht abzugsfähigerBetriebsausgaben

Die in der Finanzbuchhaltung erfassten Aufwendungen sind aussteuerlicher Sicht zum Teil nicht abziehbar. Deshalb sind die Aus-wirkungen der Steuergesetze auf die Buchhaltung zu berücksichti-gen. Die einzelnen Vorgänge sind auf separate Konten zu buchen(§ 4 Abs. 7 EStG).

Es ist sinnvoll, eine Checkliste zu erstellen, in der die wichtigstensteuerlichen Vorschriften aufgezeigt und abgearbeitet werden kön-nen.

Checkliste: Berücksichtigung steuerlicher Vorschriften

Vorgänge Auswirkungen

Geschenke Bei Geschenken an Geschäftsfreunde über35,� € (netto) im Wirtschaftjahr entfällt derBetriebsausgabenabzug vollständig (§ 4 Abs. 5Nr. 1 EStG). Gleichzeit ist der Vorsteuerabzugvollständig ausgeschlossen (§ 15 Abs. 1a Nr. 1UStG).

Bewirtungskosten Angemessene Aufwendungen für die Bewir�tung von Geschäftsfreunden sind zu 30 %nicht abzugsfähige und zu 70 % abzugsfähigeBetriebsausgaben (§ 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG). DerVorsteuerabzug ist insgesamt zulässig(Nichtanwendung des § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStGgem. BMF vom 23.06.2005).

Gästehäuser Aufwendungen für Gästehäuser dürfen steu�erlich nicht abgezogen werden (§ 4 Abs. 5Nr. 3 EStG). Der Vorsteuerabzug entfälltebenfalls (§ 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG).

Jagd, Fischerei,Segel� undMotorjachten

Aufwendungen für Jagd oder Fischerei sowiefür Segel� und Motorjachten dürfen steuerlichnicht abgezogen werden (§ 4 Abs. 5 Nr. 4EStG). Der Vorsteuerabzug entfällt ebenfalls(§ 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG).

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D Überprüfung der Finanzbuchhaltung

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UnangemesseneAufwendungen

Aufwendungen, die nicht schon nach § 12Nr. 1 oder nach § 4 Abs. 5 Nr. 1�4 EStG vomAbzug als Betriebsausgaben ausgeschlossensind, unterliegen dem Abzugsverbot des § 4Abs. 5 Nr. 7 EStG, soweit sie als unangemes�sen anzusehen sind (z. B. Ausstattung vonGeschäftsräumen, unangemessener PKW). DerVorsteuerabzug entfällt ebenfalls (§ 15Abs. 1a Nr. 1 UStG).

Nicht ordnungs�gemäß aufge�zeichnete Auf�wendungen

Aufwendungen nach § 4 Abs. 5 Nr. 1 bis 4, 6bund 7 sind einzeln und getrennt von den son�stigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen. An�sonsten entfällt der Betriebsausgabenabzug(§ 4 Abs. 7 EStG). Gleichzeitig wird der Vor�steuerabzug verwährt (§ 15 Abs. 1a Nr. 1UStG).

Aufwendungeni. S. des § 12Nr. 1 EStG

Aufwendungen für die private Lebensführungsind ertragsteuerlich nicht abzugsfähig (§ 12Nr. 1 EStG). Zugleich besteht für solche Auf�wendungen ein Vorsteuerabzugsverbot (§ 15Abs. 1a Nr. 1 UStG).

1.1.2 Ergebnisvorschau

Im letzten Quartal des jeweiligen Geschäftsjahres sollte eine Ergeb-nisvorschau erarbeitet werden. Die Ziele dieser Ergebnisvorschaubestehen darin, noch im alten Jahr Entscheidungen zu treffen, die zueiner Reduzierung des Gewinns und der Steuerbelastung führen.

Ziele der Ergebnisvorschau1. Ermittlung des erwarteten Jahresergebnisses

2. Zusammenstellung von steuerlich nicht abzugsfähigen Betriebs�ausgaben bzw. steuerfreien Betriebseinnahmen für die daran an�schließende Steuerberechnung

3. Berechnung der voraussichtlichen Steuerbelastung

4. Überprüfung der Herabsetzung der Steuervorauszahlungen

5. Festlegung der ergebniswirksamen Maßnahmen

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Auswirkungen der Steuergesetze auf die Jahresabschlusserstellung D

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6. Erkennung des Liquiditätsbedarfs für erwartete Steuernachzah�lungen

7. Treffen von Investitionsentscheidungen zur Reduzierung des Ge�winns durch zusätzliche Abschreibungen

8. Schaffung der Voraussetzung für die Bildung von Ansparrücklagenfür KMU, die sich noch im alten Geschäftsjahr auswirken

9. Überprüfung der Bildung von gewinnmindernden Rücklagen (§ 6bEStG)

10. Ermittlung der Möglichkeiten der Förderung durch Investitionszu�lagen und der damit verbundenen Liquiditätsverbesserung

Das voraussichtliche Jahresergebnis lässt sich aus den vorliegendenIstzahlen und den noch erwarteten Zahlen für das letzte Quartal derFinanzbuchhaltung hochrechnen. Außerdem müssen noch die Aus-wirkungen der bereits beschlossenen Steueränderungen berücksich-tigt werden.

1.1.3 Steuervorauszahlungen

Die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuervorauszahlungen sind am10. März, 10. Juni, 10. September und 10. Dezember zu entrichten(§ 37 Abs. 1 EStG bzw. § 31 KStG). Diese Vorzahlungen solltenentsprechend der Ergebnis- und Steuerbelastungsvorschau ange-passt werden, da die vom Finanzamt durch Vorauszahlungsbescheidfestgesetzten Beträge nach der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuerder letzten Veranlagung berechnet werden (§ 37 Abs. 3 EStG), d. h.das Finanzamt unterstellt, dass in der Entwicklung der Einkom-mensverhältnisse keine Veränderungen eintreten.

Der Antrag auf Anpassung der Steuervorauszahlungen ist beimzuständigen Finanzamt formlos zu stellen. Zur Begründung desAntrags empfiehlt es sich, eine aktuelle betriebswirtschaftliche Aus-wertung beizulegen, aus der der zu erwartende Gewinn ersichtlichist.

Bei den am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November zuentrichtenden Gewerbesteuervorauszahlungen (§ 19 Abs. 1 GewStG)sollte darauf geachtet werden, dass diese ebenfalls an die entspre-chend der Ergebnisvorschau zu erwartende Gewerbesteuerschuld

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D Überprüfung der Finanzbuchhaltung

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angepasst werden. Der formlose Antrag auf Anpassung des Gewer-besteuermessbetrags ist beim Finanzamt zu stellen. Die Gemeindemuss dann die Gewerbesteuervorauszahlungen ändern. Es ist jedochauch möglich, den Antrag direkt bei der Gemeinde zu stellen (§ 19Abs. 3 GewStG).

1.1.4 Sonstige Arbeiten

Zum Jahreswechsel sind im Zusammenhang mit den betrieblichenSteuererklärungen regelmäßig noch zusätzliche Punkte zu klären.Damit keine Punkte vergessen werden, ist es sinnvoll, eine entspre-chende Checkliste zu erstellen.

Sonstige Arbeiten1. Sind die Steuererklärungen zutreffend ausgefüllt und vom Steuer�

pflichtigen unterschrieben?

2. Ist der Einkommen� oder Körperschaftsteuererklärung eine Ab�schrift der Bilanz, der Gewinn� und Verlustrechnung, des Anhangs,des Lageberichts und des Prüfberichts beigefügt (§ 60 EStDV)?

3. Liegen alle Steuerbescheinigungen zu den Kapitalerträgen im Ori�ginal vor?

4. Sind alle Spendenquittungen im Original vorhanden?

5. Wurden die Entgelte für Dauerschuldzinsen zutreffend ermittelt?

6. Wurde die für die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags erfor�derliche Aufteilung der Arbeitslöhne auf die einzelnen Betriebs�stätten in den verschiedenen Gemeinden erstellt?

7. Wurde eine Umsatzsteuerverprobung durchgeführt und erfolgteeine Abstimmung der Ergebnisse mit der Umsatzsteuererklärung?

8. Sind die allgemeinen Angaben in der Steuererklärung aktualisiert(z. B. Anschrift, Bankverbindung, Anteilseigner, Feststellungsbetei�ligte usw.)?

1.2 Ausgewählte steuerliche EinzelproblemeDie Steuergesetze haben vielfältige Auswirkungen in den Unterneh-men. Nachstehend werden ausgewählte Einzelprobleme bei derErstellung der Steuerbilanz erläutert.

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Auswirkungen der Steuergesetze auf die Jahresabschlusserstellung D

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1.2.1 Teilwertabschreibung

Die Teilwertabschreibungen im Anlage- und Umlaufvermögendürfen ab dem Jahr 1999 nur noch bei voraussichtlich dauernderWertminderung vorgenommen werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 undNr. 2 S. 2 EStG).

Ab dem Jahr 1999 gilt also das Wertaufholungsgebot nach einervorangegangenen Teilwertabschreibung. Einmal vorgenommeneTeilwertabschreibungen konnten bisher auch dann beibehaltenwerden, wenn der Grund für die Abschreibung entfallen war. DiesesBeibehaltungswahlrecht wird also abgeschafft.

Jedes Jahr muss neu geprüft werden, ob die Teilwertabschreibungnoch gerechtfertigt ist, wenn aufgrund einer erwarteten dauerhaftenWertminderung die Teilwertabschreibung zulässigerweise vorge-nommen wurde. Ist ein niedrigerer Wert angesetzt worden, mussdieser an jedem Bilanzstichtag neu durch entsprechende Unterlagenbelegt werden. Wenn die Wertminderung nicht mehr besteht, dannist zwingend eine Wertaufholung erforderlich (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 4,Nr. 2 S.3 EStG).

Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung bedeutet ein voraus-sichtlich nachhaltiges Absinken des Werts des Wirtschaftsgutes un-ter den maßgeblichen Buchwert. Die Wertminderung ist voraus-sichtlich nachhaltig, wenn der Steuerpflichtige hiermit aus der Sichtam Bilanzstichtag aufgrund objektiver Anzeichen ernsthaft zu rech-nen hat (BMF vom 25.02.2000).

Eine dauernde Wertminderung bei Wirtschaftsgütern des abnutzba-ren Anlagevermögens ist anzunehmen, wenn der Teilwert am Bi-lanzstichtag mindestens für die halbe Restnutzungsdauer unter demplanmäßigen Restbuchwert liegt (BFH vom 14.03.2006). Für Wirt-schaftsgüter des Umlaufvermögens ist von einer voraussichtlichdauernden Wertminderung auszugehen, wenn der Teilwert bis zurAufstellung der Bilanz oder dem vorangegangenen Verkaufs- oderVerbrauchszeitpunkt anhält. Zusätzliche Erkenntnisse bis zu diesemZeitpunkt sind zu berücksichtigen.

Ist die Wertminderung nach o. g. Grundsätzen von Dauer, kanndieser Wert angesetzt werden. Steuerpflichtige, die den Gewinn nach

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D Überprüfung der Finanzbuchhaltung

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§ 5 Abs. 1 EStG ermitteln, müssen nach den handelsrechtlichenBewertungsvorschriften entsprechend dem Niederstwertprinzip denniedrigeren Teilwert ansetzen.

1.2.2 Abzinsung der Rückstellungen

Rückstellungen sind in der Handelsbilanz und dementsprechendüber das Maßgeblichkeitsprinzip (§ 5 Abs. 1 EStG) auch in der Steu-erbilanz abzuzinsen, wenn die der Rückstellung zu Grunde liegendeungewisse Verpflichtung einen Zinsanteil enthält (z. B. Pensions-rückstellungen). Eine Abzinsung bei tatsächlicher Zinslosigkeit isthandelsrechtlich nicht erlaubt (§ 253 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 HGB). Für dieSteuerbilanz besteht ein generelles Abzinsungsgebot mit 5,5 % fürRückstellungen, deren Laufzeit am Bilanzstichtag mindestens 12Monate beträgt, die unverzinslich sind und nicht auf einer Anzah-lung oder Vorausleistung beruhen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e S. 1i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 EStG).

In der Praxis weisen die meisten Rückstellungen (z. B. Urlaub,Überstunden, Tantieme, Abschluss- und Prüfungskosten) eine Lauf-zeit von weniger als 12 Monaten aus, so dass eine Abzinsung unter-bleibt. Aus Vereinfachungsgründen ist eine Abzinsung von Pau-schalrückstellungen für Garantie- und Gewährleistungsrückstellun-gen sowie für Steuerrückstellungen nicht vorzunehmen (BMF vom26.05.2005 Tz. 27 und 33). Die Bewertung einer abzuzinsendenRückstellung für eine Geld- oder Sachleistungsverpflichtung kannaus Vereinfachungsgründen mittels Tabelle 2 des BMF-Schreibensvom 26.05.2005 erfolgen. Dabei ist die Rückstellung mit dem vonder Restlaufzeit abhängigen Vervielfältiger zu multiplizieren.

Eine Besonderheit gilt für Rückstellungen, für deren Entstehen imwirtschaftlichen Sinne der laufende Betrieb ursächlich ist, da diesezeitanteilig in gleichen Raten anzusammeln sind (§ 6 Abs. 1 Nr. 3aBuchst. d EStG). Die Abzinsung erfolgt hier anhand der gleichmäßigangesammelten Rückstellungsraten.

1.2.3 Ansammlungsrückstellungen

Rückstellungen für Verpflichtungen, für deren Entstehen im wirt-schaftlichen Sinne der laufende Betrieb ursächlich ist, dürfen nur

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noch zeitanteilig in gleichen Raten angesammelt werden (§ 6 Abs. 1Nr. 3a Buchst. d EStG). Unter diesen Bewertungsgrundsatz falleninsbesondere Verpflichtungen zur Erneuerung oder zum Abbruchvon Betriebsanlagen (R 6.11 Abs. 2 EStR).

1.2.4 Künftige Vorteile

Künftige Vorteile, die mit Erfüllung der Verpflichtung voraussicht-lich verbunden sein werden, sind, soweit sie nicht als Forderung zuaktivieren sind, bei der Bewertung der Rückstellungen abzuziehen(§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG). Ein Unternehmen muss bei-spielsweise eine Kiesgrube wieder auffüllen und erzielt gleichzeitigEinnahmen aus Kippgebühren. Eine Verrechnung der Einnahmenaus Kippgebühren mit den Aufwendungen aus der Bildung derRückstellung für Rekultivierung ist jedoch nur möglich, wenn amBilanzstichtag bereits bestehende Verträge über die Kippentgeltevorliegen.

1.2.5 Abzinsung der Verbindlichkeiten

Die Abzinsung von unverzinslichen Verbindlichkeiten ist handels-rechtlich unzulässig, da die Bewertung von Verbindlichkeiten mitdem Rückzahlungsbetrag erfolgt (§ 253 Abs. 1 S. 2 HGB). In derSteuerbilanz sind unverzinsliche Verbindlichkeiten mit einer Lauf-zeit von wenigstens 12 Monaten, die nicht auf einer Anzahlung oderVorausleistung beruhen, mit 5,5 % abzuzinsen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3EStG). Einzelheiten der Berechnung von Abzinsungsbeträgen wur-den durch das BMF mit Schreiben vom 26.05.2005 geklärt.

1.2.6 Gewinnmindernde Rücklagen

Ein Unternehmen kann unter bestimmten Voraussetzungen Rück-lagen bilden, um einen realisierten Gewinn erst in der Zukunft zuversteuern bzw. mit Abschreibungen auszugleichen oder um aufge-deckte stille Reserven gewinnmindernd auf ein anderes Wirtschafts-gut zu übertragen. Im Wesentlichen gehören zu den gewinnmin-dernden Rücklagen die Anparrücklage (§ 7g Abs. 3 EStG), dieRücklage für Ersatzbeschaffung (R. 6.6 EStR) sowie die Reinvestiti-onsrücklage nach § 6b EStG. In der Praxis können diese Rücklagen

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D Überprüfung der Finanzbuchhaltung

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zu enormen Steuerersparnissen führen. Daher ist es wichtig, dieVoraussetzungen für ihre Bildung zu kennen.

Ansparrücklagen für kleine und mittlere Unternehmen

Die Bildung einer Ansparrücklage für kleinere und mittlere Unter-nehmen (KMU) einschließlich der Freiberufler (§ 7g Abs. 3 EStG)und für Existenzgründer (§ 7g Abs. 7 EStG) gehört zu den interes-santen Gestaltungsmöglichkeiten. Unter bestimmten Voraussetzun-gen können die kleinen und mittleren Unternehmen eine vorwegge-nommene Abschreibung auf Anschaffungen vornehmen, die erst fürdie nächsten beiden Jahre geplant sind.

Ein Unternehmer beispielsweise beabsichtigt, im Jahre 2007 eineMaschine für 100.000,- € zu kaufen. Die Anschaffung der Maschineerfolgt wie geplant. Im Jahre 2005 wird eine Rücklage in Höhe von40 % von 100.000,- €, also von 40.000,- € gebildet (§ 7g Abs. 4EStG). Die Maschine wird im Januar 2007 angeschafft. Die degressi-ve Abschreibung mit 30 % (§ 7 Abs. 2 S. 3 EStG, da Anschaffungnach 31.12.2005 bzw. vor 01.01.2008) und die Sonderabschreibungvon 20 % (§ 7g Abs. 1 EStG) für kleine und mittlere Unternehmenerfolgt im Jahr 2007.

Durch die Bildung der Rücklage im Jahre 2005 kommt es zu einerGewinnminderung in Höhe von 40.000,- €. Es wird eine entspre-chende Steuerminderung (Steuerstundung) erzielt. Die Bildung derRücklage ist auch zulässig, wenn dadurch ein Verlust entsteht odersich erhöht (§ 7g Abs. 3 S. 4 EStG).

Die Rücklage ist im Jahre 2007 zwingend aufzulösen (§ 7g Abs. 4EStG). Es kommt also zu einer Gewinnerhöhung in Höhe von40.000,- €. Da aber gleichzeitig für die neu angeschaffte Maschinedie höchstmöglichen Abschreibungen in Höhe von 50.000,- € inAnspruch genommen werden, reduziert sich der Gewinn im Jahre2007 um 10.000,- €. Die Abschreibungen setzen sich wie folgt zu-sammen:

1. Degressive Abschreibung von 30 % (30.000,- €) und2. Sonderabschreibung von 20 % (20.000,- €)

Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein (§ 7g EStG):

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1. Das Unternehmen muss am Schluss des Wirtschaftsjahres, dasdem Wirtschaftsjahr der Bildung der Rücklage voran geht, dieGrößenmerkmale des § 7g Abs. 2 EStG erfüllen. Das Betriebs-vermögen darf also nicht mehr als 204.517,- € betragen.

2. Die Voraussetzung der Betriebsvermögens-Grenze gilt bei Un-ternehmen, die den Gewinn durch Einnahme-Überschuss-rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, immer als erfüllt.

3. Die Rücklage muss für die künftige Anschaffung oder Herstel-lung eines neuen beweglichen Wirtschaftsgutes des Anlagever-mögens bestimmt sein. Für eine hinreichende Konkretisierungder geplanten Investition ist eine Prognoseentscheidung über daskünftige Investitionsverhalten erforderlich. Es reicht grundsätz-lich aus, das einzelne Wirtschaftsgut seiner Funktion (z. B. Bag-ger, PKW; Sammelbezeichnungen wie Fuhrpark reichen nicht)nach zu bezeichnen und die Höhe der voraussichtlichen An-schaffungs- oder Herstellungskosten sowie das Wirtschaftsjahr,in dem die Investition voraussichtlich getätigt wird, anzugeben.Gegenüber dem Finanzamt ist es nicht notwendig, einen Investi-tionsplan oder eine feste Bestellung vorzulegen (BMF-Schreibenvom 25.02.2004, Rz. 7-8).

