vortrag dr. jan pfetsch: mobbingfreie schule in brandenburg - prävention und intervention bei...

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1, 2, 3 – und raus bist du! Relationales Mobbing und Cybermobbing Dr. Jan Pfetsch | Fachgebiet Pädagogische Psychologie | Technische Universität Berlin Mobbingfreie Schule in Brandenburg | Frankfurt (Oder) | 21.01..2015

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1, 2, 3 – und raus bist du!Relationales Mobbing und CybermobbingDr. Jan Pfetsch | Fachgebiet Pädagogische Psychologie | Technische Universität BerlinMobbingfreie Schule in Brandenburg | Frankfurt (Oder) | 21.01..2015

Dr. Jan Pfetsch | Mobbing und Cybermobbing | Seite 2

Tobspiele

Belästigung Sticheleien

Gewalt Necken

Aggression

Mobbing Zurückweisung/ Bullying

Cybermobbing / Cyberbullying

physisch

psychisch

relational

Vandalismus

Dr. Jan Pfetsch | Mobbing und Cybermobbing | Seite 3

Mobbing und Cybermobbing

Mobbing / Bullying• negative Handlungen (beabsichtigte Schädigung)• wiederholt und über einen längeren Zeitraum • von einem oder mehreren Schülern ausgeführt• Ungleichgewicht in der Stärke zwischen Täter (Bully)

und Opfer (Victim)Olweus (1996, S. 22f.)

Cybermobbing / Cyberbullying• Absichtliche Schädigung über moderne

Kommunikationsmedien (Internet, Mobiltelefon)• die wiederholt auftritt• gegen eine Person, die sich nur schwer selbst helfen

kann (Machtungleichgewicht)Smith et al. (2006), Tokunaga (2010)

Dr. Jan Pfetsch | Mobbing und Cybermobbing | Seite 4

Relationales MobbingSchädigung oder Manipulation von Peer-Beziehungen (Crick & Grotpeter, 1995)

Formen (Archer & Coyne, 2005)

• Gerüchte streuen, Schädigung der sozialen Reputation

• Geheimnisse verraten, öffentliche Bloßstellung

• Sozialer Ausschluss, Ignorieren, Isolation

• Drohung, die Freundschaft zu beenden

• Beschädigung sozialer Beziehungen

Geschlechtsunterschiede• Jungen und Mädchen üben relationales Mobbing aus

• Mädchen nur leicht häufiger (d = .18, Scheithauer et al., 2008)

Dr. Jan Pfetsch | Mobbing und Cybermobbing | Seite 5

Sozialer Kontext von Mobbing / BullyingParticipant Role Approach: Salmivalli, Lagerspetz, Björkqvist, Österman und Kaukiainen (1996)

Täter8%

Opfer12%

Verstärker20%

Assistenten6%

potentielle Verteidiger

18%

Außen-stehende

24%

Kein

e ei

ndeu

tige

Rolle

: 12

%

Bei 85% des Bullyings sind unbeteiligte Schüler anwesend (Atlas & Pepler, 1998). Die meisten Schüler lehnen Bullying ab (Rigby & Slee, 1991), verhindern es aber nicht (O’Connel, Pepler & Craig, 1999).

Dr. Jan Pfetsch | Mobbing und Cybermobbing | Seite 6

Besonderheiten von Cybermobbing

• Allgegenwart der Wirkung (räumlich und zeitlich)

• Möglichkeit eines großen Publikums

• potentielle Anonymität des Täters, vermutete Sicherheit vor Sanktionen

• Mangel an emotionalem Feedback (wenig Verhaltenshemmung)

• Eingeschränkte Kontrollmechanismen im Internet bzw. bei Mobiltelefonen

Slonje und Smith (2008); Dooley, Pyzalski und Cross (2009)

Dr. Jan Pfetsch | Mobbing und Cybermobbing | Seite 7

Formen von Cybermobbing

Dr. Jan Pfetsch | Mobbing und Cybermobbing | Seite 8

Formen von CybermobbingWiederholte Beleidigungen (harassment)

Virtuelle Drohungen (cyberthreat)

Online-Veröffentlichung peinlicher Bilder / Videos, Verleumdung, Gerüchte verbreiten (Denigration)

Sozialer Auschluss (social exclusion)

Auftreten unter falschem Namen, Identitätsdiebstahl (Impersonation)

Bloßstellen und Betrügerei (Outing and Trickery)

fortwährende Belästigung und Verfolgung (Cyberstalking)

Willard (2007); Kowalski, Limber und Agatston (2008)

Dr. Jan Pfetsch | Mobbing und Cybermobbing | Seite 9

Risikofaktoren für Cyberbullying(nach Kowalski, Giumetti, Schroeder, & Lattanner, 2014)