4. Die Bildung und die Auflösung der Rücklage müssen in derBuchführung verfolgt werden können. Dabei ist jede einzelneRücklage getrennt zu buchen und mit einem Buchungstext zuversehen, der die o. g. Angaben zu Funktion, Höhe der AK/HKund Investitionsjahr enthält. Eine Zusammenfassung der ge-trennt gebuchten Einzelrücklagen in einem Sammelkonto istzulässig (BMF-Schreiben vom 25.02.2004, Rz. 15).

5. Ist die Rücklage bis zum Ende des zweiten auf ihre Bildung fol-genden Wirtschaftsjahres mangels ausreichender oder fehlenderInvestitionen noch vorhanden, ist die Rücklage spätestens bis zudiesem Zeitpunkt in vollem Umfang gewinnerhöhend aufzulö-sen (§ 7g Abs. 4 EStG). Zur Vermeidung von Mitnahmeneffek-ten ist in diesen Fällen ein Gewinnzuschlag in Höhe von 6 %p. a. des aufgelösten Rücklagenbetrages vorzunehmen (§ 7gAbs. 5 EStG).

6. Die insgesamt am Bilanzstichtag gebildeten Ansparrücklagendürfen nicht mehr als 154,000,- € je Unternehmen des Steuer-

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pflichtigen betragen. Gestaltungsmöglichkeiten bleiben also beimehreren Betrieben eines Steuerpflichtigen erhalten.

Für die Existenzgründer gelten verbesserte Bedingungen (§ 7g Abs. 7EStG). Die Voraussetzungen sehen wie folgt aus:

1. Im Jahre der Gründung und den 5 folgenden Jahren kann dieRücklage bis zu 307.000,- € betragen.

2. Die Laufzeit bis zur Auflösung der Rücklage beträgt maximal 5Jahre nach dem Wirtschaftsjahr der Bildung der Rücklage, d. h.das Unternehmen hat einen Investitionszeitraum von 5 Jahren.

3. Der Gewinnzuschlag von 6 % p. a. entfällt bei der Auflösungohne Investition.

Den hohen Liquiditäts- und Zinsvorteilen durch Steuerstundung amAnfang folgen nach Auslaufen der Regelung abschreibungsarmeJahre. Dies kann zu einer Liquiditätsfalle nach glänzendem Startführen.

Rücklage für Ersatzbeschaffung

Die Gewinnverwirklichung durch Aufdeckung stiller Reserven kannin bestimmten Fällen vermieden werden, indem eine erfolgsneutraleÜbertragung von stillen Reserven vom ausgeschiedenen Wirt-schaftsgut auf das Ersatzwirtschaftsgut erfolgt. Die Übertragungstiller Reserven auf ein Ersatzwirtschaftsgut ist an folgende Voraus-setzungen geknüpft (R 6.6 Abs. 1 EStR):

• das Wirtschaftsgut des Anlage- oder Umlaufvermögens mussdurch höhere Gewalt (z. B. Brand, Sturm, Diebstahl oder un-verschuldeter Unfall) oder zur Vermeidung eines behördlichenEingriffs (z. B. Enteignung) gegen Entschädigung aus dem Be-triebsvermögen ausscheiden,

• innerhalb einer bestimmten Frist (i. d. R. ein Jahr, für Grundund Boden sowie Gebäude zwei Jahre) ein funktionsgleichesWirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt wird, auf dessen An-schaffungs- oder Herstellungskosten die aufgedeckten stillenReserven übertragen werden, und

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• im handelsrechtlichen Jahresabschluss muss entsprechend ver-fahren werden (umgekehrtes Maßgeblichkeitsprinzip § 5 Abs. 1S. 2 EStG i. V. m. §§ 247 Abs. 3, 273, 254 HGB)

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kann das Unternehmen diestillen Reserven auf das Ersatzwirtschaftsgut übertragen. Dabei er-mitteln sich die stillen Reserven wie folgt:

Entschädigung / Verkaufspreis

./. Buchwert im Zeitpunkt des Ausscheidens

= Stille Reserven

In der Praxis ist zu beachten, dass nicht alle Entschädigungsleistun-gen in obige Berechnung einbezogen werden können. BegünstigteEntschädigungen sind nur solche, die für das ausgeschiedene Wirt-schaftsgut selbst gezahlt werden. Demgegenüber müssen Entschädi-gungen zur Abgeltung von Folgeschäden (z. B. für Umsatz- undGewinneinbußen, Aufräumarbeiten, Nutzungsausfall) sofort ver-steuert werden.

Sollte das Ersatzwirtschaftsgut am Schluss des Wirtschaftsjahres, indem das Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausgeschiedenist, noch nicht angeschafft oder hergestellt sein, können die stillenReserven in eine Rücklage für Ersatzbeschaffung eingestellt werden.Die Ersatzinvestition muss dann im folgenden Jahr bzw. bei Grundund Boden oder Gebäuden in den beiden folgenden Jahr erfolgen,ansonsten ist die Rücklage für Ersatzbeschaffung zwingend aufzulö-sen. Eine Verzinsung des aufgelösten Betrages erfolgt anders als beieiner Rücklage nach § 7g EStG nicht.

Reinvestitionsrücklage nach § 6b EStG

Das Ausscheiden von bestimmten Wirtschaftsgütern des Anlage-vermögens durch Verkauf oder Tausch löst unter Umständen dieAufdeckung von stillen Reserven aus. Die aufgedeckten stillen Re-serven können unter den Voraussetzungen des § 6b EStG auf andereWirtschaftsgüter übertragen werden. Die stillen Reserven berechnensich wie folgt (§ 6b Abs. 2 EStG):

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Entschädigung/Verkaufspreis

./. Veräußerungskosten

./. Buchwert im Zeitpunkt des Ausscheidens

= Stille Reserven

Die Besteuerung dieses Ertrags kann bei Vorliegen folgender Vor-aussetzungen vermieden werden (§ 6b Abs. 4 EStG):

• das Unternehmen muss den Gewinn nach § 4 Abs. 1 bzw. § 5Abs. 1 EStG ermitteln (für Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3EStG gilt diese Voraussetzung als erfüllt gemäß § 6c Abs. 1EStG),

• das veräußerte Wirtschaftgut hat ununterbrochen im Zeitpunktder Veräußerung mindestens sechs Jahre zum Anlagevermögeneiner inländischen Betriebsstätte gehört,

• die stillen Reserven müssen innerhalb bestimmter Fristen (i.d.R.4 Jahre) auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von ei-nem Wirtschaftsgut des Anlagevermögens übertragen werden,

• der bei der Veräußerung entstandene Gewinn darf bei der Er-mittlung des im Inland steuerpflichtigen Gewinns nicht außerAnsatz bleiben,

• die Übertragung der stillen Reserven und die Bildung und Auf-lösung der Rücklage müssen in der Buchführung verfolgbar sein,und

• in dem handelsrechtlichen Jahresabschluss ist das steuerlicheWahlrecht übereinstimmend auszuüben (umgekehrtes Maßgeb-lichkeitsprinzip).

Durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 sind die Mög-lichkeiten der Übertragung stiller Reserven eingeschränkt worden.In der aktuellen Fassung ab 01.01.2006 ist der § 6b EStG um dieÜbertragungsmöglichkeit von Gewinnen aus der Veräußerung vonBinnenschiffen durch das Gesetz zur steuerlichen Förderung vonWachstum und Beschäftigung erweitert worden. Die Übertra-gungsmöglichkeiten werden in folgender Tabelle aufgezeigt.

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Auswirkungen der Steuergesetze auf die Jahresabschlusserstellung D

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Übertragungsmöglichkeiten gemäß § 6b EStG

Übertragung desGewinns auf:

Gewinn ausVeräußerung von:

Grund� undBoden

Aufwuchs aufGrund und Bodenbei Land� u.Forstwirten

Gebäude Binnen�schiffe

Grund und Boden 100 % 100 % 100 % k/Ü

Gebäude k/Ü k/Ü 100 % k/Ü

Aufwuchs auf Grundund Boden bei Land�u. Forstwirten

k/Ü 100 % 100 % k/Ü

Binnenschiffe k/Ü k/Ü k/Ü 100 %

k/Ü = keine Übertragung stiller Reserven möglich

Abb. 130: Übertragungsmöglichkeiten gemäß § 6b EStG

Für Unternehmen, die keine Kapitalgesellschaften sind, ergeben sichzusätzliche Übertragungsmöglichkeiten bei der Veräußerung vonAnteilen an Kapitalgesellschaften (§ 6b Abs. 10 EStG) wie nachste-hende Tabelle zeigt:

Übertragungsmöglichkeiten von Veräußerungsgewinnen aus Anteilenan Kapitalgesellschaften gemäß § 6b EStGÜbertragung desGewinns auf:

Gewinn ausVeräußerung von:

Anteile an Kapi�talgesellschaften

abnutzbare be�wegliche Wirt�schaftsgüter

Gebäude

Anteilen anKapitalgesell�schaften

100 % 50 % 50 %

Abb. 131: Übertragungsmöglichkeiten von Veräußerungsgewinnen aus Anteilen anKapitalgesellschaften

Bei der Übertragung auf abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüteroder Gebäude ist nur der nicht nach § 3 Nr. 40a EStG steuerfreieTeil übertragbar. Der steuerfreie Teil (andere 50 %) ist innerhalb derBilanz als Ertrag zu buchen und außerbilanziell wieder zu kürzen.

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Soweit bei den o. g. Übertragungen ein Abzug von den Anschaf-fungs- oder Herstellungskosten aufgrund fehlendem Reinvestitions-objekt im Wirtschaftsjahr der Veräußerung nicht möglich ist, kanneine gewinnmindernde Rücklage gebildet werden. Die Übertragungder stillen Reserven erfolgt dann innerhalb bestimmter Fristen. NachAblauf der Frist ist die Rücklage zwingend aufzulösen und der Auf-lösungsbetrag mit 6 % p. a. zu verzinsen (§ 6b Abs. 7 EStG).

Eine Übertragung des Gewinn, der bei Veräußerung von Wirt-schaftsgütern eines Gewerbebetriebs des Unternehmers entstandenist, ist es nicht zulässig, soweit dieser auf Wirtschaftsgüter übertra-gen wird, die zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb odereiner selbstständigen Arbeit des Unternehmers gehören (§ 6b Abs. 4S. 2 EStG).

Die Übertragungsmöglichkeiten von stillen Reserven nach § 6b EStGaus einem Betrieb des Unternehmers in einen anderen Betrieb desUnternehmers oder in eine Personengesellschaft, an der der Unter-nehmer beteiligt ist, ergeben sich aus R 6b.2 Abs. 6, 7 und 8 EStR.

Grundsätzlich ist festzustellen, dass es sich bei der Vorschrift des§ 6b EStG um eine äußerst komplexe steuerlich Vorschrift handelt.Bei den in der Praxis teils enormen stillen Reserven, die in Grundund Boden, Gebäuden oder Anteilen an Kapitalgesellschaften ent-halten sind, empfiehlt es sich, in Zweifelsfällen die sachkundigeBeratung eines Steuerberaters, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwaltsheranzuziehen, um die steuerlichen Gestaltungsspielräume optimalzu nutzen.

1.2.7 Pensionsrückstellungen nach § 6a EStG, Übergang auf dieRichttafeln 2005 G von Prof. Heubeck

Nach § 249 HGB hat der Kaufmann für unmittelbare Pensionszusa-gen eine Rückstellung in der Handelsbilanz zu bilden. Entsprechenddem Prinzip der Maßgeblichkeit gemäß § 5 Abs. 1 EStG bestehtauch in der Steuerbilanz ein Passivierungsgebot für Pensionszusa-gen. Zusätzlich müssen jedoch für Pensionsrückstellungen in derSteuerbilanz die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 und 2 EStG vorlie-gen. Für laufende Pensionen und Anwartschaften auf Pension, dievor dem 01.01.1987 rechtsverbindlich zugesagt worden sind, besteht

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ein handels- und steuerrechtliches Passivierungswahlrecht (Art. 28Abs. 1 EGHGB).

Bei der Bewertung von Pensionsrückstellungen sind ein Zinssatz von6 % und die anerkannten Regeln der Versicherungsmathematikanzuwenden (§ 6a Abs. 3 S. 3 EStG). Als mit den anerkannten versi-cherungsmathematischen Grundsätzen übereinstimmend aner-kannt, sind die „Richttafeln 1998“ von Prof. Klaus Heubeck bisherverwendet worden. Ab Juli 2005 werden diese Sterbetafeln durch die„Richttafeln 2005 G“ von Prof. Klaus Heubeck ersetzt. Die neuenSterbetafeln können erstmals der Bewertung von Pensionsrückstel-lungen am Ende des Wirtschaftsjahres zu Grunde gelegt werden, dasnach dem 6. Juli 2005 (Tag der Veröffentlichung der neuen Richtta-feln) endet (BMF-Schreiben vom 16.12.2005, Rz. 2).

Das Unternehmen hat nach § 6a Abs. 4 S. 2 EStG ein Wahlrecht, denUnterschiedsbetrag, der auf der erstmaligen Anwendung der„Richttafeln 2005 G“ beruht, auf mindestens drei Wirtschaftsjahregleichmäßig verteilt der jeweiligen Pensionsrückstellung zuzuführen.

Bei der Verteilung ist darauf zu achten, dass im Übergangsjahr diePensionsrückstellung zunächst auf der Grundlage der „Richttafeln1998“ zu ermitteln ist. Diese Rückstellung ist dann um ein Dritteldes Unterschiedsbetrags zwischen dem Teilwert der Pensionsver-pflichtung nach den „Richttafeln 2005 G“ und den „Richttafeln1998“ zu erhöhen. Im Folgejahr ist die Pensionsrückstellung zu-nächst unter Zugrundelegung der „Richttafeln 2005 G“ zu berech-nen und um ein Drittel des o. g. Unterschiedsbetrags zu vermindern.Im zweiten Folgejahr ist die Pensionsrückstellung auf der Grundlageder „Richttafeln 2005 G“ zu ermitteln. Diese Rückstellung wird nichtgekürzt.

Es ist sinnvoll, sich in einem entsprechenden versicherungsmathe-matischen Gutachten zum 31.12.2005 die alten und die neuen Werteberechnen zu lassen. Der Unterschiedsbetrag ist dann klar zu erken-nen. Auf dieser Basis kann das Unternehmen entscheiden, ob eineVerteilung des Unterschiedsbetrags in Betracht kommt oder einevolle Zuführung im Übergangsjahr sinnvoller ist.

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1.2.8 Investitionszulage

Die Förderung in den neuen Bundesländern erfolgt ab 2005 durchInvestitionszulagen i. S. d. Investitionszulagengesetz 2005. EineFörderung erfolgt im Fördergebiet, d. h. in den Länder Berlin, Bran-denburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt undThüringen.

Anspruchsberechtigte sind unbeschränkt oder beschränkt Steuer-pflichtige i. S. d. des EStG oder KStG. Bei Persongesellschaften ist dieGesellschaft der Anspruchsberechtigte (§ 1 InvZulG 2005).

Begünstigte Investitionen sind (§ 2 Abs. 1 InvZulG 2005):

• die Anschaffung oder Herstellung• von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des An-

lagevermögens• die mindestens fünf Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstel-

lung zum Anlagevermögen eines Betriebs im Fördergebiet gehö-ren, in einer Betriebsstätte eines Betriebs des verarbeitenden Ge-werbes oder eines Betriebs der produktionsnahen Dienstleistun-gen im Fördergebiet verbleiben und in jedem Jahr zu nicht mehrals 10 % privat genutzt werden und

• es sich um eine Erstinvestition handelt

Begünstigte Investitionen sind auch die Anschaffung und die Her-stellung neuer Gebäude (§ 2 Abs. 2 InvZulG 2005). Die Anschaffungist nur begünstigt, wenn sie bis zum Ende des Jahres der Fertigstel-lung erfolgt und der bisherige Eigentümer für das Gebäude keineInvestitionszulage beansprucht hat. Die Gebäude müssen minde-stens fünf Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung in einemBetrieb des verarbeitenden Gewerbes oder in einem Betrieb derproduktionsnahen Dienstleistungen verwendet werden und Erstin-vestitionen sein. Ohne Bedeutung ist, ob ein im Fördergebiet bele-genes Gebäude zum Privatvermögen, zum Anlagevermögen einerBetriebsstätte im Fördergebiet, zum Anlagevermögen einer Be-triebsstätte außerhalb des Fördergebiets oder zum Umlaufvermögengehört. Daher ist auch die Vermietung an einen Betrieb der begün-stigten Wirtschaftszweige begünstigt.

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Auswirkungen der Steuergesetze auf die Jahresabschlusserstellung D

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Nicht begünstigt sind folgende Wirtschaftsgüter:

Nicht begünstigte Wirtschaftsgüter i. S. d. InvZulG 2005Geringwertige Wirtschaftsgüter

Luftfahrzeuge und Personenkraftwagen

Immaterielle Wirtschaftsgüter

bewegliche Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens

Grund und Boden

nachträgliche Herstellungskosten an bereits bestehenden Wirtschaftsgütern

Abb. 132: Nicht begünstigte Wirtschaftsgüter i. S. d. InvZulG 2005

Die Investitionen sind begünstigt, wenn sie das Unternehmen nachdem 24.03.2004 und vor dem 01.01.2007 begonnen und nach dem31.12.2004 und vor dem 01.01.2007 abgeschlossen hat oder nachdem 31.12.2006 abschließt, soweit vor dem 01.01.2007 Teilherstel-lungskosten entstanden oder im Fall der Anschaffung Teillieferun-gen erfolgt sind. Investitionen sind nach § 2 Abs. 4 InvZulG 2005 indem Zeitpunkt begonnen, in dem die Wirtschaftsgüter bestellt oderherzustellen begonnen worden sind. Bei Gebäuden gilt als Zeitpunktder Bestellung der Tag, an dem über ihre Anschaffung ein rechts-wirksam abgeschlossener obligatorischer Vertrag vorliegt. Als Be-ginn der Herstellung gilt bei Gebäuden der Zeitpunkt, in dem derBauantrag gestellt wird, bei baugenehmigungsfreien Gebäuden derZeitpunkt, in dem die Bauunterlagen eingereicht werden.

Die Bemessungsgrundlage für die Investitionszulage ist nach § 2Abs. 5 InvZulG 2005 die Summe der Anschaffungs- und Herstel-lungskosten der im Wirtschaftsjahr abgeschlossenen begünstigtenInvestitionen.

Für die Höhe der Investitionszulage ist von Bedeutung, ob es sichum ein bewegliches Wirtschaftsgut oder ein Gebäude, eine Investiti-on in einer Betriebsstätte in der Arbeitsmarktregion Berlin oder eineInvestition in einer Betriebsstätte im Randgebiet des Fördergebietshandelt. Ferner ist ein Kriterium für die Höhe der Investitionszula-ge, ob der Betrieb zusätzlich die Begriffdefinition für kleine undmittlere Unternehmen erfüllt. Aus nachstehender Tabelle (vgl.BMF-Schreiben vom 20.01.2006, Rz. 120) kann die Höhe der Inve-stitionszulage in Abhängigkeit o. g. Kriterien entnommen werden:

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D Überprüfung der Finanzbuchhaltung

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Höhe der Investitionszulage

Randgebiet Arbeibsmarktregion Berlin Übriges Fördergebiet

Bewegliche WGund KMU(erhöhte Zulage)

27,5 % 20 % 25 %

Bewegliche WGund Nicht�KMU(Grundzulage)

15 % 12,5 % 12,5 %

Gebäude(Grundzulage)

15 % 12,5 % 12,5 %

Abb. 133: Höhe der Investitionszulage

Als KMU gelten nach der Empfehlung der Kommission vom06.05.2003 Unternehmen, mit weniger als 250 Beschäftigten undeinem Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. € oder einer Jahresbi-lanzsumme von höchstens 43 Mio. €.

Die Investitionszulage ist nach amtlichem Vordruck bei dem Fi-nanzamt zu beantragen, das für die Besteuerung des Anspruchsbe-rechtigten zuständig ist. Die Auszahlung wird innerhalb eines Mo-nats nach Bekanntgabe des Investitionszulagenbescheids ausgezahlt.

Für die ertragsteuerliche Behandlung ist zu beachten, dass die in derhandelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung als Ertrag zubuchende Investitionszulage nicht zu den Einkünften i. S. d. EStGgehört (§ 8 InvZulG). Sie mindert auch nicht die steuerlichen An-schaffungs- und Herstellungskosten und ist daher außerbilanziell zukürzen. Da es sich bei der Investitionszulage nicht um steuerbefreiteEinkünfte handelt, greift nicht das Abzugsverbot des § 3c EStG fürBetriebsausgaben, die im Zusammenhang mit der Investitionszulagestehen (z. B. Beratungshonorare für Steuerberater im Zusammen-hang mit Investitionszulage).

1.2.9 Halbeinkünfteverfahren

Im Anrechnungsverfahren erfolgte eine Vermeidung der Doppelbe-steuerung der von der Kapitalgesellschaft erzielten Gewinne da-durch, dass nach § 36 Abs. 2 Nr. 3. EStG a. F. die Körperschaftsteuerder Kapitalgesellschaft beim Anteilseigner in Höhe von 3/7 der Ein-nahmen (Dividende) i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG a. F. angerechnet

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Auswirkungen der Steuergesetze auf die Jahresabschlusserstellung D

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wurde. Die angerechnete Körperschaftsteuer galt als fiktive Einnah-me aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG a. F.).

Demgegenüber ist im Halbeinkünfteverfahren die Anrechnung derKörperschaftsteuer nicht mehr möglich, daher entfällt der Ansatzder anrechenbaren Körperschaftsteuer als fiktive Einnahme ausKapitalvermögen. Zur Vermeidung einer zu hohen Besteuerung vonDividenden bleiben Gewinnausschüttungen beim Anteilseignerjedoch zur Hälfte steuerfrei, wenn Anteilseigner ein Steuerpflichtigeri. S. d. EStG ist (§ 3 Nr. 40 Buchst. d EStG). Handelt es sich beimAnteilseigner um einen Steuerpflichtigen nach dem KStG sind dieDividenden vollständig steuerfrei (§ 8b Abs. 1 KStG, beachte jedochdie pauschale Hinzurechnung in Höhe von 5 % als nicht abzugsfä-higer Betriebsausgaben gemäß § 8b Abs. 5 KStG). Auf Ebene derKapitalgesellschaft kommt es zu einer Definitivbesteuerung derGewinne in Höhe von 25 % (§ 23 Abs. 1 KStG), eine Ausschüt-tungsbelastung wie im Anrechnungsverfahren ist nicht mehr herzu-stellen.

Das Halbeinkünfteverfahren findet auf Ebene der Kapitalgesellschafterstmals Anwendung für Veranlagungszeiträume ab 2001 (§ 34Abs. 1 KStG). Auf der Ebene der Anteilseigner erfolgt die Besteue-rung nach dem Halbeinkünfteverfahren für Dividenden ab 2002(§ 52 Abs. 4b EStG, § 34 Abs. 7 KStG).

1.3 Aspekte der GesamtsteuerbelastungDie Unternehmen, die in der Rechtsform eines Einzelunternehmensoder einer Personengesellschaft betrieben werden, sind auf Ebenedes Unternehmens nur durch die Gewerbesteuer belastet. Das Ein-zelunternehmen oder die Personengesellschaft sind in der Einkom-mensteuer kein Steuersubjekt. Die Einkommensteuerbelastung hin-gegen erfolgt durch die Besteuerung der Einkünfte aus Gewerbebe-trieb des Einzelunternehmers bzw. der Mitunternehmer im Rahmender Einkommensteuerveranlagung.

Die Gesamtsteuerbelastung der im Unternehmen entstandenenGewinne ergibt sich aus der Gewerbe- und Einkommensteuerbela-stung. Um die Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht übermäßig zu

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D Überprüfung der Finanzbuchhaltung

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besteuern, wird die tarifliche Einkommensteuer, soweit sie anteiligauf im zu versteuernden Einkommen enthaltene gewerbliche Ein-künfte entfällt, um das 1,8-fache des Gewerbesteuermessbetragsvermindert (§ 35 EStG).

Der Unternehmer sollte die Steuersätze der Einkommensteuer ken-nen, um die Höhe der zu erwartende Steuerschuld im privaten Be-reich planen zu können. Daneben sind die Verlustausgleichs- bzw.die Verlustabzugsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

1.3.1 Grundfreibetrag, Eingangs� und Spitzensteuersatz

Der Grundfreibetrag, der Eingangs- und der Spitzensteuersatz wur-den ab Veranlagungszeitraum 2005 wieder geändert. Der Spitzen-steuersatz auf gewerbliche Einkünfte sank von 45,0 % im Jahr 1999auf 43,0 % ab dem Jahr 2000. Bei den normalen Einkünften ergibtsich eine Senkung des Spitzensteuersatzes von 53,0 % im Jahre 1999auf 51,0 % im Jahre 2000, auf 48,5 % ab 2001, auf 45,0 % im Jahr2004 und auf 42,0 % ab 2005. Die Zuschlagsteuern (Kirchensteuerund Solidaritätszuschlag) verändern sich entsprechend.

Steigende Grundfreibeträge und sinkende SteuersätzeSpitzensteuersatz [in %]Jahr Grundfreibetrag

[in €](Grundtabelle)

Eingangssteuersatz[in %] Normale

EinkünfteGewerblicheEinkünfte

1999 6.681,00 23,9 53,0 45,0

2000 6.902,00 22,9 51,0 43,0

2001 7.206,00 19,9 48,5 (*)

2002 7.235,00 19,9 48,5 (*)

2003 7.235,00 19,9 48,5 (*)

2004 7.664,00 16,0 45,0 (*)

ab 2005 7.664,00 15,0 42,0 (*)

(*) Ab 2001 erfolgt die Verminderung der Einkommensteuer auf Einkünfte ausGewerbebetrieb durch die Anrechnung des 1,8�fachen des Gewerbesteuermess�betrags auf die tarifliche Einkommensteuer (§ 35 EStG).

Abb. 134: Steigende Grundfreibeträge und sinkende Steuersätze

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Auswirkungen der Steuergesetze auf die Jahresabschlusserstellung D

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Der Eingangssteuersatz wird von 23,9 % in 1999 auf 22,9 % in 2000,auf 19,9 % ab 2001, auf 16,0 % im Jahr 2004 und auf 15,0 % ab 2005gesenkt.

Der Grundfreibetrag steigt von 6.681,- € in 1999 bis auf 7.664,- € abdem Jahr 2005 an.

Die Einkommensteuerbelastung mit dem Spitzensteuersatz beginntab dem Jahr 2005 bei 52.152,- €.

1.3.2 Verlustausgleich

Innerhalb eines Veranlagungszeitraumes erfolgt ein horizontalerbzw. vertikaler Verlustausgleich (§ 2 Abs. 3 EStG).

Beim horizontalen Verlustausgleich werden die negativen Einkünfteim gleichen Jahr der Entstehung der Verluste zunächst innerhalb dergleichen Einkunftsart mit positiven Einkünften verrechnet. Fürbestimmte negative Einkünfte bestehen Beschränkungen beim Ver-lustausgleich innerhalb der gleichen Einkunftsart (z. B. §§ 15a, 23EStG).

Durch den vertikalen Verlustausgleich erfolgt eine Verrechnung vonnegativen Einkünften einer Einkunftsart mit positiven Einkünfteneiner anderen Einkunftsart im Verlustentstehungsjahr. Der Ver-lustausgleich mit anderen Einkunftsarten ist unbegrenzt möglich.

1.3.3 Verlustabzug

Für die nicht durch den horizontalen oder vertikalen Verlustaus-gleich verrechneten Verluste besteht gemäß § 10d EStG ein Wahl-recht, diese Verluste auf den vorangegangenen Veranlagungszeit-raum zurückzutragen oder auf die folgenden Zeiträume vorzutra-gen, um sie dort mit positiven Einkünften zu verrechnen.

Beim Verlustrücktrag (§ 10d Abs. 1 S. 1 EStG) ist zu berücksichti-gen, dass die Verluste bei einzelveranlagten Steuerpflichtigen höch-stens bis 511.500,- € zurückgetragen werden können (bei zusam-menveranlagten Ehegatten 1.023.000,- €). Ferner kann der Abzugdes Verlusts nur im unmittelbar vorangegangenen Veranlagungs-zeitraum erfolgen. Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist ganz oder

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D Überprüfung der Finanzbuchhaltung

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teilweise vom Verlustrücktrag abzusehen. Im Antrag ist die Höhedes Verlustrücktrags anzugeben.

Verluste werden nur dann vortragen, wenn sie nicht bereits durchden Verlustausgleich oder den Verlustrücktrag mit positiven Ein-künften verrechnet wurden. Bei dem Verlustvortrag können dienegativen Einkünfte in den folgenden Veranlagungszeiträumen biszu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 1,0 Mio. € unbeschränkt,darüber hinaus bis zu 60 % des 1,0 Mio. € übersteigenden Gesamt-betrags der Einkünfte abgezogen werden (§ 10d Abs. 2 S. 1 EStG).Bei zusammenveranlagten Ehegatten tritt an die Stelle von 1,0 Mio.€ ein Betrag von 2,0 Mio. €.

1.4 Aktuelle SteuergesetzänderungenDie Gesetzgebung hat in dem Bereich des Einkommensteuergesetzesim Wesentlichen durch folgende Gesetze in den Gesetzestext einge-griffen:

• Gesetz zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm vom22.12.2005 (1)

• Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungenvom 28.04.2006 (2)

• Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäf-tigung vom 26.04.2006 (3)

Die wichtigsten Änderungen durch die o. g. Gesetze zeigt folgendeTabelle:

Aktuelle SteuergesetzänderungenParagraph Gesetz Inhalt

§ 3 Nr. 9 EStG (1) Aufhebung der Steuerfreiheit für Abfindungen ab01.01.2006

§ 3 Nr. 10 EStG (1) Aufhebung der Steuerfreiheit für Übergangsgelderund Übergangsbeihilfen ab 01.01.2006

§ 3 Nr. 15 EStG (1) Aufhebung der Steuerfreiheit für Heirats� undGeburtshilfen ab 01.01.2006

§ 7 Abs. 5 S. 1 Nr. 3Buchst. c EStG

(1) Abschaffung der degressiven AfA für Mietwohn�gebäude für Anschaffungen und Herstellungen ab01.01.2006

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Auswirkungen der Steuergesetze auf die Jahresabschlusserstellung D

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Aktuelle SteuergesetzänderungenParagraph Gesetz Inhalt

§ 10 Abs. 1 Nr. 6EStG

(1) Abschaffung des Sonderausgabenabzugs für pri�vate Steuerberatungskosten ab 01.01.2006

§ 4 Abs. 1 S. 3 und 4EStG

(2) Streichung des Verweises auf § 4 Abs. 3 EStG(wegen Zulässigkeit des gewillkürten Betriebs�vermögens) ab Tag der Verkündigung

§ 4 Abs. 3 S. 4 EStG (2) Betriebsausgabenabzug von AK/HK für nicht ab�nutzbare WG des Anlagevermögens, für Anteilean Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere, fürGrund und Boden sowie Gebäude des Umlaufver�mögens erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Ver�äußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunktder Entnahme; für Anschaffung/Herstellung nachdem Tag der Verkündigung

§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2EStG

(2) Einschränkung der Anwendung der 1 %�Regelungauf PKW des notwendigen Betriebsvermögens abWj., die nach 31.12.2005 beginnen

§ 5 Abs. 1a und 4aEStG

(2) Verpflichtung zur Bildung von Bewertungsein�heiten ab Tag nach Verkündigung

§ 6b Abs. 1 EStG (3) Erweiterung der begünstigten Wirtschaftsgüterauf Binnenschiffe für Veräußerung nach31.12.2005 und vor 01.01.2011

§ 7 Abs. 2 S. 3 EStG (3) Befristete Erhöhung des Höchstsatzes der degres�siven AfA für bewegliche WG des Anlagevermö�gens auf 30 % für Anschaffung/Herstellung nachdem 31.12.2005 und vor dem 01.01.2008

§ 4f und 9 Abs. 5EStG

(3) Abzug von erwerbsbedingten Kinderbetreuungs�kosten wie Betriebsausgaben/Werbungskosten abVZ 2006

§ 10 Abs. 1 Nr. 5und 8 EStG

(3) Abzug von privaten Kinderbetreuungskosten abVZ 2006

§ 33c EStG (3) Aufhebung wegen Neuregelung des Abzugs vonKinderbetreuungskosten durch §§ 4f, 10 Abs. 1Nr. 5 und 8 EStG, letztmalige Anwendung fürVZ 2005

§ 35a Abs. 1 und 2EStG

(3) Kinderbetreuungskosten vorrangig nach Neure�gelung § 4f, 9 Abs. 5 und 10 Abs. 1 Nr. 5 und 8EStG abzugsfähig; Ausdehnung des Anwendungs�bereichs auf Erhaltung und Modernisierung abVZ 2006

Abb. 135: Aktuelle Steuergesetzänderungen

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E Qualitative Bilanzanalyse undBilanzkritik

1 EinschränkungenDie traditionelle Bilanzanalyse ist eine quantitative Analyse undbezieht sich auf die Zahlen der Jahresabschlüsse, die aus der Vergan-genheit stammen. Auswahl, Gewichtung und Zusammensetzung dereingesetzten Kennzahlen hängen von den Zielen der Analyse ab. AlsKennzahlensystem wird oft der ROI-Entscheidungsbaum verwen-det.

Die Unternehmensleitungen, die Banken und die anderen Adressa-ten orientieren sich meist an den Daten aus der Vergangenheit. Fürdie Unternehmen und für die Investoren ist es aber besonders wich-tig, wie sich die Unternehmen in Zukunft entwickeln. Sie sind daraninteressiert, wie sicher und rentabel die Kapitalanlagen sind und wiehoch die Unternehmensrisiken in Zukunft eingeschätzt werden.

Deshalb sollten die Unternehmen auch eine zukunftsorientierteBilanzanalyse und Bilanzkritik durchführen. Die Bildung der Kenn-zahlen und die Auswertung der quantitativen Daten reicht also nichtmehr aus, sich ein verlässliches Bild über die Zukunft der Unter-nehmen zu machen. Deshalb müssen zusätzliche qualitative Infor-mationen zur Analyse verwendet werden, die in größeren Unter-nehmen meist im Anhang und im Lagebericht zu finden sind. Inkleineren und mittleren Unternehmen allerdings können dem An-hang und dem Lagebericht in der Regel nur geringe und wenig aus-sagefähige Informationen entnommen werden.

Außerdem muss festgestellt werden, dass die Zahlen der Jahresab-schlüsse viel zu spät zur Verfügung stehen. Die großen Unterneh-men legen die Informationen etwa erst ein halbes Jahr nach demEnde des Geschäftsjahres vor. In kleineren und mittleren Unter-

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E Einschränkungen

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nehmen stehen die Jahresabschlüsse oft frühestens ein Jahr nachdem Abschluss des Geschäftsjahres zur Verfügung.

Der Zweck der Rechnungslegung besteht darin, einen möglichstsicheren Einblick in die Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage derUnternehmen zu erhalten. Die Bilanz sowie die Gewinn- und Ver-lustrechnung beinhalten Zahlenangaben, die Aufschluss über be-stimmte quantitative Größen in den Unternehmen geben. Der Ana-lytiker der Jahresabschlüsse hat die Aufgabe, diese Größen zu un-tersuchen und zu interpretieren, um einen guten Einblick in dieStruktur und die wirtschaftliche Lage der Unternehmen zu erhalten.

In der Bilanz und in der Erfolgsrechnung werden die nach bestimm-ten Bilanzierungsgrundsätzen erfassten und nach bestimmten Prinzi-pien strukturierten wertmäßigen Angaben der Unternehmen aufge-zeichnet. Diese Informationen reichen aber nicht aus, um einen um-fassenden Einblick in die Unternehmen zu erhalten, da nur quantita-tive Größen wiedergegeben werden, die absoluter Natur sind.

Durch die gezielte Bilanzpolitik lassen sich die Daten des Jahresab-schlusses unterschiedlich darstellen. Das bilanzpolitische Ermessenermöglicht es den Unternehmen, durch die unterschiedliche Aus-nutzung der Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte die Ergeb-nisse erheblich zu beeinflussen. Der externe Bilanzanalytiker istmeist nicht in der Lage, die Auswirkungen dieser Maßnahmen hin-reichend genau zu quantifizieren. Je mehr bilanzpolitische Gestal-tungsmöglichkeiten genutzt werden, desto schwieriger ist eine zu-treffende Bilanzanalyse und Bilanzkritik. Deshalb ist es unbedingterforderlich, dass neben der traditionellen Bilanzanalyse und Bilanz-kritik neue und verbesserte Instrumente eingesetzt werden, die dieQualität der Beurteilung der Unternehmen erhöhen.

Zusammenfassung:Die quantitative Bilanzanalyse und Bilanzkritik beziehen sich auf dieZahlen der Jahresabschlüsse aus der Vergangenheit. Die errechnetenKennzahlen haben deshalb nur eine begrenzte Aussagefähigkeit, weildie Informationen über die Entwicklung der Unternehmen in der Zu�kunft fehlen. Die Banken und die Investoren sind besonders daran inter�essiert, wie sicher, rentabel und riskant die Kapitalanlagen eingeschätztwerden.

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Die Zahlen der Jahresabschlüsse stehen meist viel zu spät zur Verfü�gung. In großen Unternehmen vergeht ein halbes Jahr. Frühestens nacheinem Jahr stehen die Jahresabschlüsse der kleineren und mittlerenUnternehmen zur Verfügung.Das bilanzpolitische Ermessen erlaubt es den Unternehmen, durch dieunterschiedliche Ausnutzung der Bilanzierungs� und Bewertungswahl�rechte die Ergebnisse erheblich zu beeinflussen. Dadurch wird die Bilanz�analyse und Bilanzkritik sehr erschwert. Neben der traditionellen Bilanza�nalyse und Bilanzkritik müssen deshalb neue und verbesserte Instrumenteund Verfahren eingesetzt werden, um die Qualität der Beurteilung derUnternehmen wesentlich zu verbessern und um genauere Aussagen überdie zukünftige Entwicklung der Unternehmen machen zu können.

New EconomyDie Instrumente der Bilanzanalyse und Bilanzkritik der Old Eco-nomy reichen für die jungen Unternehmen der New Economy nichtaus, um die Chancen und Risiken dieser Unternehmen richtig ein-zuschätzen. Da diese Unternehmen noch zu jung sind, ist eine Auf-bereitung, Verdichtung und Interpretation der Zahlen aus den Jah-resabschlüssen der letzten drei Jahre oft nicht möglich.