0,05

0,20

0,20

0,21

0,22

0,23

0,27

0,37

0,45

0,51

0,00 0,10 0,20 0,30 0,40 0,50 0,60

Alter

Häufige Internetnutzung

Ärger

Traditionelle Viktimisierung

Narzismus

Riskantes Online-Verhalten

Moral disengagement

Aggressive Normen

Traditionelles Bullying

Cyberviktimisierung

Effektstärke r+ und95%-Konfidenzintervall

CyberEmp Studie

Empathie, Medien und Cybermobbing

Dr. Jan Pfetsch, Technische Universität Berlin

Dr. Jan Pfetsch | Mobbing und Cybermobbing | Seite 11

CyberEmp – Empathie, Medien und Cybermobbing

Fragebogenerhebung der Pädagogischen Psychologie, TU Berlin• 4 Messzeitpunkte im Abstand von je einem halben Jahr• Stichprobe: 979 Schülerinnen und Schüler

12 Berliner Schulen • Grundschule: Klassenstufen 4 und 5• Integrierte Sekundarschule, Gymnasium: Klassenstufen 7 und 8

Dr. Jan Pfetsch | Mobbing und Cybermobbing | Seite 12

Häufigkeit von Cyber-Mobbing und Cyber-Viktimisierung

57,5

32,7

4,0

1,5

4,3

55,9

36,6

3,3

1,6

2,7

nie

ein- oder zweimal

zwei oder dreimal imMonat

einmal in der Woche

mehrmals in der Woche

Häufigkeit in %

Cyber-Mobbing Cyber-Viktimisierung

Regelmäßig:7,6% Cyberviktimisierung9,8% Cybermobbing

Gelegentlichenegative Erfahrungen

Nichtbetroffen

CyberEmp – Empathie, Medien und Cybermobbing

Dr. Jan Pfetsch | Mobbing und Cybermobbing | Seite 13

CyberEmp – Empathie, Medien und Cybermobbing

Cyberviktimisierung nach Klassenstufe

55,841,3

21,226,3

37,448,5

67,374,1

4,8 6,8 10,26,4

0

20

40

60

80

100

4. Klasse 5. Klasse 7. Klasse 8. Klasse

Häu

fig

keit

in

%

nie 1 oder 2 mal mehrmals im Monat und öfter

Was bedeutet Cybermobbing für die Betroffenen?

Dr. Jan Pfetsch | Mobbing und Cybermobbing | Seite 15

Potentielle Konsequenzen von Cyberviktimisierung(nach Kowalski, Giumetti, Schroeder, & Lattanner, 2014)

-0,21

-0,17

-0,06

-0,05

0,15

0,18

0,19

0,19

0,24

0,24

0,24

0,27

0,34

-0,30 -0,20 -0,10 0,00 0,10 0,20 0,30 0,40

Lebenszufriedenheit

Selbstwertgefühl

Schulleistung

Prosoziales Verhalten

Alkohol- und Drogenkonsum

Emotionale Probleme

Verhaltensprobleme

Somatische Symptome

Depression

Ängstlichkeit

Einsamkeit

Suizidgedanken

Stress

Effektstärke r+ und 95%-Konfidenzintervall

Dr. Jan Pfetsch | Mobbing und Cybermobbing | Seite 16

Mögliche Anzeichen für Opfer von Cybermobbing(O‘Moore et al., 2012)

• Zerbrochene FreundschaftenStreit zwischen ehemals besten Freundinnen, Rückzug aus Peergruppe

• Vermehrte gesundheitliche ProblemeKopfschmerzen, Bauchschmerzen, Schlafprobleme, bedrückte Stimmung

• VerhaltensänderungenVerlust von Selbstvertrauen, Reizbarkeit bzw. untypische Aggressivität, plötzliche Verschlossenheit, der Jugendliche wirkt besorgt und ängstlich, Rückzug in andere Welten (z.B. Online-Spiele-Welt)

Veränderungen in Bezug auf die Schulehäufiges Fehlen, Schule schwänzen oder Leistungsabfall

• Veränderte Verhaltensweise nach der Mediennutzung der/die Jugendliche erscheint traurig oder wütend nachdem er/sie das Internet genutzt oder eine Nachricht auf dem Handy gelesen hat

Dr. Jan Pfetsch | Mobbing und Cybermobbing | Seite 17

Was tun gegen Cybermobbing?

Abbi

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age.

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2007

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0.jp

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Offline Ansprechpartner, Online Meldesystem

Aufklärung: Privatsphäre, Rechte, Hilfsmöglichkeiten

Was tun gegen Cybermobbing?