Die Merkmale der Unternehmen der New Economy weisen in derRegel folgende Punkte auf:

Merkmale der Unternehmen der New Economy1. Schnelles Wachstum

2. Verkürzung der Produktlebenszyklen

3. Keine langjährigen Stammkunden

4. Niedrige Barrieren beim Markteintritt

5. Hohe Unsicherheit in der Zukunft

6. Kurze Dauer der Innovationen

7. Unerfahrenheit des Managements

8. Mangelhaftes Controlling

9. Fehleinschätzung der Märkte

10. Hohes Unternehmensrisiko

Abb. 136: Merkmale der Unternehmen der New Economy

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E Einschränkungen

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Zur soliden Beurteilung der Unternehmen der New Economy sinddeshalb umfassendere Informationen über die zukünftige Entwick-lung dieser Unternehmen erforderlich. Insbesondere die Banken, dieInvestoren und die Lieferanten sind daran interessiert zu erfahren,wann diese Unternehmen aus der Verlustzone kommen und Ge-winne erwirtschaften.

Eine Beurteilung der kurzfristigen finanziellen Zahlen reicht nichtaus, um die jungen Unternehmen in ihrer Komplexität zu bewerten.Auch nicht-finanzielle Daten werden benötigt, um zuverlässigereAussagen über den Markt, die Kunden, die Prozesse und die Mitar-beiter machen zu können.

Die traditionelle Bilanzanalyse und Bilanzkritik sind nicht ausrei-chend, um zukunftsorientierte Aussagen über die Überlebensfähig-keit der einzelnen Unternehmen machen zu können. Deshalb ist esnotwendig, dass weitergehende strategische Analysen über dieseUnternehmen durchgeführt werden.

Zusammenfassung:Die Instrumente der Bilanzanalyse und Bilanzkritik der Old Economyreichen für die jungen Unternehmen der New Economy nicht aus, umdie Chancen und Risiken dieser Unternehmen richtig beurteilen zu kön�nen. Da diese Unternehmen noch zu jung sind, ist die Aufbereitung, dieVerdichtung und die Interpretation der Zahlen nicht sehr aussagefähig.Die Merkmale der Unternehmen der New Economy unterscheiden sichzum Teil sehr von den Unternehmen der Old Economy. Deshalb ist be�sondere Vorsicht angebracht, da die Zahlen außerdem auch noch mani�puliert sein können.

Eine solide Beurteilung der Unternehmen der New Economy ist nurmöglich, wenn auch umfassende und zuverlässige Informationen überdie zukünftige Entwicklung dieser Unternehmen vorliegen. Dann kannfestgestellt werden, wann diese Unternehmen die Verlustzone wahr�scheinlich verlassen und zum ersten Mal realistische Gewinne erwirt�schaften.

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Qualitative Bilanzanalyse und Bilanzkritik E

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2 Anhang und LageberichtDie Aufgaben des Anhangs und des Lageberichts bestehen darin, dieLücke zwischen den abstrakten Angaben in der Bilanz sowie in derGewinn- und Verlustrechnung auf der einen Seite und der Forde-rung nach einem möglichst sicheren Einblick in die Ertrags-, Fi-nanz- und Vermögenslage der Unternehmen auf der anderen Seitezu schließen.

Der Anhang und der Lagebericht enthalten allgemeine und spezifi-sche Informationen zum Jahresabschluss, die sich noch weiter un-tergliedern lassen. Durch allgemeine Erläuterungen wird das Bildder Bilanz und der Erfolgsrechnung veranschaulicht und präzisiert.Zusätzliche Aufgliederungen, Darstellungen und Begründungen zueinzelnen Positionen der Bilanz und der GuV ermöglichen eineVerfeinerung der Informationen.

Durch spezifische Angaben im Anhang und im Lagebericht ist einebessere Beurteilung der Daten in der Bilanz und in der Erfolgsrech-nung möglich, wenn sich die Informationen auch auf die Bilanzie-rungs- und Bewertungsmethoden beziehen. Zahlreiche Wahlrechtedes Ausweises, die eine Darstellung bestimmter Informationen ent-weder in der Bilanz und Erfolgsrechnung oder im Anhang erlauben,ermöglichen es, die Bilanz und die Erfolgsrechnung von Detailanga-ben zu befreien. Auch nichtbilanzierungsfähige Sachverhalte könnenim Anhang aufgeführt werden, die eine genauere Beurteilung derwirtschaftlichen Lage der Unternehmen möglich machen.

Die verbale Berichterstattung im Anhang und im Lagebericht ent-hält ein enormes Potenzial für die Bilanzanalyse und Bilanzkritik.Durch die qualitative Bilanzanalyse kann der Einsatz der formellenund der materiellen bilanzpolitischen Instrumente besser beurteiltwerden. Dadurch sind zusätzliche Rückschlüsse auf die tatsächlicheLage der Unternehmen möglich. Die Intensität der freiwilligen Be-richterstattung kann zu weiteren Erkenntnissen führen.

In mittleren und großen Kapitalgesellschaften sind der Anhang undder Lagebericht generell umfangreich. Dann ist eine solide qualitati-

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E Strategische Unternehmensanalysen

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ve Bilanzanalyse möglich. In kleineren und mittleren Unternehmenstehen diese Information allerdings meist nicht zur Verfügung.

Zusammenfassung:Die bisher meist vernachlässigten Informationen des Anhangs und desLageberichts werden in eine umfassende und auch qualitative Beurtei�lung der Unternehmen einbezogen. Die verbale Berichterstattung solltebei der Bilanzanalyse und Bilanzkritik deshalb berücksichtigt werden.Die Erläuterungen des Jahresabschlusses im Anhang und im Lageberichtsollten insbesondere bilanzpolitische Hinweise umfassen. Für die quali�tative Bilanzanalyse stellen Informationen im Anhang und im Lagebe�richt deshalb ein großes Analysepotenzial dar.

3 StrategischeUnternehmensanalysen

Die traditionelle Bilanzanalyse und Bilanzkritik sollten durch strate-gische Unternehmensanalysen ergänzt werden.

Zu den strategischen Unternehmensanalysen zählen insbesonderedie Stärken- und Schwächenanalysen, das wertorientierte Füh-rungssystem und die Balanced Scorecard, die eine qualitative Un-tersuchung der Unternehmen erlauben. Bei diesen Analysen geht esvor allem darum, neue Strategien zu entwickeln, um in Zukunfterfolgreich wirtschaften zu können.

Strategische Unternehmensanalysen

Stärken� undSchwächenanalyse

WertorientiertesFührungssystem

BalancedScorecard

Abb. 137: Strategische Unternehmensanalyse

3.1 Stärken� und SchwächenanalysenBevor eine strategische Unternehmensplanung generell über vier bisfünf Geschäftsjahre aufgestellt wird, sind Stärken- und Schwächena-

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Qualitative Bilanzanalyse und Bilanzkritik E

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nalysen durchzuführen, um die Chancen und die Risiken bessereinschätzen zu können.

Konzeptionen, Instrumente und Techniken

1. Marktanalyse2. Konkurrenzanalyse3. Portfolio-Technik4. Produktlebenzyklus-Analyse5. Szenario-Technik6. GAP-Analyse (Ziellücken-Analyse)7. Benchmarking8. Potenzial-Analyse9. Erfahrungskurve10. Engpass-Analyse

In Workshops und Seminaren können die unterschiedlichen Kon-zeptionen, Instrumente und Techniken diskutiert und bearbeitetwerden. Die einzelnen Analysen sollten schrittweise in den Unter-nehmen durchgeführt werden.

Die Engpassanalyse beispielsweise ist ein wichtiges Instrument, umohne große Vorarbeiten entscheidende Engpässe eines Unterneh-mens in Zukunft festzustellen. Zum Controlling gehört auch dieEngpassorientierung. Deshalb ist es sinnvoll, für die Produkte, dieDienstleistungen und die Geschäftsfelder die möglichen Engpässe inZukunft herauszuarbeiten. Dann besteht auch die Möglichkeit, dievorhandenen Ressourcen auf die Engpässe zu konzentrieren, umeine Verzettelung zu vermeiden.

In vielen Unternehmen wird oft zu wenig Wert darauf gelegt, diewichtigen aktuellen und zukünftigen Engpässe in den Unternehmenzu ermitteln. Für die weitere Entwicklung der Unternehmen ist esunbedingt erforderlich, alle Engpässe systematisch aufzudecken undzu bewerten. Dann lässt sich auch eine Rangfolge erstellen.

Der Controller hat auch die Aufgabe, alle aktuellen und signifikan-ten Problemkreise im Unternehmen aufzulisten. Die Erfolgspoten-ziale eines Unternehmens und die positiven und negativen zukünfti-gen Abhängigkeiten sollten festgestellt werden. Eine möglichst um-fassende Kenntnis der einzelnen Bereiche im Unternehmen ist er-

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E Strategische Unternehmensanalysen

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forderlich, um die zukünftigen Abhängigkeiten zu ermitteln, dieeinen großen Einfluss auf die Rentabilität und die Liquidität derUnternehmen haben.

Um die aktuellen und zukünftigen Engpässe festzustellen, sind fol-gende Bereiche systematisch zu analysieren:

Unternehmensbereiche

1. Marketing und Vertrieb2. Produktion3. Beschaffung4. Forschung und Entwicklung5. Personal6. Finanzen7. Logistik8. IT-Bereich

Diese Analysen sollten möglichst in einem Workshop oder Seminardurchgeführt werden. Dem Strategieteam müssen die Unterneh-mensleitung, die kompetenten Führungskräfte aus den wichtigenBereichen und weitere Spezialisten angehören. Eine Umfeldanalyseist zuerst durchzuführen. Der Einsatz von Checklisten ist sinnvoll.

Die bereits bekannten und zu erwartenden Probleme sind pro Un-ternehmensbereich zur Bewertung auf einer einfachen Skala aufzu-führen. Außerdem ist eine Gewichtung vorzunehmen.

Zu den Stärken gehören:

• Attraktivität der Produkte und Dienstleistungen• Kundennutzen• Flexibilität bei Entscheidungen• Innovationen• Image• Vertrauen• Anziehungskraft• Chancen• hoher Qualitätsstandard• moderne Produktionsanlagen• gute Vertriebsorganisation• kreative Mitarbeiter

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Qualitative Bilanzanalyse und Bilanzkritik E

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• Ziele• Patente• junges Managementteam• kostengünstiges IT-System• hohe Kostentransparenz• effiziente Geschäftsprozesse.

Die Schwächen können umfassen:

• Nachholbedarf• Mängel• Knappheit• Misserfolg• Beschränktheit• Hemmnisse• hohe Lagerbestände• große Lieferantenzahl• geringe Kapazität• lange Durchlaufzeiten• Softwarefehler• Sortimentslücken• schwacher Kundendienst• lange Bearbeitungszeiten• niedrige Innovationsrate• schwache Unternehmensleitung• hoher Krankenstand• niedrige Eigenkapitalquote• hohe Außenstände• starke Wettbewerber• steigende Reklamationsquote.

Unter Leitung des Controllers müssen dann für die zusammenge-stellten Problemfelder einzelne Maßnahmen erarbeitet und be-schlossen werden. Die unterschiedlichen Maßnahmen sind auch zukoordinieren und anschließend systematisch abzuarbeiten.

Mit den einzelnen Verfahren der Stärken- und Schwächenanalysekann das strategische Controlling unterstützt werden. Neben derqualitativen Bilanzanalyse und Bilanzkritik erlaubt das strategische

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E Strategische Unternehmensanalysen

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Controlling einen besseren Einblick in die Zukunft der Unterneh-men. Dadurch kann die langfristige Existenzsicherung der Unter-nehmen eher garantiert werden, da die Chancen und die Risiken derUnternehmen besser beurteilt werden können.

Zusammenfassung:Stärken� und Schwächenanalysen sind durchzuführen, bevor eine stra�tegische Unternehmensplanung aufgestellt wird, um die Chancen unddie Risiken besser beurteilen zu können. Die Unternehmensleitung hatzu entscheiden, welche Konzeptionen, Instrumente und Techniken ein�zusetzen sind, damit eine gute Einschätzung der zukünftigen Entwick�lung der Unternehmen vorgenommen werden kann.Mithilfe der Engpassanalyse lassen sich Problemkreise für die Produkte,Dienstleistungen und Geschäftsfelder herausarbeiten. Erst wenn diewichtigsten Engpässe systematisch aufgedeckt und bewertet sind, kön�nen die vorhandenen Ressourcen in Zukunft besser eingesetzt werden.

Für die wichtigsten Bereiche in den Unternehmen sollten die wesentli�chen Stärken und Schwächen aufgelistet und bewertet werden. In deneinzelnen Problemfeldern sind dann spezifische Maßnahmen zu erar�beiten und zu beschließen, um neue Strategien zu entwickeln, die dieExistenzsicherung der Unternehmen gewährleisten.

3.2 Wertorientiertes Führungssystem

3.2.1 Wie sieht das Führungssystem aus?

Das wertorientierte Führungssystem konzentriert sich auf die Wert-steigerungen und Wertvernichtungen in den Unternehmen. DieUnternehmensleitung muss darauf achten, dass in allen Geschäfts-bereichen, Geschäftsfeldern und mit den einzelnen Projekten einUnternehmenswert geschaffen wird, der sich am Kapitalmarkt ori-entiert.

Die Steigerung der Ertragskraft in den Unternehmen ist vor allemmöglich durch die Erhöhung der Produktivität, durch die Forcie-rung von Innovationen und durch die Beschleunigung des Wachs-tums bei den ertragsstarken Produkten, Dienstleistungen und Ge-schäftsfeldern. Dadurch lässt sich die finanzielle Leistungsfähigkeitder Unternehmen nachhaltig verbessern.

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Qualitative Bilanzanalyse und Bilanzkritik E

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Die Unternehmensleitung und die Führungskräfte können das Zielder Wertsteigerung erreichen, wenn sie sich wie Investoren verhal-ten und ihr unternehmerisches Denken und Handeln danach aus-richten. Die Interessen der Unternehmensführung und der Unter-nehmenseigner werden somit in Einklang gebracht. Auch die Mitar-beiter profitieren davon, denn ein profitables und wertschaffendesUnternehmen kann interessante Arbeitsplätze mit immer besserenVerdienstmöglichkeiten bieten und erhalten.

Die Ziele der wertorientierten Unternehmensführung sehen wiefolgt aus:

Ziele der wertorientierten Unternehmensführung

1. Dauerhafte und nachhaltige Steigerung des Unternehmenswertes2. Weitere Verbesserung der Ertragskraft der Unternehmen3. Profitables Wachstum der Unternehmen

Die Auswirkung der wertorientierten Unternehmensführung lassensich folgendermaßen zusammenfassen:

Auswirkungen der wertorientierten Unternehmensführung

1. Die Unternehmensleitung und die Führungskräfte denken undhandeln auf dieser Grundlage wie die Eigentümer.

2. Durch hervorragende Ergebnisse und hohe Renditen wird einhöherer Wert für die Investoren (Eigentümer) geschaffen.

3. Mit den auf die Kundenbedürfnisse zugeschnittenen und inno-vativen Produkten und Dienstleistungen werden bessere Werteerreicht.

4. Durch attraktive Entwicklungsmöglichkeiten und durch indivi-duelle Beteiligung an der Wertsteigerung lassen sich zusätzlicheWerte für alle Mitarbeiter in den Unternehmen schaffen.

3.2.2 Welche wertorientierten Führungsgrößen gibt es?

In der Praxis werden verschiedene wertorientierte Führungsgrößeneingesetzt. Einige Unternehmen verwenden mehrere Kennzahlengleichzeitig. Bestimmte Unternehmen konzentrieren sich aber nurauf eine einzige Führungsgröße.

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E Strategische Unternehmensanalysen

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Führungsgrößen

• Free-Cashflow (Shareholder Value)• EVA (Economic Value Added)• GWB (Geschäftswertbeitrag)• CFROI (Cashflow Return on Investment)• ROCE (Return on Capital Employed)• RONA (Return on Net Assets)

Siemens beispielsweise setzt nur eine wertorientierte Führungsgrö-ße, den Geschäftswertbeitrag (GWB) ein. RWE verwendet zur Steue-rung des Unternehmens den Return on Capital Employed (ROCE).Daimler-Chrysler dagegen arbeitet mit dem Return on Net Assets(RONA).

3.2.3 Wie wird die Wertsteigerung gemessen?

Für die Messung der Wertsteigerung der Unternehmen werden eineVielzahl von Verfahren und Kennzahlen verwendet. Meist werdenverschiedene Elemente der Erfolgsrechnung des Jahresabschlusses,der Kosten- und Leistungsrechnung und der dynamischen Investiti-onsrechnungen kombiniert.

Die wertorientierten Führungsgrößen dienen als Zielgrößen. Siewerden bei der strategischen Unternehmensplanung, bei Investiti-onsentscheidungen, bei der Performance-Beurteilung, bei Incentivesund bei der Kommunikation mit den Mitarbeitern eingesetzt. DerVorteil dieser Konzeption besteht darin, dass die Führungskräfte imeigenen Unternehmen wie selbstständige Unternehmer am langfri-stigen Wertzuwachs des Unternehmens interessiert sind.

Eine Wertsteigerung liegt dann vor, wenn jede neue Investition oderjedes Geschäftsfeld mehr als die Kapitalkosten für das Eigen- undFremdkapital verdienen. Der Kapital-Kostensatz stellt also die Min-destrendite dar, die die Investoren für das investierte Eigen- undFremdkapital erwarten.

Das Wertmanagement der RWE beispielsweise sieht wie folgt aus:

Bei der Errechnung der Kapitalkosten werden folgende Positionenberücksichtigt:

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Qualitative Bilanzanalyse und Bilanzkritik E

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RWE�Konzern�KapitalkostenRisikoloser Zinsfuß 5,5 %

Marktprämie 5,0 %

Beta�Faktor 0,8

Eigenkapitalkosten nach Steuern 9,5 %

Fremdkapitalkosten vor Steuern 6,0 %

Tax Shield – 1,9 %

Steuersatz für Fremdkapital 32,0 %

Fremdkapitalkosten nach Steuern 4,1 %

Anteil Eigenkapital 40,0 %

Anteil Fremdkapital 60,0 %

Kapitalkosten nach Steuern 6,2 %

Steuersatz für pauschale Umrechnung 35,0 %

Kapitalkosten vor Steuern 9,5 %

Der relative Wertbeitrag wird folgendermaßen errechnet:

ROCE 11,1 %

– Kapitalkosten vor Steuern 9,5 %

= relativer Wertbeitrag 1,6 %

Neben dem relativen Wertbeitrag von 1,6 % weist RWE auch denabsoluten Wertbeitrag von 307 Mio. Euro für das Jahr 2001 aus.RWE wird in Zukunft die Wertmanagement-Zielsetzung am Kern-geschäft orientieren. Bis 2003 will RWE im Kerngeschäft einen ab-soluten Wertbeitrag in Höhe von einer Mrd. Euro erreichen.

3.2.4 Wie erfolgt die Implementierung?

Die wertorientierten Führungsgrößen werden in den gut geführtenUnternehmen systematisch implementiert. Bei der Einführung sindintensive Schulungen der Mitarbeiter erforderlich.

Die Steigerung des Unternehmenswertes muss durch wertschaffendeEntscheidungen bewirkt werden. Durch folgende Maßnahmen las-sen sich Wertsteigerungen in den Unternehmen erzielen:

1. Erhöhung der Produktivität2. Verbesserung der Spannen im operativen Geschäft3. Effektivere Nutzung des Vermögens4. Reduzierung des gebundenen Vermögens

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E Strategische Unternehmensanalysen

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5. Durchführung von wertsteigernden Investitionen6. Optimierung der Portfolios7. Verbesserung der Kostenstruktur8. Neugestaltung der Produkte und der Prozesse9. Forcierung des Wachstums der ertragsstarken Produkte10. Bessere Nutzung des vielfältigen Potenzials11. Erwirtschaftung von überdurchschnittlichen Erträgen12. Ausweitung des Geschäfts in Wachstumsregionen13. Stärkung der Innovationskraft

Zusammenfassung:Das wertsteigernde Führungssystem konzentriert sich auf die Wertstei�gerungen, die forciert werden sollten, und die Wertvernichtungen, diezu eliminieren sind. Die Erhöhung des Unternehmenswertes kann ins�besondere durch die Verbesserung der Produktivität, durch die Forcie�rung von Innovationen und durch die Beschleunigung des Wachstumsfür ertragsstarke Produkte erfolgen.Es gibt eine Vielzahl von wertorientierten Führungsgrößen. Einige gutgeführte Unternehmen verwenden nur eine einzige Kennzahl für dieSteuerung und haben gute Erfahrungen damit gemacht.Für die Messung der Wertsteigerung werden verschiedene Verfahreneingesetzt. Meist beinhalten die Methoden einige Elemente der Er�folgsrechnung, der Kosten� und Leistungsrechnung und der dynami�schen Investitionsrechnungen.Die wertorientierten Führungsgrößen sollten in den Unternehmen sy�stematisch implementiert werden. Die intensive Schulung der Mitar�beiter ist bei der Einführung erforderlich. Für die Wertsteigerungen sindverschiedene Maßnahmen konsequent durchzuführen.

3.3 Balanced Scorecard

3.3.1 Sind die finanziellen Kennzahlen ausreichend?

Die in der Vergangenheit eingesetzten Kennzahlen waren in denUnternehmen zu finanzorientiert. In der Zwischenzeit haben dieUnternehmen erkannt, dass neben den finanziellen Kennzahlenauch nicht-finanzielle Kennzahlen verwendet werden sollten, um dieUnternehmen effizienter zu steuern. Außerdem sollten neben den

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Qualitative Bilanzanalyse und Bilanzkritik E

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harten Kennzahlen, wie z. B. Rentabilität, auch weiche Kennzahlen,wie z. B. Kundenzufriedenheit, zur besseren Unternehmensführungeingesetzt werden. Zur erfolgreichen Steuerung der Unternehmenkommt es insbesondere auf die strategischen Erfolgsfaktoren an.Aktuelle und entscheidungsrelevante Kennzahlen werden von derUnternehmensleitung und den Führungskräften benötigt. Es kommtvor allem auf die Kunden, die Prozesse und die Innovationen sowiedie Mitarbeiter an.

3.3.2 Ist ein neues Führungssystem nötig?

Die Unternehmen müssen zuerst Visionen entwickeln, von denendie Leitbilder abzuleiten sind. Dann lassen sich einzelne Strategienfestlegen, die konkrete und transparente Leistungs-, Kontroll- undSteuerungsziele enthalten müssen.

Neben dem strategischen Controlling ist besonders auf das operativeControlling zu achten. Die beiden Komplexe müssen miteinander ver-netzt werden. Die einzelnen Ziele, die zwischen der Unternehmenslei-tung und den Führungskräften vereinbart werden, sollten dann in derstrategischen und operativen Planung berücksichtigt werden.

Viele Unternehmer brauchen ein aussagefähiges Informationssy-stem, das die Führung der Unternehmen verbessert und erleichtert.Die erfolgsrelevanten Indikatoren müssen laufend erfasst und kon-trolliert werden, um die Unternehmen besser steuern zu können.Die Balanced Scorecard ist eine Konzeption, die eine effizientereSteuerung der Unternehmen möglich macht.

3.3.3 Welche Perspektiven sind zu beachten?

Der steigende Wettbewerbsdruck, der ständige Wandel der Märkteund die intensivere Beachtung der Kunden erfordern aussagefähige-re Informationen, die die Unternehmensleitung und die Führungs-kräfte in die Lage versetzen, die Unternehmen wirkungsvoller zuführen. Die Erfolge und Misserfolge müssen schneller erkannt undanalysiert werden.

Die meist vergangenheitsorientierten und finanzwirtschaftlichenKennzahlen reichen für eine erfolgreiche Führung der Unternehmennicht mehr aus. Die Unternehmen benötigen vor allem eine strate-

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E Strategische Unternehmensanalysen

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gische Führungskonzeption, die alle wichtigen Bereiche der Unter-nehmen integriert. Qualitative und quantitative Leistungsindikato-ren müssen in den Unternehmen identifiziert werden, die das Errei-chen der Ziele im Hinblick auf die Zeit, die Kosten und die Qualitätermöglichen.

Ein ausgewogener Berichtsbogen sollte also in den Unternehmeneingeführt werden. Die Leistungsindikatoren dürfen in Zukunftdeshalb nicht nur die internen, vergangenheitsorientierten undquantitativen Informationen beinhalten, sondern müssen auch dieexternen, zukunftsorientierten und qualitativen Aspekte berück-sichtigen. Neben den wertmäßigen Kennzahlen sind auch mengen-mäßige Kennzahlen einzusetzen.

Neben der finanzwirtschaftlichen Perspektive müssen also die Kun-den-Perspektive, die Prozess-Perspektive und die Perspektive derMitarbeiter und der Innovationen einbezogen werden, um in Zu-kunft die Erfolgspotenziale schneller zu erkennen und systemati-scher zu nutzen.

Abb. 138: Perspektiven

Für jede Perspektive sind dann die erfolgskritischen Ziele und Mess-größen zu ermitteln. Zur effizienteren Steuerung der Unternehmenkönnen dann die einzelnen Ziele und Messgrößen eingesetzt wer-den, die sich vor allem auf die wesentlichen strategischen Erfolgspo-sitionen in den Unternehmen beziehen.

Finanzen

Kunden Prozesse

Mitarbeiter/Innovationen

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Qualitative Bilanzanalyse und Bilanzkritik E

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3.3.4 Lassen sich Strategien beeinflussen?

Die Besonderheit der Balanced Scorecard besteht darin, dass dieZiele mit finanziellen und nicht-finanziellen Steuerungsgrößen inden Unternehmen miteinander verbunden werden. Die einzelnenPerspektiven sollten sich an den erfolgreichen Kernprozessen in denUnternehmen orientieren. Diese Konzeption ermöglicht es der Un-ternehmensführung, ihre oft vagen Unternehmensstrategien in kon-krete und definierbare Ziele und Messgrößen zu übertragen. DieBalanced Scorecard unterstützt das Management bei der Formulie-rung und Umsetzung der eigenen Strategien. Die Kommunikationlässt sich dadurch auch wesentlich verbessern. Die Mitarbeiter ver-stehen die neuen Strategien viel besser und haben dann auch keineSchwierigkeiten bei der Umsetzung. Die Vernetzung von quantitati-ven und qualitativen Leistungsgrößen, die optimale Nutzung inter-ner und externer Information und der konsequente Einsatz desWissens aller Mitarbeiter in den Unternehmen sind erforderlich, umden langfristigen Erfolg der Unternehmen zu garantieren. In vielenUnternehmen hat sich diese Konzeption für die Verankerung vonVisionen, Strategien, Zielen und Messgrößen bereits gut bewährt.Die Strategien in den Unternehmen lassen sich also wesentlich be-einflussen und verbessern. RWE beispielsweise hat zur verbessertenAusschöpfung der Potenziale der Führungskräfte im Jahre 2000einen Zielvereinbarungsprozess gestartet. Dieser Prozess wird durchden Einsatz der Balanced-Scorecard-Methode unterstützt, indembestimmte Kennzahlen verwendet werden. Dabei stehen Umsatz-,Ertrags- und Wertbeitragsziele neben den Zielwerten für Marktbe-arbeitung, Kostenstruktur und Personalmanagement.

Die Ziele der jeweiligen Geschäftsfelder werden dabei auf nachge-ordnete Organisationseinheiten heruntergebrochen und dienen alsGrundlage für Zielvereinbarungen zwischen den Führungskräftenund den Mitarbeitern. Damit wird der persönliche Beitrag zur Errei-chung der Unternehmensziele transparent gemacht und die Moti-vation der Mitarbeiter erhöht. Dieser Prozess wird in allen Ge-schäftsbereichen des Kerngeschäftes eingeführt.

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E Strategische Unternehmensanalysen

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Zusammenfassung:Die bisher verwendeten Kennzahlen waren meist finanzorientiert. Diefinanziellen Leistungsindikatoren sollten aber durch nicht�finanzielleKennzahlen ergänzt werden. Neben harten Kennzahlen werden auchweiche Kennzahlen benötigt, um einen umfassenden Überblick über dieStärken und Schwächen in den Unternehmen zu erhalten.Um in Zukunft eine erfolgreiche Unternehmensführung zu realisieren,sollte ein Führungssystem eingeführt werden, das die wichtigsten stra�tegischen und operativen Aspekte der Unternehmen erfasst. Die Balan�ced Scorecard ist eine Konzeption, die eine effizientere Steuerung derUnternehmen möglich macht. Die finanzwirtschaftliche Betrachtungs�weise der Unternehmen ist zu eng und muss um die Perspektiven derKunden, der Prozesse und der Mitarbeiter/Innovationen erweitert wer�den. In den Unternehmen sind also alle wichtigen und erfolgskritischenZiele und Messgrößen zu ermitteln.Die Ziele mit finanziellen und nicht�finanziellen Steuerungsgrößenwerden in den Unternehmen miteinander vernetzt. Als Folge davonverstehen die Mitarbeiter die neuen Strategien viel besser, die einfachin einzelne Aktionspläne umgewandelt werden können.

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F Rating

1 Basel I und Basel II• Basel I

Die erste Vereinbarung über die Pflicht der Banken hinsichtlichder Eigenkapitalunterlegung wurde im Jahre 1988 von dem Ba-seler Ausschuss, einem Gremium der internationalen Banken-aufsicht, verabschiedet. Der Baseler Akkord oder Basel I fordertnur eine pauschale Absicherung der Kredite. Es wurden erstmalsinternational gültige Anforderungen an die Banken zur Unterle-gung von Krediten mit Eigenkapital in Höhe von grundsätzlichacht Prozent festgelegt.Die wahren Risikoverhältnisse im Kreditportfolio der Bankenlassen sich nicht korrekt widerspiegeln. Deshalb wird auch keineadäquate Risikovorsorge erreicht. Die umsichtigen Bankmanagerhaben ihre Kunden im Rahmen der Möglichkeiten schon immerdifferenziert behandelt. Die einzelnen Kunden erhalten in derPraxis bereits heute meist die Kredite zu unterschiedlichen Kon-ditionen.

• Basel IIDer Baseler Akkord von 1988 wurde im Jahre 1998 grundlegendüberarbeitet. Das Ziel bestand darin, die Eigenkapitalunterle-gungspflicht der Banken stärker an die individuellen Risken derKunden anzupassen.Im Jahre 1999 wurde dann im ersten Konsultationspapier vor-geschlagen, dass praktisch das externe Rating der einzelnen Kre-ditnehmer die Grundlage für die Höhe des vorhandenen Eigen-kapitals bildet. Das zweite Konsultationspapier im Jahre2001lässt auch bankinterne Rating-Verfahren zu. Im Juli 2002wurde beschlossen, dass insbesondere für das Rating bei der

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F Wesen des Ratings

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Kreditvergabe an kleinere und mittlere Unternehmen wesentli-che Erleichterungen zugelassen werden.Mit Basel II wird sichergestellt, dass die gut geführten Unter-nehmen weniger Zinsen und die schlecht beurteilten Unterneh-men höhere Zinsen für ihre Kredite zahlen müssen. Es erfolgtalso eine gerechtere Verteilung der Kreditkosten.In Zukunft besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Bo-nität der Unternehmen, den Risiken und den Zinsen. Die Unter-nehmen mit einer guten Bonität und geringen Risiken müssendemnach niedrigere Zinsen für die Kredite bezahlen.

• Veröffentlichung und InkrafttretungEs ist geplant, dass Basel II endgültig am 1.1.2007 in Kraft tritt.Per EU-Richtlinie wird für alle Banken dann innerhalb der euro-päischen Gemeinschaft Basel II verbindlich.Obwohl das Rating-Verfahren erst ab dem Einführungsjahr 2006zum Einsatz kommt, passen viele Banken bereits ab 2003 ihreKreditwürdigkeitsprüfungen an die neuen Anforderungen vonBasel II an. Deshalb ist es für die Unternehmen sinnvoll, sich un-verzüglich auf das Rating vorzubereiten.

2 Wesen des RatingsDas Rating der Unternehmen umfasst die Bewertung der Kredit-nehmer hinsichtlich der zukünftigen Zahlungsfähigkeit. Je nach derBonität werden unterschiedlich hohe Eigenkapitalquoten für dieBanken festgelegt. Bei Krediten an Unternehmen mit guter Bonitätmüssen die Banken in Zukunft geringere Eigenmittel als Risikopuf-fer vorhalten. Wenn die Banken an Unternehmen mit schlechtemRating Kredite vergeben, sind höhere Eigenmittel erforderlich.

Die Banken müssen in Zukunft detaillierte Risikoanalysen durch-führen. Neben den Kredit- und Marktrisiken wird als zusätzlicheMessgröße das operationelle Risiko berücksichtigt.

Alle erfolgsrelevanten Merkmale der Unternehmen werden im Ra-ting-Prozess mithilfe von statistischen Verfahren untersucht. Mitdem Rating beurteilen die Banken die Bonität der Unternehmen.

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Rating F

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Die Vergabe einer Note für jedes Unternehmen stellt das Ergebniseines Rating-Prozesses dar.

Die abschließende Entscheidung über die Kreditvergabe bedeutetdie wirtschaftliche Aussage aber nicht, die ein Rating über das Risikoeines jeden Kredites gibt. Einige andere Kriterien, wie z. B. die Si-cherheiten, der Verwendungszweck und die Laufzeit spielen aucheine Rolle. Die Kreditentscheidung wird aber durch das Rating vor-bereitet.

3 Arten des Ratings• Externes Rating

Spezielle Rating-Agenturen führen das externe Rating nur durch,wenn sie von den Unternehmen dazu beauftragt werden. Bei dengroßen Unternehmen, die direkt an den Kapitalmarkt gehen, hatsich das externe Rating bereits durchgesetzt.Zu den bedeutenden Agenturen zählen Moody’s, Standard &Poor’s und Fitch. Die Rating-Noten der externen Agenturen be-stehen aus Buchstaben- und Zahlenkombinationen, die für Ban-ken und Investoren eine neutrale Einschätzung der Bonität derUnternehmen darstellen. Die Ratings umfassen beispielsweiseAAA bis A-, BBB bis B-, CCC bis CC und SD/D bei Standard &Poor’s. Ein dreifaches A stellt die höchste Bonität dar und be-deutet praktisch kein Ausfallrisiko. CC ist eine ungenügende Be-wertung und beinhaltet die niedrigste Qualität für ein Unter-nehmen. Der Schutz der Banken und Investoren ist sehr gering.Es besteht daher die akute Gefahr eines Zahlungsverzugs. SD/Derhält ein Unternehmen, wenn es bereits zahlungsunfähig ist.Für das Erst-Rating und für die erforderlichen Folge-Ratingsentstehen erhebliche Kosten. Diese Ratings sind sehr zeit- undarbeitsintensiv.In einem Zertifikat wird das Rating-Ergebnis dokumentiert undveröffentlicht, wenn der Auftraggeber zustimmt. Dieses Zertifi-kat kann verwendet werden, um direkt an den Kapitalmarkt zugehen. Auch das Vertrauen bei Kunden, Lieferanten und Mitar-beitern kann mit diesem Zertifikat erhöht werden.

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F Konsequenzen von Basel II für die Banken

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• Internes RatingDie Banken erstellen automatisch das interne Rating, wenn einKredit beantragt wird. Auch wenn ein externes Rating vorhan-den ist, führen die Banken ein internes Rating durch. Den Un-ternehmen entstehen für ein internes Rating keine gesondertenKosten. Es ist sinnvoll, wenn die Unternehmen die wesentlichenDaten möglichst schnell zur Verfügung stellen.Eine Zertifizierung oder Veröffentlichung der Rating-Ergebnisseerfolgt nicht. Zwischen den Unternehmen und den Kreditbera-tern findet meist ein ausführliches Gespräch über die Ergebnissestatt.Die Schwächen und Stärken der Unternehmen werden aufge-zeigt. Den Unternehmen werden insbesondere die verschiedenenSchwachstellen deutlich gemacht, die dann möglichst schnellbeseitigt werden sollten.

4 Konsequenzen von Basel II fürdie Banken

4.1 Neue BewertungssystemeDie neue Rating-Systematik und die damit verbundenen neuenRisikobeurteilungen machen es erforderlich, dass die Banken aufallen Ebenen größere Veränderungen durchführen müssen. Es ge-nügt nicht, nur einige EDV-Programme zu installieren. Die Mitar-beiter in der Kreditabteilung und in anderen Abteilungen müssensystematisch geschult werden, um die neue Denkweise zukünftig zubeherrschen.

Im Kommunikationsverhalten zwischen den Banken und den Un-ternehmen ist ein gravierender Wandel erforderlich. Bisher bestandzwischen den Banken und den Kreditnehmern oft ein beträchtlichesInformationsdefizit. Ein reger Austausch von Daten ist in Zukunftnotwendig, da sonst ein systematisches Rating gar nicht möglich ist.

Die Kreditberater müssen von den Unternehmen laufend über Ver-änderungen informiert werden. Die im Controlling-System der

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Rating F

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Unternehmen generierten Daten sind an die Kreditberater raschweiterzugeben. Nötigenfalls sollten für die Banken die Daten ingeeigneter Weise von den Unternehmen interpretiert werden. Da-durch kann sichergestellt werden, dass die relevanten Daten auchzielführend in das Rating-System der Banken übernommen werdenkönnen.

4.2 Erarbeitung zusätzlicher Informationenund Daten

Die kleineren und mittleren Unternehmen müssen sich jetzt intensi-ver mit zusätzlichen Informationen und Daten beschäftigen, die dieBanken von den Unternehmen in Zukunft verlangen werden. Es istunbedingt erforderlich, dass sich die Unternehmen schnellstens aufdie risikobezogene Gestaltung der Konditionen bei den Bankeneinstellen.

Bei der Umsetzung der Richtlinien von Basel II spielt das Rating eineimmer größere Rolle, wenn es in Zukunft um die Kreditvergabegeht. Die Unternehmen, die eine gute Rating-Note bekommen,erhalten die Kredite zu günstigeren Konditionen. Die Banken müs-sen die Risiken durch entsprechende Eigenkapitalpolster abdecken.

Ob ein Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten gerät, hängt aberauch von vielen anderen Faktoren ab. Neben der Höhe des Eigenka-pitals kommt es auch auf die Qualität der Unternehmensleitung undder Mitarbeiter an. Die angebotenen Produkte und Dienstleistungensind ebenso wichtig wie die interne Organisation, das Controllingsowie das Marketing und der Vertrieb.

Es ist sinnvoll, dass sich die Unternehmen darüber informieren,welche betriebswirtschaftlichen Kennzahlen im Rahmen des inter-nen Rating-Systems erfasst und bewertet werden. Deshalb ist dieUnterscheidung in harte und weiche Kennzahlen sehr wichtig.