Verbote?

Peer-to-Peer-Beratung

Förderung von Medienkompetenz Regeln zur Internetnutzung

(Familie, Schule, Freizeiteinrichtungen)

Kultur der Konfliktlösung

Allgemeine Aggressions-prävention

Technische Lösungen

Jugendarbeit

Jugendliche als Bystander

Internet- und Mobilfunk-betreiber

Eltern

SchuleProblemausmaß

erheben

Polizei

Dr. Jan Pfetsch | Mobbing und Cybermobbing | Seite 19

Wie können Jugendliche reagieren, die von Cyberbullying betroffen sind?

• Fiese Nachrichten: Ignorieren, Blockieren von Nachrichten, Melden• Klare Grenzen setzten, aber nie zurück mobben• Vorfall dokumentieren: Printscreen, Speichern, Ausdrucken…• Erwachsene informieren (Eltern, Lehrpersonen, Schulsozialarbeit …)• Einstellungen zu Privatsphäre nutzen (Facebook, WhatsApp …)• Passwort: gutes Passwort wählen, wirklich geheim halten

• So schnell wie möglich negatives Material aus dem Internet löschen (lassen)!

Dr. Jan Pfetsch | Mobbing und Cybermobbing | Seite 20

Wie können Schulen auf Vorfälle von Cybermobbing reagieren?

Schulcodex für einen respektvollen Umgang und Gewaltfreiheit

Regeln der Computernutzung und des angemessenen Online-Verhaltens

Pädagogische Konsequenzen, evtl. juristische Konsequenzen

Kooperation mit Eltern-Medientrainern, Polizei, Jugendarbeit

Feste Ansprechpersonen in der Schule (Anti-Mobbing-Beauftragte)

Aufklärung: Informationen über Technik, Gesetze und Hilfsmöglichkeiten

Prävention: allgemeine Aggression, Medienbildung, Cybermobbing

Medienscouts, Peer-to-Peer-Beratung anbieten

Dr. Jan Pfetsch | Mobbing und Cybermobbing | Seite 21

Rechtliche Aspekte von Cybermobbing

Strafgesetzbuch (Strafmündigkeit ab 14 Jahren)- Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung §§ 185‐187 StGB - Nachstellung (Stalking), Nötigung, Bedrohung §§ 238, 240, 241 StGB

- Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes / des Briefgeheimnisses §§ 201, 202 StGB

- Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen § 201a StGB

- Gewaltdarstellung § 131 Absatz 1 StGB- Recht am eigenen Bild § 22 KunstUrhG

Bürgerliches Gesetzbuch - zivilrechtliche Schadensersatzansprüche §§ 823 Absatz 2, 1004 BGB- bis 7. Lebensjahr Haftung der Eltern bei Verletzung der Aufsichtspflicht,

ab 7. Lebensjahr Haftung der Kinder bzw. deren gesetzliche Vertreter

Dr. Jan Pfetsch | Mobbing und Cybermobbing | Seite 22

Prävention von Cybermobbing

Dr. Jan Pfetsch | Mobbing und Cybermobbing | Seite 23

Prävention von Cybermobbing

www.saferinternet.atwww.klicksafe.de

Dr. Jan Pfetsch | Mobbing und Cybermobbing | Seite 24

Beratung und InformationKinder- und Jugendtelefon: 0800 – 111 0 333 Online-Beratung: https://www.bke-beratung.de/ oder www.kijumail.de

www.juuuport.de Hilfe von Jugendlichen bei Mobbing im Netz

www.klicksafe.de Themenbereich Cybermobbing, Unterrichtsmodul

Informationen rund um das Thema Cybermobbing:www.bündnis-gegen-cybermobbing.dehttp://www.handysektor.dehttp://gegen-gewalt-im-netz.radiohilft.de/

Beschwerdestelle bei Problemen mit Internet-Betreibernwww.jugendschutz.net, http://www.fsm.de/de/Beschwerdeformular

Zentral zuständige Staatsanwaltschaft für Anzeigen gegen Internet-Betreiber in Frankfurt/Main, Telefon: 069 / 755‐53508

Weitere potentielle Ansprechpartner: Schulpsychologen, Präventionsbeauftragte der Polizei, Eltern‐Medientrainer, Mitarbeiter der Medienkompetenzzentren, von Beratungsstellen oder der Datenschutzbeauftragten

Dr. Jan Pfetsch | Mobbing und Cybermobbing | Seite 25

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Dr. Jan PfetschPädagogische Psychologie

Technische Universität BerlinTel. 030 / 314 – 24431

Email: [email protected]: http://www.tu-berlin.de/?id=86030