Die wesentlichen Informationen der Unternehmen müssen denBanken in Zukunft schneller zur Verfügung gestellt werden. Diebetriebswirtschaftlichen Kennzahlen, die von mehrere Jahre zurück-liegenden Jahresabschlüssen ermittelt werden, haben in Zukunft nurnoch eine geringe Aussagekraft. Diese Daten führen fast automatisch

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F Prozess des Ratings

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zu einer Abstufung beim internen Rating. Positiv werden möglichstaktuelle Daten beim Rating beurteilt. Deshalb müssen die Unter-nehmen den Banken möglichst präzise und realistische Planzahlenzur Verfügung stellen.

4.3 Weiterbildung der MitarbeiterNeben den technischen Vorbereitungen auf die Basel-II-Zukunftmüssen die Banken ihre Mitarbeiter in allen Abteilungen und Auf-gabenbereichen fachlich und mental auf die neuen Aufgabenstellun-gen vorbereiten. Insbesondere die Kreditberater sind auf betriebs-wirtschaftlicher Ebene intensiv zu trainieren, um in Zukunft alskompetente Gesprächspartner von den Unternehmen akzeptiert zuwerden. Mit den Controlling-Instrumenten müssen die Kreditbera-ter vor allem vertraut sein.

Durch den Rating-Prozess sollten die Unternehmen ihre Kredite zufairen und optimalen Kreditkonditionen erhalten. Gleichzeitig er-warten die Unternehmen eine kompetente Beratung auf der Basisdes Ratings, um ihre Stärken weiter zu verbessern und um die auf-gedeckten Schwachstellen möglichst schnell zu beseitigen.

5 Prozess des RatingsDie Vorgaben von Basel II müssen vor allem von den Banken um-gesetzt werden. Viele Banken bereiten sich bereits seit einiger Zeitintensiv auf das interne Rating vor. Die meist langfristigen Ge-schäftsbeziehungen zu den Unternehmen erleichtert es den Banken,ein maßgeschneidertes Bewertungssystem zu entwickeln.

Die bisher eingesetzten Bilanzanalysen sollten durch Basel II in zeit-licher und qualitiativer Hinsicht weiter verbessert werden. Die Ban-ken müssen spätestens ab 2006 nachweisen, dass das eingesetzteRating-Verfahren statistisch signifikante Prognosen ermöglicht.

Die Sparkassen und Landesbanken beispielsweise beschäftigen sichseit einiger Zeit intensiv damit, ein einheitliches, maßgeschneidertesund Basel-II-konformes Rating-System zu entwickeln. Jedes Unter-nehmen wird beim Sparkassen-Rating in eine von 18 Rating-Klassen

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eingeteilt. Die Rating-Klasse 1 enthält die Unternehmen mit derbesten Bonität, während die zahlungsunfähigen Unternehmen in dieRating-Klasse 18 eingestuft werden.

Beim Rating-Prozess werden auch die Größe des Unternehmensund die rechtliche Struktur berücksichtigt. Alle Unternehmen un-terliegen einer individuellen Bewertung.

Aufbau des Sparkassen�Rating�Prozesses

Abb. 139: Aufbau des Sparkassen�Rating�Prozesses

5.1 Finanz�RatingDer Aufbau des Sparkassen-Rating-Prozesses berücksichtigt in derersten Stufe das Finanz-Rating. Bei diesem Verfahren werden dieFinanz-, Ertrags- und Vermögenslage der Unternehmen analysiert.Etwaige Abweichungen gegenüber dem Durchschnitt der jeweiligenVergleichsgruppe lassen sich ermitteln und untersuchen. Die Jahres-abschlüsse, d. h. Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang undLagebericht bilden die Basis für das Finanz-Rating. Bei Freiberuflernwird die Einnahme-Überschussrechnung herangezogen.

Finanzen�Rating

Qualitatives Rating

Warnsignale

Haftungsverbünde

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F Prozess des Ratings

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Finanz-Rating

Finanzlage LiquiditätEigenkapitalquoteFremdkapitalstruktur

Ertragslage RentabilitätCashflowAufwandsstruktur

Vermögenslage Struktur der AktivseiteLagerdauerUmschlagshäufigkeit

5.2 Qualitatives RatingBeim qualitativen Rating werden die Eigenschaften der Unterneh-men analysiert. Die Gesamtheit der Unternehmen unterliegt derBeurteilung.

Die Qualifikation der Unternehmensleitung und der Mitarbeiterwird sorgfältig überprüft. Marketing und Vertrieb, Organisation,Einkauf, Lagerhaltung, EDV sowie Controlling unterliegen ebenfallseiner genauen Untersuchung. Auch die Nachfolgeproblematik findetBerücksichtigung. Die bisherigen Erfahrungen der Sparkassen mitden Unternehmen fließen auch in die Bewertung ein.

Qualitatives Rating

Unternehmensführung UnternehmensstrategieManagementqualifikationNachfolgeregelungen

Markt und Produkt MarktstellungProdukt- und DienstleistungsangebotBranchenentwicklung

Wertschöpfungskette QualitätsmanagementProduktionOrganisation

Planung, Kontrolle undSteuerung

Controlling-SystemRisikomanagementFinanz- und Liquiditätsplanung

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Rating F

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5.3 WarnsignaleAufgrund von Warnsignalen erfolgt eine Rating-Abstufung. Wennbeispielsweise Pfändungsbeschlüsse oder Scheckrückgaben festge-stellt werden, findet eine entsprechende Rating-Abstufung statt.Warnsignale werden allerdings meist zeitlich kurz vor einer Unter-nehmenskrise aufgedeckt.

5.4 HaftungsverbündeJedes Unternehmen wird im Rating-Verfahren separat bewertet.Berücksichtigung findet aber, wenn ein Unternehmen innerhalbeiner Konzernstruktur sich in einem Haftungsverbund befindet.Wenn eine bonitätsmäßig schwache Tochter-Gesellschaft eines Kon-zerns zu einer starken Mutter-Gesellschaft gehört, dann erfolgt beimRating eine Aufwertung. Die Haftungsverbünde spielen also beimRating eine Rolle.

6 Vorbereitungen auf das interneRating�Verfahren

Es ist zu empfehlen, dass die Unternehmen zur Vorbereitung auf dasinterne Rating-Verfahren ausführliche Checklisten zur Ermittlungdes Handlungsbedarfs durch Basel II einsetzen. Die Unternehmensollten prüfen, ob wichtige Informationen über die generellen Ziel-setzungen von Basel II vorhanden sind. Auch der Zeitplan zur Um-setzung der Neuregelungen muss bekannt sein.

In den folgenden Checklisten (GeschäftsWelt, Sonderheft 2003: Wasbeim Rating künftig zählt.) sind nicht alle aufgeführten Fragen undBereiche für alle kleinen und mittleren Unternehmen relevant. Ins-besondere der Katalog der Fragen für das qualitative Rating sollte fürdie einzelnen Unternehmen und Handwerksbetriebe deshalb zumTeil angemessen reduziert werden. Die individuellen betrieblichenNotwendigkeiten sind allerdings zu beachten.

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F Vorbereitungen auf das interne Rating�Verfahren

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Checklisten zur Ermittlung des Handlungsbedarfs durchBasel II

Ja Nei

n

Allgemeine Vorbereitungsmaßnahmen

Gibt es einen festen Ansprechpartner bei der Hausbank, mitdem die Veränderungsprozesse im Unternehmen zielführenddiskutiert werden können?

Gibt es jemand im Unternehmen, der sich speziell und fort�laufend mit der Umsetzung der Rating�Anforderungen be�schäftigt?

Reichen die betriebsinternen Kapazitäten unter Einbindungdes Steuerberaters/Wirtschaftsprüfers zur Vorbereitung aus –oder wird externe Hilfe durch spezialisierte Unternehmens�berater benötigt?

Vorbereitung auf das Finanz�Rating

Ist das Rechnungswesen ständig ausreichend aktuell?

Ist das Rechnungswesen ausreichend aussagekräftig?

Liegen aktuelle Daten zur Ertragsentwicklung vor?

Liegen aktuelle Daten zur Rentabilitätsentwicklung vor?

Liegen aktuelle Daten über die Liquidität vor?

Liegen aktuelle Daten zur Finanzierungsstruktur vor?

Liegen aktuelle Daten zur Kapitalbindung vor?

Liegen aktuelle Daten zur Lagerhaltung vor?

Liegen aktuelle Daten zur Entwicklung der Aufwandsstruktu�ren vor?

Liegen aktuelle Daten zur Finanz� und Liquiditätsplanung vor?

Werden wichtige betriebswirtschaftliche Kennziffern ermitteltund fortlaufend aktualisiert?

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Rating F

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Checklisten zur Ermittlung des Handlungsbedarfs durchBasel II

Ja Nei

n

Vorbereitung auf das qualitative interne Rating

Gibt es eine formulierte und kommunizierte Unternehmens�strategie?

Ist die Managementqualifikation auf der ersten und zweitenFührungsebene ausreichend? Funktioniert die Kommunikationund Zusammenarbeit?

Existiert ein angemessenes Personalmanagement?

Ist die Nachfolge bei einem plötzlichen Ausfall von Führungs�kräften sichergestellt?

Existiert insbesondere bei Familienunternehmen langfristig ei�ne Nachfolgeregelung?

Existieren detaillierte und realistische Unternehmensplanun�gen und werden sie adäquat präsentiert?

Existieren angemessene Planungs� und Budgetierungsinstru�mente?

Wird die Plan� und Budgeteinhaltung permanent überwachtund werden Abweichungsanalysen durchgeführt?

Existieren effektive Controlling�Systeme?

Ist die Kontoführung vereinbarungsgemäß?

Sind ausreichende Kreditlinien vereinbart?

Sind Risikomanagementsysteme für zufallsbedingte, rechtli�che oder gesellschaftspolitische Risiken vorhanden?

Ist der betriebliche und private Versicherungsschutz ausreichend?

Ist eine ausreichende Transparenz des Unternehmens gegen�über Mitarbeitern und Öffentlichkeit gegeben?

Ist der permanente Informationsfluss zwischen Unternehmenund Kreditinstitut sichergestellt?

Ist eine optimale Präsentation des eigenen Produkt� oderDienstleistungsangebots vorhanden?

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F Vorbereitungen auf das interne Rating�Verfahren

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Checklisten zur Ermittlung des Handlungsbedarfs durchBasel II

Ja Nei

n

Werden die eigenen Absatzmärkte, die Marktstellung des Unter�nehmens und die Wettbewerbssituation angemessen dargestellt?

Sind aussagekräftige Informationen zur Branchenentwicklungvorhanden?

Ist die interne Unternehmensorganisation in allen Bereichenoptimiert?

Sind mögliche strukturelle Abhängigkeiten – darunter bei�spielsweise von Zulieferern oder Schlüsselkunden – analysiertund ist für etwaige Störungen Vorsorge getroffen?

Ist ein Qualitätsmanagement installiert?

Werden die Anstrengungen und Erfolge in Forschung undEntwicklung angemessen präsentiert?

Vorbereitung auf das permanente interne Rating

Ist sichergestellt, dass das Kreditinstitut regelmäßig alle er�forderlichen Informationen für die regelmäßige Rating�Aktualisierung erhält?

Ist sichergestellt, dass das Kreditinstitut bei außergewöhnli�chen Entwicklungen – egal ob positiv oder negativ – sofortund situationsgerecht unterrichtet wird?

Weitere wichtige Fragen im Hinblick auf das Rating

Gibt es Haftungsverbünde mit anderen Unternehmen, die dasRating�Ergebnis positiv oder negativ beeinflussen könnten,und ist das Kreditinstitut darüber zutreffend informiert?

Sind Sicherheiten beispielsweise im Privatvermögen vorhan�den, die eine Kreditentscheidung unabhängig vom Rating�Ergebnis des Unternehmens positiv beeinflussen können?

Ist sichergestellt, dass die von den Kreditinstituten gegebenenErläuterungen zu den Rating�Ergebnissen bei identifiziertenSchwachstellen wie Stärken zur Einleitung konkreter Anpas�sungsmaßnahmen im Unternehmen führen?

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7 Betrieblicher Nutzen durch dasinterne Rating

• Bessere Zusammenarbeit mit den BankenBeim internen Rating-Prozess kommt es vor allem auf eine bes-sere Zusammenarbeit der Unternehmen mit den Banken an. Dieoffenere Kommunikationspolitik zwischen beiden Partnern istdie beste Basis für einen konstruktiven Rating-Prozess. Über diebetriebswirtschaftlichen Kennzahlen und die qualitativen Fakto-ren sollte ein permanenter Informationsaustausch stattfinden.Da für eine Kreditentscheidung eine Vielzahl von Informationenund Unterlagen erforderlich sind, sollte unverzüglich mit denBanken geklärt werden, wann die erforderlichen Daten zur Ver-fügung gestellt werden müssen. Dadurch lassen sich unnötigeVerzögerungen bei den Entscheidungen über die Kredite ver-meiden.Das regelmäßige Rating, das eine laufende Bonitätsprüfung dar-stellt, bedingt eine permanente Aktualisierung der Informatio-nen. Die Unternehmen sollten sich deshalb mit den Banken ab-stimmen, welche Unterlagen in welchen zeitlichen Abständenerforderlich sind.Die Banken müssen von den Unternehmen über die Erfolge undProbleme möglichst schnell informiert werden. Insbesondere dieSchwierigkeiten der Unternehmen zeigen sich schnell in denKontendispositionen. Auch in der Bilanz sowie in der Gewinn-und Verlustrechnung werden die Probleme später sichtbar. DasVertrauen der Banken erhöht sich außerdem durch schnellereInformationen. Weiterhin ergeben sich Möglichkeiten, mit denBanken gemeinsam nach konstruktiven Lösungen zu suchen.Die bestehenden Kreditlinien sollten die Unternehmen regelmä-ßig überprüfen, ob der Kreditrahmen noch ausreichend ist.Wenn sich kurzfristige Liquiditätsengpässe ergeben, ist es ratsam,die Banken rechtzeitig darüber zu informieren. Dann hat derKreditberater die Möglichkeit, kurzfristig eine Überschreitung

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F Betrieblicher Nutzen durch das interne Rating

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der Kreditlinie zu genehmigen, ohne dass Strafzinsen anfallenmüssen.

• Sinnvolle Beratung der UnternehmenDas Rating wird von vielen Unternehmen nur im Zusammen-hang mit den Finanzierungsfragen gesehen. Wenn das Ratingrichtig betrachtet wird, liefert das Rating wichtige Indikatoren,um die Unternehmen in Zukunft effektiver und effizienter zuführen.Die Frühwarnindikatoren, die beim Rating ermittelt werden,deuten auf Defizite in den Unternehmen hin. Dann besteht einHandlungsbedarf nicht nur bei der Beschaffung von Krediten,sondern meist auch bei der Entwicklung neuer Produkte undDienstleistungen, die am Markt erfolgreich platziert werdenmüssen.Das Rating bietet also auch große Chancen für die Unterneh-men. Der Rating-Prozess verwendet eine Systematik bei derAnalyse der Probleme, die auch ein professioneller Unterneh-mensberater einsetzt, um die Schwachstellen in den Unterneh-men zu ermitteln. Die Schwächen können in der Marktstrategie,in der internen Organisation oder im Finanzmanagement liegen.Die Unternehmen müssen sich das Wissen um die Elemente desRating-Prozesses ohnehin aneignen, um für die Gespräche mitden Kreditberatern gerüstet zu sein. Deshalb ist es wichtig, dassdie Unternehmen sich mit dem Instrumentarium des Control-lings vertraut machen, um adäquate Gesprächspartner für dieKreditberater sein zu können, die sinnvolle Berater für die Un-ternehmer sein können.

• Höhere Transparenz der UnternehmenEine höhere Transparenz der Unternehmen wird durch das in-terne Rating erreicht. Die oft langjährigen Geschäftsbeziehungenzwischen den Unternehmen und Banken ermöglichen die früh-zeitige Entdeckung von Kreditrisiken. Beim internen Rating wirddie Bewertung viel realitätsnäher und differenzierter als durchdas externe Rating durchgeführt. Örtliche und regionale Beson-derheiten können in den Entscheidungen besser berücksichtigtwerden.

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Rating F

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In Zukunft wird es beim Rating auf eine gute Vertrauensbasiszwischen den Unternehmen und den Kreditberatern ankommen.Auch die Informationsbasis muss zwischen beiden Partnern ver-bessert werden. Das interne Rating ermöglicht es, die Beziehun-gen zwischen der Hausbank und den Unternehmen zum gegen-seitigen Vorteil zu vertiefen.In Zukunft kann eine höhere Transparenz der wirtschaftlichenEntwicklungen durch das Rating erzielt werden. Dazu tragen diequantitativen Angaben über die Geschäftsentwicklung und diequalitativen Informationen über die Strategien der Unterneh-men bei. Die Leistungsfähigkeit des Controlling-Systems, dieQualität der Organisation und die Effizienz der Prozesse erhöhendie Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Bessere Einstufun-gen können die Unternehmen durch eine offensivere Informati-onspolitik erreichen.Das Rating bietet also bessere Chancen, da die Unternehmen alleProzesse systematisch durchleuchten und gezielt verbessernkönnen. Die Potenziale zur Erhöhung der Effizienz lassen sichdurch umfassende Stärken- und Schwächen-Analysen aufdek-ken. Das interne Rating bietet auch eine gute Gelegenheit, dieUnwirtschaftlichkeiten in den Unternehmen zu beseitigen. DieKosten können durch das interne Rating ebenfalls systematischgesenkt werden.

Zusammenfassung:Das Rating für die Kreditfinanzierung ist in Zukunft von großer Bedeu�tung für die Banken und für die Unternehmen. Die Vorbereitungen aufdas Rating�Verfahren stellen für beide Partner hohe Herausforderungendar. Vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen sollten die viel�fältigen Chancen nutzen, um den künftigen Erfolg zu verbessern.Das interne Rating hat für die Banken verschiedene Konsequenzen. DieBanken müssen neue Bewertungssysteme entwickeln. Außerdem ist dieErarbeitung von zusätzlichen Informationen und Daten erforderlich.Auch sollte eine intensive Weiterbildung der Mitarbeiter in den Bankendurchgeführt werden.

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F Betrieblicher Nutzen durch das interne Rating

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Für die Unternehmen verlangt das interne Rating�Verfahren umfangrei�che Vorbereitungen. Insbesondere über das Finanz�Rating und über dasqualitative interne Rating sollten sich die Unternehmen sorgfältig in�formieren, um zu ermitteln, welche Aufgaben auf sie zukommen.Der betriebliche Nutzen durch das interne Rating kann für die Unter�nehmen beträchtlich sein, wenn sie die Chancen ergreifen, die das in�terne Rating�Verfahren bietet. Zuerst ist eine bessere Zusammenarbeitmit den Banken garantiert. Das interne Rating kann auch zu einer sinn�vollen Beratung der Unternehmen führen. Außerdem wird eine höhereTransparenz der Unternehmen durch den Rating�Prozess erreicht.

Das Rating erfüllt die wertvolle Funktion eines Frühwarnsystems, da derHandlungsspielraum für die Unternehmen aufgezeigt wird. Die Kern�kompetenzen und die strategischen Handlungsfelder werden klar dar�gestellt. Ein gutes Rating ist auch eine Grundvoraussetzung, dass dieUnternehmen in Zukunft bessere Konditionen für die Kredite erzielenkönnen.

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G Weiterentwicklung derinternationalenRechnungslegung inDeutschland

1 Bilanzrichtlinien�GesetzZu den grundlegenden Reformen gehört neben den AktG-Reformenvon 1937 und 1965 das Bilanzrichtliniengesetz (BiRiLiG) von 1985.Damit einher gingen die Transformationen der 4., 7. und 8. EU-Richtlinien in das HGB.

Mit dem BiRiLiG löste man eine Reihe von Detailproblemen neu.Einige Elemente anderer Rechnungslegungssysteme im Zuge derEU-Harmonisierung wurden übernommen. Die Dominanz derGewinnermittlung für Dividenden- und Steuerzahlungen blieb er-halten. Durch eine vorsichtige Bilanzierung wurden die Unterneh-men weiterhin abgesichert.

2 US�GAAP�AbschlussDie Internationalisierung der Unternehmen in Deutschland führteeinige Jahre später zu drastischen Veränderungen in der Rech-nungslegung. Der Börsengang der Daimler-Benz AG an der NYSE(New York Stock Exchange) im Jahre 1993 beeinflusste die Rech-nungslegungspraxis sehr stark.

Um die eigenen Aktien an der NYSE notieren zu können, war dasManagement der Daimler-Benz AG bereit, sich den US-ameri-kanischen Rechnungslegungsregeln des FASB (Financial Accounting

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G IFRS�Abschluss

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Standards Board) zu unterwerfen. Der Konzernabschluss von derDaimler-Benz AG musste für zwei Positionen (Eigenkapital undJahresüberschuss) offen vom HGB auf US-GAAP (United StatesGenerally Accepted Accounting Principles) übergeleitet werden. DieDeutsche Telekom AG und die Fresenius Medical Care AG bei-spielsweise folgten dem Beispiel der Daimler-Benz AG.

Da die handelsrechtliche Rechnungslegung in Deutschland weiter-hin verpflichtend war, mussten die Unternehmen den US-amerikanischen Bilanzierungsregeln zusätzlich genügen. Es ging nurum den Konzernabschluss, der für das Börsenlisting allein relevantwar. Die parallele Rechnungslegung nach HGB und US-GAAP warzu erstellen und zu veröffentlichen.

3 IFRS�AbschlussIm Jahre 1994 entschieden sich beispielsweise die Bayer AG und dieSchwering AG für einen anderen Weg, um sich den Anforderungender internationalen Kapitalgeber zu stellen. Da diese Unternehmennicht an die US-Börse gehen wollten, folgten sie nicht den US-GAAP, sondern den internationalen Regeln des IASC (InternationalAccounting Standards Committee).

Wegen der bestehenden handelsrechtlichen Rechnungslegungs-pflichten wählten diese Unternehmen eine duale und nicht eineparallele Rechnungslegung. In einem einzigen Konzernabschlusswurden die beiden Regelwerke gleichzeitig beachtet.

4 Neuer MarktIn Deutschland wurde 1997 das Regelwerk erstmals angepasst, alsdie Deutsche Börse AG das Marktsegment des Neuen Marktes fürjunge High-Tech-Unternehmen etablierte. Die Absicht bestanddarin, die Kapitalmarktteilnehmer über die risikoreichen unterneh-merischen Tätigkeiten dieser Unternehmen gut zu informieren.

Die internationalen Rechnungslegungssysteme IFRS/IAS (Interna-tional Financial Reporting Standards/International Accounting

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Weiterentwicklung der internationalen Rechnungslegung in Deutschland G

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Standards) und US-GAAP betonen die Informationsfunktion. Des-halb glaubte die Deutsche Börse AG, dass diese Systeme dem Anle-gerschutz effizienter dienten als die vom Gläubigerschutz und demVorsichtsprinzip geprägte HGB-Rechnungslegung. Den Emittentenam Neuen Markt wurde also vorgeschrieben, die Konzernabschlüssenach IFRS/IAS oder US-GAAP vorzulegen.

Der Neue Markt verzeichnete in den Jahren 1997 bis 2000 ein ra-santes Wachstum. Knapp sechs Jahre nach dem Start am 10. März1997 ist der Neue Markt endgültig gescheitert. Das einst hochgelobteWachstums-Segment wurde wieder abschafft.

5 SMAX (Small Caps Exchange)Im Jahre 2001 folgte der SMAX als Qualitätssegment für kleine undmittlere Unternehmen dem Vorbild des Neuen Marktes. Die Emit-tenten dieses Marktes wurden ebenfalls zur internationalen Rech-nungslegung verpflichtet.

Diese Elemente der privatrechtlichen Regelwerke für den NeuenMarkt und SMAX wurden im Jahre 2003 mit dem Prime Standardin die öffentlich-rechtliche Börsenordnung übernommen. An dieEmittenten, deren Wertpapiere im Prime Standard zugelassen sind,werden über die gesetzlichen Standards noch hinausgehende Anfor-derungen gestellt. Dazu gehören neben der Quartalsberichterstat-tungspflicht, die Durchführung einer Analystenkonferenz pro Jahrund den sonstigen Offenlegungsanforderungen insbesondere auchdie Verpflichtung, einen Konzernabschluss nach IFRS/IAS oderUS-GAAP zu erstellen und zu veröffentlichen.

6 Kapitalaufnahme�erleichterungsgesetz

Im Jahr 1998 wurde das Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz (Ka-pAEG) vom deutschen Gesetzgeber verabschiedet. Im HGB eta-blierte dieses Gesetz eine bis 2004 befristete Öffnungsklausel zu-nächst nur für börsennotierte Konzerne. Später kamen alle kapital-

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G Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG)

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marktorientierten Mutterkonzerne hinzu, einen befreienden Kon-zernabschluss nach § 292a HGB zur erstellen.

Diesen Unternehmen wurde unter bestimmten Voraussetzungenerlaubt, den Konzernabschluss und Lagebericht entweder nach han-delsrechtlichen Vorschriften (§§ 290 ff. HGB) oder nach internatio-nal anerkannten Rechnungslegungsvorschriften (IFRS/IAS oder US-GAAP) aufzustellen.

Zusammenfassung:Die Einführung des § 292a HGB erfolgte im Jahre 1998. Die Konzern�abschlüsse können nach IFRS/IAS oder US�GAAP aufgestellt werden.Dann entfällt die Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses nachHGB. Dieses Gesetz war gültig bis 2004. Durch das Bilanzrechtsreform�gesetz (BilReG) gilt ab Geschäftsjahre nach dem 31.12.2004 § 315aHGB.

7 Gesetz zur Kontrolle undTransparenz imUnternehmensbereich (KonTraG)

Neben dem oben beschriebenen KapAEG wurde ebenfalls im Jahr1998 mit dem Geeetz zur Kontrolle und Transparenz im Unterneh-mensbereich (KonTraG) die Internationalisierung der deutschenRechnungslegung weiter forciert. Der Konzernabschluss kapital-marktorientierter Mutterkonzerne näherte sich in seinem Umfangan das Niveau der internationalen Rechnungslegung an (§ 297Abs. 1 HGB). Die Kapitalflussrechnung und die Segmentberichter-stattung wurden im Konzernanhang aufgenommen.

Im § 342 HGB wurden die rechtlichen Voraussetzungen zur Aner-kennung eines privaten deutschen Rechnungslegungsgremiumsgeschaffen. In Berlin erfolgte die Gründung dieses Komitees. Derdeutsche Standardisierungsrat (DSR) übernahm die Facharbeit.

Damit gab es zum ersten Mal eine private Institution neben demGesetzgeber, die die deutsche Rechnungslegungsregulierung in Zu-

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Weiterentwicklung der internationalen Rechnungslegung in Deutschland G

383

kunft beeinflussen kann. Seit 1998 hat das DRSC (Deutsches Rech-nungslegungs Standards Committee) die gesetzliche Aufgabe,Grundsätze über die Konzernrechnungslegung als DRS (DeutscheRechnungslegung Standards) zu entwickeln. Außerdem berät dasDRSC den deutschen Gesetzgeber bei neuen Regulierungen zurRechnungslegung. Daneben vertritt das DRSC Deutschland in in-ternationalen Rechnungslegungsgremien.

Zusammenfassung:Durch das KonTraG wird der Konzernanhang kapitalmarktorientierterUnternehmen um die international übliche Kapitalflussrechnung unddie Segmentberichterstattung erweitert.

Daneben wurde im Rahmen des KonTraG im Jahr 1998 ein privatesdeutsches Rechnungslegungsgremium geschaffen. Damit besteht zumersten Mal eine private Institution neben dem Gesetzgeber, Grundsätzeüber die Konzernrechnungslegung zu entwickeln.

8 Transparenz� undPublizitätsgesetz

Nach einer weiteren Anpassung durch das Transparenz- und Publi-zitätsgesetz (TransPuG) für Geschäftsjahre beginnend nach dem31.12.2002 weist der HGB-Konzernabschluss dieser Unternehmendieselben Bestandteile wie ein IFRS/IAS oder US-GAAP-Abschlussauf. Die Unternehmen müssen neben der Konzernbilanz und derKonzern-Gewinn- und Verlustrechnung auch den Anhang ein-schließlich der Kapitalflussrechnung, der Segmentberichterstattungund den Eigenkapitalspiegel aufstellen.

Zusammenfassung:Neben der Konzernbilanz und der Konzern�Gewinn� und Verlustrech�nung werden durch das TransPuG die Kapitalflussrechnung, die Seg�mentberichterstattung und der Eigenkapitalspiegel selbstständige Be�standteile der Konzernabschlüsse von kapitalmarktorientierten Unter�nehmen.

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9 BilanzrechtsreformgesetzZur Anpassung des deutschen Bilanzrechts an die IFRS-Verordnungwurde das Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) am 04.12.2004 imBundesgesetzblatt (BGBl. 2004 I S. 3166) verkündet. Der bilanz-rechtliche Teil ermöglicht in weiten Teilen die Anwendung derIFRS/IAS in den deutschen Konzernen.

Alle kapitalmarktorientierten Mutterunternehmen sind zwingend ab2005 nach § 315a HGB n. F. zur Aufstellung eines IFRS-/IAS-Konzernabschlusses verpflichtet. Gleichzeitig wurde § 292a HGBaufgehoben, der noch ein Wahlrecht für die Aufstellung eines be-freienden IFRS-/IAS- oder US-GAAP-Konzernabschlusses beinhal-tete. Eine Übergangszeit für die Umstellung der Rechnungslegungauf IFRS/IAS bis 2007 wird europäischen Unternehmen eingeräumt,die wegen eines US-Börsenlistings den US-GAAP folgen.

Darüber hinaus gibt es nach § 315a Abs. 3 HGB n. F. ein Wahlrechtfür nicht kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen, einen befrei-enden IFRS-/IAS-Konzernabschluss aufzustellen. Neben den Kapi-talgesellschaften trifft dieses Wahlrecht auch bestimmte Personen-gesellschaften und Einzelkaufleute, wenn diese gemäß § 264a HGBoder § 11 PublG ebenfalls als Mutterunternehmen konzernrech-nungslegungspflichtig sind.

Außerdem dürfen alle Unternehmen neben dem Einzelabschlussnach HGB einen zusätzlichen IFRS-/IAS-Einzelabschluss zu Offen-legungszwecken erstellen (§ 325 Abs. 2a i.V.m. Abs. 2b HGB n. F.).Dabei ist zu beachten, dass bei dem Gebrauch des Wahlrechts dieIFRS/IAS vollständig zu befolgen sind.

Das Wahlrecht, anstatt des HGB-Jahresabschlusses einen Einzelab-schluss nach IFRS/IAS im Bundesanzeiger offenzulegen, entbindetnicht von der Pflicht zur Aufstellung eines Jahresabschlusses nachHGB. Weiterhin muss dieser Abschluss aufgrund der Ausschüt-tungsbemessungsfunktion zum Handelsregister eingereicht werden.Für die steuerliche Gewinnermittlung bleibt die Bedeutung des Jah-resabschlusses nach HGB ohnehin aufgrund des Maßgeblichkeit-sprinzips (§ 5 Abs. 1 EStG) unberührt.

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Weiterentwicklung der internationalen Rechnungslegung in Deutschland G

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Die verpflichtende Umstellung auf IFRS/IAS im Konzernabschlussbetrifft weniger als 1.000 Unternehmen in Deutschland. Es gibt etwadrei Millionen nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen, diedurch das BilReG eingeräumten Wahlrechte nutzen können. Beidiesen Unternehmen handelt es sich i.d.R. um kleine und mittlereUnternehmen (KMU). Wie diese Möglichkeit in der Unterneh-menspraxis aufgenommen wird, bleibt abzuwarten.

Nachfolgende Tabelle zeigt die Vor- und Nachteile einer Umstellungvon HGB auf IFRS/IAS:

Vor� und Nachteile der Umstellung von HGB auf IFRS/IAS

Vorteile IFRS/IAS:

1. Verbesserte Bilanzkennzahlen, da i.d.R. ein höheres Eigenkapitalausgewiesen wird

2. Vergleichbarkeit mit anderen Unternehmen, da durch die Globali�sierung Konkurrenzunternehmen weltweit vorzufinden sind

3. Erleichterungen bei Fremdkapitalaufnahme insbesondere bei Gro�banken

4. Bessere Abbildung der tatsächlichen Vermögens�, Ertrags� und Fi�nanzlage durch das Fair�Value�Prinzip

5. Langfristig bessere Perspektive, da der Prozess der Entfernung vonder Rechnungslegung nach HGB hin zu internationalen Rechnungsle�gungsvorschriften weiter voran geht

Nachteile IFRS/IAS:

1. Erhöhte Kosten, insbesondere in der Umstellungsphase (z. B. Quali�fikation der Mitarbeiter, Mehraufwand wegen weiterhin erforderlicherErstellung des Jahresabschlusses nach HGB)

2. Schutz der unternehmensinternen Daten entfällt (z. B. Neubewer�tung des Sachanlagevermögens nach IFRS unter Aufdeckung vonstillen Reserven)

3. IFRS/IAS sind nicht für KMU geschrieben, jedoch gem. § 315aAbs. 3 i.V.m. § 325 Abs. 2a HGB n. F. vollständig zu befolgen

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G Bilanzrechtsreformgesetz

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4. Keine Verbesserung der Informationen aus dem Jahresabschluss beimittelständischen Kapitalgesellschaften, bei denen die Geschäftsfüh�rer gleichzeitig Gesellschafter sind (durch Personalunion sind Unter�nehmensdaten bekannt)

5. Vielen Banken insbesondere Regionalbanken legen für Rating�zwecke weiterhin den Jahresabschluss nach HGB zu Grunde

Zusammenfassung:Ab 2005 werden die IFRS/IAS�Konzernabschlüsse für kapitalmarktori�entierte Unternehmen zwingend vorgeschrieben. Für nicht kapital�marktorientierte Unternehmen besteht nach § 315a Abs. 3 HGB n. F. einWahlrecht zur Aufstellung eines befreienden IFRS�/IAS�Konzernabschlusses. Außerdem wurde gemäß § 325 Abs. 2a HGB n. F.für Offenlegungszwecke ein Wahlrecht eingeführt, nach dem anstattdes Jahresabschlusses nach HGB ein Einzelabschluss nach IFRS/IAS imBundesanzeiger bekannt gegeben werden kann.

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StichwortverzeichnisAbschreibung geringwertiger

Wirtschaftsgüter 94Abschreibungen 89

außerplanmäßige 93Beginn und Höhe 91degressive 91lineare 91planmäßige 89

Abschreibungs�Methoden 91Absetzungen

erhöhte 93Absetzungen für außergewöhn�

liche Abnutzung 93Absolute Kennzahlen 37Abzinsung der Rückstellungen

326Abzinsung der Verbindlichkeiten

327Adressate 26Aktien�Analyse 236Aktivseite 130Aktuelle Steuergesetzänderungen

342Allgemeine Bewertungsgrundsät�

ze 77Allgemeine Vorschriften 56Analyse der Umschlagshäufig�

keiten 264Anhang 119, 349Anlagendeckung 275 f.Anlagenintensität 194Anlagevermögen 131Ansammlungsrückstellungen 326Anschaffungskosten 85, 90Ansparrücklagen für kleine und

mittlere Unternehmen 328Arbeitsintensität 195Aspekte der Gesamtsteuerbela�

stung 339

Aufbereitung der Daten 121Aufbereitungen

der Bilanz 128der GuV 149quantitative 124wertmäßige 127

Aufbewahrungsfristen 71Aufspaltungen 125Ausgewogenheit der Informatio�

nen 282Außerordentliche Vorgänge 247

Balanced Scorecard 358, 361Basel II 363 f., 366Bereinigungen 124Beständedifferenzbilanz 229Bestandsgrößen 104Bestandteile des Jahresabschlus�

ses 109Betriebsausgaben

nicht abzugsfähige 321Betriebsergebnis 155Betriebsvergleiche 46Betriebsvermögen 60

gewillkürtes 62notwendiges 61

Betriebsvermögensvergleich 63 f.Bewertung 309

der Passiva 99des Anlagevermögens 96retrograde 83

Bewertungsalternativen 299Bewertungsmaßstäbe 84Bewertungssysteme 366Bilanz 109, 178

Gliederung 128

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Stichwortverzeichnis

393

Bilanzanalyse 13, 345Aufgaben 20Entscheidungsgrundlagen 18externe 25formale 32Grenzen 49Inhalt 32interne 25materielle 33Zielsetzung 16

Bilanzansatzformeller 74materieller 74

Bilanzansätze 74Bilanzen

außerordentliche 30externe 30interne 30ordentliche 30

Bilanzierung 308Grundsätze 74

Bilanzierungsalternativen 297Bilanzierungspflichtige 59Bilanzklarheit 75Bilanzkontinuität 75

formelle 76materielle 76

Bilanzkritik 13, 345Grenzen 49

Bilanzkurs 239Bilanzpolitik 14, 279 f., 284

formelle 284materielle 284

Bilanzpolitische Instrumente 285Bilanzpolitische Maßnahmen

287Bilanzrechtliche Beurteilung 301Bilanzrechtsreformgesetz (Bil�

ReG) 384Bilanzrichtlinien�Gesetz (BiRiLiG)

379Bilanzsteuerrecht 55

Fristen 58

Bilanzstruktur 280Bilanzwahrheit 75Börsenkurs 238Bottom�Up�Planung 43Branchenvergleiche 46Buchführung

Grundsätze 69Buchhalterisch�technische

Aspekte 315

Cashflow�Analyse 219, 259

DatenVerfügbarkeit 53

Deckungsgrad 218Deckungsrelationen 274Degressive Abschreibung 91Deutsche Vereinigung für Finanz�

analyse und Anlageberatung(DVFA) 245

Direkte Ermittlung 221, 259Dispositionsbedingte Vorgänge

247Dividendenrendite 243Dokumentation 56Durchschnittsbewertung 81

Eigenkapital 99Quote 197, 273Rentabilität 261

Eigentümer 59Eingangssteuersatz 340Einnahmen – Ausgaben 105Einnahme�Überschussrechnung

64Einschränkungen

formale 50materielle 51

Einzahlungen – Auszahlungen105

Einzelbewertung 81Einzelbilanzen 31Entscheidungsgrundlagen 18

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Stichwortverzeichnis

394

Entstehungsrechnung 223, 270Erfolgs� und Finanzanalyse

Fallbeispiel 250Erfolgsanalyse 199, 253Ergänzungsrechnungen 313Ergebnis nach DVFA/SG 244Ergebnisbeeinflussung 301Ergebnisvorschau 322Ermessensspielräume 296Ermittlung

direkte 259direkte 221indirekte 259indirekte 222

Erträge – Aufwendungen 105Ertragslage 112Ertragsteuerbilanz 67Ertragswertkurs 240

Festbewertung 82Finanzamt 28Finanzanalyse 211, 272Finanzbuchhaltung 69Finanzierungsregeln 213Finanzlage 112Finanz�Rating 369Finanzwirtschaftliche Elemente

104Finanzwirtschaftlicher Kreislauf

103Forderungen 97, 138Formblätter 178Formelle Bilanzkontinuität 76Formelle Bilanzpolitik 284Formelle Maßnahmen 288Fristen des Bilanzsteuerrechts 58Führungsgrößen 356Führungssystem 354

Gemeiner Wert 88Gemeinschaftsbilanzen 31Gesamtkapital�Rentabilität 261Gesamtkostenverfahren 115, 149

Gesellschafter 26Gesetz zur Kontrolle und Tran�

sparenz im Unternehmensbe�reich (KonTraG) 382

Gestaltung der Bilanzstruktur280

Gewerkschaften 28Gewinn je Aktie 237Gewinn� und Verlustrechnung

113Gewinnanalyse 201, 253Gewinnentwicklung 201Gewinnermittlung 63Gewinnermittlungsarten 63Gewinnmindernde Rücklagen

327Gliederungszahlen 38Größenmerkmale 57Grundfreibetrag 340Grundsatz

der Bilanzklarheit 75der Bilanzkontinuität 75der Bilanzstetigkeit 299der Bilanzwahrheit 49, 75der Einzelbewertung 81der Maßgeblichkeit der Han�

delsbilanz 67der Periodenabgrenzung 78der Stichtagsbewertung 78der Unternehmensfortführung

78der Vollständigkeit 50der Vorsicht 66, 79der Wesentlichkeit 248

Grundsätzeder Bilanzierung 74ordnungsmäßiger Bilanzie�

rung 74ordnungsmäßiger Buchfüh�

rung 69Gruppenbewertung 82

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Stichwortverzeichnis

395

Haftungsverbünde 371Halbeinkünfteverfahren 338Handelsbilanz 31, 66

Maßgeblichkeit 68Herstellungskosten 86, 90HGB 306Hinweisfunktion 22Höchstwertprinzip 81Höhe der Investitionszulage 338

IFRS 306IFRS�Abschluss 380Imparitätsprinzip 80Implementierung 357Indirekte Ermittlung 222, 259Informationen 282Informationsfunktion 22Informationsverdichtung 17Inhaltlich�bilanzpolitische Ge�

sichtspunkte 316Initiativfunktion 22Internationale Rechnungslegung

305Inventur

Begriff 71Methoden 72permanente 73Stichproben� 73verlegte 72zum Stichtag 72

Investitionszulage 336

JahresabschlussBuchungen 317Erstellung 315Hauptaufgaben 21

Jahreserfolg nach Steuern 248

Kapital 197Kapitalanteil 274Kapitalaufnahmeerleichterungs�

gesetz (KapAEG) 381Kapitalflussrechnung 227

Begriffe 228erweitert 232

Kapitalgeber 26Kapitalstruktur 192, 273Kapitalumschlagshäufigkeit 264Kennzahlen 35, 37, 194, 358

Rentabilität 203Kennzahlensystem 40Kontenform 113Konzernabschluss 312

als Basis 246Konzernbilanzen 31Kreislauf

finanzwirtschaftlicher 103leistungswirtschaftlicher 103

Kunden 27Kundenziel 197Künftige Vorteile 327Kurs�Cashflow�Verhältnis 243Kurs�Gewinn�Verhältnis 241

Lagebericht 349Lager 268Lagerdauer 196Leistungen – Kosten 105Leistungs�Abschreibung 92Leistungswirtschaftlicher Kreis�

lauf 103Leverage�Effekt 205Lieferanten 27Lieferantenziel 198Liquidität 276, 277

1. Grades 2142. Grades 2153. Grades 215kurzfristige 214langfristige 218

Marktpreis 88Maßgeblichkeit

der Handelsbilanz 68Grundsatz 67umgekehrte 68

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Stichwortverzeichnis

396

Maßnahmenbilanzpolitische 287die an gegebene Sachverhalte

anknüpfen 285die gegebene Sachverhalte

verändern 287formelle 288materielle 295

Materielle Bilanzkontinuität 76Materielle Bilanzpolitik 284Materielle Maßnahmen 295Mittel

flüssige 140Mittelherkunft 229Mittelverwendung 229

Neuer Markt 380Neutrale Ergebnis 155New Economy 347Nicht begünstigte Wirtschafts�

güter 337Niederstwertprinzip 80Nominalwertprinzip 78Nutzungsdauer 90

technische 90wirtschaftliche 90

Öffentlichkeit 28Originäre Gestaltungen 303

Passivseite 141Pauschalrückstellungen für un�

gewisse Verbindlichkeiten 84Pauschalwertberichtigungen zu

Forderungen 83Pensionsrückstellungen nach § 6a

EStG 334Periodenabgrenzung 78Permanente Inventur 73Potenzielle Anleger 26Produktgruppen�Analyse 254Produktionswert 223Prozesse 104

Publizitätsverpflichtungen 282

Rahmenbedingungen 122Rating 363, 364, 371

�Finanz 369interne 375internes 366Prozess 368qualitatives 370

Rating�System 367Realisationsprinzip 79Rechenschaftslegung 56Rechnungsabgrenzungsposten

140Rechnungslegung

Grundsätze 307internationale 379

Rechnungslegungs�SystemeGrundlagen 306

Reduzierung der Steuerbelastung281

Reinvestitionsrücklage nach § 6bEStG 331

Relativzahlen 38Rentabilität

Betrieb 210Eigenkapital 204, 261Gesamtkapital 206, 261Umsatz 207, 262

Rentabilitäts�Analyse 260Rentabilitäts�Kennzahlen 203Retrograde Bewertung 83Return on Investment (ROI) 40,

208, 262Richtzahlen 39ROI�Entscheidungsbaum 43Rücklage für Ersatzbeschaffung

330Rückstellungen 99, 144, 170,

257, 326

Sachbezogene Aufgaben 22Schätzung 65

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Stichwortverzeichnis

397

Schmalenbach�Gesellschaft (SG)245

Schwächenanalyse 350SMAX (Small Caps Exchange)

381Soll�Ist�Vergleiche 47Sonderabschreibungen 94Sondereinflüsse 246Spitzensteuersatz 340Staffelform 113Standardisiertes Formular 173,

174, 177Stärkenanalyse 350Steuerbelastung 281Steuerbilanz 31, 66Steuergesetze 315Steuerliche Tätigkeiten 320Steuerung der Gewinnausschüt�

tung 280Steuervorauszahlungen 323Stichprobeninventur 73Stichtagsbewertung 78Stichtagsinventur 72Strategische Unternehmensana�

lysen 350Stromgrößen 104Strukturanalyse 187Strukturbilanz 167Strukturen 104Struktur�GuV 175

Teilanalysen 186Teilwert 87Teilwertabschreibung 94, 325Top�Down�Planung 43Transparenz� und Publizitätsge�

setz (TransPuG) 383

Überprüfung der Finanzbuchhal�tung 316

Umgruppierungen 125Umlaufvermögen 136Umsatzkostenverfahren 117, 164

Umsatz�Rentabilität 262Umschlagshäufigkeit 264

der Forderungen aus Lieferun�gen und Leistungen 196

der Verbindlichkeiten ausLieferungen und Leistun�gen 198

der Vorräte 195des Kapitals 198

Ungewöhnliche Vorgänge 247Untergliederungen 126Unternehmensergebnis 153Unternehmensleitung 29US�GAAP 306US�GAAP�Abschluss 379

Veränderungsbilanz 231Verbindlichkeiten 100Verbindlichkeiten aus Lieferungen

und Leistungen 266Verbrauchsfolgeverfahren 82Verfügbarkeit der Daten 53Vergleichsrechnungen 45Verhältniszahlen 38Verkaufsgebiets�Analyse 255Verkürzungen 124, 125Verlegte Inventur 72Verlustabzug 341Verlustausgleich 341Vermögensgegenstände

sonstige 138Vermögenslage 112Vermögensstruktur 188, 272Vermögensteuerbilanz 67Vermögensveränderungen 194Verschuldungsgrad 197Verwendungsrechnung 225, 271Vorbereitungsarbeiten 124Vorgänge

außerordentliche 247dispositionsbedingte 247ungewöhnliche 247

Vorleistungen 224

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Stichwortverzeichnis

398

Vorräte 97, 136Vorratsquote 195

Wahlrechte 296Wahrheitsgehalt der Zahlen 49Wertekreislauf

betrieblicher 102Wertmäßige Aufbereitungen 127Wertorientiertes Führungssystem

354Wertpapiere 99, 139Wertschöpfung 225, 270

Analyse 223Entstehungsrechnung 270

Wertsteigerung 356Wirtschaftsgüter

nicht begünstigte 337Working Capital 216, 278

Zeitbezogene Aufgaben 23Zeitraumrechnung 229Zeitvergleiche 46Zeitwert 88Zusammenfassungen 126Zuschlagskalkulation 86

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Page 401: verlag .Bilanzen.german.retail.ebook Supplex

ROI�Analyse

ROI

Umsatz�Rentabilität Kapitalumschlagshäufigkeit

Marktebene Finanzebene

Marktziele Finanzziele

Page 402: verlag .Bilanzen.german.retail.ebook Supplex

Zielhierachie der ROI�Analyse

Prod

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ROI

Page 403: verlag .Bilanzen.german.retail.ebook Supplex

Zusammensetzung derUnternehmensergebnisse

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Page 404: verlag .Bilanzen.german.retail.ebook Supplex

Gliederung der Bilanz

AktivaAusstehende Einlagen auf das gezeichnete Kapital

A. Anlagevermögen

I. Immaterielle Vermögensgegenstände:1. Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und

Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten;2. Geschäfts� oder Firmenwert;3. geleistete Anzahlungen;

II. Sachanlagen:1. Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich der

Bauten auf fremden Grundstücken;

2. technische Anlagen und Maschinen;3. andere Anlagen, Betriebs� und Geschäftsausstattung:4. geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau;

III. Finanzanlagen:1. Anteile an verbundenen Unternehmen;

2. Ausleihungen an verbundene Unternehmen;3. Beteiligungen;4. Ausleihungen an Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis

besteht;5. Wertpapiere des Anlagevermögens;6. Sonstige Ausleihungen.

B. Umlaufvermögen:

I. Vorräte:1. Roh�, Hilfs� und Betriebsstoffe;2. unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen;3. fertige Erzeugnisse und Waren;4. geleistete Anzahlungen;

II. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände:1. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen;2. Forderungen gegen verbundene Unternehmen;3. Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis

besteht;4. sonstige Vermögensgegenstände;

III. Wertpapiere:

1. Anteile an verbundenen Unternehmen;2. eigene Anteile;3. sonstige Wertpapiere;

IV. Schecks, Kassenbestand, Bundesbank� und Postgiroguthaben, Guthaben beiKreditinstituten.

C. Rechnungsabgrenzungsposten:

Bilanzsumme

Page 405: verlag .Bilanzen.german.retail.ebook Supplex

PassivaA. Eigenkapital:

I. Gezeichnetes Kapital;II. Kapitalrücklage;III. Gewinnrücklagen;

IV. Gewinnvortrag/Verlustvortrag;V. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag.

B. Rückstellungen:1. Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen;2. Steuerrückstellungen;

3. Sonstige Rückstellungen.

C. Verbindlichkeiten:1. Anleihen;2. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten;3. Erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen;

4. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen;5. Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener Wechsel und der Ausstellung

eigener Wechsel;6. Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen;7. Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsver�

hältnis besteht;8. Sonstige Verbindlichkeiten.

D. Rechnungsabgrenzungsposten:

Bilanzsumme

Page 406: verlag .Bilanzen.german.retail.ebook Supplex

Gewinn� und Verlustrechnung nachdem Gesamtkostenverfahren

1. Umsatzerlöse

2. Erhöhung oder Verminderung des Bestandes an fertigen und unfertigenErzeugnissen

3. Aktivierte Eigenleistungen

4. Gesamtleistung

5. Sonstige betriebliche Erträge

6. Materialaufwand

7. Personalaufwand

8. Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände und Sachanlagen

9. Sonstige betriebliche Aufwendungen

10. Betriebsergebnis

11. Erträge aus Beteiligungen, Wertpapieren

12. Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge

13. Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens

14. Zinsen und ähnliche Aufwendungen

15. Finanzergebnis

16. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

17. Außerordentliche Erträge

18. Außerordentliche Aufwendungen

19. Außerordentliches Ergebnis

20. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

21. Sonstige Steuern

22. Jahresüberschuss

23. Einstellungen in die Gewinnrücklagen

24. Bilanzgewinn

Page 407: verlag .Bilanzen.german.retail.ebook Supplex

Gewinn� und Verlustrechnung nachdem Umsatzkostenverfahren

1. Umsatzerlöse

2. Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistung

3. Bruttoergebnis von Umsatz

4. Vertriebskosten

5. Allgemeine Verwaltungskosten

6. Sonstige betriebliche Erträge

7. Sonstige betriebliche Aufwendungen

8. Betriebsergebnis

9. Erträge aus Beteiligungen, Wertpapieren

10. Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge

11. Abschreibungen auf Finanzanlagen

12. Zinsen und ähnliche Aufwendungen

13. Finanzergebnis

14. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

15. Außerordentliche Erträge

16. Außerordentliche Aufwendungen

17. Außerordentliches Ergebnis

18. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

19. Sonstige Steuern

20. Jahresüberschuss

21. Einstellung in die Gewinnrücklagen

22. Bilanzgewinn

Page 408: verlag .Bilanzen.german.retail.ebook Supplex

Gesamtkostenverfahren

1. Umsatzerlöse

2. Erhöhung oder Verminderung des Bestands an fertigen und unfertigenErzeugnissen

3. Andere aktivierte Eigenleistungen

4. Sonstige betriebliche Erträge

5. Materialaufwand:

a) Aufwendungen für Roh�, Hilfs� und Betriebsstoffe und für bezogene Waren

b) Aufwendungen für bezogene Leistungen

6. Personalaufwand:

a) Löhne und Gehälter

b) soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung undUnterstützung, davon für Altersversorgung

7. Abschreibungen:

a) auf immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens undSachanlagen sowie auf aktivierte Aufwendungen für die Ingangsetzungund Erweiterung des Geschäftsbetriebes

b) auf Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens, soweit diese die in derKapitalgesellschaft üblichen Abschreibungen überschreiten

8. Sonstige betriebliche Aufwendungen

9. Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen

10. Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen desFinanzanlagevermögens, davon aus verbundenen Unternehmen

11. Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen

12. Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens

13. Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon an verbundene Unternehmen

14. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

15. Außerordentliche Erträge

16. Außerordentliche Aufwendungen

17. Außerordentliches Ergebnis

18. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

19. Sonstige Steuern

20. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag

Page 409: verlag .Bilanzen.german.retail.ebook Supplex

Umsatzkostenverfahren

1. Umsatzerlöse

2. Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen

3. Bruttoergebnis vom Umsatz

4. Vertriebskosten

5. Allgemeine Verwaltungskosten

6. Sonstige betriebliche Erträge

7. Sonstige betriebliche Aufwendungen

8. Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen

9. Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen desFinanzanlagevermögens, davon aus verbundenen Unternehmen

10. Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen

11. Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens

12. Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon an verbundene Unternehmen

13. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

14. Außerordentliche Erträge

15. Außerordentliche Aufwendungen

16. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

17. Sonstige Steuern

18. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag

Page 410: verlag .Bilanzen.german.retail.ebook Supplex

StandardisiertesFormular–Strukturbilanz

Geschäftsjahr:

Firma Branche

Aktiva T€ % T€ %

A. Anlagevermögen1. Immaterielle Vermögens�

gegenstände2. Sachanlagen3. Finanzanlagen

Summe Anlagevermögen

B. Umlaufvermögen1. Vorräte

1.1 Roh�, Hilfs�und Betriebsstoffe

1.2 Fertige und unfertigeErzeugnisse und Waren

2. Forderungen und sonstigeVermögensgegenstände2.1 Forderungen aus Lieferungen

und Leistungen3. Flüssige Mittel

C. Rechnungsabgrenzungsposten

Summe Umlaufvermögen

Bilanzsumme 100 100

Page 411: verlag .Bilanzen.german.retail.ebook Supplex

Geschäftsjahr:

Firma Branche

Passiva T€ % T€ %

A. Eigenkapital1. Gezeichnetes Kapital2. Kapitalrücklage3. Gewinnrücklagen4. Bilanzgewinn/Bilanzverlust

Summe Eigenkapital

B. Rückstellungen1. Pensionsrückstellungen2. Steuerrückstellungen3. Sonstige Rückstellungen

C. Verbindlichkeiten1. Langfristige Verbindlichkeiten2. Verbindlichkeiten aus Lieferungen

und Leistungen3. Sonstige Verbindlichkeiten

D. Rechungsabgrenzungsposten

Summe Fremdkapital

Bilanzsumme 100 100

Page 412: verlag .Bilanzen.german.retail.ebook Supplex

Standardisiertes Formular –Struktur�GuV

Geschäftsjahr:

Firma Branche

Bezeichnung T€ % T€ %1. Umsatzerlöse

2. Bestandserhöhung oderBestandsverminderung anfertigen und unfertigenErzeugnissen und Waren

3. Aktivierte Eigenleistungen

4. Sonstige betriebliche Erträge(Ordentliche betriebliche Erträge)

5. Gesamtleistung

6. Materialaufwand

a) Aufwendungen für Roh�, Hilfs�und Betriebsstoffe

b) Aufwendungen für bezogeneLeistungen

7. Personalaufwand

a) Löhne und Gehälter

b) Soziale Abgaben undAufwendungen

8. Abschreibungen

a) Auf immaterielleVermögensgegenstände desAnlegervermögens undSachanlagen

b) Auf Vermögensgegenständedes Umlaufvermögens

9. Rückstellungen

10. Sonstige betriebliche Aufwendungen(Ordentliche betrieblicheAufwendungen)

11. Betriebsergebnis[5–(6+7+8+9+10)]

Page 413: verlag .Bilanzen.german.retail.ebook Supplex

Geschäftsjahr:

Firma Branche

Bezeichnung T€ % T€ %12. Erträge aus Beteiligungen und

aus anderen Wertpapieren undAusleihungen des Finanzanlage�vermögens

13. Abschreibungen aufFinanzanlagen und auf Wertpapieredes Umlaufvermögens

14. Zinsen und ähnliche Aufwendungen

15. Finanzergebnis[12–(13+14)]

16. Ergebnis der gewöhnlichenGeschäftstätigkeit (11+15)

17. Steuern vom Einkommen undvom Ertrag

18. Sonstige Steuern

19. Gewinn/Verlust(Ordentliches Betriebsergebnis)[12–(13+14)]

20. Neutrale Erträge(Betriebsfremde, periodenfremde,außerordentliche Erträge)

21. Neutrale Aufwendungen(Betriebsfremde, periodenfremde,außerordentliche Aufwendungen)

22. Neutrales Ergebnis (20–21)

23. Unternehmensergebnis (19+22)

Page 414: verlag .Bilanzen.german.retail.ebook Supplex

Entstehung und Verwendung derWertschöpfung

Umsatz�erlöse

Bestands�verände�rungen an

fertigen undunfertigen

Erzeugnissen

AktivierteEigen�

leistungen

Material�aufwand

Abschrei�bungen

SonstigeAufwen�dungen

Produktions�wert

SonstigeErträge

Gesamt�leistung

Vorleistungen

GewinnSteuernZinsenRück�stellungen

Personal�aufwand

Wertschöpfung

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